Open Access
{"created":"2022-01-31T14:31:48.002187+00:00","id":"lit33580","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Liebermann, Paul v.","role":"author"},{"name":"Eugen Marx","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 45: 103-108","fulltext":[{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem Physiologischen Institut zu Freiburg i. B.)\n\u2022 \u2022\nUber die Empfindlichkeit des normalen und des protanopischen Sehorgans f\u00fcr Unterschiede des\nFarbentons.\nVon\nDr. Paul y. Liebermann und Dr. Eugen Marx.\nDen Dichromaten erscheinen, wie bekannt, gewisse, f\u00fcr das normale Sehorgan stark verschiedene Lichter resp. Lichtgemische v\u00f6llig gleich; f\u00fcr gewisse \u00c4nderungen des Farbentons ist also ihre Unterschiedsempfindlichkeit sozusagen gleich Null. Dagegen besitzen sie f\u00fcr andere Modifikationen des Farbentons, die sie verm\u00f6ge der Natur ihres Sehorgans wahrzunehmen verm\u00f6gen, wie schon von den \u00e4lteren Untersuchern bemerkt worden ist, nicht selten eine auffallend feine und sichere Unterscheidung. Aus theoretischen Gr\u00fcnden und wohl auch im Hinblick auf praktische Aufgaben ist die Frage von einigem Interesse, ob auch f\u00fcr solche Unterscheidungen die Leistungsf\u00e4higkeit der Dichromaten hinter der der Farbent\u00fcchtigen zur\u00fcckbleibt, sie erreicht oder etwa \u00fcbertrifft. Zur Beantwortung dieser Frage liegen zurzeit nur sehr wenige Beobachtungen vor, diejenigen n\u00e4mlich, die Brodhun mitgeteilt hat. Dieser (selbst Deuteranop) verglich seine eigene Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr \u00c4nderungen der Wellenl\u00e4nge mit derjenigen von Farbent\u00fcchtigen (K\u00f6nig und Uhthoee) ; das Verfahren war das der mittleren Fehler. Die erhaltenen Ergebnisse zeigt die folgende Tabelle.\nZeitschr. f, Sinnesphysiol. 45.\n7","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nPaul v. Lieh ermann und Eugen Marx.\n\tMittlere Fehler\tin fiu.\t\nLichtart\tBr.\tK.\t\u00fc.\n550 fip\t3,56\t0,77\t1,66\n540 \u201e\t2,17\t0,80\t\n530 \u201e\t1,03\t0,77\t1,88\n520 \u201e\t0,47\t0,71\t\n510 \u201e\t0,31\t0,64\t1,29\n500 \u201e\t0,15\t0,35\t\n490\t0,15\t0,31\t0,72\n480\t0,28\t0,38\t0,95\n470 \u201e\t0,59\t0,68\t1,57\n460 \u201e\t0,92\t1,03\t1,95\n450 \u201e\t1,43\t1,43\t2,16\n440 \u201e\t2,13\t2,18\t\nWie man sieht, ist hier der Dichromat in dem brechbareren Teile des Spektrums (etwa von 520 pu ab) den Farbent\u00fcchtigen etwas \u00fcberlegen, am meisten in der N\u00e4he seines neutralen\nPunktes.\nDa dies, wie gesagt, die einzigen bis jetzt vorliegenden Beobachtungen dieser Art sind, so schien es uns von Interesse, eine \u00e4hnliche Paralleluntersuchung f\u00fcr uns beide durchzuf\u00fchren, von denen der eine (M.) Protanop, der andere (v. L.) normalei Trichromat ist.\nObwohl sich aus mancherlei Gr\u00fcnden vermuten liefs (auch die oben mitgeteilten Beobachtungen Brodhuns machen es wahrscheinlich), dafs ein Unterschied am ehesten bei einem f\u00fcr den Dichromaten neutralen homogenen Licht sich heraus-stellen werde, so schien es uns doch zweckm\u00e4fsig, die Untei-suchung auf eine etwas gr\u00f6fsere Zahl von Lichtem auszudehnen ; und wir haben sie daher bei Wellenl\u00e4ngen von 485,9, 496,9, 509,6,\n523,4 und 538,4 pp ausgef\u00fchrt.\nWir benutzten f\u00fcr unsere Versuche den HELMHOLTzschen Farbenmischapparat, dessen \u00f6fters beschriebene Einrichtung wir als bekannt voraussetzen d\u00fcrfen. Zu erw\u00e4hnen ist nur, dafs wir ihn mit einem LuMMERsehen Prisma ausr\u00fcsteten, so dafs das Licht des einen Kollimators als kreisf\u00f6rmiger Fleck in dem von dem Lichte des anderen erleuchteten Felde gesehen wurde.\nWir benutzten zun\u00e4chst die Methode der mittleren Fehler. Der Beobachter hatte also die Aufgabe, nachdem dem","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022\nUber die Empfindlichkeit des normalen usiv.\n105\nden Ring erleuchtenden Kollimator eine bestimmte Stellung gegeben war, den inneren Fleck dem Ring so genau als m\u00f6glich gleich zu machen. Es ist dabei besonders wichtig, dafs nicht nur die Stellung des Kollimators (und somit die Wellenl\u00e4nge), sondern auch die Spaltweite (und damit die Intensit\u00e4t des einzustellenden Lichtes) ganz frei ge\u00e4ndert wurde. Dies ist von Bedeutung, weil mit \u00c4nderungen der Wellenl\u00e4nge nicht nur der Farbenton, sondern auch die Helligkeit der Lichter sich \u00e4ndert oder, wie man auch sagen kann, der subjektive Unterschied zweier Lichter von den Wellenl\u00e4ngen l und l + d durch eine Differenz der Spaltweiten vermindert wird. In der Tat zeigten auch unsere Versuche, dafs hier ein gewisser Parallelismus sich, wenn auch nicht mit ganz strenger Regelm\u00e4fsigkeit, herausstellte, im allgemeinen bei zu kleiner Weilenl\u00e4nge gr\u00f6fsere, bei zu grofser kleinere Spaltweiten eingestellt wurden.\nUm die Versuche m\u00f6glichst wenig durch Erm\u00fcdung zu beeintr\u00e4chtigen, machten wir unsere Einstellungen stets abwechselnd. Auch beschr\u00e4nkten wir uns darauf, an einem Tage die Untersuchung f\u00fcr eine Lichtart auszuf\u00fchren.\nF\u00fcr die 15 zu einer Reihe geh\u00f6rigen Einstellungen wurde der mittlere Fehler1 berechnet. Die Ergebnisse dieser Beobachtungen sind in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt.\n1 F\u00fcr die Berechnung ergab sich hier eine gewisse Schwierigkeit daraus, dafs die physikalische Eichung nicht gestattet die objektiv richtige Einstellung, d. h. diejenige, bei der die Wellenl\u00e4ngen der das eine und andere Feld erleuchtenden Lichter gleich sind, mit der erforderlichen Genauigkeit zu ermitteln. Es war aus diesem Grunde unumg\u00e4nglich, als richtigen Wert den aus den Gleichheitseinstellungen selbst sich ergebenden Mittelwert und als Fehler die Abweichungen von diesem in Rechnung zu bringen. Hier erhob sich dann weiter die Frage, ob wir die Einstellungen jedes einzelnen von uns auf das Mittel seiner Einstellungen beziehen oder als richtigen Wert das Mittel aller Einstellungen beider Beobachter zugrunde legen sollten. Wir haben uns schliefslich f\u00fcr das erstere entschieden ; hier werden also die Beobachtungen jedes einzelnen ganz unabh\u00e4ngig f\u00fcr sich behandelt und die angegebenen Zahlen geben ein einwandsfreies Bild von der Sicherheit seiner Beobachtungen, d. h. davon, wieweit seine wiederholten Einstellungen untereinander \u00fcbereinstimmen. \u00dcbrigens w\u00fcrde es, da die Mittelwerte der Beobachter doch immer mit grofser Ann\u00e4herung die gleichen waren, keinen nennenswerten Unterschied gemacht haben, wenn wir in der anderen Weise zu Werke gegangen w\u00e4ren.\n7*","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nPaul v. Liebermann und Eugen Marx.\nMittlere Fehler in fi/i.\n! m.\tj 1\tv. L.\tDiff.\n\tX = 485,9\t\n0,62\t0,54\t\n0,68\t0,54\t\n0,42\t0,42\t\n0,64\t0,68\t\nMittel 0,59\t0,54\t0,05\n\tX = 496,9\t\n3,12\t!\t1,50\t\n2,08\t1,04\t\n2,34\t1,56\t\n1,75\t1,17\t\nMittel 2,32\t1,32\t1,00\n\tX = 509,6\t\n4,34\t2,45\t\n2,03\t1,19\t\n2,03\t0,98\t\n3,36\t2,24\t\nMittel 2,94\t!\t1,71\t1,23\n\tX = 523,4\t\n2,55\t1,05\t! !\n2,63\t1,20\t\n2,18\t1,05\t\n2,10\t1,28\t\nMittel 2,34\t1,14\t! 1,20\nX = 538,4\n1,71\t1,17\t\n2,52\t1,35\t\n2,34\t0,99\t\n2,78\t0,81\t\nMittel 2,34\t1,08\t1,26\nDas Ergebnis dieser Versuche ist, wie man sieht, das ent-gegengesetzte wie das von Bbodhun gefundene. Die Einstellungen des Trichromaten sind durchweg etwas genauer, seine mittleren Fehler geringer als die des Dichromaten. Nun besteht ja zwischen unseren Versuchen und den BEODHUNschen vor allem der Unterschied, dafs es sich bei diesen letzteren um einen Deuteranopen, bei uns dagegen um einen Protanopen handelte. Dafs der Unterschied der Resultate hiermit zusammenh\u00e4ngt, erscheint wohl","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022 _\nUber die Empfindlichkeit des normalen usw.\n107\ndenkbar; doch w\u00e4re es sicher voreilig einen solchen Schlufs zu ziehen, um so mehr als die gefundenen Unterschiede zwischen dem Dichromaten und dem Farbent\u00fcchtigen nicht von sehr grofsem Betrage sind und kaum \u00fcber das hinausgehen, was wir auch innerhalb derselben Kategorie an individuellen Schwankungen finden.\nDa es uns m\u00f6glich schien, dafs gerade bei der Methode der mittleren Fehler individuelle Besonderheiten der Ein\u00fcbung und Geschicklichkeit ins Gewicht fallen k\u00f6nnten, so haben wir zun\u00e4chst noch eine Anzahl weiterer Versuche nach der Methode\nder eben merklichen Unterschiede ausgef\u00fchrt. Auch hier mufste\n\u2022 \u2022\nselbstverst\u00e4ndlich aufser der \u00c4nderung der Wellenl\u00e4ngen eine solche der Spaltweiten stattfinden. Der Beobachter gab also dem den Fleck erleuchtenden Kollimator sehr kleine Verschiebungen; bei jeder Stellung suchte er durch Einstellung der Spaltweite Fleck und Ring so \u00e4hnlich wie m\u00f6glich zu machen und es wurde so fortgefahren, bis bei dieser Variierung der Spaltweite ein Unterschied bestehen blieb und der Beobachter den Fleck als zu gelb oder zu blau im Vergleich zu seiner Umgebung erkannte.\nBeobachtungen dieser Art haben wir nur bei der Wellenl\u00e4nge 509,6 uf-i ausgef\u00fchrt, die f\u00fcr den Protanopen ann\u00e4hernd farblos war.\nDie Ergebnisse waren hier die folgenden :\nEben merkliche Unterschiede in pp bei Wellenlange 509,6 pp.\nM.\tv. L.\tDifferenz\tAnzahl der Einstellungen\n19,8\t2,5\t17,3\t11\n11,4\t1,8\t9,6\t11\n15,6\t2,4\t13,2\t10\n16,6\t3,5\t13,1\t8\n17,5\tm\t12,4\t5\n16,5\t6,1\t10,4\t0\nMittel 16,2\t3,6\t12,6\t50\n\u2022 \u2022\nBei diesem Verfahren tritt, wie man sieht, die \u00dcberlegenheit des Trichromaten noch st\u00e4rker hervor. Freilich zeigen die Zahlen wohl auch zugleich, wie bei all diesen Versuchen neben der Unterschiedsempfindlichkeit im strengen theoretischen Sinne eine Reihe individueller Eigent\u00fcmlichkeiten in bezug auf die Ausf\u00fchrung der Beobachtungen ins Gewicht fallen. So ist das Verh\u00e4ltnis des mittleren Fehlers zum eben merklichen Unterschiede","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nFaul v. Jjiebermann und, Eugen Marx.\nbei dem einen von uns (v. L.) = 1: 2,1, \u00e4hnlich dem von Uhthoff angegebenen Werte 1 :1,8; f\u00fcr den anderen dagegen 1:5,7.\nEs schien uns endlich von einigem Interesse, entsprechende Versuche statt mit reinen Lichtern auch mit Lichtgemischen, insbesondere einer f\u00fcr den Protanopen etwa farblosen Rot-Blau-Mischung auszuf\u00fchren. Zu diesem Zwecke wurden beide Kollimatoren mit den Doppelspaten ausger\u00fcstet und diese so eingestellt, dafs sowohl Ring als Fleck mit einer Mischung zweier Lichter von 670 und 460 ,\u00ab/t erleuchtet wurden. Wir verfuhren hierbei wieder nach der Methode der mittleren Fehler. An die Stelle der Kollimatorverschiebung trat hier die Drehung des NiKOLSchen Prismas, durch die das Mengenverh\u00e4ltnis von Rot und Blau ver\u00e4ndert wird. Bei dem Versuche, Ring und Fleck so genau als m\u00f6glich gleich zu machen, mufste nat\u00fcrlich wiederum NiKOL-Stellung und Spaltweite frei variiert werden. Unsere Re* sultate, n\u00e4mlich die mittleren Fehler in der Einstellung des NiKOLSchen Prismas, enth\u00e4lt die folgende Tabelle.\nPurpurgemisch. Mittlere Fehler in\nM.\tv. L.\n70 05'\t5\u00b0 46'\n10\u00b0 52'\t15\u00b0 58'\n70 41'\t40 54'\n5\u00b0 7\t56'\n4\u00b0 9'\t3\u00b0 22'\n15\u00b0 56'\t48'\nMittel 8\u00b0 28'\t5\u00b0 17\nGraden NiKOL-Drehung. Differenz\n3\u00b0 11'\nAls Gesamtmittel ergibt sich f\u00fcr den Protanopen 8\u00b0 28\\ f\u00fcr den Farbent\u00fcchtigen 5\u00b0 17.\nIm ganzen k\u00f6nnen wir daher das Ergebnis unserer Beobachtungen dahin zusammenfassen, dafs wir in keinem Falle und bei keiner Verfalirungsweise f\u00fcr den Protanopen eine Genauigkeit der Farbenunterscheidung gefunden haben, die diejenigen des Farbent\u00fcchtigen \u00fcbertroffen oder auch nur erreicht h\u00e4tte, \u00fcberall vielmehr die Leistung des Protanopen hinter der des Trichromaten zur\u00fcckblieb.","page":108}],"identifier":"lit33580","issued":"1911","language":"de","pages":"103-108","startpages":"103","title":"\u00dcber die Empfindlichkeit des normalen und des protanopischen Sehorgans f\u00fcr Unterschiede des Farbentons","type":"Journal Article","volume":"45"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:31:48.002192+00:00"}