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Monochromatisches Farbensystem als Reduktionsform angeborener Dichromasie

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{"created":"2022-01-31T16:29:32.277466+00:00","id":"lit33528","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"K\u00f6llner","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 43: 163-167","fulltext":[{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"163\n(Aus der k\u00f6niglichen Universit\u00e4tsklinik f\u00fcr Augenkranke, Berlin. Direktor:\nGeheimrat Prof. v. Michel).\nMonochromatisches Farbensystem als Beduktionsform\nangeborener Dichromasie.\nVon\nDr. K\u00f6llner Assistent der Klinik.\nL nter den verschiedenen beobachteten Formen monochromatischer Systeme steht der Fall K\u00f6nigs 1 meines Wissens bisher vereinzelt da, bei welchem die Helligkeitsverteilung im Spektrum mit einer der bekannten Komponenten angeborener diehro-matischer Systeme \u00fcbereinstimmt. Es handelte sich dabei um das Zusammentreffen eines angeborenen protanopischen Farbensystems mit erworbener Violettblindheit, bedingt durch eine Netzhautabl\u00f6sung. Dadurch kam es zu einer Deduktion des urspr\u00fcnglich dichromatischen Systems in ein monochromatisches, das nunmehr gewissermafsen eine isolierte Darstellung der langwelligen Komponente des protanopischen Systems (Gr\u00fcnkomponente) bildete.\nSo wichtig und interessant der K\u00f6NiGsche Fall f\u00fcr die Physiologie des Farbensinnes war, blieb er doch bis jetzt leider vereinzelt. Ich war nun in der Lage als Gegenst\u00fcck zu ihm einen Fall zu beobachten, der die gleichen Verh\u00e4ltnisse bei einem Deuteranopen darbot.\nHerr T. wurde vor einigen Jahren in der kgl. Universit\u00e4ts-\n1 K\u00f6nig. Helligkeitswert der Spektralfarben bei verschiedener absoluter Intensit\u00e4t. Beitr\u00e4ge zur Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane (70. Geburtstag von Helmholtz) 1891. Gesammelte Abhandlungen zur physiologischen Optik 1903 S. 144.\nFerner: K\u00f6nig. \u00dcber Blaublindheit. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Berlin 1897. Gesammelte Abhandlungen S. 396.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 43.\t11","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nK\u00f6ttner.\nAugenklinik auf einem Auge an grauem Star operiert. Nach der Operation wurde auf dem aphakischen Auge eine kleine Herderkrankung der Macula lutea festgestellt, wodurch das Sehverm\u00f6gen trotz Korrektion der Refraktionsanomalie auf x/10 des normalen herabgesetzt blieb. Schon damals stellte ich klinisch auf diesem Auge eine totale Farbenblindheit fest, w\u00e4hrend auf dem anderen ein deuteranopisches System bestand. Jedoch war es mir erst jetzt m\u00f6glich, den Patienten eingehender zu pr\u00fcfen. Mit dem Augenspiegel war auf dem linken, aphakischen Auge ein kaum wahrnehmbarer kleiner weifser atrophischer Herd der Aderhaut neben der Fovea sichtbar, doch betrug das Sehverm\u00f6gen nach Korrektion der Aphakie und des Wundastigmatis-mus jetzt x/2\u20142/3 des normalen. Auf dem rechten Auge begann sich ebenfalls ein grauer Star auszubilden, Sehverm\u00f6gen \u2014 %.\nDie Farbenpr\u00fcfung am HELMHOLTZschen Farbenmischapparat des physiologischen Instituts, dessen Benutzung mir Herr Professor Nagel in liebensw\u00fcrdiger Weise gestattete, ergab nun \u00fcberraschende Verh\u00e4ltnisse.\nAuf dem rechten Auge liefs sich in der bekannten Weise leicht ein dichromatisches Farbensystem nachweisen. Die Angaben des Patienten waren allerdings leider nicht exakt genug, um Aichwerte seines Systems durch Mittelwerte aus zahlreichen Einstellungen zu gewinnen. Immerhin l\u00e4fst die graphische Darstellung der gefundenen Werte in Kurvenform kaum einen\nZweifel \u00fcbrig, dafs wir es mit einem typischen deuteranopischen\n\u2022 \u2022\nFarbensystem zu tun haben (siehe Tafel). Die \u00dcbereinstimmung mit einer der v. K\u00dfiESschen Deuteranopenkurven ist, wenn auch keine vollkommene, doch in Anbetracht der Angaben des Patienten immerhin eine befriedigende.\nMit dem linken Auge verhielt sich der Patient bei grofsem Objektfelde \u00e4hnlich wie mit dem rechten Auge, d. h. er war Dichromat. Bei kleinerem, Objektfeld 2\u20143\u00b0, nahm er ohne weiteres Gleichungen zwischen s\u00e4mtlichen homogenen Spektrallichtern an, diese unterschieden sich lediglich durch verschiedene Helligkeit voneinander. Damit war das Vorhandensein eines monochromatischen Farbensystems entsprechend den zentralen Netzhautpartien aufser Frage gestellt.\nDie Untersuchung nahm ich bei guter Helladaptation mit einem Objektfeld von ca. 2\u00b0 Durchmesser vor. Als konstantes Vergleichslicht f\u00fcr 16 verschiedene homogene Lichter diente","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Monochromatisches Farbensystem als Reduktionsform usw.\n165\nLithiumrot, wobei stets eine Kontrolle der Einstellungen mit dem rechten, deuteranopischen Auge erfolgte. Leider waren die Angaben des ungeschulten Patienten trotz der guten Sehsch\u00e4rfe des Auges (es wurde bei Korrektion der Ametropie untersucht) nicht so genau, dafs Pr\u00e4zisionsgleichungen aufgenommen werden konnten, wie es eigentlich w\u00fcnschenswert gewesen w\u00e4re.1 Ich\nverzichte daher auf Wiedergabe der gefundenen Aichwerte des\n\u2022 \u2022\nSpektrums in tabellarischer \u00dcbersicht. Jedoch erzielte ich bei zwei verschiedenen Untersuchungen, die in einem Zwischenraum von 14 Tagen vorgenommen wurden, v\u00f6llig \u00fcbereinstimmende Resultate.\n50 6\n40 6\n20 6\n90 5\n80 5\n30 6\n10 6\n00 5\n70\t5\n60 5\n50\t5\n40\t5\n30 5\n20 5\n10\t5\n00 4\n90 4\n80 4\n\u2014---------- Kurve des monochromatischen linken Auges.\n---------- Kurven des dicliromatischen rechten Auges.\n----------- eine der v. KitiESschen Deuteranopen-W-Kurven.\nDanach hatte die Helligkeitsverteilung des monochromatischen Systems im Spektrum ihr Maximum bei ca. 600 tLtL Wellenl\u00e4nge. Sowohl bei 612 wie bei 580 tltl ergaben sich mit Sicherheit merklich niedrigere Werte. Die Reizwrerte sanken kontinuierlich mit abnehmender Wellenl\u00e4nge und waren in der Gegend des Blau auffallend gering, \u00e4hnlich wie bei den Tritanopen.\nBei der graphischen Darstellung der gefundenen Helligkeitsverteilung im Spektrum in Kurvenform zeigte sich bei beiden Untersuchungen, dafs eine \u00fcberraschende \u00dcbereinstimmung mit der langwelligen Kurve sowohl des deuteranopischen Systems\n1 In K\u00f6nigs Fall verhielt es sich umgekehrt, bei einem geschulten Beobachter war die Sehsch\u00e4rfe stark herabgesetzt.\n11*","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nK\u00f6llner.\ndes anderen Auges wie der entsprechenden y. KiuESschen Deuteranopenkurven bestand und zwar w\u00e4hrend des ganzen Verlaufs, vor allem f\u00fcr die Wellenl\u00e4ngen von 590 pp abw\u00e4rts.\n\u2022 \u2022\nDiese \u00dcbereinstimmung bleibt selbst bei Ber\u00fccksichtigung aller Beobachtungsfehler in befriedigender Weise erhalten.\nDagegen besteht gegen\u00fcber den bisher bekannten monochromatischen Farbensystemen ein deutlicher Unterschied.\nBei den von Piper1 und Anderen mitgeteilten F\u00e4llen, bei\n\u2022 \u2022\ndenen eine \u00dcbereinstimmung der spektralen Helligkeitsverteilung mit den Peripherie- bzw. Flimmerwerten des normalen Farbensystems angenommen wurde, ist die Helligkeitsabnahme nach dem kurzwelligen Ende des Spektrums hin eine viel langsamere.\nDie Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisse des D\u00e4mmerungsapparates zeigen ein so abweichendes Verhalten, dafs ich von einer besonderen Aufnahme bei meinem Patienten absehen zu k\u00f6nnen glaubte.\nIch versuchte nun weiterhin die Qualit\u00e4t der Empfindung des monochromatischen Sehorgans objektiv zu bestimmen und benutzte zu diesem Zweck dieselbe Methode, die K\u00f6nig bei dem von ihm untersuchten Fall anwendete. Im HELMHOLTzschen Apparat wurde nur ein Halbkreis mit homogenem Licht eingestellt und der Beobachter angewiesen diejenige Wellenl\u00e4nge zu suchen, die, wenn abwechselnd mit dem rechten und linken Auge betrachtet, den gleichen farbigen Eindruck machte. Da f\u00fcr beide Augen ein Helligkeitsunterschied f\u00fcr die in Frage kommenden Lichter bestand, fiel die Beobachtung ziemlich schwer. Schliefslich wurde mit einiger Sicherheit ungef\u00e4hr 500 pp als Einstellung gew\u00e4hlt, wobei die Wellenl\u00e4nge eher niedriger als h\u00f6her zu liegen schien.\nDie Stelle fiel also \u00e4hnlich wie in dem K\u00d6Nioschen Falle wenigstens ann\u00e4hernd mit der \u201eneutralen\u201c Stelle des dichromati-schen Sehorgans zusammen. Der Patient bezeichnete alle homogenen Lichter mit dem linken Auge allerdings nicht als farblos, grau, sondern stets als mattbl\u00e4ulich.\nIch glaube diese Erscheinung auf die bestehende Aphakie zur\u00fcckf\u00fchren zu m\u00fcssen. Das Bl\u00e4ulichsehen ist ja, mehr oder\n1 Piper. Beobachtungen an einem Fall von totaler Farbenblindheit des Netzhautzentrums im einen und von Violettblindheit des anderen Auges. Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 38, S. 155,","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Monochromatisches Farbensystem als Reduktionsform usic.\t167\nweniger ausgesprochen, bei Aphakischen eine beinahe regel-m\u00e4fsige Erscheinung. Inwieweit hierdurch eine \u2014 wahrscheinlich geringe \u2014 Verlagerung des neutralen Punktes bedingt w\u00fcrde, l\u00e4fst sich bei den fehlenden Pr\u00e4zisionsbestimmungen in meinem Falle nicht entscheiden. Jedenfalls ist unter diesen Umst\u00e4nden ein direkter Vergleich der Verh\u00e4ltnisse mit denen des K\u00d6Nioschen Falles nicht m\u00f6glich.\nWas die Entstehung des monochromatischen Systems des linken Auges anbetrifft, so ist nicht ohne weiteres ersichtlich, ob wir es mit einer angeborenen St\u00f6rung oder wie bei K\u00f6nig mit einer zum angeborenen dichromatischen System hinzugetretenen erworbenen Violettblindheit zu tun haben. Der Beweis hierf\u00fcr k\u00f6nnte nur durch das Wdederauftreten der fr\u00fcheren Dichromasie erbracht werden.\nImmerhin macht die \u00c4hnlichkeit mit dem Falle K\u00f6nigs, das gleichzeitige Vorhandensein einer makularen Erkrankung und das Fehlen eines analogen angeborenen Falles letztere Annahme wahrscheinlich.\nDas hier beschriebene monochromatische Farbensystem ist deswegen von grofser Bedeutung, weil es bis jetzt das einzige darstellt, dessen HelligkeitsVerteilung im Spektrum mit der langwelligen Komponente (Rotkomponente) des deuteranopischen Farbensystems \u00fcbereinstimmt. Es stellt somit eine neue Reduktionsform des angeborenen dichromatischen und damit des normalen trichromatischen Farbensystems dar und bildet das Gegenst\u00fcck zu dem bisher ebenfalls einzigen monochromatischen System K\u00f6nigs, bei welchem die spektrale Verteilung der Empfindung die Gestalt der langwelligen (Gr\u00fcn-)Komponente des protanopischen Farbensystems hatte. Beide gestatten uns ge-wissermafsen eine isolierte Darstellung einzelner Komponenten der angeborenen dichromatischen Systeme.\nVon wie grofser Wichtigkeit derartige F\u00e4lle sowohl f\u00fcr die Kenntnis der Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisse des Sehorganes, wie auch f\u00fcr den Ausbau der Farbentheorien sind, braucht kaum erw\u00e4hnt zu werden. Aus diesem Grunde glaubte ich mich auch zu dieser kurzen Mitteilung berechtigt.\n(Eingegangen am 1. April 1908.)","page":167}],"identifier":"lit33528","issued":"1909","language":"de","pages":"163-167","startpages":"163","title":"Monochromatisches Farbensystem als Reduktionsform angeborener Dichromasie","type":"Journal Article","volume":"43"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:32.277472+00:00"}

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