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{"created":"2022-01-31T14:08:04.400833+00:00","id":"lit33553","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Mochi, Alb.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 44: 81-99","fulltext":[{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"81\nAus dem physiologischen Institut der k\u00f6nigl. Universit\u00e4t Siena\n(Direktor: Prof. Bocci).\nNeueste\nUntersuchungen \u00fcber die Projektion monokularer Nachbilder durch das nichtbelichtete Auge.\nVon\nDr. Alb. Mochi.1\nDie F\u00e4higkeit eines im Ruhezustand sich befindenden Auges, das im anderen Auge entstandene. Nachbild eines Gegenstandes zu projizieren, ist schon seit l\u00e4ngerer Zeit bekannt; da indessen die Untersucher dieses Gegenstandes auf ganz unerwartete Schwierigkeiten und Ungewifsheiten in bezug auf die Resultate gestofsen waren, wurde diese Frage von ihnen nicht n\u00e4her ins Auge gefafst. Die Untersuchungen Boccis haben dargetan, dafs diese Schwierigkeiten, sowie diese Ungewifsheiten auf die g\u00e4nzliche Unkenntnis der Bedingungen zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, die zur genauen Projektion nach aufsen des mittels des anderen Auges erhaltenen Nachbildes mit dem ruhenden Auge notwendig sind. In der Tat ist diese Projektion nach aufsen nicht immer m\u00f6glich und h\u00e4ngt von verschiedenen Umst\u00e4nden ab.\nDie Beleuchtung des fixierten Objektes mufs im Verh\u00e4ltnis zum \u00fcbrigen Gesichtsfeld eine intensive sein; man mufs daher einen leuchtenden Gegenstand auf dunklem Feld w\u00e4hlen und zwar mufs er um so heller sein, je weniger dunkel das Feld ist. Die Kenntnis dieser Bedingung erlaubt ein Experimentieren ohne besonders grofse M\u00fche, und andererseits erkl\u00e4rt sie auch die\n1 \u00dcbersetzt von Dr. Verderame, Volont\u00e4rassistenten der Universit\u00e4ts-Augenklinik in Freiburg i. Br.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 44.\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nAlb. Mochi.\ngrofse Schwierigkeit, deutliche und sichere Resultate zu erzielen,, der die Untersucher begegneten, die im diffusen Licht arbeiteten.\nAufser der passenden Beleuchtung ist noch eine gen\u00fcgend lange Fixationszeit notwendig; es ist jedoch wichtig zu bemerken, dafs, wenn auf der einen Seite die Ben\u00fctzung einer intensiven Lichtquelle die Abk\u00fcrzung der Fixationszeit innerhalb gewisser Grenzen erlaubt, auf der anderen Seite die Verl\u00e4ngerung derselben den Lichtdefekt des Objektes nicht auszugleichen vermag. Des weiteren mufs der Kopf, die Blicklinie und der Gegenstand w\u00e4hrend der Fixation vollkommen unbeweglich bleiben; diese Grundregel ist auf alle sich auf die Nachbilder erstreckenden Untersuchungen anwendbar. Damit endlich die Projektion nach aufsen richtig geschehe, darf der Schirm, auf den das ruhende Auge blickt, nicht zu intensiv beleuchtet sein. In Wirklichkeit gelingt die Projektion des Bildes auch ohne diese Vorsichts-mafsregel, aber allerdings nach einer ziemlich langen Zeit und immer unvollkommen.\nUm m\u00f6glichst g\u00fcnstige Versuchsbedingungen zu erreichen,, hat Bocci eine Vorrichtung ersonnen, vermittels derer es erm\u00f6glicht wird, mit leuchtenden Gegenst\u00e4nden von geringer absoluter Intensit\u00e4t zu arbeiten, so dafs dadurch eine Erm\u00fcdung des Auges, vermieden wird; und ferner erlaubt sie, indem der ganze Versuch, ohne sich vom Sitz zu entfernen, vorgenommen werden kann, das Innehalten der vollkommenen Unbeweglichkeit. Sie besteht aus einer rechteckigen Kassette (s. Fig. 1) mit einer gr\u00f6fseren horizontalen Achse, die an einer St\u00fctze befestigt und in zwei Abteilungen gesondert ist. Auf der dem Beobachter zugekehrten Seite ist sie offen und mit einem \u00dcberwurf aus schwarzem Stoff versehen, \u00e4hnlich demjenigen, der von den Photographen benutzt wird; auf der anderen, dem Licht zugekehrten Seite besitzt sie eine Holzwand mit einer \u00d6ffnung, vor welcher eine Platte aus Mattglas mit einer schwarzen Figur im Zentrum angebracht ist; mit dieser Anordnung wird im durchscheinenden Licht untersucht. Wenn man dagegen im auffallenden Licht experimentieren will, wird an die Stelle der durchlochten Wand ein Karton gebracht, das durch eine im Dache der Schachtel angebrachte Spalte mit Hilfe von Spiegeln von oben beleuchtet wird. In beiden F\u00e4llen l\u00e4fst der Beobachter, sobald er den Gegenstand gen\u00fcgend lang fixiert hat, eine Feder springen, wodurch vor die hintere Wand ein homogener von oben","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d. Projektion monokularer Nachbilder usw. 83\nschwach beleuchteter Schirm zu liegen kommt, der zur Projektion des Nachbildes dient. Als Licht benutzt man am besten dasjenige der Sonne, oder elektrisches oder dasjenige einer Acetylengasflamme.\nUm methodisch und mit Nutzen die einzelnen Eigenschaften des vom ruhenden Auge nach aufsen projizierten Nachbildes zu studieren, ist es n\u00fctzlich, nacheinander folgende Punkte zu beachten: 1. Die Zeit der Projektion nach aufsen, 2. die Eigent\u00fcmlichkeiten der Form, 3. die chromatische Aufl\u00f6sung, 4. das Verhalten der beim indirekten Sehen entstehenden Bilder, 5. einige theoretische Betrachtungen und deren Anwendung in der Pathologie. Im Verlauf unserer Abhandlung werden wir so die Merkmale kennen lernen, die es mit dem Nachbild des aktiven Auges gemeinsam hat, sowie diejenigen, die es von demselben unterscheiden.\nEin erstes Unterscheidungsmerkmal zwischen beiden Bildern liegt in der Zeit der Fixation des Gegenstandes. Wir haben bereits bemerkt, dafs ein mit dem ruhenden Auge projizierbares Nachbild nur dann entsteht, wenn ein intensiv leuchtender Gegenstand ziemlich lang fixiert wird. Je st\u00e4rker die relative Leuchtkraft des Objektes ist, um so geringer ist im allgemeinen die zur Fixation n\u00f6tige Zeit; und je unge\u00fcbter der Untersucher ist, um so eher mufs man die Fixationszeit verl\u00e4ngern. Wenn man mit weifsen, von dem Sonnenlicht direkt beleuchteten Fl\u00e4chen, sowie mit dem Apparat auf Fig. 1 experimentiert, gen\u00fcgen im allgemeinen 10 Sek. ; viel weniger sind deren notwendig zum Zur\u00fccksenden des einfachen positiven oder negativen Nachbildes durch das aktive Auge.\nWenn man das aktive Auge schliefst und das andere \u00f6ffnet, wird das erwartete Bild nicht sofort sichtbar, sondern l\u00e4fst eine gewisse Zeit auf sich warten, w\u00e4hrend welcher, wie grofs auch die Lichtintensit\u00e4t des fixierten Objektes gewesen sein mag, jede Erkennung von Figur oder Farbe fehlt. Diese Eigenschaft ist f\u00fcr das vom ruhenden Auge projizierte Bild charakteristisch und geht demjenigen des aktiven Auges ab. Die Latenzzeit, wenn man sie so benennen will, ist von Bocci f\u00fcr den Fall gemessen worden, bei dem man sich eines vom direkten Sonnenlicht beleuchteten und 10 Min. lang fixierten weifsen Kartons bedient und zwar betrug sie, falls die Projektion bei diffusem\nLicht stattfand, im Mittel 30\u201440 Sek. und viel weniger im Halbem","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nAlb. Mochi.\ndunkel und im Dunklen. Wenn es auch bis jetzt an methodisch ausgef\u00fchrten Untersuchungen \u00fcber diese Latenzzeit in ihrem Verh\u00e4ltnis zur Lichtintensit\u00e4t des Objektes, zur Fixationsdauer, sowie zur Beleuchtung des Schirmes fehlt, kann man dennoch best\u00e4tigen, dafs ihre Dauer innerhalb gewisser Grenzen und approximativ im umgekehrten Verh\u00e4ltnis zu den beiden ersten Faktoren und im direkten Verh\u00e4ltnis zum dritten variiert. Im \u00fcbrigen fehlt es auch nicht an individuellen Unterschieden.\nFL. 1.\n\u00f6\nFach der Latenzzeit zeigt sich das Bild mit den Merkmalen, die wir sp\u00e4ter noch sehen werden; nur verbleibt es nicht konstant im Gesichtsfeld, sondern erleidet unter merklichen Ver\u00e4nderungen an der Farbe und der Intensit\u00e4t von Zeit zu Zeit eine Art Verdunklungen, d. h. es verschwindet, um dann wieder zu erscheinen und den Zyklus seiner Umwandlungen fortzusetzen ; zun\u00e4chst ist die Dauer der V erdunklungen kurz, nimmt dann nach und nach zu, und jede subjektive Erscheinung h\u00f6rt auf. Unter den Bedingungen, unter denen die Latenzzeit gemessen worden ist, trat","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber cl. Projektion monokularer Nachbilder usw. 85\ndas Aufh\u00f6ren der Erscheinungen binnen 40\u201450 Min. ein; es wurden jedoch auch Individuen beobachtet, die noch stundenlang das Bild sahen und auch l\u00e4nger, bei einer Fixation von blofs\n10 Sek. f\t\u201c\t\u2018\nUnter den gew\u00f6hnlichen Bedingungen, wenn man sich z. B^ d\u00e9s Apparates auf Fig. 1 oder der vom Sonnenlicht beleuchteten weifsen und schwarzen Kartons bedient, entspricht das vom ruhenden Auge projizierte Nachbild in Form und Ausdehnung vollst\u00e4ndig demjenigen des aktiven Auges ; und wenn man Sorge daf\u00fcr tr\u00e4gt, den Kopf nicht zu bewegen, sowie den homogenen Schirm in der gleichen Entfernung wie das fixierte Objekt aufzustellen, beobachtet man, dafs die beiden Bilder in der Form dem Objekte auch genau entsprechen, w\u00e4hrend ihre Gr\u00f6fse der Scheingr\u00f6fse desselben gleich ist; oder mit anderen Worten man kann sie mit ihm zur Deckung bringen. Dieses Verhalten erlaubt die Vornahme einiger h\u00fcbschen Versuche: man denke sich irgend eine, in zwei verschiedene H\u00e4lften getrennte geometrische Figur, z. B. einen schwmrzen, zur H\u00e4lfte kontinuierlichen, zur H\u00e4lfte gezackten Strich, und eine Reihe von homogenen grauen Schirmen, die nacheinander zuerst die eine und dann die andere H\u00e4lfte zu verdecken erlaubt. W\u00e4hrend der Beobachter die durch einen weifsen Punkt markierte Mitte der ganzen Figur fixiert, verschafft er sich mit dem homonymen Auge das Nachbild der rechten Seite des Striches, w\u00e4hrend da\u00e0 heteronyme Auge verbunden und die andere Seite der Figur mit dem grauen Schirm bedeckt ist ; nach einer gen\u00fcgend langen Fixationszeit kehrt er sodann die Bedingungen um, indem er eine vollkommene Unbeweglichkeit zu bewahren und die Mitte der Figur zu fixieren versucht; er schliefst also das rechte Auge und l\u00e4fst f\u00fcr das linke Auge die homonyme Seite des Striches sichtbar und die heteronyme unsichtbar werden. Die beiden H\u00e4lften des Objektes, erkenntlich an ihrer verschiedenen Form, haben in den beiden Augen einen isolierten Eindruck hervorgerufen; die beiden Nachbilder jedoch legen sich bei der binokularen Projektion nach aufsen aneinander und geben so den Strich in seiner Totalit\u00e4t und mit seinem charakteristischen Aussehen wieder. Mit einem Auge allein wird die Figur ebenfalls als ganze gesehen, aber die beiden H\u00e4lften bieten die Farbunterschiede dar, von denen sp\u00e4ter die Rede sein soll und die allein dazu dienen, zu erkennen, welche von dem aktiven und welche von dem ruhenden Auge projiziert","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nAlb. Mochi.\nwird. Ebenso kann man, wenn das rechte Ange eine weifse Scheibe und das linke einen ebenfalls weifsen und mit ihr konzentrischen Ring betrachtet hat, bei der binokularen Projektion das Bild des Ringes und dasjenige der Scheibe vollkommen zentriert Wiedersehen, man kann also das mit dem rechten Auge erhaltene subjektive Bild der Scheibe (w\u00e4hrend dabei der Ring verdeckt ist) und das mit dem linken Auge erhaltene Bild des Ringes (w\u00e4hrend dann dabei die Scheibe verdeckt ist) miteinander zur Verschmelzung bringen.\nDie Gr\u00f6fse der Nachbilder ist nicht unver\u00e4nderlich, sondern kann durch \u00e4ufserliche Zutaten beliebig ge\u00e4ndert werden; nur bei geschlossenen Augen werden sie immer in der gleichen Weise als kleine wieder gesehen. Bei der Projektion nach aufsen dagegen gen\u00fcgt schon das N\u00e4hern des Schirmes, auf dem sie sich abbilden, um die Verkleinerung derselben zu erkennen; wenn dagegen der Schirm weiter weg ger\u00fcckt wird, nehmen sie an Gr\u00f6fse zu. Da sich der Schirm in einer leicht definierbaren Entfernung befinden mufs, gilt die erw\u00e4hnte Eigenschaft innerhalb gewisser Grenzen, besonders soweit es sich um die Vergr\u00f6fserung handelt; so kann man z. B. die Wand eines Hauses dazu ben\u00fctzen, nicht aber den Himmel. \u00dcber einen gewissen Punkt hinaus verh\u00e4lt sich die Vergr\u00f6fserung nicht mehr proportional zur Entfernung, sondern das Bild scheint eher im leeren Raum zu schweben und neigt dazu, sich in unbestimmter Weise zu lokalisieren.\nNoch ein Versuch beweist, dafs die Objektivierung der Nachbilder unabh\u00e4ngig von den Schirmen erfolgen kann, gest\u00fctzt auf ein Raumurteil, das z. B. von einem feinen Lichtstrahl in einem dunklen Raum geliefert wird. Zu diesem Zweck dient eine etwa 2 m lange Kassette, die zur bequemeren Handhabung aus mehreren, nach Art eines Fernrohrs ineinander schiebbaren Teilst\u00fccken zusammengesetzt ist und auf der einen Seite durch eine f\u00fcr das Licht undurchdringliche Wand abgeschlossen und auf der anderen Seite mit einer \u00d6ffnung versehen ist, die f\u00fcr das Auge dient; dazu kommt noch das schwarze Tuch, mit welchem der Kopf des Beobachters bedeckt wird. Oben sind zwei feine Spalte angebracht, von denen der erste 50 cm und der zweite 1,5 m von der vorderen \u00d6ffnung entfernt gelegen ist und welche beide beliebig ge\u00f6ffnet und geschlossen werden k\u00f6nnen. Wenn man das Nachbild, z. B. eines vom Auge 25 cm entfernten, kleinen weifsen","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d. Projektion monokularer Nachbilder usw. 87\nQuadrates erzeugt hat und nach N\u00e4hern des Auges an jene \u00d6ffnung, die man als Okular des Apparates bezeichnen k\u00f6nnte, in der Dunkelheit beobachtet, bemerkt man, dafs das Bild dem Objekt in der Gr\u00f6fse genau entspricht; es gen\u00fcgt jedoch schon das \u00d6ffnen der einen oder der anderen der oben angebrachten Spalten, um eine Ver\u00e4nderung in der Gr\u00f6fse des Bildes zu sehen, w\u00e4hrend man den Eindruck gewinnt, dafs dieses letztere selbst in eine Ebene zu liegen kommt, die der Stelle entspricht, wo der schwache Lichtstrahl in den dunklen Raum eindringt. Dei feine atmosph\u00e4rische Staub gen\u00fcgt schon zur Lokalisation, noch besser, besonders von Anf\u00e4ngern, wird die Erscheinung beobachtet, wenn man vor dem Versuch, z. B. eine ganz feine Rauchwolke in die Kassette hat eindringen lassen, wodurch die Be urteilung der Entfernung erleichtert wird.\nMit dieser Eigenschaft steht eine weitere eigent\u00fcmliche Erscheinung in Beziehung, n\u00e4mlich diejenige der Deformation der Nachbilder, die dann eintritt, wenn man S \u00ab wirklich vertikales Diaphragma, auf eine geneigte Fl\u00e4che projiziert; das Bild ver\u00e4ndert seine Gestalt in der Weise, dafs das St\u00fcck, das auf den dem Beobachter n\u00e4hergelegenen Teil des Schirmes projiziert wird, sich verkleinert, w\u00e4hrend das entfernter gelegene St\u00fcck sich allm\u00e4hlich verbreitert. Es ist daher nicht richtig zu sagen, dafs die Gestalt des Nachbildes stets mit derjenigen des Gegenstandes identisch ist; denn durch Projektion auf geneigte Ebenen kann man einen Zylinder in einen abgestumpften Kegel, einen Kreis in eine eif\u00f6rmige Figur, usw. umwandeln.\nDie Erkl\u00e4rung dieser Erscheinungen bleibt vorl\u00e4ufig venig klar; in Ermanglung etwas Besseren denkt man an einen Fehlei in der Beurteilung; eine Reihe von Bocci angestellter Versuche jedoch beweist, wie falsch dieser Ausdruck ist und mit welchen Einschr\u00e4nkungen man ihn annehmen m\u00fcsse. Bei den Versuchen mit gef\u00e4rbten Schatten nimmt man zur Erkl\u00e4rung der subjektiven Farbe des Schwesterschattens, die das Komplement zur objektiven Farbe des anderen Schattens bildet, seine Zuflucht ebenfalls zu einem Urteilsfehler ; mit dem Chromoskiaskop (Bocci 1897) (Fig. 2) jedoch, das ein schnelles und einwandsfreies Experimentieren erlaubt, stellt sich die Erscheinung ganz klar dar und pafst in den Rahmen des Gesetzes \u00fcber die paarige, d. h. f\u00fcr jede zwei zusammengeh\u00f6rige Komplement\u00e4rfarben geltende Aufl\u00f6sung der","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nAlb. Mochi.\nNachbilder hinein. Auf dieses Gesetz werden wir bald zur\u00fcck-kommen.\t:\tl\nWenn man auch zur Erkl\u00e4rung der oben erw\u00e4hnten; Erscheinungen die Hypothese des Urteilsfehlers zuliefse, w\u00e4re es logisch und sogar notwendig, falls dies ang\u00e4ngig w\u00e4re, nach den Bedingungen zu suchen, die dieses Urteil selbst beeinflussen k\u00f6nnten. Man kann jedoch mit Sicherheit behaupten, dafs entgegen jeder Erwartung die Akkommodation, besonders wenn es sich um Entfernungssch\u00e4tzungen handelt, nichts mit dieser Erscheinung zu tun hat. In der Tat erleidet das mit dem atro-pinisierten nicht aktiven Auge projizierte Bild dieselben Ver\u00e4nderungen, denen es unterworfen war, wenn der Ciliarmuskel noch t\u00e4tig war; und diese Ver\u00e4nderungen sind auch vom Zustand der Myopie, der Hyperopie oder der Presbyopie des Beobachters unabh\u00e4ngig. Es w\u00e4re interessant, das Ph\u00e4nomen bei Individuen mit einseitiger Aphakie zu studieren; dies ist jedoch bis jetzt nicht m\u00f6glich gewesen, da es schwierig ist einen so operierten Menschen zu finden, der auf dem gesunden Auge ein gutes Sehverm\u00f6gen auf weist und intelligent genug ist, genaue Aussagen \u00fcber seine Eindr\u00fccke zu machen.\nDoch noch mehr: die Nachbilder ver\u00e4ndern ihre Gestalt auch dann nicht, wenn jene \u00e4ulseren Bedingungen bestehen, welche ganz abgesehen von den Akkommodationszustand, die Ursache f\u00fcr die h\u00e4ufigsten Urteilsfehler in bezug auf die Form und die Gr\u00f6fse der Objekte abgeben; daher kommt es, dafs sie bei der Projektion durch eine konvexe oder konkave Linse weder vergr\u00f6fsert noch verkleinert erscheinen, dafs sie ferner mit zylindrischen Spiegeln oder Linsen keine Gestaltsver\u00e4nderung erleiden, dafs sie mit Prismen nicht verdoppelt werden usw. Und doch rufen alle diese \u00e4ufseren Bedingungen den Eindruck hervor, dafs ein Schirm n\u00e4her oder entfernter, deformiert, verdoppelt, usw. sich darstellt. In diesen F\u00e4llen scheint es, dafs das Bild sich vorzugsweise auf den atmosph\u00e4rischen Staub, auf den in myopischen Augen so h\u00e4ufigen Mouches volantes, usw. lokalisiert und indem es gleich\nr\t'\ngrofs bleibt wie das Objekt, in der Luft vor der durch das optische Instrument betrachtete Projektionsfl\u00e4che schwebt.\nDie bis jetzt beschriebenen Formmerkmale kommen den mit dem aktiven Auge projizierten Nachbildern ebenso zu wie denen, die mit dem ruhenden Auge projiziert werden; auch die letzteren ver\u00e4ndern also ihre Gr\u00f6fse und ihre Form, je nachdem der","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d. Projektion monokularer Nachbilder usiv. 89\nSchirm weiter weg gebracht oder geneigt gehalten wird. Es ist dies eine Tatsache von besonderer Wichtigkeit.\nWenn jedoch das Bild des aktiven Auges von einem un-gleichm\u00e4fsig beleuchteten Gegenstand hervorgerufen wird, kann das Bild des ruhenden Auges seine Gestalt bedeutend ver\u00e4ndern, wenngleich es an der Projektionsfl\u00e4che die Lage und die gleiche Distanz beh\u00e4lt. Der Beweis f\u00fcr diese Behauptung kann durch den folgenden Versuch sehr leicht gef\u00fchrt werden (Bocci, 1898): Man entfernt das Objektiv und das Okular aus dem inwendig mit schwarzen Papier ausgeschlagenen Tubus eines Mikroskops und schiebt dann, nachdem auf den Tisch anstatt des Pr\u00e4parates ein Milchglas und auf dieses ein rotes Glas gelegt wird, den Tubus bis fast zur Ber\u00fchrung mit dem Glas vor; hierauf verstellt man den Spiegel derart, dafs die eine H\u00e4lfte der auf diese Weise sichtbar werdenden roten Scheibe von dem reflektierten Sonnenlicht intensiv beleuchtet wird, w\u00e4hrend auf die andere H\u00e4lfte nur wenig diffuses Licht auff\u00e4llt. Nach einer gewissen Fixationszeit wird es dann m\u00f6glich sein, mit dem aktiven Auge eine vollst\u00e4ndige gr\u00fcne Scheibe zu projizieren, w\u00e4hrend das ruhende Auge blofs eine halbe rote Scheibe sieht. Das diffuse Licht, das die eine der beiden H\u00e4lften beleuchtete, gen\u00fcgt wohl in diesem Fall zum Hervorbringen eines Nachbildes im blickenden Auge, es reicht hingegen nicht aus zur Projektion des ganzen Bildes mit dem anderen Auge.\nDas Ausschlagen des Tubus des Mikroskops mit schwarzem Papier ist notwendig, da sonst unbestimmte subjektive Ph\u00e4nomene, unbestimmt geformte farbige Bilder auftreten, von denen besser bei Gelegenheit der chromatischen Aufl\u00f6sung die Rede sein soll. Da Baquis die Behauptung aufgestellt \u201chatte, dafs das Nachbild des aktiven Auges gleichg\u00fcltig sowohl durch dieses als auch durch das ruhende Auge projiziert wird, war diese Meinung nicht mehr haltbar vom Augenblicke an, als nach dem Versuch BoccTs mit dem erm\u00fcdeten Auge das ganze Bild der gr\u00fcnen Scheibe und mit dem ruhenden Auge nur das halbierte Bild der roten Scheibe nach aufsen projiziert wird.'\t\u2022- .\tv\nUm sich eine Idee \u00fcber den Farbunterschied zwischen dein mit dem aktiven und dem mit dem ruhenden Auge projizierten Nachbild zu machen, kann man sich'der bereits beschriebenen Kassette mit ineinander verschieblichen Segmenten bedienen, wobei man die hintere Wand durch eine mutte Glasscheibe ersetzt.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nAlb. Mochi.\nDie Kassette wird so aufgestellt, dafs diese Glasscheibe einer vom diffusen Tageslicht beleuchteten weifsen Wand zugekehrt ist, und indem man nun die Kassette in toto verschiebt, graduiert man die Helligkeit des Schirmes, die um so geringer ist, je n\u00e4her dieser der Wand gelegen ist.\nSobald man sich mit einem Auge allein durch 10 Minuten lange Fixation eines mit einem zentralen schwarzen Quadrat versehenen und vom direkten Sonnenlicht beleuchteten weifsen Kartons ein Nachbild verschafft hat, blickt man unter Beobachtung der gewohnten Yorsichtsmafsregeln, d. h. indem man den Kopf mit einem schwarzen Tuch bedeckt und die Mitte des Schirmes fixiert, in die Kassette hinein. Unter diesen Bedingungen sieht das aktive Auge bei m\u00e4fsiger Beleuchtung im Hintergrund ein weifses Quadrat auf grauem oder bl\u00e4ulich-grauem Grund, d. h. ein negatives Nachbild; das ruhende Auge dagegen sieht ein gr\u00fcnes Quadrat auf rotem Grund. Bei Verst\u00e4rkung der Beleuchtung \u00e4ndern sich die Farben nicht, nur l\u00e4fst das Bild des ruhenden Auges viel l\u00e4nger auf sich warten ; wenn man dagegen die Beleuchtung allm\u00e4hlich so weit herabsetzt, dafs der Schirm nur noch eine geringe Lichtintensit\u00e4t besitzt, projizieren beide Augen die gr\u00fcne und die rote Figur. Wenn man jedoch bei minimaler Beleuchtung die Kassette rasch von der Mauer wegschiebt, bemerkt das aktive Auge sofort, dafs die farbige Figur durch die weifse oder die graue ersetzt wird, w\u00e4hrend das ruhende Auge f\u00fcr einen Augenblick das Bild verschwinden sieht, das dann mit den gleichen Merkmalen wieder auftaucht.\nDie angef\u00fchrten Versuche k\u00f6nnen nicht nach einer einmaligen Fixation des Objektes nacheinander vorgenommen werden, da man nacheinander mit jedem der beiden Augen blicken mufs, w\u00e4hrend das andere geschlossen gehalten wird; aufserdem mufs man die Kassette von der Mauer wegschieben oder sie ihr n\u00e4herbringen, und endlich bieten die Farben des Nachbildes w\u00e4hrend dieser Manipulationen Phasenunterschiede dar, die das Bild komplizieren. Um alle diese Tatsachen festzustellen, mufs man jedesmal, wenn die mit dem ruhenden Auge gesehene Figur nicht mehr die des gr\u00fcnen Quadrates auf rotem Grunde ist, die Beobachtung unterbrechen.\nWenn man die Beobachtung l\u00e4ngere Zeit, d.-h. bis zum Aufh\u00f6ren der Ph\u00e4nomene fortsetzt, erh\u00e4lt man eine ganze Reihe von farbigen Bildern, die unter einem best\u00e4ndigen Wechsel der","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d. Projektion monokularer Nachbilder usw. 91\nLichtintensit\u00e4t mit nnmerklichen Abstufungen ineinander \u00fcbergehen. Man kann dann gerade vier Hauptstadien erkennen, die mit verschiedener Dauer und Deutlichkeit aufeinanderfolgen, und zwar sieht man: 1. ein gr\u00fcnes Quadrat auf rotem Grund; 2. ein rotes Quadrat auf gr\u00fcnem Grund; 3. ein gelbes Quadrat auf blauem Grund und 4. ein orangegelbes Quadrat auf zyanblauem Grund. Wenn man die Beobachtung mit dem ruhenden Auge \u00fcber diese Phase hinaus fortsetzt, verschwinden alle Erscheinungen ; h\u00e4lt man dagegen die Augen geschlossen oder blickt man blofs mit dem aktiven Auge, erscheint eine wenig deutliche graulichgelbe Figur, die bei jedem Lidschlag augenblicklich intensiver und heller wird. Endlich verschwindet auch diese, es verbleibt dann f\u00fcr einige Zeit ein undeutlicher grauer Fleck, bis schliefs-lich jede Erscheinung auf h\u00f6rt.\nDie durch die Fixation eines weifsen oder schwarzen Gegenstandes hervorgerufenen Farben besitzen stets die Eigenschaft, gepaart als Komplement\u00e4rfarben zu erscheinen ; es f\u00e4llt daher sehr schwer, in Worten oder gedruckt die Zwischenstufen und auch die Grundphasen wiederzugeben. Wenn man mit weifsen Kartons arbeitet, die der schwarzen Figuren entbehren, erh\u00e4lt man gleichm\u00e4fsig gef\u00e4rbte Bilder, in denen die Farben mit grofser Deutlichkeit ineinander \u00fcbergehen. Es ist jedoch zu bemerken, dafs auch in diesem Fall die einzelnen Figuren nicht wirklich einfarbig sind; in der Tat, wer genau beobachtet, wird an der Peripherie des farbigen Bildes stets ein feines Halo von der komplement\u00e4ren Farbe bemerken.\nEin besonderes Ph\u00e4nomen wird hervorgerufen, falls man zur Fixation einen Gegenstand mit undeutlichen Umrissen w\u00e4hlt. Wenn der mit dem Tubus des Mikroskops angestellte und am Ende des vorigen Abschnittes erw\u00e4hnte Versuch ohne die Vorsichts-mafsregel vorgenommen wird, den Tubus mit schwarzem Papier auszuschlagen und man dabei nicht blofs die eine H\u00e4lfte, sondern die ganze Scheibe beleuchtet, wird das rote Licht mehrmals an der gl\u00e4nzenden Messingwand reflektiert und veranlafst eine intensive, aber unbestimmte Helligkeit. Der Beobachter wird dann, wenn er blofs mit einem Auge ins Innere des Tubus hineinblickt und in der Folge die Bilder mit dem ruhenden Auge projiziert, nicht mehr eine bestimmte Form erkennen, sondern nur noch eine farbige Wolke, die der gew\u00f6hnlichen Aufl\u00f6sung anheimfallen wird. Man kann diese amorphen Farben,","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nAlb. Mochi.\nwie sie Bocci bezeichnet hat, oft zuf\u00e4llig hervorrufen, siesind sogar unter den gew\u00f6hnlichen Lebensverh\u00e4ltnissen diejenigen; die sich jedem darbieten, der irgendeine leuchtende Fl\u00e4che \u00e4h-blickt, aber nicht l\u00e4nger fixiert.\t\u2022\nBesondere Erw\u00e4hnung verdient das Studium der beim indirekten Sehen entstehenden Nachbilder, indem aus ihm bemerkenswerte Resultate hervorgehen.\nDer Apparat auf Fig. 2 (Bocci, 1902) gestattet, in den peripheren Netzhautteilen Nachbilder hervorzubringen. Er besteht aus\nFig. 2.\neinem grofsen runden Zylinder mit zwei Fl\u00e4chen, auf deren einer ein mit einem Kreuz, einer Scheibe und einem Strich in weifser Farbe versehenes Karton angebracht werden kann, w\u00e4hrend die andere aus homogenem Mattglas besteht. Im Innern befindet sich eine schwache elektrische Lampe, die zur gleichm\u00e4fsigen Beleuchtung der Glasplatte dient. Beim Dr\u00fccken auf eine Feder beschreibt der Zylinder 180 \u00b0 um seine vertikale Achse, so dafs die beiden","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d. Projektion monokularer Nachbilder usiv. 93\nFl\u00e4chen dabei ihre respektive Lage tauschen. Der Fufs, auf welchem der Zylinder ruht, befindet sich. einer St\u00fctze gegen\u00fcber, die zur Stillstellung des Kopfes des Beobachters dient und auf einer Schiene verschieblich ist, so dafs er von der St\u00fctze selbst entfernt oder ihr gen\u00e4hert werden kann. Wenn man, w\u00e4hrend das eine Auge verbunden ist, mit dem anderen das Kreuz fixiert und dabei die Entfernungen richtig w\u00e4hlt, gelingt es, die weifse Scheibe an der Stelle des blinden Fleckes verschwinden zu lassen, w\u00e4hrend der Strich beim indirekten Sehen noch sichtbar bleibt. Sobald man nun Gewifsheit \u00fcber die Richtung der Blicklinie hat, l\u00e4fst man das Karton durch darauffallendes Sonnenlicht intensiv beleuchten und fixiert weiter w\u00e4hrend noch etwa 10 Sekunden; hierauf h\u00e4lt man das intensive Licht wieder ab, z\u00fcndet das L\u00e4mpchen an und l\u00e4fst den Zylinder sich derart drehen, dafs man das Nachbild auf dem homogenen, schwach beleuchteten Grund des Milchglases projizieren kann.\nDie so erzeugten Bilder des Striches weichen in bezug auf die Farben nicht stark von denen des Kreuzes ab. Der Hauptunterschied liegt in einer geringeren Deutlichkeit der Umrisse sowie in einer geringeren Lebhaftigkeit der Farben aller beim indirekten Sehen entstehenden Bilder.\nDiese Versuche eignen sich vorz\u00fcglich zum Nachweis der korrespondierenden identischen Punkte beider Netzh\u00e4ute, was bereits durch Brunacci geschehen ist. Wenn man in einem Auge das Nachbild hervorgerufen hat, kann man es mit dem anderen projizieren, und auf diese Weise kann man feststellen, dafs im objektiven Feld zwischen dem von dem einen oder von dem anderen Auge projizierten Strich und dessen Nachbild eine vollkommene \u00dcbereinstimmung besteht; und zwar gilt dies f\u00fcr jede Stellung des Striches, also gleichg\u00fcltig, ob er horizontal oder vertikal oder schief usw. gestellt ist.\nSchon vor den Untersuchungen Bruxaccis hatte Bocci eine interessante und teilweise unerwartete Tatsache festgestellt. Er hatte n\u00e4mlich (im April 1904) beobachtet, dafs ein Nachbild, das von einem Auge beim Ben\u00fctzen der dem blinden Fleck des anderen entsprechenden Punkte erworben wird, in gleicher Weise durch die Papilla n. optici dieses letzteren zur\u00fcckgeschickt werden kann. Diese wichtige Tatsache, welche die M\u00f6glichkeit konkomitierender Ph\u00e4nomene von seiten der ruhenden Netzhaut ausschliefst, wurde ungef\u00e4hr zwei Jahre sp\u00e4ter von Gaudenzi zu klinischen Zwecken","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nAlb. Mochi.\nbenutzt. F\u00fcr dieses Studium sowie f\u00fcr andere, welche den sensiblen Impuls im allgemeinen und die Sehempfindnng im speziellen betrifft, verweise ich auf die neuen Arbeiten Boccis.\nBemerkenswert sind auch die Resultate Bbunaccis, die er erhielt, indem er die subjektiven Farben der beim indirekten Sehen erhaltenen Nachbilder mit den objektiven verglich. Die beiden Felder stimmen nicht ganz miteinander \u00fcberein; denn wenn man in der gewohnten Weise das (Gesichtsfeld f\u00fcr Rot, Gr\u00fcn usw. bestimmt und man nachher mit einem Objekt (einem schwarzen Strich auf weifsem Feld oder umgekehrt), das die Grenze dieser Felder merklich \u00fcberschreitet, ein Nachbild hervorruft, beobachtet man, dafs die chromatische Aufl\u00f6sung gleich-m\u00e4fsig f\u00fcr die ganze Ausdehnung der Bilder geschieht, so dafs also das Rot, das Gr\u00fcn und die anderen subjektiven Farben durch Netzhautteile hindurch zur\u00fcckgeschickt werden, die f\u00fcr dieselben objektiven Farben blind waren.\nBevor man auf die Theorie Boccis \u00fcber die Genese der f\u00fcr das ruhende Auge projizierten Nachbilder hin weist und bevor man auf die \u00fcber diese Theorie entstandenen Polemiken sowie auf die Anwendungen, welche die erw\u00e4hnten Ergebnisse auf dem Gebiete der Augen- und Nerv\u00f6npathologie gefunden haben, eingeht, ist es nicht wertlos gleich zu bemerken, dafs alle diese Versuche, so beweisend sie auch sind, wenn mit strenger Technik ausgef\u00fchrt, nur zu unsicheren und widersprechenden Resultaten f\u00fchren k\u00f6nnen, wenn man sie ohne alle n\u00f6tigen Hilfsmittel vornimmt, die dem Untersucher die Richtigkeit seiner eigenen Behauptungen gew\u00e4hrleisten. Wie die Vornahme von photographischen Zeitaufnahmen, erheischen auch alle Versuche \u00fcber Nachbilder eine absolute Unbeweglichkeit sowohl der Dunkelkammer, d. h. des Auges, als auch des fixierten Gegenstandes. Daher ergibt sich die Notwendigkeit automatisch gehender Apparate, die ein Operieren, ohne sich vom Beobachtungsplatz bewegen zu m\u00fcssen, gestatten und die nicht immer leicht zu ersetzen sind, auch dann nicht, wenn man eine grofse Zahl Assistenten zur Verf\u00fcgung hat. Falls die anderen Experimentatoren, welche die Versuche Boccis nachuntersucht haben, sich von dieser Notwendigkeit \u00fcberzeugt haben w\u00fcrden, h\u00e4tte sicherlich eine grofse Zahl Kontroversen vermieden werden k\u00f6nnen.\nEs ist hier nicht der Ort, eine Frage zu besprechen, die so-","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d.. Projektion monokularer Nachbilder usiv. 95\nlange der Gegenstand einer Debatte war; f\u00fcr denjenigen, der sich daf\u00fcr interessiert, gen\u00fcge der Hinweis auf die in der Bibliographie angef\u00fchrten Arbeiten. Hier beschr\u00e4nke ich mich blofs darauf, eine summarische Darstellung von der Theorie Boccis \u00fcber das \u201ezerebrale Sehbild\u201d zu geben.\nDieser Autor nimmt an, dafs das Nachbild, das man mit dem ruhenden Auge sieht, zerebralen Ursprungs ist und vermittels zentrifugaler Leitung auf dem Wege des N. opticus nach aufsen projiziert wird ; das mit dem aktiven Auge gesehene Bild differiert von dem anderen, da das t\u00e4tige Auge durch die fortgesetzte Fixation erm\u00fcdet und mehr oder weniger hochgradig das reine zerebrale Bild modifiziert.\nIn der Tat sah das erm\u00fcdete Auge in den erw\u00e4hnten Versuchen das Quadrat weifs, das ruhende sah es farbig; das Bild des weifsen Quadrates war f\u00fcr jenes im Objektivierungsfeld bestimmt und konstant ; f\u00fcr dieses dagegen verschwand allm\u00e4hlich das Bild des farbigen Quadrates und kehrte mit der n\u00e4mlichen oder mit einer verschiedenen Farbe in die Erscheinung zur\u00fcck; endlich gelang es Bocci, mit der verschiedenen Beleuchtung eines Gegenstandes durch das aktive rechte Auge das ganze negative Bild und durch das ruhende linke Auge das positive und halbierte Bild desselben nach aufsen zu projizieren. Diese Verschiedenheiten der Form und der Farbe, die man mit demselben Gegenstand erh\u00e4lt, erlauben die Unterscheidung des Nachbildes des Auges, das gesehen hat, von dem zerebralen Bild des Auges, das nicht gesehen hat. Und zwar ist dieses Bild ein zerebrales* weil man, da weder vor noch hinter dem Chiasma ein Austausch der Fasern besteht, deren ununterbrochenen Verlauf bis zum Corpus geniculatum und den Thalami optici oder bis zur Hinterhauptsrinde verfolgen mufst\u00e9. Da nun Goltz und sp\u00e4ter Rubebti, unter anderen, im Laboratorium Boccis, bei Hunden, denen die Hinterhauptsrinde vollst\u00e4ndig zerst\u00f6rt worden war, die voll* kommene Aufhebung der Wiedererkennung der Personen und bestimmter Gegenst\u00e4nde bei noch erhaltener unbestimmter Unterscheidungsm\u00f6glichkeit vom Hell und Dunkel nachgewiesen haben, muls man letztere den Basisganglien und die Wiedererkennung von Gegenst\u00e4nden der Hinterhauptsrinde zuschreiben. Der Grund: versuch Boccis, mit dessen Hilfe man im Bereich der Papilla m optici des rechten Auges ein von den korrespondierenden identischen Punkten des linken Auges erhaltenes Bild nach aufsen","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nAlb. Mochi.\nzu projizieren vermag, bildete das \u201eExperimentum crucis\u201c ; denn es war nach dem Angef\u00fchrten ersichtlich, dafs, falls das bilderregende Objekt zur H\u00e4lfte intensiv beleuchtet worden w\u00e4re, blofs das Bild dieser H\u00e4lfte entsprechend der Papilla n. optici des rechten Auges zur\u00fcckgeschickt worden w\u00e4re, w\u00e4hrend das linke Auge das Bild des ganzen Objektes wiedergesehen h\u00e4tte. Ha dieses nun zweifelsohne retinischen Ursprungs ist, verdiente das andere, da es nicht den Basisganglien angeh\u00f6ren kann, die Bezeichnung zerebral; nat\u00fcrlich ist dabei jedes begleitende Erregungsph\u00e4nomen in der Papilla n. optici des rechten Auges auszuschliefsen.\nNach Bocci sind also die zerebralen Zentren, sofern sie ausgedehnte Bilder projizieren, formativ, und sofern sie farbige Bilder projizieren, zugleich chromatisch ; aufserdem kommt ihnen ein autonomes Akkommodationsverm\u00f6gen zu und wird dies durch die vom Akkommodationszustand des Auges unabh\u00e4ngige Gr\u00f6fsenVer\u00e4nderung der Bilder infolge der Distanz\u00e4nderung des Projektionsschirmes bewiesen.\n* *\n* \u2022\nAuf dem Gebiet der Pathologie sind bis jetzt nur wenige Untersuchungen angestellt worden, doch lassen die bereits vorhandenen Gutes f\u00fcr die Zukunft erhoffen.\nBei einer mit sekund\u00e4rem Leberkarzinom und schwerer Chol\u00e4mie affizierten Kranken fanden Bocci und Moscucci, dafs zum Hervorrufen des f\u00fcr das ruhende Auge projizierbaren Nachbildes, d. h. des zerebralen Sehbildes, eine Fixationszeit von 25 bis 30 Sek. und mehr notwendig war, sie war also dreifach so grofs, wie diejenige, die unter normalen Verh\u00e4ltnissen n\u00f6tig ist. Sie fanden aufserdem, dafs die Projektion mit einer bedeutenden Versp\u00e4tung erfolgte und eine geringere Zeit dauerte, als beim Gesunden. Die chromatische Aufl\u00f6sung war unvollst\u00e4ndig und es ging ihr stets das positive Bild des betrachteten Gegenstandes voraus ; es fehlten dabei die Phasen des Gelben und Blauen, des Orangegelben und des Cyanblauen sowie viele von den Zwischenphasen des Purpurs, des intensiv Boten usw., so dafs sich die subjektiven Farben auf zwei, das Rote und das Gr\u00fcne, beschr\u00e4nkten.\nBei verschiedenen hysterischen Individuen fand Moscucci, dafs die Nachbilder, aufser dafs sie in ihrer chromatischen Auf-","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d. Projektion monokularer Nachbilder usw. 97\nl\u00f6sung verschieden ver\u00e4ndert sind, imstande sind, zun\u00e4chst angenehme, dann aber be\u00e4ngstigende Halluzinationen hervorzurufen und zwar beobachtete er dies nicht nur bei einer Frau, die bereits mehrere Male daran gelitten hatte, sondern auch bei einer anderen, die solche nie gehabt hatte ; in anderen F\u00e4llen bedeutete das Auftreten des Bildes den Beginn des hypnotischen\nSchlafes ; in einem weiteren Fall endlich waren die Resultate der\n\u2022 \u2022\nVersuche bei einer Patientin mit einseitigem hysterischem Odem, das zu gewissen Zeiten auftrat und wieder verschwand, verschieden je nach den verschiedenen Zeitabschnitten, in denen sie vorgenommen wurden und zeigten einen deutlichen Parallelismus mit dem \u00f6demat\u00f6sen Zustand.\nIn einer anderen Reihe von Patienten, die von verschiedenen nerv\u00f6sen Leiden affiziert waren (bei Folgezust\u00e4nden von Meningitis, Lip\u00e4mie, hysterischer Phrenosis, Chloroan\u00e4mie bei einem hysterischen Individuum, bei schwerer Neurasthenie, usw.), fand der n\u00e4mliche Autor immer bedeutende Unterschiede in bezug auf die Projektionszeit, auf die chromatische Aufl\u00f6sung, usw. bis zum v\u00f6lligen Fehlen der Ph\u00e4nomene; w\u00e4hrend er bei einem nicht neuropathischen, von schwerer Iridocyclitis affizierten Individuum ganz analoge Resultate erhielt, wie man sie beim normalen Menschen vorfindet.\nAuf diesem Gebiet k\u00f6nnten die Untersuchungen vervielf\u00e4ltigt werden, besonders in bezug auf die Halluzinationen und andere \u00e4hnliche Erscheinungen. So hat Bocci die farbigen Geh\u00f6rswahrnehmungen durch das zerebrale Sehbild zu erkl\u00e4ren versucht, und Ruberti schreibt die sogenannte Projektion nach aufsen des Netzhautpurpurs von Boll den gleichen Ph\u00e4nomenen zu. Einige Formen von epileptischer Aurea, viele Pseudohalluzinationen und Illusionen k\u00f6nnten auf diese Weise leicht eine Erkl\u00e4rung finden. Es ist daher nur zu w\u00fcnschen, dafs die genauere Kenntnis der Erfahrungen \u00fcber die von dem ruhenden Auge projizierten Nachbilder auf dem medizinischen Gebiet zur F\u00f6rderung dieser schon soviel versprechenden Studien dienen m\u00f6gen.\nLiteratur.\n1897. Bocci, B. L\u2019immagine visiva cerebrale. Contributo all\u2019 ottica fisio-logica. II Policlinieo. Roma. Suppl. Fase. 1\u00b0.\n1897. Lo stesso. I colori subiettivi e il modo migliore per provocarli. Atti della R. Acad. dei Fisiocr. Siena 24 Febbr.\n7\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 44.","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nAlb. Mochi.\n1897.\tLo stesso. I colori subiettivi e i loro caratteri genetici. Ibidem. 26 Maggio.\n1897.\tLo stesso. II cromoseiascopio. Ibidem. 26 Maggio.\n1897.\tBocci, B. e Moscucci, A. I colori subiettivi in una ammalata di carcinoma secondario epatico. II Policlinico. Sez. pratica. Roma. pag. 994.\n1897. Baquis, E. Esiste nna imagine visiva cerebrale? Ann. di Oftalm. *26 pag 257.\n1897. Bocci, B. Risposta alle considerazioni del Dr. Elia Baquis. Siena. Tipogr. Lazzeri.\n1897. Sergi, G. Intorno al processo fisiologico nelle percezioni. Riv. di Psicol. Psichiatr. e Neuropatol. 1 Maggio.\n1897.\tBocci, B. Risposta all\u2019 articolo del prof. Sergi. Lettera aperta. Siena. Tipogr. Lazzeri.\n1898.\tLo stesso. Il Prof. B. Bocci al Prof. Sergi. Lettera aperta. Siena. Tipogr. Lazzeri.\n1898.\tBaquis, E. Nuovi appnnti critici sulla cosidetta immagine cerebrale.\nXV Congr. della Associaz. oftalmol. ital. Torino, pag. 36.\n1898.\tVizioli, F. L\u2019immagine visiva cerebrale (il cervello guarda il cervello secondo la formula del Bocci). Ann. di Neurol. 16, fase. I.\n1898. Bocci, B. L\u2019immagine visiva cerebrale (Risposta al Vizioli). II Policlinico, Sez. med. Roma. pag. 383.\n1898. Lo stesso. L\u2019immagine visiva cerebrale. Ref. del Kiesow in Zeitsehr.\nf. Physiol, u. Psychol, d. Sinn. 18, pag. 290.\n1898. Parinaud. La vision. Paris.\n1898. Panizza, M. I nuovi elementi della psicofisiologia. Roma, Loescher.\n1898.\tMoscucci, A. L\u2019immagine visiva cerebrale nei soggetti isterici. La clin. med. ital. 37.\n1899.\tBocci, B. L\u2019immagine visiva cerebrale e il meccanismo della perce-zione intellettiva. Riv. di Sc. biol. Febbraio.\n1899.\tLo stesso. II senso dei colori e la legge della ereditariet\u00e0. Prolusione. Siena. Tip. Lazzeri.\n1899.\tPanizza, M. Le tre leggi. Saggio di psicologia sociale. Roma, Loescher.\n1900.\tMoscucci, A. L\u2019immagine visiva cerebrale in alcuni soggetti neuro-patici. La Clin. med. it. No. 7.\n1900.\tBocci, B. Note e appunti di tecnica fisiologica. Siena. Tip.. Lazzeri.\n1901.\tRe, F. Sul meccanismo di produzione della immagine visiva cerebrale. Arch, di Oftalm. 8 Fase. 11\u201412.\n1901.\tMoscucci, A. L\u2019immagine visiva cerebrale (Risposta a F. Re.) La Clin. med. it. No. 8.\n1901. Bocci, B. L\u2019autocromomorfoscopio. Siena. Tip. Lazzeri.\n1901.\tLo stesso. L\u2019audizione colorata. Siena. Tip. Lazzeri.\n1902.\tRe, F. Dell\u2019immagine visiva riflessa. Studio di ottica fisiologica. Arch, di Oftalm. 10, pag. 122.\n1902.\tBocci, B. L\u2019lmmagine visiva cerebrale ovvero i nuovi orizzonti dell\u2019 ottica fisiologica etc. Roma. Soc. ed. Dante Alighieri. Un Vol. di pag. 195 con figg.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Neueste Untersuchungen \u00fcber d. Projektion monokularer Nachbilder usw. 99\n1903. Panizza, M. Compendio di morfologia e fisiologia del sistema nervoso. Roma, Loescher.\n1903.\tOvio, G. S\u00fclle immagini secondarie. Dal volume dedicato al Prof. Stefani. Ferrara. Tip. Zuffi. Arch, di Oftalm. 10. 1902. pag. 155.\n1904.\tVida Sandor. Az agy l\u00e0tja az agyat. Bocci Balduin, Sienai egyetemi tan\u00e0r elm\u00e8lete az agy l\u00e0t\u00e0sk\u00e8peir\u00f4. A Magyar fil\u00f6s\u00f6fiai t\u00e0rsas\u00e0g k\u00f6zlemenyei. Budapest, XII f\u00fczet 23 Okt. pag. 20.\n1900. Gaudenzi, G. Intorno la cosidetta immagine visiva cerebrale. Arch, di Oftalm. 13, Fase. 7\u20148, pag. 217.\n1906.\tRuberti, E. Immagine visiva cerebrale o immagine visiva riflessa? II Policl. Sez. med. XIII pag. 233.\n1906. Lo stesso. Circa la esteriorizzazione del rosso retinico. Siena. Tip. Lazzeri.\n1906.\tLo stesso. Contributo sperimentale alla differenziazione funzionale dei centri della visione. Siena. Tip. Lazzeri.\n1907.\tBrunacci, B. I punti corrispondenti o identici retinici dimostrati con le immagini postume. Arch, di Oftalm. 15. Fase. 1\u20142.\n1908.\tLo Stesso. Le immagine postume nella visione indiretta e loro raffronto col campo visivo cromatico obiettivo. Arch, di Oftalm. 16. Fase. 1.\n1908. Bocci, B. Studi critici e sperimentali intorno ad alcune questioni controverse di fisiologia. Parte I. Fisiologia del sistema nervoso. Siena. Tip. Lazzeri.\n7*\n*","page":99}],"identifier":"lit33553","issued":"1910","language":"de","pages":"81-99","startpages":"81","title":"Neueste Untersuchungen \u00fcber die Projektion monokularer Nachbilder durch das nichtbelichtete Auge","type":"Journal Article","volume":"44"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:08:04.400839+00:00"}