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{"created":"2022-01-31T16:17:04.653106+00:00","id":"lit33488","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Vaughan, C. L.","role":"author"},{"name":"A. Boltunow","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 42: 1-14","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus der physikalischen Abteilung des physiologischen Instituts zu Berlin.)\n\u2022 \u2022\nUber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter auf der helladaptierten Netzhaut.\nVon\nC. L. Vaughan\tund\tA. Boltunow\nVolont\u00e4rassistent am Institut.\tSt. Petersburg.\nWenn wir irgend einen Gegenstand bei gew\u00f6hnlichem Tageslicht deutlich sehen wollen, so stellen wir unser Auge bekanntlich immer so ein, dafs das Bild des Gegenstandes m\u00f6glichst auf die Fovea unserer Netzhaut f\u00e4llt, und zwar scheint das ganz unabh\u00e4ngig von der Farbe des zu beobachtenden Gegenstandes zu sein. Andererseits bemerkt man, wenn man bei stark herabgesetzter Beleuchtung sich in einem Zimmer besch\u00e4ftigt, bald, dais die Peripherie des Gesichtsfeldes lichtempfindlicher ist, als die dem fovealen Gebiet entsprechenden zentralen Teile. Dieses \u00dcbergewicht der Peripherie tritt bei l\u00e4ngerem Aufenthalt im dunkeln oder halbdunkeln Raum immer deutlicher hervor.\nAber hier ist die Farbe der betrachteten Objekte nicht gleichg\u00fcltig, denn Rot unterscheidet sich von allen anderen Farben dadurch, dafs es in der Peripherie nicht besser, d. h. heller, gesehen wird als in der Fovea, und auch bei den \u00fcbrigen Farben zeigen sich Unterschiede hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf die Peripherie. Gr\u00fcne und blaue Lichter gewinnen bei gleichbleibender objektiver Intensit\u00e4t f\u00fcr die Netzhautperipherie enorm \u00e4n Reizwert, wenn das Auge sieh dunkeladaptiert. Foveal aber bleibt ihre Wirksamkeit fast unver\u00e4ndert, es stellt sich also ein aufserordentlicher Helligkeitsunterschied zwischen Netzhautzentrum und Peripherie heraus.\nBei rein rotem Licht aber beh\u00e4lt das Netzbautzentrum auch\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 42.\t1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nC. L. Vaughan und A. Boltunow.\nnach l\u00e4ngerer Dunkeladaptation sein \u00dcbergewicht \u00fcber die Peripherie.\nEine praktische Konsequenz dieses Verhaltens ist es bekanntlich, dafs man bei optischen Arbeiten im Dunkelzimmer, falls man foveale Fixation w\u00fcnscht, den Fixierpunkt in m\u00f6glichst rein rotem Licht leuchten l\u00e4fst. Bei jeder anderen Farbe (und selbst noch bei einem durch Orangebeimischung verunreinigtem Kot, wTie es alle helleren sogen. Rubingl\u00e4ser geben) erscheint der Leuchtpunkt in wirklich zentraler Fixation minder hell als in parazentraler oder peripherer Betrachtung. Es fehlt daher auch der Fixationszwang, der bei dem rein roten Licht so auffallend ist. Man konstatiert leicht, dafs ein nicht zu heller, rein roter Fixierpunkt in der Fovea viel heller als in den parafovealen Teilen gesehen wird, dafs er aber schon bei m\u00e4fsigen Exzentrizit\u00e4ten \u00fcberhaupt nicht mehr gesehen wird.1\nQuantitative Untersuchungen \u00fcber die hier in Rede stehenden Verh\u00e4ltnisse liegen zwar vor, doch bleibt noch manche Frage von Interesse zu beantworten.\nSorgf\u00e4ltige Experimente \u00fcber die Empfindlichkeit der einzelnen Teile der Netzheit im Zustand der Dunkeladaptation sowohl f\u00fcr farblose wie f\u00fcr farbige Lichter sind von v. Kries 2 und seinen Sch\u00fclern Pebtz und Breuee angestellt worden.\nEntsprechende Schwellenbestimmungen am helladaptierten Auge fehlen aber noch, soweit uns bekannt ist. Im dunkeladaptierten Zustand und bei schwachen Lichtreizen reagieren selbst auf farbige Lichter vorwiegend die St\u00e4bchen, und es wird jetzt allgemein angenommen, dafs die erh\u00f6hte Empfindlichkeit gegen die Peripherie hin durch die St\u00e4bchen bewirkt wird, und da die verschiedenen Farben in sehr verschiedenem Mals periphere Lichtempfindungen auszul\u00f6sen verm\u00f6gen, kann man ein ziemlich zuverl\u00e4ssiges Bild erhalten von dem relativen Einflufs der Farben auf die St\u00e4bchen. Will man jedoch die Empfindlichkeit der Zapfen messen, so mufs man sich entweder auf die Fovea beschr\u00e4nken oder mit helladaptiertem Auge arbeiten, und wenn ein Vergleich zwischen Fovea und Peripherie angestellt werden soll, so ist es nat\u00fcrlich notwendig im helladaptierten\n1 Vgl. hierzu auch W. Nagel und K. L. Schaeeer, \u00dcber das Verhalten der Netzhautzapfen bei Dunkeladaptation. Diese Zeitschrift 84, 1904. S. 278 Anmerkung.\n* Diese Zeitschrift 15, S. 327. 1897.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter etc.\n3\nZustand zu arbeiten. Die Kenntnis der relativen Empfindlichkeit der verschiedenen Teile der Netzhaut f\u00fcr farbige Lichter, wenn die Zapfen allein gereizt werden, schien uns eine Frage von gen\u00fcgender Wichtigkeit, um eine Experimentaluntersuchung zu rechtfertigen.\nZum Zweck der Vergleichung und um die enormen Unterschiede zu zeigen, die in der Reaktion auf farbige Lichter im dunkeladaptierten Zustand bestehen, geben wir zun\u00e4chst eine Tabelle der Resultate von Dr. Peetz 1 und veranschaulichen sie durch die Kurvendarstellung auf folgender Seite (Fig. 1).\nTabelle 1. (Dr. Peetz.)\n\tTemporale Empfindlichkeit f\u00fcr\t\t\t\tN asale Empfindlichkeit f\u00fcr\t\t\n\tBlau\tGelb\tRot\t\tBlau\tGelb\tRot\n0\u00b0\t1\t1\t1\t0\u00b0\t1\t1\t1\n0,25\u00b0\t1,23\t1,15\t0,95\t0,25\u00b0\t1,18\t1,46\t0,95\n0,5\u00b0\t1,54\t1,76\t0,76\t0,5\u00b0\t2,01\t1,71\t0,95\n0,75\u00b0\t2,12\t2,43\t0,73\t0,75\u00b0\t3,03\t2,27\t0,90\n1,0\u00b0\t3,78\t3,65\t0,70\t1,0\u00b0\t8,51\t3,07\t0,90\n1,5\u00b0\t16,6\t5,37\t0,71\t1,5\u00b0\t48,9\t6,15\t0,87\n2,5\u00b0\t64,2\t8,99\t0,55\t2,5\u00b0\t105,3\t10,7\t0,73\n5,0\u00b0\t265,9\t9,69\t0,50\t5,0\u00b0\t852,2\t24,6\t0,57\n10\u00b0\t687,3\t20,15\t0,40\t10,0\u00b0\t1457,0\t52,6\t0,51\nDie Zahlen links geben die Abst\u00e4nde vom Fixierpunkt in Graden an. Der Wert 1 ist eine willk\u00fcrlich gew\u00e4hlte Zahl, um die Empfindlichkeit der Fovea anzugeben und die anderen Zahlen sind in derselben Einheit ausgedr\u00fcckt.\nAus dieser Tabelle ersieht man, dais im dunkeladaptierten Zustand die Empfindlichkeit f\u00fcr rot gegen die Peripherie hin langsam abnimmt, w\u00e4hrend sie f\u00fcr gelb schnell ansteigt und f\u00fcr blau noch viel schneller zunimmt.\nUnsere Versuchsanordnung f\u00fcr das Studium der Empfind-lichkeitsVerteilung im Hellauge konnte sich der von Peetz verwendeten im Prinzip anschliefsen.\n1 Diese Zeitschrift 15, S. 327. 1897.\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nC. L. Vaughan und A. Boltunow.\n&\tO t\u00bb te 3/t. 1\u00b0\nFig. 1 (nach v. Kries). Empfindlichkeit der Fovea centralis und ihrer\nn\u00e4heren Umgebung f\u00fcr blaues Licht ----------- und gelbes Licht .......\nlinks nasales, rechts temporales Gesichtsfeld.\nIn einer T\u00fcr, welche zwei Zimmer trennte, war in die T\u00fcrf\u00fcllung ein quadratisches Loch ges\u00e4gt und das eine Ende eines lichtdichten Kastens von etwa 32 cm L\u00e4nge eingelassen. Dieses Ende des Kastens war mit einer Irisblende von 15 cm Durchmesser versehen j am anderen Ende befand sich in der H\u00f6he des Mittelpunktes der Blende eine Vorrichtung zur Einschiebung farbiger Gl\u00e4ser in den Strahlengang. Vor der Irisblende war eine Milchglasscheibe angebracht und aufserhalb des farbigen Glases wieder ein oder ein Paar Mattgl\u00e4ser, welche wiederum von einem St\u00fcck Karton bedeckt waren, in welches ein rundes Loch von der f\u00fcr das Farbenfeld gew\u00fcnschten Gr\u00f6fse ge-schnitten war.\nUm mit farbigen Gl\u00e4sern ein hinreichend reines und gen\u00fcgend starkes Licht zu erhalten, war eine sehr starke Lichtquelle n\u00f6tig, da aufser dem Farbenfilter noch die Milchglas- und Mattscheiben einen grofsen Teil des Lichtes absorbierten. Vom Sonnenlicht mufste wegen der Jahreszeit und der tr\u00fcben Grofs-stadtatmosph\u00e4re, vom Bogenlicht seiner Inkonstanz wegen abgesehen werden. Wir verwendeten daher eine grofse dreif\u00e4dige","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter etc.\n5\nNernst lampe ohne Heizspiralen. Sie sollte den Angaben des Lieferanten nach bei 110 Volt Leitungsspannung 500 Kerzenst\u00e4rken haben, hatte tats\u00e4chlich wohl in den ersten Tagen etwas mehr, sp\u00e4terhin etwas weniger Helligkeit.\nL\nFig. 2.\nF\n?\n\nL \u2014 Lichtquelle, Nernstlampe; M = Milchglas: J \u2014 Irisblende; f= farbiges Glas ; m = Mattglas ; k = Karton ; l \u2014 Loch ; F = Fixierpunkt ;\nS \u2014 Spiegelchen, Deckglas; A = Auge.\nDie Lampe befand sich in dem einen der beiden Zimmer, ziemlich dicht an der mit der Irisblende armierten Milchglasscheibe, deren Fl\u00e4che sie gleichm\u00e4fsig erhellte.\nDas andere Zimmer war vollkommen verdunkelt und in ihm stand nun der beschriebene Apparat, der ein Feld von ver\u00e4nderlicher Gr\u00f6fse, Farbe und Helligkeit zu erzeugen gestattete.\nDa der ganzen Anordnung nach dieses zur Schwellenbestimmung dienende Feld feststehen mufste, war es n\u00f6tig, f\u00fcr die Untersuchung der Peripherie das Auge seitw\u00e4rts zu richten und hierzu einen verstellbaren Fixierpunkt anzuwenden. Dieser wurde in folgender Weise hergestellt.\nIn einer lichtdichten B\u00fcchse steckte eine Gl\u00fchlampe ; an der Stirnseite besafs diese Umh\u00fcllung ein kleines mit rotem Glas verschlossenes Loch (Stecknadelstich). Die ganze B\u00fcchse liefs sich l\u00e4ngs eines Gradbogens verschieben, so dafs der jeweilige Abstand des Reizlichtes vom Fixierpunkt in Graden abgelesen werden konnte. Um auch bei zentralen (fovealen) Schwellenbestimmungen die strenge Einhaltung der Fixation zu sichern, wurde bei den fovealen Messungen vor das Reizlichtfeld ein","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nC. L. Vaughan und A. Boltunov).\nmikroskopisches Deckglas unter dem Winkel von 45\u00b0 gestellt, das den Fixierpunkt auf das Feld zu projizieren gestattete, wenn der Beobachter unter dem gleichen Winkel auf das Deckglas sah.\nEs ist hinreichend bekannt, dafs die peripheren Teile der Netzhaut, obwohl sehr empfindlich f\u00fcr irgend eine Verschiebung der Objekte im Gesichtsfeld, doch feststehenden Objekten gegen\u00fcber sich sehr bald nahezu unempfindlich verhalten. Ein Licht, das nicht wahrgenommen wird solange es still steht, wird in demselben Moment sichtbar, in dem es in Bewegung gesetzt wird. Dies spricht f\u00fcr eine sehr schnelle Erm\u00fcdbarkeit der Netzhautperipherie, besonders wenn schwache Lichter in Betracht kommen und da wir hier mit Schwellenwerten zu rechnen hatten, war es notwendig uns gegen diese Fehlerquelle zu sch\u00fctzen. Zu diesem Zweck konstruierten wir einen \u201eUnterbrecher\u201c, indem wir aus einer Kartonscheibe einen Sektor von 90\u00b0 ausschnitten. Diese Scheibe wurde dann zwischen der farbigen Fl\u00e4che und dem Deckglas angebracht und durch einen Elektromotor langsam herum gedreht. Das farbige Feld war auf diese Wbise nur ein Viertel der Zeit sichtbar, erschien und verschwand regelm\u00e4fsig, war etwa eine halbe Sekunde zu sehen und 1 x/2 Sek. unsichtbar. So erschien Erm\u00fcdung nach M\u00f6glichkeit ausgeschlossen. Um gute Helladaptation zu erzielen, hielt sich die zu untersuchende Person mindestens 10 Min. in einem kleinen Turm auf, der von allen Seiten Licht einliefs und sich ganz in der N\u00e4he von unserem Apparat befand. Der Blick war gegen den Himmel gerichtet und es wurde sorgf\u00e4ltig darauf geachtet, dafs keine Blendung auftrat durch direktes Sehen nach der Sonne. Eine gen\u00fcgend gute Helladaptation zu erzielen, ist eine sehr viel schwerere Aufgabe als das Auge in v\u00f6llige Dunkeladaptation zu versetzen. Die St\u00e4bchen reagieren auf Licht von gr\u00f6fserer Intensit\u00e4t als gew\u00f6hnlich angenommen zu werden scheint, besonders ist dies der Fall bei blauem Licht. Wenn die Adaptation gut sein soll, mufs der Tag ganz hell und der Himmel blau sein. Selbst an einem klaren wolkenlosen Tag kann man die Untersuchung nicht bis zu kurz vor Sonnenuntergang fortsetzen, da sonst bei scheinbar noch grofser Helligkeit, aber r\u00f6tlichem Licht die St\u00e4bchen in T\u00e4tigkeit kommen. Es scheint sogar, dafs verschiedene Personen in dieser Richtung verschieden reagieren. An einem Tag, an dem die Sonne blofs von einem ganz leichten Nebelschleier bedeckt","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter etc.\n7\nwar, erhielt der eine von uns (Bolt\u00fcnow), eine nahezu normale Helladaptationskurve, d. h. abnehmende Empfindlichkeit gegen die Peripherie hin, w\u00e4hrend beim anderen (Vaughan) die St\u00e4bchen so in T\u00e4tigkeit gekommen waren, dafs die Kurve die entgegengesetzte Richtung nahm. Wenn wir hier also von einer Normalkurve reden, so meinen wir nicht den Durchschnitt einer grofsen Anzahl von F\u00e4llen, sondern eine Kurve, die unter besonders g\u00fcnstigen Bedingungen aufgenommen wTurde. Schon Nagel und Schaefer (a. a. 0.) haben gezeigt, dafs, wenn das Auge vollkommen helladaptiert war, in den ersten Minuten eine Adaptation der Zapfen stattfindet, ehe die St\u00e4bchenadaptation einsetzt. Dies findet am schnellsten in den ersten Sekunden, aber merklich auch noch innerhalb der ganzen ersten 2 Min. statt.\nBei unserer Untersuchung war es unm\u00f6glich die Schwelle stets zur selben Zeit, d. h. nachdem die gleiche Anzahl von Sekunden nach dem Abbruch der Helladaptation verstrichen war, zu bestimmen. Die Zeit war gew\u00f6hnlich etwas mehr als eine halbe Minute, d. h. nach Verlauf der schnellsten Zapfenadaptation. Auch die Lampe, die urspr\u00fcnglich \u00fcber 500 Kerzenst\u00e4rken besafs, verlor allm\u00e4hlich etwas an Intensit\u00e4t, so dafs selbst, wenn alles andere h\u00e4tte vollkommen konstant erhalten werden k\u00f6nnen, die Zahlen f\u00fcr die verschiedenen Male nicht absoluten sondern nur relativen Wert haben w\u00fcrden. Innerhalb der einzelnen Versuchsreihe sind die einzelnen Werte unter sich unbedingt vergleichbar, zwischen verschiedenen Reihen jedoch nur bedingt. In den Zusammenstellungen, die wir geben, haben\nwir uns indessen bem\u00fcht, nur solche Werte zu vergleichen, bei\n\u2022 \u2022\ndenen die \u00e4ufseren Versuchsbedingungen dies nach unserer \u00dcberzeugung zuliefsen.\nZum Zwecke der Vergleichung haben wir in der folgenden Wiedergabe der Resultate die Lichtintensit\u00e4t, die notwendig war, um in der Fovea eben noch eine Empfindung hervorzurufen f\u00fcr s\u00e4mtliche F\u00e4lle gleich 1000 gesetzt und dann die anderen Ablesungen dementsprechend umgerechnet. Auf diese Weise machten wir uns die Bestimmung der relativen Empfindlichkeit zur Aufgabe und liefsen die absolute Empfindlichkeit g\u00e4nzlich aufser Frage. Diese Tatsache, dafs wir nur die relative Empfindlichkeit zu pr\u00fcfen uns Vornahmen, erlaubte uns aufserdem farbige Gl\u00e4ser von ungleicher Dicke und Lichtdurchl\u00e4ssigkeit f\u00fcr die verschiedenen Farben zu benutzen, ohne uns damit die Not-","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nC. L. Vaughan und A. Boltunow.\nwendigkeit auf zuerlegen den genauen Verdunkelungswert jedes einzelnen Glases zu bestimmen.\nDie Farben, die bei dieser Untersuchung verwendet wurden, waren Rot, Gr\u00fcn und Blau. Die Auswahl des roten Glases trafen wir in Anbetracht seines besonderen Verhaltens im dunkeladaptierten Zustand, um ein Glas zu finden, das f\u00fcr das gut dunkeladaptierte Auge nicht nennenswert heller aussah als f\u00fcr ein helladaptiertes Auge ; deshalb nahmen wir auch ein Rot, das v\u00f6n anderen Strahlen so wenig als irgend m\u00f6glich durchliefs. Das von uns verwendete Glas liefs ein ganz klein wenig Orange mit durch, wie spektroskopisch festgestellt wurde. Wir machten damit auch eine Anzahl Versuche im dunkeladaptierten Zustand und kamen zu sehr \u00e4hnlichen Resultaten wie Dr. Pertz, d. h. wir fanden immer weniger Wirkung auf die Netzhaut, je weiter wir mit dem Reizlicht von der Fovea abwichen.\nDas Gr\u00fcn war ein tief ges\u00e4ttigtes, das eher um eine Spur nach Gelblichgr\u00fcn als nach Blaugr\u00fcn vom \u201ereinen\u201c Gr\u00fcn ab wich. Es liefs im Spektrum das gesamte Gr\u00fcn und sonst nichts durch.\nDas Blau hatte einen Stich ins Violette, liefs auch Violett durch, sowie eine Spur des \u00e4ufseren Rot.\nBei der Bestimmung der Schwelle wurde die Verstellung der Irisblende niemals von dem Beobachter selbst vorgenommen, sondern stets von einer zweiten Person. Die Einstellungen erfolgten, um die Helladaptation nicht zu sehr verloren gehen zu lassen, so schnell wie nur irgend mit der erw\u00fcnschten Genauigkeit vereinbar war und der Beobachter begab sich nach jeder Beobachtungsreihe, welche die Einstellungen f\u00fcr einen bestimmten Exzentrizit\u00e4tsgrad enthielt, sofort wieder f\u00fcr 10 Minuten in seinen Helladaptationsraum. Auf diese Weise hielten wir bei einem Aufenthalt von 10 Min. im Hellen und 1 Min. im Dunkeln eine gute Helladaptation f\u00fcr gen\u00fcgend sichergestellt, sofern der Tag hell genug war.\nDas zu beobachtende farbige Feld mafs nicht voll 10 im Durchmesser. Wir machten einige Versuche mit einem Feld von 50 mit dem Ergebnis, dafs die Empfindlichkeit f\u00fcr dieses Feld gr\u00f6fser gefunden wurde* aber die Kurve schien sehr \u00e4hnlich zu verlaufen, so dafs wir es nicht f\u00fcr wichtig genug erachteten, tim in diesem Zusammenhang die Untersuchung l\u00e4nger mit dem grofsen Feld fortzusetzen. Der rote Fixierptinkt hatte vielleicht","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter etc.\n9\nV20 eines Grades im Durchmesser und war von solcher Helligkeit, dafs er bei guter Helladaptation nur eben foveal sichtbar war.\nIn den folgenden Tabellen geben die Zahlen die relative Empfindlichkeit der einzelnen Teile der Netzhaut an, wobei der foveale Schwellenwert mit 1000 bezeichnet ist. Wie man sieht, wurden in den ersten Versuchen Angaben f\u00fcr die Entfernungen von 2,5\u00b0 nicht gemacht. Auch verdunkelte zuerst das vor das farbige Feld gesetzte Milchglas dasselbe so sehr, dafs die Helligkeit nicht grofs genug war, um eine Empfindung hervorzurufen \u00fcber 100 oder 15 0 Exzentrizit\u00e4t. Sp\u00e4ter benutzten wir an Stelle des Milchglases zwei Mattgl\u00e4ser mit den glatten Fl\u00e4chen gegeneinander. Diese Kombination ergibt bei gleicher Diffundierung des Lichtes gr\u00f6fsere Lichtdurchl\u00e4ssigkeit und wir vermochten infolgedessen die Beobachtungen noch bis zu der Exzentrizit\u00e4t von 30 bis 35 0 auszudehnen. Die Empfindlichkeitswerte erhielten wir, indem wir die reziproken Werte derjenigen Lichtintensit\u00e4ten nahmen, die erforderlich waren, um eine Empfindung hervorzurufen. Die Tabellen gelten f\u00fcr die nasale Seite des Gesichtsfeldes des rechten Auges.\nTabelle 2.\nRotes Licht (Boltunow).\n0\u00b0\t2,5\u00b0\t5\u00b0\tO O\t15\u00b0\t20\u00b0\t25\u00b0\t30\u00b0\t35\u00b0\n1000\t\u2014\t405\t160\t75\t\t\t\t\n1000\t\u2014\t515\t205\t\t\t\t\t\n1000\t\u2014\t600\t310\t\t\t\t\t\n1000\t\u2014\t680\t420\t225\t\t\t\t\n1000\t945\t605\t445\t\t\t\t\t\n1000\t640\t640\t275\t95\t40\t35\t30\t25\n1000\t390\t295\t95\t\t\t\t\t\nMittel 1000\t658\t534\t273\t132\t40\t35\t30\t25\nRotes Licht (Vaughan).\n1000\t\t435\t245\t\t\t\t\t\n1000\t\t510\t310\t190\t\t\t\t\n1000\t\t530\t205\t\t\t\t\t\n1000\t\t590\t710\t\t\t\t\t\n1000\t790\t790\t265\t175\t105\t90\t25\t15\nMittel 1000\t790\t571\t347\t182\t105\t90\t25\t15","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nG. L. Vaughan und A. Boltunow.\nTabelle 3.\nGr\u00fcnes Licht (Boltunow).\n0\u00b0\t2,5\u00b0\t5\u00b0\tO O T-i\t15\u00b0\t20\u00b0\t25\u00b0\t30\u00b0\t35\u00b0\n1000\t\t655\t425\t\t\t\t\t\n1000\t870\t475\t155\t55\t40\t\t\t\n1000\t540\t185\t135\t50\t\t\t\t\nM. 1000\t705\t438\t251\t52\t40\t\t\t\nGr\u00fcnes Licht (Vaughan).\n1000 1000 1000\t410\t550 720 235\t380 305 125\t70\t65\t\t\t\nM. 1000\t410\t501\t270\t70\t65\t\t\t\nTabelle 4.\nBlaues Licht (Boltunow).\nO\u00ab\t2,5\u00ab\t5\t10\u00bb\t15\u00b0 15\tto o o\t25\u00b0\to O CO \u25a0\t35\u00b0\n1000\t640\t490\t185\t95\t55\t45\t\t\nBlaues Licht (Vaughan).\n1000 1000\t810 720\t445 545\t215 280\t140 190\t80 110\t45 30\t\t\nM.1000\t765\t495\t248\t165\t95\t\t38\t\t\nBlaues Licht (Fr\u00e4ulein Maltzew).\n1000 1000\t780 695\t510 575\t190 185\t115 100\t90 65\t55\t\t\nM. 1000 j 738\t\t542\t188\t108\t78\t55\t\t\nWenn wir aufser den bei den einzelnen Versuchsreihen erhaltenen Werten noch Durchschnittszahlen aus einer Reihe von Versuchen mitteilen, so geschieht das nicht in der Meinung, dafs hiermit die den Einzelreihen etwa anhaftende Unsicherheit eliminiert werde. Wir wollen damit vielmehr nur eine von unserer subjektiven Beurteilung der G\u00fcte der einzelnen Versuche unabh\u00e4ngige \u00dcbersichtsdarstellung geben. Tats\u00e4chlich geben nach unserer \u00dcberzeugung die Durchschnitte nicht so genau die Empfindlichkeit f\u00fcr den helladaptierten Zustand an als manche einzelne Reihen in jeder Gruppe. Man sieht bei Betrachtung der Tabellen sogleich, dafs in einigen F\u00e4llen die Empfindlichkeit","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter etc. H\nviel langsamer abnimmt als in anderen. Diese F\u00e4lle m\u00fcssen als unvollkommen angesehen werden, da bei ihnen sich offenbar noch etwas D\u00e4mmerungssehen eingemischt hatte. Dies kommt daher, dafs die Tage, an welchen sie aufgenommen wurden, nicht klar genug waren, um eine gute Helladaptation zu erm\u00f6glichen. Daher enth\u00e4lt der Durchschnitt eine Mischung der besseren und schlechteren F\u00e4lle und ist deshalb nicht so gut als einzelne F\u00e4lle unter den besten Bedingungen. Die Durchschnittskurve ist \u00fcbrigens den besten Einzelkurven sehr \u00e4hnlich, obwohl sie langsamer abf\u00e4llt und sie gibt ein besseres Bild von der relativen Wirkung der einzelnen Farben. Nur in einem Fall, bei gr\u00fcnem Licht f\u00fcr Vaughan, gibt der Durchschnitt eine von der Kurve f\u00fcr die einzelnen F\u00e4lle g\u00e4nzlich verschiedene Kurve, und dies kommt daher, dafs die beiden ersten Reihen bei schlechterer Helladaptation aufgenommen sind als die dritte (siehe Tabelle) und dafs nur f\u00fcr die dritte der Wert f\u00fcr 2,5\u00b0 angegeben ist. Wenn entsprechende Werte f\u00fcr 2,50 f\u00fcr die beiden ersten Reihen interpoliert w\u00fcrden,\nwas an und f\u00fcr sich zul\u00e4ssig w\u00e4re, w\u00fcrde auch hier der Durch-\n__ _ \u2022\u2022\nschnitt eine glattere Kurve geben. Der \u00dcbersichtlichkeit halber stellen wir die Durchschnitte zusammen:\nTabelle 5.\n\tBoltunow\t\t\t\tVaughan\t\t\nRel.\tEmpfindlichkeitswerte\t\t\tRel.\tEmpfindlichkeitswerte\t\t\nAbstand\t\t\t\tAbstand\t\t\t\nvom Fixier-\tRot\tGr\u00fcn\tBlau\tvom Fixier-\tRot\tGr\u00fcn\tBlau\npunkt\t\t\t\tpunkt\t\t\t\n0\u00b0\t1000\t1000\t1000\t0\u00b0\t1000\t1000\t1000\n2,5\u00b0\t658\t705\t640\t2,5\u00b0\t790\t410?\t765\n5\u00b0\t534\t438\t490\t5\u00bb\t575\t501\t495\n10\u00b0\t273\t251\t185\t10\u00b0\t287\t270\t248\n15\u00b0\t132\t52\t95\t|\t15\u00b0\t182\t70\t165\n20\u00b0\t40\t40\t55\t20\u00b0\t105\t65\t95\n25\u00b0\t35\t\t45\t25\u00b0\t90\t\t38\no O CO\t30\t\t\t30\u00b0\t25\t\t\n35\u00b0\t25\t\t\t35\u00b0\t15\t\t\nDiese Durchschnitte in Kurven umgesetzt geben die nebenstehenden Figuren 3 f\u00fcr Boltunow und 4 f\u00fcr Vaughan. Auf","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nG. L. Vaughan und A. Boltunow.\nFigur 3 ist auch Boltunows Kurve f\u00fcr rotes Licht hei Dunkeh adaptation eingezeichnet. Wenn man versuchen wollte, aueh die Kurven f\u00fcr Dunkeladaptation bei gelbem und blauem Licht (\u00e4hnlich wie v. Kries oben S. 4) einz\u00fctragen, so w\u00fcrde man sehen, dafs dies bei dem verwendeten Mafsstab ganz ausgeschlossen ist, da die Linien fast senkrecht auf steigen m\u00fcfsten.\nFig. 3.\nMi\nBoltunow: ............Rot;------------Blau;-------------Gr\u00fcn\nund Rot f\u00fcr dunkeladaptierten Zustand.\nIn der Gr\u00fcnkurve f\u00fcr Vaughan ist ein Versuch ausgelassen (dieser ist in Figur 5 als Beispiel einer besonders guten Kurve gegeben), weil er der einzige ist mit Bestimmung des Wertes f\u00fcr 2,5 \u00b0. Figur 5 gibt Beispiele f\u00fcr die besten Kurven f\u00fcr Rot und Gr\u00fcn und aufserdem eine bis zu 30\u00b0 durchgef\u00fchrte Blau-","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Vber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter etc. 13\nkurve, bei deren Gewinnung aber offenbar die Helladaptation ungen\u00fcgend war. Dies \u00e4ufsert sich in weniger steilem Abfall zwischen 0 und 2,5\u00b0 und hierdurch bedingter Verschiebung der Kurve nach rechts.\nFig. 4.\nDr. Vaughan: ........... Kot;----------Blau; ----------- Gr\u00fcn.\nAls wesentliches Ergebnis unserer Versuche m\u00f6chten wir zum Schl\u00fcsse feststellen, dafs unter den Bedingungen des m\u00f6glichst reinen Tagessehens die Empfindlichkeit f\u00fcr rotes, gr\u00fcnes und blaues Licht im Netzhautzentrum weitaus am gr\u00f6fsten ist und nach der Peripherie hin ziemlich schnell in einer f\u00fcr alle drei Farben fast ganz \u00fcbereinstimmenden Kurve abf\u00e4llt, so dafs die Empfindlichkeit 10\u00b0 abseits von der Fovea nur noch rund bei 20\u00b0 3/io bis 1/i0l bei 35\u00b0 740 der fovealen betr\u00e4gt. Unter","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nC. L. Vaughan und A. Boltunow.\nFig. 5.\nGr\u00fcn.\n-----Blau;\nden Bedingungen des D\u00e4mmerungssehens sinkt f\u00fcr reines Rot die Empfindlichkeit ebenfalls ein wenig nach der Peripherie hin, w\u00e4hrend sie f\u00fcr die anderen Farben rapide steigt.\n(Eingegangen am 15. Februar 1907.)","page":14}],"identifier":"lit33488","issued":"1908","language":"de","pages":"1-14","startpages":"1","title":"\u00dcber die Verteilung der Empfindlichkeit f\u00fcr farbige Lichter auf der helladaptierten Netzhaut","type":"Journal Article","volume":"42"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:04.653112+00:00"}