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{"created":"2022-01-31T16:21:47.910304+00:00","id":"lit33465","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"D\u00fcrr","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 30: 453-455","fulltext":[{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n453\nG. M. Whipple. An Analytic Study of tho Memory-Inigo and the Fro neu of\nJudgment in the Discrimination of Clangs and Tones. Am. Joum. of PgychoL\n12 (4), 409\u2014457. 1901.\nVerf. kn\u00fcpft an an eine Arbeit von Bentley \u00fcber das Ged\u00e4chtnifsbild und seine qualitative Treue im Gebiet des Lichtsinns, in welcher das Problem, welches ihn zumeist interessirt, ob n\u00e4mlich zur Unterscheidung bezw. Gleichsetzung zweier zu verschiedenen Zeiten erhaltener Sinnes* eindr\u00fccke im Gebiet des Geh\u00f6rssinns ein Ged\u00e4chtnifsbild des fr\u00fcheren Eindrucks n\u00f6thig sei, f\u00fcr ein anderes Sinnesgebiet bereits eingehende Behandlung gefunden habe. Auf Grund der Ergebnisse dieser Arbeit beurtheilt er die vorhandene Literatur \u00fcber das in Rede stehende Ged\u00e4chtnifsproblem und stellt von vornherein ein Schema auf, durch das die Wirksamkeit des Erinnerungsbildes beim Erkennungs- und Wiedererkennungsprocefs abgegrenzt werden soll. W\u00e4hrend n\u00e4mlich bei der Erkennung ein Erinnerungsbild vorausgegangener Wahrnehmungen in der Selbstbeobachtung nicht zu constatiren sei, k\u00f6nne bei der Wiedererkennung ein solches mitwirken, doch m\u00fcsse dies nicht in allen F\u00e4llen geschehen. Verf. unterscheidet demnach eine directe und eine mittelbare Wiedererkennung, von denen nur die letztere auf einer Vergleichung des gerade vorhandenen mit dem Erinnerungsbild eines fr\u00fcheren Eindrucks beruhe.\nWhipple's eigene experimentelle Untersuchungen ergeben nun im Wesentlichen eine Best\u00e4tigung dieser Annahme. Seine Methode besteht zun\u00e4chst darin, dafs er mittels einer Tonquelle von einer bei m\u00e4fisiger H\u00f6hendifferenz der erzeugten Kl\u00e4nge constant bleibenden Klangfarbe zwei T\u00f6ne gleicher Intensit\u00e4t und Dauer in verschiedenen Zeitintervallen dem Beobachter darbietet, welche hinsichtlich der H\u00f6he bald \u00fcbereinstimmen, bald um \u00b1 8 Schwingungen differiren und daraufhin beurtheilt werden sollen. Als Tonquelle dient ein AppuNN'scher Tonmesser oder ein Stbbn-scher \u201eBl&sefiaschenapparat\u201c. Zu diesen \u00e4ufseren Versuchsbedingungen kommt nun aber, vom Verf. als Hauptsache betont, eine Anweisung des Beobachters zu m\u00f6glichst eingehender Selbstbeobachtung. Den objectiven Ergebnissen, die nicht eben viel Neues \u00fcber das Verh\u00e4ltnifs der richtigen und falschen F\u00e4lle bei verschiedener Beschaffenheit und verschiedener H\u00f6hendifferenz der T\u00f6ne, bei verschiedenem Zeitintervall, verschiedenem Grad der Uebung und der Concentration der Aufmerksamkeit enthalten, f\u00fcgt daher Whipple ein ausf\u00fchrliches Protokoll bei, welches die Resultate jener Selbstbeobachtung wiedergiebt. Darin finden aufser der bereits erw\u00e4hnten Wirksamkeit des Erinnerungsbildes beim Act der Vergleichung vor Allem die Beziehungen zwischen Sicherheit und Richtigkeit des Urtheils, die Unterschiede der Gef\u00fchlsbetonung sicherer und unsicherer Urtheile, die Associationen, die das Unheil mit beeinflussen, die Bedingungen, unter denen das Erinnerungsbild des ersten Tones entsteht* sich ver\u00e4ndert, verschwindet oder willk\u00fcrlich festgehalten wird, eingehende Ber\u00fccksichtigung.\nDtjbb (Leipzig).\nE. B. Huey. On the Psychology aid Physiology of Reading. 11. Am. Joum.\nof Feychol 12 (3), 292\u2014312. 1901.\nIn diesem zweiten Theil seiner Untersuchungen zur Psychologie des Lesens behandelt Huey einzelne in loserem Zusammenhang stehende","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\nLiteraturbericht\nPartialprobleme. Nachdem er constatirt hat, dafs w\u00e4hrend der Ausf\u00fchrung der Augenbewegungen beim Lesen nicht\u00ab appercipirt wird und dal\u00ab im Allgemeinen mehr Augenbewegungen ausgef\u00fchrt werden, als n\u00f6thig w\u00e4ren, um jedes Wort deutlich zu sehen, untersucht er zun\u00e4chst den EinfluJfe des Druckes auf die Zahl der W\u00f6rter, die in jeder Ruhestellung des Auges ge* lesen werden und findet kurze Zeilen in dieser Beziehung zweckm\u00e4fsiger als lange, weil von jenen mehr W\u00f6rter auf einmal aufgefafst werden als von diesen.\nEine weitere Versuchsreihe besch\u00e4ftigt sich mit der Lesegeschwindige keit bei verschiedenem Modus des Lesens und verschiedenen Individuen, Verf. w\u00e4hlt elf Seiten einer interessanten Novelle aus, welche keine besonderen Schwierigkeiten f\u00fcr das Verst\u00e4ndnifs darbieten und ungef\u00e4hr gleichm\u00e4fsig angeordnet, gleich interessant und gleich schwierig sind. Diese werden von den verschiedenen Versuchspersonen in folgender Weise gelesen: Die erste und zweite Seite nach der jedem Individuum zur Gewohnheit gewordenen Methode, die dritte Seite so, dafs von jedem Wort ein Lautbild vorhanden ist, die vierte Seite mit Artikulationsvorstellung jedes Wortes ohne Lippenbewegung, die f\u00fcnfte Seite mit Lippenbewegun& die sechste Seite laut, die siebente, achte, neunte, zehnte, elfte Seite wie die erste, dritte, vierte, f\u00fcnfte, sechste, aber so rasch als m\u00f6glich. Alle Seiten m\u00fcssen continuirlich und mit Verst\u00e4ndnifs gelesen werden. Ee zeigen sich nun vor Allem individuelle Unterschiede der gewohnheits* m\u00e4fsigen Lesemethode, indem dieselbe mit verschiedenen der willk\u00fcrlich vaxiirten Methoden bei den verschiedenen Versuchspersonen gleiche Geschwindigkeiten ergiebt Am verbreitetsten soll der akustisch \u2022 motorische Typus des Lesens sein. Als besonders merkw\u00fcrdig wird aufserdem das Vorkommen motorischer Wortbilder ohne Zungen- und Lippenbewegungen erw\u00e4hnt.\nIn einer ferneren Er\u00f6rterung \u00fcber die Zusammenfassung von Leseeinheiten wird die Wirksamkeit der Association recht ausf\u00fchrlich und fast wie eine ganz neue Entdeckung geschildert.\nDiese Wirksamkeit der Association wird dann nochmals herangezogen, um den Procefs des Verstehens beim Lesen zu erkl\u00e4ren. Die experimentelle Untersuchung dieses Processes f\u00fchrt Verf. in der Weise durch, dafs er einem Beobachter in einem Fall W\u00f6rter zeigt, die ohne sinnvollen Zusammenhang auf einander folgen, und in einem anderen Fall W\u00f6rter, die in ihrer Aufeinanderfolge einen bestimmten Sinn ergeben. Dabei bleiben, wenn ein Benes Wort gezeigt wird, die vorausgehenden sichtbar. Endlich werden in einem besonderen Fall dem Beobachter auch Gruppen zusammengeh\u00f6riger W\u00f6rter gezeigt. Derselbe hat durch Selbstbeobachtung zu constatiren, was dabei in ihm vorgeht. Es zeigt sich nun ein charakteristischer Unterschied \u25a0zwischen den Associationen, wie sie durch isolirte W\u00f6rter und denjenigen, wie sie durch W\u00f6rter im Zusammenhang hervorgerufen werden, selbst wenn dieser Zusammenhang noch nicht gegeben ist sondern nur erwartet wird. W\u00e4hrend im ersteren Fall weniger, aber sehr mannigfaltige Associationen geweckt werden, zeichnen sich die Associationen im letzteren Fall durch gr\u00f6fsere Anzahl und geringere Variabilit\u00e4t aus. Die Process\u00a9 in jenem Fall beschreibt K\u00fcby besonders als visuelle Erkennung, inner-","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n455\nlichee Aussprachen sowie als Association von W\u00f6rtern, die mit dem ge^ zeigten besonders h\u00e4ufig oder zu einem gef\u00fchlsbetonten Ganzen, z. B. rhythmisch, verbunden sind. Im zweiten Fall constatirt er eine Tendenz zur Verkn\u00fcpfung des gegebenen Wortes mit dem vorausgehenden oder zur Erg\u00e4nzung des Sinnes durch das Folgende, ferner Gefallen oder Mifsfallen bei Uebereinstimmung oder Nicht\u00fcbereinstimmung des Folgenden mit dem Erwarteten dem Sinne nach, Ueber die Hauptfrage, wie n\u00e4mlich der Sinn im Bewufstsein repr\u00e4sentirt sei, erhalten wir freilich keine befriedigende Auskunft. Wir erfahren nur, dafs das Lesen sich h\u00e4ufig ohne sinnliche Bilder von dem, worauf sich die W\u00f6rter beziehen, in optischen und akustisch - motorischen Wort* und Satzeinheiten, wie sie durch Associationen geschaffen werden, vollzieht.\nZum Schl\u00fcsse zieht Verf. einige praktische Consequenzen hinsichtlich einer zweckm\u00e4fsigeren Einrichtung des Buchdrucks, ja sogar hinsichtlich der Stilistik, die schon deshalb kaum eine besonders weitgehende Ber\u00fccksichtigung finden werden, weil die Geschwindigkeit des Lesens nicht, wie er vorauszusetzen scheint, der einzige Gesichtspunkt ist, von dem man bei der Ausstattung von B\u00fcchern oder gar bei der Beurtheilung des Stils auszugehen pflegt.\tDure (Leipzig).\nE, Martinax. Psychologische Untersuchungen sur Bedeutungslehre; Leipzig, Barth. 1901. 98 S. Mk. 3,00.\nVerf. untersucht zuerst Begriff und Wesen des Bedeutens im Allgemeinen (\u00a7 1\u20146), um schlie\u00fcslich in dessen Voraussetzung im letzten Abschnitt (\u00a7 7) den besonderen Fall des sprachlichen Bedeutens einer Betrachtung zu unterwerfen.\nBedeuten ist ihm \u201edie durch die entsprechenden psychischen Daten der Abfolge vermittelte Zuordnung zweier objectiver Thatbest\u00e4nde\u201c (\u201eA bedeutet Bu). Der psychisch fr\u00fcher gegebene dieser Thatbest\u00e4nde (A) heilst in der Regel das Zeichen, der psychisch sp\u00e4tere (B) die Bedeutung (S. 12).\nEs giebt viele F\u00e4lle von Bedeuten, die man in verschiedene Gruppen bringen kann.\nSo l\u00e4fst sich vor Allem einmal die Gruppe jener F\u00e4lle unterscheiden (8. 7ff.), \u201ewo die objective Zuordnung von A und B darin gegeben ist, dafs zwischen ihnen reines naturgesetzliches Causalverh\u00e4ltnifs oder noch allgemeiner: noth wendiger, gesetzlicher Zusammenhang besteht\u201c (reales Bedeuten) und die, \u201ewo Absicht, Zweck, planm\u00e4fsiges Vorgehen zu finden ist, die des Zeichengebens im strengeren Sinne\u201c (finales Bedeuten).\nUnter einem anderen Gesichtspunkte lassen sich die Zeichen in solche Scheiden (19f.), bei denen \u201ein dem Empf\u00e4nger durch das Zeichen ein Wissen um irgend einen Thatbestand hervorgerufen\u201c (mittheilende Zeichen) und in solche, bei denen \u201eein physisches oder psychisches Thun angeregt wird\u201c (begehrende Zeichen).\nDie realen Zeichen sind s\u00e4mmtliche mittheilende, die finalen mittheilende oder begehrende.\nDie Zeichen, mit denen der Zeichengeber im Empf\u00e4nger eine bestimmte Absicht erreichen will, sind schliefslich entweder nat\u00fcrliche","page":455}],"identifier":"lit33465","issued":"1902","language":"de","pages":"453-455","startpages":"453","title":"E. B. Huey: On the Psychology and Physiology of Reading. II. Am. Journ. of Psychol. 12 (3), 292-312. 1901","type":"Journal Article","volume":"30"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:21:47.910310+00:00"}