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Über die Fusion von Netzhautbildern, welche beim Sehen durch ein Stereoskop auf nichtkorrespondierende Netzhautstellen fallen

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{"created":"2022-01-31T14:01:47.746671+00:00","id":"lit33562","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Berger, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 44: 315-322","fulltext":[{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"315\n\u2022 \u2022\nUber die Fusion von Netzhaut bildern, welche beim Sehen durch ein Stereoskop auf nichtkorrespondierende\nNetzhautstellen fallen.\nVon\nDr. Emil Berger, Paris.\n(Mit 4 Fig.)\nBekanntlich werden in derselben Ebene gelegene Figuren, Buchstaben u. dgl. m. nur dann einfach und in derselben Ebene wahrgenommen, wenn die einzelnen Punkte dieser Figuren oder Buchstaben auf identische Netzhautstellen projiziert werden. Nur f\u00fcr die Wahrnehmung der Unebenheiten des Reliefs gilt nach Hering1 das Gesetz, dafs die nicht in der Kernfl\u00e4che des Sehraumes gelegenen Punkte (kleinsten noch wahrnehmbaren Teile) auf nichtkorrespondierende Netzhautstellen projiziert werden.\nSehr geringe St\u00f6rungen der Koordination der Augenbewegungen haben schon zur Folge, dafs beim Sehen in einer Ebene gelegene Buchstaben oder Figuren auf nichtidentische Netzhautstellen projiziert werden, wodurch Doppelsehen hervorgerufen wird, w\u00e4hrend Relief darbietende Gegenst\u00e4nde noch einfach gesehen werden.\nBekanntlich werden nach den Untersuchungen von Lamare 2 3 * beim Lesen einer Zeile von beiden Augen 4 bis 5 sakkadenartige Bewegungen ausgef\u00fchrt und m\u00fcssen die Gesichtslinien beider Augen am Ende jeder Sekunde eine bestimmte Zeit lang (nach Be a unis 3 mindestens 7/8 einer Sekunde) auf einen Punkt der\n1\tHering, Beitr\u00e4ge zur Physiologie Heft 5. Zitiert bei Helmholtz, Physiolog. Optik. 1867. 8. 812.\n2\tLamare, Bull, et M\u00e9m. de la Soc. Fran\u00e7aise d\u2019Ophtalmologie. S. 359. 1892.\n3\tBeaunis, zitiert bei Lamare, loc. cit. S. 355.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 44.\n20","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nEmil Berger.\nZeile fixiert bleiben, um die Wahrnehmung des Gelesenen zu erm\u00f6glichen.\nBei Tabes dorsalis kommen St\u00f6rungen der Koordination der Augenbewegungen1 vor, infolge welcher das Zusammentreffen beider Gesichtslinien am Ende jeder sakkadenartigen Bewegung nicht erfolgt und daher das Lesen unm\u00f6glich wird, w\u00e4hrend die Wahrnehmung von Relief Unebenheiten darbietenden Gegenst\u00e4nden keinerlei St\u00f6rungen auf weist. Auch durch die prismatische Wirkung von Bikonvexgl\u00e4sern, welche im Zentrum gering ist und nach der Peripherie zunimmt, im nasalen Teile adduzierend und im temporalen Teile abduzierend wirkt, k\u00f6nnen \u00e4hnliche Erscheinungen, wie bei der St\u00f6rung der Koordination der Augenbewegungen auftreten und Undeutlichkeit der Buchstaben an den Enden der Zeilen (wegen auftretender Doppelbilder) entstehen.2\nBeim Betrachten von feinen Schriftproben mit einem fehlerhaft gearbeiteten Exemplare meiner binokularen Lupe 3 konnte ich gleichfalls (nur in geringem Mafse) seitlich- und h\u00f6hendistante Doppelbilder nachweisen, w\u00e4hrend das Betrachten des R\u00e4derwerkes einer Taschenuhr ein sehr klares Bild ergab.\nAlle diese Erscheinungen beweisen, dafs eine genaue \u00dcbereinstimmung der auf identische Netzhaut stell en projizierten Teile von in einer Ebene gelegenen Buchstaben, Figuren u. dgl. m. n\u00f6tig sei, damit letztere einfach und in derselben Ebene gelegen erscheinen. Bekannt ist ja der Vorschlag Doves 4, das Stereoskop zur Pr\u00fcfung der Echtheit von Banknoten zu verwenden, da bei der Vergleichung von zwei einem verschiedenen Satze angeh\u00f6renden Banknoten einzelne Worte oder Buchstaben vor oder hinter den anderen zu liegen scheinen.\nIm folgenden soll im Gegens\u00e4tze zu obigem eine Erscheinung der Fusion von auf nichtidentischen Netzhautstellen\n1\tVgl. E. Berger, Rapports de la pathologie oculaire avec la pathologie g\u00e9n\u00e9rale. Encyclop\u00e9die Fran\u00e7aise d\u2019Ophtalmologie IV. Paris, O. Doin. 1903. S. 45.\n2\tVgl. E. Berger, Zeitschr. f. Psychologie u. Physiologie der Sinnesorgane 25, S. 73. 1901.\n3\tEbendaselbst S. 56.\n4\tDove, Optische Studien, S. 26\u201436. Zitiert bei Helmholtz, loc. cit. S. 643.","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Fusion von Netzhautbildern, welche beim Sehen usw. 317\nprojizierten Bildern beschrieben werden und scheint mir diese Erscheinung schon deshalb eine eingehendere Untersuchung zu verdienen, weil sie mit dazu beitragen k\u00f6nnte, die Frage nach dem Bestehen und der Lokalisation eines Fusionszentrums zu l\u00f6sen.\nZum Zwecke der Untersuchung der zentralen Sehsch\u00e4rfe (d. i. der F\u00e4higkeit in der Richtung der Gesichtslinie zwei Punkte zu unterscheiden) habe ich stereoskopische Tafeln1 anfertigen lassen, bei welchen das bessere Auge \u00e4hnlich wie bei den dem Nachweise von Skotomen dienenden stereoskopischen Tafeln von Haitz 2 zur Fixierung des schlechteren Auges in einer der Gesichtslinie entsprechenden Stellung herangezogen wird. Die bisher \u00fcbliche Pr\u00fcfung der Sehsch\u00e4rfe mit Hilfe von Wandtafeln, die zur Untersuchung jedes Auges f\u00fcr sich allein dienen, ergibt f\u00fcr schwachsichtige Augen nur den Grad der Sehsch\u00e4rfe jener Netzhautstelle, welche am besten ist, ohne dar\u00fcber Aufschlufs zu geben, ob dieselbe mit dem Netzhautzentrum \u00fcbereinstimme.\nDie nach meiner Angabe von Herrn Ingenieur E. Horn in Paris angefertigten Tafeln enthalten schwarze Quadrate auf weifsem Grunde, von welchen zwei f\u00fcr das schlechtere, eines f\u00fcr das bessere Auge bestimmt sind (vgl. Fig. 1). Durch Drehen\n&\n\n\nFig. 1.\nkann dieselbe Tafel sowohl f\u00fcr das rechte als f\u00fcr das linke Auge verwendet werden. Oberhalb (resp. unterhalb) des Quadrates f\u00fcr das bessere Auge ist ein Punkt angebracht, welchen der zu Untersuchende zu fixieren hat. Die Disposition der Quadrate ist eine\n1\tE. Berger, Tafeln zur Bestimmung der zentralen Sehsch\u00e4rfe schwachsichtiger Augen mit Hilfe des Stereoskopes. Wiesbaden, J. F. Bergmann. 1910.\n2\tHaitz, Tafeln zur binokularen Untersuchung des Gesichtsfeldzentrums vermittels des Stereoskopes. Wiesbaden, J. F. Bergmann. 1905.\n20*","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nEmil Berger.\nderartige, dafs bei nahezu parallel gerichteten Gesichtslinien durch die Vereinigung der Bilder beider Augen eine Schachbrettform (ygl. Fig. 2) zustande kommen sollte.\nFig. 2.\nVon einer Fusion kann in diesem Falle selbstverst\u00e4ndlich nicht die Rede sein, da in den Zeichnungen ein beiden Bildern gemeinsamer Fixierpunkt fehlt. Doch haben mir verschiedene Versuche ergeben, dafs auch ohne Fusion identischer Punkte eine Vereinigung der Bilder beider Augen zustande komme. So habe ich z. B. in einer Tafel nach Art der Buchstaben der SNELLENSchen Sehproben ein E f\u00fcr das linke und ein 3 f\u00fcr das rechte Auge gezeichnet und durch deren Vereinigung ein B erhalten.\nDie in Fig. 2 angegebene Vereinigung der Bilder in Schachbrettform kommt, wie es scheint, nie zustande. Wenn beide Augen eine nahezu normale Sehsch\u00e4rfe auf weisen, so macht nach einigen h\u00e4sitierenden Bewegungen das den Punkt fixierende Auge eine Rollbewegung und fusioniert das Bild des Einzelquadrates mit einem der Quadrate des anderen Auges (vgl. Fig. 3).\nFig. 3.\nSehr h\u00e4ufig kommt es jedoch nur zu einer partiellen diagonalen (bei einem der Untersuchten Herrn Prof. G. Weiss in Paris zu einer partiellen vertikalen) \u00dcberlagerung der Quadrate, wobei Wettstreit der Sehfelder auftritt und bald die Konturen des oberen bald jene des unteren Quadrates deutlich hervortreten. Bei manchen Beobachtern (Prof. v. Sicherer in M\u00fcnchen) tritt nach mehreren h\u00e4sitierenden Augenbewegungen ein Anlegen des Einzelquadrates an die Doppel quadrate mit seitlicher Verschiebung des ersteren auf. Wenn sehr kleine (Taf. I u. XII) Quadrate mit leicht nach abw\u00e4rts geneigtem HoLMEsschen Stereoskope betrachtet werden, so tritt, soweit meine Untersuchungen ergaben, immer eine vollst\u00e4ndige Fusion des Einzelquadrates mit einem der 'Doppelquadrate auf. Das fusionierte Quadrat scheint vor dem anderen Quadrat und dem Punkte zu liegen. Letztere","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Fusion von Netzhautbildern, welche beim Sehen usiv.\n319\nErscheinung tritt insbesondere dann sehr deutlich hervor, wenn das Stereoskop starke Prismen enth\u00e4lt. Vermutlich sind die starke Konvergenzanstrengung1, welche das Zustandekommen der Fusion erfordert, ferner die intensivere schwarze Farbe, sowie bei unvollkommener Fusion die gr\u00f6fsere Breite des fusionierten Quadrates die Ursachen dieser Erscheinung.\nAnders sind die Erscheinungen, die beobachtet werden, wenn ein Auge schwachsichtig ist. Man kann sich letztere leicht veranschaulichen, wenn man vor ein Auge (z. B. das rechte) eine Konvexlinse von +2,5 Brennweite vorsetzt. In diesem Falle sieht man das Einzelquadrat mit dem Punkte dar\u00fcber deutlich und aufserdem zwei graue unscharf begrenzte Flecken (vgl. Fig. 4), welche nach der Schl\u00e4fenseite und oft gleichzeitig in\n1\nFig. 4.\nvertikaler Richtung verschoben sind. Diese Ablenkung des einen (schlechteren) Auges spricht mit den Ansichten \u00fcber die Rolle ungenauer Netzhautbilder bei der \u00c4tiologie des Schielens \u00fcberein.\nDer Durchmesser der kleinsten Quadrate, welche noch als zwei getrennte Flecken erkannt werden, ergibt das Minimum separabile, d. h. die Sehsch\u00e4rfe des untersuchten Auges. Wenn z. B. das Minimum separabile 10 betr\u00e4gt, so ist die Sehsch\u00e4rfe des Auges verglichen mit der als normalen angenommenen (Minimum separabile =1') = Veo-\nDie Erscheinung von Fusion (Fig. 3), welche nur bei guter Sehsch\u00e4rfe beider Augen auftritt, konnte ich bei einer Anzahl von Gelehrten (Ophthalmologen, Physiologen, Physiker, Ingenieure) und Kranken, welche wegen Erkrankung der Adnexe des Bulbus in Behandlung waren, nach weisen.\nWas das Alter betrifft, so habe ich diese Fusionserscheinung\n1 Wenn ich die Tafel XI so im Stereoskope betrachte, dafs das linke Auge das Einzelquadrat betrachtet, so tritt die Fusion des unteren mit dem linksseitigen Quadrate (des rechten Auges) auf. Es hat mithin das linke Auge eine Rollbewegung nach oben um 1 \u00b0, und nach aufsen gleichfalls um 1\u00b0 ausgef\u00fchrt. Nun sollte die uni-okul\u00e4re Rollbewegung nach oben um 1\u00b0 von einer st\u00e4rkeren Aufsenrollung begleitet sein (wie dies daraus hervorgeht, dais sich bei erfolgter Fusion eine Tendenz zur Deviation des unteren Quadrates nach aufsen bei mir merkbar macht) und erfordert mithin die genaue Fusion eine gleichzeitige Anspruchnahme der Konvergenz, welche dies objektive Gef\u00fchl des Nachvornetretens des fusionierten Quadrates erkl\u00e4rt.","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nEmil Berger.\nschon im fr\u00fchen Kindesalter nachweisen k\u00f6nnen. Ein Kind im Alter von 3 Jahren, das ich auch Herrn Prof. R. Liebeeich vorstellte, gab bei mehreren Kontrollversuchen stets an, mit dem Stereoskope zwei Quadrate zu sehen. Das h\u00f6chste Alter, in welchem diese Fusionserscheinung von mir konstatieit wurde, betrug 80 Jahre.\nLeichte Neigung der Gesichtslinien nach abw\u00e4rts, Fernerr\u00fccken des Stereoskopes von den Augen, insbesondere aber h\u00e4ufiges Wiederholen des Fusions Versuches bef\u00f6rdern das Zustandekommen der Fusion. Ist bei der Neigung der Stereoskoplinsen nach abw\u00e4rts oder nach weiterer Entfernung derselben von den Augen die Fusion erfolgt, so kann man allm\u00e4hlich die Stereoskoplinsen in die horizontale Ebene oder \u00fcber dieselbe nach oben heben resp. dieselben den Augen wieder ann\u00e4hern, ohne dafs die Fusion schw\u00e4nde. Wird aber rasch bei bestehender Fusion das Stereoskop nach oben geneigt, so h\u00f6rt die I usion auf, vollst\u00e4ndig zu sein und kommt eine partielle \u00dcberlagerung zweier Quadrate zur Wahrnehmung.\nBei ausgeruhten Augen kommt die Fusion leichter als bei erm\u00fcdeten Augenmuskeln (nach langem Lesen u. dgl. m.) zustande. Bei vielen Untersuchten trat die Fusion erst nach lange andauernder Betrachtung auf.\nOb toxische Einfl\u00fcsse, wie dies Guilleey 1 bei seinen Fusionsversuchen konstatierte (Steigerung der Fusion bei Morphium-genufs, Herabsetzung derselben bei Alkoholintoxikation) auch bei dieser Fusionserscheinung von Einflufs sei, konnte ich nicht unterscheiden, da mir Morphinomane nicht zur Disposition standen und die. von mir untersuchten Alkoholiker wegen des Bestehens eines Zentralskotomes nicht f\u00fcr diese Versuche in Frage kommen konnten.\nWas den Winkelwert der Augenrollung, die zum Zustandekommen der Fusion n\u00f6tig ist, betrifft, so betrug derselbe bis zu 1,5\u00b0 im vertikalen, und bis zu 2,5\u00b0 im horizontalen Meridiane. Doch bestanden sehr wesentliche individuelle Differenzen. Die h\u00f6chsten Werte fand ich bei Ophtalmologen und Physiologen, welche an Fusionsversuche gew\u00f6hnt sind. Einer der ersteren (Herr Prof. R. Liebreich) konnte noch bei einem\n1 G\u00fcillery, Pfl\u00fcgers Archiv 79, S. 77. Zitiert bei Kbusius, Archiv f. Augenheilk. 61, S. 211.","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Fusion von Netzhautbildern, welche beim Sehen usw. 321\nvertikalen Abstande beider Bilder von 2\u00b0 dieselben zur Vereinigung bringen. Bei einem Neurastheniker betrug die Rotation der Augen, bei welcher noch die vollst\u00e4ndige Fusion von zwei Quadraten zustande kam, nur wenige Minuten. Eine genaue Feststellung des Winkelwertes war bei demselben nicht m\u00f6glich, da rasch Erm\u00fcdungsgef\u00fchl auftrat.\nVon grofsem Interesse ist, dafs keinem der von mir untersuchten Kranken bekannt war, dafs die Quadrate im Sinne einer Vereinigung in Schachbrettform gezeichnet waren und dafs die Fusion im Sinne der Fig. 3 unbewufst zustande kam. Den Gelehrten war jedoch von mir vor der Untersuchung die Disposition der Quadrate mitgeteilt worden und war gegen ihre Voraussetzung die Fusion zweier auf nichtkorrespondierende Netzhaut st eilen projizierter gleichartiger Bilder erfolgt.\nEs tritt beim Zustandekommen dieser Fusionserscheinung\u201c eine St\u00f6rung der koordinierte^ Augenbewegungen (Rotation nur eines Auges) im Interesse der Vereinigung von zwei gleichartigen Bildern, auf zwei identische Netzhautstellen auf.\nZur Erkl\u00e4rung dieser Erscheinung mufs auf das Weiterbestehen von Einfachsehen bei dem Betrachten von Gegenst\u00e4nden hingewiesen werden, wenngleich vor eines der Augen ein Prisma mit seitlicher oder H\u00f6hendeviation vorgesetzt ist. Auch bei diesem Versuche f\u00fchrt nur ein Auge eine Bewegung aus, die im Interesse der Vermeidung von Doppelbildern erfolgt. Die Prismen, durch welche diese uni-okul\u00e4re Augenbewegung entstehen, d\u00fcrfen bei horizontaler Stellung 5 \u00b0, bei vertikaler 30 nicht \u00fcbersteigen.1 Da die durch ein Prisma hervorgerufene Ablenkung ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte des Prismenwinkels betr\u00e4gt, so stimmt der Grad der Augenrollung, der zum Zustandekommen der Fusionserscheinung n\u00f6tig ist, mit den beim Prismenversuche gefundenen Werten f\u00fcr uni-okul\u00e4re im Interesse der Vermeidung von Doppelbildern erfolgenden Rotation \u00fcberein.\nBei dem Vorsetzen eines seitlich oder vertikal ablenkenden Prismas ist sich jedoch der Beobachter dessen bewufst, dafs eventuell auftretende nichtfusionierte Bilder, nur Doppelbilder des gesehenen Gegenstandes sein k\u00f6nnten, w\u00e4hrend bei dem Betrachten von zwei gleichen Quadraten nichts den Beobachter zu\n1 Vgl. z. B. Tscherning, Optique physiologique. Paris, Carr\u00e9 et ISaud. 1898. S. 280.","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nEmil Berger.\nder Annahme zwingt, dafs dieselben Doppelbilder eines einzigen Quadrates sein k\u00f6nnten. Selbst, wenn zuvor der Beobachter unterrichtet war, dafs die Quadrate im Sinne des Zustandekommens einer Schachfigur gezeichnet sind, tritt doch gegen die Erwartung und den Willen des Beobachters eine durch uni-okul\u00e4re Augendrehung hervorgerufene Fusion auf. Letztere St\u00f6rung der koordinierten Augenbewegungen tritt unbewufst, ja gegen den Willen des Untersuchers auf im Interesse der Fusion von zwei gleichartigen aber auf nichtidentische Netzhautstellen projizierten Bildern.\nBekanntlich ist der Prozefs der Fusion binokular gebotener Bilder als ein \u201ecerebral (sub-)kortikal erfolgender Vorgang\u201c1 anzusehen. Im Interesse des Einfachsehens erfolgen die der Willk\u00fcr entzogenen koordinierten Fusionsbewegungen der Augen2 oder bis zu einem gewissen Grade St\u00f6rungen der koordinierten Bewegungen der Augen.\t^\nMit obigen Erscheinungen liefse sich sehr wohl die Annahme eines subkortikalen Fusionszentrums in Einklang bringen, welches einerseits mit dem kortikalen Sehzentrum in Verbindung steht, andererseits die subkortikalen Zentren der koordinierten Augenbewegungen beeinflufst, ja im Interesse der Fusion (Fusionszwang) bis zu einem gewissen Grade eine St\u00f6rung der koordinierten Augenbewegungen hervorrufen kann. Eine eingehende Untersuchung der hier beschriebenen Erscheinung von seiten der Neurologen k\u00f6nnte vielleicht eine genaue Lokalisation des Fusionszentrums erm\u00f6glichen.\n1\tVgl. Krusius, Archiv f\u00fcr Augenheilkunde 61, S. 248.\n2\tVgl. Hofmann und Bielschowsky, Pfl\u00fcgers Archiv 80.\t1900.","page":322}],"identifier":"lit33562","issued":"1910","language":"de","pages":"315-322","startpages":"315","title":"\u00dcber die Fusion von Netzhautbildern, welche beim Sehen durch ein Stereoskop auf nichtkorrespondierende Netzhautstellen fallen","type":"Journal Article","volume":"44"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:01:47.746677+00:00"}

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