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{"created":"2022-01-31T16:35:35.933813+00:00","id":"lit33370","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Prodan, J. S.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 30: 151-153","fulltext":[{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Literatw'bericht.\n151\nHemianopiker, der zugleich an linker Abducensl\u00e4hmung litt, zeigte bei dem Fehler im Halbiren horizontaler Strecken keinerlei Unterschied zwischen rechts und links. Also kann die Blickbewegung f\u00fcr das Ph\u00e4nomen mindestens keinerlei wesentliche Rolle spielen.\nF. erkl\u00e4rt die Erscheinung, dafs centrale Strecken gegen\u00fcber peripheren \u00fcbersch\u00e4tzt werden, aus dem allgemeinen Gesetz, dafs deutliche Unterschiede gr\u00f6fser erscheinen als objectiv ebenso grofse, aber undeutlich erscheinende. Der Verkleinerung des Gesichtswinkels f\u00fcr periphere Objecte, die nach Ansicht des Ref. zur Erkl\u00e4rung ausreichte, weist allerdings F. nur mindere Bedeutung zu.\nRef. hat die s\u00e4mmtlichen Versuche nachgemacht und nur bei der Uebersch\u00e4tzung verticaler gegen\u00fcber horizontaler, sowie centraler gegen\u00fcber peripheren Strecken die gleichen, sonst die entgegengesetzten Resultate als F. erhalten. Wenn nun auch mit Recht von diesem betont wird, dafe individuell constante Fehler gen\u00fcgen, um eine Gesetzm\u00e4fsigkeit anzunehmen und den Versuch ihrer Erkl\u00e4rung zu machen, so erscheint doch, um der Form des Sehfeldes die von F. postulirte Bedeutung zuzuschreiben, eine gr\u00f6fsere Anzahl von gleichsinnigen Beobachtungen erw\u00fcnscht. Jedenfalls ist die W\u00fcNDT\u2019sche stark einseitige Betonung der Bewegungsempfindungen durch die verdienstliche Arbeit wesentlich ersch\u00fcttert.\nAbth\u00fcb Cbzellitzbb (Berlin).\nG. F. Fullerton. The Doctrine of Space and Time. Philos. Review 10 (2) 113-123; (3) 229-240; (4) 375\u2014886; (5) 488-504. 1901.\nDie Untersuchungen F.\u2019s \u00fcber Raum und Zeit geh\u00f6ren viel weniger der Psychologie, als der Erkenntnifstheorie an; deshalb k\u00f6nnen wir uns an dieser Stelle mit der Nennung der Artikelserie begn\u00fcgen. Die vier Aufs\u00e4tze tragen die Einzeltitel: \u201eKant\u2019s Raumlehre\u201c; \u201eSchwierigkeiten in Kant's Raumlehre\u201c; rBerkeley's Raumlehre\u201c; \u201eVon der Zeit\u201c. Der Gegensatz, der mit den Worten \u201eK\u00e4NT'sche\u201c und \u201e Berkelb Y\u2019sche\u201c Doctrin bezeichnet werden soll, bezieht sich auf die Frage, ob der Raum unendlich theilbar sei oder nicht; F. kommt zu dem Ergebnifs, dafs der Raum als einzelne Anschauung endlich theilbar (Berkeley), als realer Raum unendlich theilbar (Kant) gedacht werden m\u00fcsse. Der letzte Artikel behandelt das AuGU8TiN\u20198che Problem des \u201eBewufstseins der Dauer\u201c: Wie kann im gegenw\u00e4rtigen Moment bewufst sein, was schon nicht mehr gegenw\u00e4rtig ist? Wie kann der Augenblick eine zeitliche Strecke umfassen? F.\u2019s Antwort lautet (\u00e4hnlich wie die des Ref.: Diese Zeiischr. 13, S. 330): Der Be-wufstseinsact kann eine Zeitstrecke umfassen, weil er selbst nicht punktuell, sondern streckenhaft ist; die Schwierigkeit des obigen Paradoxon ist eine selbstgeschaffene, durch die Annahme punktueller Momentaneit\u00e4t der einzelnen Bewufstseinsacte.\tW. Stern (Breslau).\nJ. S. Prod an. M0 pamjati\u201c (\u00fceber das Gedichtnifs). Dorpat (Jurjew) 1900\u20141901.\nI. Theil 62 S., II. Theil 392 S. Selbstanzeige.\nMeine Arbeit ist eine ausf\u00fchrliche Monographie \u00fcber das Ged\u00e4chtnifs, welche sowohl die bisherigen Theorien als auch die experimentellen Untersuchungen einer eingehenden Kritik unterzieht. Die drei beigeschlossenen Indices weisen 130 citirte Autoren auf.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nLi teraturberich t.\nIm ersten, allgemeinen Theil untersuche ich den Begriff und das Problem des Ged\u00e4chtnisses. Dabei unterscheide ich bei den gegenw\u00e4rtigen Psychologen drei verschiedene Auffassungen, a) Die Ph\u00e4no me nisten (Wundt, H\u00f6ffding, Tboitzky, A. Bain, Hobwitz 8. 6\u201413) wollen es blos mit den Bewufstseinsph\u00e4nomenen zu thun haben und abstrahiren von einem materiellen Substrate des Ged\u00e4chtnisses. Sie identificiren dessen Problem mit der Reproduction nach den Gesetzen der Ideenassociation, b) Die Psychophysiker (Hertng, Du-Bois-Reymond, Hebb. Spenceb, Ribot, Fobkl, Rabieb) nehmen als Substrat des Ged\u00e4chtnisses die Gehirnzellen an, und zwar werden nach der vorherrschenden Ansicht die Eindr\u00fccke in Form von Dispositionen aufbewahrt, welche die wesentliche Bedingung der Reproduction bilden, c) Die Dynamisten (Alfb. Fouill\u00e9e, Ebbinghaus, zum Theil Jodl) verstehen unter dem Ged\u00e4chtnifs ein Auf be wahren von psychischen Acten, welche nach einer gewissen Zeit als Bewufstseinsacte wieder auftreten k\u00f6nnen. Diesen zuletzt genannten schliefse ich mich selbst an. Auf diese Fixirung des Begriffs des Ged\u00e4chtnisses folgt eine Analyse des Wiedererkennens (mit Bezugnahme auf den Streit von H\u00f6ffding und A. Lehmann', ferner Beispiele vom Auf bewahren von Eindr\u00fccken trotz des Mangels der Bekanntheitsqualit\u00e4t und Erkl\u00e4rung der Uebung durch die Annahme von besonderen Ged\u00e4chtnifssubstraten, unter steter Bestreitung der Associationspsychologie, welche die Erkl\u00e4rung aller Seelenprocesse durch Associationen anstrebt. Es werden sechs \u201epositive*1 Bedingungen der Reproduction aufser der Association und den Ged\u00e4chtnifssubstraten angef\u00fchrt Von den \u201enegativen\u201c Bedingungen der Reproduction wird die Enge des Bewufstseins behandelt. Demnach erscheint das Ged\u00e4chtnifs als Aufbewahren der Eindr\u00fccke nur als eine der vielen Bedingungen der Reproduction und kann also mit dieser nicht identificirt werden, was die Ph\u00e4nomenisten und Psychophysiker thun. Von Ebbinghaus wurde zum ersten Male experimentell nachgewiesen, dafs es ein Aufbewahren von Eindr\u00fccken auch ohne Wiedererkennen und ohne Reproduction gebe.\nDer zweite Theil unterzieht die bisherigen experimentellen Untersuchungen \u00fcber das Ged\u00e4chtnifs von den Versuchen von E. H. Webeb bis zum Jahre 1900 einer eingehenden Pr\u00fcfung. Dieses reichhaltige Material ist folgendermaafsen gruppirt. Capitel I\u2014VIII behandeln das unmittelbare oder prim\u00e4re Ged\u00e4chtnifs, und zwar Capitel I\u2014IV das \u201eWortged\u00e4chtnifs\", Capitel V\u2014VIII das Ged\u00e4chtnifs der einfachen Sinneswahrnehmungen. Weiter er\u00f6rtern Capitel IX und X das mittelbare oder secund\u00e4re Ged\u00e4chtnifs; Capitel XI enth\u00e4lt die Zusammenfassung und Verallgemeinerung s\u00e4mmtlicher Resultate und endlich Capitel XII bringt einen Beitrag zur Theorie des Ged\u00e4chtnisses, wie auch einige praktische Anwendungen der gewonnenen Resultate f\u00fcr die Mnemonik und Didactik.\nBei der kritischen Besprechung werden als allgemeine Resultate der bisherigen Untersuchungen namentlich zwei Gesetze hervorgehoben: a) das Gesetz des Vergessens in seiner Abh\u00e4ngigkeit von der verflossenen Zeit, mit R\u00fccksicht auf die Formeln von Ebbinghaus, Wolfe und R.-H.-Denkow und b) die Schwankungen des Ged\u00e4chtnisses (oder vielmehr der Reproduction), die durchaus nicht f\u00fcr zuf\u00e4llig oder f\u00fcr eine Ungenauigkeit der Experimente zu halten sind, sondern, nachdem sie zuerst von Ebbinghaus","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Liter aturbericht\n153\nconstatirt wurden, in allen exacten Versuchen nachweisbar sind (diejenigen von M\u00fclle\u00bb und Sch\u00fcmann nicht ausgenommen^. Alle Erkl\u00e4rungen dieser Schwankungen, die bisher gegeben wurden, scheinen mir unrichtig, ich glaube ihre Ursache allein in der spontanen Th\u00e4tigkeit der materiellen Ged\u00e4chtnifssubstr\u00e4te suchen zu m\u00fcssen, welche ge-m\u00e4fs ihrer Natur intermittirend functioniren.\nDie spontane Reproduction halte ich entgegen der allgemein verbreiteten Ansicht f\u00fcr eine unzweifelhafte Thatsache. Ich st\u00fctze mich dabei auf vielj\u00e4hrige Selbstbeobachtungen, wie auch auf die Resultate einiger experimenteller Untersuchungen, die ich mir Vorbehalte, k\u00fcnftig hin zu ver\u00f6ffentlichen. Uebrigens berufe ich mich auch auf mehrere Beobachtungen, die bei den Versuchen von Ebbinguaus, M\u00fclleb und Schumann, Binet und Henri, Hugo Eckeneh, R Wahle und Radoslawow-Hadji-Denkow gemacht wurden.\nJ. D. Stoops. The Concept of the Self. Philos. Review 10 (6), 619\u2014629. 1901.\nEine Abhandlung, die der Hauptsache nach erkenntnifstheoretischer Natur ist. Der Grundgedanke ist die Scheidung zwischen einem negativen und positiven Selbstbewufstsein. Dort wo, wie im Impuls, das Bewusstsein seine Vorstellung in unmittelbarer Activit\u00e4t realisirt, ist noch gar kein Selbstbewufstsein; dort wo Gegenvorstellungen sich zwischen Bewufstsein und Object dr\u00e4ngen, erlebt es schmerzvoll diese Trennung vom Object und sich als gehemmtes, gest\u00f6rtes, negatives Selbst; dort, wo das Bewufstsein als zu erstrebendes, nicht unmittelbar realisirbares Object seine eigene Zukunft sich gegentiber8tellt, wird es zum positiven Selbstbewufstsein. Jenes ist das Selbstbewufstsein des Hindu\u2019s, dieses das des Christen.\nW. Stern (Breslau).\nO. Ganzmann. Ueber Sprach- and Sachvorstellangen. Ein Beitrag zur Methodik des Sprachunterrichts. Schiller-Ziehen 4 (6). 1902. 80 S.\nNach einer Einleitung, welche sich im Sinne von Ziehen\u2019s Associationspsychologie \u00fcber das Wesen der Sachvorstellungen und Sprachvorstellungen verbreitet, kommt der Verf. durch eine Betrachtung des Verh\u00e4ltnisses der Sprach- und Sachvorstellungen an sich (S. 35) zu dem Er-gebnifs, dafs wir zwei Arten von Vorstellungsbildung unterscheiden k\u00f6nnen: die eigentliche Vorstellungsbildung aus Empfindungen und Empf indungscombinationen und die Bildung von Vorst ellungscombinationen aus Vorstellungen ohne entsprechende Empfindungscombinationen. Jener folgen die Worte nach, dieser gehen die Worte voraus. Diese Untersuchung benutzt er zur Erkennung des Unterschiedes zwischen Beschreibung und Erz\u00e4hlung. Die Beschreibung ist der sprachliche Ausdruck f\u00fcr jene, die Erz\u00e4hlung f\u00fcr diese Vorstellungsbildung. F\u00fcr den Sprachunterricht folgert er hieraus, dafs die Erz\u00e4hlung f\u00fcr Herstellung von Vorstellungs-combinationen die idealste Form der sprachlichen Darstellung sei.\nDie Lautsprache geht unter normalen Verh\u00e4ltnissen der Schriftsprache voraus. So hat auch beim Unterricht die gesprochene Sprache der Schriftsprache vorauszugehen.","page":153}],"identifier":"lit33370","issued":"1902","language":"de","pages":"151-153","startpages":"151","title":"J. S. Prodan: \"O pamjati\" (Ueber das Ged\u00e4chtni\u00df). Dorpat (Jurjew) 1900-1901. I. Theil 62 S., II. Theil 392 S. Selbstanzeige","type":"Journal Article","volume":"30"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:35:35.933819+00:00"}