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{"created":"2022-01-31T16:35:03.458744+00:00","id":"lit33376","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kramer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 30: 159-160","fulltext":[{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Literatur bericht.\n. 159\nClabk W188LEB. The Correlation of Hental and Physical Tests. Psychol Review, Monograph Supplements 8 (6). 1901. 62 S.\nPsychologen und P\u00e4dagogen haben versucht, specielle einfache F\u00e4higkeiten in Individuen zu messen, um dadurch m\u00f6glicherweise die allgemeine T\u00fcchtigkeit des Individuums auf eine einfache und bequeme Art festzustellen. In der That sind ja auch die Pr\u00fcfungen, deren Bestehen zu gewissen Stellungen im Staatsdienst zul\u00e4fst, nicht wesentlich hiervon verschieden; sie sind ebenfalls willk\u00fcrlich, und es ist eine blofse Annahme, dafs derjenige, der sie am besten besteht, der T\u00fcchtigste ist. Dazu haben diese Pr\u00fcfungen den Nachtheil, dafs sie einen grofsen Zeitaufwand f\u00fcr den Pr\u00fcfenden und den Gepr\u00fcften n\u00f6thig machen. Wenn man bequemere Bestimmungen der individuellen T\u00fcchtigkeit an ihre Stelle setzen k\u00f6nnte, so w\u00e4re viel gewonnen. Verf. liefert eine wichtige Beisteuer zu diesem Problem mit seiner Untersuchung der Beziehungen zwischen verschiedenen F\u00e4higkeiten, die seit einigen Jahren in der Columbia-Universit\u00e4t in New York gemessen worden sind. Die Messungen wurden an Studenten angestellt bei ihrem Eintritt in das College und vier Jahre sp\u00e4ter nach Ab-solvirung des Collegecursus. Die folgenden F\u00e4higkeiten wurden gemessen; St\u00e4rke der Hand, Erm\u00fcdung, Gesichtssch\u00e4rfe, Farbent\u00fcchtigkeit, Geh\u00f6rsch\u00e4rfe, Genauigkeit im Stimmen einer Saite nach einem geh\u00f6rten Ton, Gewichtssch\u00e4tzung, Unterscheidung zweier Punkte auf der Haut, Schmerzempfindlichkeit, Gr\u00f6fsensch\u00e4tzung, Vorliebe f\u00fcr eine Farbe, Reactionszeit, Anstreichen von 100 A vertheilt unter 400 anderen Buchstaben, Farbenbenennung, Schnelligkeit und Genauigkeit von Bewegungen, Rhythmus, Association, Einbildungsf\u00e4higkeit mit R\u00fccksicht auf verschiedene Sinnesgebiete, Ged\u00e4chtnifs. Aufserdem wurden Statur und Gewicht, L\u00e4nge und Breite des Kopfes, Abstammung, pers\u00f6nliche Gewohnheiten und Gesundheitszustand notirt. Die verschiedenen Messungsresultate wurden nun sorgf\u00e4ltig und methodisch verglichen. Das Ergebnifs war im Grofsen und Ganzen ein negatives. D. h., es besteht fast gar keine Beziehung zwischen den verschiedenen gemessenen F\u00e4higkeiten. Selbst Schnelligkeit in einer Art von Th\u00e4tigkeit ist durchaus nicht nothwendig mit Schnelligkeit in einer anderen Th\u00e4tigkeit verbunden. Allgemeine \u201eT\u00fcchtigkeit\u201c eines Menschen scheint hiernach ein Begriff zu sein, dem keine psychologische Realit\u00e4t zukommt. Nur im Kindesalter scheint eine deutliche Beziehung zwischen geistiger T\u00fcchtigkeit und Wachsthumsgeschwindigkeit zu bestehen ; sp\u00e4ter verschwindet auch das. Trotzdem sind solche Messungen, wie Verf. mit Recht betont, keineswegs als werthlos anzusehen. Sie sollten vielmehr unter Ber\u00fccksichtigung der negativen Resultate fortgesetzt werden. Ihr wissenschaftlicher Werth wird dadurch nicht geringer, dafs sie mit gar-zuleicht angenommenen Hypothesen im Widerspruch stehen.\nMax Mbyxb (Columbia, Missouri).\nW. N. East. Physical and Moral Insensibility in the Criminal. Joum. of Mental Science 47 (199), 737\u2014758. 1901.\nVerf. hat an 100 Gef\u00e4ngnisinsassen Sensibilit\u00e4tspr\u00fcfungen angestellt, um zu untersuchen, ob der Abstumpfung des moralischen Gef\u00fchls (\u201emoral insensibility\u201c) auch eine solche des physischen Gef\u00fchls (\u201ephysical insensi-","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nLiteraturbericht\nbility\u201c) entspr\u00e4che. Im Einzelnen untersuchte er: den Farbensinn mittels Wollproben, die Sehsch\u00e4rfe mit den SNELLEN\u2019schen Sehproben, das Geh\u00f6r durch Feststellung der Entfernung, in der eine Taschenuhr geh\u00f6rt wurde, die Geruchs- und Geschmacksschwelle mit H\u00fclfe verschiedener L\u00f6sungen von Nelken\u00f6l bezw. Glycerin, die Tastempfindung mit Sieveking\u2019s Aesthesio-meter. Die Resultate wurden dann in willk\u00fcrlich gew\u00e4hlten Einheiten ausgedr\u00fcckt und durch Addition zu einem Gesammtresultat vereinigt.\nDie Gefangenen theilt Verf. ein in Zufalls-, Gelegenheits- und Gewohnheitsverbrecher, indem er meint, dafs diesen drei Classen ebensoviele Abstufungen der \u201emoral insensibility-1 entspr\u00e4chen. Ferner theilt er dieselben ein in gebildete und ungebildete, sowie dann noch in f\u00fcnf Classen entsprechend der Art des begangenen Verbrechens. Zum Vergleich hat Verf. noch die gleichen Untersuchungen an zehn Medicinern angestellt\nDie Resultate, zu denen er gelangt, sind folgende:\nDer normale Mensch hat ein sch\u00e4rferes moralisches und physische\u00bb Gef\u00fchl, als der Verbrecher.\nDen drei erw\u00e4hnten Abstufungen der \u201emoral insensibility\u201c entsprechen ebensoviele Grade der \u201ephysical insensibility\u201c in derselben Reihenfolge; doch ist in beiderlei Hinsicht der Unterschied zwischen dem Zufalls- und dem Gelegenheitsverbrecher ein geringerer, als zwischen dem letzteren und dem Gewohnheitsverbrecher.\nDer Einflufs der Erziehung auf das moralische Gef\u00fchl und die Sinnesempfindlichkeit scheint unwesentlich zu sein.\nWas die Natur der einzelnen Verbrechen anbelangt, so entsprechen den Verbrechen gegen die Person (meist auf die Leidenschaft zur\u00fcckf\u00fchr-bar) die geringsten St\u00f6rungen des moralischen Gef\u00fchls und der Sensibilit\u00e4t; die n\u00e4chst gr\u00f6fsere St\u00f6rung findet sich bei Verbrechen gegen das Eigenthum; die st\u00e4rkste Abstumpfung bei Raub, Sexualvergehen etc.\nAls Erkl\u00e4rung dieser Beobachtungen giebt Verf. an, dafs in Folge der Abstumpfung der Sensibilit\u00e4t die Zahl der m\u00f6glichen Sinneseindr\u00fccke vermindert sei ; und daher habe der betreffende Mensch ein \u00e4rmeres Geistesleben, als der normale und sei deswegen ung\u00fcnstigen moralischen Einfl\u00fcssen leichter ausgesetzt.\nZu erw\u00e4hnen ist noch, dafs die Unterschiede zwischen den einzelnen, ja ziemlich willk\u00fcrlich gew\u00e4hlten Classen der Verbrecher nicht sehr erhebliche sind; erst die aus den Resultaten der einzelnen Sinnesgebiete gezogene Gesammtsumme (auf deren absolute Gr\u00f6fse bei der Willk\u00fcrlichkeit der gew\u00e4hlten Einheiten freilich kein grofses Gewicht zu legen ist) l\u00e4f\u00dft die Unterschiede deutlicher hervortreten. St\u00e4rkere Unterschiede \u00bbeigen eich gegen\u00fcber den normalen Vergleichspersonen; doch h\u00e4tte wohl hier ein den Gef\u00e4ngnisinsassen besonders in Bezug auf die zu erwartend\u00a9 Aufmerksamkeitsleistung gleichartigeres Vergleichsmaterial gew\u00e4hlt werden m\u00fcssen. Die erhaltenen Resultate erscheinen dem Ref. noch nicht ausreichend, um so weitgehende Schl\u00fcsse darauf aufzubauen. Die vom Verf. gegebene Erkl\u00e4rung des Parallellaufens beider Erscheinungen ist jedenfalls als eine recht oberfl\u00e4chliche zur\u00fcckzuweisen.\tKbameb (Breslau).","page":160}],"identifier":"lit33376","issued":"1902","language":"de","pages":"159-160","startpages":"159","title":"W. N. East: Physical and Moral Insensibility in the Criminal. Journ. of Mental Science 47 (199), 737-758. 1901","type":"Journal Article","volume":"30"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:35:03.458750+00:00"}