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{"created":"2022-01-31T16:34:28.154061+00:00","id":"lit33368","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Crzellitzer, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 30: 149-151","fulltext":[{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n149\nwelche sich in seiner Ebene vollziehen. Es ist ein Ausfall von Widerst\u00e4nden.\nDiese Erscheinungen zeigen sich indessen nur bei Thieren, deren Organisation urspr\u00fcnglich auf dreidimensionale Baumauffassung angelegt ist; dafs dieses auch bei der Tanzmaus urspr\u00fcnglich der Fall war, und die jetzt beobachteten Erscheinungen durch pathologischen Ausfall bestimmter Functionen bedingt ist, daf\u00fcr spricht die rudiment\u00e4re, aber potentia dreisystemige Beschaffenheit des Bogengangapparates; ferner der Umstand, dafs Thiere (Neunaugen), welche normalerweise nur 2 Bogengangpaare haben, die also nur 2 Richtungen kennen und f\u00fcr zweidimensionale Baumauffassung principiell organisirt sind, sich nur in den Ebenen der bei ihnen vorhandenen Bogeng\u00e4nge bewegen, nicht in der fehlenden. Die Tanzmaus dagegen vollf\u00fchrt ihre Bewegungen in der Ebene des ausgefallenen Bogenganges.\nIm Ganzen sieht Cyon in diesen Beobachtungen eine sch\u00f6ne Best\u00e4tigung seiner Theorie, nach welcher das Labyrinth als Sinnesorgan f\u00fcr die Bichtungs- und Raumempfindungen angesprochen wird.\nH. Piper (Berlin).\nHugo Feilchenfkld. Ueber die \u00dfr\u00f6fseiisch\u00e4tzung im Sehfeld. Graefe\u2019sArch. f: Ophthalm. 53, S. 401\u2014422. 1902.\nF. geht davon aus, dafs gerade die Gr\u00f6fsensch\u00e4tzung und ihre T\u00e4uschungen ein gutes Mittel zur Beurtheilung der nativistischen und der empiristischen Erkenntnifstheorie geben mufsten, denn erstere erkl\u00e4rt diese T\u00e4uschungen durch angeborene Fehlerhaftigkeit der percipirenden Sinnesfl\u00e4che, letztere durch Bewegungst\u00e4uschungen. Es k\u00e4me also nur darauf an, bei der Analyse der T\u00e4uschungen unseres Augenmaafses die beiden Factoren: r\u00e4umliche Qualification der Sinnesfl\u00e4che und Bewegung auseinanderzuhalten. Zu diesem Zwecke, d. h. um die Augenbewegungen auszuschalten, habe man bisher, der HELMHOLTz\u2019schen Autorit\u00e4t folgend, die Methode der Beleuchtung mittels elektrischen Funkens gew\u00e4hlt, wodurch die Beobachtung auf einen Moment zusammengedr\u00e4ngt, unsicher und mangelhaft wurde.\nDaher verzichtet F. darauf und beobachtet \u2014 unter Vermeidung wenigstens gr\u00f6berer Bewegungen \u2014 bei gew\u00f6hnlichem Tageslicht, wozu nat\u00fcrlich wegen der Ueberwindung des starken Maculareinstellungsreflexes und der noth wendigen Beurtheilung peripherer Netzhautbilder grofse Uebung geh\u00f6rt.\nF. fixirte monocular ein in der Frontalebene angebrachtes Linienkreuz, dessen Mittelpunkt in Augenh\u00f6he stand; jeder Arm hatte eine L\u00e4nge von 10 cm. Unter Sehfeld versteht F. mit Helmholtz die Gesammtheit aller auf der Netzhaut eines ruhenden Auges abgebildeten Punkte resp. deren Aulsenprojection. Bei Fixirung des Mittelpunktes erscheint f\u00fcr F. in gew\u00f6hnlichem Leseabstand der temporale Arm gleich dem nasalen. Bei Ann\u00e4herung beginnt eine immer st\u00e4rker werdende Uebersch\u00e4tzung des nasalen. Fr\u00fchere Untersucher hatten f\u00fcr den Leseabstand widersprechende Angaben gemacht, bald Uebersch\u00e4tzung der nasalen, bald der temporalen H\u00e4lfte. Als Ursache nimmt nun F. die Form des Sehfeldes an, das bekanntlich asymetrisch zur Gesichtslinie temporal viel weiter \u00fcber die Linie hinaus-","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\n\u00cf\u00c2teraturberieht\nreicht als na\u00dfal. Diese Erkl\u00e4rung finde eine Best\u00e4tigung in der T\u00e4uschung bei der Sch\u00e4tzung der verticalen Arme, sowohl untereinander, als auch mit den horizontalen verglichen.\nBei ungezwungener Beobachtung tritt, sobald das Linienkreuz angen\u00e4hert wird, also der Gesichtswinkel sich vergr\u00f6fsert, spontan als wesentliches H\u00fclfsmittel der Sch\u00e4tzung Angenbewegung ein, wodurch die Fehler eliminirt werden.\nEine weitere Versuchsreihe war der Aufgabe gewidmet, eine gegebene Horizontale bei ungezwungenem Blick zu halbiren. Hierbei ist, wenn binocular gesehen wird, der Fehler sehr gering ; bei monocularer Sch\u00e4tzung wird \u2014 im Gegensatz zum obigen Resultate \u2014 die temporale Strecke von F. zu klein gemacht, also \u00fcbersch\u00e4tzt. Bei 50 maliger Wiederholung auf kleinen Bl\u00e4ttchen, die gleich nach der Markirung der provisorischen Mitte (also vor etwaiger Controlle durch Vergleichen der provisorischen H\u00e4lften) fortgezogen wurden, war der Fehler zwar in seiner Gr\u00f6fse \u2014 durch Uebung \u2014 abnehmend, in seiner Tendenz constant.\nHier f\u00fchrt F. zur Erkl\u00e4rung ein neues Moment ein ; nach ihm hat die hier ja freigegebene Bewegung f\u00fcr das Aufflnden der provisorischen Mitte gar keine Bedeutung. Benutzt wird vielmehr die Kenntnife des medianen Meridians, der durch das sog, \u201eCyclopenauge\u201c geht und zu unserem Kopfe immer gleiche Lage besitzt. Halten wir die Linie symmetrisch zu beiden Augen (binocular) so ergiebt diese ideale Medianebene die richtige Mitte, halten wir (monocular) die Linie symmetrisch zu einem Auge, so resulfcirt aus der Differenz zwischen dieser Ebene und der Richtungslinie des betr. Auges die T\u00e4uschung. Es ist ohne Weiteres klar, dafs bei verticaler Halbirung monocular oder binocular keinen Unterschied macht, da der Horizont des Doppelauges mit dem des Einzelauges zusammenf\u00e4llt\nBeim Vergleich zwischen oberen und unteren verticalen Armen \u00fcbersch\u00e4tzt F. (bei gen\u00fcgend grofsen Gesichtswinkel) stets die obere Strecke. Aufser der Form des Sehfeldes, das nach unten sich ja weiter erstreckt als nach oben, kommt hier gleichsinnig die von Wundt schon betonte Blick-bewegungst\u00e4uschung hinzu, indem die nach unten erleichtert\u00a9 Bewegung die untere H\u00e4lfte untersch\u00e4tzen macht.\nVon den drei Factoren: Form des Sehfeldes, unbewufster Kenntnifs der Medialebene und der Horizontebene sowie Augenbewegung spielt nach F. der zuerst genannte immer eine Rolle ; die beiden anderen k\u00f6nnen seine Wirkung entweder verst\u00e4rken oder vermindern.\nWar bisher nur von normalem, physiologischem Sehfeld di\u00a9 Rede, so verweist F. noch, gewissermaafsen als Anhang auf die Gr\u00f6fsensch\u00e4tzung bei Hemianopie. Der Halbblinde \u00fcbersch\u00e4tzt in der That die nach der Seite der Gesichtsfeldbeschr\u00e4nkung liegende H\u00e4lfte. Auf der Basis der WuNDT\u2019schen Anschauungen sollte die Ursache liegen in der erschwerten Blickbewegung auf der halbblinden Seite, wo die Contr\u00f4le der Wahrnehmung fehle. Im Gegens\u00e4tze hierzu erh\u00e4lt die F/sche These, dafs die Bewegung nichts damit zu thun habe, eine wesentliche St\u00fctze durch einen in der referirten Arbeit nicht erw\u00e4hnten Fall L\u00f6s\u00e4b\u2019s 1 ein linksseitiger\n1 Arch. f. Augenheilkunde (M\u00e4rz) 1902.","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Literatw'bericht.\n151\nHemianopiker, der zugleich an linker Abducensl\u00e4hmung litt, zeigte bei dem Fehler im Halbiren horizontaler Strecken keinerlei Unterschied zwischen rechts und links. Also kann die Blickbewegung f\u00fcr das Ph\u00e4nomen mindestens keinerlei wesentliche Rolle spielen.\nF. erkl\u00e4rt die Erscheinung, dafs centrale Strecken gegen\u00fcber peripheren \u00fcbersch\u00e4tzt werden, aus dem allgemeinen Gesetz, dafs deutliche Unterschiede gr\u00f6fser erscheinen als objectiv ebenso grofse, aber undeutlich erscheinende. Der Verkleinerung des Gesichtswinkels f\u00fcr periphere Objecte, die nach Ansicht des Ref. zur Erkl\u00e4rung ausreichte, weist allerdings F. nur mindere Bedeutung zu.\nRef. hat die s\u00e4mmtlichen Versuche nachgemacht und nur bei der Uebersch\u00e4tzung verticaler gegen\u00fcber horizontaler, sowie centraler gegen\u00fcber peripheren Strecken die gleichen, sonst die entgegengesetzten Resultate als F. erhalten. Wenn nun auch mit Recht von diesem betont wird, dafe individuell constante Fehler gen\u00fcgen, um eine Gesetzm\u00e4fsigkeit anzunehmen und den Versuch ihrer Erkl\u00e4rung zu machen, so erscheint doch, um der Form des Sehfeldes die von F. postulirte Bedeutung zuzuschreiben, eine gr\u00f6fsere Anzahl von gleichsinnigen Beobachtungen erw\u00fcnscht. Jedenfalls ist die W\u00fcNDT\u2019sche stark einseitige Betonung der Bewegungsempfindungen durch die verdienstliche Arbeit wesentlich ersch\u00fcttert.\nAbth\u00fcb Cbzellitzbb (Berlin).\nG. F. Fullerton. The Doctrine of Space and Time. Philos. Review 10 (2) 113-123; (3) 229-240; (4) 375\u2014886; (5) 488-504. 1901.\nDie Untersuchungen F.\u2019s \u00fcber Raum und Zeit geh\u00f6ren viel weniger der Psychologie, als der Erkenntnifstheorie an; deshalb k\u00f6nnen wir uns an dieser Stelle mit der Nennung der Artikelserie begn\u00fcgen. Die vier Aufs\u00e4tze tragen die Einzeltitel: \u201eKant\u2019s Raumlehre\u201c; \u201eSchwierigkeiten in Kant's Raumlehre\u201c; rBerkeley's Raumlehre\u201c; \u201eVon der Zeit\u201c. Der Gegensatz, der mit den Worten \u201eK\u00e4NT'sche\u201c und \u201e Berkelb Y\u2019sche\u201c Doctrin bezeichnet werden soll, bezieht sich auf die Frage, ob der Raum unendlich theilbar sei oder nicht; F. kommt zu dem Ergebnifs, dafs der Raum als einzelne Anschauung endlich theilbar (Berkeley), als realer Raum unendlich theilbar (Kant) gedacht werden m\u00fcsse. Der letzte Artikel behandelt das AuGU8TiN\u20198che Problem des \u201eBewufstseins der Dauer\u201c: Wie kann im gegenw\u00e4rtigen Moment bewufst sein, was schon nicht mehr gegenw\u00e4rtig ist? Wie kann der Augenblick eine zeitliche Strecke umfassen? F.\u2019s Antwort lautet (\u00e4hnlich wie die des Ref.: Diese Zeiischr. 13, S. 330): Der Be-wufstseinsact kann eine Zeitstrecke umfassen, weil er selbst nicht punktuell, sondern streckenhaft ist; die Schwierigkeit des obigen Paradoxon ist eine selbstgeschaffene, durch die Annahme punktueller Momentaneit\u00e4t der einzelnen Bewufstseinsacte.\tW. Stern (Breslau).\nJ. S. Prod an. M0 pamjati\u201c (\u00fceber das Gedichtnifs). Dorpat (Jurjew) 1900\u20141901.\nI. Theil 62 S., II. Theil 392 S. Selbstanzeige.\nMeine Arbeit ist eine ausf\u00fchrliche Monographie \u00fcber das Ged\u00e4chtnifs, welche sowohl die bisherigen Theorien als auch die experimentellen Untersuchungen einer eingehenden Kritik unterzieht. Die drei beigeschlossenen Indices weisen 130 citirte Autoren auf.","page":151}],"identifier":"lit33368","issued":"1902","language":"de","pages":"149-151","startpages":"149","title":"Hugo Feilchenfeld: Ueber die Gr\u00f6\u00dfensch\u00e4tzung im Sehfeld. Graefe's Arch. f. Ophthalm. 53, S. 401-422. 1902","type":"Journal Article","volume":"30"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:34:28.154066+00:00"}