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Die Funktion der Netzhaut beim Sehakte: Eine biophysikalische Hypothese

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{"created":"2022-01-31T16:35:02.985638+00:00","id":"lit33518","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"K\u00f6nig, Berthold","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 42: 424-436","fulltext":[{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424\nDie Funktion der Netzhaut beim Sehakte.\nEine biophysikalische Hypothese.\nVon\nDr. Berthold K\u00f6nig-, G\u00f6ding.\nDas schwierige Problem des Sehens ist trotz der vielfachen Behandlung von der Seite ber\u00fchmter Physiker, Physiologen und Philosophen noch immer nicht v\u00f6llig gel\u00f6st worden und in manchem Teile der grofsen Kette von Vorg\u00e4ngen, die zwischen den Energieerscheinungen des Objektes, dem Lichtstrahlengange, dem Bilde auf der Netzhaut, der Erregung des Sehnervenendes, der Weiterleitung des Eindruckes zum Gehirne und dem Projizieren nach Aufsen verlaufen, herrscht noch Dunkel. Es sei nun hier versucht, einige Gedanken \u00fcber den Sehakt, soweit er sich in der Netzhaut vollzieht, zum Ausdrucke zu bringen, wobei ich gleich erw\u00e4hnen mufs, dafs ich nur eine neue Hypothese der Gesichtssinneseindr\u00fccke geben will, die einer Best\u00e4tigung aus dem Kreise der Praktiker, der Physiologen und Augen\u00e4rzte, bedarf.\nDas wichtigste Teilorgan des Gesichtssinnes ist die Netzhaut, die in ihrem Aufbaue eine aufserordentlich feine Technik und, wie ihr Querschnitt unter dem Mikroskope dartut, eine h\u00f6chst komplizierte Schichtung aufweist. Die Rolle dieser Netzhautschichten, welche wie zierliche Glieder eines allerfeinsten Mechanismus ineinandergreifen, soll von einem ganz neuen Standpunkte betrachtet werden, und es soll zu diesem Zwecke zun\u00e4chst ein schematischer Querschnitt der Netzhaut, wie er bei starker Ver-gr\u00f6fserung erscheint, beigegeben werden. In Figur I lassen sich 11 Schichten erkennen: 1. Pigmentschichte, 2. St\u00e4bchen- und Zapfen schichte, 3. Begrenzungsmembran, an zahlreichen Stellen von den Nervenfasern der St\u00e4bchen und Zapfen durchbrochen, 4. K\u00f6rnerschichte. Jedes Korn ist mit einem St\u00e4bchen oder","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Die Funktion der Netzhaut beim Sehakte.\n425\nZapfen durch eine Nervenfaser verbunden, 5. K\u00f6rnchenschichte,\n6. K\u00f6rnerschichte, 7. K\u00f6rnchenschichte ,\t8. Ganglienschichte,\n9.\tFasern des Nervus opticus,\n10.\tSt\u00fctzgewebe der Netzhaut,\n11.\tBegrenzungsmembran.\nNun seien die Vorg\u00e4nge der\nKenntnisnahme von der Aufsen-welt durch unser Auge skizziert, wie sie bisher erkl\u00e4rt wurden und wie sie nach den neuen Grunds\u00e4tzen erhellen.\nAuf eine schwarze Tafel w\u00fcrde mit weifser Kreide ein Kreis gezeichnet. Wie entsteht in unserem Bewufstsein beim Anblick dieser Zeichnung die entsprechende\nVorstellung?\nDie von den weifs leuchtenden Punkten des Kreises ausgehenden Lichtstrahlen erzeugen durch die Wirkung der Linse nach den bekannten physikalischen Gesetzen ein reelles, verkleinertes und umgekehrtes \u2014 letzteres ist aber im gew\u00e4hlten Beispiele des Kreises belanglos \u2014 Bild. Das ist ja bisher ganz derselbe physikalische Vorgang wie in der Camera obscura, und man kann sich ein solches Bildchen auch in dem Auge eines get\u00f6teten Kaninchens darstellen, wenn man dieses Auge etwa gegen ein beleuchtetes Fenster h\u00e4lt. Dann sieht man, falls man hinter dem Augapfel steht, durch die Augenh\u00e4ute hindurch das kleine aber scharfe Bild des Fensters, ja man kann dieses Bildchen sogar auf einer photographischen Platte dauernd fixieren.\nAber wie kommt es nun, dafs dieses Bild den Sehnerv in Funktion setzt? Der Sehpurpur der Netzhaut wird, so erkl\u00e4rt man gew\u00f6hnlich, an den Stellen des weifsen Lichtes, in unserem Beispiele an der Kreisperipherie, gebleicht, diese chemische Reaktion, wird behauptet, wirke auf die St\u00e4bchen und Zapfen und diese Ausl\u00e4ufer des Sehnerves wirken wieder weiter bis zum Gehirn, von wo aus die hervorgerufene Empfindung wieder nach Aufsen projiziert und so ein dem Gegenst\u00e4nde entsprechendes Bild erzeugt w\u00fcrde. Die Einwirkung des Lichtes auf die Netz-\nZum Teil nach. Ramon y Cajal.","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\nBerthold K\u00f6nig.\nhaut erfolgt nach den herrschenden Ansichten durch chemische Prozesse, ohne welche ein Sehen nicht m\u00f6glich w\u00e4re.\nIm Gegens\u00e4tze zu dieser chemischen Theorie des Sehaktes ist die hier aufzustellende Theorie vorwiegend mechanisch und nach dieser vollzieht sich das Sehen des Kreises auf nachstehende Weise.\nAuf der Netzhaut entsteht, wie oben er\u00f6rtert, ein weifser Kreis auf dunklem Grunde. Dafs der in der Pigmentschichte der Netzhaut (Fig. 1) vorhandene Sehpurpur bei den meisten Lebewesen zum Sehen notwendig ist, haben manche Experimentaluntersuchungen bewiesen, dafs er aber gerade dem gelben Flecke der Netzhaut, der lichtempfindlichsten Stelle des Auges, fehlt, l\u00e4fst sich wohl nur mit Zuhilfenahme der Erscheinung erkl\u00e4ren, dafs der Sehpurpur die ,,Diffusion ins Licht\u201c zeigt, eine Erscheinung, die im Vorjahre von F. Aleeeld bei ganz anderer Gelegenheit und an anderen Stoffen beobachtet wurde.1 Aleeeld hat n\u00e4mlich gezeigt, dafs in scheinbar trockenen, mit harzigen oder gelatin\u00f6sen Schichten bestrichenen Platten durch Belichten unter einem dicht anliegenden Objekte ein scharfes Negativbild desselben entsteht und hat auch die Erkl\u00e4rung hierf\u00fcr gegeben: kolloidale Substanzen wandern dem Lichte entgegen, so dafs aus einer fast trockenen kolloidalen L\u00f6sung der gel\u00f6ste Stoff nach den Stellen des st\u00e4rksten Lichtes am st\u00e4rksten zieht, an weniger lichte Stellen entsprechend geringer.2 Nach kurzer Zeit entsteht daher ein plastisches Bild des Gegenstandes, das durch \u201eEinbrennen\u201c der Glas- oder Porzellanplatten also durch Zerst\u00f6ren des organischen L\u00f6sungsmittels unter Zur\u00fccklassung der gel\u00f6sten anorganischen Masse f\u00fcr immer fix gemacht werden kann. Diese \u201eDiffusion ins Licht\u201c, welche eine Analogie im sogenannten \u201epositiven Heliotropismus\u201c beim Pflanzenwachstum besitzt, findet aber um so rascher statt, je feuchter die Schichte ist, sie zeigt sich in allen kolloidalen L\u00f6sungen, nur kann man in einer\n1\tEine neue Lichtwirkung und ihre photographische Anwendung.\nChem. Zeitung, C\u00f6then. 1906. S. 1087 u. 1127.\n2\tEs ist wohl schon vor nahezu 30 Jahren auf das Eindringen des Sehpurpurs in die Sehnervenenden aufmerksam gemacht worden. Dafs die Zapfen, wie beobachtet wurde, auch vom Sehrot umh\u00fcllt werden, widerstreitet keineswegs der hier vertretenen Ansicht, dafs durch den Ansturm der Kolloidpartikeln auf die St\u00e4bchen- und Zapfenenden dieselben zusammengedr\u00fcckt werden. Vgl. K\u00fchne, Hermanns Handbuch der Physiologie III, 18(9, S. 112 und Archiv f\u00fcr Ophthalmologie 38 (3.) 1887, S. 229.","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"Die Funktion der Netzhaut beim Sehakte.\t427\nL\u00f6sung mit viel L\u00f6sungsmittel das Bild nicht fest machen, nicht die \u201eEinbrennumethode anwenden ; denn durch Stofsen und Bewegen der L\u00f6sung findet ja rasch eine Bild Verzerrung und -Verwaschung statt.\nSchon der Botaniker R. Brown entdeckte im Jahre 1827, dafs kleine, in einer Fl\u00fcssigkeit suspendierte Teilchen eigenartige Bewegungen ausf\u00fchren. Solche Eigenbewegungen der Teilchen um eine bestimmte Mittelpunktslage sind nun f\u00fcr kolloidale L\u00f6sungen charakteristisch. Kolloidal gel\u00f6ste Partikel schwingen nach The Svedberg (.Zeitschrift f\u00fcr Elektrochemie 4, S. 569, 1906)\ncm\nmit einer mittleren Geschwindigkeit von ann\u00e4hernd 3*10 2\nEine solche kolloidale L\u00f6sung nun ist der Sehpurpur in der Netzhautpigmentschichte. Sowie das Bildchen des weifsen Kreises auf der Netzhaut erscheint, wandert h\u00f6chstwahrscheinlich der Sehpurpur mit grofser Geschwindigkeit1 an die belichteten Stellen, wird dort durch die chemische Wirkung des Lichtes entf\u00e4rbt und neue Mengen des Sehrotes str\u00f6men nach, solange der Eindruck des weifsen Kreises dauert, so dafs sich an der belichteten Netzhautstelle ein Haut-Relief kreisring der kolloidalen Substanz bildet. Dieser Ring aber dr\u00fcckt auf die in die Pigmentschichte hineinragenden St\u00e4bchen oder auf die unterhalb der Pigmentschichte liegenden Zapfen, die das durch auff\u00e4llig hohe Empfindlichkeit ausgezeichnete Sehnervende repr\u00e4sentieren. Die leicht beweglichen St\u00e4bchen und Zapfen umfassen das in sie hineinwachsende plastische Bild, K\u00f6rner und K\u00f6rnchen der Netzhaut werden dem Kreiswulst gem\u00e4fs verschoben und der gesamte Komplex des Sehnervenendes kommt somit zu einem ganz dem Tastgef\u00fchle analogen Eindr\u00fccke, welcher gleichsam als Druck-Tastempfindung in das Gehirn fortgeleitet wird. Das Sehen w\u00e4re demnach ein besonderes, \u00e4ufserst fein organisiertes Tasten. Es ist also wohl zu beachten, dafs der Sehpurpur in die zweite Netzhautschichte nur oberfl\u00e4chlich einwandern kann, dafs aber die Pigmentschichte nicht etwa in die St\u00e4bchen- und Zapfenschichte r\u00fcckt oder mit ihr verwechselt werden kann.\nAllerdings wird man einwenden k\u00f6nnen, dafs das gew\u00e4hlte\n1 Da der Lichtreiz, der die Kollo\u00efdteilchen ans ihrer Lage entfernt,\nst\u00e4rker sein mnfs als ihr Impuls, der sie zu Eigenbewegungen zwingt, so\ncm\nmufs auch ihre Diffusionsgeschwindigkeit gr\u00f6fser als 3-10\u20142\tsein.","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"'428\nBerthold K\u00f6nig.\nBeispiel des Kreises sehr einfach ist, dafs wir es in der Regel mit weitaus komplizierteren Bildern zu tun haben, dafs wir ja auch farbige und r\u00e4umliche Bilder sehen.\nWas das komplizierte Bild anbelangt, so ist blofs zu erw\u00e4hnen, dafs es sich ja auch aus einfachen zusammensetzt, aus Einzelbildchen, von denen jedes wieder wie der obengenannte Kreis wirkt. Wenn wir einmal den Seh Vorgang betreffend die Erzeugung des Einzelabbildes f\u00fcr richtig halten, dann kann es uns gar nicht schwer fallen, auf dieselbe Weise das Entstehen des Bildes zu erkl\u00e4ren, das wir sehen, falls wir dem Kreise ein Quadrat oder einen Stern einzeichnen oder \u00fcberhaupt eine vielgestaltige Zeichnung betrachten. An die hellsten Stellen des Netzhautbildes wandert der meiste Sehpurpur, an die weniger hellen Stellen weniger desselben, von den dunkeln Stellen diffundiert er weg und es entsteht so ein scharfes plastisches Bildchen, das durch Druckkontakt von den St\u00e4bchen und Zapfen aufgenommen wird. Denken wir uns aber, k\u00f6nnte man einwerfen, zwei konzentrische weifse Kreise auf schwarzem Grunde. Da m\u00fcfste doch auch durch den dunklen Kreisring Pigment diffundieren und dieser daher heller erscheinen. Zur inneren Kreislinie kann allerdings der Sehpurpur nicht anders als \u00fcber den Kreisring wandern und dabei wird er auch wirklich einen ganz geringen Druck auf die passierten Sehzellen aus\u00fcben. Da sich der Sehpurpur aber nur an den scharf begrenzten lichten Kreisstellen sammelt und aufspeichert, wird nur dort das tiefe Eindringen in die Zapfenschicht erfolgen. Dafs wir die dunkle Ringfl\u00e4che ebenso schwarz wie die \u00fcbrige schwarze Tafel sehen, beruht auf der Kontrastwirkung, in Wirklichkeit ist aber der Kreisring wahrhaftig lichter, etwa dunkelgrau! Das l\u00e4fst sich wohl nicht direkt beweisen; denn Ausschneiden dieses Ringes und Vergleichen mit der \u00fcbrigen Tafel w\u00fcrde die ganze Sachlage ver\u00e4ndern. Aber folgendes Experiment belehrte mich, dafs meine Behauptung richtig ist. Ich habe St\u00fccke desselben Stoffes mit verschiedenen schwarzen Farben gef\u00e4rbt, und zwar mit: Diazoschwarz, Benzochromschwarz, Immedialschwarz, Diaminogen und Anilinschwarz. Die tiefste Nuance zeigte das letzte, wenn man die Fleckchen aneinander reihte und betrachtete. Sowie man aber das am wenigsten satte Schwarz, in meinem Falle Diazoschwarz, auf einen Bogen weifsen Papiers legte, das Anilinschwarz aber auf die braune Tischfl\u00e4che, so schien ersteres be-","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"Die Funktion der Netzhaut beim Sehakte.\n429\ndeutend dunkler als das letztere. Diese Nuancent\u00e4uschung ist nur durch den Kontrast bedingt, und zeigte sich bei jedem dieser einzeln als tief schwarz erscheinenden Stoffst\u00fccke. Ein zweiter Versuch ist noch geeigneter um das obenstehende zu begr\u00fcnden* In dem mit Anilinschwarz gef\u00e4rbten St\u00fcck wurde ein Kreis mit dem Radius ca. 6 cm ausgeschnitten und das \u00fcbrigbleibende St\u00fcck auf weifses Papier gelegt, so dafs man eine weifse Kreisfl\u00e4che vom Diameter 12 cm auf schwarzem Grunde sah. Auf diese Kreisfl\u00e4che wurde nun ein konzentrischer Kreisring mit der Breite 1 cm, R = h cm, r \u2014 4 cm aufgelegt, der aus dem diazo-schwarzfarbenen Stoffe geschnitten war. Aus der Entfernung betrachtet, erschien nun der in Wahrheit lichtere, letztgenannte Ring eher noch tiefer schwarz als das anilinschwarze St\u00fcck, dessen \u00e4ufserste Konturen wegen der Analogie mit Schultafel und Zimmerfarbe durch ein lichtgelbes Papier abgegrenzt war.\nDie zylindrischen St\u00e4bchen von etwa 50 (\u00e0 L\u00e4nge und 2 [i Dicke und die flaschenf\u00f6rmigen oder kegelf\u00f6rmigen Zapfen von etwa 35 ^ L\u00e4nge und 5 ^ Dicke sind die wichtigen Bildempf\u00e4nger, ihre Verteilung in der Netzhaut ist aber keine gleich-m\u00e4fsige, sondern der sogenannte gelbe Fleck ist besonders reich an Zapfen, arm hingegen an St\u00e4bchen, w\u00e4hrend es in den \u00fcbrigen Teilen der Netzhaut umgekehrt ist. Wir m\u00fcssen annehmen, dafs die Helligkeit sofort von den St\u00e4bchen, die ja in die Pigmentschichten hineinragen, als Diffusionsdruck empfunden wird, weil ja die ganze Netzhaut lichtempfindlich ist. Aber scharfe und deutliche Bilder k\u00f6nnen nur die sich verl\u00e4ngernden oder verk\u00fcrzenden bedeutend feiner gebauten Zapfen auffassen, so dafs ein deutliches Sehen erst dann erfolgt, wenn die Bilder auf dem mit Zapfen reich ausgestatteten gelben Flecke erscheinen.\nWie gelangen wir aber zur Kenntnis der Farben? Auch das farbige Sehen m\u00f6ge hier mechanisch begr\u00fcndet werden. Da schon die NEWTONsche Farbenlehre zeigt, dafs ein einfach farbiger Strahl durch Brechung wohl in seiner Richtung, aber nicht in seiner Farbe ver\u00e4ndert wird, da wir ferner wissen, dafs die Wellenl\u00e4nge eines homogenen Lichtstrahls in anderen Medien als Luft andere Werte besitzt, z. B. rot in Wasser nur 3/4 von der Wellenl\u00e4nge in der Luft, andererseits aber die Schwingungszahl stets unver\u00e4ndert bleibt, so m\u00fcssen wir folgern, dafs die Wellenl\u00e4ngen aller in unser Auge eintretenden Lichtstrahlen durch die dichteren Medien Linse, Glask\u00f6rper, Membranen und","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430\nBerthold K\u00f6nig.\nKollo\u00efdfl\u00fcssigkeiten der H\u00e4ute ge\u00e4ndert werden, dafs hingegen die Schwingungszahlen der einzelnen Lichtstrahlen in der Netzhautschichte unver\u00e4ndert zur Geltung kommen. Wir d\u00fcrfen daher nicht sagen, dafs ein homogen farbiges Bildchen auf der Netzhaut die Dicke der Wellenl\u00e4nge des betreffenden Lichtes hat, k\u00f6nnen aber annehmen, dafs seine Dicke d. i. die Dicke der eindringenden Kollo\u00efd-Sehpurpurfl\u00fcssigkeit erhalten wird, wenn man diese Wellenl\u00e4nge l mit einem Proportionalit\u00e4tsfaktor i multipliziert. Wir schliefsen also : Jeder auf die Netzhaut auf-treffende homogene Lichtstrahl versetzt die nach dieser Stelle hin diffundierende Sehpurpurmasse in \u00fcberaus rasche dem Farbtone entsprechende Schwingungen von bestimmter Wellenl\u00e4nge il und erzeugt hierdurch ein d\u00fcnnes Bl\u00e4ttchen oder Fl\u00fcssigkeitsh\u00e4utchen von der Dicke l-i-l, jede Mischfarbe erzeugt infolge der Interferenz der Wellen in der Netzhaut ebenfalls ein Bl\u00e4ttchen von bestimmter Dicke. Da an den weifsbelichteten Netzhautstellen viel Sehpurpur gebleicht wird und viel neuer hinzuwandert, m\u00fcssen wir wohl behaupten, dafs die Weifszone das Dickenmaximum aufweist, w\u00e4hrend das Dickenminimum oder die Nullzone, in der die St\u00e4bchen und Zapfen in normaler Buhe verharren, dem \u201eschwarz\u201c entspricht.\nMan hat gefunden, dafs die St\u00e4bchen und besonders fein geartet die Zapfen aus hunderten von parallelem Bl\u00e4ttchen zusammengesetzt sind, in welche sie beim Pr\u00e4parieren in gewissen Fl\u00fcssigkeiten zerbl\u00e4ttern. Nun ist es einleuchtend, dafs diese Bl\u00e4ttchen bei einer Verk\u00fcrzung der Zapfen d\u00fcnner werden, aber gr\u00f6fseren Breitendurchmesser erlangen, dafs sie hingegen bei einer Verl\u00e4ngerung der Zapfen gr\u00f6fsere Dicke und geringeren Breitendurchmesser zeigen. Weil die d\u00fcnne Sehpurpurschichte wie jede d\u00fcnne Fl\u00fcssigkeitsschichte auf einer Unterlage teilweise durchl\u00e4fst und teilweise in sch\u00f6nen Farben reflektiert (\u00e4hnlich wie Petroleum, Benzol, \u00e4therische \u00d6le auf Wasser!), treffen die Lichtstrahlen auch auf die \u00e4ufserst feinen Nervenbl\u00e4ttchen auf, es erfolgen auf diese in jeder Sekunde der Belichtung 437 Billionen St\u00f6fse (mittlere rote Strahlen) bis zu 728 Billionen St\u00f6fsen (mittlere violette Strahlen). Je mehr St\u00f6fse auf die Zapfenbl\u00e4ttchen auftreffen, desto weiter werden sie zur\u00fcckgedr\u00e4ngt, desto d\u00fcnner werden sie gleichsam \u201eausgeh\u00e4mmert\u201c. Die Dicke der Nervenbl\u00e4ttchen bei rotem Lichte wird also fast doppelt so grofs sein als die bei violettem Lichte. Dadurch, dafs die d\u00fcnnen Seh-","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Die Funktion der Netzhaut beim Sehakte.\n431\nFigur II.\npurpnrh\u00e4utchen und auch die Nervenbl\u00e4ttchen die Lichtstrahlen reflektieren, geschieht es, dafs die Komplement\u00e4rfarbe wie ja bei allen d\u00fcnnen Bl\u00e4ttchen reflektiert wird; so w\u00e4re vielleicht die Erkl\u00e4rung daf\u00fcr gegeben, dafs man einen komplement\u00e4rfarbigen Fleck zu sehen glaubt, wenn man einen l\u00e4ngere Zeit fixierten farbigen Fleck pl\u00f6tzlich aus dem Gesichtsfelde entfernt.\nEs w\u00e4re demnach die Reihenfolge der Farben in einfacher Darstellung aus Figur II zu ersehen.\nIst in Figur II BR' ein Teil des gelben Fleckes der Netzhaut, so w\u00e4re demnach \u201e1\u201c das Bild eines schwarzen, \u201e2\u201c das eines roten,\n\u201e3\u201c eines orangefarbenen, \u201e4\u201c eines gelben,\n\u201e5\u201c eines gr\u00fcnen, ,.6\u201c eines blauen, \u201e7\u201c eines indigoblauen, \u201e8\u201c eines violetten und \u201e9\u201c eines weifsen Punktes.1\nDie bekannte Erscheinung der Komplement\u00e4rfarben w\u00e4re durch elastisches Schwingen gegen die \u00e4ufserste Empfindlichkeitsgrenze \u201eweifs\u201c zu erkl\u00e4ren. Haben wir z. B. einen Teil einer Kreisscheibe gelb, den \u00fcbrigen Teil violett gef\u00e4rbt und blicken auf die ruhende Scheibe, so erhalten wir das plastische Bild des ersten in der Tiefe \u201e4\u201c, das des zweiten in \u201e8\u201c. Dreht man die Scheibe rasch, so wird ein schnelles Schwingen des diffundierenden Pigmentes von \u201e4\u201c gegen \u201e8\u201c stattfinden, und das Sehrot wird infolge des Beharrungsverm\u00f6gens \u00fcber \u201e8\u201c hinaus ins \u201eweifs\u201c erfolgen. Nun k\u00f6nnte aber eingeworfen werden, dafs die Schwingungen des Pigmentes auch \u00fcber \u201e4\u201c hinaus gegen \u201eschwarz\u201c pendeln werden. Das trifft auch wirklich zu und ich weise darauf hin, dafs beim langsameren Drehen solcher Komplement\u00e4rfarbenkreisel \u201edunkelgrau\u201c auf tritt, das sich bei beschleunigter Bewegung rasch auf hellt. Die gew\u00f6hnliche Erkl\u00e4rung, dieses \u201eGrau\u201c r\u00fchre von den Unreinheiten der Farben her, ist unzutreffend, da auch die reinsten Anilinfarben diese Erscheinung zeigen. Die schwarzen Kreisfl\u00e4chenbilder treten sicherlich abwechselnd mit den weifsen auf, werden aber wegen des \u201enachwirkenden\u201c Lichtreizes der weifsen nicht gesehen, wie\n1 Dabei ist die ganze Tiefe von 1 bis 8 blofs ann\u00e4hernd die H\u00e4lfte der Dicke der Zapfenschichte in Figur I, 2.","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"432\nBerthold K\u00f6nig.\nwir ja auch einen Lichtkreis zu sehen glauben, wenn jemand eine gl\u00fchende Holzkohle oder irgendeine andere kleine Lichtquelle rasch im Kreise bewegt. \u201eWeifs\u201c w\u00e4re nicht als einfache Farbe aufzufassen, sondern als eine Empfindungssumme, entstanden durch eine rasch pendelnde, den einzelnen Spektralfarben entsprechende Diffusion von Pigmentsubstanz, die aber elastisch \u00fcber \u201e8\u201c hinausschwingend den gr\u00f6fstm\u00f6glichen Druck auf die Zapfen aus\u00fcbt. \u201eSchwarz\u201c aber erschiene, wie schon fr\u00fcher erw\u00e4hnt, an den v\u00f6llig ruhenden Netzhautstellen.\nDie Farbenblindheit w\u00e4re in einer Schlaffheit der Zapfen zu suchen, die leichter Verl\u00e4ngerungen als Verk\u00fcrzungen erfahren k\u00f6nnen, die zwar scharfe, aber nur in gewissen Grenzen farbige, wenigstens aber \u201egraue\u201c und \u201eweifse\u201c Bilder fassen. Dafs jedes normale Auge aufserhalb des gelben Fleckes nur wenig farbenempfindlich ist, findet teilweise seine Erkl\u00e4rung darin, dafs auf einen solchen Lichtreiz hin nur wenig Pigment diffundiert, weil ja das Pigment,,gef\u00e4lle\u201c zwischen den einzelnen Teilen der Netzhaut aufserhalb des gelben Fleckes \u00e4ufserst gering ist, infolgedessen aber nur ein niedriges plastisches, also graues Bild entsteht, wozu noch kommt, dafs die wenigen und infolge des geringen Gebrauches verk\u00fcmmerten Zapfen durch die bis in das Pigment ragenden, nicht farbenempfindenden St\u00e4bchen bei diesen nur flach verlaufenden Lichtreizen vertreten werden. Weil der Sehpurpur dem gelben Flecke fehlt, wandert infolge des hohen Pigmentgef\u00e4lles viel Sehpurpur an die belichteten Stellen, wir erhalten scharfe und dem betreffenden Lichtreize entsprechend erhabene Bilder, das heifst, wir sehen deutlich und farbig.\nWas nun das \u201eB\u00e4umlichsehen\u201c anbelangt, so ist hier\u00fcber auch nur wenig auszuf\u00fchren. Sieht man einen weifsen W\u00fcrfel, so erscheint uns dieser deshalb r\u00e4umlich, weil er an verschiedenen Teilen verschiedene Helligkeit aufweist. Die Lichter und Schatten, die sich besonders scharf an den Kanten und Ecken voneinander abheben, erzeugen ganz \u00e4hnliche k\u00f6rperliche Beliefbildungen in der dem \u201eWeifs\u201c respektive \u201eGrau\u201c entsprechenden Tiefe der Netzhaut. Ganz analog ein roter, blauer, mehrfarbiger W\u00fcrfel oder irgend ein komplizierterer Gegenstand. Bei diesem k\u00f6rperlichen Sehen spielt die Gewohnheit, die jahrelange Erfahrung eine wichtige Bolle, dieses Sehen wurde von unserer ersten Lebenszeit an vielfach vom Tastsinne unterst\u00fctzt und gef\u00f6rdert.","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"Die Funktion der Netzhaut heim Sehakte.\n433\nIch sehe einen scharf zulaufenden Blitzableiter auf dem Dache und sage: \u201eDer Blitzableiter endet in eine Spitze,\u201c und doch habe ich einen Blitzableiter nie in der Hand auf seine Spitze gepr\u00fcft. Aber oft habe ich eine derartige, eigent\u00fcmliche Lichterscheinung an anderen, in meinen H\u00e4nden als spitzig empfundenen Gegenst\u00e4nden wie Nadeln, Gabeln, Bleistiftspitzen, Stahlfedern usw. wahrnehmen k\u00f6nnen. Die oben erw\u00e4hnte Analogie der Netzhautvorg\u00e4nge mit den Tastsinnesempfindungen sei hier noch etwas weiter ausgesponnen. Die zweckm\u00e4fsige Spaltung unseres Tastorganes in 5 bewegliche, an manchen Stellen einknickbare Finger ist \u00fcberaus wichtig, wir k\u00f6nnen nach vielen Richtungen hin einen K\u00f6rper betasten, die vielen Einzeltastempfindungen dann zu einem Ganzen gruppieren und nehmen in schwierigen F\u00e4llen auch noch die zweite Hand mit ihrem ebenso vielteiligen Tastapparate zuhilfe. So. sagt man beispielsweise blofs auf die Tastempfindung im Finstern hin: \u201eJetzt erfasse ich eine gerippte T\u00fcrklinke mit einem kugeligen Ab-schlufs!\u201c Das Auge hat sie nicht bemerkt, erst bei Licht best\u00e4tigt dieses die Tastempfindung und vervollst\u00e4ndigt den Eindruck: \u201eEs ist eine weifse Porzellanklinke!\u201c Die zahlreichen Zapfen der Netzhaut haben die Aufgabe eines \u201evielfingerigen\u201c Tastorganes, sie betasten durch ihre F\u00e4higkeit, sich zu verl\u00e4ngern und verk\u00fcrzen, \u00e4ufserst genau, sie sind unermefslich empfindlicher als unsere Finger, da sie ja aus reiner Nervensubstanz bestehen. Ist es nicht eine St\u00fctze f\u00fcr die hier vertretene Hypothese, dafs die Blinden in Ermanglung der funktionierenden Augen zum Tastgef\u00fchle Zuflucht nehmen, dafs sie erhabene Schriften lesen, ja auch Farben erkennen, wenn man ein f\u00fcr allemal f\u00fcr jede Farbe eine gewisse H\u00f6he der Zeichnung festsetzt?\nWegen der F\u00fclle von Zapfen im gelben Flecke ist in diesem das Betasten des plastischen Bildchens ein vollst\u00e4ndiges, unser Sehen also ein scharfes, wegen der relativ wenigen Zapfen in den \u00fcbrigen Teilen der Netzhaut ist aber hier das Tasten unvollst\u00e4ndig, ein Umstand, welcher neben der obengenannten geringeren Diffusion des Sehrotes ein undeutliches Bild bewirkt.\nNicht nur die nach - dem Lichte diffundierenden und hierdurch auf das empfindliche Sehnervende dr\u00fcckenden Pigmentmassen, sondern auch andere mechanische Vorg\u00e4nge k\u00f6nnen durch Druck ein Erhellen der Netzhaut bewirken. So ein pl\u00f6tzlicher Druck durch Stofs gegen das Auge, der elektrische Strom,","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\nBerthold K\u00f6nig.\nder ja einen elektrolytischen Druck aus\u00fcbt, die Fl\u00fcssigkeit, die sich unter der Netzhaut bei einer entstandenen Abhebung der Retina ansammelt und bei weiterem Zuflufs oder beim Fluktuieren einen wechselnden Druck auf die Netzhautschichten \u00e4ufsert; denn in letzterem Falle mufs die Retina, um Stand zu halten, ebenso stark zur\u00fcckdr\u00fccken, so dafs bei diesem pathologischen Zustande des Auges \u00f6fters spontane Aufflammungen, wie die Patienten angeben, ein treten.\nEs w\u00e4re also ein Hauptanteil am Sehen der T\u00e4tigkeit der St\u00e4bchen und Zapfen zuzuschreiben, der mehrfachen K\u00f6rnerund K\u00f6rnchenschichten k\u00e4me die Aufgabe der Weiterleitung des empfangenen Eindruckes zu. Mit der ersten K\u00f6rnerschichte (4 in Figur I) stehen die Zapfen und St\u00e4bchen durch Nervenfasern in Verbindung und die Schichten 4, 5, 6, 7 dienen auch als gleitende, elastische und leicht verschiebbare Unterlage f\u00fcr die sich lebhaft bewegenden Zapfen, gleichwie die biegsamen Arme f\u00fcr die Funktion der H\u00e4nde grofse Wichtigkeit besitzen. Die bei guten mikroskopischen Pr\u00e4paraten der Retina zu beobachtenden Zwischenr\u00e4ume zwischen den einzelnen K\u00f6rnern sind notwendig, da durch sie eine Verschiebung der Masse durch den Druck des f\u00f6rmlich wachsenden Bildes gestattet wird. Der lose Bau der K\u00f6rnerund K\u00f6rnchenschichte ist also f\u00fcr die Schwingungen der Zapfen und Bewegungen f\u00f6rdernd. Bei dem jeweilig erfolgenden Drucke des plastischen Bildes wird aber die Ber\u00fchrung der K\u00f6rner und K\u00f6rnchen untereinander sowie mit den verzweigten Nervenfasern, besonders in den Schichten 5 u. 7 in Fig. I, eine innigere und durch diesen Druckkontakt wird die Fortleitung des Sinneseindruckes bewerkstelligt. Man braucht daher keinerlei Verschlingungen der fasernden der nerv\u00f6sen Bestandteile annehmen, sondern wir haben es hier mit einer ganz \u00e4hnlichen Erscheinung zu tun wie beim \u201eKoh\u00e4rer\u201c in der Physik: Der aus Metallk\u00f6rnchen bestehende Koh\u00e4rer leitet die Elektrizit\u00e4t nur, wenn er von einer, wenn auch noch so schwachen elektrischen Welle getroffen wird, er mufs aber, weil die K\u00f6rnchen hierbei teilweise miteinander verschmelzen, zur Herstellung des losen Zustandes der K\u00f6rnchen geklopft werden, der aus K\u00f6rnchen der Nerven-substanz bestehende Koh\u00e4rer der Netzhaut aber wird durch die Druckwellen des wachsenden plastischen Bildes leitend, wobei ein Abklopfen unn\u00f6tig ist, da ja die K\u00f6rnchen nach dem Aufh\u00f6ren des Druckes elastisch in ihre fr\u00fchere Lage zur\u00fcckkehren.","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"Die Funktion der Netzhaut heim Sehakte.\t435\nOb beim Durchleiten eines elektrischen Stromes durch das Auge zwischen den feinen K\u00f6rnchen elektrische F\u00fcnkchen nach Analogie des Koh\u00e4rers \u00fcberspringen, oder ob der Druck der diffundierenden Pigmentsubstanz auch analoge elektrische Zust\u00e4nde hervorruft, kann wohl kaum entschieden werden.1\nEine kr\u00e4ftige Einwendung k\u00f6nnte scheinbar gegen die hier klargelegte Hypothese gemacht werden, die bei oberfl\u00e4chlicher Auffassung schlagend w\u00e4re, n\u00e4mlich: Wie kommt es denn, dafs die Taube, das Huhn, die Schildkr\u00f6te und die meisten Reptilien ganz ohne Sehpurpur gut sehen? Der Sehpurpur als rotes Pigment, sowie der chemische Vorgang des Bleichens desselben ist ja, wie ich schon erw\u00e4hnt habe, von untergeordneter Bedeutung, wichtig ist, dafs der Sehpurpur eine kolloidale L\u00f6sung vorstellt, aber ob diese rot oder gr\u00fcn oder farblos ist, bleibt vom Standpunkte der Kolloidwissenschaft ganz gleichg\u00fcltig. Solche kolloidale L\u00f6sungen finden sich aber in jeder Netzhaut alle\u00bb Lebewesen, in allen Augen, ja in unserem ganzen K\u00f6rper und man wird diesen kolloidalen L\u00f6sungen in unserem Organismus zum Heil des Fortschrittes unseres Erkennens mehr Aufmerksamkeit schenken m\u00fcssen.\nHierbei habe ich die chemischen Vorg\u00e4nge beim Sehakte wie das Bleichen des Sehpurpurs und seine Regenerierung etwas weiter in den Hintergrund gedr\u00e4ngt, in den Vordergrund hingegen eine mechanische Erkl\u00e4rung des Sehaktes auf Grund der Diffusion von kolloidal gel\u00f6sten Stoffen nach den belichteten Stellen hin ger\u00fcckt.\nEs sei mir gestattet, diese eigenartige Wanderung kolloidal-gel\u00f6ster Stoffe nach dem Lichte hin \u201ePhotoj ortie \u201c (\u2014 Wanderung ins Licht) zu nennen und eine Substanz, welche diese Eigenschaft zeigt wie den kolloidalgel\u00f6sten Sehpurpur als \u201ePhotojon\u201c zu bezeichnen.\nDiese Ausf\u00fchrungen sind m\u00f6glichst kurz gehalten worden, weil sich der Verfasser auf diesem Sondergebiete den eigentlichen Fachm\u00e4nnern gegen\u00fcber zu schwach f\u00fchlt, es schwebte dem Verfasser nur der Zweck vor, in der vorliegenden Weise anregend auf die Fachwelt zu wirken. Der Verfasser wird h\u00f6chst zufrieden gestellt sein, wenn er hiermit ein wenig zur Aufhellung\n1 Letzteres findet allerdings eine St\u00fctze in dem Auftreten von Netz-hautstr\u00f6men nach Ishihara, Pfl\u00fcgers Archiv 1905","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"436\nBerthold K\u00f6nig.\ndieses schwierigen Gebietes beigetragen haben sollte. M\u00f6gen die Ansichten mancher Leser in manchen Punkten mit den hier zum Ausdrucke gebrachten divergieren, so ist es doch unleugbar, dafs die im lebenden Organismus vorhandenen kolloidalen L\u00f6sungen in allen Teilen desselben, somit auch im Auge, von grofser Bedeutung sind, dafs ihre Wirkungsweise aber noch wenig studiert und aufgekl\u00e4rt ist.\n(Eingegangen den 27. M\u00e4rz 1908.)","page":436}],"identifier":"lit33518","issued":"1908","language":"de","pages":"424-436","startpages":"424","title":"Die Funktion der Netzhaut beim Sehakte: Eine biophysikalische Hypothese","type":"Journal Article","volume":"42"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:35:02.985643+00:00"}

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