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Über die Genauigkeit der Wahrnehmung und Ausführung von Augenbewegungen

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{"created":"2022-01-31T16:48:37.675421+00:00","id":"lit33570","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Grim, Klara","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 45: 9-26","fulltext":[{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem physiologischen Institut zu Freiburg i. B.)\n\u00dcber die Genauigkeit der Wahrnehmung und Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen.\nVon\nKlara Geim.\nWie bekannt, ist unser Sehorgan mehr als irgend ein anderes Sinneswerkzeug f\u00fcr die Wahrnehmung r\u00e4umlicher Verh\u00e4ltnisse eingerichtet und geeignet. Es steht damit in Zusammenhang, dafs auch die Bewegungen des Auges, die ja an jenen Wahrnehmungen jedenfalls einen grofsen Anteil haben, eine besonders hochgradige Genauigkeit und Feinheit der Regulierung auf weisen. Obwohl \u00fcber die Richtigkeit dieser Tatsache kaum Zweifel bestehen werden, so st\u00f6fst es doch auf mancherlei Schwierigkeiten, f\u00fcr die Pr\u00e4zision der Augenbewegungen, f\u00fcr die Genauigkeit, mit der sie ausgef\u00fchrt oder wahrgenommen werden, bestimmte Mafse zu gewinnen. Ich habe die in dieser Richtung vorliegenden Angaben auf Vorschlag von Herrn Professor von Keies in einigen Hinsichten durch neue Beobachtungen zu erg\u00e4nzen versucht, m\u00f6chte jedoch, ehe ich \u00fcber diese berichte, zun\u00e4chst einen kurzen \u00dcberblick \u00fcber die bereits vorliegenden \u00e4lteren Beobachtungen geben, die sich auf diesen Gegenstand beziehen.\nEine der einfachsten und der experimentellen Beantwortung am leichtesten zug\u00e4nglichen Fragen, die mit unserem Gegenst\u00e4nde jedenfalls in Zusammenhang steht, ist die, von welcher Art oder von welchem Betrage die Bewegungen \u00e4ufserer Gegenst\u00e4nde sein m\u00fcssen, damit wir sie als bewegt erkennen k\u00f6nnen, die Frage nach den Schwellenwerten der Bewegung. Bestimmungen dieser Art sind zuerst von Aubeet 1 ausgef\u00fchrt worden. Das Prinzip\n1 Pfl\u00fcgers Archiv 39, S. 186. Ebenda 40, S. 459.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nKlara Grim.\nderselben war durchweg das, die Geschwindigkeit einer solchen Bewegung zu ver\u00e4ndern, somit eine an der Grenze der Wahrnehmbarkeit stehende und als Schwellenwert zu bezeichnende Geschwindigkeit zu ermitteln. Es zeigte sich dabei freilich sogleich, dafs die zu erhaltenden Werte von mancherlei Umst\u00e4nden in hohem Grade abhingen. Am einfachsten liegen die Dinge, wenn eine feste Marke fixiert wird und Gegenst\u00e4nde, die in kleinerer oder gr\u00f6fserer Entfernung von dieser sich befinden, mit wechselnden Geschwindigkeiten bewegt werden. Wie zu erwarten, findet sich alsdann die Geschwindigkeitsschwelle um so h\u00f6her, je weiter exzentrisch die beobachtende Netzhautstelle gelegen ist. So fand Aubert, dafs der Schwellenwert sich bei einem Abstande von 15' auf nicht ganz eine Bogenminute (54 Sek.) in der Zeitsekunde belief, mit zunehmender Exzentrizit\u00e4t wuchs und bei einem Abstande von 90 vom Fixationspunkt auf 13\u201418' pro Sekunde gewachsen war.\nStreng genommen haben jedoch diese Beobachtungen wohl mit der Bewegung der Augen keinen ganz unmittelbaren Zusammenhang, da ja bei den hier gestellten Versuchsbedingungen solche nicht ausgef\u00fchrt werden sollen und wohl auch tats\u00e4chlich nicht ausgef\u00fchrt werden. Anders verh\u00e4lt es sich, wenn es sich um die Wahrnehmung der Bewegung eines Punktes handelt, den wir fixieren, und dem wir mit dem Blicke folgen d\u00fcrfen. Auch nach diesem Prinzip sind zun\u00e4chst von Aubert Versuche ausgef\u00fchrt worden. Sie ergaben, dafs, wie auch nicht \u00fcberraschend, die Wahrnehmung, ob ein bestimmter Punkt sich bewegt oder ruht, in ganz entscheidender Weise davon abh\u00e4ngt, ob aufser diesem Punkte und in seiner Nachbarschaft andere ruhende und als ruhend bekannte Gegenst\u00e4nde vorhanden sind oder nicht. So fand Aubert, dafs bei Vorhandensein solcher Objekte die Bewegung eines Punktes sogleich sichtbar war, wenn ihre Geschwindigkeit etwa 1'\u20142' in der Sekunde betrug. Dieser Schwellenwert stieg auf das Zehnfache, wenn das betreffende Objekt durch den Schlitz eines vor dem Auge angebrachten schwarzen K\u00e4stchens beobachtet wurde, wobei jedoch die R\u00e4nder dieses Schlitzes immer noch als ruhende Nachbarobjekte in Betracht kommen und die Wahrnehmung der Bewegung erleichtern mufsten. Eine in dieser Beziehung ganz einwandfreie Beobachtung erh\u00e4lt man erst, wenn man in einem sonst v\u00f6llig dunklen Raume ein allein wahrnehmbares leuchtendes P\u00fcnktchen anbringt,","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022 ______________\nUber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen. H\ndiesem Bewegungen von verschiedener Geschwindigkeit und verschiedenem Umfange mitteilt und unter diesen Umst\u00e4nden die Wahrnehmbarkeit der Bewegung pr\u00fcft. Auch nach diesem Prinzip sind von Aubert Versuche angestellt wTorden. Sie stiefsen jedoch auf Schwierigkeiten besonderer Natur. Es zeigte sich, \u201edafs man einerseits bisweilen fest \u00fcberzeugt ist, Bewegungen zu sehen, wenn keine objektiven Bewegungen vorhanden sind, andererseits recht lebhafte objektive Bewegungen nicht empfunden und \u00fcberhaupt nicht bemerkt worden\u201c. Die erstere von Aubert als autokinetische Empfindungen bezeichnete Erscheinung erschwerte bei seiner Versuchsanordnung infolge der M\u00f6glichkeit der Verwechslung mit wirklicher Bewegung in hohem Mafse die Gewinnung von Schwellenwerten.\nVersuche \u00e4hnlicher Art sind dann sp\u00e4ter noch von Bourdon1 angestellt wTorden, der die autokinetischen Empfindungen zwar auch bemerkte, jedoch nicht in dem Grade st\u00f6rend fand, dafs sie die Feststellung bestimmter Schwellenwerte unm\u00f6glich gemacht h\u00e4tten. Er gibt an, dafs Bewegungen eines leuchtenden Objekts im sonst dunklen Raume im allgemeinen richtig wahr-genoinmen werden, wenn ihre Geschwindigkeit 14\u201421 Winkelminuten in der Sekunde betr\u00e4gt. Diese Angaben resp. die Versuche, auf denen sie beruhen, sind jedoch noch mit einem anderen Bedenken behaftet. Es versteht sich n\u00e4mlich von selbst, dafs jede Bewegung, sofern sie dauernd in derselben Richtung fortgesetzt wird, mit voller Sicherheit wahrnehmbar werden mufs, wenn wir sie nur lange genug andauern lassen. Um irgendwelche bestimmten Ergebnisse zu erhalten, m\u00fcfste man also Zeit oder Umfang der Bewegung irgendwie willk\u00fcrlich begrenzen (wodurch ein willk\u00fcrliches Moment in die Versuchsbedingungen kommt) oder etwa im Anschlufs an Aubert zu unterscheiden versuchen, ob die Bewegung sofort oder erst nach einiger Zeit wahrgenommen werden kann.\nSo k\u00f6nnen wir, wie ich glaube, von einer bestimmten Geschwindigkeit als dem Schwellenwerte f\u00fcr die Wahrnehmung einer Bewegung auf Grund der bisherigen Beobachtungen eigentlich nicht reden.\nAls von einem ganz anderen Gesichtspunkte ausgehend, k\u00f6nnen sodann Untersuchungen hier angereiht werden, die haupt-\n1 La perception visuelle de l\u2019espace. Paris, 1902.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nKlara Grim.\ns\u00e4chlich durch die neueren Versuche von Basler1 2 repr\u00e4sentiert sind. Wir k\u00f6nnen n\u00e4mlich (statt der Geschwindigkeit) auch den Umfang einer Bewegung uns ver\u00e4ndert und zwar bis an die Grenze der Wahrnehmbarkeit vermindert denken. Die Geschwindigkeiten w\u00e4ren dabei wohl am zweckm\u00e4fsigsten so zu w\u00e4hlen, dafs sie f\u00fcr die Erkennung der Bewegung m\u00f6glichst g\u00fcnstig sind. Die Untersuchungen des genannten Autors haben ergeben, dafs bei passender Geschwindigkeit der Bewegung (er wandte bei seinen Versuchen eine Bewegungsdauer von 1j16 Sek. an) eine Erkennung schon bei einem Umfange von etwa 20 Bogensekunden m\u00f6glich war, einem Umfange, der insbesondere erheblich kleiner ist als die geringste Entfernung, bei der zwei gleichzeitig gesehene Punkte oder Linien noch getrennt wahrgenommen werden k\u00f6nnen.\n\u00dcberlegt man die theoretische Grundlage dieser Versuche, so wird es zweifelhaft erscheinen k\u00f6nnen, ob bei ihnen die Bewegung der Augen \u00fcberhaupt ins Spiel kommt. Man wird vielmehr wohl richtiger sagen m\u00fcssen, dafs hier die r\u00e4umliche Unterscheidungsf\u00e4higkeit unter besonderen Bedingungen resp. nach einer besonderen Verfahrungsweise gepr\u00fcft wird, ganz \u00e4hnlich wie z. B. Metzner und v. Frey 2 auch die r\u00e4umliche Unterscheidungsf\u00e4higkeit auf der Haut mit simultanen und daneben mit sukzessiven Reizen gepr\u00fcft haben. Auch schliefst sich das hier gefundene Ergebnis dem von diesen Beobachtern erhaltenen an, da auch sie die Sukzessivschwelle unter der Simultanschwelle liegend fanden.\nDer \u00dcberblick \u00fcber die \u00e4lteren Versuche und die ihnen zukommende Bedeutung l\u00e4fst erkennen, dafs es, um einen Anhalt f\u00fcr die Genauigkeit der Wahrnehmung von Augenbewegungen zu erhalten, darauf ankommen w\u00fcrde, die Geschwindigkeit zu ver\u00e4ndern und einen Geschwindigkeitswert als Schwelle zu ermitteln, dafs es aber zur Erreichung dieses Zweckes notwendig ist, einerseits von den autokinetischen Empfindungen, andererseits auch von dem bei unbegrenzter Zeit dauernd wachsenden Umfange der Bewegung sich unabh\u00e4ngig zu machen. Als ein hierf\u00fcr geeignetes Verfahren ergab sich das, die Bewegungen eines im sonst v\u00f6llig dunklen Raume allein sichtbaren P\u00fcnktchens zu\n1\tPfl\u00fcgers Archiv 115, S. 582. 1906. Ebenda 124, S. 313. 1908.\n2\tDiese Zeitschrift 26, S. 33, 1901 und 29, S. 164, 1902.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022 ______________\nTiber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen. 13\nbeobachten (\u00e4hnlich wie es schon Aubeet getan hat), diesem jedoch keine geradlinige, sondern eine Bewegung in geschlossener Bahn, am einfachsten eine kreisf\u00f6rmige zu erteilen. Es liefs sich erwarten, dafs hier bei bestimmter Gr\u00f6fse der Kreisbahn eine bestimmte Geschwindigkeit (Umlaufszeit) f\u00fcr die Erkennbarkeit der Bewegung erforderlich sein und dafs auf diese Weise in der Tat zu Werten zu gelangen sein werde, die man als Geschwindigkeitsschwellen bezeichnen darf. Dies haben die Versuche in der Tat best\u00e4tigt.\nMan hat hier f\u00fcr die Erkennbarkeit der Bewegung ein einfaches und sicheres Kriterium darin, dafs man \u00fcber die Phase derselben in jedem Augenblick im klaren ist, d. h. anzugeben vermag, in welchem Teile seiner Bahn (oben oder unten, rechts oder links) der Lichtpunkt sich gerade befindet. Autokinetische Empfindungen k\u00f6nnen auch hier wohl gelegentlich auftreten und dem Beobachter ein langsames Wandern der ganzen kleinen Kreisbahn in einer Richtung Vort\u00e4uschen. Sie hindern aber nicht die Schwelle zu ermitteln, bei der die Kreisbewegung wahrnehmbar wird.\nDen erw\u00e4hnten Bedingungen entsprechend wurde die nachstehend beschriebene Versuchsanordnung getroffen. Durch einen elektrischen Motor wird eine am Ende einer horizontal liegenden, drehbaren Achse befestigte runde Scheibe in Bewegung gesetzt. An dem anderen Ende der Achse ist ein kleiner Spiegel so angebracht, dafs er durch Schrauben aus der zur Achse senkrechten Lage in eine beliebige Winkelstellung gebracht werden kann. Der Spiegel macht die Drehungen der Achse mit; er ist nicht belegt und besteht zur Vermeidung doppelter Reflexion aus schwarzem Glas. Auf den Spiegel f\u00e4llt durch eine runde, in ihrer Weite verstellbare \u00d6ffnung das Licht einer kleinen Gl\u00fchlampe, die im \u00fcbrigen vollst\u00e4ndig abgedunkelt ist. Eine in der \u00d6ffnung angebrachte Mattglasscheibe d\u00e4mpft das austretende Licht so weit, dafs es als Lichtquelle, die die umliegenden Gegenst\u00e4nde beleuchtete, nicht in Betracht kommen kann. Durch Ver\u00e4nderung der Neigung des Spiegels und der Stellung der Lichtquelle zu ihm l\u00e4fst sich eine Einstellung erzielen, bei der das Bild des leuchtenden Punktes im rotierenden Spiegel eine ann\u00e4hernd kreisf\u00f6rmige Bahn von beliebiger Gr\u00f6fse zur\u00fccklegt.\nDer Ort der Beobachtung wechselt bei den verschiedenen Versuchen. Er ist immer so gew\u00e4hlt, dafs die Verbindungslinie","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nKlara Grim.\nzwischen dem Auge des Beobachters und dem Mittelpunkte des Spiegels mit der Achse, an der der Spiegel befestigt ist, einen Winkel von 450 bildet. Ein genaues Einhalten der richtigen Entfernung zwischen Auge und Spiegelbild wird durch Anbringung eines Stativs gesichert, das eine St\u00fctze f\u00fcr Kinn und Stirn besitzt.\nVom Orte der Beobachtung aus wird der Durchmesser der kreisf\u00f6rmigen Bahn, die der Lichtpunkt im rotierenden Spiegel beschreibt, direkt gemessen. Zu diesem Zwecke ist folgende Einrichtung getroffen. Eine in Glas gravierte Skala mit Milli-metereinteilung wird seitlich vor den Beobachter, in ihrer Fl\u00e4che parallel der Blicklinie aufgestellt und durch eine dahinter stehende Lichtquelle beleuchtet. Die von der Skala ausgehenden Strahlen fallen auf ein planparallel geschliffenes Deckgl\u00e4schen, welches in der Richtung der Blicklinie in der H\u00f6he des Auges angebracht ist. Indem es zur Blicklinie in einem Winkel von 45\u00b0 geneigt steht, reflektiert es das Bild der Skala in den Spiegel, wo es mit dem des leuchtenden Punktes zur Deckung kommt, so dafs man dessen Gr\u00f6fse resp. die seiner Exkursionen in absolutem Mafse ablesen kann. Voraussetzung dazu ist, dafs die virtuellen Spiegelbilder gleich weit vom Auge des Beobachters entfernt sind. Diese Bedingung ist erf\u00fcllt, wenn bei kleinen Bewegungen des Auges keine parallaktische Verschiebung zwischen den Spiegelbildern stattfindet. Das Ablesen des Durchmessers der Bahn geschieht mittels eines Fernrohrs.\nDer Zweck der Versuche, Feststellung eines Geschwindigkeitsschwellenwerts f\u00fcr Wahrnehmung von Bewegungen, erfordert eine weitgehende M\u00f6glichkeit der Abstufung der Geschwindigkeit. Im Groben ist diese erm\u00f6glicht durch Anwendung gr\u00f6fserer oder kleinerer \u00dcbertragung zwischen Motor und Drehscheibe. Die feinere Einstellung mufs w\u00e4hrend des Versuchs, also im Dunkeln vom Platze des Beobachters aus geschehen. Zu diesem Zwecke wird in die Stromleitung ein Rheostat eingeschaltet, der leicht mit der Hand zu bedienen ist, ohne dafs der Beobachter genau \u00fcber seine Einstellung orientiert ist, so dafs eine suggestive Beeinflussung ausgeschlossen ist. Um die gesuchte Geschwindigkeit herzustellen, kann man auf zweierlei Weise Vorgehen : man kann entweder von einer \u00fcberschwelligen Geschwindigkeit hinuntergehen oder auch von unterschwelligen Werten ausgehend durch allm\u00e4hliche Steigerung der Geschwindigkeit diejenige erreichen, bei der die Bewegung zum ersten Male mit Sicherheit erkannt","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Uber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen.\t15\nwerden kann. Da bei ersterem Vorgehen die Unsicherheit in der Beurteilung, welche bei allen derartigen Untersuchungen eine nicht unbetr\u00e4chtliche Rolle spielt, bedeutend mehr zur Geltung kommt als bei der letzteren Art, ist bei den vorliegenden Versuchen stets nur Steigerung der Geschwindigkeit angewandt worden.\nVon einer Messung der erreichten Geschwindigkeit auf mechanischem Wege ist wegen der Schwierigkeit der Einrichtung Abstand genommen worden. Die Umlaufszeit der Scheibe und damit die Geschwindigkeit der Kreisbewegung des Spiegelbildes ist durch Beobachtung der Dauer von je 10 Umdrehungen direkt mittels der Uhr festgestellt worden. Die Bewegungsgeschwindig-\nkeit in der Sekunde ist v\n2 r 7t\nmittlere Umlaufszeit \u2019\ndie Winkel-\ngeschwindigkeit \u2014 wenn E die Entfernung des Beobachters vom Spiegelbilde ist.\nIch habe bei meinen Versuchen die Entfernung des Beobachters variiert und damit den scheinbaren Durchmesser der Kreisbahn (der absolut immer 3 mm betrug) variiert, die scheinbare Gr\u00f6fse des Objekts aber konstant gehalten, indem dieses jenem Abstande proportional ge\u00e4ndert wurde. Unter jeder Art von Bedingungen habe ich 50 Bestimmungen ausgef\u00fchrt, deren Ergebnisse die nachstehenden Tabellen enthalten.\nS\u00e4mtliche Versuche sind monokular mit dem astigmatischen aber korrigierten linken Auge, das volle Sehsch\u00e4rfe besitzt, ausgef\u00fchrt worden.\nTabelle I.\nAbstand des Spiegelbildes vom Beobachter = 1,50 m Gr\u00f6fse des Objekts = 1 mm == 2'17\"\nDurchmesser der Bahn = 3 mm \u2014 6'52\"\nUmlaufszeiten f\u00fcr je 10 Umdrehungen:\n22\t22\t21\t28\t28\n28\t21\t20\t26\t27\n27\t25\t28\t22\t26\n22\t22\t26\t22\t27\n23\t28\t28\t22\t28\n20\t27\t25\t22\t25\n20\t22\t27\t23\t28\n22\t24\t27\t21\t24\n24\t22\t27\t20\t24\n22\t20\t28\t22\t27\nMittlere\tUmlaufszeit\t= 2,42 Sek.\t\t\nWinkelgeschwindigkeit = 8'54\"","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nKlara Grim.\nTabelle IL\nAbstand des Spiegelbildes vom Beobachter \u2014 3m Gr\u00f6fse des Objekts = 2 mm = 2'17\"\nDurchmesser der Bahn = 3 mm = 3 26\" Umlaufszeiten f\u00fcr je 10 Umdrehungen:\n20\t20\t20\t18\t17\n19\t21\t20\t18\t18\n19\t23\t20\t17\t19\n21\t22\t18\t20\t18\n18\t20\t21\t18\t19\n20\t21\t20\t21\t18\n18\t22\t18\t22\t20\n18\t20\t19\t19\t18\n20\t23\t18\t20\t18\n18\t21\t18\t18\t20\nMittlere\tUmlaufszeit =\t1,94 Sek.\t\t\nWinkelgeschwindigkeit = 5'34\"\nTabelle III.\nAbstand des Spiegelbildes vom Beobachter = 6 m Gr\u00f6fse des Objekts = 4 mm = 2T6\"\nDurchmesser der Bahn = 3 mm = 1'43\" Umlaufszeiten f\u00fcr je 10 Umdrehungen:\n15\t18\t15\t16\t16\n18\t19\t16\t15\t15\n16\t20\t16\t16\t16\n17\t18\t17\t14\t17\n17\t16\t16\t16\t17\n16\t17\t15\t17\t16\n15\t17\t16\t16\t15\n15\t16\t17\t14\t14\n15\t16\t16\t15\t16\n17\t16\t16\t17\t15\nMittlere Umlaufszeit \u2014 1,59 Sek.\nWinkelgeschwindigkeit = 322\"\nEs bot einiges Interesse zu pr\u00fcfen, ob und eventuell in welchem Betrage die Geschwindigkeitsschwellen sich \u00e4ndern w\u00fcrden, wenn unter solchen Bedingungen gearbeitet wird, dafs (im Sinne der Duplizit\u00e4tstheorie) nur der Dunkelapparat des Auges in Funktion ist, bei Lichtst\u00e4rken also, die noch keine Farbenerkennung gestatten. Ich habe daher eine weitere Reihe von Versuchen in der hierf\u00fcr erforderlichen Weise ausgef\u00fchrt.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"_ \u2022 \u2022_ _\n\u00fcber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen. 17\nDie Versuchsanordnung war dabei im \u00fcbrigen die gleiche. Sie unterschied sich nur dadurch, dafs kurzwelliges und zwar, da es den h\u00f6chsten D\u00e4mmerungswert besitzt, blaues Licht von einer sicher unter dem Schwellenwert f\u00fcr direktes Sehen liegenden Lichtst\u00e4rke benutzt wurde. Ferner sind die Versuche mit durch l\u00e4ngeres Verweilen im Dunkeln dunkeladaptiertem Auge ausgef\u00fchrt worden. Hierbei ergaben sich folgende Werte :\nTabelle IV.\nAbstand des Spiegelbildes vom Beobachter = 1,50 m Gr\u00f6fse des Objekts = 1 mm = 2T7\"\nDurchmesser der Bahn = 3 mm = 6'52\" Umlaufszeiten f\u00fcr je 10 Umdrehungen:\n15\t15\t15\t15\t15\n12\t17\t16\t15\t15\n17\t18\t18\t15\t14\n14\t15\t14\t13\t16\n15\t13\t18\t15\t17\n16\t16\t14\t16\t16\n14\t20\t17\t16\t18\n17\t16\t18\t17\t16\n17\t17\t17\t17\t15\n18\t18\t17\t17\t18\nMittlere\tUmlaufszeit\t= 1,6 Sek.\t\t\nWinkelgeschwindigkeit = 13 30\"\nTabelle V.\nAbstand des Spiegelbildes vom Beobachter = 3 m Gr\u00f6fse des Objekts = 2 mm = 2T7\"\nDurchmesser der Bahn \u2014 3 mm = 326\" Umlaufszeiten f\u00fcr je 10 Umdrehungen:\n11\t12\t11\t10\t12\n11\t13\t11\t12\t11\n12\t11\t11\t11\t13\n11\t12\t12\t13\t14\n10\t14\t13\t12\t14\n12\t11\t14\t13\t13\n13\t12\t12\t12\t12\n11\t10\t11\t11\t12\n13\t11\t11\t12\t14\n14\t10\t12\t14\t12\nMittlere\tUmlaufszeit\t= 1,2 Sek.\t\t\nWinkelgeschwindigkeit = 9' Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 45.","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nKlara Grim.\nTabelle VI.\nAbstand des Spiegelbildes vom Beobachter = 6 m Gr\u00f6fse des Objekts =* 4 mm -= 2'16\"\n\tDurchmesser\tder Bahn\t\u2014 3 mm =\t1'43\"\t\t\n\tUmlaufszeiten f\u00fcr je 10\t\tUmdrehungen :\t\t\t\n\t7\t8\t10\t7\t7\t\n\t9\t8\t9\t8\t7\t\n\t8\t9\t8\t9\t8\t\n\t8\t9\t8\t7\t7\t\n\t7\t8\t8\t9\t8\t\n\t7\t9\t8\t8\t8\t\n\t9\t8\t9\t8\t9\t\n\t8\t8\t9\t7\t9\t\n\t9\t9\t8\t8\t9\t\n\t9\t8\t9\t9\t8\t\n\tMittlere Umlaufszeit =\t\t0,82 Sek.\t\t\t\n\tWinkelgeschwindigkeit\t\t= 6' 36\"\t\t\t\nStellen wir die Ergebnisse\t\t\t\u00fcbersichtlich zusammen,\t\t\tso w\u00e4re\nzu sagen,\tdafs f\u00fcr\tkreisf\u00f6i\trmig bewegte\t\tGegenst\u00e4nde\t\ndie f\u00fcr eine Erkennung d\t\t\ter Bewe\tgung\terford e\trlich e\nGesch wi\tn digkeits\tsschwrelle um so\t\tnie dr\tiger li<\tegt. je\nst\u00e4rker\tdie Bahn\tgekr\u00fcmmt ist\t\tund :\ti.n den\tunter-\nsuchten\tBereiche\t)n (Dur\tchmesse\tr der\tBahn\t1,7-7')\nsich f\u00fcr\tBeobachi\ttungen\tbei etwi\tas st\u00e4\trkerem\tLicht\nzwischen 3 und 9'\t\tin der Sekunde\t\tbe we\tgen, um beim\t\nD\u00e4mmer\tungssehe\tn auf 6\t',5\u201413' in der\t\tS e k u n\tde zu\nwachsen.\nVergleicht man dies mit den eingangs erw\u00e4hnten \u00e4lteren Befunden, so zeigt sich in erster Linie, dafs die hier gefundenen Schwellenwerte betr\u00e4chtlich niedriger sind als die von den fr\u00fcheren Autoren f\u00fcr gradlinige Bewegungen gefundenen. Bei gleich er Gesch win digkeit wird also eine gekr\u00fcmmte Bewegung erheblich leichter wahrgenommen, als eine in derselben Richtung sich fortsetzende. Damit steht es im Einkl\u00e4nge, dafs auch innerhalb meiner Beobachtungen die Schwellenwerte mit zunehmender Kr\u00fcmmung der Bahn sich weiter vermindern.\nErw\u00e4gt man, worin der Grund dieses Verhaltens liegen kann* so wird man darauf zur\u00fcckgehen m\u00fcssen, wie sich eigentlich bei einer Beobachtung der hier in Rede stehenden Art die Dinge abspielen.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bb\u00bb\nTJber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen. 19\nWenn wir einen bewegten Gegenstand dauernd fixieren, d. h. ihm mit dem Blicke folgen wollen, so l\u00e4fst sich niemals ausschliefsen, dafs wir die Augen f\u00fcr eine kurze Zeit wirklich still halten, somit das Netzhautbild sich verschiebt und die Be-wegung auf diese Weise bemerkbar wird. Allein auch bei einem ruhenden Gegenst\u00e4nde wird sich das vermutlich nicht wesentlich anders verhalten. Auch hier vielmehr d\u00fcrften wohl kleine Verschiebungen der Netzhautbilder und kleine die Augenstellung wieder berichtigende Innervationen fortw\u00e4hrend stattfinden. Wenn daher behufs dauernder Fixation solche Innervationen unter allen Umst\u00e4nden erforderlich sind, gleichviel, ob der Gegenstand an seiner Stelle verharrt oder sich langsam verschiebt, so wird es eben darauf ankommen, ob diese leichten Bewegungen oder Bewegungsantriebe wahrgenommen werden k\u00f6nnen. Unter dieser Voraussetzung erscheint es dann verst\u00e4ndlich, dafs wir uns relativ leicht gew\u00f6hnen, die Stellung der Augen dauernd in einem Sinne ein wenig zu modifizieren (den Kontraktionsgrad eines Muskels ganz allm\u00e4hlich zunehmen zu lassen), ohne dies als Bewegung zu empfinden, w\u00e4hrend eine fortdauernd sich \u00e4ndernde Bewegungsrichtung leichter wahrgenommen wird.\nAuch bei dieser Auffassung versteht es sich, dafs die kleinen Verschiebungen der Netzhautbilder in den ganzen Vorgang ein-gehen, und es kann daher nicht \u00fcberraschen, dafs die Geschwindigkeitsschwellen sich beim D\u00e4mmerungssehen erh\u00f6hen. Doch ist diese Erh\u00f6hung bis etwa auf die doppelten Werte von erheblich geringerem Betrage als die Verminderung der r\u00e4umlichen Unterscheidungsf\u00e4higkeit, die ja etwa auf 1/l bis 1/l\u00fc veranschlagt werden kann.1\nHandelt es sich bei den bisher beschriebenen Versuchen um die Frage, mit welcher Genauigkeit Bewegungen des Auges wahrgenommen werden k\u00f6nnen, so k\u00f6nnen wTir andererseits auch die Frage auf werfen, mit welcher Genauigkeit oder welchem Pr\u00e4zisionsgrade sie ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. F\u00fcr eine Ermittlung dieser Art bietet sich die M\u00f6glichkeit in gewissen aus der t\u00e4glichen Erfahrung sehr bekannten, jedoch meines Wissens bis jetzt nicht des genaueren verfolgten und in dieser Richtung nicht verwerteten Beobachtungen. Wenn die Aufgabe gestellt ist, z. B. eine Reihe in gleichem Abstande nebeneinandergeordneter\n1 Vgl. y. Kries, Zentralblatt f. Physiologie 8, S. 694. 1894.\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nKlara Grim.\nPunkt\u00a9 oder paralleler Linien zu z\u00e4hlen, so kann m\u00e2n dies, wiG bekannt, ohnG besondere Hilfsmittel (indem man einfach die Reihe der Objekte mit dem Auge durchl\u00e4uft) ausf\u00fchren, solange die einzelnen Objekte nicht zu nahe aneinander stehen. Ist dagegen der Abstand ein zu geringer, so st\u00f6fst der Versuch, in dieser Weise zu z\u00e4hlen, auf Schwierigkeit; wir kommen, indem wir den Blick von einem auf das folgende Objekt \u00fcbergehen lassen, in Gefahr uns zu t\u00e4uschen, und bei noch kleinerem Abstande ist ein Z\u00e4hlen in dieser Weise ganz unm\u00f6glich. Wir m\u00fcssen dann einen beweglichen Gegenstand, eine Nadel oder dgl. als Hilfsmittel benutzen, um der Reihe nach die einzelnen Objekte sicher zu bezeichnen, und gelangen nur so zu einer sicheren\nZ\u00e4hlung.\nBei der Deutung dieser Tatsache darf man nun, wie ich glaube, von der folgenden \u00dcberlegung ausgehen. Das Verfahren des Z\u00e4hlens besteht hier darin, dafs wir zun\u00e4chst einen Punkt fixieren ; wir m\u00fcssen alsdann den Blick auf den folgenden springen lassen, z\u00e4hlen diesen als zweiten, lassen den Blick auf den wiederum n\u00e4chsten springen, den wir als dritten z\u00e4hlen usw. Die wesentliche Bedingung des Verfahrens (und diejenige, die bei zu kleinem Abstande der Punkte nicht mehr erf\u00fcllt ist) besteht also darin, dafs wir bei der springenden Bewegung des Auges sicher sind, wirklich den benachbarten Punkt mit dem Blicke zu treffen, nicht aber etwa einen zu \u00fcberspringen oder auf den vorher fixierten wiederum zur\u00fcckzukehren. Diese Bedingung l\u00e4fst sich leicht des genaueren zahlenm\u00e4fsig formulieren, sie wird jedenfalls nicht mehr erf\u00fcllt sein, wenn die impulsive, springende Augenbewegung mit einem zuf\u00e4lligen Fehler behaftet ist, der den halben Abstand zweier Objekte erreicht oder diesem Werte nahe kommt, erf\u00fcllt dagegen, wenn die Unsicherheit (der zuf\u00e4llige Fehler) hinter diesem Werte um einen gewissen, nicht gar zu geringen Betrag zur\u00fcckbleibt.\nGehen wir von dieser \u00dcberlegung aus, so wird zun\u00e4chst aus der Tatsache, dafs der erw\u00e4hnte Modus des Z\u00e4hlens bei gr\u00f6fseren Abst\u00e4nden der Objekte leicht m\u00f6glich ist, bei kleineren dagegen versagt, geschlossen werden k\u00f6nnen, dafs die Unsicherheit der Bewegung (ihr zuf\u00e4lliger Fehler) nicht dem geforderten Umfange proportional zunimmt (denn in diesem Falle m\u00fcfste die Ausf\u00fchrbarkeit f\u00fcr alle Intervalle \u00fcbereinstimmend gegeben sein oder fehlen), sondern f\u00fcr die kleineren Intervalle relativ gr\u00f6fser ist.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbeivegungen. 21\nFinden wir ferner den kleinsten Winkelabstand zweier benachbarter Objekte, bei dem das Z\u00e4hlen noch m\u00f6glich ist, \u2014 a, so w\u00fcrde zn schliefsen sein, dafs eine Bewegung um den Winkel oc\ncc\nmit einem Fehler <[ w ausgef\u00fchrt werden kann, w\u00e4hrend die\nLx\nrelative Genauigkeit f\u00fcr gr\u00f6fsere Winkel gr\u00f6fser, f\u00fcr kleinere geringer sein w\u00fcrde.\nMit der Untersuchung der Genauigkeit, mit der Augenbewegungen ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen, und somit mit der Feststellung des kleinsten Winkelabstands zwischen zwei Objekten, der ein Z\u00e4hlen noch gestattet, besch\u00e4ftigen sich die nachstehenden Versuche.\nSie wurden in der Weise angestellt, dafs der Ort der Beobachtung stets derselbe blieb, w\u00e4hrend der Standpunkt der Objekte nach Bedarf gewechselt wurde. Letzteres wurde erreicht mittels eines in Schienen laufenden Schlittenapparates, den der Beobachter von seinem Platze aus durch eine Schnur\u00fcbertragung vor- und r\u00fcckw\u00e4rts ziehen konnte. An dem entfernteren Ende des Schlittens war eine Tafel mit den zu z\u00e4hlenden Objekten befestigt, w\u00e4hrend\nweiter nach dem Beobachter zu, etwa 15 cm von der Tafel ent-\n\u2022 \u2022\nfernt, ein Diaphragma mit einer quadratischen \u00d6ffnung von 6 cm Seitenl\u00e4nge auf gestellt war, durch welche die Objekte beim Z\u00e4hlen gesehen wurden. Diese Vorrichtung bezweckte, dafs nicht stets die schnell bekannt gewordene ganze Anzahl der auf der Tafel vorhandenen Objekte, sondern eine mit der Stellung des Schlittens wechselnde Reihe sichtbar war. War durch Verschieben des Schlittens die erforderliche Stellung erzielt, so konnte diese, also der Abstand der Tafel vom Auge des Beobachters, an einer seitlich am Gleitbrett des Schlittens angebrachten Mafseinteilung abgelesen werden.\nAls Objekte wurden zu den Versuchen Punkte von 1 mm Durchmesser und Linien von 1 mm Breite genommen und zwar schwarz auf weifsem Grund. Der Abstand der Mittelpunkte resp. Mittellinien war im allgemeinen 9 mm; nur bei einigen Versuchsreihen n\u00f6tigten die beschr\u00e4nkten r\u00e4umlichen Verh\u00e4ltnisse dazu, Objekte mit einem Abstande von 11 resp. 7 mm zu nehmen. In diesem Fall ist also das Verh\u00e4ltnis der Gr\u00f6fse der Objekte zu deren Abstand etwas verschoben.\nDer einzelne Versuch wurde so vorgenommen, dafs ausgehend von einer Entfernung zwischen Auge und Objekt, die weit ober-","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nKlara Grim.\nhalb der gesuchten Werte stand, der Abstand vergr\u00f6fsert wurde bis der Punkt erreicht war, jenseits dessen Zweifel an der Richtigkeit der Resultate auftraten. Die Lage dieses Punktes, sowie des entfernteren, bei dem die M\u00f6glichkeit zu z\u00e4hlen g\u00e4nzlich aufh\u00f6rt, ist festgestellt worden.\nDa zu erwarten war, dafs die Genauigkeit der Augenbewegungen je nach den Richtungen, in denen sie erfolgen, sich verschieden grofs erweisen w\u00fcrde, sind diesbez\u00fcglich verschiedene Versuchsreihen ausgef\u00fchrt worden. Die Tafeln wurden abwechselnd so aufgestellt, dafs das Z\u00e4hlen in horizontaler und vertikaler Richtung, sowie in einer diese unter einem Winkel von 45 0 schneidenden Richtung geschah. Dabei wurde im allgemeinen aufser acht gelassen, ob an dem einen oder anderen Ende der Reihe mit Z\u00e4hlen begonnen wurde. Nur bei wagrechten Linien (vertikaler Richtung des Z\u00e4hlens) sind, da sich hier zwischen auf-und absteigendem Z\u00e4hlen ein Unterschied herauszustellen schien, diese beiden F\u00e4lle gesondert gepr\u00fcft und gef\u00fchrt worden.\nAus der auf die beschriebene Weise gefundenen mittleren Entfernung zwischen Objekt und Beobachter und der gegebenen Distanz zweier Objekte ist in analoger Weise wie bei den vorher besprochenen Versuchen der Winkelabstand der Objekte und damit der Umfang der Augenbewegung ermittelt worden.\nDie Versuche sind binokular ausgef\u00fchrt. Beschaffenheit der Augen: rechts Myopie von 1 Dioptrie, links Astigmatismus mit Myopie von 3 resp. 0,75 Dioptrien. Die Refraktionsanomalien sind korrigiert. Die Sehsch\u00e4rfe betr\u00e4gt links 7/7, rechts 7/s.\nIn den beiden folgenden Tabellen sind die Resultate enthalten und zwar die Mittelwerte aus je 100 Einstellungen. Es sei betont, dafs auch in der auf Linien bez\u00fcglichen Tabelle die Bezeichnungen horizontal und vertikal die Richtung des Z\u00e4hlens und der Augenbewegung bezeichnet, nicht die der Linien, die vielmehr auf jener senkrecht steht.\nNat\u00fcrlich w\u00e4re es erw\u00fcnscht, \u00e4hnliche Bestimmungen auch auf andere F\u00e4lle auszudehnen und insbesondere auch zu ermitteln, mit welcher Genauigkeit gr\u00f6fsere Bewegungen ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. Hierf\u00fcr bietet sich eine M\u00f6glichkeit, wenn wir unser Z\u00e4hlverfahren so modifizieren, dafs wir den Blick nicht von einem Objekt auf das n\u00e4chstbenachbarte, sondern mit Auslassung eines auf das \u00fcbern\u00e4chste, mit \u00dcberspringung zweier auf das dritte usw. springen lassen. Es ist bekannt, dafs man","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022\t_ ... ,, . ... ^ __\nUber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen. 23\nauch so (nach Paaren oder nach Triaden) unter geeigneten Bedingungen, n\u00e4mlich bei gen\u00fcgendem Winkelabstand der Objekte leicht z\u00e4hlen kann und vielfach zu z\u00e4hlen gewohnt ist; jedoch \u00fcberzeugt man sich leicht, dafs diese Z\u00e4hlung nach Paaren schon gr\u00f6fsere Winkelabst\u00e4nde erfordert als die Einzelz\u00e4hlung, die Z\u00e4hlung nach Gruppen zu dritt noch gr\u00f6fsere. Ich habe auch f\u00fcr diese Z\u00e4hlungsmodalit\u00e4ten die Grenzen in einer gr\u00f6fseren\nTabelle VII. Linien.\n\t\t\t\tVertikal\t\t\t\t\nRichtung\thorizontal\t\tabsteigend\t\taufsteigend\t\tschr\u00e4g\t\ndes Z\u00e4hlens\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\nAbstand der Linien voneinander\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t7 mm\t9 mm\t7 mm\nAbstand vom Beobachter in cm\t324\t384\t325\t384\t334\t329\t317\t326\nWinkelabstand der Linien\t9' 32\"\t8' 2\"\t9' 30\"\t8' 2\"\t9' 12\"\t7 16\"\t9' 44\"\t7 30\"\nTabelle VIII. Punkte.\nRichtung\thorizontal\t\tvertikal\t\tschr\u00e4g\t\ndes Z\u00e4hlens 1 i\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\nAbstand der Punkte voneinander\t11 mm\t9 mm\t11 mm\t9 mm\t11 mm\t9 mm\nAbstand vom Beobachter\t349\t360\t397\t363\t332\t332\nWinkelabstand benachbarter Punkte\t10' 50\"\t8' 34\"\t10' 50\"\t8' 30\"\t11' 20\"\t9' 16\"\nZahl von Beobachtungen ermittelt. Die Versuche sind in genau der gleichen Weise angestellt wie die vorhergehenden. Die Ergebnisse sind in den folgenden Tabellen zusammengestellt, in denen die Winkelgr\u00f6fsen den Umfang der jedesmal geforderten Augenbewegung bedeuten, also in dem einen Falle (Z\u00e4hlung nach Paaren) den doppelten, im anderen (Z\u00e4hlung nach Dreiergruppen) den dreifachen Abstand zweier benachbarter Objekte. Die Un-","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nKlara Grim.\nSicherheit der Bewegung w\u00fcrde also im einen Falle sich einem Viertel, im anderen einem Sechstel dieses Betrages n\u00e4hern.\nTabelle IX. Linien.\nZ\u00e4hlung\thorizontal\t\tvertikal\t\tschr\u00e4g\t\n\t\t\t\t\t\t\nnach Paaren\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\nAbstand der\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t7 mm\t9 mm\t9 mm\nLinien voneinander\t\t\t\t\t\t\nAbstand\t348\t384\t362\t333\t352\t388\nvom Beobachter\t\t\t\t\t\t\nUmfang der geforderten\t17' 52\"\t15' 45\"\t17'10\"\t14' 26\"\t17' 40\"\t15' 48\"\nAugenbewegungen\t\t\t\t\t\t\nTabelle X. Punkte.\nZ\u00e4hlung\thorizontal\t\tvertikal\t\tschr\u00e4g\t\n\t\t\t\t\t\t\nnach Paaren\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\nAbstand der\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t\nPunkte voneinander\t\t\t\t\t\t\nAbstand\t326\t356\t328\t363\t322\t349\nvom Beobachter\t\t\t\t\t\t\nUmfang der geforderten\t18' 31\"\t17'18\"\t18' 50\"\t17' 2\"\t19' 14\"\t17'44\"\nAugenbewegungen\t\t\t\t\t\t\nTabelle XI. Linien.\ni Z\u00e4hlung\thorizontal\t\tvertikal\t\tschr\u00e4g\t\nnach Dreiergruppen |\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\nAbstand der Linien voneinander\tI j 9 mm 1\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\nAbstand vom Beobachter\t170\t264\t183\t264\t160\t196\nUmfang der geforderten Augenbewegungen\t55'\t45' 22\"\t38' 8\"\t35' 9\"\t57' 46\"\t47' 26\"","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Uber d. Genauigkeit d. Wahrnehmung u. Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen. 25\nTabelle XII. Punkte.\n1 1 Z\u00e4hlung\thorizontal\t\tvertikal\t\tschr\u00e4g\t\nnach Dreiergruppen\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\tsicher\tun- sicher\n1 Abstand der Punkte voneinander\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\t9 mm\nAbstand vom Beobachter\t159\t212\t172\t230\t159\t201\nUmfang der geforderten Augenbewegungen\t57' 46\" 1\t41' 16\"\t53' 38\"\t39' 50\"\t57'14\"\t46' 4\"\nZusammenfassend w\u00fcrden wir also sagen k\u00f6nnen, dafs bei Augenbewegungen der hier gepr\u00fcften Art, wenn die geforderte Exkursion = 9' ist, die Unsicherheit sich auf etwa die H\u00e4lfte dieses Betrages, also 4' 30\" belaufen w\u00fcrde, bei Exkursionen von 17' auf V4 dieses Betrages, also 4' 15\", bei Exkursionen von 50' auf 1/6 hiervon, also 8' 20\".\nAuch diese Beobachtungen lassen erkennen, wie die Genauigkeit der Bewegungen im Verh\u00e4ltnis zum Umfange derselben berechnet mit zunehmender Gr\u00f6fse der Bewegungen w\u00e4chst. Die Unsicherheit, die sich bei Bewegungen von 9 Bogenminuten auf etwa die H\u00e4lfte des geforderten Umfanges bel\u00e4uft, ist auf ein Viertel des Umfanges gesunken, wenn dieser etwa den Betrag von 17 Minuten erreicht hat (der absolute Betrag des Fehlers ist hierbei nicht gr\u00f6fser, sondern eher noch kleiner als bei den halbsogrofsen Bewegungen) und auf ein Sechstel des Bewegungsumfanges oder 16,6 \u00b0/0, wenn die Bewegung auf etwa 54 Minuten vergr\u00f6fsert ist.\nDie Pr\u00e4zision der Augenbewegungen erscheint, in diesem Sinne betrachtet, nicht vorzugsweise grofs. Es w\u00e4re nicht ohne Interesse, sie mit derjenigen von anderen Bewegungen (z. B. der Extremit\u00e4ten) zu vergleichen. Es k\u00f6nnen in dieser Hinsicht wTohl am ehesten Beobachtungen herangezogen werden, die im hiesigen physiologischen Institut vor l\u00e4ngerer Zeit von Sch\u00f6nig 1 angestellt worden sind. Dieser stellte sich u. a. die Aufgabe, eine gr\u00f6fsere Zahl von Fingerbewegungen m\u00f6glichst gleichen Umfangs auszuf\u00fchren und zwar teils langsam, so dafs eine sensible Kontrolle der Bewegung m\u00f6glich war, teils auch in \u201eschnellender\u201c oder impulsiver Weise, so dafs eine solche wohl ausgeschlossen war.\n1 Sch\u00f6nig, Zur Lehre von der Regulierung der willk\u00fcrlichen Bewegungen. Diss. Freiburg. 1892.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nKlara Grim.\nDer letztere Fall w\u00fcrde dem von mir in bezug auf die Augen-bewegungen gepr\u00fcften wenigstens einigermafsen vergleichbar sein. Sch\u00f6nig gibt die mittleren Fehler an, die er bei solcher Versuchsweise erhielt. Es zeigte sich durchweg, dafs diese mit zunehmender Gr\u00f6fse der Exkursionen nicht diesen proportional, sondern langsamer wachsen. Die prozentische Genauigkeit nahm also mit wachsendem Umfang der Bewegung zu, wie dies in meinen Versuchen gleichfalls bemerkbar ist. Die Gr\u00f6fse des Fehlers belief sich bei Sch\u00f6nig in den ersten Versuchen auch bis auf 34 \u00b0/0, wurde allerdings durch die fortschreitende \u00dcbung betr\u00e4chtlich vermindert.\nMan darf jedoch nicht \u00fcbersehen, dafs, wie ja die Beobachtungen in erster Linie heraussteilen, die zuf\u00e4lligen Fehler nicht dem Umfange der Bewegung proportional wachsen und somit die prozentuale Bezeichnung uns keine zutreffende Anschauung von der Genauigkeit der Bewegungen gibt. Vielmehr ist zu beachten, dafs die hier (beim Auge) gepr\u00fcften Bewegungen durchg\u00e4ngig aufserordentlich kleine sind. In der Ausf\u00fchrbarkeit so geringer Drehungen um wenige Winkelminuten m\u00fcssen wir wohl unter allen Umst\u00e4nden eine sehr feine und genaue Beherrschung der Innervationen erblicken, selbst wenn dabei die Ungenauigkeit pro zentisch einen relativ hohen Betrag erreicht. Sodann wird man auch in Betracht ziehen m\u00fcssen, dafs die hier gepr\u00fcften Bewegungen, bei denen der Blick einem zuvor in geringer Exzentrizit\u00e4t gesehenen Gegenst\u00e4nde zugewendet wird, wrohl nicht diejenige Art der Bewegung darstellt, die f\u00fcr uns die wichtigste ist und auch nicht diejenige, die zu dem h\u00f6chsten Grade der Feinheit ausgebildet sein mag. M\u00f6glich ist wohl, dafs (wie vorhin schon angedeutet wurde) bei dem Bem\u00fchen einen Punkt streng zu fixieren Abweichungen von der richtigen Stellung, die kleiner sind als 9 Minuten, wahrgenommen und durch die geeigneten Bewegungen ausgeglichen werden, wobei denn Bewegungen von noch geringerem Umfange mit einem einer bestimmten Anforderung ann\u00e4hernd entsprechenden Umfange ausgef\u00fchrt werden m\u00fcfsten. Hier\u00fcber k\u00f6nnten wohl nur Versuche Aufschlufs geben, in denen die Stellung des Auges bei der Absicht einen bestimmten Punkt dauernd zu fixieren objektiv kontrolliert w\u00fcrde, eine Aufgabe, die zwar nicht unl\u00f6sbar, aber mit nicht ganz geringen technischen Schwierigkeiten behaftet sein d\u00fcrfte.","page":26}],"identifier":"lit33570","issued":"1911","language":"de","pages":"9-26","startpages":"9","title":"\u00dcber die Genauigkeit der Wahrnehmung und Ausf\u00fchrung von Augenbewegungen","type":"Journal Article","volume":"45"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:48:37.675426+00:00"}

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