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{"created":"2022-01-31T16:21:38.226120+00:00","id":"lit33470","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kreibig","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 30: 459-460","fulltext":[{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n459\nerw\u00e4hnt. Aber wieder sieht Moos den Wald vor lauter B\u00e4umen nicht. Der Verf. der modernen Musik\u00e4sthetik merkt nicht, dafs die philosophische Musik\u00e4sthetik gar nicht mehr modern ist, er merkt nicht, dafs sich deren Gegenstand, soweit er wissenschaftlich behandelt wird, l\u00e4ngst in die Formen der physiologischen Psychologie und Ethnologie gekleidet hat. Aber das ist wieder ein geistiger Procefs, den Moos, wie in allen anderen F\u00e4llen, auch hier \u00fcbersieht, obgleich er wahrscheinlich im Stande gewesen w\u00e4re, die S\u00e4tze eines Buches zu citiren, das diesen Procefs etwa behandelt h\u00e4tte. Ich h\u00e4tte es noch begreiflich gefunden, wenn Moos seinen Gegenstand derart begrenzt h\u00e4tte, dafs er zur Psychologie gar nicht vorgedrungen w\u00e4re. Da finde ich aber zu meinem Erstaunen Wundt\u2019s Psychologie besprochen, als einziges psychologisches Werk, das im Text erw\u00e4hnt ist. Man mag \u00fcber Wundt\u2019s Psychologie denken wie man will, sie als die einzige Vertreterin der Musikpsychologie erw\u00e4hnt zu finden, mufs doch, gelinde gesagt, befremdend wirken. F\u00fcr die Besprechung von Wundt und Helmholtz hat sich Moos den Sammelnamen \u201ephysiologische Akustik\u201c zurecht gelegt, obgleich es doch nicht schwer gewesen w\u00e4re zu erkennen, dafs die Akustik ebensowenig physiologisch sein kann, als die Physiologie akustisch ist.\nHat Moos die wissenschaftlich werthvollen Werke der Musik\u00e4sthetik vernachl\u00e4ssigt und mifsverstanden, so hat er andererseits das \u00fcberfl\u00fcssige Gerede der rein musikalischen Schriftsteller und Aesthetiker dritten Ranges ganz unverh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig breitgetreten. Die Werke von Engel, Stade, Seidl u. a. sind mit einer Wichtigkeit behandelt, als handele es sich dabei wirklich um Leistungen, die auf den Gang wissenschaftlicher Entwickelung irgendwie Einflufs genommen haben. Bei k\u00fcnstlich aufgeworfenen meta; physischen Fragen, wie etwa der, ob den Einzelk\u00fcnsten Existenzberechtigung zukomme, kann man sicher sein, dafs Moos sie in allen m\u00f6glichen Variationen einer m\u00fchsamen Dialektik durch peitscht. Wer in aller Welt wird aber heute noch derartige Gedankenspielereien lesen?\nSollen wir unser Urtheil \u00fcber das Werk in einem Satze zusammenfassen, so m\u00fcssen leider gestehen, dafs die \u201emoderne Musik\u00e4sthetik\u201c von Paul Moos ein r\u00fcckst\u00e4ndiges Buch ist \u00fcber eine in speculativ-philosophi-scher Form l\u00e4ngst abgethane Materie.\tWallaschek. (Wien).\nA. V\u0153rkandt. Die Selbsterhaltaag der religi\u00f6sen Systeme. Vierteljahrsschrift\nf. wisscnschaftl. Philos. N. F. 1 (2), 205\u2014220. 1902.\nDer Verf. will vom kulturhistorischen Standpunkte aus an einem speciellen Culturgut, dem Religionssystem, zeigen, wie eine \u201eunbewufste Zweckm\u00e4fsigkeit causal durch den socialen Mechanismus zu Stande komme\u201c. Als zweckm\u00e4fsig sei in diesem Zusammenhang rein formal die \u201eErhaltung des Vorhandenen\u201c (ohne Werthurtheil) zu nehmen. Wenn religi\u00f6se Systeme sich oft den gewichtigsten Vernunftgr\u00fcnden und Thatsachen zum Trotz erhalten, so seien die Gr\u00fcnde daf\u00fcr \u2014 abgesehen vom Wahrheitsgehalte, vom ethischen und \u00e4sthetischen Werthe \u2014 in folgenden Umst\u00e4nden zu suchen :\n1. Der priesterliche Betrug beim Opfer, bei der Krankenheilung und beim Verkehr mit der Geisteswelt hat zwar den vergleichsweise geringsten, aber doch nicht zu \u00fcbersehenden Antheil an der Erhaltung des","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\nLiteraturberieht,\nAnsehens der betreffenden Religion. 2. Wichtiger in diesem Punkte ist die falsche Statistik, welche in der einseitigen Beachtung der er* f\u00fcllten Weissagungen, gelungenen Zaubereien und realisirten Tr\u00e4umen zu Gunsten der Lehre gelegen ist, w\u00e4hrend negative Instanzen unber\u00fccksichtigt bleiben. 3\u00ab Naturv\u00f6lker passen ihr Urtheil oft dem Erfolge an, d. h. sie rangiren ihre G\u00f6tter nach ihren vermeintlichen Macht\u00e4uiserungen. 4. Bleibt eine Vorhersage oder ein Gebet ohne die erhoffte Wirkung, so wird der Mifserfolg nicht selten durch uncontrolirbare Behauptungen (Schuldtragen fremder Mission\u00e4re, Gegenzauber, Unglftubigkeit) oder durch unerf\u00fcllbare Forderungen erfolgreich bem\u00e4ntelt. 5. Eine besonders hervorragende Rolle spielen die Suggestionen. Die Suggestionstherapie, die An\u00e4sthesie der Ekstatiker und die Verz\u00fcckung der mit der Gottheit vereinigt gewesenen Gl\u00e4ubigen wirken m\u00e4chtig im Sinne der Systemerhaltung\u00bb Solche Einfl\u00fcsse werden durch die Furcht vor den geheimen Folgen des Unglaubens, durch Folter und Gottesurtheile nach der Seite der Abwehr erg\u00e4nzt. 6. Endlich ist auch die Bedeutung der T r \u00e4 u m e und hypnotischen und hypnoiden Zust\u00e4nde f\u00fcr die Systemerhaltung nicht unerheblich. Der Glaube bestimmt einerseits den Inhalt des Traumes und dieser Inhalt festigt wieder den Glauben selbst. Die hier aufgez\u00e4hlten vorwiegenden \u00e4ufseren Umst\u00e4nde, welche nach der ethnographischen Erfahrung den niederen Religionssystemen den Bestand inmitten der Wechself\u00e4lle des geistigen und materiellen Lebens sichern, sollen nach den Andeutungen des Verf. zum Theil auch in der Geschichte der hochstehendsten Religionen wiederzuflnden sein.\tKrkibiq (Wien).\nJ. Jotetko. Participation des centres nerveux dans les ph\u00e9nom\u00e8nes de fttigie musculaire. Ann\u00e9e psychol. 7, S. 161\u2014186. 1901.\nKbistian B.-Aabs et J. Labotjixb des Banckls. L\u2019effort musculaire et la fatigue des centres nerveux. Ebenda S. 187\u2014205.\nDie von Fri. Jotetko in Br\u00fcssel und die von Aars und Labguieb in Paris an gestellten. Untersuchungen geh\u00f6ren nach Problem und Methode eng zusammen und f\u00fchren zu Resultaten, die f\u00fcr die Erm\u00fcdungsforschung eine werthvolle Bereicherung bilden. Die Aufgabe war, festzustellen, welchen Antheil an der ergographischen Erm\u00fcdung die Centren, und welchen die arbeitenden Muskeln haben. Das Verfahren bestand stets darin, dafs die rechte Hand im Ergographen arbeitete, dafs aber die linke vorher und nachher ihre Leistungsf\u00e4higkeit am Dynamometer zeigen mufste. Die Erm\u00fcdung, welche die linke Hand in Folge der Arbeit der rechten zeigte, war dann als centrale anzusprechen. Das erste Resultat, welches Frl. Jotetko fand, ist ein individualpsychologisches, das u. A. p\u00e4dagogisches Interesse haben d\u00fcrfte: es giebt einen Typus, bei dem die Erm\u00fcdung peripher localisirt bleibt, derart dafs die Centren nicht nur keine Herabsetzung, sondern sogar eine Steigerung der Leistung zeigen, einen anderen Typus mit starker Ausstrahlung der Erm\u00fcdung, und einen mittleren. Wichtiger noch ist ein zweites Ergebnifs, durch welches eine von Kj&ajzpkuh und Hoch aufgestellte These Best\u00e4tigung und weiteren Ausbau erh\u00e4lt Jene Forscher hatten n\u00e4mlich behauptet, dafs im Ergogramm die Hebung\u00ab gr\u00f6lisen peripher, dagegen die Hebungszahl central bedingt sei. Nun fand","page":460}],"identifier":"lit33470","issued":"1902","language":"de","pages":"459-460","startpages":"459","title":"A. Vierkandt: Die Selbsterhaltung der religi\u00f6sen Systeme. Vierteljahrsschrift f. wissenschaftl. Philos. N. F. 1 (2), 205-220. 1902","type":"Journal Article","volume":"30"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:21:38.226125+00:00"}