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Experimentelle Untersuchungen über die Abhängigkeit der kompensatorischen Gegenbewegungen der Augen bei Veränderung der Kopflage vom Ohrapparat

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{"created":"2022-01-31T16:49:31.634331+00:00","id":"lit33597","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Beck, Karl","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 46: 135-165","fulltext":[{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"135\n(Aus der Universit\u00e4tsklinik f\u00fcr Obren-, Nasen- und Kehlkopfkranke [Professor Dr. W. K\u00fcmmel] in Heidelberg.)\nExperimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der kompensatorischen Gegenbewegungen der Augen bei Ver\u00e4nderung der Kopflage vom Ohrapparat.\nVon\nDr. Kael Beck, Assistent,\nAls \u201eGegenrollung\u201c bzw. \u201eRaddrehung\u201c bezeichnet man die Erscheinung, dafs bei Ver\u00e4nderung der Kopflage die Bulbi Gegenbewegungen in dem Sinn ausf\u00fchren, als ob sie ihre Lage im Raum festzuhalten bestrebten. Je nach Richtung der Kopfbewegung mufs demnach die Bulbusbewegung verschieden sein. Selbstverst\u00e4ndlich mufs man unterscheiden zwischen Tieren mit seitlich stehenden Augen und solchen, die wie der Mensch, die Augen nach vorne gerichtet haben. Bei ersteren treffen die verl\u00e4ngerten Augenachsen in einem sehr stumpfen Winkel zusammen, bei letzteren bilden sie einen ganz spitzen Winkel. Der Einfachheit halber wollen wir annehmen, dafs die Augenachsen der Tiere mit seitlicher Augenstellung in einer Linie sich befinden, die bei Tieren mit nach vorne gerichteten Augen parallel verlaufen. Zuerst seien die Gegenbewegungen besprochen, die bei Bulbi bei Tieren mit seitlich stehenden Augen machen, wenn die Kopflage ge\u00e4ndert wird. Drehen wir den Kopf eines solchen Tieres um seine Querachse aus der Kopfstellung, die das Tier gew\u00f6hnlich einnimmt, um 90\u00b0 nach oben, so m\u00fcfsten die Augenachsen, wenn keine Bulbusbewegung ein tr\u00e4te und die Augen in der Orbita fest fixiert w\u00e4ren, ebenfalls ihre Lage um 90\u00b0 ver\u00e4ndern. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es tritt vielmehr eine solche Drehung der Bulbi ein, dafs der","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nKarl Beck.\nhorizontale Augenmeridian ungef\u00e4hr eine Mittelstellung einnimmt zwischen der urspr\u00fcnglichen Lage in der Ruhe und der Lage, in der der Bulbus bei der geschilderten Kopfbewegung sich befinden m\u00fcfste, wenn er in der Orbita fixiert w\u00e4re. Es findet also eine Gegendrehung der Bulbi und damit auch der Augenachsen nach vorne statt. Genau derselbe Vorgang spielt sich ab, wenn man den Kopf des Tieres unter gleichen Bedingungen nach unten dreht, nur dafs dabei nat\u00fcrlich eine Bulbusdrehung in entgegengesetzter Richtung stattfindet. Eine ganz anders gerichtete kompensatorische Bulbusbewegung tritt ein, sobald das Tier aus seiner nat\u00fcrlichen Lage um 900 um seine K\u00f6rperl\u00e4ngsachse nach der Seite gedreht wird. Man beobachtet auch hierbei eine kompensatorische Augenbewegung beider Augen und zwar n\u00e4hert sich der horizontale Bulbusmeridian auf der Seite, auf die das Tier gedreht wurde, dem Oberlid, auf der entgegengesetzten dem Unterlid. Es findet also eine Hebung bzw. Senkung der Bulbi und der Augenachsen hierbei statt.\nBeim Menschen liegen die Augenachsen ann\u00e4hernd parallel, also zu denen der eben geschilderten Tiere senkrecht. Es wird infolgedessen eine KopfbewTegung nach oben eine Senkung beider horizontaler Augenmeridiane gegen das Unterlid, eine Kopfbewegung nach unten eine Hebung beider horizontaler Augenmeridiane zum Oberlid zur Folge haben. Bei Seitw\u00e4rtsdrehung des Kopfes aber findet eine gleichsinnig gerichtete Gegendrehung beider Bulbi statt. Es besteht also zwischen Tieren mit seitlich stehenden Augen und dem Menschen der prinzipielle Unterschied,, dafs beim Menschen alle Kompensationsbewegungen der Bulbi bei Lage Wechsel gleichsinnig gerichtet sind, dagegen nicht a Ile, beim Tier mit seitlich stehenden Augen.\nSchon die bisherigen Ausf\u00fchrungen werden gezeigt haben, dafs die einfachen Bezeichnungen \u201eRaddrehung\u201c und \u201eGegenrollung\u201c der Bulbi, wie wir sie in der Literatur finden, die Eigenart der verschiedenen kompensatorischen Augenbewegungen teilweise nicht pr\u00e4zise fassen und so zu MifsVerst\u00e4ndnissen An-lafs geben k\u00f6nnen. Es scheint daher zweckm\u00e4fsig, Ausdr\u00fccke zu w\u00e4hlen, die die kompensatorischen Bewegungen genau bezeichnen. So w\u00e4re die Bezeichnung Hebung und Senkung (des horizontalen Bulbusmeridians zum Ober- bzw. Unterlid) kaum mifszuverstehen, da ja auch hierbei eine Hebung bzw. Senkung der Augenachsen stattfindet. Die Bezeichnung Raddrehung kann","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usiv.\n137\nf\u00fcr die Bewegungen, bei denen der horizontale Bulbusmeridian zur Lidspalte sich schief einstellt und die Augenachse ihre Lage-zur Orbitalachse nicht ver\u00e4ndert, wohl beibehalten werden. Noch eines Ausdruckes sei Erw\u00e4hnung getan. Unter Vertikaldivergenz, die ja beim Menschen kaum vorkommt, versteht man die Dauerstellung der Bulbi, bei der der eine Bulbus zum Oberlid gehoben, der andere zum Unterlid gesunken ist, also beide Augen gegen den Nullpunkt, eines nach oben, eines nach unten, in vertikaler Richtung verschoben sind, w\u00e4hrend die Augenachsen unver\u00e4ndert eine die Verl\u00e4ngerung der anderen darstellen.\nDiese kompensatorischen Gegenbewegungen der Bulbi bei Lagew^echsel haben schon seit langem die Aufmerksamkeit vieler Forscher erregt. Die neueren Autoren (vgl. Literatur bei Bartels) 1 erkannten, dafs der Ort der Ausl\u00f6sung der Gegenrollung resp. Raddrehung im Ohrlabyrinth zu suchen sei. Doch \u00fcber die genauere LokalisationimOhr labyrinth, dar\u00fcber, von welcher Stelle dieser Reflex ausginge, herrschte noch keine Einstimmigkeit. Die meisten Autoren waren auf Grund ihrer Untersuchungen geneigt, den Otolithen auch diese Funktion zuzuschreiben. Eine Ausnahme macht B\u00e4raisy, der auf Grund seiner Untersuchungen am Menschen mittels seines Apparates sich vorstellt, dafs die Gegenrollung der Augen von den Bogeng\u00e4ngen ausgel\u00f6st werde. Er zeigte, dafs eine dauernde Erregung der Bogengangsnerven durch die Schwerkraft wohl m\u00f6glich sei, wenn man annehme, dafs die Cupulae, die den Cristae ampullarum auf sitzen, nicht dasselbe spezifische Gewicht haben, wie die Endolymphe in den Bogeng\u00e4ngen. In diesem Falle wirke die Schwerkraft auf diese ebenso wie auf die Otolithen im Utriculus und Sacculus. Dadurch k\u00e4me eine Dauerregung der Ampullarnerven und infolgedessen eine dauernde Verstellung der Augen zustande. Auch auf experimentellem Wege an Tieren sind verschiedene Versuche gemacht worden, die Sache zu kl\u00e4ren. Bethe benutzte zu seinen Versuchen haupts\u00e4chlich Carcinus M\u00e4nas. Er fand, dafs nach Fortnahme beider Statocysten (Otocysten) die Kompensationsbewegungen der Augen bei sonst ganz erhaltener Reflexerregbarkeit der Augen vollkommen verschwunden waren. Nach Exstirpation einer Statocyste war bei einigen Tieren das gekreuzte\n1 v. Graefes Archiv f\u00fcr Ophithalmologie 70, 1. Heft.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nKarl Beck.\nAuge in seinen Kompensationsbewegungen stark beeintr\u00e4chtigt, hei anderen aber war die St\u00f6rung auf beiden Augen ziemlich \u2022gleich grofs. Im Gegensatz hierzu fand Fb\u00f6hlioh bei Pinaeus, dafs die Zerst\u00f6rung einer Statocyste die Augenbewegungen derselben Seite bis auf ein Minimum herabsetzte. An Haifischen konnte Loeb Ver\u00e4nderungen der Augenstellung nach Labyrinth-l\u00e4sionen feststellen. Entfernte er 'die Otolithen auf der einen\nSeite, so trat Vertikaldivergenz beider Augen ein. Die geo-\n\u2022 \u2022\ntropische (persistierende) Drehung der Bulbi bei \u00c4nderung der Orientierung des Tieres zum Schwerpunkt der Erde blieb dabei bestehen, nat\u00fcrlich mit der Modifikation, dafs sich bei der Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse der Betrag der kompensierenden Drehung der Augen zu der erw\u00e4hnten Rollung addiert oder von ihr subtrahiert. Nach beiderseitiger Wegnahme der Otolithen fehlte jede persistierende Drehung der Bulbi bei dauernder \u00c4nderung der Orientierung des Tieres gegen den Schwerpunkt der Erde. Entfernte er auf der einen Seite die Otolithen und durehschnitt auf der anderen den Akustikus, so verhielt sich das Tier genau so, als wenn beiderseits die Otolithen\n\u2022entfernt worden w\u00e4ren, d. h. es fehlt jede Rollung der Bulbi bei \u2022 \u2022\n\u00c4nderung der Lage. Es bestand jedoch Vertikaldivergenz im Sinne einer Drehung des ganzen K\u00f6rpers auf die der Akustikus-durchschneidung gegen\u00fcberliegende Seite. Nach Loeb waren bei \u25a0den Versuchen von Seewall die kompensatorischen Augenbewegungen in jenen F\u00e4llen von Labyrinthl\u00e4sionen beeintr\u00e4chtigt, welche von sehr ausgesprochenen und bleibenden Bewegungsst\u00f6rungen begleitet waren. Zu ganz gleichen Resultaten bei Operationen an verschiedenen Tieren (Fr\u00f6sche, Fische, Kaninchen) kam W. A. Nagel, und zwar fand er, dafs einseitige Labyrinthentfernung die kompensatorischen Rollungen nicht oder nur in ganz unbedeutendem Mafse sch\u00e4digte. Sofortige Sistierung der kompensatorischen Bewegung trat erst dann ein, wenn beide Labyrinthe zerst\u00f6rt waren. Auffallend ist, dafs Nagel Vertikaldivergenz nach einseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung, wie sie die meisten anderen Untersucher stets feststellten, nicht regelm\u00e4fsig sah. Von den eingehenden Untersuchungen Kubos an Fischen erw\u00e4hne ich hier nur die Resultate bei mechanischen L\u00e4sionen des Vestibul\u00e4r-apparates in bezug auf die kompensatorischen Augenrollungen. Er fand bei Fischen, dafs die Herausnah me der h\u00e4utigen Bogeng\u00e4nge mit den Ampullen bei den verschiedenen K\u00f6rper-","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\n139\nlagen die normal eintretenden B ul buss tel Inn g en nicht tangiert. Dagegen h\u00f6rte die Ver\u00e4nderung der Bulbusstellung auf, sobald beiderseits das Vestibulum zerst\u00f6rt wurde. Nach einseitiger Zerst\u00f6rung wurde die Reaktion der Bulbi gegen Lagewechsel schlechter, doch war die entsprechende Bulbusbewegung noch vorhanden. Nach Exstirpation der Bogeng\u00e4nge trat die Ver\u00e4nderung der Bulbusstellung durch die der K\u00f6rperlage noch auf; nach Wegnahme der Otolith en war sie dagegen weniger deutlich und fehlte bei der Wegnahme beider Ampullen.\nBechterews Untersuchungen an Hunden ergaben nach Durchschneidung eines H\u00f6rnerven eine Ablenkung der Augen, und zwar des gleichseitigen nach unten und aufsen, des -entgegengesetzten nach innen und oben. Die normale Augenstellung trat wieder ein, sobald der andere Akustikus oder drei Bogeng\u00e4nge durchschnitten waren. Dreyeuss, der haupts\u00e4chlich den Einflufs des Labyrinths auf den Muskeltonus studierte, weifs von typischen Augenstellungen nach einer solchen Zerst\u00f6rung nichts zu berichten. Isolierte Durchtrennung des Vestibularis machte Biehl an Schafen und Pferden. Er konstatierte typische Vertikaldivergenz. Von H\u00f6gyes\u2019 Untersuchungen erw\u00e4hne ich nur, dafs nach einseitiger Zerst\u00f6rung des Labyrinths oder Durchschneidung des Akustikus dauernde bilaterale Diagonaldeviation eintrat. Nach beiderseitiger Zerst\u00f6rung des Labyrinths oder Durchschneidung fehlte diese, und ebenso jede kompensatorische Augenbewegung. Bartels fand nach Durchschneidung des Akustikus am Kaninchen Vertikaldivergenz und Fehlen der Kompensationsbewegungen in der ersten Zeit.\nDiese Beobachtungen beziehen sich auf Zust\u00e4nde, die sich nach experimentellen Zerst\u00f6rungen einstellten. Von verschiedenen Seiten sind auch Reizversuche an einzelnen Teilen des Labyrinths gemacht worden. Solche machte Kreide an gewissen Krebsarten. Die Tiere verlieren bei der H\u00e4utung ihre Otolithen und bilden sie nun wieder aus beliebigem Material, das ihnen gerade zur Verf\u00fcgung steht. Man gab ihnen nun dazu feinste Eisenteilchen. Man brachte nun einen Magneten an die Tiere heran, worauf bei den eintretenden K\u00f6rperdrehungen kompensatorische Augenbewegungen gesehen wurden.\nDie haupts\u00e4chlichsten Arbeiten sind wohl die von Lee und Kubo. Ihre Resultate widersprechen sich teilweise. Die Versuchsanordnung scheint mir aber auch teilweise wenig der un-","page":139},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\n141\nKaninchen. Erw\u00e4hnen m\u00f6chte ich noch, dafs auch an Tauben einige Versuche gemacht wurden. Es lag nahe, dies zu tun, denn die einzelnen Teile des Labyrinths sind ja bei der Taube operativen Eingriffen viel zug\u00e4nglicher als es bei den Meerschweinchen der Fall ist. Doch fand ich, dafs die Gegenbewegungen bei der Taube \u00e4ufserst gering sind: Man sieht nur bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach unten einen einiger-mafsen betr\u00e4chtlichen Ausschlag, bei Drehung des Kopfes nach oben ist derselbe noch geringer und nach der Seite \u00fcberhaupt kaum zu sehen. Abgesehen davon ist die Markierung der Cornea, die zur Konstatierung der Gegenbewegungen notwendig ist, bei der Taube \u00e4ufserst schwierig. Das Auge der Taube scheint \u00e4ufserst empfindlich zu sein. So verursacht bereits das Einbrennen eines kleinen Strichs mittels eines feinen Platindrahtes in die Cornea meist schwere Keratitis. Das Anheften eines St\u00fcckchens L\u00f6schpapier als Zeiger an die Cornea gelingt meist nicht, da die T\u00e4tigkeit der drei Lider der Taube auch nach v\u00f6lliger Cocainisierung nicht auszuschalten ist. Jede Markierung dieser Art wird durch die Lider rasch wieder weggewischt. Ich komme dadurch auf die Art und Weise, wie bei den nachfolgenden Untersuchungen am Meerschweinchen die kompensatorischen Bewegungen beobachtet wurden. Vor jeder Operation wurde die normale Gegenbewegung an jedem Tier gepr\u00fcft. Zu diesem Zwecke wurde das Tier ganz horizontal auf den Tisch gelegt und der Kopf auf den Tisch geprefst. In dieser Lage wurde mittels eines feinen Platindrahtes nach Cocainisierung eine m\u00f6glichst genau horizontale Linie \u00fcber die ganze Cornea mitten durch die Pupille gebrannt. Bei einigen wurde auch eine senkrechte Linie darauf gebrannt. Da nach Cocainisierung der Lidschlag fast v\u00f6llig sistiert, trocknet die Cornea rasch ein. Dies kann man verh\u00fcten, wenn man m\u00f6glichst oft eine halbpromillige Sublimatsalbe in die Augen streicht. Trotz allem kann man oft Keratitiden der schwersten Art nicht verh\u00fcten, und besonders anfangs hatte ich mehrere zu verzeichnen. Dafs dieselben den Versuch sehr st\u00f6ren, brauche ich nicht besonders zu bemerken. Falls keine Keratitis eintritt, heilen die Markierungen an der Cornea sehr rasch. Auch mit Hilfe der Lupe kann man sie dann oft nicht mehr nachweisen, besonders wenn eine geringe diffuse Tr\u00fcbung der Cornea eintritt. Man ist deshalb gen\u00f6tigt, kleine Streifen L\u00f6schpapier der Cornea aufzusetzen, sie infolge der","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nKarl Beck.\nKapillarattraktion fest anhaften. Es w\u00e4re hier noch zu betonen^ dafs gerade Meerschweinchen willk\u00fcrliche Augenbewegungen nur in ganz geringem Mafse machen im Gegensatz zu Hunden, Katzen usw.\nDie kompensatorischen Gegenbewegungen der Bulbi wurden in folgenden Lagen des K\u00f6rpers gepr\u00fcft:\n1.\tDer Kopf des Tieres wurde um seine Querachse aus der horizontalen Lage um 90\u00b0 nach oben gedreht. Es erfolgt hierbei eine deutliche Raddrehung in entgegengesetzter Richtung, die ca. 40\u201445\u00b0 betr\u00e4gt. Die Augenachse macht hierbei eine Drehbewegung nach vorne unten und ver\u00e4ndert ihre Lage zur Orbitalachse nicht.\n2.\tDer Kopf des Tieres wurde um seine Querachse aus der horizontalen um 90\u00b0 nach unten gedreht. Auch hier erfolgte eine deutliche Raddrehung in entgegengesetzter Richtung um ca. 40 bis 45\u00b0. Die Augenachse macht hierbei eine Drehung nach vorne oben und ver\u00e4ndert ihre Lage zur Orbitalachse nicht.\n3.\t4. Das ganze Tier wmrde um seine L\u00e4ngsachse um 90\u00b0 gedreht nach beiden Seiten. Es erfolgte hierbei eine Gegenbewegung der Bulbi, die einander entgegengesetzt ist. Wurde z. B. das Tier auf seine rechte Seite gelegt, so senkt sich der linke Bulbus zum Unterlid, der rechte hebt sich zum Oberlid.\nMehrere normale Tiere wurden, nachdem auf die Cornea ein Kreuz eingebrannt war, in verschiedener Tiefe der \u00c4thernarkose auf kompensatorische Gegenbewregungen gepr\u00fcft. Es fand sich \u00fcbereinstimmend bei allen Tieren folgendes : In leichter Narkose ging die Gegenbewegung in normaler Weise vor sich. Sobald aber diese tiefer wurde, wurde zuerst die Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben schw\u00e4cher, gleich darauf begann die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Seitenlage zu verschwinden. Nachdem diese beiden kompensatorischen Gegenbewegungen verschwunden waren, bestand die Raddrehung nach unten noch unver\u00e4ndert fort. Erst in tiefer Narkose fehlte auch diese. Liefs man das Tier erwachen, so stellte sich die letztere zuerst wieder ein. Viel sp\u00e4ter, nachdem das Tier wieder wach war, trat die Raddrehung nach oben und die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Seitenlage auf.\nEs schien am zweckm\u00e4fsigsten, einzelne Labyrinthteile auszuschalten und aus dem etwaigen Funktionsausfall seine Schl\u00fcsse zu ziehen. Als die schonendste Methode wurde die von","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\t14&\nEwald ersonnene Plombierung der Bogeng\u00e4nge ausgef\u00fchrt. Aufserdem wurden Zerst\u00f6rungen des ganzen Apparates gemacht.\nIch m\u00f6chte hier bei dieser Gelegenheit darauf zu sprechen kommen, ob es notwendig ist, zur Ausschaltung des Ohrapparates eine Akustikusdurchschneidung zu machen, oder ob eine Labyrinthzerst\u00f6rung gen\u00fcgt. Dem Haupteinwand, den z. B. Bartels ausspricht, dafs Labyrinthteile stehen bleiben k\u00f6nnen, und so zweifelhafte Versuchsresultate sich ergeben k\u00f6nnen, m\u00f6chte ich gleich entgegenhalten, dafs wir in der sp\u00e4teren anatomischen Untersuchung eine ausgezeichnete und genaue Kontrolle haben, ob funktionsf\u00e4hige Bestandteile des Labyrinths stehen geblieben sind, oder nicht. Dies allerdings ist unbedingt notwendig, und erst nach einer solchen Pr\u00fcfung unseres operativen Eingriffes sind wir in der Lage, mit Sicherheit zu erkl\u00e4ren, ob das Labyrinth zerst\u00f6rt ist. Gegen\u00fcber der Akustikusdurchschneidung hat diesn Ausschaltung den grofsen Vorteil, dafs wir die ganz enorme Shokwirkung, wie wir siebei Akustikusdurchschneidung beobachten, bei Labyrinth Zerst\u00f6rung nie in dem Mafse sehen. Dazu kommt,, dafs intrakranielle Eingriffe leicht Blutungen und Quetschungen gerade der Hirnteile zur Folge haben, die f\u00fcr diese Untersuchungen von besonderer Wichtigkeit sind. So scheint fastr. dafs die Labyrinthzerst\u00f6rung, die den gleichen Effekt in bezug auf die Gegenbewegungen und Bulbusstellung ergibt wie die. Akustikusdurchschneidung, dieser vorzuziehen ist.\nAnatomische Vorbemerkung.\nNeben der Bulla ossea, die den Hauptraum des Mittelohrs beim Meerschweinchen darstellt, liegen die beiden Nebenh\u00f6hlen, die hintere und die vordere Lateralh\u00f6hle genannt. Der vordere vertikale Bogengang ist in der vorderen Lateralh\u00f6hle deutlich zu sehen. Er springt von der hinteren Wand in kleinem Bogen vor und geht unten am Boden unvermittelt in die Ampulle \u00fcber. Der horizontale Bogengang verl\u00e4uft in der hinteren Nebenh\u00f6hle in einer horizontal verlaufenden Kante. Er wird vorne vom Fazialkanal, hinten vom hinteren Vertikalbogen begrenzt. Am wenigsten deutlich tritt der hintere vertikale Bogengang hervor. Wir erkennen ihn meistens nur an einem zu der eben beschriebenen horizontalen Kante senkrecht verlaufenden kleinen Buckel,, der nur bei \u00e4lteren Individuen einigermafsen zu erkennen ist.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nKarl Beck.\nBeschreibung der Operation.\nDie Operation wurde nat\u00fcrlich m\u00f6glichst aseptisch durchgef\u00fchrt. Die Tiere wurden s\u00e4mtlich mit \u00c4ther narkotisiert.\nIch m\u00f6chte hier zur Ausf\u00fchrung der Narkose bei diesen Tieren einen kleinen Wink geben. Man hat n\u00e4mlich in dem PEYERschen Ohrmuschelreflex einen guten Anhaltspunkt zur Kontrolle der Tiefe der Narkose. Man klopft mit einem Instrument einfach auf das Gestell, an dem die Tiere befestigt sind. Ist der Ohrmuschelreflex nur schwach ausl\u00f6sbar, so ist es h\u00f6chste Zeit, das Narkotikum wegzulassen. Ist der Reflex \u00fcberhaupt verschwunden, so war in den meisten F\u00e4llen der Exitus bereits eingetreten. \u2014 Zur Freilegung der Nebenr\u00e4ume beim Ohr des Meerschweinchens wurde ein grofser, bogenf\u00f6rmiger retroaurikul\u00e4rer Schnitt gemacht, der oberhalb des Ansatzes der Ohrmuschel begann und in grofsem Bogen bis zur Basis der Bulla f\u00fchrte. Man durchschneidet das recht fettreiche Gewebe bis auf die Muskeln. Diese selbst braucht man nicht zu durchschneiden. Man sucht vielmehr mit dem Raspatorium die hintere Lateralh\u00f6hle auf, indem man die Muskeln etwas beiseite schiebt. Die laterale Wand dieser H\u00f6hle f\u00e4llt hierbei durch ihre helle weifse Farbe auf. Die laterale Wand der vorderen Nebenh\u00f6hle ist nun leicht zu finden, wenn man von hier in derselben H\u00f6he nach vorne weiter geht bis zum Geh\u00f6rgang. Oberhalb desselben setzt man das Raspatorium an und schiebt Periost und Weich teile nach oben. Auch hier f\u00e4llt die Kapsel durch ihre weifse elfenbeinerne Farbe auf. Die anderen Teile der Sch\u00e4delkapsel in der Umgebung sind viel blutreicher und haben ein rosiges Aussehen. Zwischen der Kapsel und den umgebenden Sch\u00e4delbedeckungen verlaufen recht grofse Sinus. Beim Zur\u00fcckschieben des Periost treten daher fast regelm\u00e4fsig an der vorderen Lateralh\u00f6hle starke Blutungen auf. Um sie zu stillen, prefst man einen Wattetampon (zweckm\u00e4fsig mit 1 \u00b0/oo Adrenalin getr\u00e4nkt) eine Zeitlang fest auf. Meist steht dann die Blutung nach einigen Minuten. Die Blutung kann sich jedoch \u00f6fters beim sp\u00e4teren Aufbrechen der Kapsel wiederholen und ist oft sehr st\u00f6rend. Nachdem man so die Kapsel der Lateralh\u00f6hle ganz freigelegt hat, wird mit einem feinen Handbohrer, wie ihn die Zahn\u00e4rzte ben\u00fctzen, die Lateralh\u00f6hle angebohrt. Durch das Bohrloch wird ein feiner scharfer L\u00f6ffel eingef\u00fchrt und die \u00d6ffnung durch Abbrechen des Knochens m\u00f6glichst weit gemacht.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\n145\nDie Lateralh\u00f6hle mufs ganz frei liegen, da man sonst sp\u00e4ter bei den Manipulationen an den Bogeng\u00e4ngen mit der Beleuchtung Schwierigkeiten hat. Erw\u00e4hnen m\u00f6chte ich noch, dafs die ganze weitere Operation unter Zuhilfenahme der Zeiss sehen binokularen Lupe gemacht wurde. Der weitere Verlauf der Operation war nun verschieden, je nachdem das ganze Labyinth oder nur die Bogeng\u00e4nge angegriffen wurden. Sollte das ganze Labyrinth zerst\u00f6rt werden, so wurden s\u00e4mtliche Teile des mittleren und inneren Ohres entfernt und zwar so, dafs in die laterale Labyrinthwand mit dem scharfen L\u00f6ffel eingebrochen wurde und nun das ganze Vestibulum, Schnecke und Bogeng\u00e4nge herausgebrochen wurden. Der Fazialis wurde bei dieser Ausr\u00e4umung jedesmal mitzerst\u00f6rt. Wie weit die einzelnen Teile durch die Operation zerst\u00f6rt waren, konnte allerdings erst durch die anatomische Untersuchung auf Serienschnitten absolut sichergestellt werden. Zum Zwecke der Ausschaltung s\u00e4mtlicher Bogeng\u00e4nge oder nur einzelner wurde, wie oben schon erw\u00e4hnt, das Plombierungsverfahren angewendet. Ich werde sp\u00e4ter noch auf die Vorz\u00fcge des Verfahrens gegen\u00fcber anderen zu sprechen kommen. Es sei jetzt nur \u00fcber die Technik berichtet. Mit dem schon vorher benutzten Bohrer wird unter nicht zu starkem Druck ein Loch in den Bogengang gebohrt. An dem Auslaufen von etwas Perilymphe merkt man, dafs man den Bogengang getroffen hat. Dem Unge\u00fcbten passiert es oft, dafs er das \u00fcberaus feine Lumen \u00fcbersieht und vorbeibohrt. Glaubt man das Lumen des Bogenganges vor sich zu haben, so vergewissert man sich dar\u00fcber zweckm\u00e4fsig durch Einf\u00fchrung einer auf das feinste zugespitzten Pr\u00e4pariernadel. Hat man den Bogengang getroffen, so kann nach sorgf\u00e4ltigem Abtupfen mit der Plombierung begonnen werden. Wir benutzten aus-schliefslich nach dem Vorgang von Marx die Guttaperchaplombenmasse, die den grofsen Vorteil hat, dafs man sie bei der sp\u00e4teren histologischen Untersuchung mitschneiden und man so den Sitz der Plombe kontrollieren kann. Von dieser Masse wurden feinste St\u00fcckchen abgeschabt und mittels eines feinen Plombierungsinstrumentes in das Bogengangslumen eingedr\u00fcckt, wo sie gut festhaften und einen v\u00f6lligen Abschlufs des Bogenganges herbeif\u00fchren. Der h\u00e4utige Bogengang wird dabei v\u00f6llig komprimiert und an die Wand gedr\u00fcckt. Dafs dabei Verletzungen dieses, sogar recht erhebliche, mitunterlaufen k\u00f6nnen^\nZeitschr, f. Sinnesphysiol. 46.\t10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nKarl Beck.\nbrauche ich nicht besonders zu bemerken. Der h\u00e4utige Bogengang ist beim Meerschweinchen verh\u00e4ltnism\u00e4fsig noch d\u00fcnner und zarter als bei der Taube. Auf jeden Fall kann man ein Ausstr\u00f6men der Endolymphe in grofsem Mafse dadurch verhindern, dafs man m\u00f6glichst rasch die Plombenmasse in die \u2022 \u2022\n\u00d6ffnung einbringt. Die Plombenmasse schmiegt sich meist, wie man sich bei der mikroskopischen Untersuchung \u00fcberzeugen kann, der Wandung des kn\u00f6chernen Bogenganges gut an und macht so jede Endolymphbewegung in dem betreffenden Bogengang unm\u00f6glich. Plombiert wurden manchmal in einer Sitzung s\u00e4mtliche Bogeng\u00e4nge. Dem Unge\u00fcbten gelingt dies nicht, da die Narkose zu lange dauert. Erst wenn es rascher geht und man die Technik besser beherrscht, ist dies m\u00f6glich. Empfehlenswert ist es, in dem Falle dafs s\u00e4mtliche Bogeng\u00e4nge plombiert werden sollen, an dem einen Tag die eine, an dem n\u00e4chsten Tage erst die andere Seite zu plombieren.\nNach der Operation w\u00e4scht man zweckm\u00e4fsig die Operationsh\u00f6hle mit einer leicht desinfizierenden Fl\u00fcssigkeit aus, schon um die feinen Knochensplitter oder Teile der Plombenmasse v\u00f6llig zu entfernen. Auch rieben wir die Hautwunde gew\u00f6hnlich mit etwas Jodoform ein. Die Hautwunde wTurde dann durch N\u00e4hte sorgf\u00e4ltig verschlossen. Bei der Mehrzahl der Tiere heilten die Wunden per primam. Es kam jedoch auch eine ziemliche Anzahl von schweren Eiterungen vor, die erst auffallend sp\u00e4t eintraten.\nIrgendeiner besonderen Behandlung der Tiere nach der Operation bedarf es nicht, insbesondere brauchen sie nicht k\u00fcnstlich ern\u00e4hrt zu werden. Sowohl die Tiere mit einseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung als auch die mit Plombierung s\u00e4mtlicher Bogeng\u00e4nge lernen rasch wieder selbst fressen. Bei den Tieren mit beiderseitiger Labyrinthzerst\u00f6rang ist der Zustand ein so schwerer und trostloser, dafs man wohl auch mit F\u00fctterung der Tiere den Tod nicht aufhalten kann.\nBevor ich nun \u00fcber die einzelnen Versuche selbst berichte, m\u00f6chte ich kurz eine Kritik des Verfahrens einflechten, mit dem diese erzielt wurden. Wie k\u00f6nnen wir uns die Wirkung vorstellen, die die Plombe im Bogengang aus\u00fcbt? Eine gutsitzende Plombe, die den kn\u00f6chernen v\u00f6llig ausf\u00fcllt und auch den h\u00e4utigen Bogengang v\u00f6llig komprimiert, mufs jede Endolymphstr\u00f6mung in demselben verhindern. Nach unseren Vor-","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\t147\nStellungen aber ist dieses der ad\u00e4quate Reiz f\u00fcr den Ampullar-nerv resp. seine Endigungen in der Crista ampullarum. Danach k\u00f6nnte also eine Erregung dieses Apparates durch diesen Reiz nach Plombierung des Bogenganges nicht mehr zustande kommen. Die Plombierung stellt sich somit wohl als eine relativ schonende Methode dar, die Bogengangsfunktion zu inhibieren, indem sie nicht direkt die Nervenendzellen angreift, die sonst groben Sch\u00e4digungen kaum entgehen k\u00f6nnen. Die Plombierung schaltet vielmehr nur den physiologischen Reiz aus und setzt so den betreffenden Bogengang aufser T\u00e4tigkeit. Nach dem Gesetz der Tr\u00e4gheit der Massen ist die positive oder negative Winkel-beschleunigung das wirksame Moment der Endolymph-bewegung. Die kompensatorische Gegenbewegung bleibt aber so lange bestehen, als der Kopf in der neuen Stellung gehalten wird. Die Endolymphe ist alsdann schon lange v\u00f6llig zur Ruhe gekommen. Eine Dauererregung, die wir notwendig zur Erkl\u00e4rung der bleibenden neuen Bulbusstellung annehmen m\u00fcssen, kann also durch die Endolymphbewegung nicht zustande kommen; doch besteht eine andere M\u00f6glichkeit einer Dauererregung, auf die Bar\u00e4ny hingewiesen hat, und die ich bereits kurz erw\u00e4hnt habe. Man k\u00f6nnte sich vorstellen, dafs die Cupula ein anderes spezifisches Gewicht besitzt als die Endolymphe. Dann w\u00e4re die Cupula der Schwerkraft unterworfen, und sie k\u00f6nnte, \u00e4hnlich wTie beim Otolithenapparat, bei Lagever\u00e4nderungen eine Dauererregung bewirken. Dieser Erkl\u00e4rungsversuch w\u00e4re recht plausibel. Jedoch k\u00f6nnte dann die Plombierung des Bogenganges keinen st\u00f6renden Einflufs auf diese Funktion des Ampullar-apparates haben, denn die Ausschaltung des glatten Endes des Bogenganges kann die Wirkung der Schwerkraft nicht ausschalten. Trotz des scheinbaren Widerspruchs zu meinen Versuchsergebnissen scheint mir diese Erkl\u00e4rung doch die wahrscheinlichste : Man kann sich vorstellen, dafs die Crista ampullarum durch die Plombierung doch gesch\u00e4digt wird, indem n\u00e4mlich die Endolymphe bei der Plombierung einen relativ sehr starken Stofs erh\u00e4lt. Dem entspricht der anatomische Befund insofern, als ich die Crista in einigen F\u00e4llen teilweise abgerissen in der Ampulle liegen sah. Allerdings liefs sich anatomisch eine Sch\u00e4digung der Sinneszellen nicht nachweisen. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dafs eine nachtr\u00e4gliche Abreifsung beim Einbetten, Schneiden usw.\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nKarl Beck.\ndes Pr\u00e4parates erfolgt w\u00e4re, aber zweifellos ist diese Art der Sch\u00e4digung durch die Plombierung wohl m\u00f6glich.\nI. Einseitige Labyrinthzerst\u00f6rung.\nVersuch 1: Zerst\u00f6rung des ganzen Labyrinths auf der linken Seite.\nDanach Vertikaldivergenz, die bis zum Tode fortbesteht. Bei Drehung in die linke Seitenlage keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi. Am 8. Tage ist diese wieder angedeutet. Am 13. Tage macht das Tier einen kranken Eindruck. Die Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben fehlt. Erhebliche Keratitis. Spontaner Tod am 15. Tage nach der Operation.\nMikroskopischer Befund: Keine Spur von Sinnesepithel in der ganzen H\u00f6hle. Beginnende Meningitis, besonders auf der rechten Seite. Eitriges Exsudat in der H\u00f6hle.\nVersuch 2: Zerst\u00f6rung des ganzen linken Labyrinths.\nDarauf Vertikaldivergenz bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite ; keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi. Eine beiderseits auf tretende Keratitis st\u00f6rt bald die Untersuchung. \u2014 Doch war am 21. Tage nach der Operation die Gegenbewegung bei Drehung des Kopfes um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite noch geschwunden. Dekapitation am 21. Tage.\nMikroskopischer Befund: Nirgends mehr Sinnesepithel nachweisbar. Grofse Wundh\u00f6hle, zum Teil mit eitrigem Exsudat erf\u00fcllt. An einigen Stellen Knochenneubildung mit fibr\u00f6ser Schwartenbildung.\nVersuch 3: Zerst\u00f6rung des rechten Labyrinths.\nAusgesprochene Vertikaldivergenz. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die rechte Seite. Eine hochgradige Keratitis machte die genaue Pr\u00fcfung sp\u00e4ter fast unm\u00f6glich. Doch war am 18. Tage nach der Operation die Vertikaldivergenz noch ausgesprochen. Dekapitation an diesem Tage.\nMikroskopischer Befund: V\u00f6llige Zerst\u00f6rung. In der H\u00f6hle etwas Eiter. An der Wandung bindegewebige Wucherung und Knochenneubildung.\nVersuch 4: Zerst\u00f6rung des ganzen Labyrinths auf der linken Seite.","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usiv.\n149\nDeutliche Vertikaldivergenz. Bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi. Am 25. Tage Keratitis am linken Auge. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund: Schwartenbildung und Knochenneubildung. Kein Sinnesepithel mehr nachweisbar.\nVersuch 5: Zerst\u00f6rung des linken Labyrinths.\nVertikaldivergenz; bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi. Am 28. Tage Status idem. Dem Tier werden an diesem Tage auf der anderen Seite die drei Bogeng\u00e4nge plombiert. \u00dcber den weiteren Verlauf siehe Versuch 34.\nII. Beiderseitige Zerst\u00f6rung des Labyrinths.\nVersuch 6: In einer Sitzung wird zuerst das eine, dann das andere Labyrinth v\u00f6llig zerst\u00f6rt. Nach der einseitigen Zerst\u00f6rung tritt typische Vertikaldivergenz auf. Sobald jedoch auch das andere zerst\u00f6rt wurde, war die normale Stellung der Augen wieder hergestellt. Eine kompensatorische Gegenrollung fand bis zum Tode, der am 7. Tage spontan erfolgte, weder bei Drehung des Kopfes um seine L\u00e4ngsachse nach oben, nach unten, noch bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten statt.\nMikroskopischer Befund: In beiden H\u00f6hlen nirgends mehr Sinnesepithel nachweisbar. Auf der einen Seite steht noch ein Rest der Schnecke. Kleine Blutkoagula.\nBei einseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung konnten wir ebenso regel-m\u00e4fsig Vertikaldivergenz feststellen, wie Bartels, Biehl, Kubo und andere nach Durchschneidung eines Akustikus. Einige Autoren allerdings (de Cyon) konnte davon bei Labyrinthzerst\u00f6rung nichts berichten. Aufserdem war manchmal an den Bulbi, die sich in Vertikaldivergenz befanden, eine Schiefstellung des horizontalen Augenmeridians zu konstatieren, wie sie auch bei den einseitigen Plombierungen vorkommt. Doch war sie hier bei bestehender Vertikaldivergenz nicht so ausgesprochen und oft schwer zu sehen. Ich habe sie deshalb in den einzelnen Versuchen nicht besonders erw\u00e4hnt.\nBei einseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung konnte ich stets ein Fehlen","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nKarl Beck.\nder kompensatorischen Gegenbewegungen bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die operierte Seite konstatieren. Wir sehen also, dafs beim Meerschweinchen einseitige Labyrinthzerst\u00f6rung hochgradige Ver\u00e4nderungen der Stellung beider Bulbi zur Folge hat, die nach Monaten noch zu sehen ist, dafs dagegen die kompensatorischen Gegenbewegungen noch gut erhalten sind bis auf die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die operierte Seite. Diese Erscheinung kann ich nicht anders erkl\u00e4ren, als dafs von jedem Labyrinth ein Einflufs ausge\u00fcbt wird auf einzelne Muskelgruppen beider Augen, die antagonistisch zueinander wirken. Dafs tats\u00e4chlich nur die Labyrinthe diese kompensatorischen Gegenbewegungen ausl\u00f6sten, erkennen wir daran, dafs jede kompensatorische Gegenbewegung der Bulbi nach Zerst\u00f6rung des zweiten Labyrinths v\u00f6llig fehlt. Dieser letztere Versuch der beiderseitigen Labyrinthzerst\u00f6rung zeigt auch die Wirkung der Labyrinthe auf die dauernde Bulbusstellung. Wurde ein Labyrinth zerst\u00f6rt, so folgten die Bulbi dem Zuge der Augenmuskeln, die der Tonus-wirkung des intakten Labyrinths unterliegen, und es entstand eine dauernde Ver\u00e4nderung der Bulbusstellung im Sinne einer Vertikaldivergenz. Wenn aber beide Labyrinthe zerst\u00f6rt wTurden, so fehlte jeder Labyrinthtonus, der die Bulbi nach irgendeiner Richtung ziehen k\u00f6nnte, und die Bulbi blieben dauernd in Normallage. Diese Versuchsreihe l\u00e4fst zur Gen\u00fcge erkennen, dafs ein Labyrinth in der Tat funktionell in bezug auf die kompensatorische Gegenbewegung unmittelbar nach der Zerst\u00f6rung f\u00fcr das andere Labyrinth eintritt. Die St\u00f6rungen in den kompensatorischen Gegenbewegungen nach einseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung beschr\u00e4nken sich auf das Fehlen derselben bei Drehung auf die operierte Seite. Die Leistung also, die da das unversehrte Labyrinth vollbringt, ist eine ganz gewaltige, indem es das zerst\u00f6rte in dieser recht vollkommenen Weise ersetzt. Bei unseren Versuchen mit Labyrinthzerst\u00f6rung hatten wir einmal bei Versuch 5 das Fehlen der Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben zu verzeichnen. Diese Ausnahme wird zur Gen\u00fcge durch den anatomischen Befund erkl\u00e4rt, der eine beginnende Meningitis erkennen liefs. Als das Tier noch lebte, machte bereits das Fehlen der Raddrehung gleichzeitig mit der sichtlich schweren Erkrankung eine solche Komplikation wahrscheinlich.","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usio.\n151\nIH. Plombierung einzelner Bogeng\u00e4nge auf der einen Seite.\nVersuch 7: Plombierung des linken horizontalen Bogenganges.\nDanach steht der horizontale Augenmeridian schief, indem er vorne um ca. 200 nach unten ger\u00fcckt ist, hinten entsprechend h\u00f6her. Am 2. Tage ist eine Andeutung von Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die operierte Seite vorhanden. Am 6. Tage sind die kompensatorischen Hegenbewegungen wieder v\u00f6llig normal, ebenso die Stellung der Augen. Dekapitation am 7. Tage.\nMikroskopischer Befund: Kleine gut sitzende Plombe am horizontalen Bogengang in der Lateralh\u00f6hle. Etwas Exsudat. Vom h\u00e4utigen Bogengang Reste mitten in der Plombe.\nVersuch 8: Plombierung des hinteren vertikalen Bogenganges auf der linken Seite.\nNach der Operation keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die operierte Seite. Am 4. Tage wieder v\u00f6llig normale kompensatorische Gegenbewegung. Dekapitation am 7. Tage.\nMikroskopischer Befund : Die Plombe f\u00fcllt das Lumen v\u00f6llig aus. Vom h\u00e4utigen Bogengang ist nur noch wenig nachzuweisen, und dieser Rest ist an den kn\u00f6chernen Teil fest angeprefst. In der Bulla einige Blutkoagula. Keine Ver\u00e4nderungen der Sinneszellen.\nVersuch 9: Plombierung des vorderen vertikalen Bogenganges auf der rechten Seite. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Kopfes des Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach der rechten Seite. Andeutung von Vertikaldivergenz. Am 3. Tage normale Stellung der Augen. Nach dem 12. Tage sind die Gegenbewegungen bei Seitw\u00e4rtsdrehung wieder andeutungsweise aufgetreten und hatten allm\u00e4hlich weiter zugenommen bis sie am 33. Tage wieder v\u00f6llig normal waren.\nMikroskopischer Befund: Gut sitzende Plombe. Knochenneubildung und Narbenbildung in der Umgebung der Plombe.\nVersuch 10: Plombierung des vorderen vertikalen Bogenganges auf der rechten Seite. Andeutung von Vertikaldivergenz. Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Kopfes des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite ist nur andeutungs-","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nKarl Beck.\nweise vorhanden. Am 4. Tage keine Vertikaldivergenz mehr. Am 5. Tage normale Gegenbewegnngen und normale Stellung der Augen. Am 6. Tage Dekapitation.\nMikroskopischer Befund: Grofse, gut sitzende Plombe im rechten horizontalen Bogengang. Darin einzelne Knochensplitter, in der Bulla kleines Exsudat mit Leukozytenanh\u00e4ufung. Sinneszellen zeigen normalen Befund.\nVersuch 11: Plombierung des linken vorderen vertikalen Bogenganges.\nDanach Andeutung von Vertikaldivergenz. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei linker Seitenlage. Am. 9. Tage ist diese ann\u00e4hernd wieder normal. Wundeiterung. Dekapitation an diesem Tage.\nMikroskopischer Befund : Plombe f\u00fcllt das Lumen fast v\u00f6llig aus. Vor der Plombierungs\u00f6ffnung in der Lateralh\u00f6hle starke Bindegewebswucherung.\nIY. Plombierung zweier Bogeng\u00e4nge auf einer Seite,\nVersuch 12: Plombierung des horizontalen und hinteren vertikalen Bogenganges auf der linken Seite.\nDanach keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei linker Seitenlage. Es besteht Schiefstellung des horizontalen Augenmeridians, die nach einigen Tagen wieder verschwindet. Am 5. Tage noch Andeutung von Vertikaldivergenz. Am 13. Tage normale kompensatorische Gegenbewegungen. Dekapitation am 14. Tage.\nMikroskopischer Befund : Grofse, das Lumen ganz ausf\u00fcllende Plombe im horizontalen Bogengang. Von dem h\u00e4utigen Bogengang nichts mehr nachweisbar. Die Plombe im hinteren vertikalen Bogengang f\u00fcllt das Lumen nicht vollst\u00e4ndig aus.\nV. Plombierung s\u00e4mtlicher Bogeng\u00e4nge auf einer Seite.\nVersuch 13: Auf der rechten Seite wurden in einer Sitzung alle drei Bogeng\u00e4nge plombiert. Danach keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei rechter Seitenlage. Es besteht Schiefstellung des horizontalen Augenmeridians. Am 10. Tage trat Eiterung der Wunde auf. Am 15. Tage Augenstellung noch wie nach der Operation. Es findet keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei rechter Seitenlagerung statt. Dekapitation.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\n153\nMikroskopischer Befund : Gut sitzende Plomben in allen drei Bogeng\u00e4ngen. Eitrige Massen in den Lateralh\u00f6hlen.\nVersuch 14: Plombierung der drei Bogeng\u00e4nge auf der linken Seite.\nGleich danach Andeutung von Vertikaldivergenz, die am n\u00e4chsten Tage verschwunden ist. Ausgesprochene Schiefstellung des horizontalen Augenmeridians. Es findet keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei linker Seitenlage statt. Am 45. Tage Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei linker Seitenlagerung angedeutet. Schiefstellung des horizontalen Augenmeridians dauert fort. Es wird bei diesem Tier das rechte Vestibulum zerst\u00f6rt. \u00dcber den weiteren Verlauf siehe Versuch 35.\nVersuch 15: Plombierung der drei Bogeng\u00e4nge auf der linken Seite. Vertikaldivergenz andeutungsweise vorhanden. Bei linker Seitenlage keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi. Am 7. Tage tritt erst die Schiefstellung des horizontalen Augenmeridians ein. Am 44. Tage ist die Stellung der Augen normal Doch findet keine Hebung bzw. Senkung bei linker Seitenlage statt. Dasselbe ist der Fall am 130. Tage nach der Operation.\nNach einseitigen Plombierungen, ob nun ein, zwei oder alle drei Bogeng\u00e4nge plombiert wurden, ist f\u00fcr alle gemeinschaftlich das Fehlen der Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse auf die operierte Seite. Ein weiteres Fehlen der \u00fcbrigen kompensatorischen Gegenbewegungen konnte ich bei einseitiger Plombierung niemals beobachten : dagegen trat eine St\u00f6rung in der Bulbusstellung schon bei Plombierung eines Bogenganges manchmal auf. Wir beobachteten \u00f6fters Andeutung von Vertikaldivergenz und eine Senkung des horizontalen Bulbusmeridians nach vorne unten, was besonders bei Plombierung des vorderen vertikalen Bogenganges eintrat. Dabei verschwand sie aber sehr bald, bereits nach ca. 4 Wochen,, im Gegensatz zu der ausgesprochenen Vertikaldivergenz bei Labyrinthzerst\u00f6rung, die noch nach Monaten deutlich zu sehen war. In einem anderen Falle (Versuch 10) war diese Vertikaldivergenz auch zu sehen; doch war sie bereits am 4. Tage verschwunden. Das Auftreten dieser geringen Vertikaldivergenz scheint durch Sch\u00e4digungen hervorgerufen zu werden, die die Plombierung gewisser Bogeng\u00e4nge auf den ganzen Vestibular-apparat hervorruft. Anatomisch war allerdings eine solche Sch\u00e4digung niemals nachzuweisen. Auffallend war aber, dafs","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nKarl Beck.\ndiese Andeutung von Vertikaldivergenz stets dann auftrat, wenn der vordere vertikale Bogengang plombiert war. Dies macht wahrscheinlich, dafs dieses Vorkommnis auf anatomische Verh\u00e4ltnisse zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, indem die Plombierungsstellen des vorderen vertikalen Bogenganges \u00e4ufserst nahe an der Ampulle liegen und damit auch an das Vestibulum heranreichen. Noch eine Ver\u00e4nderung der Bulbusstellung konnte bei einseitiger Plombierung beobachtet werden: der horizontale Bulbusmeridian war um ca. 20\u00b0 nach vorne unten gesenkt. Diese Ver\u00e4nderung der Bulbusstellung war stets bei einseitiger Plombierung vorhanden, und zwar wenn der horizontale Bogengang mitbeteiligt war, fehlte jedoch bei doppelseitiger Plombierung desselben. Sie fehlte auch, wenn der vordere oder hintere vertikale Bogengang einer Seite allein plombiert war, trat aber auf, sobald der horizontale allein oder gemeinsam mit anderen ausgeschaltet wurde. Auch bei einseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung konnte man neben der Vertikaldivergenz \u00f6fters diese Drehung der Bulbi beobachten. Doch trat sie bei bestehender Vertikaldivergenz nicht deutlich hervor. Im Gegensatz zur vorher besprochenen Ver\u00e4nderung der prim\u00e4ren Augenstellung ist diese wde die Experimente klar beweisen, woh.1 allein von den Bogeng\u00e4ngen abh\u00e4ngig.\nTI. Plombierung je eines Bogenganges auf beiden Seiten.\na) Der in einer Ebene orientierten Bogeng\u00e4nge.\nVersuch 16: Plombierung des vorderen vertikalen auf der linken und des hinteren vertikalen auf der rechten Seite (bei der Operation frakturiert die Bulla in betr\u00e4chtlichem Umfang).\nDanach normale Stellung der Augen. Keine Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung um die L\u00e4ngsachse des K\u00f6rpers nach beiden Seiten. Am 7. Tage wurde eine erhebliche Wundeiterung rechts festgestellt. Das Tier stirbt am 9. Tage.\nMikroskopischer Befund: Auf der rechten Seite ist die Bulla mit Eiter gef\u00fcllt. Es besteht eine Perforation des Trommelfelles, durch die sich eitrige Massen in den Geh\u00f6rgang ergiefsen. Im hinteren rechten vertikalen Bogengang f\u00fcllt die Plombe das Lumen fast v\u00f6llig und prefst den heutigen Bogengang zusammen. Auf der linken Seite ragt die Plombe, die den vorderen vertikalen","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\n155\nBogengang gut ausf\u00fcllt, aus der Plombierungsstelle in die vordere Lateralh\u00f6hle heraus.\nVersuch 17: Plombierung des hinteren vertikalen auf der linken und des vorderen vertikalen Bogenganges auf der rechten Seite.\nDanach keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei rechter Seitenlage. Bei linker ist diese stark vermindert. Am 11. Tage ist die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei beiden Seitenlagen normal. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund: Beiderseits gut sitzende Plomben.\nb) Der parallel gelegenen Bogeng\u00e4nge.\nVersuch 18: Plombierung der beiden hinteren Bogeng\u00e4nge.\nDanach keine Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung um die L\u00e4ngsachse des K\u00f6rpers nach beiden Seiten. Am 8. Tage sind die Gegenbewegungen normal, nur die bei Drehung des K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse auf die rechte Seite f\u00e4llt gering aus. Am 15. Tage v\u00f6llig normale Gegenbewegungen. Dekapitation.\nMakroskopischer Befund : Beiderseits sehr gut sitzende Plomben. In der hinteren Lateralh\u00f6hle auf der rechten Seite Exsudat.\nVersuch 19: Plombierung der beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung 4es ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die rechte Seite. Am 6. Tage ist letztere bereits wieder angedeutet. Am 7. Tage v\u00f6llig normale Gegenbewegungen. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund: V\u00f6llig ungen\u00fcgende Plombe im linken hinteren vertikalen Bogengang. Rechts sitzt dieselbe gut.\nVersuch 20: Plombierung der beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge.\nDanach ist die Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben ganz schwach. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Am 7. Tage sind letztere bereits wieder angedeutet. Es macht sich eine starke Eiterung der rechten Wunde bemerkbar. Am 10. Tage ist derselbe Befund","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nKarl Beck.\nder Gegenbewegungen wie gleich nach der Operation. Da das Tier einen schwerkranken Eindruck macht, Dekapitation.\nMikroskopischer Befund : In beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4ngen Plombenmassen. In dem einen nur sehr kurze Plomben. Eiterk\u00f6rperchen in beiden Labyrinthen.\nVersuch 21: Plombierung der beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge. Keine Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und keine Hebung und Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Am 7. Tage bereits Andeutung von Hebung bzw. Senkung bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite, w\u00e4hrend die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung auf die andere Seite noch v\u00f6llig fehlt. Ebenso ist die Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben fast normal. Am 11. Tage sind die kompensatorischen Gegenbewegungen der Bulbi beiderseits normal bis auf die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse auf die rechte Seite, die nur ganz schwach sind. Am 15. Tag macht das Tier, das sonst recht munter war, einen dekrepiden Eindruck. Deshalb Dekapitation.\nMikroskopischer Befund : Gutsitzende Plombe. Eiter in allen Mittelohrr\u00e4umen.\nVersuch 22 : Plombierung der beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge. Keine Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des K\u00f6rpers um die L\u00e4ngsachse auf beide Seiten. Am 3. Tage Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben ann\u00e4hernd normal. Dagegen keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Sp\u00e4ter trat starke Eiterung der Wunde rechts auf, an der das Tier am 10. Tag starb.\nMikroskopischer Befund : Plochgradige Eiterung in Labyrinth und Schnecke. Die Plomben wurden nicht gefunden. (Das Pr\u00e4parat liefs sich sehr schlecht schneiden.)\nVersuch 23: Plombierung der beiden vorderen vertikalen Bogeng\u00e4nge.\nBeim Drehen des ganzen Tieres um die L\u00e4ngsachse auf die rechte Seite keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi. Am 17. Tage normale kompensatorische Gegenbewegungen. Dekapitation.","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\n157\nMikroskopischer Befund : Im hinteren linken Bogeng\u00e4nge nicht gen\u00fcgende Plombe, nur einige Brocken. H\u00e4utiger Bogengang ganz erhalten. Rechts gut sitzende Plomben.\nVersuch 24: Plombierung der beiden vorderen vertikalen Bogeng\u00e4nge.\nKeine Hebung bzw. Senkung bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die rechte Seite. Am 7. Tage sind diese bereits wieder an gedeutet. Am 12. Tage wieder normale Gegenbewegungen. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund : Auf der linken Seite ist die Plombe nur sehr kurz.\nVersuch 25: Plombierung der beiden vorderen vertikalen Bogeng\u00e4nge. Dabei wird wahrscheinlich das Vestibulum auf der rechten Seite verletzt. Keine Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. In den n\u00e4chsten Tagen tritt Vertikal di ver-genz auf. Das Tier macht einen schwerkranken Eindruck und wird am 9. Tage dekapitiert.\nMikroskopischer Befund: Gutsitzende Plombe. Die beiden vorderen Lateralh\u00f6hlen mit Eiter gef\u00fcllt. Beginnende Meningitis.\nVersuch 26 : Plombierung der beiden vorderen vertikalen Bogeng\u00e4nge.\nKeine Hebung bzw. Senkung bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf die rechte Seite. Am 6. Tag normale Gegenbewegungen.\nMikroskopischer Befund : Plomben sitzen gut, nur l\u00e4fst dieselbe auf der linken Seite einen grofsen Spalt frei. In der Lateralh\u00f6hle viele grofse Knochensplitter.\nVersuch 27: Plombierung der beiden vorderen vertikalen Bogeng\u00e4nge.\nKeine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf beide Seiten. Dies ist am 6. Tage wieder andeutungsweise vorhanden. Am 12. Tage normale Gegenbewegungen. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund : Auf der linken Seite sitzt die Plombe nicht so gut wie rechts.\nVersuch 28: Plombierung der beiden horizontalen Bogeng\u00e4nge.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nKarl Beck.\nKeine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Am\n4.\tTage ist diese bereits wieder andeutungsweise vorhanden. Am\n5.\tTage ganz normale Gegenbewegungen. Dekapitation am 6. Tage.\nMikroskopischer Befund: In den beiden Bullae einige kleine Blutkoagula. Die horizontalen Bogeng\u00e4nge sind ganz ausgef\u00fcllt mit Plombenmasse. Der h\u00e4utige Bogengang ist an die Wand gedr\u00fcckt.\nVersuch 29: Plombierung der beiden horizontalen Bogeng\u00e4nge.\nKeine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Die Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben ist eine Spur vermindert. Am 3. Tage ist sie wieder v\u00f6llig normal. Am 5. Tage ist auch die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse auf beide Seiten wieder andeutungsweise da und am 6. Tage sind diese wieder ganz normal. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund : Gutsitzende Plombe in beiden horizontalen Bogeng\u00e4ngen.\nVersuch 30: Plombierung beider horizontaler Bogeng\u00e4nge.\nKeine Plebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des Tieres um seine L\u00e4ngsachse auf beide Seiten. Am 9. Tag normale Gegenrollung. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund: Gutsitzende Plomben.\nViel komplizierter und weniger einheitlich wrerden die Befunde, die nach Plombierungen auf beiden Seiten zu beobachten waren. Tiere mit einseitiger Plombierung, wenn auch s\u00e4mtliche Bogeng\u00e4nge plombiert sind, erholen sich viel rascher und erlangen, ihre Beweglichkeit viel fr\u00fcher als Tiere, bei denen auf beiden Seiten nur je ein Bogengang plombiert wurde. Bei Plombierung gewisser Bogeng\u00e4nge f\u00e4llt nun hier auch die Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben fort, neben dem Fehlen der Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des K\u00f6rpers nach beiden Seiten. Wir fanden bei Plombierung zweier Bogeng\u00e4nge in einer Orientierungsebene bei dem einen Versuch ein Fehlen der Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und der Hebung bzw. Senkung der Bulbi beim Drehen des Tieres in Seitenlage, in dem anderen","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usiv. 159\nVersuch jedoch nur das Fehlen der letzteren. Fast regelm\u00e4fsig fiel die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben fort, wenn die beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge plombiert wurden. Dabei fehlte ferner stets die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des K\u00f6rpers in beide Seitenlagen. Eine scheinbare Ausnahme (Versuch 19) wird durch den histologischen Befund aufgekl\u00e4rt, der eine ungen\u00fcgende Plombe in dem einen hinteren vertikalen Bogengang erkennen liefs. Aus dem fast regelm\u00e4fsigen Ausfall der Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben infolge Plombierung der hinteren Bogeng\u00e4nge kann man wohl schliefsen, dafs diese hervorragend beteiligt sind am Zustandekommen der Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben. Aber auch die anderen vertikalen Bogeng\u00e4nge spielen bei der Ausl\u00f6sung dieser Raddrehung vielleicht mit, wie es nach dem Versuche 16, der Plombierung der Bogeng\u00e4nge in einer Orientierungsebene, scheint. Doch ergeben diese Versuche kein ganz einheitliches Resultat. Mit ziemlicher Sicherheit kann man nur das sagen, dafs die hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge an der Ausl\u00f6sung gerade dieser Raddrehung hervorragend beteiligt sind. Wenig einheitlich sind die Ergebnisse bei Plombierungen der beiden vorderen Bogeng\u00e4nge. Es fielen \u00d6fters bei beiderseitiger Plombierung nur die Gegenbewegungen bei einer Seitenlage aus, w\u00e4hrend sie bei der anderen weiter stattfanden. Bei diesen Versuchen besonders erkennt man die Wichtigkeit der sp\u00e4teren histologischen Untersuchung, die uns dar\u00fcber unterrichtet, dafs die Plombierung in dem einen Bogengang \u00f6fters ungen\u00fcgend gewesen ist, und wmhl deshalb die Gegenbewegungen, die von diesem in Abh\u00e4ngigkeit standen, bestehen geblieben sind. In dem einen Versuch (25) sind Neben Verletzungen vorgekommen, die das Resultat sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Aus dieser Kategorie von Versuchen wird man wohl, nat\u00fcrlich mit einiger Vorsicht, den Schlufs machen k\u00f6nnen, dafs bei Plombierung der beiden vorderen vertikalen Bogeng\u00e4nge die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Seitenlage ausf\u00e4llt, und dafs diese Bogeng\u00e4nge im Gegensatz zu den hinteren vertikalen nichts oder nur wenig mit der Ausl\u00f6sung der Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben zu tun haben.\nWir kommen nun zur Besprechung der Versuche der Plombierung der beiden horizontalen Bogeng\u00e4nge. Rein \u00e4ufserlich f\u00e4llt hierbei schon auf, dafs die Lokomotion der Tiere verh\u00e4ltnism\u00e4fsig","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nKarl Beck.\nwenig gest\u00f6rt ist. Viel weniger jedenfalls, als wenn die vertikalen Bogeng\u00e4nge beiderseits ansgesehaltet sind. Diese Versuche liefsen regelm\u00e4fsig die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei beiden Seitenlagen ausfallen. Rasch jedoch stellten sich diese Gegenbewegungen wieder ein, und waren l\u00e4ngstens am 9. Tage wieder normal. War der horizontale Bogengang auf einer Seite plombiert, so war, wie bereits erw\u00e4hnt wurde, stets eine Senkung des horizontalen Augenmeridians nach vorne und unten zu konstatieren. Bei beiderseitiger Plombierung dieses Bogenganges fehlte diese Schiefstellung stets und die Augen blieben in normaler Stellung. Dasselbe war auch bei den nun zu besprechenden Versuchen der Fall.\nTU. Plombierung je zweier Bogeng\u00e4nge auf beiden Seiten.\nVersuch 31: Plombierung der s\u00e4mtlichen vertikalen Bogeng\u00e4nge beiderseits.\nKeine Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um die L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Status idem am 120. Tage nach der Operation.\nVIII. Plombierung s\u00e4mtlicher Bogeng\u00e4nge auf beiden Seiten.\nVersuch 32 : In einer Sitzung wurden s\u00e4mtliche Bogeng\u00e4nge auf beiden Seiten plombiert.\nKeine Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse und keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse auf beide Seiten. Am 10. Tag macht das Tier einen schwerkranken Eindruck. Starke Eiterung der linken Wunde. Vom 14. Tag ab \u00fcberhaupt keine kompensatorischen Gegenbewegungen mehr. Dekapitation.\nMikroskopischer Befund: Die Plomben sitzen alle sehr gut. Eiterung in allen Binnenr\u00e4umen beider Ohren. Meningitis.\nVersuch 33 : Am ersten Tage werden auf der linken Seite die drei Bogeng\u00e4nge plombiert.\nAndeutungsweise Vertikaldivergenz. Keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse auf die linke Seite. Am n\u00e4chsten Tage werden die drei Bogeng\u00e4nge der anderen Seite plombiert.\nJetzt keine Raddrehung mehr bei Drehung des Kopfes","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw. 161\num seine Querachse nach oben und keine Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Am 4. Tage ist erstere wieder andeutungsweise da. Da das Tier am 6. Tage krank erscheint, Dekapitation.\nMikroskopischer Befund: Plomben gut sitzend. Eiter in grofsen Mengen in den Bullae beiderseits.\nDie Plombierung s\u00e4mtlicher vertikaler Bogeng\u00e4nge hatte die gleiche Wirkung, als wenn nur die beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge plombiert worden w\u00e4ren, n\u00e4mlich den Ausfall der Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben und der Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Seitendrehung. Auch wenn nun noch die beiden horizontalen Bogeng\u00e4nge mitplombiert wurden, also s\u00e4mtliche Bogeng\u00e4nge, trat hierbei keine \u00c4nderung in dem Funktionsausfall ein.\nIX. Zerst\u00f6rung des Labyrinths auf der einen Seite und Plombierung s\u00e4mtlicher Bogeng\u00e4nge auf der anderen Seite.\nVersuch 34: Dazu wird das Tier von Versuch 5 benutzt. Am 28. Tage bestand die Vertikaldivergenz noch fort. Die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des K\u00f6rpers um seine L\u00e4ngsachse auf die operierte Seite (linke) noch geschwunden. Es werden nun die drei Bogeng\u00e4nge der rechten Seite plombiert.\nDie Vertikaldivergenz besteht fort. Keine Raddrehung bei\n\u2666\nDrehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und keine Hebung bzw. Senkung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse mach beiden Seiten. Dies ist der Fall bis zum 38. Tage (von der ersten Operation ab). Dekapitation.\nMikroskopischer Befund : Totale Zerst\u00f6rung des linken Labyrinths mit Knochenneubildung und Schwartenbildung. Auf der rechten Seite ist die Plombe nur im hinteren vertikalen Bogengang nachweisbar. In den \u00fcbrigen scheint sie beim Schneiden ausgefallen zu sein.\nVersuch 35: Hierzu wird das Tier von Versuch 14 benutzt. Am 45. Tage waren die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres auf die linke Seite angedeutet, und es bestand noch Schiefstellung des horizontalen Augenmeridians. An diesem Tage wurde das rechte Labyrinth zerst\u00f6rt.\nJetzt trat Vertikaldivergenz ein. Keine Raddrehung bei\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 46.\t11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nKarl Beck.\nDrehung des Kopfes um seine Querachse nach oben und keine* Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehung des ganzen Tieres um seine L\u00e4ngsachse nach beiden Seiten. Am 52. Tage nach der ersten Operation spontaner Tod.\nMikroskopischer Befund: Hechtes Labyrinth fast v\u00f6llig zerst\u00f6rt, nur vom hinteren Bogengang ist noch ein St\u00fcck stehen geblieben. Kein Sinnesepithel mehr nachweisbar. Auf der linken Seite gut sitzende Plomben.\nBesonders lehrreich waren die Versuche, bei denen auf der einen Seite das ganze Labyrinth zerst\u00f6rt und auf der anderen Seite s\u00e4mtliche Bogeng\u00e4nge plombiert waren. In einem Falle wurde zuerst das eine Labyrinth zerst\u00f6rt, wonach Vertikaldivergenz und der beschriebene Funktionsausfall der kompensatorischen Gegenbewegungen eintrat. Einige Zeit sp\u00e4ter wurden die Bogeng\u00e4nge der anderen Seite plombiert. Nun blieb die Vertikaldivergenz ganz bestehen. Es fehlte die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben und die Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Drehen des K\u00f6rpers nach beiden Seiten. Das eine bogenganglose Labyrinth war also imstande, die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach unten allein zu bewirken. Weiter trat ein Ausgleich der Vertikaldivergenz wie es bei beiderseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung der Fall ist, nicht ein. Da bei diesem Versuch das eine Labyrinth zerst\u00f6rt, dem anderen aber seine Bogeng\u00e4nge plombiert waren, so kann also das Weiterbestehenbleiben der Verdikaldivergenz nur so gedeutet werden, dafs dem bogenganglosen Labyrinth die antagonistische Wirkung zukommt, durch die der eine Bulbus nach unten, der andere nach oben gezogen wird.\nDas wichtigste Resultat dieser Untersuchung ist kurz gesagt der experimentelle Nachweis der hervorragenden Beteiligung der Bogeng\u00e4nge an dem Zustandekommen der kompensatorischen Gegenbewegung der Bulbi bei Lage-wechsel. Wir haben gesehen, dafs die Ausschaltung nur eines Bogenganges einen Ausfall in der Gegenbewegung macht. Nach einiger Zeit stellte sich diese wieder ein. Man sieht hieraus, dafs wohl alle Bogeng\u00e4nge einer Seite an dem Zustandekommen dieser Gegenbewegungen beteiligt sind. Die Ausschaltung eines einzigen auf einer Seite gen\u00fcgt, um eine Ausfallserscheinung zu machen. Es mufs deshalb wohl ein sehr pr\u00e4zises Zusammenarbeiten der Bogeng\u00e4nge bei diesen Gegenbewegungen stattfinden.","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usiv.\n163\nIn ungleichem Mafse scheinen dagegen die Bogeng\u00e4nge an der Raddrehung der Bulbi bei Drehung des Kopfes nach oben beteiligt zu sein. Wir sehen hier, dafs gew\u00f6hnlich erst die Plombierung der beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge diese Raddrehung ausfallen macht, w\u00e4hrend bei Ausschaltung der anderen dies gew\u00f6hnlich nicht eintritt. Aus den Versuchen geht jedenfalls hervor, dafs die hinteren Bogeng\u00e4nge f\u00fcr das Auftreten der Raddrehung bedeutungsvoller sind als die vorderen. Wohl als ganz sicher ist nach diesen Untersuchungen anzunehmen, dafs die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach unten v\u00f6llig von Teilen des bogenganglosen Labyrinths abh\u00e4ngig sein mufs. Es beweisen dies besonders die Versuche einseitiger Labyrinthzerst\u00f6rung bei bestehender Plombierung der Bogeng\u00e4nge der anderen Seite. Aus diesen Versuchen geht also hervor, dafs die koordinierte Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben und unten von den Bogeng\u00e4ngen bzw. dem Labyrinth irgend einer Seite in v\u00f6llig normaler Weise geregelt werden kann, dafs dagegen die Gegenbewegungen bei Seitenlage in v\u00f6lliger Abh\u00e4ngigkeit steht von den Bogeng\u00e4ngen der betreffenden Seite, nach der man das Tier gedreht hat. Kurz gesagt, die Gegenbewegungen in Seitenlage wTerden von dem Bogeng\u00e4nge der betreffenden Seite, die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben und unten von den beiderseitigen Bogeng\u00e4ngen resp. Labyrinthen beeinflufst.\nWelche Folgerungen k\u00f6nnen wir nun aus diesen Versuchen in bezug auf die nerv\u00f6sen Bahnen zwischen Ohrapparat und Augen machen? Sie lehren uns alle zweifellos, dafs die Verbindung der Labyrinthe mit den Augenmuskeln viel zahlreicher und komplizierter sein m\u00fcssen, als man sich bisher vorgestellt hat. Ich erinnere nur an die Untersuchungen von H\u00f6gyes, der die Verbindung noch recht einfach annahm. Wie wir sehen, fallen die Gegenbewegungen beider Bubli bei Drehung auf die operierte Seite schon nach Plombierung eines Bogenganges aus. Da bei dieser Gegenbewegung beide Bulbi eine entgegengesetzte Bewegung machten, so mufs man folgern, dafs jeder einzelne Bogengang jeder Seite mit den Muskeln, die die Gegenbewegungen bei Seitenlage bewirken, auf beiden Seiten verbunden sein mufs. Wie nun im einzelnen diese Verbindung ist, daf\u00fcr geben unsere Untersuchungen keinen Anhaltspunkt, und ich lasse sie deshalb aus dem Bereich meiner Er\u00f6rterungen. Andererseits\nkann aber eine gemeinsame Aktion der Bogeng\u00e4nge einer Seite\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nKarl Beck.\ndie Hebung bzw. Senkung der Bulbi bei Seitenlage in normaler Weise regeln. Denn nur die Annahme einer gemeinsamen Aktion l\u00e4fst das Fehlen der Gegenbewegungen bei Ausschaltung eines Bogenganges, und zwar eines beliebigen, erkl\u00e4ren. Nur bei voller Wirksamkeit aller drei Bogeng\u00e4nge kann eben diese Gegenbewegung zustande kommen. Die Untersuchung \u00fcber die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben hat in bezug auf die nerv\u00f6sen Verbindungen nur das mit ziemlicher Sicherheit ergeben, dafs Verbindungen der hinteren Bogeng\u00e4nge mit den Augenmuskeln, die die Raddrehung des Auges nach oben bewirken, bestehen m\u00fcssen und zwar eines jeden mit den beiderseitigen Augen. W\u00e4hrend bei den besprochenen Gegenbew^egungen eine nerv\u00f6se Verbindung jedes Bogenganges mit den in Betracht kommenden Muskeln besteht, ist hierbei nur eine solche eines bestimmten Bogenganges mit den betreffenden Muskeln vorhanden. Klare und eindeutige Schl\u00fcsse k\u00f6nnen aus den Ergebnissen der Untersuchung der Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach unten geschlossen werden. Sie lassen mit Sicherheit die Annahme zu, dafs der bogenganglose Teil des Labyrinths mit den beiderseitigen Augenmuskeln, die die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach unten bewirken, in Verbindung steht. Wir haben bei diesen Versuchen keinen Anhaltspunkt daf\u00fcr bekommen, welches der Ort der Ausl\u00f6sung dieser Raddrehung im Labyrinth sei. Nach der bisherigen Ansschauung kann man wohl den Oto-lithenapparat daf\u00fcr ansprechen. Jedenfalls ist nach diesen Untersuchungen kein Gegengrund daf\u00fcr vorhanden. \u2014 Ich kann mir nicht versagen, bei dieser Gelegenheit, obwohl es nicht direkt zu meinem Thema geh\u00f6rt, ganz kurz etwas \u00fcber den auftretenden spontanen Nystagmus bei diesen Versuchen zu sprechen. Be. sonders auffallend war dessen vollst\u00e4ndiges Verschwinden gerade bei Labyrinthzerst\u00f6rungen. Bereits am 2. \u2014 3. Tage war derselbe meistens verschwunden. Bei Plombierungen auf einer Seite war der Spontannystagmus meistens schon am n\u00e4chsten Tage verschwunden. Besonders sch\u00f6n konnte man \u00f6fters bei beiderseitigen Plombierungen Folgendes beobachten: Nach Plombierung der einen Seite trat Nystagmus zur Gegenseite auf. Dieser dauerte so lange an bis auf der Gegenseite irgendein Bogengang zur Orientierung er\u00f6ffnet war. In demselben Moment war jeder Nystagmus verschwunden. \u2014","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit usw.\n165\nZusammenfassung.\n1.\tDie Bogeng\u00e4nge spielen bei den kompensatorischen Gegenbewegungen der Augen bei Ver\u00e4nderung der Kopflage eine Hauptrolle. Die Hebung bzw. Senkung (des horizontalen Bulbus meridians bei Seitenlage und die Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben sind v\u00f6llig von ihnen abh\u00e4ngig.\n2.\tDie horizontalen Bogeng\u00e4nge \u00fcben einen Ein-flufs auf die Augenstellung in der Prim\u00e4rlage aus.\n3.\tJeder Bogengang mufs mit den die Hebung bzw. Senkung bei Seitenlage ausf\u00fchrenden Muskeln auf beiden Seiten in Verbindung stehen.\n4.\tZur normalen Hebung bzw. Senkung bei Seitenlage geh\u00f6ren drei intakte Bogeng\u00e4nge einer Seite. F\u00e4llt einer aus, so sind die Gegenbewegungen eine Zeitlang gest\u00f6rt. Erst allm\u00e4hlich \u00fcbernehmen die beiden anderen dieFunktion des Ausgefallenen und die Gegenbewegungen finden wieder in normaler Weise statt.\n5.\tDie Raddrehung bei Drehung des Kopfes um seine Querachse nach oben scheint von den beiden hinteren vertikalen Bogeng\u00e4ngen weit mehr als von den anderen ausgel\u00f6st zu werden.\n6.\tEs mufs also eine koordinierende Reflex Verbindung der hinteren vertikalen Bogeng\u00e4nge, vielleicht auch der anderen, mit den Augenmuskeln, die die Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach oben bewirken, bestehen.\n7.\tDie Raddrehung bei Drehung des Kopfes nach unten hat mit den Bogeng\u00e4ngen nichts zu tun, sie mufs an das \u00fcbrige Labyrinth, wohl die Otolithen, gebunden sein. Auch hier mufs eine koordinierende Reflexverbindung mit den Muskeln, die die Rad-drehung des Kopf es nach unten vollf\u00fchren, bestehen. Wie bei derRaddrehungbei der Drehung desKopfes nach oben, ist auch hier eine Seite imstande, die Funktion der Raddrehung beider Augen ohne die geringste St\u00f6rung zu vollf\u00fchren.","page":165}],"identifier":"lit33597","issued":"1912","language":"de","pages":"135-165","startpages":"135","title":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der kompensatorischen Gegenbewegungen der Augen bei Ver\u00e4nderung der Kopflage vom Ohrapparat","type":"Journal Article","volume":"46"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:49:31.634336+00:00"}

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