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{"created":"2022-01-31T13:05:19.010032+00:00","id":"lit3333","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Kraepelin, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 2: 306-326","fulltext":[{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes bei Lichtempfindungen.\nVon\nDr. Emil Kraepelin.\nDie Frage nach der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes hei Lichtempfindungen ist schon zu wiederholten Malen und nach sehr verschiedenen Methoden einer experimentellen Pr\u00fcfung unterzogen worden.') Wenn ich gleichwohl im Nachfolgenden \u00fcber einige weitere Versuchsreihen berichte, die von mir \u00fcber die n\u00e4mliche Frage im Wundt\u2019schen Laboratorium angestellt wurden, so berechtigen dazu wohl einerseits die nicht unerheblichen Meinungsdifferenzen, welche in Bezug auf die Deutung der Ergebnisse, wie auf das thats\u00e4chliche Verhalten selber zwischen den einzelnen Beobachtern noch immer bestehen, andererseits aber, wie ich hoffe, die Resultate, die ich hinsichtlich mehrerer bis dahin noch unsicherer Punkte gewonnen habe.\nDie allgemeine Methode der Untersuchung war diejenige der eben merklichen Unterschiede, das technische Princip dasjenige der Masson\u2019 sehen Scheiben in der H e 1 m h o 11 z\u2019 sehen Modification, welche durch graue Gl\u00e4ser von verschiedener Intensit\u00e4t betrachtet wurden. Die fast ausschlie\u00dflich in Anwendung gezogene Scheibe bestand aus m\u00e4\u00dfig starkem wei\u00dfem Cartonpapier und besa\u00df einen Radius von 10 cm. Die Breite des radi\u00e4ren, unterbrochenen Streifens, dessen einzelne Ab-\n1) Vgl. dar\u00fcber die ausf\u00fchrlichen Referate in den verschiedenen Schriften Fechner\u2019s (Elemente der Psychophysik, I, S. 255; In Sachen der Psychophysik, S. 149; Revision der Hauptpunkte der Psychophysik, S. 152), ferner G. E. M\u00fcller, Zur Grundlegung der Psychophysik, S. 102, Wundt; Physiologische Psychologie I, S. 335; Aubert, Physiologie der Netzhaut, S. 49.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit dos Weber\u2019sohen Gesetzes bei Lichtempfindlingen.\n307\nschnitte unter der Lupe mittelst feiner chinesischer Tusche aufgetragen waren, betrug 5mm, die L\u00e4nge der Segmente ebenfalls 5mm, diejenige der freien Zwischenr\u00e4ume 2 mm. Es entstanden auf diese Weise 14 vollst\u00e4ndige schwarze und wei\u00dfe Abschnitte des bezeichneten Streifens, von denen jedoch ein schwarzer und zwei wei\u00dfe fast ganz durch die Mutter verdeckt wurden, mit Hilfe deren die Scheibe auf der Schraube eines durch ein Uhrwerk getriebenen Rotationsapparates befestigt war. Bei rascher Rotation lie\u00dfen sich somit auf der Scheibe 13 graue Ringe von peripheriew\u00e4rts abnehmender Intensit\u00e4t, und dazwischen 12 schmalere wei\u00dfe Ringe wahrnehmen. Als Mischungs-verh\u00e4ltniss des Schwarz und Wei\u00df in den grauen Ringen ergab sich auf Grund einfacher Berechnung des Fl\u00e4cheninhaltes folgende Reihe :\nI.\t1\t15,9646\nII.\t1\t24,7611\nIII.\tt\t33,5576\nIV.\t1\t42,3541\nV.\t1\t51,1506\nVI.\t1\t59,9470\nVII.\t1\t68,7435\nVIII.\t1\t77,5400\nIX.\t1\t86,3365\nX.\t1\t95,1329\nXI.\t1\t103,9292\nXII.\t1\t112,7259\nXIII.\t1\t121,5224\nBei maximal erhaltener Rotationsgeschwindigkeit wurde nun festgestellt, wie viele wei\u00dfe Ringe sich bei wechselnder St\u00e4rke der objectiven Beleuchtung noch deutlich nach der Peripherie hin abgrenzen lie\u00dfen. Das Mischungsverh\u00e4ltniss des zun\u00e4chst nach au\u00dfen gelegenen grauen Ringes gab dann direct ein Ma\u00df f\u00fcr die Unterschiedsempfindlichkeit, dessen allgemeine Vergleichbarkeit allerdings noch einer genauen Feststellung des Helligkeitsverh\u00e4ltnisses zwischen dem wei\u00dfen Grunde der Scheibe und dem angewandten Schwarz erfordert haben w\u00fcrde. Da es uns hier jedoch nur auf die Untersuchung der relativen Unterschiedsempfindlichkeit ankommt, so gen\u00fcge die Angabe, dass s\u00e4mmtliche ma\u00dfgebende Beobachtungen an einer und derselben Scheibe gewonnen wurden.\nZur Variirung der objectiven Beleuchtung diente einmal die Anwendung verschiedener Lichtquellen, dann ein Wechsel des Abstandes\n20*","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nEmil Kraepelin.\nder Scheibe von Lichtquelle und Auge und endlich die Einschiebung von 9 verschieden dunklen grauen Gl\u00e4sern, die in zwei drehbare Pappscheiben eingelassen waren und in rascher Aufeinanderfolge zwischen Auge und Scheibe eingeschohen werden konnten. Es entstanden auf diese Weise zun\u00e4chst 3 gro\u00dfe Gruppen von Versuchen, die hei Tageslicht, hei Kerzenlicht und hei Lampenbeleuchtung angestellt waren, und jede dieser Gruppen zerfiel wieder nach der verschiedenen Distanz der Scheibe und der wechselnden Intensit\u00e4t der verdunkelnden Gl\u00e4ser in kleinere Reihen von Einzelbeobachtungen. Schon hier sei bemerkt, dass unter dieser Gesammtzahl von gegen 3000 Versuchen eine gewisse Vollst\u00e4ndigkeit eigentlich nur den bei Lampenlicht gewonnenen Reihen beizumessen ist, welche auch etwa die H\u00e4lfte des ganzen Materials umfassen. Wir werden uns daher am besten zun\u00e4chst mit dieser Gruppe besch\u00e4ftigen, um dann die Ergebnisse derselben in manchen Richtungen durch die \u00fcbrigen Beobachtungen zu best\u00e4tigen und zu erg\u00e4nzen.\nAngestellt wufden die Versuche hei Lampenlicht in einem vollst\u00e4ndig von jedem \u00e4u\u00dferen Lichte abgeschlossenen, durchweg schwarz angestrichenen und mit schwarzem Mobiliar versehenen Dunkelzimmer. Als Lichtquelle dienten zwei gleiche Moderateurlampen, die mit R\u00fcb\u00f6l von constantem specifischen Gewichte gespeist wurden. Die Breite des Dochtes betrug 23 mm, der Durchmesser desselben 15 mm. Die Flamme war au\u00dfer von einem stets rein geputzten Cylinder noch von einem schwarzen Pappschirm umgeben, der nur nach einer Seite hin dem Lichte einen Ausweg bot und dessen oberer Rand als Grenze f\u00fcr die Regulirung der Flammenh\u00f6he benutzt wurde. Die Gleichm\u00e4\u00dfigkeit beider Lichtquellen im Verlaufe einer Versuchsreihe konnte \u00fcberdies nach der Form und Intensit\u00e4t der beiden Schatten heurtheilt werden, welche durch die centrale Schraubenmutter der Mas son\u2019schen Scheibe geworfen wurden. Die Lampen standen symmetrisch zu beiden Seiten vom Beobachter in einer transversalen Distanz von 26 cm, zwischen beiden die Drehscheibe mit den grauen Gl\u00e4sern und parallel dieser letzteren, abwechselnd in einem Abstande von 25cm und von 40cm die Masson\u2019sche Scheibe. Die Entfernung des Mittelpunktes dieser letzteren von den Flammen betrug unter diesen Umst\u00e4nden 17,5 cm resp. 28,5 cm. Das Centrum der Mas son\u2019sehen Scheibe befand sich dabei 32,5cm, der untere Rand der Flammen 38 cm, das Auge des","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber'schea Gesetzes bei Liehtempfmdungen. 309\nBeobachters 39 cm \u00fcber der Ebene des Tisches. Diese ganze Anordnung wurde vom ersten Male an auf den Tisch aufgezeichnet, so dass demnach die genaue Innehaltung aller Entfernungen f\u00fcr die Zukunft garantirt war. Die Beobachtung der in maximale Rotationsgeschwindigkeit1) versetzten Scheibe geschah regelm\u00e4\u00dfig, indem der rechte obere Quadrant derselben fixirt wurde ; alle Beobachtungen wurden sofort notirt.\nS\u00e4mmtliche hier erw\u00e4hnte Lampenversuche zerfallen in eine Anzahl kleinerer Gruppen. Zun\u00e4chst sind von einander zu trennen die Beobachtungen mit dem rechten und diejenigen mit dem linken Auge, da dieselben erhebliche Differenzen von einander darbieten. Ferner haben wir zu unterscheiden zwischen solchen Reihen, innerhalb deren von den hellsten grauen Gl\u00e4sern zu den dunkleren fortgeschritten wurde (Typus I), und zwischen solchen, in denen der umgekehrte Gang eingehalten wurde (Typus II). Endlich sind noch auseinanderzuhalten die bei 25 cm und die bei 40 cm Distanz zwischen Masson\u2019-scher Scheibe und Auge erhaltenen Beobachtungen. Um die aus suc-cessivem Helligkeitscontraste hervorgehenden Fehler m\u00f6glichst zu eliminiren, wurde die Aufeinanderfolge der Distanzen in bestimmter Weise variirt. Auch in der einzelnen Reihe wurde mit dem Typus derart gewechselt, dass an die erste Folge von Beobachtungen unmittelbarregelm\u00e4\u00dfig eine zweite sich anschloss, welche in umgekehrter Richtung die einzelnen Helligkeitsgrade der grauen Gl\u00e4ser durchlief, wie jene erstere. Vor dem Beginn jeder aus 4 Reihen bestehenden Versuchsgruppe wurde, nachdem etwa 5\u201410 Minuten mit der Anordnung der Apparate im schwarzen Zimmer hingegangen waren, f\u00fcr einige Minuten die nicht beleuchtete Wand desselben fixirt, um den Einfluss des ersten raschen Anstiegs der Adaptationscurve m\u00f6glichst aus den Versuchsresultaten fern zu halten. Die Gesammtdauer der in einer Sitzung angestellten Versuche betrug im Allgemeinen eine Stunde oder etwas dar\u00fcber.\nNachdem alle Versuche abgeschlossen waren, wurden die grauen Gl\u00e4ser aus ihrem Rahmen herausgenommen und einer wiederholten photometrischen Pr\u00fcfung mittelst eines Polarisationsphotometers un-\n1) Die Zahl der Umdrehungen wurde nicht constatirt, doch sind nur diejenigen Beobachtungen ber\u00fccksichtigt worden, bei denen die Ringe ohne jedes Schwanken und Flimmern durchaus gleichm\u00e4\u00dfig grau erschienen.","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nEmil Kraepelin.\nterworfen. Aus dem Mittel von je 20 Einzelbeobachtungen ergab sich dann mit Hilfe der Formel i\u201e. \u2014 ix .tg2 (45\u2014\u00ab) die relative Helligkeit jedes einzelnen Glases, wo \u00abj die Helligkeit des Fensterglases 1 und \u00ab den ermittelten Ablenkungswinkel bedeutete.\nDie Ablenkungswinkel betrugen f\u00fcr die verschiedenen Gl\u00e4ser :\n1 = o\u00b0\n2=4\u00b0 57'\n3=7\u00b0 23'\n4\t= 13\u00b0 4'\n5\t= 13\u00b0 8'\n6\t= 16\u00b0 4'\n7\t= 27\u00b0 46'\n8\t= 29\u00b0 21'\n9\t= 39\u00b0 24'\nSetzen wir nun diejenige Lichtmenge \u2014 1000, welche bei einer Distanz d = 25 cm zwischen Mas son\u2019scher Scheibe und Auge durch das Glas 1 in unser Auge dringt, so erhalten wir mit Hilfe der angef\u00fchrten Formel eine Reihe von Helligkeitsgraden, welche den verschiedenen Gl\u00e4sern bei d \u2014 25 cm entsprechen. Bei d\u2014 40 cm l\u00e4sst sich die Beleuchtung der Scheibe f\u00fcr jedes einzelne Glas ini =\n0,37 7 in berechnen.\nAllein, da sich nun auch die Ent-\nfernung zwischen Auge und Scheibe ge\u00e4ndert hat, so erhalten wir als Helligkeitsgrade des wirklich in das Auge gelangenden Lichtes i'n \u2014\n*Ml(40) \u2014 0,3000 ini\u2014 0,147 i,,.\nDie nachstehende Tabelle gibt eine auf Grund dieser Erw\u00e4gungen berechnete Uebersicht \u00fcber die s\u00e4mmtlichen Helligkeitsgrade, mit denen experimentirt wurde :\nd = 25 cm\td = 40 cm\n*1 = 1000,00\ti\\ = 147,26\ni2 = 706,59\t7'2 = 104,06\ni3 = 593,78\t*v3== 87,43\n*4 = 388,44\ti'i = 57,20\n\u00ee5 = 386,44\ti* 5 = 56,90\ni6 = 305,58\t*'6= 45,00\ni, =\t96,22\ti'7\u2014 14,17\n\u00bb8 =\t78,48\tt'8 = 11,56\n*9 =\t9,61\tr9 =\t1,42\nDurch das Einschieben der grauen Gl\u00e4ser zwischen Scheibe und Auge bei den zwei verschiedenen Abst\u00e4nden dieser letzteren von ein-","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber'schen Gesetzes bei Lichtempfmdungeii. 311\nander konnte demnach die Beleuchtungsintensit\u00e4t von 1.42 bis zu 1000 variirt werden. Zwar ist dieser Spielraum sehr bedeutend kleiner, als der von Aub ert untersuchte, aber er ist, wie wir sehen werden, jedenfalls weiter, als die Grenzen, innerhalb derer bis jetzt eine empirische G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes nachgewiesen werden kann. Au\u00dfer den Gl\u00e4sern befand sich in einer meiner beiden Drehscheiben noch eine unverschlossene Oeffnung, durch welche die Masson\u2019sche Scheibe direct betrachtet werden konnte ; dieselbe soll im Folgenden mit 0 bezeichnet werden.\nUm nun zun\u00e4chst einen Ueberblick \u00fcber die allgemeinen Versuchsresultate zu gewinnen, stelle ich tabellarisch f\u00fcr die verschiedenen Helligkeiten und die beiden Augen Mittel der Unterschiedsschwellen-werthe zusammen, die je aus 32 resp. 64 Einzelheobachtungen gewonnen worden sind. Die Zahlen f\u00fcr die Gl\u00e4ser 1\u20145 sind dabei fast durchgehends als etwas zu gro\u00df anzusehen, da sie leider nur nach Typus I erhalten wurden, der, wie ich erst sp\u00e4ter entdeckte, regelm\u00e4\u00dfig zu hohe Schwellenwerthe ergibt.\nRechts:\tLinks:\n\u00bb0 0,00824\t\u00efo 0,00835\t4 0,00877\ti'o 0,00923\n\u00bb, 0,00823\ti\\ 0,00855\t4 0,00928\ti\\ 0,01054\n\u00ab2 0,00823\ti\\ 0,00855\t4 0,00928\ti\\ 0,01054\n4 0,00823\ti's 0,00855\t4 0,00928\ti's 0,01054\nU 0,00823\ti\\ 0,00855\t4 0,00928\ti'i 0,01054\n4 0,00823\ti's 0,00855\t4 0,00928\ti'b 0,01054\n4 0,00827\ti's 0,00856\t4 0,00920\ti's 0,00983\nij 0,00850\ti\u2019n 0,00877\t4 0,01016\ti'7 0,01191\n4 0,00852\ti's 0,00873\t4 0,01017\ti's 0,01198\n4 0,00917\ti'g 0,01065\t4 0,01613\ti'g 0,03360\nMan ersieht\taus dieser Tabelle\tsofort, dass\tdie Unterschieds-\nschwellen unter den gegebenen Versuchsbedingungen nicht ganz constant sind, sondern offenbar mit der Abnahme der Beleuchtungsintensit\u00e4t im Allgemeinen wachsen und zwar anfangs langsamer, sp\u00e4ter jedoch ziemlich rasch. Nur bis zu ib und ie bleiben die Differenzen unerheblich, dann zeigt sich wieder eine leidliche Uebereinstimmung zwischen j7 und \u00ab8 mit i'g\u2014\u00ab'6, w\u00e4hrend von i\\ und is zu % und i'g ein rasches Ansteigen der Werthe constatirt werden kann. Mit anderen Worten : Die Unterschiedsschwelle bleibt ziemlich unver\u00e4ndert, w\u00e4hrend die Beleuchtungsintensit\u00e4t von 1000 auf 305 sinkt; sie w\u00e4chst","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nEmil Kraepelin.\nm\u00e4\u00dfig an bei weiterer Abnahme der Helligkeit bis zu 45, um von da ab etwas rascher h\u00f6here Betr\u00e4ge zu erreichen. Gleichwohl steigt der Schwellenwerth im Ganzen f\u00fcr das rechte Auge nur von 1 auf 1,3, f\u00fcr das linke von 1 auf 3,8, w\u00e4hrend die Beleuchtungsintensit\u00e4t gleichzeitig von 1000 auf 1,42 gesunken ist. Die Unterschiedsschwelle geht demnach im Gebiete der sog. unteren Abweichung nur sehr langsam in die H\u00f6he, so dass sie selbst von /7\u2014i'9, bei einem Zur\u00fcckgehen der Lichtst\u00e4rke von 14,17 auf 1,42, nur von 1,2 auf 2,8 anw\u00e4chst.\nAllerdings kann man schon hier, wie das auch von Aubert gegen\u00fcber Masson geschehen ist, den'Einwurf machen, dass m\u00f6glicher Weise bei % oder i(i das Maximum der Unterschiedsempfindlichkeit noch nicht erreicht war, dass also wenigstens bei den h\u00f6heren Intensit\u00e4ten nicht eben merkliche, sondern \u00fcbermerkliche Unterschiede mit einander verglichen wurden. Indessen einerseits entspricht der\nWerth 0,00823 \u2014\tfast genau der auch von anderen Beobachtern\naufgefundenen Unterschiedsschwelle, andererseits war ja bei % links, sowie bei i\\ beiderseits die Schwelle sicher erreicht, da die Scheibe hier f\u00fcr die Feststellung geringerer Werthe noch genug Spielraum geboten h\u00e4tte. Endlich k\u00f6nnte man auch auf die allerdings kaum bemerkliche Erh\u00f6hung bei i{) rechts hinweisen, die m\u00f6glicherweise schon als erste Andeutung der sog. oberen Abweichung zu betrachten w\u00e4re.\nSehr auffallend ist in der vorsteheirden Tabelle der trotz einer gewissen allgemeinen Analogie deutlich hervortretende Unterschied zwischen den beiden Augen. Derselbe hat seinen Grund haupts\u00e4chlich in der verschiedenen Sehsch\u00e4rfe dieser letzteren. Herr Privat-docent Dr. Oeller, der die G\u00fcte hatte, eine Pr\u00fcfung in dieser Richtung vorzunehmen, constatirte Rechts Myopie von 1,25 Dioptrien, Sehsch\u00e4rfe ; Links Hyperopie von 0,75 Dioptrien, Sehsch\u00e4rfe JJ. Die Sehsch\u00e4rfe ist demnach links auf -| der Norm herabgesunken, ein Umstand, der offenbar denselben Effect haben muss, wie eine gleich-werthige Herabminderung der objectiven Reizst\u00e4rke. Die Scala der Intensit\u00e4ten erf\u00e4hrt auf diese Weise durch den Zustand des linken Auges noch eine weitere Ausdehnung. Der Differenz in der Refraction beider Augen d\u00fcrfte im Bereiche der benutzten Distanzen kaum ein wesentlicher Einfluss auf den Ausfall der Versuche zuzuschreiben sein.\nGehen wir nun daran, das in der obigen Tabelle ausgedr\u00fcckte","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber'sehen Gesetzes bei Lichtempfindungen. 313\nResultat im Einzelnen n\u00e4her zu pr\u00fcfen und namentlich die noch darin steckenden Fehler ausfindig zu machen, so haben wir vor Allem des Einflusses zu gedenken, welcher der zeitlichen Aufeinanderfolge der Versuche zukommt. Wie bereits erw\u00e4hnt, habe ich in dieser Beziehung ein doppeltes Verfahren eingeschlagen. Beim Typus I wurde in der Feststellung der Beobachtungen vom hellsten zu den dunkleren Gl\u00e4sern (Reihe 1) und dann wieder zu den helleren zur\u00fcck (Reihe 2) geschritten, w\u00e4hrend heim Typus II die Reihe 1 dem Uebergang von Dunkel zu Hell, die Reihe 2 demjenigen von Hell zu Dunkel entsprach. In beiden F\u00e4llen war also die Forderung erf\u00fcllt, dass der Grenzwerth von zwei verschiedenen Richtungen her eruirt und als das Mittel aus beiden Bestimmungen fixirt werden soll. Einmal jedoch traf sogleich im Beginne der Versuchsreihe maximale Beleuchtung die Netzhaut, w\u00e4hrend das andere Mal sich dem f\u00fcr schwaches Licht adaptirten Auge zun\u00e4chst nur sehr geringe Helligkeitsintensit\u00e4ten darboten. Die Differenz im Ausf\u00e4lle der Beobachtungsresultate war unmittelbar \u00fcberraschend. Leider konnten die Versuche nach TypusII nur mit einer der beiden Drehscheiben ausgef\u00fchrt werden, welche die Gl\u00e4ser VI\u2014IX und die Oeffnung 0 enthielt. Die nachfolgende Tabelle liefert einen Ueberblick \u00fcber die Ergebnisse:\n\t\tRechts\t\t\t\t\t\tLinks\t\t\t\n\tI\tII\t\tI\tII\t\ti\tII\t\ti\t11\n*0\t0,00824\t0,00823\ti'o\t0,00845\t0,00831\t*0\t0,00902\t0,00857\t*0\t0,00971\t0,00876\n\u00ab8\t0,00828\t0,00825\ti' 6\t0,00861\t0,00838\t*6\t0,00957\t0,00883\t*'e\t0,01039\t0,00927\n*7\t0,00865\t0,00839\ti' 7\t0,00893\t0,00860\t*7\t0,01059\t0,00973\ti\\\t0,01202\t0,01181\n*8\t0,00862\t0,00839\ti's\t0,00885\t0,00860\t*8\t0,01059\t0,00975\ti' 8\t0,01208\t0,01189\n\u00bb9\t0,00971\t0,00864\tf 9\t0,01091\t0,01039\t*9\t0,01774\t0,01453\t*79\t0,03908\t0,02813\n\t0,00147\t0,00040\t\t0,00250\t0,00208\t\t0,00872\t0,00596\t\t0,02937\t0,01937\nAusnahmslos ist hier sowohl die absolute H\u00f6he, wie der Spielraum /J der Unterschiedsschwelle zwischen dem niedrigsten und dem gr\u00f6\u00dften Werthe einer Reihe beim Typus I betr\u00e4chtlicher, als beim Typus II. Es muss daher entweder bei I eine Fehlerquelle mitspielen, welche die Schwelle erh\u00f6ht und ihre Constanz st\u00f6rt, oder aber wir haben bei II ein Moment anzunehmen, welches eine Verwischung der nat\u00fcrlichen Differenzen und eine Steigerung der Unterschiedsempfindlichkeit verursacht. Hinweisen will ich hier zun\u00e4chst auf den Umstand, dass wir bei I zweimal einem Sinken der Unterschiedsschwelle","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nEmil Kraepelin.\nvon 7 auf 8 begegnen, w\u00e4hrend bei II sich entweder ein Steigen der Werthe oder Gleichbleiben derselben findet. In der Drehscheibe waren n\u00e4mlich auf Grund einer vorl\u00e4ufigen ungenauen Sch\u00e4tzung der Helligkeitsgrade 7 und 8 mit einander vertauscht worden, so dass bei I in Wirklichkeit zun\u00e4chst durch das dunklere 8 und dann erst durch das hellere 7 beobachtet wurde. Wenn gleichwohl die Unterschiedsschwelle bei 7 noch ein wenig anstieg, so deutet dieser Umstand darauf hin, dass wir es hier mit einem constanten Fehler zu thun haben, der im Sinne einer successiven Erh\u00f6hung des Schwellenwerthes einwirkte und dessen Einfluss selbst durch das geringe Anwachsen der Beleuchtungsintensit\u00e4t bei 7 nicht ganz paralysirt werden konnte. Dieser constante Fehler kam bei II offenbar in Wegfall, da hier trotz der umgekehrten Reihenfolge auf die Helligkeitsdifferenz stets im richtigen Sinne oder doch wenigstens nicht falsch reagirt wurde.\nIndessen die Aufdeckung dieser kleinen Abweichungen vermag uns offenbar keine gen\u00fcgende Erkl\u00e4rung f\u00fcr die auffallenden Unterschiede der beiden betrachteten Versuchstypen an die Hand zu geben. Dagegen ist es nach dieser Richtung hin von Interesse, die beiden Reihen jedes Typus mit einander zu vergleichen. Wenn die verschiedenartige Aufeinanderfolge der Beobachtungen in der That eine Fehlerquelle in sich birgt, so muss dieselbe bei einer derartigen Zusammenstellung ebenfalls sich geltend machen.\nX. Rechts\txi.\t\t\t\t\tX.\tLinks\tXL\t\t\t\n\t1\t2\t1\t2\t1 ! 2\t\t1\t2\n*0 *6 ij *8 *9\t0,00826 0,00834 0,00871 0,00866 0,00974\t0,00823 0,00823 0,00859 0,00859 0,00968\t0,00823 0,00823 0,00831 0,00831 0,00860\t0,00823 0,00828 0,00847 0,00847 0,00869\t0,00899 0,00959 0,01065 0,01064 0,01839\t0,00905 0,00955 0,01054 0,01054 0,01740\t0,00855 0,00883 0,00978 0,00978 0,01319\t0,00859 0,00884 0,00968 0,00973 0,01587\n*'o i'e *'t i'a *'9\t0,00855 0,00871 0,00904 0,00895 0,01093\t0,00835 0,00851 0,00881 0,00876 0,01089\t0,00831 0,00834 0,00855 0,00855 0,01003\t0,00831 0,00842 0,00866 0,00866 0,01075\t0,00991 0,01047 0,01192 0,01211 0,04134\t0,00952 0,01032 0,01212 0,01206 0,03682\t0,00874 0,00922 0,01181 0,01181 0,02153\t0,00879 0,00932 0,01181 0,01197 0,03474\nEine Musterung dieser Zahlenreihen l\u00e4sst erkennen, dass, von einigen unbedeutenden Ausnahmen abgesehen, \u00fcberall die zweiten Reihen des Typus I und die ersten Reihen des Typus II eine gerin-","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes bei Lichtempfmdungeu. 315\ngere H\u00f6he der Unterschiedsschwelle und gleichzeitig eine gr\u00f6\u00dfere Constanz ihrer Werthe aufweisen. In allen diesen F\u00e4llen handelt es sich aher um den Uebergang von niederen Helligkeitsgraden zu h\u00f6heren, w\u00e4hrend heim umgekehrten Gange offenbar die Unterschiedsempfindlichkeit sinkt und die Schwankungen derselben zunehmen. Die Differenzen zwischen den beiden Reihen treten dabei haupts\u00e4chlich im Bereiche der geringeren Lichtintensit\u00e4ten (bei *9 und i'g links) zu Tage. Wir werden kaum fehl gehen, wenn wir zur Erkl\u00e4rung dieses Verhaltens die physiologischen Vorg\u00e4nge der Adaptation herbeiziehen. Die Adaptation an niedrigere Helligkeitsgrade geht, wie Aubert gezeigt hat, zwar sehr rasch von Statten, aher sie bedarf doch immerhin, um eine gewisse Ausgihigkeit zu erreichen, einer Zeit von mehreren Minuten. Sie war nahezu vollkommen im Beginne der ersten Reihe des Typus II, um nat\u00fcrlich mit wachsender Beleuchtungsintensit\u00e4t wieder zu sinken. Bei der raschen Aufeinanderfolge der einzelnen Beobachtungen konnte sie sich dann im Verlaufe der Reihe 2 ebensowenig genau den abnehmenden Helligkeitsgraden anpassen, wie hei der ersten Reihe des Typus I. In diesem letzteren spricht aber das Sinken der Unterschiedsschwelle hei den unmittelbar auf ia resp. *'0 der Reihe 1 folgenden gleichnamigen Beobachtungen der Reihe 2 mit aller Entschiedenheit f\u00fcr eine inzwischen eingetretene Steigerung der Unterschiedsempfindlichkeit durch das Fortschreiten der Adaptation. Die bei geringen Lichtst\u00e4rken hervortretende Steigerung der Schwellenwerthe kann demnach, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, durch die Adaptation wieder ausgeglichen werden ; die obere Grenze der sog. unteren Abweichung vom Weher\u2019sehen Gesetze wird f\u00fcr das adaptirte Auge deutlich nach abw\u00e4rts verschoben. Wir sehen somit schon hier, dass ein Theil jener Fehlerquellen, welche die Constanz der Unterschiedsschwelle beeintr\u00e4chtigen, ohne Zweifel in peripheren physiologischen Vorg\u00e4ngen zu suchen ist. Beim Uebergange von i0 zu i9 sahen wir fr\u00fcher den Schwellenwerth f\u00fcr das rechte Auge im Mittel um 0,00092 ansteigen ; f\u00fcr das schlecht adaptirte Auge betr\u00e4gt diese Differenz 0,00146, f\u00fcr das besser adaptirte dagegen nur 0,00033. Wie mir scheint, darf man aus dieser Erfahrung mit Recht auf eine tiefer begr\u00fcndete, aber durch periphere Factoren leicht verdeckte Neigung der Unterschiedsschwelle schlie\u00dfen, sich auf constanter H\u00f6he zu halten, um so mehr, wenn man","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nEmil Kraepelin.\nbedenkt, dass ja in meinen Versuchen das erst nach mehr als stundenlanger Zeit auftretende Maximum der Adaptation nicht im Entferntesten erreicht war, dass also jene letzte Differenz sich bei v\u00f6lliger Vermeidung der besprochenen Fehlerquelle voraussichtlich noch w\u00fcrde herabmindern lassen.\nEs sei mir gestattet, an dieser Stelle einige Beobachtungen herbeizuziehen, die nach der angedeuteten Richtung nicht ohne Interesse sein d\u00fcrften. Auf den Bath des Herrn Professor Wundt suchte ich n\u00e4mlich in einem Theile meiner Versuche den Einfluss auszuschalten, welcher der Irisbewegung zukommt. Zu diesem Zwecke bediente ich mich einer 1 %igen L\u00f6sung des Homatropinum hydrobromatum, von der einige Tropfen gen\u00fcgten, um Iris und Accommodation eines Auges (regelm\u00e4\u00dfig des rechten) f\u00fcr einige Stunden vollst\u00e4ndig zu l\u00e4hmen. Von dem erreichten und andauernden Erfolge des Mittels \u00fcberzeugte ich mich nat\u00fcrlich jedes Mal sowohl vor wie nach der Anstellung meiner Beobachtungen. Eine vergleichende Zusammenfassung der Resultate gibt die folgende Tabelle, in der mit a die ohne Atropin gewonnenen, mit \u00df die bei maximaler Atropinisirung erhaltenen Werthe bezeichnet sind.\nI\t\tII.\t\t\t]\t\tII.\t\n1 \u201c \u201e\t\u00df\ta\t\u00df\t.....\ta\t\u00df\ta\t\u00df \ni0 0,00823 t6 0,00829 i-, j 0,00863 <8 i 0,00856 \u00abo 0,00080\t0,00823 0,00839 0,00887 0,00887 0,01158\t0,00823 0,00823 0,00839 0,00839 0,00885\t0,00823 0,00823 0,00823 0,00823 0,00855\ti'o *'e G f' 8\t0,00833 0,00855 0,00889 0,00871 0,01077\t0,00871 0,00887 0,00887 0,00887 0,01256\t0,00823 0,00846 0,00871 0,00871 0,01134\t0,00823 0,00831 0,00871 0,00871 0,01160\nMan sieht sogleich, dass die Einwirkung der Irisl\u00e4hmung (die L\u00e4hmung der Accommodation d\u00fcrfte bei dem Refractionszustande meines rechten Auges ohne erhebliche Bedeutung sein) sich bei den nach Typus I und II angestellten Versuchen in fast ausnahmslos entgegengesetzter Richtung bewegt. W\u00e4hrend beim Uebergange von dunklen zu hellen Gl\u00e4sern durch das Atropin die Unterschiedsschwelle herabgedr\u00fcckt wird, steigt diese letztere bei Typus I in erheblichem Ma\u00dfe an. Offenbar wirkt demnach im ersteren Falle die Vermehrung des Lichteintrittes in das Auge durch die ad maximum erweiterte Pupille g\u00fcnstig auf die Uuterschiedsempfindlichkeit ein, w\u00e4hrend bei Typus I","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes bei Lichtempfindungen. 317\ndie Adaptation, vielleicht in Folge einer Nachwirkung der ersten, fast blendenden Helligkeitsgrade, langsamer und unvollkommener als gew\u00f6hnlich zu Stande zu kommen scheint. Die Differenz der Schwellen-werthe zwischen i0 und i<t sinkt in Folge der Atropinisirung gegen\u00fcber derjenigen der a-Reihe (0,00058) auf 0,00028 herab, also noch etwas tiefer, als das oben erw\u00e4hnte Minimum f\u00fcr das unbeeinflusste adaptirte Auge betrug. Wir k\u00f6nnen somit die Beschr\u00e4nkung des Lichteintrittes durch die Iris als ein, wenn auch unerhebliches, physiologisches Hinderniss f\u00fcr die Constanz der Unterschiedsschwelle betrachten.\nWir haben jedoch mit diesen Betrachtungen die Zahl der Fehlerquellen, welche uns die richtige W\u00fcrdigung der Versuchsresultate erschweren, noch nicht ersch\u00f6pft. So gering auch im Verh\u00e4ltnisse zu der ungemeinen Complication der Frage die Zahl meiner Beobachtungen erscheint, so erlauben dieselben gleichwohl wenigstens die Andeutungen zweier weiterer, den Ausfall der Untersuchung beeinflussender Momente nachzuweisen, des successiven Contrastes und der Erm\u00fcdung. Es wurde bereits erw\u00e4hnt, dass ich in verschiedenartiger Aufeinanderfolge mit den beiden Distanzen von 25 cm und 40 cm zwischen Auge und Masson\u2019scher Scheibe wechselte. In jeder Sitzung wurde n\u00e4mlich eines der beiden nachfolgenden Schemata eingehalten : a\tb\tc\td\n25cm 40cm 40cm 25cm oder:\t40 \u00bb\t25 \u00bb\t25 \u00bb\t40 \u00bb\nAuf diese Weise entstanden f\u00fcr jede der beiden Distanzen 4 verschiedene Gruppen von Versuchsreihen, die ich mit den ersten Buchstaben des Alphabets hezeichnete. Ein Blick auf das Schema zeigt, dass bei bV) und di0 von einer geringeren zur gr\u00f6\u00dferen Distanz, mithin von Hell zu Dunkel, \u00fcbergegangen wurde, w\u00e4hrend hei b25 und d2b der umgekehrte Gang stattfand. Man sollte daher nach den Gesetzen des Contrastes erwarten, dass die Unterschiedsschwelle bei bv, und dw verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig hoch, hei b25 und d25 verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig niedrig gelegen sei, da im ersteren Falle die objective Beleuchtung durch den Contrast abgeschw\u00e4cht, im letzteren dagegen verst\u00e4rkt werden musste. Indem ich gleich vorweg bemerke, dass ein derartiger regelm\u00e4\u00dfiger Einfluss bei den nach Typus II angestellten Versuchen nicht hervortrat, gebe ich zun\u00e4chst einen Ueberblick \u00fcber die einzelnen Reihen des Typus I :","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nEmil Kraepelin.\nRechts\t\t\t\t\tLinks\t\t\t\n\ta\tb\tc 1 d\t\ta\tb\tc\td\n*0 k, *7 *8 *9\t0,00823 0,00823 0,00871 0,00871 0,00911\t0,00823 0,00834 0,00866 0,00855 0,00972\t0,00823 0,00823 0,00866 0,00866 0,00989\t0,00831 0,00831 0.00845 0,00S45 0,00911\t0,00871 0,00888 0,01001 0,01001 0,01509\t0,00940 0,01032 0,01148 0,01146 0,01956\t0,00928 0,00996 0,01124 0,01124 0,02033\t0,00871 0,00912 0,00965 0,00965 0,01661\n\u20227o *'e \u00bb' 7 *' 8 \u00bb'9\t0,00823 0,00844 0,00880 0,00855 0,01038\t0,00855 0,00855 0,00911 0,00911 0,01056\t0,00839 0,00863 0,00886 0,00881 0,01081\t0,00844 0,00867 0,00899 0,00887 0,01116\t0,00997 0,01129 0,01234 0,01222 0,04175\t0,00962 0,00995 0,01190 0,01223 0,03929\t0,00888 0,00937 0,01130 0,01123 0,03277\t0,01044 0,01097 0,01256 0,01267 0,04253\nWas vorerst die Reihen d anbetrifft, so wird leicht erkannt, dass mit zwei unbedeutenden Ausnahmen in der That f\u00fcr beide Augen die Unterschiedsschwelle hei d25 regelm\u00e4\u00dfig niedriger ist, als hei c25, w\u00e4hrend durchweg das umgekehrte Verh\u00e4ltniss zwischen dm und c40 angetroffen wird. Weniger klar ist aus einstweilen nicht ganz erkennbaren Gr\u00fcnden, die aber vielleicht in Adaptations- und Erm\u00fcdungsvorg\u00e4ngen zu suchen sind, die Sachlage hei der Reihe b. Nur f\u00fcr das rechte Auge f\u00fcgen sich die Ergebnisse einigerma\u00dfen unseren Erwartungen. So sehen wir die Schwellenwerthe f\u00fcr bin durchweg h\u00f6her als f\u00fcr a40 und meist auch c40 ausfallen, w\u00e4hrend dieselben f\u00fcr b25 im Ganzen unter diejenigen von c25 und sogar zweimal unter die Zahlen von \u00ab25 heruntergehen, was aus sp\u00e4ter anzuf\u00fchrenden Gr\u00fcnden besondere Beachtung verdient. Beim linken Auge jedoch, dessen Beobachtungen \u00fcberhaupt als weniger zuverl\u00e4ssig betrachtet werden m\u00fcssen, lassen uns die Zahlen den vermutheten Einfluss des Contrastes in der Reihe b nicht erkennen.\nMit viel gr\u00f6\u00dferer Regelm\u00e4\u00dfigkeit, als die Contrastwirkung des Wechsels zwischen st\u00e4rkeren und schw\u00e4cheren Helligkeitsgraden, tritt in meinen Versuchsreihen endlich als weiteres modificirendes Element der Einfluss der Erm\u00fcdung hervor. Am besten wird dies aus den nach Typus II angestellten Beobachtungen ersehen, weil hier die st\u00f6renden Schwankungen der Adaptation wenigstens zu einem gro\u00dfen Theile in Wegfall kommen.","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes bei Lichterapfindungen.\n319\nRechts\t\t\t\t\tL inks\t\t\t\n\ta\tb\tc\td\ta\tb\tC\td\n*o *6 \u00bb7 *8 *9\t0,00823 0,00823 0,00823 0,00823 0,00823\t0,00823 0,00831 0,00847 0,00847 0,00863\t0,00823 0,00823 0,00847 0,00847 0,00855\t0,00823 0,00823 0,00855 0,00855 0,00947\t0,00839 0,00871 0,00887 0,00887 0,01199\t0,00871 0,00881 0,00964 0,00974 0,01457\t0,00855 0,00898 0,00985 0,00985 0,01606\t0,00803 0,00888 0,01056 0,01056 0,01550\n*' 0 \u00abV6 i' 7 *V8 \u00bb' 9\t0,00823 0,00823 0,00839 0,00839 0,00906\t0,00823 0,00823 0,00855 0,00855 0,01078\t0,00823 0,00869 0,00887 0,00887 0,01190\t0,00855 0,00855 0,00855 0,00855 0,00938\t0,00871 0,00897 0,01105 0,01105 0,01947\t0,00879 0,00928 0,01269 0,01269 0,03190\t0,00887 0,00977 0,01297 0,01297 0,04172\t0,00871 0,00906 0,01052 0,01083 0,01946\nMit der gr\u00f6\u00dften Regelm\u00e4\u00dfigkeit, die nur f\u00fcr das linke Auge von einigen unbedeutenden Ausnahmen durchbrochen wird, sehen wir hier \u00fcberall die Reihe a geringere Unterschiedsschwellenwerthe darbieten, als s\u00e4mmtliche \u00fcbrige Reihen. Dieselbe Erscheinung tritt bei den nach Typus I angestellten Versuchen, wenigstens f\u00fcr das rechte Auge, deutlich genug hervor, w\u00e4hrend das linke Auge dort in noch h\u00f6herem Grade Abweichungen und Schwankungen zeigt. Als Erkl\u00e4rung dieses h\u00f6chst auffallenden Verhaltens der Reihe a vermag ich kein anderes Moment aufzufinden, als die bei den \u00fcbrigen Reihen sich allm\u00e4hlich geltend machende Erm\u00fcdung und die naturgem\u00e4\u00df damit einhergehende Herabsetzung der absoluten Empfindlichkeit des Auges. Der relativ ausgeruhte Zustand der vor dem Beginn der Versuche immer einige Zeit an das verdunkelte Zimmer gew\u00f6hnten Netzh\u00e4ute ist wenigstens das einzige Element, welches den Reihen a allein eigenth\u00fcmlich war. Dass in den ferneren Reihen ein regelm\u00e4\u00dfiges Fortschreiten der Erm\u00fcdung mit successiver Erh\u00f6hung der Schwellenwerthe nicht zu Tage tritt, d\u00fcrfte einerseits durch den Wechsel der Distanzen, andererseits durch die mannigfachen anderweitigen diese Regelm\u00e4\u00dfigkeit verwischenden Fehlervorg\u00e4nge bedingt sein. Das mit gr\u00f6\u00dferer Empfindlichkeit der Netzhaut ausger\u00fcstete rechte Auge scheint auf die Einfl\u00fcsse der Erm\u00fcdung in ausgibigerem Ma\u00dfe und prompter zu reagiren als das linke.\nGanz besondere Beachtung verdient es, dass in der Reihe a der letzten Tabelle die Differenz der Unterschiedsschwellen f\u00fcr i0 und ia vollkommen verschwunden ist. Mit anderen Worten : F\u00fcr das un-erm\u00fcdete und gut adaptirte Auge ist die Unterschiedsschwelle constant geblieben, w\u00e4hrend wir die Lichtin-","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nEmil Kraepelin.\ntensit\u00e4t von 1000 auf 9,61 herabgemindert haben. Ja, selbst die Differenz zwischen i{] und i',t ist auf 0,00083 und, wenn wir nur die Reihe 1 ber\u00fccksichtigen, sogar auf 0,00064 herabgesunken, ein Betrag, der kaum mehr T13 des ganzen Werthes bedeutet, w\u00e4hrend die Beleuchtungshelligkeit von 1000 auf 1,42 abgeschw\u00e4cht wurde. Leider besitze ich fiir *j, der Reihe a keine Bestimmungen mit atropinisirtem Auge, die voraussichtlich noch eine weitere Verkleinerung der letztgenannten Differenz ergeben haben w\u00fcrden.\nGegen\u00fcber der bis hierher discutirten Beobachtungsreihe kommen die Resultate der \u00fcbrigen von mir angestellten Versuche kaum in Betracht , da in diesen auf die Eliminirung von Fehlervorg\u00e4ngen noch nicht diejenige R\u00fccksicht genommen worden war, die sich im weiteren Verlaufe als nothwendig erwies. Ich kann daher f\u00fcglich \u00fcber sie mit kurzen Worten hinweggehen. Zun\u00e4chst mag erw\u00e4hnt werden, dass ich auch noch mit einer zweiten Scheibe eine Anzahl von Versuchen unternahm. Der Inhalt der einzelnen Abschnitte des unterbrochenen Streifens betrug lqcm, die Breite der Zwischenr\u00e4ume 3 mm. In Folge dessen stellte sich das Mischungsverh\u00e4ltniss des \u00e4u\u00dfersten grauen Ringes nur = 1 : 58,7 ; die Unterschiedsschwelle bei mittlerer Beleuchtung war also lange nicht erreicht. Nat\u00fcrlich blieb unter diesen Umst\u00e4nden die Zahl der abgrenzbaren Ringe lange constant, f\u00fcr das rechte Auge sogar bei i\\ , w\u00e4hrend f\u00fcr das linke Auge bei % wie bei e'9 eine Erh\u00f6hung des unterschiedenen Werthes von 0,01704 auf 0,01979 eintrat. An diesem Punkte war offenbar die Differenz eine nur eben merkliche geworden. Der gefundene Schwellenwerth stimmt mit dem fr\u00fcher (ebenfalls nach Typus I) bei 7, gewonnenen gut \u00fcberein, w\u00e4hrend er f\u00fcr i\\ verli\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig niedrig ausgefallen ist.\nEine weitere Gruppe von hei Lampenlicht, aber nicht im Dunkelzimmer angestellten Versuchen \u00fcbergehe ich, da die Resultate derselben fast in allen Punkten genau mit den fr\u00fcher berichteten Reihen des Typus I \u00fcbereinstimmen. Nur den Umstand will ich anf\u00fchren, dass s\u00e4mmtliche Unterschiedsschweiine hier etwas h\u00f6her ausgefallen sind, als in den oben besprochenen Beobachtungen, vielleicht wegen der diffuseren Beleuchtung der Netzhaut im nicht geschw\u00e4rzten Zimmer. Wichtiger erscheinen die Versuche bei Tagesbeleuchtung, \u00fcber die ich hier eine Uebersicht gehe. Dieselben wurden regelm\u00e4\u00dfig w\u00e4hrend","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber'schen Gesetzes bei Lichtcinpfindnngen.\n32t\nder Zeit von 12\u2014ll/2Uhr an heiteren sonnigen Tagen, aber im diffusen Lichte, ohne directe Sonnenbestrahlung, vorgenommen. Den Hintergrund bildete eine gro\u00dfe schwarze Papptafel.\nRechts\t\t\t\tLinks\t\t\t\n\t25 cm\t30 cm\t40 cm\t20 cm\t25 cm\t30 cm\t40 cm\n0\t0,00887\t0,00887\t0,00887\t0,00860\t0,01025\t0,00912\t0,01003\n1\t0,00887\t0,00887\t0,00879\t0,00866\t0,01006\t0,00912\t0,01011\n2\t0,00887\t0,00887\t0,00879\t0,00866\t0,01006\t0,00912\t0,00999\n3\t0,00887\t0,00887\t0,00879\t0,00866\t0,01006\t0,00887\t0,00999\n4\t0,00887\t0,00887\t0,00879\t0,00866\t0,01006\t0,00887\t0,00999\n5\t0,00887\t0,00887\t0,00879\t0,00866\t0,01006\t0,00887\t0,00999\n6\t0,00887\t0,00887\t0,00909\t0,00866\t0,01060\t0,00912\t0,01015\n7\t0,00899\t0,00887\t0,00909\t0,00866\t0,01170\t0,00912\t0,01115\n8\t0,00899\t0,00887\t0,00909\t0,00866\t0,01170\t0,00912\t0,01108\n9\t0,00977\t0,00887\t0,00999\t0,00887\t0,01479\t0,00996\t0,01372\nDie Columnen unter d \u2014 25 cm oder 40 cm enthalten Mittelwerthe aus einer gr\u00f6\u00dferen Zahl von Einzelbeobachtungen, w\u00e4hrend die Reihen d = 20 cm oder 30 cm nur aus je 2 oder 3 Versuchen zusammengezogen sind. Was zun\u00e4chst in der vorstehenden Tabelle auff\u00e4llt, ist die relative H\u00f6he der Unterschiedsschwelle gegen\u00fcber den fr\u00fcher gefundenen Daten. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich als die Ursache dieses Verhaltens auch hier die diffuse Beleuchtung der Netzhaut betrachte. Je heller der gesammte Augenhintergrund durch das von allen Seiten eindringende diffuse Tageslicht beleuchtet ist, desto weniger ist es m\u00f6glich, sehr geringe Helligkeitsdifferenzen noch wahrzunehmen. Hier tritt derselbe Fall ein, wie hei dem oft besprochenen Verschwinden der Gestirne am Tage oder des Mondschattens im Bereiche des Lampenlichtes. In zweiter Linie ist es hemerkenswerth, dass hier mehrfach hei st\u00e4rkerer Beleuchtung h\u00f6here Unterschiedsschwellen-werthe auftreten, als f\u00fcr die schw\u00e4cheren Intensit\u00e4ten. H\u00f6chst wahrscheinlich handelt es sich hier nicht um Zuf\u00e4lligkeiten, sondern wohl um den Beginn der oberen Abweichung, um Blendungserscheinungen. Von allergr\u00f6\u00dftem Interesse ist aber die in den Reihen mit d= 20 cm oder 3 0cm hervortretende Constanz der Zahlen bei bedeutenden Schwankungen der objectiven Beleuchtungsst\u00e4rke. W\u00e4hrend die \u00fcbrigen Reihen sich ann\u00e4hernd so verhalten, wie die hei Lampenlicht gewonnenen , sehen wir hei jenen Versuchen, die an einem besonders hellen, v\u00f6llig wolkenlosen Tage angestellt wurden, das Web er\u2019sehe\nWundt, Philos. Studien. II.\t21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nEmil Kraepelin.\nGesetz innerhalb weiter Grenzen best\u00e4tigt. Dass es sich dabei stets um wirklich eben merkliche Unterschiede handelt, und somit der oben erw\u00e4hnte Aubert\u2019sehe Einwand nicht erhoben werden kann, wird durch den Umstand erwiesen, dass das fr\u00fcher constatirte Maximum der Unterschiedsempfindlichkeit hier nirgends erreicht war. In der Reihe \u00bbRechts, 30cm\u00ab und fast ebenso in \u00bbLinks, 20cm\u00ab ist die Forderung einer Constanz der Unterschiedsschwelle vollkommen erf\u00fcllt. Allerdings darf dabei nicht au\u00dfer Acht gelassen werden, dass die Schwankungen der Beleuchtungsst\u00e4rke hier nicht so ausgibige sind, wie bei den Lampenversuchen, da ja das Moment einer Variirung des Abstandes hier in Wegfall kommt und die an verschiedenen Tagen bei verschiedenen Distanzen gewonnenen Resultate wegen der un-controlirbaren Helligkeitsditferenzen nicht mit einander verglichen werden d\u00fcrfen. Zum Beweise f\u00fchre ich die folgende Reihe an, die ich bei etwa 30 cm Entfernung zwischen Auge und Scheibe an einem hellen Februar tage Nachmittags 5 Uhr gewann :\n0123456789 0,00887 0,00984 0,01076 0,01078 0,01137 0,01078 0,01051 0,01105 0,01105 0,01859\nDiese Reihe bietet schlechtere Resultate, als irgend eine der bei Lampenlicht erhaltenen, h\u00f6chst wahrscheinlich weil zu den fr\u00fcher besprochenen Fehlerquellen (besonders mangelhafte Adaptation) noch diejenige einer diffusen Beleuchtung des Augenhintergrundes hinzutrat , ein Umstand, der sich aus bekannten Gr\u00fcnden um so st\u00f6render geltend machen muss, je geringer die absolute Helligkeit der zu unterscheidenden Reize ist.\nAuch mit Atropinisirung des Auges habe ich bei Tageslicht einige Versuchsreihen angestellt. Das Ergebnis\u00bb derselben entspricht in allen St\u00fccken den analogen, bei Lampenlicht erhaltenen Resultaten. Wie dort, so wird auch hier bei den s\u00e4mmtlich nach Typus I ausgef\u00fchrten Beobachtungen durch die L\u00e4hmung der Iris die Unterschiedsschwelle erh\u00f6ht und der Spielraum ihrer Schwankungen vergr\u00f6\u00dfert. Wenn es gestattet ist, die an verschiedenen Tagen gewonnenen Zahlen mit einander zu vergleichen, so hat es den Anschein, als ob jener st\u00f6rende Einfluss des Atropins verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig etwas weniger bei den geringeren, als bei den st\u00e4rkeren Beleuchtungsgraden bemerkbar hervortrete.\nMachen wir nun den Versuch, uns \u00fcber die allgemeinen Ergeb-","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019scheu Gesetzes bei Liciiteiripfiiiduiigen. 323\nnisse unserer Experimente Rechenschaft zu gehen, so tritt uns zun\u00e4chst die Frage entgegen, welche Schl\u00fcsse sich aus denselben f\u00fcr oder gegen die empirische G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes ziehen lassen. Ich gestehe, dass ich lange Zeit hindurch, namentlich auf Grund von Versuchen, die ich mit sog. Normalkerzen ausgef\u00fchrt hatte, die G\u00fcltigkeit jenes Satzes auf dem Gebiete der Lichtempfindungen verneinen zu m\u00fcssen glaubte. Erst als es mir gelang, mittelst der R\u00fcb\u00f6llampen constantere Beleuchtungsbedingungen herzustellen und sodann einen Fehlervorgang nach dem andern durch geeignete Variation der Beobachtungen zu eliminiren, sah ich nach und nach die Grenzen, innerhalb deren die Unterschiedsschwelle constant blieb, sich immer weiter ausdehnen und schlie\u00dflich fast die ganze Scala der von mir in Anwendung gezogenen Intensit\u00e4ten umfassen. Dazu kommt, dass nach oben hin f\u00fcr die Lampenversuche wohl kaum schon jener Punkt ganz erreicht war, an welchem die Constanz der Unterschiedsschwelle erfahrungsgem\u00e4\u00df ihre obere Abweichung erf\u00e4hrt. Leider sind meine bei Tageslicht angestellten Beobachtungen in Bezug auf diese Frage aus verschiedenen Gr\u00fcnden mit jenen nicht vergleichbar. Jedenfalls aber glaube ich den Nachweis gef\u00fchrt zu haben, dass das Weber\u2019sche Gesetz innerhalb einer Breite von Lichtintensit\u00e4ten, die sich verhalten wie 9,61 : 1000, eine strenge, in noch gro\u00df er em Umfange aber wenigstens eine sehr ann\u00e4hernde empirische G\u00fcltigkeit hat, vorausgesetzt, dass man die periphere Erregbarkeit der Netzhaut auf gleicher, ann\u00e4hernd maximaler H\u00f6he erh\u00e4lt. Wo diese letztere Bedingung nicht erf\u00fcllt ist, kann nat\u00fcrlich die Unterschiedsschwelle unm\u00f6glich constant sein, aber die Schwankungen ihrer Werthe haben dann auch keine andere Bedeutung, als dass sie uns eine ungef\u00e4hre Vorstellung von dem complicirten Spiele jener Vorg\u00e4nge gew\u00e4hren, welche in der Netzhaut fortw\u00e4hrend die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr \u00e4u\u00dfere Reize im positiven oder negativen Sinne beeinflussen.\nWenn es nach allem dem keinem Zweifel unterliegen kann, dass der wechselnde Zustand der Netzhauterregbarkeit, deren Gr\u00f6\u00dfe durch die beiden Factoren der Adaptation und der Erm\u00fcdung in jedem Augenblicke bestimmt wird, die Constanz der Unterschiedsschwelle sehr erheblich beeinflusst, so liegt doch der Mechanismus dieses Vorganges nicht ohne Weiteres auf der Hand. Sicher ist es, dass wir bei\n21*","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nEmil Kraepelin.\ngeeigneter Anordnung der Versuche, n\u00e4mlich bei minimaler Erm\u00fcdung und maximaler Adaptation, die Unterschiedsschwelle in weiten Grenzen auf gleicher H\u00f6he erhalten k\u00f6nnen, dass also unter diesen Umst\u00e4nden thats\u00e4chlich der Unterschied zweier Eeize gleich empfunden wird, so lange ihr Verh\u00e4ltniss zu einander sich nicht \u00e4ndert. Es liegt daher die Annahme nahe, dass wir in jenen Fehlerquellen Momente zu suchen haben, welche eben jenes Verh\u00e4ltniss der beiden Reize al-teriren. Man sieht leicht, dass diese Vermuthung zu sehr complicirten Voraussetzungen \u00fcber das Zustandekommen der Netzhauterregung f\u00fchren w\u00fcrde, so lange man es dabei mit Reizen von einer gewissen Gr\u00f6\u00dfe zu thun hat. An und f\u00fcr sich sollte ja die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Empf\u00e4nglichkeit der Retina, \u00e4hnlich wie die Einschiebung grauer Gl\u00e4ser von verschiedener Elelligkeit, wohl die Intensit\u00e4t beider verglichenen Reize abzuschw\u00e4chen im Stande sein, ohne aber ihr gegenseitiges Verh\u00e4ltniss erheblich zu \u00e4ndern.\nIn der That haben wir ja auch eine beschr\u00e4nkte Scala von Beleuchtungsst\u00e4rken kennen gelernt, in deren Bereiche die Vorg\u00e4nge der Adaptation und Erm\u00fcdung f\u00fcr die H\u00f6he der Unterschiedsschwelle fast v\u00f6llig belanglos sind. Bei sehr heller Tagesbeleuchtung sehen wir sogar trotz des betr\u00e4chtlichen Unterschiedes in der absoluten Empfindlichkeit auf beiden Augen doch die Differenz in der Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr eine gewisse Breite der Lichtintensit\u00e4t ziemlich verschwinden. Allein sobald die St\u00e4rke der \u00e4u\u00dferen Reize unter ein gewisses Ma\u00df heruntersinkt, tritt sofort die in der variablen Netzhauterregbarkeit liegende Fehlerquelle auf das deutlichste hervor. Nach meiner Auffassung beruht dieses Verhalten auf der Thatsache der physiologischen Schwelle der Netzhauterregung. Sobald n\u00e4mlich f\u00fcr den Reiz eine gewisse Intensit\u00e4t erforderlich ist, um die in der Netzhaut liegenden Hemmungen zu \u00fcberwinden und zum Centralorgan weiter bef\u00f6rdert zu werden, so wird bei fortgesetzter Abschw\u00e4chung beider Vergleichsreize an irgend einem Punkte der Fall eintreten m\u00fcssen, dass zun\u00e4chst der schw\u00e4chere Reiz nicht mehr im Stande ist, die Netzhautelemente zu erregen, dass also damit die Grenze der Unterschiedsempfindlichkeit sich nach abw\u00e4rts verschiebt. Nat\u00fcrlich w\u00fcrde dieser Punkt, an dem die Unterschiedsempfindlichkeit zu sinken beginnt und die untere Abweichung vom Weber\u2019-schen Gesetze eintritt, einer pr\u00e4cisen und allgemein g\u00fcltigen Be-","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber'schen Gesetzes bei Lichtempfindungen. 325\nStimmung dann zug\u00e4nglich sein, wenn jener physiologische Schwellenwerth, die Erregbarkeit der Netzhaut, eine constante Gr\u00f6\u00dfe darstellte. Allein das ist, wie die t\u00e4gliche Erfahrung und auf das genaueste auch der Ausfall unserer Versuche lehrt, keineswegs der Fall. Vielmehr kann man im Gegentheil behaupten, dass die Erregbarkeit der Retina, speciell hei wechselnder objectiver Beleuchtung, kaum f\u00fcr sehr kurze Zeitabschnitte als einigerma\u00dfen constant angesehen werden darf. Die Ursache der unteren Abweichung, soweit sie in den Verh\u00e4ltnissen der Netzhauterregung zu suchen ist, setzt sich somit h\u00f6chst wahrscheinlich aus zwei verschiedenen Factoren zusammen, einem variablen, der unter dem Einfl\u00fcsse der Adaptations- und Erm\u00fcdungsvorg\u00e4nge wechselnden H\u00f6he des physiologischen Schwellenwerthes, und einem constanten, dem individuell verschiedenen, aber in sich unver\u00e4nderlichen Mini-inalwerthe der Schwelle. Den ersteren Factor kann man experimentell eliminiren, wie das von mir wenigstens ann\u00e4hernd in der Reihe ax durch Einhaltung maximaler Adaptation und minimaler Erm\u00fcdung geschehen ist; der letztere dagegen bleibt, wie sehr man auch durch sorgf\u00e4ltiges Experimentiren die empirischen G\u00fcltigkeitsgrenzen des Weber\u2019schen Gesetzes erweitern mag, principiell unnahbar.\nEine weitere Ursache der unteren Abweichung haben wir in der diffusen Beleuchtung des Augenhintergrundes kennen gelernt. Nur dann k\u00f6nnen ja die Netzhauterregungen das gleiche Verh\u00e4ltniss bewahren, wie die objectiven Reize, wenn sie durch diese letzteren allein ausgel\u00f6st werden. Durch jede gleichzeitige Beleuchtung der Netzhaut aus anderer Quelle empf\u00e4ngt der schw\u00e4chere Reiz einen relativ gr\u00f6\u00dferen Zuwachs, als der st\u00e4rkere. Auf diese Weise verkleinert sich das Verh\u00e4ltniss beider zu einander, und die Unterschiedsschwelle erf\u00e4hrt eine scheinbare Erh\u00f6hung. Dass diese theoretischen Ueberlegungen durch das Experiment best\u00e4tigt werden, ist wiederholt erw\u00e4hnt worden. Nat\u00fcrlich ist es selbst im Dunkelzimmer nicht m\u00f6glich, jede Reflexbeleuchtung der Netzhaut durch die immerhin nicht absolut schwarzen W\u00e4nde und Mobilien auszuschlie\u00dfen, so dass die hier besprochene Fehlerquelle auch in den zuverl\u00e4ssigsten meiner Versuche noch eine gewisse Rolle spielen d\u00fcrfte. Am st\u00e4rksten macht sich dieselbe aber bei Reizen von geringer Intensit\u00e4t geltend, weil hier der Zuwachs durch di e diffuse Beleuchtung das Verh\u00e4ltniss der Reize am eingreifendsten ver\u00e4ndert. Als experimenteller Beleg daf\u00fcr mag die oben ange-","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326 Emil Kraepelin. Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019sclieu Gesetzes bei Lichtempflodnngen.\nf\u00fchrte, im Beginne der Abendd\u00e4mmerung gewonnene Versuchsreihe dienen.\nWenn diese Beimischung diffusen Lichtes durch geeignete Lauteten bis zu einem gewissen Grade vermieden und somit als variabler Factor angesehen werden kann, so ist jene M\u00f6glichkeit ausgeschlossen hei der analogen Fehlerquelle, die aus der permanenten subjectiven Erleuchtung des Gesichtsfeldes, aus der von Fechner mit c bezeich-neten Helligkeit des Augenschwarz ihren Ursprung nimmt. Durch dieses c wird das Verh\u00e4ltniss je zweier \u00e4u\u00dferer Lichtreize in der Netzhaut auf ganz gleiche Weise alterirt, wie durch die diffuse objective Beleuchtung. Allerdings besitzt die Helligkeit des Augenschwarz nur eine sehr geringe Intensit\u00e4t, so dass die durch sie vermittelte Aende-rung des Reizverh\u00e4ltnisses nur hei schwachen Reizen in Betracht kommen kann, gegen\u00fcber denen jene Gr\u00f6\u00dfe nicht als verschwindend klein angesehen werden darf. Fechner gesteht daher seihst zu, dass die Existenz von c nicht im Entferntesten gen\u00fcgt, um die empirische Ausdehnung der unteren Abweichung vom W eh er\u2019sehen Gesetze zu erkl\u00e4ren.\nWir h\u00e4tten somit als Ursache der unteren Abweichung des Weher\u2019sehen Gesetzes hei Lichtempfindungen zwei Reihen von Factoren, die Erregbarkeit und die Erregungen der Netzhaut, kennen gelernt, von denen jede sich wieder aus einer variabeln, der experimentellen Correctur wenigstens theoretisch zug\u00e4nglichen , und aus einer constanten '), nicht eliminirbaren Componente zusammensetzt. Die Gr\u00f6\u00dfe der beiden letzteren, des physiologischen Schwellen-werthes der Netzhaut und der Helligkeit des Augenschwarz, kann h\u00f6chstens durch eigene Untersuchungen gesondert bestimmt und dann in ihrer Bedeutung f\u00fcr die untere Abweichung vom Weber\u2019schen Gesetze ber\u00fccksichtigt werden.\n1) Allerdings ist auch c nicht ganz constant und kann nach F echner ebenfalls wieder als aus einem ver\u00e4nderlichen Antheil und einem unver\u00e4nderlichen Minimalwerthe bestehend angesehen werden.","page":326}],"identifier":"lit3333","issued":"1885","language":"de","pages":"306-326","startpages":"306","title":"Zur Frage der G\u00fcltigkeit des Weber\u2018schen Gesetzes bei Lichtempfindungen","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:05:19.010037+00:00"}