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Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten gegenüber spektralen Mischungsgleichungen (Rayleigh-Gleichung)

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{"created":"2022-01-31T15:53:37.345448+00:00","id":"lit33508","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"K\u00f6llner, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 42: 281-296","fulltext":[{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"281\n(Aus der Kgl. Universit\u00e4tsklinik f\u00fcr Augenkrankheiten.\nDirektor Geh. Rat v. Michel.)\nErworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten gegen\u00fcber spektralen Mischungsgleiehungen\n(RAYLEIGH - Gleichung).\nVon\nDr. H. K\u00f6llner,\nAssistent der Klinik.\nBei dem noch recht sp\u00e4rlichen wissenschaftlich untersuchten Material erworbener Farbensinnst\u00f6rungen d\u00fcrften die folgenden Untersuchungen \u00fcber erworbene Violettblindheit oder Tritanopie nicht ohne Interesse sein, zumal sich dabei ein eigent\u00fcmliches Verhalten des Tritanopen gegen\u00fcber der sogenannten Rayleigh-Gleichung ergibt, d. h. der Gleichung aus einem Gemisch von Lithiumrot und Thalliumgr\u00fcn gegen\u00fcber einem homogenen Spektrallicht. Da diese Gleichungen auch aufserhalb des physiologischen Instituts an den kleinen handlichen Spektralapparaten mit Leichtigkeit ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen, ist ihr Studium auch f\u00fcr den Kliniker von Bedeutung.\nAuf die bisherige, nicht sehr zahlreiche Literatur \u00fcber die erworbene Blaublindheit gehe ich an dieser Stelle nicht n\u00e4her ein, sondern verweise auf meine fr\u00fchere Arbeit1 hier\u00fcber.\nI.\nDer Patient M. suchte die Klinik auf, weil seit einiger Zeit das Sehverm\u00f6gen seines linken Auges herabgesetzt sei. Die Untersuchung ergab auf dem rechten Auge v\u00f6llig normale Verh\u00e4ltnisse, auf dem linken war die Sehsch\u00e4rfe auf Fingerz\u00e4hlen\n1 K\u00f6llner: Untersuchungen \u00fcber die Farbenst\u00f6rung bei Netzhautabl\u00f6sung. Zeitschr. f. Augenheilk. 17, S. 234.","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nH. K\u00f6ttner.\nin 2 m gesunken. Bei der Untersuchung mit dem Augenspiegel\nfand sich in der Macula lutea ein frischer Netzhautherd mit \u2022 \u2022\nm\u00e4fsigem Odem der Umgebung. Nach einigen Wochen besserte\nsich das Sehverm\u00f6gen erheblich, bis auf 1/2 des normalen.\n\u2022 \u2022\nDas Odem war zur\u00fcckgegangen und die ophthalmoskopische Untersuchung zeigte, dafs es sich um eine prim\u00e4re Erkrankung der Netzhaut um die Fovea herum auf Grund einer Ver\u00e4nderung der Wandungen der zuf\u00fchrenden Netzhautgef\u00e4fse handelte. Der Urin hatte ein niederes spezifisches Gewicht, aufserdem fand sich ein mit roten Blutk\u00f6rperchen besetzter hyaliner Zylinder.\n. Auf Befragen nach subjektiven Farbenst\u00f6rungen teilte mir der Patient mit, dafs er bisher, besonders wenn er eine graue oder helle Fl\u00e4che ansehe, einen blauvioletten Fleck wahrgenommen h\u00e4tte. Mit der Besserung des linken Auges war die Erscheinung schw\u00e4cher geworden und liefs sich zurzeit nur hervorrufen, wenn er das Auge kurze Zeit schlofs und dann nach einer hellen Fl\u00e4che blickte.\nNach meinen bisherigen Erfahrungen besonders an Patienten mit Netzhautabl\u00f6sungen1 hatte ich sofort den Verdacht, dafs hier eine Farbenst\u00f6rung im Sinne einer Tritanopie oder Violettblindheit vorliegen k\u00f6nnte. Zun\u00e4chst nahm ich eine Pr\u00fcfung am elektrischen Perimeter (nach v. Michel) vor, um die Ausdehnung des eventuell vorhandenen Skotoms festzustellen, schon aus dem Grunde, um einen Anhaltspunkt f\u00fcr die zu w\u00e4hlende Feldgr\u00f6fse bei der Untersuchung mit Spektralapparaten zu haben. Das Ergebnis war ein wenig zufriedenstellendes mit Hinsicht auf meine fr\u00fcheren Untersuchungen bei Netzhautabl\u00f6sungen. Die vier farbigen Objekte (blau, rot, gelb, gr\u00fcn) wurden peripher \u00fcberall in gleicher Weise mit dem erkrankten wie mit dem gesunden Auge gesehen. Wenn das Objekt von aufsen her nach dem Fixierungspunkte zu bewegt wurde, wurde von ungef\u00e4hr 10\u00b0 an eine leichte \u00c4nderung der blauen Farbe in gr\u00fcnblau und der gelben in weifs angegeben, in allen anderen Meridianen war sie nicht mit Sicherheit festzustellen, vielleicht deswegen, weil der \u00dcbergang in das ver\u00e4nderte Skotom ein zu allm\u00e4hliger gewesen sein mochte, als dafs die geringe Ver\u00e4nderung wahrgenommen werden konnte.\nIch ging nun gleich daran, am grofsen HELMHOLTzschen\n1 a. a. 0.","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten etc. 283\nSpektralfarbenmischapparat des physiologischen Institutes, der mir von Herrn Prof. Naoel in liebensw\u00fcrdigster \"W eise znr Verf\u00fcgung gestellt wurde, zu untersuchen, ob in der Tat die Mischung zweier entsprechend gew\u00e4hlter homogener Lichter gen\u00fcgte, um alle Farbenempfindungen auf dem erkrankten Auge hervorzurufen, mit anderen AVorten, ob ein rein dichromatisches Farbensystem vorlag.\nDie Untersuchung wurde durch die gute Beobachtungsf\u00e4higkeit und die exakten Angaben, sowie die Bereitwilligkeit des intelligenten Patienten sehr erleichtert, auch war eine verh\u00e4ltms-m\u00e4fsig nur geringe Zeit dazu erforderlich, so dafs die so l\u00e4stige Erm\u00fcdung und damit die zum Schl\u00fcsse sonst auftretenden unsicheren Angaben fehlten. Auf gute Helladaptation w\u00e4hlend der Beobachtungen legte ich grofsen Wert, auch gestattete die gute Sehsch\u00e4rfe eine geringe Feldgr\u00f6fse (ca. 2\u00b0). Die Lichtquellen des Apparates bestanden aus Nernstlampen.\nAls Mischlichter w\u00e4hlte ich ein Rot von 670 w und ein Gr\u00fcnblau von 482 /^Wellenl\u00e4nge, die beide innerhalb der Lnd-strecken f\u00fcr das linke Auge des Patienten lagen, d. h. mit noch lang- bzw. kurzwelligeren homogenen Lichtern Gleichungen ergaben. Die Spaltweite f\u00fcr das homogene Licht brauchte bis zu einer Wellenl\u00e4nge von 500 herab nur einmal ver\u00e4ndert zu werden.\nDie Pr\u00fcfung ergab, dafs zweifellos durch das ganze Spektrum hindurch \u2014 die Untersuchung wurde bei 15 verschiedenen homogenen Lichtern vorgenommen \u2014 Gleichungen mit dem Farbengemisch angenommen wurden, dafs also auf dem linken Auge ein dichromatisches System vorlag.\nZur Kontrolle liefs ich jede f\u00fcr das erkrankte Auge eingestellte Gleichung mit dem gesunden betrachten. Mit diesem gab der Patient die Farbendifferenz der Vergleichsfelder in der gleichen Weise an, wie der farbent\u00fcchtige Verfasser. Auch die weitere Untersuchung des rechten Auges ergab, dafs hier ein vollkommen normales Farbensystem vorlag.\nDie Aichwerte wurden in bekannter Weise berechnet und sind in der folgenden Tabelle I unter I auf gef\u00fchrt. Ich habe sie als R- und G-Werte (Rot- und Gr\u00fcnwerte) bezeichnet, da man zweifelhaft sein kann, ob auch beim Tritanopen die DoNDEnssche Bezeichnung Warm- und Kaltwerte v\u00f6llig sachgem\u00e4fs ist. Man mufs ja ber\u00fccksichtigen, dafs die Werte, die wir beim typischen","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nH. K\u00f6llner.\nProtanopen als TF-Werte bezeichnen, beim typischen Tritanopen als K- Werte auftreten w\u00fcrden. Wenn ich die k\u00fcrzerwellige Komponente als G bezeichne, soll damit nicht behauptet werden, dafs die in den untersuchten pathologischen F\u00e4llen gefundenen G-Werte die Gr\u00fcnkomponente des normalen trichromatischen Systems repr\u00e4sentieren. Einige Erfahrungen gerade an den von mir untersuchten F\u00e4llen sprechen vielmehr f\u00fcr eine unter pathologischen Bedingungen auftretende Labilit\u00e4t der G-Komponente, die zur Vorsicht in der Parallelisierung der erworbenen und angeborenen Tritanopief\u00e4lle mahnt.\nTabelle I.\nWellenl\u00e4nge des homogenen Lichtes in fiu\t1 I i I Aichwerte des Nernstlichtspektrums f\u00fcr die Mischlichter 670 fifi (R) und 482 fiu (G) i\t\tII Aichwerte des Nernstlichtspektrums f\u00fcr die Mischlichter 673 fif.i (_\u00df) und 494 fia (G); (4 Tage sp\u00e4ter als die Werte unter I aufgenommen)\t\n\tP-Werte\tG-Werte\tR-Werte\t6r-Werte\n659,5\t12,5\t\u2014\t3\t-\n631,1\t38\t\u2014\t13\t\u2014\n618\t!\t35,8\t44,2\t12,8\t6,2\n605,3\t41,7\t68,3\t13,4\t61,6\n595,2\t42,1\t107,9\t9,7\t92,3\n581\t26,7\t163,3\t8,2\t131,8\n573\t25,7\t194,3\t5,8\t154,2\n563,3\t18,0\t192\t4,6\t165,4\n554,3\t14,1\t195,9\t\u2014\t\u2014\n545,6\t11,1\t178,9\t2,9\t147,1\n530\t8,2\t131,8\t1,2\t108,8\n516\t2,4\t77,6\t0,66\t59,3\n503\t1,1\t33,9\t0,16\t31,8\n491,5\t\t\t17,5\t\u2014\t14\n478\t\u2014\t9\t\u2014\t4\nNach vier Tagen war auch die Sehsch\u00e4rfe des linken Auges wieder nahezu normal bei einer Hyperm\u00e9tropie von 1,0 D. Da sich die Erscheinung des violetten Fleckes noch immer hervor-rufen liefs, erschien es mir von Interesse nachzupr\u00fcfen, ob noch","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten etc. 285\nein dichromatisches System vorlag bzw. ob die Gestalt und Lage der Aich wertkurven noch die gleichen waren.\nDie Untersuchungsbedingungen bei der zweiten Pr\u00fcfung am HELMHOLTzschen Apparat waren die gleichen, wie beim ersten Male, nur dafs ich die Mischlichter absichtlich etwas ver\u00e4nderte. Ihre Wellenl\u00e4ngen waren nunmehr 673 ftp und 494 fifxm\nAuch jetzt ergab sich, dafs f\u00fcr 14 verschiedene homogene Spektrallichter Gleichungen mit dem ebengenannten Farbengemisch mit Sicherheit angenommen wurden. Bei der jedesmaligen Kontrolle mit dem gesunden rechten Auge machte der Patient hierbei wieder vollkommen normale Angaben.\nBesondere Sorgfalt verwendete ich auf die Einstellungen in der Gegend des Spektrums, in deren Bereich die Maxima der Aichwerte fallen mufsten.\nZwischen den homogenen Lichtern 673 pp und 631 pp wurden noch mit beiden Augen Gleichungen angenommen, mit dem Unterschiede, dafs die Spaltweite des Rot von 631 pp mit Sicherheit f\u00fcr das erkrankte Auge auf 13, f\u00fcr das gesunde auf 14 gestellt werden mufste. Inwieweit auf diese Differenz Gewicht zu legen ist, will ich dahingestellt sein lassen.\nDie Aichwerte dieser zweiten Pr\u00fcfung sind unter II der Tabelle I eingetragen.\nNach Verlauf von 6 Wochen sah ich den Patienten wieder. Das Sehverm\u00f6gen des linken Auges war unver\u00e4ndert gut; der Patient klagte nun aber nicht mehr \u00fcber Violettsehen wie fr\u00fcher, sondern er sah nunmehr helle Gegenst\u00e4nde s\u00e4mtlich in einem leichten Meergr\u00fcn.\nIch habe fr\u00fcher (a. a. O.) bereits darauf hingewiesen, dafs dieses Gr\u00fcnsehen bei der Netzhautabl\u00f6sung eine sehr h\u00e4ufige Erscheinung bildet, und die dort auftretende zentrale Farbenst\u00f6rung gern begleitet. Auch das Auftreten von Violettsehen, dafs sp\u00e4ter in Gr\u00fcnsehen \u00fcbergeht, ist klinisch bereits wiederholt auch von anderer Seite beobachtet worden.\nEs war mir schon deswegen interessant, den Patienten nochmals genau mit spektralen Farbengleichungen zu pr\u00fcfen. Ich nahm daher eine dritte Untersuchung am \u00dcELMHOLTZschen Apparat vor, unter den gleichen Versuchsbedingungen wie bei den beiden fr\u00fcheren Malen. Als Mischlichter wurden 670 pp und 489 pp verwendet. Es ergab sich, dafs noch immer zweifellos ein rein dichromatisches System vorlag. Der Patient","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nTI. K\u00f6ttner.\nnahm f\u00fcr 14 homogene Lichter vollkommene Gleichungen mit dem Farbengemisch an, dabei erkannte er schon geringe \\ er* \u00e4nderungen der Einstellungen als Farben- und Helligkeitsunterschiede. Das gesunde Auge kontrollierte wiederum die Angaben des Erkrankten nach. Seine Bezeichnungen deckten sich v\u00f6llig mit denen des Normalen.\nDie berechneten Aichwerte sind in Tabelle II gesondert von den fr\u00fcheren angef\u00fchrt, weil die homogenen Vergleichslichter mit denen der Voruntersuchungen nicht v\u00f6llig \u00fcbereinstimmen.\nTabelle II.\nAichwerte des Nernstlichtspektrums f\u00fcr die Mischlichter\n670 pp und 489 pp.\nWellenl\u00e4nge in pp\tJR-W erte\t(r-Werte\n637,8\t33,5\t\u2014\n624,5\t41,1\t28,9\n611,5\t44,8\t55,2\n600,0\t49,3\t80,7\n589,3\t43,7\t116,3\n578,2\t28,4\t136,6\n568\t23,2\t151,8\n558,8\t16,3\t163,7\n549,8\t8,4\t181,6\n541,6\t6,7\t148,3\n526,4\t3,3\t86,7\n513,1\t1,1\t43,9\n500,2\t0,5\t19,5\n488,9\t\u2014\t1\nZum besseren Vergleich habe ich die Aichwerte auf dei beigegebenen Tafel in Kurven eingezeichnet. Dabei entspricht jedoch die absolute H\u00f6he der Kurven nicht den gefundenen Werten, sondern sie sind so dargestellt, dafs entweder ihre Gipfel oder gr\u00f6fsere Strecken ihres Verlaufes zusammenfallen. Es geht aus der Tafel sofort hervor, dafs die G- und ^-Kurven der Gr\u00fcn- und Rot-Komponente entsprechen, wie sie bei dei angeborenen Farbenblindheit berechnet worden sind (Protanopen-und Deuteranopen IF-Kurve). Die der Violettkomponente ent-","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten etc. 287\nsprechenden Werte fehlen dagegen. Der Fall gliedert sich also den bisher bekannten F\u00e4llen von Blaublindheit an.\nDafs es sich um eine er worb e n e Blaublindheit (Tritanopie) handelt, darf aus der Einseitigkeit, aus dem klinischen Verlaufe und aus der Anamnese des gut beobachtenden Patienten wohl mit Sicherheit geschlossen werden, wennschon eine Untersuchung des Auges vor der Erkrankung begreiflicherweise nicht erfolgt ist.\nWenn man zun\u00e4chst die drei B- Kurven betrachtet, so bestehen zwar bei dem Abfall nach beiden Seiten hin m\u00e4fsige Differenzen. Wenn man aber bedenkt, dafs es sich bei der Untersuchung von Patienten fast nie erm\u00f6glichen l\u00e4fst, Pr\u00e4zisionsmessungen mit zahlreichen Einstellungen, aus denen ein Mittelwert genommen wird, zu erhalten, und wenn man ferner die bei den besten Apparaten unvermeidlichen technischen Fehlerquellen in Rechnung zieht, so wird man die hier vorliegenden Abweichungen immer noch als in den Fehlergrenzen liegend rechnen d\u00fcrfen. Kleine Einstellungsfehler machen sich bei der gew\u00e4hlten Darstellungsform eben schon recht bemerklich.\nEin merklicher Unterschied besteht in der Gegend von 630\tzwischen der 1. und 2. Kurve einerseits und der 3.\nandererseits. Die Aichwerte der 1. und 2. Kurve sind, wie aus Tabelle I ersichtlich ist, f\u00fcr 618 ml niedriger als f\u00fcr 631 die Kurven mufsten also eigentlich bei 618 eine Einsenkung haben, welche auf der Tafel nicht eingezeichnet ist. Der Grund f\u00fcr diese zackige Gestalt d\u00fcrfte ebenfalls in kleinen Beobachtungsfehlern zu suchen sein; denn wahrscheinlich sind bei 631 /i\\x schon geringe G-Werte und infolgedessen niedrigere if-Werte vorhanden, die Kurven 1 und 2 w\u00fcrden somit in Wirklichkeit \u00e4hnlich der 3. zum Gipfel ansteigen. Dieser liegt f\u00fcr alle drei Kurven gemeinsam ungef\u00e4hr bei 600\u2014605 f.i[x.\nBei Betrachtung der 3 G-Kurven f\u00e4llt auf, dafs die erste und\nzweite Kurve, deren Gipfel bei ca. 560 liegen, eine so gut wie\n\u2022 \u2022\nv\u00f6llige \u00dcbereinstimmung aufweisen, w\u00e4hrend die dritte zwischen 590\u2014550 mi bedeutend geringere H\u00f6henwerte erreicht; erst von 550 mi an \u2014 ihrem Gipfel \u2014 hat sie wieder ann\u00e4hernd den gleichen Verlauf, wie die beiden ersten. Diese Differenz kann meines Erachtens keinesfalls auf Beobachtungsfehlern beruhen, sondern mufs wohl als eine im Verlaufe der Erkrankung auf-","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nH. K\u00f6llner.\ngetretene Ver\u00e4nderung der Erregbarkeits Verh\u00e4ltnisse aufgefafst werden. \u00dcbrigens hat diese dritte G-Kurve in Gestalt und Lage \u00c4hnlichkeit mit der G-Kurve eines anderen tritanopischen Systems, das ich bei einem Patienten mit Netzhautabl\u00f6sung gemeinsam mit Herrn Professor Nagel untersuchte.1 2 Auch bei diesem war der Gipfel bis auf 550 pfi verlagert.\nDie Elementarkurven der 5 F\u00e4lle erworbener Blaublindheit, deren Aichwerte K\u00f6nig 2 f\u00fcr das Gaslichtspektrum berechnet hat, stimmen mit den Kurven der beiden ersten Untersuchungen meines Falles in Verlauf und Gipfelpunkt sehr gut \u00fcberein.\nBei dem Falle von angeborener Tritanopie Lews3 liegen die Gipfel der W- und K-Kurve \u2014 ebenfalls f\u00fcr das Nernstlichtspektrum an demselben Apparate aufgenommen \u2014 bedeutend weiter nach dem langwelligen Ende hin.\nErw\u00e4hnen m\u00f6chte ich noch, dafs die TF-Kurve des einige Zeit vorher unter den gleichen Bedingungen untersuchten deutera-nopischen Systems des Herrn Professor Nagel in ihrem Gipfel mit den i?-Kurven meines Falles \u00fcbereinstimmt, jedoch steiler ansteigt und nach dem kurzwelligen Ende hier etwas flacher abf\u00e4llt. Die G-Kurven der protanopischen Systeme, deren Werte v. Kries4 berechnet hat, sind gegen\u00fcber den G-Kurven meines Falles etwas weiter nach dem langwelligen Ende hin gelegen.\nDie Benennungen spektraler Lichter zur Zeit der ersten Untersuchung am HELMHOLTzschen Apparat waren auf beiden Augen des Patienten verschieden. Rechts wurden v\u00f6llig normale Angaben gemacht, links dagegen bezeichnete M. die Gegend von 589\u2014573 [i[i als weifs, das nach dem langwelligen Ende hin \u00fcber gelb, rotgelb in Rot, nach dem kurzwelligen Ende in Gr\u00fcn \u00fcberging. Blaue Lichter wurden schwankend als gr\u00fcn, meist als blau angegeben und erschienen sehr dunkel.\nWegen der breiten weifsen Zone im Spektrum f\u00fcr das linke Auge fielen die Bestimmungen des neutralen Punktes, d. h. der\n1\ta. a. O.\n2\tK\u00f6nig, \u00dcber \u201eBlaublindheit\u201c, Sitzungsbericht der Akad. d. Wissensch. in Berlin, 1897.\n3\tLevy, \u00dcber einen Fall von angeborener beiderseitiger Tritanopie, Archiv f. Ophthalmologie 52 (3).\n4\tv. Kries, \u00dcber Farbensysteme. Zeitschrift f. Psychol, u. Physiol d. Sinnesorgane 13, S. 241.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten etc. 289\nStelle, die dem Patienten v\u00f6llig farblos erschien, sehr schwankend aus. Er stellte mir nacheinander\n588 ii\\.i\n581\n578\nals farblose bzw, weifse Lichter ein.\nBei der 3. Untersuchung am Spektralfarbenmischapparat bezeichnte der Patient 589 nf.i als gelb, das nach Rot zu in Orange sich verwandelte, w\u00e4hrend es nach dem kurzwelligen Ende hin sofort in Gr\u00fcn \u00fcberging. Auf die Aufforderung, die Stelle aufzusuchen, die ihm farblos erschien, erkl\u00e4rte er gleich, dies sei unm\u00f6glich, da er \u00fcberhaupt keinWeifs s\u00e4he; weifse Gegenst\u00e4nde erschienen ihm mit dem linken Auge stets in mattem Meergr\u00fcn. Ich wiederhole hier, dafs sich seit der ersten Pr\u00fcfung das subjektive Yiolettsehen in Gr\u00fcnsehen verwandelt hatte.\nIch habe den Befund des Falles ausf\u00fchrlich mitgeteilt, weil er mir in verschiedener Hinsicht bemerkenswert erschien.\nEinmal war bei dem vorz\u00fcglich beobachtenden Patienten durch mehrfache genaue Untersuchung mittels spektraler Mischungsgleichungen ein Studium des Verhaltens der Tritanopie w\u00e4hrend eines l\u00e4ngeren Zeitraumes m\u00f6glich.\nZweitens ist zu beachten, dafs trotzdem die Sehsch\u00e4rfe wieder fast die normale H\u00f6he erreichte, die Tritanopie noch bestehen blieb. Auch K\u00f6nig hat \u00fcbrigens derartige F\u00e4lle mit normaler Sehsch\u00e4rfe beobachtet.\nDrittens erfolgte die Aufnahme der Aichwerte zur Zeit sowohl des subjektiven Violett-, wie auch des Gr\u00fcnsehens. Die diesem entsprechenden G-Kurven weisen, wie erw\u00e4hnt, eine Verschiedenheit in ihrem Verlaufe auf. Die Frage, ob es sich in der Tat hierbei um einen urs\u00e4chlichen Zusammenhang handelt, darf nach dieser einen Beobachtung nat\u00fcrlich nicht beantwortet werden.\nII.\n\u2022 \u2022\nUber das Verhalten Violettblinder gegen Mischungsgleichungen im langwelligen Spektralteil (Rayleigh-Gleichung) liegen meines Wissens noch keine Beobachtungen vor.\nMan mufste annehmen, dafs sich ein Tritanop gegen\u00fcber spektralen Mischungsgleichungen aus Lithium- (670 m-i) und Thalliumlicht (536 w1) etwa wie ein normaler Trichromat verhalte.","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nH. K\u00f6ttner.\nDenn nach den Aichwerten v. Kries\u2019 f\u00fcr Gaslichtspektrum sind bei 536 bei den Protanopen \u00fcberhaupt noch keine Blauvcerte nachweisbar, w\u00e4hrend sie bei den Deuteranopen gerade hier beginnen. Die f\u00fcr das Nernstlichtspektrum auf genommenen Aich-werte des deuteranopischen Systems des Herrn Professor Nagel ergeben ebenfalls bei 536 \\xa noch keine Blauwerte. Diese k\u00f6nnen somit kaum eine erhebliche Beeinflussung der RAYLEiGH-Gleichung bedingen.\nDie Untersuchung des Patienten M. ergab nun abweichende Verh\u00e4ltnisse.\nMit dem gesunden, rechten Auge stellte M. am Helmholtz-schen Apparat f\u00fcr die Natriumlinie als Vergleichslicht dasselbe Rot-Gr\u00fcngemisch ein, wie der Verfasser (Nicolstellung 55\u00b0), w\u00e4hrend dem erkrankten Auge die Mischung zu gr\u00fcn erschien, es mufste mehr Rot zugef\u00fcgt werden (Nicolstellung 65\u00b0).\nAn dem Anomaloskop (kleiner Farbenmischapparat f\u00fcr spektrale Lichter nach Nagel) trat derselbe Unterschied zwischen den beiden Augen zutage. F\u00fcr das rechte Auge des Patienten und f\u00fcr den Verfasser war die Einstellung des Farbengemisches die gleiche. F\u00fcr das linke Auge des Patienten erschien schon ein Lichtgemisch, das f\u00fcr das rechte Auge (und f\u00fcr den Verfasser) deutlich rot ist, gr\u00fcnlich. Es mufste also, wie bei den \u201eRotanomalen\u201c (v. Kries), so viel mehr Rot zugemischt werden, um eine Gleichung mit Natriumlicht zu erhalten, dafs die Einstellung betr\u00e4chtlich aufserhalb der Schwankungsbreite normaler Trichromaten lag. Da keine Vergleichsperson vom Typus der Rotanomalen zur Stelle war, und ich noch keine hinreichende Zahl solcher Personen untersuchen konnte, um ihre Einstellung der RAYLEiGH-Gleichung mit Bestimmtheit anzugeben, mufs ich zun\u00e4chst die Frage offen lassen, ob die Einstellung dieser Gleichung bei meinem Tritanopiefall sich mit der der Rotanomalen deckt; sie n\u00e4hert sich ihr deutlich, dafs sie sie erreicht, geht aus meinen Untersuchungen nicht hervor.\nUm zu sehen, ob der Unterschied zwischen der Einstellung der spektralen Mischungsgleichungen am langwelligen Ende f\u00fcr das erkrankte und gesunde Auge auf Absorptionsverh\u00e4ltnissen beruhte oder nicht, erschien es w\u00fcnschenswert, nach v. Kries 1 den Quotienten der f\u00fcr das eine und das andere Auge erforder-\n1 Nagel, Handbuch der Physiologie der Menschen, III. Bd., S. 125.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten etc. 291\nliehen Verh\u00e4ltnisse roten und gr\u00fcnen Lichtes f\u00fcr eine Reihe entsprechender homogener Lichter zu bestimmen. Handelte es sich um Absorption, so mufste dieser Quotient f\u00fcr die verschiedenen homogenen Lichter ein konstanter sein.\nIm folgenden gebe ich die Einstellung des Rot-Gr\u00fcngemisches f\u00fcr 7 homogene Lichter in Nicolstellung wieder. Die erforderlichen Spaltbreiten sind nicht wiedergegeben, da sie zur Berechnung des gesuchten Quotienten nicht erforderlich sind. Die Quotienten, auf die es haupts\u00e4chlich ankommt, sind im 4. Stab enthalten.\nTabelle III.\n1 Wellenl\u00e4nge in fi/ii\ti Nicolstellung f\u00fcr das gesunde Auge des Patienten und f\u00fcr den Verfasser\tNicolstellung f\u00fcr das erkrankte Auge des Patienten\tQuotient der f\u00fcr das linke und rechteAuge erforderlichen Verh\u00e4ltnisse roten und gr\u00fcnen Lichtes\n618\t72\u00b0\t75\u00b0\t1,47\n605,3\t65\u00b0\t700\t1,64\n600\t62o\t68\u00b0\t1,73\n589,3 (Na)\t55\u00b0\t65o\t2,25\n581\t50\u00b0\t60\u00b0\t2,11\n573\t410\t52\u00b0\t2,17\n563,3\to >o CO\t45\u00b0\t2,00\nDer Quotient ist also nicht konstant, sondern steigt langsam bis 589,3 pu, um dann wieder abzufallen. Die Ver\u00e4nderung hat grolse \u00c4hnlichkeit mit den von Levy1 (vgl. Tabelle IV) f\u00fcr den Rotanomalen berechneten Werten.\nDie Maxima der Werte fallen bei Levy und bei mir auf das Natrium licht.\nAuch die von Samojloee2 bestimmte Verschiedenheit seiner Augen erreichte im Natriumlicht ihr Maximum.\n1\tLevy, \u00dcber einen zweiten Typus des anomalen trichromatischen Farbensystems, Inaug.-Diss. Freiburg 1903.\n2\tSamojloff, Ein Fall von ungew\u00f6hnlicher Verschiedenheit der Mischungsgleichungen f\u00fcr beide Augen eines Beobachters. Diese Zeitschrift 41, 367, 1906.","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nH. K\u00f6ttner.\nTabelle IV (nach Levy).\nWellenl\u00e4nge in /u/u\tQuotient der f\u00fcr den Rotanomalen und normalen Beobachter erforderlichen Verh\u00e4ltnisse roten und gr\u00fcnen Lichtes\n625\t0,019\n613\t0,123\n601\t0,230\n589 (Na)\t0,278\n579\t0,262\n569\t0,249\n559\t0,176\n551\t0,080\nEine nochmalige Untersuchung in der gleichen Weise nahm ich nach 6 Wochen gelegentlich der Aufnahme der 3. Aichwert-kurven gemeinschaftlich mit Herrn Professor Nagel vor. Die genaue Einstellung des Gemisches von Thallium- und Lithiumlicht wurde vorher mit den Salzen der betreffenden Elemente vorgenommen. Jedesmal stellte der Verfasser erst f\u00fcr sein Farbensystem die Gleichung ein, die von dem gesunden Auge des Patienten stets ohne weiteres angenommen, w\u00e4hrend sie von dem erkrankten f\u00fcr ung\u00fcltig erkl\u00e4rt wurde. Hier mufste wieder mehr Rot zugemischt werden.\nDie Werte des gesuchten Quotienten waren folgende:\nTabelle V.\nWellenl\u00e4nge des homogenen Lichtes in /ufi\tQuotient des f\u00fcr das linke und rechte Auge erforderlichen Verh\u00e4ltnisse roten und gr\u00fcnen Lichtes\n624,5\t1,00\n611,5\t2,10 (?)\n589,3 (Na)\t1,82\n568\ti\t1,64\n558,8\t1,70 (?)\n549,8\t1,16","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten etc. 293\nDie beiden Werte f\u00fcr 611,5 t-iu und 558,8 fallen wegen ihrer H\u00f6he aus der Reihe. Bei beiden war die Differenz der Spaltweiten f\u00fcr das rechte und linke Auge ziemlich erheblich, J w\u00e4hrend sie f\u00fcr alle anderen homogenen Lichter fast unver\u00e4ndert blieb. Es handelt sich somit wohl hierbei um Beobachtungsfehler, die, wie so h\u00e4ufig, auf dem Verwechseln von Helligkeit- und Farbendifferenz beruhen. In der Tat w\u00fcrden sich dann die Werte f\u00fcr beide Quotienten vermindern und auch hier wieder das Maximum in die Natriumlinie fallen.\nEs ergibt sich somit, dafs der Quotient der f\u00fcr beide Augen erforderlichen Verh\u00e4ltnisse roten und gr\u00fcnen Lichtes nicht konstant ist, sondern vomRot bis zur Natriumlinie w\u00e4chst, um nach dem Gr\u00fcn hin wieder abzunehmen, in der gleichen Weise, wie es bei den Rotanomalen der Fall ist. Es w\u00fcrde sich daher nach der von v. Kries1 mitgeteilten \u00dcberlegung nicht um A b s or p ti on s v erh \u00e4ltn i ss e handeln, sondern der Grund mufs ein physiologischer sein, d. h. die lichtperzipierenden Elemente m\u00fcssen auf beiden Augen ein verschiedenes Verhalten zeigen.\nMan kann nun versuchen, f\u00fcr beide Augen aus den zur Einstellung der Rayleigh-Gleichung erforderlichen Spaltbreiten und Nicolstellungen in der gleichen Weise die Reizwerte der Komponenten des Rot- und Gr\u00fcngemisches f\u00fcr das langwellige Spektrum bis 540 herab zu berechnen, wie es bei der Aich-wertberechnung f\u00fcr die dichromatischen Systeme geschehen ist. Dabei ist zu beachten, dafs in dem zur Farbenmischung verwendeten Thalliumgr\u00fcn auch noch Rot-(R)-Werte enthalten sind, die gefundenen Werte m\u00fcfsten daher in entsprechender Weise korrigiert werden, wenn man sie zu den eigentlichen Aichwerten in Beziehung setzen wollte. Da jedoch diese Korrektion f\u00fcr beide Augen und alle gefundenen Werte die gleiche sein w\u00fcrde, kann man auch ohne Korrektion ein Bild von der Verschiedenheit der Reizwerte f\u00fcr das erkrankte und gesunde Auge gewinnen.\nDie so gefundenen Reizwerte f\u00fcr die Mischlichter Lithiumrot und Thalliumgr\u00fcn ohne Korrektion des letzteren sind in folgender Tabelle enthalten:\n1 Diese Zeitschrift 19, S. 63. Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 42.\n20","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nH. K\u00f6ttner.\nTabelle VI.\nWellenl\u00e4nge in ftfi\tReizwerte f\u00fcr das gesunde (r) Auge \u00abr\t\tReizwerte f\u00fcr das erkrankte (T) Auge\t\n\tR-Werte\tG- Werte\tR-Werte\tG-Werte\n624,5\t94,7\t4,3\t81,3\t3,7\n611,5\t97,1\t10,9\t123,4\t6,6\n568\t34,2\t31,8\t42,1\t23,9\n558,8\t17,4\t27,6\t25,9\t24,1\n549,8\t10,1\t25,9\t11,3\t24,7\nWenn bei den Wellenl\u00e4ngen 611,5 und 558,8 wieder die oben besprochenen eventuellen Beobachtungsfehler angenommen werden, \u00e4ndern sich die Beizwerte f\u00fcr beide homogenen Lichter nur unerheblich, jedenfalls nicht so, dafs eine Verlagerung des Maximums der Beizwerte stattfinden w\u00fcrde.\nAus der Tabelle geht hervor, dafs die B-Kurven auf beiden Augen in der gleichen Spektralgegend ihr Maximum haben und kaum wesentlich verschieden verlaufen w\u00fcrden. Die G -Kurve des gesunden Auges w\u00fcrde ihren Gipfel bei ca. 570 [i\\.i erreichen, d.h. ebenso wie die entsprechenden Kurven der protanopischen Systeme, die \u00fc-Kurve des erkrankten, tritanopischen Auges aber erst bei ca. 550 d. h. genau entsprechend den Aich wer ten, die wir bei der zur gleichen Zeit vorgenommenen 3. Untersuchung am \u00dcELMHOLTZschen Apparat (s. o.) fanden.\nEs ist somit wohl m\u00f6glich, dafs die Einstellung der Bayleigh-Gleichung im Sinne eines Botanomalen, wie sie der Patient vornahm, im Zusammenh\u00e4nge steht mit der gefundenen ver\u00e4nderten Lage der Komponenten des tritanopischen Systems, besonders mit der Verlagerung des Gipfels der G-Kurve nach dem kurzwelligen Ende hin.\n\u00c4hnliche Beobachtungen, wie die hier mitgeteilten, habe ich noch an 3 anderen F\u00e4llen gemacht, bei denen jedoch aus verschiedenen Gr\u00fcnden eine genauere Untersuchung nicht m\u00f6glich war.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten etc. 295\n1.\tNetzhautabl\u00f6sung (Fall 16 meiner fr\u00fcheren Arbeit). Das Sehverm\u00f6gen betrug 1/10 des normalen. Das Vorliegen einer vollkommenen oder unvollkommenen Tritanopie war nach den Untersuchungen am Perimeter sowie am NAGELschen Farbengleichungsapparat und Anomaloskop wahrscheinlich. Der Patient stellte bei der Rayleigh - Gleichung am Anomaloskop die Stellschraube des Mischlichtes auf 73 statt auf 59\u201460, wie der normale Trichromat. Bei einer zweiten Untersuchung nach mehreren Wochen erkl\u00e4rte er ebenfalls an der Gleichung, die f\u00fcr den Farbent\u00fcchtigen eingestellt war, die Mischung f\u00fcr zu gr\u00fcn. Es mufste noch rot zugemischt werden, bis wieder die beiden Felder gleich erschienen (Schraubeneinstellung 69), d. h. der Patient verhielt sich \u00e4hnlich einem Rotanomalen.\n2.\tNetzhautabl\u00f6sung (Fall 23 meiner fr\u00fcheren Arbeit). Bei dem Patienten war am HELMHOLTzschen Apparat mit Sicherheit das Vorhandensein einer Violettblindheit festgestellt worden; der Gipfel der G-Ku rve lag ebenfalls bei 550 fi/u, also nach dem kurzwelligen Ende des Spektrums verlagert. Kurze Zeit sp\u00e4ter liefs ich Einstellungen der RAYLEiGH-Gleichung vornehmen, was wegen der Herabsetzung des Sehverm\u00f6gens nicht mit der w\u00fcnschenswerten Genauigkeit geschehen konnte. Er stellte die Schraube des Farbengemisches ebenfalls auf ungef\u00e4hr 70, d. h. er brauchte zur Gleichung bedeutend mehr rot, wie ein normaler Trichromat, es verhielt sich also wiederum \u00e4hnlich einem Rotanomalen.\n3.\tNeuritis nervi optici sympath. Das Sehverm\u00f6gen war, teilweise infolge Glask\u00f6rpertr\u00fcbungen, auf 3/s des normalen herabgesetzt. Am Anomaloskop erweckte der Patient den Verdacht auf Tritanopie. So nahm er unter anderem am kurzwelligen Ende Gleichungen zwischen homogenem Blaugr\u00fcn und Blauviolett an, wobei er nach meinem Empfinden das gr\u00fcne Feld zu dunkel machte, d. h. zur Gleichung auff\u00e4llig viel Blauviolett brauchte. Beim Einstellen der RAYLEiGH-Gleichung verhielt er sich ebenfalls wie ein Rotanomaler ; er brauchte bedeutend mehr Rot wie der Normale. Seine Einstellungen der Stellschraube des Rot-Gr\u00fcngemisches am Anomaloskop waren, zu verschiedenen Zeiten gepr\u00fcft, folgende :\n1.\t68\u201472 (normal 59\u201460)\n2.\t66\u201468 3. 65\u201468\n20*","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nH. K\u00f6ttner.\n4.\t66\u201469\n5.\t67-70\n6.\t72\u201475, die Einstellung 70 wurde hier schon bestimmt zur\u00fcckgewiesen, die Mischung erschien zu gr\u00fcn. Bei der Einstellung 80 erscheint das Farbengemisch bereits zu rot.\nAuch bei diesen F\u00e4llen besteht die Wahrscheinlichkeit, dafs es sich um analoge Verh\u00e4ltnisse handelt wie bei den im 1. Teile beschriebenen.\nWeiterer sorgf\u00e4ltiger Untersuchungen derartiger pathologischer Farbensysteme bedarf es dringend um hier die noch offenen Fragen beantworten zu k\u00f6nnen. Handelte es sich etwa bei der interessanten Einstellung der RAYLEiGH-Gleichung im Sinne des Rotanomalen um ein ziemlich konstantes Symptom der erworbenen Tritanopie, so h\u00e4tten wir damit zugleich ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel ; denn zurzeit macht die sichere Diagnose der Tritanopie selbst mit den vorz\u00fcglich arbeitenden kleinen Spektralapparaten, wie dem Anomaloskop, noch immer Schwierigkeiten. Aber auch f\u00fcr das Studium der anomalen Trichromaten erscheinen mir derartige Beobachtungen von Bedeutung zu sein.\n(Eingegangen am 19. Oktober 1907.)","page":296},{"file":"p0296s0001table1.txt","language":"de","ocr_de":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie Bd 42.\nm.\nM\n\u00bb\n\u25a0\nm\nm","page":0}],"identifier":"lit33508","issued":"1908","language":"de","pages":"281-296","startpages":"281","title":"Erworbene Violettblindheit (Tritanopie) und ihr Verhalten gegen\u00fcber spektralen Mischungsgleichungen (Rayleigh-Gleichung)","type":"Journal Article","volume":"42"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:53:37.345453+00:00"}

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