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{"created":"2022-01-31T14:25:32.573022+00:00","id":"lit33589","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Weiss, Otto","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 45: 307-312","fulltext":[{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem Institut Marey in Boulogne-sur-Seine und dem physiologischen\nInstitut zu K\u00f6nigsberg i. Pr.)\nDie zeitliche Dauer des Lidschlages.\nVon\nOtto Weiss.\n(Mit 1 Tafel.)\n1. Literatur.\nDer zeitliche Ablauf des Lidschlages ist zuletzt von Garten 1 untersucht worden. Vor ihm hatten sich bereits Exner2, Franck3 4 und Mayhew 4 mit der Frage besch\u00e4ftigt. Die zuletzt genannten Autoren interessierte jedoch nur, wie grofs die Reflexzeit der Blinzelbewegung sei und ob bei willk\u00fcrlichem und reflektorischem Lidschlusse eine Querleitungszeit vorhanden sei.\nGarten hingegen untersuchte, wie schnell die einzelnen Phasen der Lidbewegung ablaufen und im besonderen noch, wie lange die Pupille des Auges bei der Blinzelbewegung durch die Lider bedeckt ist. Ihn interessierte das Problem von zwei Gesichtspunkten aus, einmal von optischen \u2014 Beziehung des Lidschlages zur Erholung des Sehorganes und zu den Nachbildern , ferner von Gesichtspunkten der Bewegungsphysiologie, indem er in der Bewegungsform des Lidmuskels bei der relativen Klein-\n1\tS. Garten, Zur Kenntnis des zeitlichen Ablaufes der Lidschl\u00e4ge.\nPfl\u00fcgers Archiv 71, 477\u2014491. Taf. II, III* 1898.\n2\tS. Exner, Experimentelle Untersuchung der einfachsten psychischen Prozesse. 2. Abhandlung: \u00dcber Reflexzeit und R\u00fcckenmarksleitung. Ebda. 8, 526\u2014537. 1878.\n3\tC. Franck, \u00dcber die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse des reflektorischen und willk\u00fcrlichen Lidschlusses. Inauguraldissertation. K\u00f6nigsberg 1889.\n4\tD. P. Mayhew, On the time of reflex winking. Journ. of exp. medic.\n2, 35-47. Taf. V\u2014VIII. 1897.\n20\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 45.","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nOtto Weiss.\nheit der mitbewegten tr\u00e4gen Massen ein Bild der nat\u00fcrlichen Muskelbewegungsform erblickte.\nBei den Versuchen bedienten sich die Autoren folgender Methoden. Mayhew bestimmte den Moment des Beginnes der Lidschlufsbewegung dadurch, dafs er am oberen Lide einen Kontakt anbrachte, der durch die Lidsenkung ge\u00f6ffnet wurde.\nExner und Garten verzeichneten den Ablauf der ganzen Lidbewegung, Exner dadurch, dafs er am oberen Lide mit Heftpflaster einen Faden befestigte, der mit einem Hebel verbunden war. Garten bediente sich der optischen Registrierung. Er projizierte das Bild des Auges auf einen Spalt, hinter dem sich eine Kymographiontrommel bewegte, die mit Bromsilberpapier bezogen war. Um die Lider im Photogramm deutlich zu markieren, versah er sie mit Streifen weifsen Papieres. In einer Reihe von Versuchen registrierte Garten die Bewegung eines Lidpunktes, den er dadurch markierte, dafs er periodisch Funken eines Transformators an diesem Punkte sich entladen liefs.\nDie Resultate der GARTENschen Registrierungen veranschaulichen die beiden Kurven der Fig. 1 und 2 der GARTENschen T afel.\nIn der Fig. 1 bedeutet 0 die Kurve, die von dem Papierstreifen des oberen Lides geschrieben wurde; P die Kurve der Pupille; W die Kurve eines Papierstreifens, der sich auf der Wange befand; Z F\u00fcnftelsekundenmarken. Die Fig. 2 zeigt die Resultate einer Funkenaufnahme in der oberen Kurve; die untere bedeutet ebenfalls F\u00fcnftelsekundenmarken.\nMit Hilfe dieser Methodik gelangte Garten zu folgenden Resultaten \u00fcber den Ablauf des willk\u00fcrlichen Lidschlages.\nI. Versuchsperson.\nDauer des ganzen Lidschlages im Mittel :\t0,420 Sek.\nDauer der Lidsenkung.................. 0,075\t\u201e\nDauer der Bedeckung der Pupille .\t.\t. 0,170 \u201e\nII. Versuchsperson (Funkenmethode).\nDauer des ganzen Lidschlages im Mittel: 0,308 Sek.\nDauer der Lidsenkung.................. 0,087\t\u201e\nDauer der Bedeckung der Pupille .\t.\t.\t0,133\t\u201e\nWeiter teilt er die zeitlichen Beziehungen einer Reihe von aufeinanderfolgenden Lidschl\u00e4gen mit, die mit Hilfe der Funkenmethode gewonnen sind.","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitliche Dauer des Lidschlages.\n309\nDauer des ganzen Lidschlages :\nI\t0,354 Sek.\nII\t0,336 \u201e\nIII\t0,301 \u201e\nIV\t0,354 \u201e\nV\t0,319 \u201e\nVI\t0,372 \u201e\nIm Mittel:\t0,339 Sek.\nDauer der Lidsenkung:\t\nI\t0,089 Sek.\nII\t0,106 \u201e\nIII\t0,071 \u201e\nIV\t0,106 \u201e\nV\t0,071 \u201e\nVI\t0,106 \u201e\nIm Mittel:\t0,091 Sek.\nDauer der Bedeckung der Pupille\t\nI\t0,222 Sek.\nII\t0,186 \u201e\nIII\t0,186 \u201e\nIV\t0,204 \u201e\nV\t0,195 \u201e\nVI\t0,212 \u201e\nIm Mittel: 0,201 Sek.\n\u2022 \u2022\nEndlich ermittelte Garten die \u00c4nderungen der Geschwindigkeit beim Abw\u00e4rtsgehen des oberen Lides. Es zeigte sich, dafs schon 0,04 Sek. nach dem Beginne der Lidsenkung die Geschwindigkeit, mit der das Lid sich bewegte, ihr Maximum erreicht hatte. Sie betrug etwa 250 mm Sekundengeschwindigkeit.\n2. Eigene Ter suche.\nIm Oktober 1909 hatte ich Gelegenheit, im Institut Marey in Boulogne-sur-Seine den Ablauf des Lidschlages mit Hilfe der Methode der Serienphotographie zu untersuchen. Ich hatte mich dabei der liebensw\u00fcrdigsten Unterst\u00fctzung des Herrn Kollegen Bull zu erfreuen, dem ich auch hier herzlich danke. Die Versuche gingen urspr\u00fcnglich von anderen Gesichtspunkten aus, deren Zweck sich jedoch nicht erf\u00fcllte. Ihre Resultate teile ich im folgenden mit, weil die Verfolgung eines und desselben Themas mit verschiedener Methodik immer Interesse verdient.\nAuch scheint mir die Methode der Serienphotographie deshalb\n20*","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nOtto Weiss.\nf\u00fcr das vorliegende Problem Beachtung zu verdienen, weil sie Aufschlufs gibt \u00fcber den Bewegungsablauf aller Lidpunkte.\nDie Serienphotographien wurden mit Hilfe eines im Institut vorhandenen Apparates gewonnen, der f\u00fcr Serienaufnahmen eingerichtet war, deren Einzelbilder eine zeitliche Distanz von 1/20 Sek. hatten. Die zeitliche Distanz konnte dadurch auf 1/50 Sek. verringert werden, dafs man die Kurbelachse des Apparates mit einer Rolle versah und auf diese die Bewegungen eines Schwungrades \u00fcbertrug. Eine weitere Verminderung der zeitlichen Distanz auf Vioo Sek. gelang dadurch, dafs die Abwicklung des Filmstreifens doppelt so h\u00e4ufig geschah als es der urspr\u00fcnglichen Konstruktion des Apparates entsprach. Die Sektorscheibe wurde\ndann entsprechend mit zwei Ausschnitten versehen. Der Apparat\n\u2022 \u2022\t__ ______ _____ _ ______\nhatte nach diesen \u00c4nderungen die folgende Form (Fig. 3 der Tafel).1\nDie Vorratsrolle A tr\u00e4gt das Filmband. Dieses geht \u00fcber die Rollen a und b an dem Fenster F vor\u00fcber und wird auf die Rolle C aufgewickelt. Die Aufwicklung geschieht kontinuierlich. Fs w\u00fcrde also, wenn nur die Rollen A und C vorhanden w\u00e4ren, der Filmstreifen in kontinuierlicher Bewegung sein. Das Bild des sich bewegenden Gegenstandes wird durch das Fenster F mittels des Objektivs 0 auf den Film entworfen. Vor diesem Fenster rotiert die undurchsichtige Scheibe S, welche zwei sektorenf\u00f6rmige einander gegen\u00fcberliegende Ausschnitte tr\u00e4gt. W\u00e4hrend diese Ausschnitte das Fenster passieren, wird der Film belichtet. Soll das Bild scharf werden, so mufs der Film w\u00e4hrend der Belichtungsdauer Stillstehen. Um das zu erreichen, ist die Achse B angebracht, die zwei Arme M und N tr\u00e4gt, an deren Enden sich Rollen befinden. Diese Rollen schlagen gegen den Filmstreifen zwischen b und C. Hierdurch wird von der Vorratsrolle A ein gr\u00f6fseres St\u00fcck Film abgewickelt, als die Rolle G aufzuwickeln vermag. Bis der Film zwischen b und C wieder gespannt ist, steht er zwischen a und b still. W\u00e4hrend dieser Zeit passiert der Sektor der Scheibe das Fenster F. Die Rollen C und B und die Scheibe S werden durch eine gemeinsame Antrieb Vorrichtung bewegt, so dafs das Zusammenwirken in dem erw\u00e4hnten Sinne gew\u00e4hrleistet wird.\nDie Figur 4 der Tafel zeigt das Resultat einer solchen Aufnahme. Die Abmessung der Zeit ist mit Hilfe der Marken am\n1 Fig. 3 ist eine schematische Zeichnung.","page":310},{"file":"p0310table0002.txt","language":"de","ocr_de":"Zeitsehr. f. Sinnesphysiol. 45\nOtto Weiss. (Erster Artikel.)\nFig. 4.","page":0},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitliche Dauer des Lidschlages.\n311'\nmedialen Augenwinkel m\u00f6glich. Die eine Marke ist fest, die zweite ist durch eine schwingende Feder erzeugt, die 10 ganze Schwingungen in der Sekunde macht.\nAus den Photographien kann man die Resultate ohne weiteres ablesen. Die folgenden Tabellen geben die Resultate der Ausmessungen zweier Serienaufnahmen.\nSchliefsungsbewegung\tSchlufs\t\u00d6ffnungsbewegung\tOffensein\nI. 0,050\t0,017\t0,100\t0,033\n0,067\t0,033\t0,104\t0,129\n0,071\t0,014\t0,129\t0,083\n0,046\t0,029\t0,124\t0,033\n0,043\t0,029\t0,093\t0,100\n0,107\t0,014\t0,100\t0,100\n0,071\t0,014\t0,100\t0,064\n0,107\t0,029\t0,079\t0,150\n0,057\t0,014\t0,126\t0,117\n0,043\t0,029\t0,093\t0,037\n0,070\t0,029\t0,086\t0,114\n0,057\t0,014\t0,100\t\nMittel : 0,062\t0,028\t0,108\t0,087\nII. 0,050\t0,025\t0,125\t0,387\n0,063\t0,020\t0,160\t0,111\n0,067\t0,044\t0,118\t0,360\n0,064\t0,027\t0,100\t0,341\n0,050\t0,055\t0,109\t0,236\n0,060\t0,030\t0,077\t0,010\n0,050\t0,030\t0,100\t\nMittel: 0,058\t0,033\t0,113\t0,241\nHieraus ergeben sich als Mittelwerte aus beiden Aufnahmen\nSchliefsungsbewegung :\t0,060\tSek.\nGeschlossensein :\t0,031\t\u201e\n\u00d6ffnungsbewegung:\t0,111\t\u201e\nOffensein :\t0,164\t\u201e\nDer niedrigste Wert f\u00fcr'die Dauer der Schliefsungsbewegung ist 0,04 Sek., der gr\u00f6fste 0,107 Sek.; f\u00fcr die Schlufszeit sind die entsprechenden Werte 0,014 Sek. und 0,055 Sek. ; f\u00fcr die \u00d6ffnungsbewegung 0,077 und 0,160 Sek.\nAus den Versuchen ergeben sich f\u00fcr die Dauer des ganzen\nLidschlages folgende Werte:","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nOtto Weiss.\nI. 0,050 + 0,017 + 0,100 = 0,167 Sek. 0,067 +\t0,033\t+\t0,104\t=\t0,204\t\u201e\n0,071 +\t0,014\t+\t0,129\t=\t0,214\t\u201e\n0,046 -f\t0,029\t+\t0,124\t=\t0,199\t\u201e\n0,043 +\t0,029\t+\t0,093\t=\t0,165\t\u201e\n0,107 +\t0,014\t+\t0,100\t=\t0,221\t\u201e\n0,071 +\t0,014\t+\t0,100\t=\t0,185\t\u201e\n0,107 +\t0,029\t+\t0,079\t=\t0,215\t\u201e\n0,057 +\t0,014\t+\t0,126\t=\t0,197\t\u201e\n0,043 +\t0,029\t+\t0,093\t=\t0,165\t\u201e\n0,070 +\t0,029\t+\t0,086\t=\t0,185\t\u201e\n0,057 +\t0,014\t+\t0,100\t=\t0,171\t\u201e\nMittel = 0,191 Sek.\nII.\n0,050 -f- 0,025 + 0,125 = 0,200 Sek. 0,063 +\t0,020\t+\t0,160\t=\t0,243\t\u201e\n0,067 +\t0,044\t+\t0,118\t=\t0,229\t\u201e\n0,064 +\t0,027\t+\t0,100\t=\t0,191\t\u201e\n0,050 +\t0,055\t+\t0,109\t=\t0,214\t\u201e\n0,060 +\t0,030\t+\t0,077\t=\t0,167\t\u201e\n0,050 +\t0,030\t+\t0,100\t=\t0,180\t\u201e\nMittel = 0,203 Sek.\nDie Dauer eines Lidschlages betr\u00e4gt also im Mittel aus allen Versuchen 0,197 Sek.; im Maximum 0,243 Sek., im Minimum 0,165 Sek.\nWenn man diese Resultate mit denen von Garten vergleicht, so ergibt sich, dafs mein Lidschlag schneller abl\u00e4uft als bei Gartens Versuchspersonen. Die Ablaufsdauer des Lidschlages ist demnach individuell sehr verschieden.\n3. Resultate.\nIn der Mitteilung ist mit Hilfe der Serienphotographie gezeigt worden, dafs der Lidschlag meines Auges im Mittel 0,197 Sek. dauert (Maximum 0,243 Sek., Minimum 0,165 Sek.).\nDie Dauer der einzelnen Phasen der Lidbewegung betr\u00e4gt bei mir: Schliefsungsbewegung 0,06 Sek. (Maximum 0,107 Sek., Minimum 0,043 Sek.), Geschlossensein 0,031 Sek. (Maximum 0,055 Sek., Minimum 0,014 Sek.), \u00d6ffnungsbewegung 0,111 Sek. (Maximum 0,160 Sek., Minimum 0,077 Sek.).","page":312}],"identifier":"lit33589","issued":"1911","language":"de","pages":"307-312","startpages":"307","title":"Die zeitliche Dauer des Lidschlages","type":"Journal Article","volume":"45"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:25:32.573027+00:00"}