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{"created":"2022-01-31T16:33:45.525329+00:00","id":"lit33339","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wirth, Wilhelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 31: 302-304","fulltext":[{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nLiteraturberich t.\nAas den Resultaten der mit dem Ergographen angestellten \u00dcbungen sei folgendes heryorgehoben : Eine lang andauernde \u00dcbung einer K\u00f6rperseite kann nicht nur diese mehr als die andere zur Entwicklung bringen sondern auf dieser anderen K\u00f6rperh\u00e4lfte sogar eine Abnahme der Kraft bewirken. Aus der \u00c4hnlichkeit der mit beiden H\u00e4nden gewonnenen Kurven ist nach D. auf einen gewissen Einflufs zu schliefsen, den das zentrale Nervensystem auf die Muskelkontraktion aus\u00fcbt. Die bei gewissen Personen auftretende, jedem, der mit dem Ergographen gearbeitet hat, bekannte Erscheinung, dafs die Kurve scheinbar nicht enden will, sucht der Yerf. daraus zu erkl\u00e4ren, dafs die betreffenden Personen die ihnen zu Gebote stehende nerv\u00f6se Energie nicht angenblicklich entladen k\u00f6nnen. Er sieht hierin einen Hauptunterschied zwischen Personen von verschiedenem Temperament u. s. f.\nDas letzte Kapitel ist allgemeinen Betrachtungen \u00fcber die Natur der Erm\u00fcdung und das als cross-education bezeichnete Ph\u00e4nomen gewidmet. Aufserdem ist hier die einschl\u00e4gige Literatur eingehend ber\u00fccksichtigt und besprochen.\tKiesow (Turin).\nAlbert Bor\u00e9e. Physiognomiscke Stadien. 119 Autotypien nach Naturaufnahmen nebst einem kurzen erl\u00e4uternden Text. Stuttgart, Hoffmann, 1899. 46 S. Preis 12 Mk.\nDas Werk hat sich seinem Werte entsprechend l\u00e4ngst in weiteren Kreisen bekannt gemacht und sind einzelne Abbildungen schon mehrfach als Belege in theoretische Behandlungen der Mimik her\u00fcbergenommen worden, wie in Wundts V\u00f6lkerpsychologie u. a. Durch die Reichhaltigkeit und Einheitlichkeit des Stoffes, der ein und die n\u00e4mliche Person in allen m\u00f6glichen Stimmungen wiedergibt, und die Vollkommenheit der Darstellung, welche ein m\u00f6glichst naturgetreues Bild mit allen Mitteln der reproduzierenden Technik zu geben vermag, d\u00fcrfte diese Sammlung auch tats\u00e4chlich nach Form und Inhalt einzig in ihrer Art dastehen. Einer solchen Aufgabe, dem Schauspieler und dem bildenden K\u00fcnstler ebenso wie dem Theoretiker des physiognomischen Ausdruckes v\u00f6llig konkrete Vorbilder darzubieten, konnte nat\u00fcrlich nur ein mimischer K\u00fcnstler selbst gewachsen sein, der m\u00f6glichst viele Stimmungen mitsamt ihrem physiognomischen Ausdruck sozusagen mit experimenteller Sicherheit beherrscht. Zugleich mufste die besondere Leistung der k\u00fcnstlerisch wirksamen Darstellung in einem Momentbilde hinzutreten. Neben der vorwiegenden Aufnahme en face ist mitunter je nachdem in verschiedenem Grade zur Profilansicht \u00fcbergegangen. Da der Ausdruck des Gesichtes und der Kopfhaltung das eigentliche Problem bildete, reicht das Bild im allgemeinen nur bis zum obersten Teile der Brust herab. Auch in diesem kleinen Ausschnitte vermag die k\u00fcnstlerisch ausdrucksf\u00e4hige Kleidung durch den Faltenwurf des dunkeln Mantels die Gesamtwirkung oft nicht unwesentlich zu unterst\u00fctzen. S\u00e4mtliche Stimmungen und Affekte sind nach zehn Gruppen in f\u00fcnf Gegensatzpaaren angeordnet: Bosheit\u2014G\u00fcte, Abscheu \u2014 Verlangen, Selbstbewufst-sein \u2014 Unterw\u00fcrfigkeit, Freude \u2014 Schmerz, Spannung der Seele \u2014 Spannung \u2022der Sinne. Die Schwierigkeit des rein physiognomischen Ausdruckes der","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturb erich t.\n303\nim letzten Paare vereinigten Erlebnisse f\u00fchrte ganz unwillk\u00fcrlich zu einer etwas umfangreicheren Hinzunahme des Oberk\u00f6rpers, was den Mafsstab des Ganzen ungef\u00e4hr von Bild 80 an etwas herabsetzt. Verf. sucht in grofser Bescheidenheit in der Vorrede die ganze Gruppierung ausdr\u00fccklich von dem Verdachte zu befreien, als ob er damit ein wissenschaftlich wertvolles System bieten wolle; sie soll nur zur schnellen Auffindung der einzelnen Affekte dienen, indem sie alle auf bestimmte Hauptklassen bringt, unter denen sie der allt\u00e4glichen Lebenserfahrung gel\u00e4ufig sind. In das Verzeichnis der Tafeln ist jeweils zugleich der kurze Text eingef\u00fcgt, in welchem die f\u00fcr den Affekt charakteristischen Z\u00fcge des Gesichtes und der Kopfhaltung etc. kurz zusammengestellt und mitunter auch gewisse Beziehungen zwischen den einzelnen Tafeln angedeutet sind. Zur Konkretisierung der begrifflichen Fixierung eines Bildes ist \u00f6fters zur Angabe einer Klassikerstelle, meist von Schiller, und zwar besonders gern aus \u201eKabale und Liebe\u201c, oder zu einer Redensart als landl\u00e4ufige \u00c4ufserung einer Stimmung Zuflucht genommen. Freilich reichen auch diese Angaben nicht an allen Stellen aus, um den Ausdruck, der vom K\u00fcnstler zwar immer aus einer vorgestellten Situation heraus mit voller Wahrheit gegeben sein mag, auch wirklich eindeutig zu verstehen. Andere, im Beschauer vorausgesetzte Momente als der rein physiognomische Ausdruck geben in diesen F\u00e4llen offenbar dem K\u00fcnstler das Bewufstsein, sich v\u00f6llig der Situation gem\u00e4fs ge\u00e4ufsert zu haben. Der Ausdruck ist also ein allgemeinerer, mehreren verwandten Stimmungslagen entsprechender und bleibt es ja gerade immer noch die Frage, inwieweit bestimmte konkrete Gef\u00fchlserlebnisse in ihrer speziellen Eigenart \u00fcberhaupt rein physiognomisch eindeutig bestimmbar sind. Man d\u00fcrfte dann eben nur auch in der begrifflichen Subsumption dieses rein physiognomischen Ausdruckes nicht zu speziell werden. Ohne diese Frage der M\u00f6glichkeit eines noch spezielleren Ausdruckes f\u00fcr die betreffenden F\u00e4lle entscheiden zu wollen, vermifst man die eindeutige Beziehung zu der vom Verf. vorgenommenen Deutung des Ausdruckes etwa vielleicht f\u00fcr 6 (Grausamkeit) begeisterte Freude an vorgestellter Aktion \u00fcberhaupt; 17 (Scham, Reue), mehr Unentschlossenheit und \u00dcberlegung; 18 (Unzufriedenheit mit sich selbst, im Gegensatz zu 19, der Mifsbilligung anderer), wo der unstete Blick, im Gegensatz zu der Fixation des unmittelbar vor uns stehenden Objektes bei 19, nur auf das weniger genau lokalisierte Vorhandensein des Gegenstandes in der blofsen Vorstellung hinweist, wie es bei der reflektiven Betrachtung des eigenen Ich allerdings ebenfalls, aber eben nicht blofs hier allein, der Fall ist; 21 (Emp\u00f6rung), kampfbereites Gegen\u00fcberstehen ; 39 (Despotismus), energisches, r\u00fccksichtsloses Unabh\u00e4ngig-keitsbewufstsein ; 51 (Sch\u00fcchternheit), Zur\u00fcckhaltung \u00fcberhaupt. Steigert sich diese Notwendigkeit der Erg\u00e4nzung in dem vom Verf. gew\u00fcnschten Sinne durch andere Mittel, welche der Schauspieler in dem vorbildlichen praktischen Falle vielleicht ganz mit Recht voraussetzen darf und auf die er in diesem Falle dann sogar zur Vermeidung einer mimisch \u00fcberladenen Darstellung ausdr\u00fccklich verzichten wird, so kann der rein physiognomische Ausdruck den Gedanken an den speziell gemeinten Affekt nahezu \u00fcberhaupt nicht mehr wachrufen, geschweige mit besonderer symbolischer Kraft aufdr\u00e4ngen. Dies kann hier gewifs nur ganz selten gesagt werden,","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nLiteraturbericht.\nh\u00f6chstens etwa von 15 (Bedauern), 37 (Entschlossenheit), 40 (Drohen, 47 (Eigensinn), 55 (Heuchelei), 67 (Lachen des Alters), 82 (Gr\u00fcbeln). Verf. hat durch Abtrennung der Bezeichnung des Affektes vom Bilde selbst diese Pr\u00fcfung in besonders objektiver Weise gef\u00f6rdert. Ein \u00d6fteres Hineindenken in irgend eine Situation bei \u00f6fterer Kenntnisnahme der gemeinten Bedeutung kann ja freilich auch hier die urspr\u00fcngliche Gezwungenheit der Deutung f\u00fcr den Uneingeweihten allm\u00e4hlich mehr und mehr beseitigen. Bis auf wenige Ausnahmen ist der Standpunkt einer realistischen Darstellung der ungek\u00fcnstelten Ausdruckswreise wirklich vorkommender Affekte eingehalten. Eine \u00dcbertreibung zur Karrikatur, die nat\u00fcrlich sowohl theoretisch als auch k\u00fcnstlerisch wertvoll bleibt, findet sich h\u00f6chstens in 8 (Niedertracht), 26 (komischer Ekel), 33 (sinnliche Gier), 42 (Protzigkeif), 45 (Bauernstolz), 57 (Schmunzeln), 111 (guter Geschmack), lauter F\u00e4lle, in denen gerade die Karrikatur ihre besondere k\u00fcnstlerische Bedeutung besitzt. Diese Bilder sowohl, als auch die lebenswahr dargestellten Posen an sich komisch wirkender Affekte verschaffen zugleich der feinen Komposition des Ganzen eine erheiternde Belebung.\nWilhelm Wirth (Leipzig).\nC. N. McAllister. Researches oi Movements used il Writing. Yale Psychol.\nLaborat. 8, 21\u201463. 1900.\nDie Untersuchung begann mit Versuchen, w7elche dahin zielten, die relative Leichtigkeit der Auf- und Abw\u00e4rtsbewegungen beim Schreiben zu bestimmen. Verf. untersuchte in f\u00fcnf verschiedenen Versuchsreihen zun\u00e4chst die gr\u00f6fseren Schreibbewegungen, wrobei er sich des schon von Scripture beschriebenen Apparates (Stud. Yale Psychol. Laborat. 1895, 3, 106. The New7 Psychology 166) bediente. Um die Angaben zu erleichtern, wurden die Bewegungen nach der herk\u00f6mmlichen Weise als in einem der vier Quadranten eines Kreises ausgef\u00fchrt gedacht. Von diesen Quadranten war der obere rechts mit I, der obere links mit II, der untere links mit III und der untere rechts mit IV bezeichnet. Die kleineren SehreibbewTegungen untersuchte der Verf. in zwei Versuchsreihen. Alle diese Versuche ergaben, dafs die schnellsten Bewegungen nahe dem Ende des ersten Drittels der 1. und 3. Quadranten fallen.\nWeitere Versuche wurden an Schulkindern ausgef\u00fchrt, um die nat\u00fcrliche Neigung eines mit freier Hand gezeichneten Ovals zu ermitteln. Aus allen diesen Pr\u00fcfungen zieht der Verf., unterst\u00fctzt durch \u00dcberlegungen allgemein psychologischer Natur viele praktische Schlufsfolgerungen. Diese beziehen sich auf die Haltung und Stellung des Kindes beim Erlernen des Schreibens, auf das, wTorauf der Lehrer zu achten hat, um dem Kinde eine leichte und zugleich leserliche Handschrift beizubringen, auf die Vorteile der vertikalen und der schr\u00e4gen Schrift u. s. w7.\tKiesow (Turin).","page":304}],"identifier":"lit33339","issued":"1903","language":"de","pages":"302-304","startpages":"302","title":"Albert Bor\u00e9e: Physiognomische Studien. 119 Autotypien nach Naturaufnahmen nebst einem kurzen erl\u00e4uternden Text. Stuttgart, Hoffmann, 1899. 46 S.","type":"Journal Article","volume":"31"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:33:45.525335+00:00"}