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{"created":"2022-01-31T16:47:59.660070+00:00","id":"lit33579","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Marx, Eugen","role":"author"},{"name":"Wilhelm Trendelenburg","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 45: 87-102","fulltext":[{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"87\n(Aus dem physiologischen Institut zu Freiburg i. B.)\n-d \u2022\n\u00fcber die Genauigkeit der Einstellung des Auges\nbeim Fixieren.\nVon\nDr. Eugen Maex und Prof. Dr. Wilhelm Tbendelenbubg u.s Le>\tin Freiburg i. B.\n(Mit 1 Tafel.)\nDie Genauigkeit der Fixation des Auges, d. h. der Einstellung desselben auf ein punktf\u00f6rmiges Objekt, ist in neuerer Zeit mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen. Dabei hat sich herausgestellt, dafs das Auge bei einer subjektiv guten Fixationsstellung nicht unerhebliche Schwankungen ausf\u00fchrt, f\u00fcr welche je nach der verwendeten Methode verschiedene Werte gefunden wurden. Naturgem\u00e4fs hat diese Tatsache erhebliches Interesse f\u00fcr die Frage, durch welche unterst\u00fctzenden Momente es bei der normalen Fixation gelingt, das Auge in einer ann\u00e4hernd unver\u00e4nderten Stellung festzuhalten. F\u00fcr die Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren werden, wie einfache \u00dcberlegungen zeigen, verschiedene Umst\u00e4nde in Betracht kommen. In erster Linie ist denkbar, dafs der Eindruck, einen bestimmten \u00e4ufseren Punkt zu fixieren, nicht daran gebunden ist, dafs das Netzhautbild auf einen ganz bestimmten Punkt der Netzhaut, etwa die Mitte der Fovea, f\u00e4llt, sondern dafs in dieser Hinsicht ein gewisser Bezirk der Fovea eine gr\u00f6fsere Anzahl gleichwertiger Elemente umschliefst. Es k\u00f6nnte deshalb dieser Eindruck der Fixation eines bestimmten Punktes mit vielen verschiedenen Augenstellungen verbunden sein, welche alle sich in bestimmten Grenzen halten. Es w\u00e4re dann weiter wahrscheinlich, dafs bei der Fixatio\u00fcsbem\u00fchung die Augenstellungen tat-\nZeitsckr. f. Sinnesphysiol. 45.\t6","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\ns\u00e4chlich innerhalb dieses Spielraumes wechseln. Hier handelt es sich also um die Frage, einem wie grofsen Teile der Netzhaut die f\u00fcr den subjektiven Eindruck des Fixierens mafsgebende ausgezeichnete Bedeutung zukommt, um die Gr\u00f6fse, wie wir kurz sagen k\u00f6nnen, des retinalen Fixationsbezirkes. Andererseits wird aber noch infolge eines weiteren Umstandes die Feststellung des Auges beim Fixieren nur eine relative sein; schon die Beschaffenheit des motorischen Apparates des Auges n\u00e4mlich wird eine genaue Festhaltung der Bulbusstellung unm\u00f6glich machen und ein Fixieren nur in der Weise zulassen, dal's fortw\u00e4hrend kleine Schwankungen des Blickes auftreten, die sich in unregelm\u00e4fsiger Weise um eine Mittelstellung herumbewegen.\nBei dieser Sachlage ist es vor allem n\u00f6tig, durch eine besonders empfindliche Methode, die aber nicht allzu abnorme Bedingungen mit sich bringen darf, das erreichbare Minimum ton Schwankungen der Augenstellung w\u00e4hrend subjektiv guter Fixation festzustellen. Von diesem Gesichtspunkt aus erschien es erw\u00fcnscht, nochmals an die Frage heranzutreten und wir haben ihre Bearbeitung auf Anregung und unter st\u00e4ndiger freundlicher Beratung von Herrn Prof. v. Kries unternommen, welchem wir auch an dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank aussprechen m\u00f6chten.\nBevor wir zur Mitteilung unserer Ergebnisse \u00fcbergehen, sei \u00fcber die bisher ausgef\u00fchrten Untersuchungen berichtet.\nDie erste hier in Betracht kommende Arbeit \u00fcber Fixation, die sich auf eingehende Versuche gr\u00fcndet, ist die von McAllister.1 Er benutzte bei seinen Untersuchungen eine Methode, die von Judd 2, Mc Allister und Steele 2 ausgearbeitet worden ist. Auf beide Hornh\u00e4ute der Versuchsperson wurde ein kleines St\u00fcckchen einer veifsen, das Auge nicht sch\u00e4digenden Masse aufgelegt. Die Augen und ihre n\u00e4chste Umgebung wurden dann mittels kme-matographischer Reihenaufnahmen ungef\u00e4hr neunmal in der Sekunde photographiert. Es wurden ferner aufserhalb des Auges Orientierungspunkte durch gl\u00e4nzende K\u00fcgelchen angebracht, die\n1\tC. N. McAllister: The fixation of points in the visual field. Monograph Supplements of the Psychological Review 7, S. 17.\t1905.\n2\tCh. H. Judd, C. N. McAllister and W. M. Steele. General introduction to a series of studies of eye movements by means of kinetoscopie photographs. Dieselbe Zeitschrift, derselbe Band, S. 1.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren.\n89\nan einem Brillengestell des zn Untersuchenden befestigt waren. Die Negative dieser aufeinanderfolgenden Bilder wurden nun sechsmal vergr\u00f6fsert auf ein grofses weifses Papier projiziert und unter Benutzung der Bilder der Orientierungspunkte als Koinzidenzmarken die Hornhautbildchen der sich einander folgenden Aufnahmen aufgezeichnet. Es liefs sich so der ganze Verlauf der Augenbewegung in der Zeichnung festlegen.\nMit dieser Methode hat McAllister nun gefunden, dafs das Auge nicht stillsteht, sondern (soweit die Methode ein Urteil dar\u00fcber erlaubte) fortw\u00e4hrend, auch bei der subjektiv strengsten Fixation eines Punktes in Bewegung ist. Eine bestimmte Gesetz-m\u00e4fsigkeit liefs sich f\u00fcr die Augenbewegung aus der Lage der Hornhautbilder dabei nicht entnehmen.\nDer Methodik dieser ersten genauen Studien \u00fcber Fixation haften mehrere Unvollkommenheiten an, die teilweise schon von den Autoren selber erkannt worden sind. Es liegt ja ein gewisser Mangel darin, dafs man f\u00fcr die Pause zwischen zwei Aufnahmen die Augenstellung nicht kennt; diesem Mangel abzuhelfen wollen die Begr\u00fcnder der angef\u00fchrten Methode nun zwei Kameras gleichzeitig verwenden, in der Weise, dafs die eine offen ist, w\u00e4hrend die andere geschlossen bleibt und die \u00d6ffnungszeiten die Verschlufszeiten sogar noch \u00fcberdauern sollen. \u00dcber die Resultate mit dieser modifizierten Untersuchungsart ist unseres Wissens aber bis jetzt noch nichts bekannt geworden. Ein zweiter Fehler, der nicht so leicht zu beseitigen sein d\u00fcrfte, ist die Ungenauigkeit, die dadurch entsteht, dafs die Photographie sechsmal vergr\u00f6fsert projiziert wird. Die Umrisse des Bildes, das der gl\u00e4nzende Fleck auf der Hornhaut liefert, m\u00fcssen dabei unbedingt verwaschen werden, so dafs es immer Schwierigkeiten bereiten wird, diese Umrisse genau mit dem Bleistift nachzuzeichnen und pr\u00e4zise den Mittelpunkt dieses Fleckes zu bestimmen; auch die von McAllister beschriebene Pantograph-methode d\u00fcrfte die Bestimmung des Kreises nicht viel besser und sicherer gestalten.\nDiesen Hauptm\u00e4ngeln gegen\u00fcber hat die beschriebene Anordnung aber die Vorz\u00fcge, dafs die Augen sich in fast normalem Zustande befinden und Cocain nicht angewendet zu werden braucht und dafs die Fixation auch doppelseitig geschehen kann, was bei unseren Versuchen immer grofse Schwierigkeiten machte und nie befriedigend gelungen ist.\n6*","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\nAlles in allem darf man von dieser sinnreichen Methode sagen, dafs sie einen ungef\u00e4hren Einblick in die Fixationsbewegungen geben kann, dafs sie aber nicht imstande sein wird, die Grenzen der Genauigkeit einer normalen Fixationseinstellung zu ergeben, da eine Bewegung von ungef\u00e4hr T 30\" bei dieser Methode schon innerhalb der Fehlergrenze liegt.1\nGenaue Angaben \u00fcber die Methode der Registrierung eines Hornhautp\u00fcnktchens oder auch des Hornhautspiegelreflexes macht auch Dodge.2 3 Er gibt den Fehler zu 10' an; da die Fixationsschwankungen des Auges, wie wir zeigen werden, von noch geringerem Betrage sind, ist die Empfindlichkeit der genannten Methoden nicht ausreichend.\nEine zweite, subjektive, Methode ist von Dodge8 erw\u00e4hnt worden. Er projiziert das scharfe Nachbild einer gut beleuchteten keilf\u00f6rmigen Fixationsmarke auf ein St\u00fcck Millimeterpapier und findet, dafs es nicht gelingt, das Nachbild an einer Stelle festzuhalten. Der Verfasser meint aber, dafs diese Nachbildmethode aus zwei Gr\u00fcnden nicht geeignet ist, die normale Ausdehnung der Fixationsbewegung zu untersuchen. Erstens gebe das sichtbare Wandern des Nachbildes ein unmittelbares Zeichen f\u00fcr die verkehrte Fixation ab; dieser Fehler werde aber schneller korrigiert und demzufolge sei die Ausdehnung der Fixationsbewegungen geringer als die, welche durch objektive Registrierung gefunden werde. Andererseits f\u00fchre eine mehr oder weniger stark ausgesprochene Neigung, die Fixationsmarke zu \u00fcbersehen und den Versuch zu machen, irgend einen Teil des Nachbildes zu fixieren, zu zeitweisen Unterbrechungen der rhythmischen Schwankungen des Nachbildes um die Fixationsmarke. Ein weiterer Nachteil dieser Methode, bei der Dodge Schwankungen bis zu 10' fand, liegt darin, dafs es bei ihr unm\u00f6glich ist, die Bewegungen, die das Auge w\u00e4hrend der fixation ausf\u00fchrt, objektiv festzulegen.\nAngesichts der hier mitgeteilten Resultate der beiden ausf\u00fchrlichen Untersuchungen \u00fcber Fixation schien es notwendig, eine feinere objektive Methode auszuarbeiten.\n1\ta. a. O. S. 21.\n2\tR. Dodge. Eine experimentelle Studie der visuellen Fixation. Zeitschrift f. Psychol, 52, S. 321.\t1909. Darin S. 404, 417.\n3\ta. a. O. S. 323.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren.\n91\nNun hatte schon Orchansky1 eine Methode ver\u00f6ffentlicht, bei der eine Kalotte mit einem Spiegel oder Schreibhebel verbunden auf das Auge gesetzt wurde. Orchansky hat eine Glasoder Aluminiumkapsel benutzt, die unter die Lider geschoben wurde. In der Mitte der Kapsel wurde ein rundes ca. 1 cm breites Fenster f\u00fcr die Iris ausgeschnitten. Damit war die M\u00f6glichkeit gegeben, erstens mit dem Auge, an welchem die Kapsel eingesetzt war, zu sehen, und zweitens die Bewegungen dieses Auges objektiv zu beobachten \u201eund also die Kongruenz der Bewegungen des letzteren mit den Bewegungen des eingesetzten Glases zu konstatieren\u201c. Der Grundgedanke dieser Methode ist gew7ifs ein sehr guter, aber wregen der Reibung unter den Lidern hat man trotz der vermeintlichen Kontrolle keine Garantie daf\u00fcr, dafs die Kappe den Augenbewregungen genau folgt.2 3 4\nDelabarre 3 hat eine \u00e4hnliche Untersuchungsart angegeben, bei der eine Kappe aus Gips auf das Auge gesetzt wird ; diese Kappe wTird mit einem Hebel verbunden, der auf einer Trommel schreibt. Wegen Eigenschwingungen des \u00dcbertragungssystems wrar es aber nicht m\u00f6glich, ein zutreffendes Bild von den Augenbewegungen zu erhalten. Auch Huey 4 beschreibt eine entsprechende Vorrichtung zur Registrierung der Augenbewegung beim Lesen.\nFerner sind von Dearborne Untersuchungen \u00fcber Fixation ver\u00f6ffentlicht worden; da uns das Original nicht zur Verf\u00fcgung stand, k\u00f6nnen wrir \u00fcber die von ihm benutzte Methode nichts aussagen. Seine Resultate scheinen mit den bisher besprochenen ungef\u00e4hr \u00fcbereinzustimmen.5 *\n1\tJ. Orchansky. Eine Methode, die Augenbewegungen direkt zu untersuchen (Ophthalmographie). Zentralbl. f. Physiol. 12, S. 785. 1898.\n2\tVgl. auch Hofmann in Tigerstedts Handb. d. physiol. Methodik 3 (2), S. 206. 1909. Wegen der Methodik f\u00fcr die nicht das Fixieren betreffenden Augenbewegungen sei besonders auf diese Darstellung verwiesen.\n3\tE. B. Delabarre. A method of recording eye-mouvements. Amer.\nJourn. of Psychol. 9, S. 572. 1897/98.\n4\tE. B. Huey. Preliminary experiments in the physiology and psychology of reading. Amer. Journ. of Psychol. 9, S. 575. 1897/98.\n5\tCh. H. Judd. Photographic records of convergence and divergence.\nMonogr. suppl. of the Psychol. Revieiv 8, 1907 sagt S. 409: \u201e. . . This confirms\nthe general results reported throughout the earlier investigations of eye movements both in the Yale Studies and in the paper of Dr. Dearborns","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\nWir selbst gingen bei unserer Untersuchung in methodischer Beziehung \u00e4hnlich wie Orchansky vor. Wir liefsen eine Aluminiumschale von 3/2 mm Dicke anfertigen, die sich der Hornhaut des Untersuchten in Gr\u00f6fse und Kr\u00fcmmung genau an-pafste. F\u00fcr die Kr\u00fcmmung der Sklera wurde ein Durchmesser von 24 mm angenommen. Diese zun\u00e4chst versuchsweise verwendete Schale mufste wie die von Orchansky unter die Lider geschoben werden. Da hierdurch jedoch der grofse Nachteil bedingt war, dafs man nicht allein Augen-, sondern auch Lidbewegungen mitregistrierte und vor Verschiebungen nicht gen\u00fcgend sicher war, wurde darauf nur ein mittlerer horizontaler Streifen der Schale ausgeschnitten und die Fl\u00fcgel, die auf der Sklera lagen, soweit abgestutzt, dafs sie nirgendwo die Lider ber\u00fchrten. In der Mitte des Hornhautteils dieses 6 mm breiten\n\u2022 \u2022\nAluminiumstreifens wurde eine \u00d6ffnung von 4 mm Durchmesser angebracht, die als Pupille diente.\nEs stellte sich im Laufe unserer Versuche heraus, dafs das\nHaften dieser Kalotte schon dadurch in gen\u00fcgender Weise erzielt\nwurde, dafs sie genau der Hornhautkr\u00fcmmung angepafst war.\n\u2022 \u2022\nUm dies zu erm\u00f6glichen und kleine \u00c4nderungen der Kr\u00fcmmung auszugleichen, wurde die Schale vor jeder Anwendung auf einer Messinghalbkugel von passendem Durchmesser mit der Hand aufgeprefst; das biegsame Aluminiumblech nahm dann leicht die gew\u00fcnschte Kr\u00fcmmung an.\n\u2022 \u2022\nAuf die Schale wurde seitlich von der zentralen \u00d6ffnung ein kleines Spiegelchen von 2X3 mm mit einer ganz kleinen Menge Siegellack festgeklebt. Dieses Spiegelchen mufste besonders sorgf\u00e4ltig hergestellt werden, um eine scharfe Abbildung zu erm\u00f6glichen. Ein St\u00fcckchen eines versilberten ZEissschen Deckgl\u00e4schens erwies sich als sehr geeignet. Mit Hilfe dieses Spiegels und einer Konvexlinse von X D. wurde ein vor einer Bogenlampe befindlicher Spalt von 80 mm L\u00e4nge und 1/4 mm Breite auf den Spalt einer photographischen Registriervorrichtung etwas verkleinert abgebildet. Die Registriervorrichtung bestand aus einem Uhrwerk-Kymographion, welches, in lichtdichtem Geh\u00e4use untergebracht, mit Bromsilberpapier\n(Columbia Archives of Psychology Ist. 4, 1906) where it is shown that there is no definite center of fixation, but a somewhat extended area which is entirely satisfactory to a subject\u201c.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren.\n93\nbezogen war. Der feine Spalt, durch welchen das Licht auf die empfindliche Schicht fiel, war senkrecht zur Richtung der abgebildeten Lichtlinie angeordnet. Durch Vorsatz blauer Gl\u00e4ser vor die Bogenlampe wurde das Auge gegen Blendung gesch\u00fctzt, ohne dafs das Licht zu sehr an photographisch wirksamen Strahlen verlor. Der beleuchtete Spalt befand sich etwa 350 cm, die Registriervorrichtung 170 cm vom Auge entfernt. Da die Strahlen in einem nur kleinen Winkel zum Lot der Spiegelebene auffielen, hatte die ganze Anordnung bequem in einem gr\u00f6fseren Raume Platz.\nWir teilten die Arbeit nun so, dafs der eine (T.) stets f\u00fcr die richtige Einstellung des Bildes und f\u00fcr das Registrieren sorgte, der andere (M.) die Fixationen ausf\u00fchrte.\nDer Kopf der Versuchsperson M. wurde in eine Kinnst\u00fctze1 2 gelegt und deren Stirnband und seitliche Federn gut angelegt. Um ein m\u00f6glichst sicheres Stillstehen des Kopfes zu bewerkstelligen, wurde dazu noch ein Beifsbrettchen aus starkem dickem Holz benutzt; nur an der Stelle, an welcher in den Siegellack eingebissen werden mufste, war das Brettchen in angemessener Weise verd\u00fcnnt. Dieses Brettchen war auf schweren Holzkl\u00f6tzen, die am Tisch Befestigung fanden, auf geschraubt, so dafs damit eine m\u00f6glichst feste St\u00fctze gegeben war.\nSelbst durch diese Mafsnahmen gelang es aber nicht, den Kopf absolut festzuhalten; ja es d\u00fcrfte dies durch die Unm\u00f6glichkeit, im Knochen selbst die Befestigungen anzubringen, ausgeschlossen sein. Diese Erfahrung haben auch fr\u00fchere Untersucher schon gemacht. Du Bois-Reymond 2 h\u00e4lt es sogar f\u00fcr kaum ausf\u00fchrbar , den Kopf eines Menschen zur Ermittlung feinerer\n\u2022 \u2022\nAugenbewegungen gen\u00fcgend festzustellen. \u00c4hnliche Schwierigkeiten fanden Judd, McAllister und Steele.3 Auch ein besonderer Stuhl, den diese anfertigen liefsen, gen\u00fcgte nicht, um die Kopfbewegungen auszuschliefsen. Da die von uns benutzte Anordnung einfach war und die Kopfbewegungen, wie sich aus unseren Kurven ergab, besonders in der seitlichen Richtung auf ein Minimum reduzierte, haben wir sie f\u00fcr unsere Versuche beibehalten.\n1\tvon Pfister und Streit, Bern.\n2\tC. du Bois-Reymond. \u00dcber Bruckes Theorie des k\u00f6rperlichen Sehens.\nZeitschr. f. Psychol, u. Physiol, cl. Sinnesorg. 2, S. 427.\t1891.\n3\ta. a. O. S. 9.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\nAn die Aufstellung der Fixationsmarke waren besondere Anspr\u00fcche zu stellen. Sie mufste besonders bequem und schnell verschiebbar sein und zwar sehr feine Verschiebungen nach rechts und links sowie nach oben und unten erlauben. Damit n\u00e4mlich die abgebildete Lichtlinie genau auf den Spalt des Kymographions fiel, mufste das Auge nach Aufsetzen der Kalotte erst in die richtige Stellung gebracht werden. Wir erreichten unseren Zweck in sehr befriedigender Weise mit einem Mikroskopkreuztisch, der senkrecht auf ein Stativ derart aufgesetzt war, dafs er nach oben, unten, rechts und links mittels seiner feinen Schrauben verschoben werden konnte. Der Kreuztisch trug zwei kleine Metallklemmen, zwischen denen ein Streifen Papier befestigt werden konnte, auf dem Fixationsmarken angebracht wurden; diese konnten mithin in allen Richtungen bewegt werden. W\u00e4hrend nun T. angab, in welcher Richtung das Bild zu verschieben war, bewegte M. die Fixiermarke mit Hilfe der Schrauben in entsprechender Richtung, bis die gew\u00fcnschte Stellung erreicht war.\nAls Fixationsmarke wurde ein kleiner schwarzer Punkt genommen und diese Wahl fordert in Anbetracht der Ausf\u00fchrungen Dodoes einige Rechtfertigung. Dodge 1 sagt n\u00e4mlich, es sei eine wohlbekannte Tatsache, dafs ein einzelner Punkt die schlechteste Fixationsmarke abgebe und die weitesten Fixationsbewegungen zulasse. Aber selbst wenn es auch m\u00f6glich sein sollte, dafs das Auge durch mehrere periphere Marken, die man der Netzhaut bietet, ruhiger gestellt wird (was unserer Ansicht nach mit einer empfindlichen objektiven Methode noch festzustellen w\u00e4re), so versteht man doch eben unter Fixieren sensu strictiori das mehr oder weniger Festgerichtetbleiben des Auges in einer bestimmten Stellung, wobei ein Punkt und nichts als dieser zur Innehaltung dieser Stellung veranlafst. Jedenfalls ist es n\u00f6tig, die Fixation zun\u00e4chst unter dieser eindeutigen Bedingung zu untersuchen, um Aufschl\u00fcsse \u00fcber die einleitend aufgeworfenen Fragen zu gewinnen.\nEin Versuch gestaltete sich nun folgendermafsen : Das Auge (abwechselnd das linke und rechte) wurde mit einigen Tropfen Bprozentigen Cocains, dreimal nacheinander eingetr\u00e4ufelt, unempfindlich gemacht. Das Cocain hat vor vielen anderen zur\n1 a. a. O. S. 331.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Genauigkeit de}' Einstellung des Auges beim Fixieren.\n95\nVerf\u00fcgung stehenden Mitteln den gerade in unserem Falle grofsen Vorteil, dafs es die Lidspalte erweitert. Dauernde Nachteile haben wir trotz h\u00e4ufiger Anwendung nicht bemerkt; ein gelegentlich eintretendes kurzdauerndes Eintrocknen der Hornhautoberfl\u00e4che ist immer ohne jede Spur zur\u00fcckzulassen verschwunden. Nachdem man die Hornhaut gen\u00fcgend unempfindlich gemacht hatte und der Kopf durch Beifsbrett und Halter festgestellt war, wurde mit aller Vorsicht die Kalotte aufgesetzt; T. fafste sie dazu mit einer Pinzette am Spiegelchen und brachte sie ohne Druck auf die Hornhaut. Dort blieb sie vermittels der d\u00fcnnen Schicht Tr\u00e4nenfl\u00fcssigkeit haften, welche sich zwischen ihr und dem Auge befand ; Bedingung f\u00fcr das gute Haften war, dafs, wie gesagt, die Kalotte genau die Hornhautkr\u00fcmmung hatte und dafs die seitlichen Fl\u00fcgel m\u00f6glichst gut der Sklera an-lagen. In oben erw\u00e4hnter Weise wurde diese Anpassung auf der Metallhalbkugel zuwege gebracht. Beim Aufsetzen der Kalotte entstand nur ein geringes K\u00e4ltegef\u00fchl. Safs die Kappe gut, dann wurden von T. die n\u00f6tigen Anweisungen gegeben, um das Auge so zu richten, dafs das Bild der Lichtlinie auf den Spalt der Trommel fiel. Sobald dies erreicht war, liefs man die Trommel, deren Geschwindigkeit gew\u00f6hnlich 5 mm pro Sek. betrug (vgl. Fufsnote auf S. 96), laufen. L\u00e4nger als eine halbe Minute dauerte der einzelne Fixationsversuch nie. Das andere Auge war unterdessen durch eine Schale, die am Kopfhalter befestigt war, abgeschlossen. Es hatte sich n\u00e4mlich gezeigt, dafs wenigstens bei M. eine binokulare Fixation unter den vorliegenden Bedingungen nicht m\u00f6glich war, da immer seitliche Bewegungen durch Fusionsschw\u00e4che auftraten, wahrscheinlich wegen der vorhandenen st\u00e4rkeren Myopie, welche eine gr\u00f6fsere N\u00e4he der Fixiermarke erforderte.\nGehen wir nun zur Mitteilung unserer Resultate \u00fcber, so m\u00f6ge einleitend erw\u00e4hnt werden, dafs wir zun\u00e4chst Versuche \u00fcber Schwankungen des Auges in der senkrechten Richtung anstellten, wobei also die horizontale Lichtlinie auf den senkrechten Spalt der Registriertrommel zu entwerfen war; sp\u00e4ter wurden die Seitenschwankungen des Auges mittels senkrecht stehender Lichtlinie und horizontalem Registrierspalt untersucht.\nEs seien zuerst einige die senkrechten Fixationsschwankungen wiedergebende Kurven besprochen. In allen Kurven bedeutet","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\nan dem Ausschlag f\u00fcr Auge bzw. Kopf 1 mm ziemlich genau 1 Winkelminute. Dieser Wert bezieht sich in Abb. 1\u201411 auf die Ordinate, in Abb. 12 \u2014 15 auf die Abszisse. Der Zeitwert f\u00fcr 1 mm (d. h. die Abszisse in Abb. 1\u201411, die Ordinate in Abb. 12\u201415) ist in den einzelnen Kurven etwas verschieden und betr\u00e4gt meistens 0,20 Sekunden. N\u00e4here Angaben sind in der Anmerkung zusammengestellt.1\nDie Kurve der Abb. 1 (vgl. Tafel) zeigt die Eigent\u00fcmlichkeiten, die wir bei allen folgenden Versuchen wieder finden werden. Man sieht in dem Kurvenst\u00fcck, welches einer Zeit von 11,2 Sek. entspricht, sofort auffallende grofse Zacken von verschiedener H\u00f6he und Breite und sodann kleine Zacken, die auch an solchen Kurvenstellen vorliegen, die frei von gr\u00f6fseren Zacken sind. Die kleinen Zacken sind den gr\u00f6fseren superponiert.\nWir m\u00f6chten gleich vorwegnehmen, dafs die Zacken, sowohl die grofsen wie die kleinen, nicht etwa einem Schleudern oder Rutschen der Kalotte zuzuschreiben sind. Sobald die Kalotte nur um ein Weniges rutschte, zeigte sich dadurch eine mehr oder weniger absteigende Kurve, wie Abb. 4 erkennen l\u00e4fst,\n1 Abszissen- und Ordinaten werte f\u00fcr die Textabbildungen, a) F\u00fcr die Abb. 1\u201411.\nAbbildung Nr.\t! i 1 !\t2\t3\t4\t5\t6\t7\t8\t9\t10\t11\n1 mm Abszisse in Zeitsekunden\t0,20 1\t0,20\to V* k\u2014i. GO\t\t0,23\t0,23\t0,23\t0,23\t0,23\t0,28\t0,23\n1 mm Ordinate in Winkelsekunden\t61\t61\t60\t\t58\t58\t58\t58\t58\t62\t58\nb) F\u00fcr die Abb. 12\u201415.\nAbbildung Nr.\t12\t13\t14\t15\n1 mm Ordinate in Zeitsekunden 1 mm Abszisse in Winkelsekunden\t\" 0,18 60\t0,34 52\t0,20 59\t0,18 60\nEs ist zu beachten, dafs wegen der Spiegelanwendung f\u00fcr die Berechnung die halben Ausschlagsgr\u00f6fsen der Kurven in Betracht kommen, wodurch die Methode gerade den Vorzug besonderer Empfindlichkeit besitzt.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren.\n97\nw\u00e4hrend die anderen Kurven auf- und niedersteigende Bewegungen um eine horizontale Mittellinie zeigen.\nDie Kurve 1 l\u00e4fst entnehmen, dafs das Auge w\u00e4hrend einer Fixation, welche 11,2 Sek. gedauert hat, in senkrechter Richtung Ausschl\u00e4ge von h\u00f6chstens 5' 37\" gemacht hat.\nAbb. 2 und 3 zeigen im ganzen \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse, wie die Abb. 1. Die Fixation bei 2 ist nur weniger gut als bei 1. Die maximale Schwankung w\u00e4hrend 7,7 Sek. betr\u00e4gt 7,17//. In der Kurve 3 wird von A bis B fixiert und w\u00e4hrend 3,1 Sek. keine grofsere Schwankung als 4' 5\" beobachtet. Dann ist das Lichtbild verschwunden und kehrt nach einigem w\u00e4hrend eines mifslungenen Fixationsversuchs vorhandenem Herumschwanken erst wieder bei C zur\u00fcck. Zwischen C und E (8 Sek.) ist der gr\u00f6fste Ausschlag 6r 30\", zwischen B und E (7,8 Sek.) nur 5'.\nNach diesen Ermittlungen war es angezeigt, gleichzeitig mit den Augenbewegungen die Kopfbewegungen zu registrieren ; hierdurch konnte festgestellt werden, ob die Zacken der Augenkurven in einer nachweisbaren Beziehung zu den unvermeidlichen Schwankungen des Kopfes stehen. Da es nur Wert hat, die Bewegungen des Kopf Skelettes, nicht etwa auch die pulsatorische Bewegung der Kopfhaut auf schreiben zu lassen, mufsten wir darauf sehen, einen Angriffspunkt f\u00fcr eine Spiegelbefestigung m\u00f6glichst nahe dem Knochen zu bekommen ; dieser Angriffspunkt mufste aber auch ungef\u00e4hr in gleicher Entfernung wie die Augen von dem festen Mittelpunkt, um den die Kopf be wegungen stattfinden, also hier von der Zahnreihe entfernt sein. Diese letzte Forderung war n\u00f6tig, da man sonst die Gr\u00f6fse von Kopf-und Augenbewegung nicht direkt vergleichen konnte ; die lineare Gr\u00f6fse der Ausschl\u00e4ge ist ja dem Abstande vom Drehpunkt direkt proportional. Beiden Forderungen gen\u00fcgte ein sog. amerikanischer Kneifer, an welchem die Gl\u00e4ser entfernt wurden, in hohem Mafse. Diese Kneifer haben verh\u00e4ltnism\u00e4fsig starke Federn und ruhen daher unter Zusammendr\u00fcckung der auf dem Knochen liegenden Gewebe beinahe unmittelbar auf diesem selbst auf. An dem Nasenb\u00fcgel des Kneifers kann man mit Kleb wachs ein Spiegelchen genau in Augenh\u00f6he befestigen. Durch kleine Ver\u00e4nderungen in der Anordnung konnte man es dann dahin bringen, dafs das von der Lampe kommende Lichtb\u00fcndel sowohl Augen- wie Nasenspiegel traf und von beiden auf den","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\nSpalt der Trommel geworfen wurde, so dafs dieser von zwei Bildern der Lichtlinie geschnitten wurde.\nAbb. 5 stellt eine Augenkurve mit Kopfkurve dar. Die Kopfkurve zeigt dieselben Eigenschaften wie die Augenkurve : Grofse Zacken und eine ununterbrochene Reihe kleiner Zacken. Wichtig ist ferner, dafs Kopf- und Augenkurve trotz dieser allgemeinen \u00fcbereinstimmenden Merkmale einander so gut w\u00fce gar nicht parallel gehen.1 Nicht eine einzige der grofsen Zacken beider Kurven stimmt \u00fcberein. Das zweite, was auff\u00e4llt, ist, dafs die Gr\u00f6fse der Ausschl\u00e4ge beider Kurven im allgemeinen verschieden ist; nur selten und dann nur auf kurzen Strecken sind die Ausschl\u00e4ge gleich grofs. In Abb. 5 ist der Ausschlag der Kopfkurve gr\u00f6fser als der der Augenkurve, in Abb. 6 ist es ebenso, in Abb. 7 hingegen umgekehrt. In Abb. 8 bestehen auf einer kurzen Strecke von 2,1 Sek. gleich grofse Ausschl\u00e4ge beider Kurven. Weitere Beispiele geben Abb. 9 und 10.\nEine Reihe weiterer Versuche wurde \u00fcber die Frage angestellt, wie genau ein bestimmter Fixationssprung zwischen zwei nahe zusammenliegenden Punkten ausgef\u00fchrt werden kann. Abb. 11 gibt ein Beispiel dieser Versuche, es sind in ihr die Vertikalbewegungen aufgeschrieben, die das Auge w\u00e4hrend dreier Fixationen abwechselnd des einen und des anderen Punktes aufgeschrieben hat. Der ganze Versuch hat 15,3 Sek. gedauert und jeder der Punkte ist nacheinander 2\u20143 Sek. fixiert worden; die Kalotte ist w\u00e4hrend dieser ganzen Zeit nicht gerutscht, was daraus hervorgeht, dafs die drei aufeinanderfolgenden Fixationskurven jeden Punktes ungef\u00e4hr um eine gemeinsame mittlere horizontale Linie sich bewegen. Die oberste Linie gibt die Schwankungen der Kopf Stellung in der Horizontalen wieder. Die Schwankung der Augenstellung bei Fixation der einzelnen Punkte f\u00fcr sich liegt zwischen 5' 8\" und 7' 44\" ; der Fixationssprung, d. h. der Abstand des Endes der oberen Fixierstellung vom Anfang der unteren betr\u00e4gt in den einander folgenden Spr\u00fcngen 13'20\"; 18' 59\"; 11/48\"; 22'35\" und 14'53\". Der tats\u00e4chliche Abstand der Mitten der m\u00f6glichst kleinen Fixierpunkte betrug, mit Lupe und Nonius gemessen, genau 1 mm. Bei einem Abstand von 190 mm vom Drehpunkt des Auges ergeben diese Werte mithin einen Winkelabstand der beiden Punkte von\n1 Die koinzidierenden Kurvenpunkte liegen senkrecht \u00fcbereinander.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren.\n99\n18'17\". Die Abweichungen der tats\u00e4chlich ausgef\u00fchrten Spr\u00fcnge von diesem Werte sind: \u20144'57\"; + 0'42\"; \u20146'29\" ; +4'18\"; \u2014 3'24\". Diese Abweichungen kommen, wie die Betrachtung der Kurve zeigt, offenbar dadurch zustande, dafs das Auge im Moment ehe der Sprung beginnt, sich an der oberen oder unteren Grenze des Fixationsbereiches befindet (oder in Mittelstellungen), und dafs es durch den Sprung wiederum zun\u00e4chst entweder an die untere oder obere Grenze des Fixationsbereiches der neuen Fixierstellung (oder wiederum in eine Mittelstellung) gelangt.\nAufser den senkrechten Bewegungen des Auges und Kopfes wurden nun weiter auch die in wagerechter Richtung erfolgenden Fixationsschwankungen aufgezeichnet. Dazu wurde der Spalt vor der Bogenlampe in senkrechte und die Registriertrommel in horizontale Lage gebracht.\nAbb. 12 ist ein Beispiel f\u00fcr die wagerechte Bewegung von Auge und Kopf. Die Augenkurve zeigt, dafs bei den wagerechten Bewegungen grofse und kleine Zacken Vorkommen, wie bei den senkrechten; prinzipielle Unterschiede sind nicht zu finden. W\u00e4hrend der gr\u00f6fste Ausschlag der Augenbewegungen 8'30\" betrug, ist der des Kopfes nur 2' 30\". Dasselbe Verhalten zeigen die Abb. 13 und 14. In Abb. 14 ist eine Pulsschwankung mitregistriert, ein Zeichen, dafs der Kneifer dort nicht ganz fest auf dem Knochen gesessen hat.\nDie in horizontaler Richtung erfolgenden Fixationsschwankungen des Auges sind also von ann\u00e4hernd gleicher Gr\u00f6fsen-ordnung, wie die senkrechten. Hingegen sind, infolge der besonderen Art der Kopfbefestigung, welche nur wenig Bewegungsfreiheit in horizontaler Richtung zuliefs, die horizontalen Ivopf-ausschl\u00e4ge bedeutend kleiner, wie die vertikalen und auch wie die Augenbewegungen in beiden untersuchten Richtungen. Diese schon von Dodoe bemerkte Unabh\u00e4ngigkeit der Kurve der Augen- und der Kopfbewegung, die sich nicht nur in der Ge-samtgr\u00f6fse der Ausschl\u00e4ge, sondern auch in der fehlenden Korrespondenz der einzelnen Zacken ausspricht, zeigt, dafs das, was als Augenbewegung aufgezeichnet wurde, nicht eine vom Kopf einfach mitgeteilte Bewegung ist. Man wird sich vorstellen m\u00fcssen, dafs das Auge die gr\u00f6fseren Kopfschwankungen kompensiert, vielleicht manchmal genau, manchmal zu viel oder zu wenig, so dafs dadurch das Bild weitgehender Selbst\u00e4ndigkeit entsteht.","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\nDiese Ergebnisse sind nun alle bei nur einer Versuchsperson gefunden worden. Es war uns aber nicht m\u00f6glich, die Versuche an mehreren Personen zu wiederholen, da nicht abzusehen war, ob das h\u00e4ufige Aufsetzen der Kalotte und ihre Folgen nicht doch gelegentlich eine kleine Gef\u00e4hrdung der Hornhaut bringen konnten. In einem Fall jedoch kamen wir zu einem im wesentlichen gleichen Ergebnis. W\u00e4hrend einer Fixation von 2 Sek. betrug die Schwankung 5'; die Hornhaut neigte gerade in diesem Falle sehr zum Austrocknen, so dafs wir von weiteren Versuchen absehen mufsten.\nAls haupts\u00e4chliches Ergebnis unserer Versuche k\u00f6nnen wir folgendes hinstellen. Bei der Aufgabe, ein punktf\u00f6rmiges Objekt zu fixieren, d. h. das Bild des Punktes auf einem Netzhautpunkt festzuhalten, f\u00fchrt das Auge st\u00e4ndig gr\u00f6fsere und kleinere Schwankungen aus, die in g\u00fcnstigen F\u00e4llen nur 4 bis 5x/2 Winkelminuten betragen (z. B. Abb. 1 und Abb. 3, AB), also von einer derartigen Gr\u00f6fsenordnung sind, dafs sie sich in nur einem Teil der Fovea1 2 * abspielen, deren Ausdehnung bekanntlich auf 1 bis 2 Grade zu veranschlagen ist. Wenn auch in manchen weniger gut gelungenen F\u00e4llen die Fixationsschwankungen \u00fcber den angegebenen Werten lagen, jedoch ebenfalls noch wesentlich kleiner waren, wie die Ausdehnung der Fovea, so kommen doch in erster Linie die ermittelten Minimalwerte in Betracht, da bei v\u00f6llig normalem, durch keine Kalotte bel\u00e4stigtem Auge die Fixationsschwankungen in den von uns gefundenen Minimalgrenzen wrohl eine Maximalgrenze haben d\u00fcrften. Andererseits war in gut gelungenen Versuchen das subjektive Gef\u00fchl einer normalen Fixation ein derart ausgesprochenes, dafs die normale Schwankungsgr\u00f6fse nicht sehr erheblich unter den von uns festgestellten Grenzwerten liegen kann.\nDiese Beziehung unserer Zahlenwerte zu den Fixationseinstellungen des normalen, mit keiner Apparatur versehenen Auges lassen sich noch in verschiedener Weise weiter verfolgen. Zun\u00e4chst ist auf die Untersuchungen von Frl. Gbim 2 hinzuweisen, welche feststellte, welchen Winkelabstand vom Auge Punkte oder Linien haben d\u00fcrfen, um noch sprungweise gez\u00e4hlt w7erden zu\n1\tRichtiger: Area centralis. Vgl. G. Fritsch, \u00dcber Bau und Bedeutung der Area centralis des Menschen. Berlin 1908.\n2\tKl. Grim. \u00dcber die Genauigkeit der Wahrnehmung und Ausf\u00fchrung\nvon Augenbewegungen. Diese Zeiischr. 45, S. 9\u201426. 1910.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren.\n101\nk\u00f6nnen. Unter den einfachsten hier allein in Betracht kommenden Bedingungen war die Grenze der Unsicherheit bei etwa U/2 Winkeh minuten gegeben, ein Wert, der mit den oben von uns gefundenen Fehlern der Fixationsspr\u00fcnge befriedigend \u00fcberein-stimmt, deren gr\u00f6fster Wert etwa \u00dfl/2 Winkelminuten betr\u00e4gt, meist aber geringer war. Noch in anderer Weise lassen sich diese Beziehungen durch einfache subjektive Beobachtungen best\u00e4tigen. Bringt man an der Wand zwei gut beleuchtete Punkte oder parallele Linien an, und betrachtet man diese aus verschiedenen Entfernungen, so ist leicht zu bemerken, dafs man bei geringem Abstand sehr deutlich die Fixationsabsicht nach Belieben dem einen oder anderen Punkt (oder Linie) zuwenden kann. Auch hat man sehr deutlich den Eindruck, diese Absicht zu verwirklichen und tats\u00e4chlich jetzt den einen, jetzt den anderen Punkt zu fixieren. Bei gr\u00f6fseren Abst\u00e4nden von den Marken h\u00f6rt dies hingegen auf und man kann eine Grenze aufsuchen, bis zu welcher eine solche unterscheidende Fixation noch m\u00f6glich ist. Es ergibt sich so, dafs bei einem Winkelabstand der beiden Fixationsmarken von 5 Min. jene Fixation noch vollkommen sicher ist, bei 3 Winkelminuten aber schon versagt.\nWir kommen nun zu der schon eingangs ber\u00fchrten Frage zur\u00fcck nach dem Anteil, welchen der retinale Fixationsbezirk einerseits und die Sicherheit der motorischen Innervation der Augenmuskeln andererseits f\u00fcr die beobachteten Schwankungen haben. Man wird nicht fehl gehen, wenn man beiden Momenten in gleicher Weise Bedeutung beimifst. Durch besondere Versuche l\u00e4fst sich zeigen, dafs das Auge im v\u00f6llig verdunkelten Raum eine einmal angenommene Stellung nur sehr unvollkommen einhalten kann. Im Hellen ist deshalb eine st\u00e4ndige Kontrolle der Augenstellung durch den Gesichtssinn selbst derart anzunehmen, dafs in kurzen Zwischenr\u00e4umen immer wieder die Absicht, den bestimmten Punkt zu fixieren, so zu sagen akzentuiert und die Augenstellung korrigiert wird. Haben, wie wir fanden, die Augenschwankungen einen Betrag von 5 Winkelminuten (also von 2,5 Min. um eine Mittelstellung herum), so wird eine Abweichung von etwa 2,5 Min. aus der Mittelstellung nach der einen oder anderen Seite gen\u00fcgen, um eine Korrektion der Augenstellung anzuregen. Man wird sich weiter vorstellen m\u00fcssen, dafs die derart ausgel\u00f6ste Ver\u00e4nderung der Augenmuskelinnervation nach Richtung und Gr\u00f6fse so fein abgestuft","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nEugen Marx und Wilhelm Trendelenburg.\nwerden kann, dafs das Netzhautbild in den mittleren Bereich des Fixationsbezirkes zur\u00fcckgebracht wird. Die Feinheit der Augenbewegungen w\u00fcrde derart eingestellt sein, wie es die Gr\u00f6fse jenes Bezirkes verlangt, n\u00e4mlich so, dafs bei der Ausf\u00fchrung dieser Bewegungen keine Fehler gemacht werden, die den Betrag von etwa 21j2 Min. \u00fcbersteigen.\nNat\u00fcrlich erfordern nicht blofs die unvermeidlichen Un Stetigkeiten der Augenmuskelinnervation die eben n\u00e4her ausgef\u00fchrte Korrektion, sondern auch die Kopfbewegungen, welche bei nicht festgehaltenem Kopf noch betr\u00e4chtlicher sein werden, als bei Anwendung eines Kopfhalters.\nEs ist dann noch die vorwiegend interessierende Frage aufzuwerfen , in welcher Beschaffenheit des Auges der retinale Fixationsbezirk begr\u00fcndet ist. In erster Linie w\u00e4re m\u00f6glich, dafs dieser Fixationsbezirk mit einem Bezirk maximaler fovealer Sehsch\u00e4rfe identisch w\u00e4re oder mit ihm in engem Zusammenhang st\u00e4nde. Ermittlungen \u00fcber das Verhalten der Sehsch\u00e4rfe innerhalb der Fovea, die eine Beantwortung dieser Frage gestatten w\u00fcrden, liegen unseres Wissens nicht vor.1 Der unmittelbare Eindruck spricht aber wohl f\u00fcr diese Annahme. Stellt man in der oben angegebenen Weise den Winkelabstand fest, in welchem man zwei Punkte oder Linien nicht mehr getrennt fixieren kann, so hat man den Eindruck, sie noch deutlich voneinander unterscheiden zu k\u00f6nnen. Die benachbarten Marken hingegen, die sicher nicht mehr als fixiert erscheinen, werden auch nicht mehr in gleicher Deutlichkeit gesehen. Es w\u00fcrde danach solange keine bestimmte Fixationsstellung eingehalten werden k\u00f6nnen, als das Objekt noch innerhalb des Bereiches der maximalen fovealen Sehsch\u00e4rfe abgebildet wird und eine Korrektion ausgel\u00f6st werden, wenn das Bild diesen Bereich verl\u00e4fst. Eine sichere Entscheidung l\u00e4fst sich aber nur auf Grund besonderer Versuche gewinnen.\n1 In diesem Zusammenhang sind die Untersuchungen von Fritsch zu erw\u00e4hnen, nach welchen die Feinheit der \u201eZentralzapfen\u201c von der Mitte nach aufsen abnimmt, doch ist das Verhalten nicht immer ein ganz regel-m\u00e4fsiges (Fritsch a. a. O. S. 50).","page":102},{"file":"p0102table0001.txt","language":"de","ocr_de":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie. Band 46\nTaf. 1\n\\\n\n\nA\nAbb. 4.\nK\nA\nAbb. 7.\nK\ns/V r.\nAbb. 3.\nK\nAbb. 5.\nA\nAbb. 2.\nK\nA\nAbb. 6.\nAbb. 8.\n\nK\nAbb. 11.\n>A\nA\nAbb. 9.\nK\nK\nA\nAbb. 10.\nK Abb. 12.\nA\nK\nAbb. 13. A\nK\nBemerkung.\nEs bedeutet neben den Abbildungen:\nA die Kurve der Augenbewegung K \u201e\t\u201e\t\u201e Kopfbewegung.\n\nm..\n\u2014..\u2014\n\nK\nAbb. 14.\nA\nZu der Abhandlung: Dr. Marx und Prof. \\V. Trendelenburg, \u00dcber die Genauigkeit der Einstellung des Auges","page":0}],"identifier":"lit33579","issued":"1911","language":"de","pages":"87-102","startpages":"87","title":"\u00dcber die Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren","type":"Journal Article","volume":"45"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:47:59.660075+00:00"}