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{"created":"2022-01-31T16:48:26.361468+00:00","id":"lit33598","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Dittler, Rudolf","role":"author"},{"name":"Izuo Koike","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 46: 166-178","fulltext":[{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Leipzig.)\n\u00dcber die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis.\nVon\nPrivate!ozent Dr. med. Rudolf Dittler, Assistent am Institut,\nund\nDr. med. Izuo Koike (Taihoku, Japan).\n(Mit 1 Textfigur.)\nDie foveale Dunkeladaptation wurde nach einer schon von Hering- ben\u00fctzten Methode mit Hilfe von Doppelbildern untersucht, die wir uns von einem kleinen Lichtfelde in lichtloser Umgebung derart erzeugten, dafs das eine Netzhautbild foveal, das andere extrafoveal zu liegen kam, und so eine Simultanvergleichung der beiden Bilder m\u00f6glich war. Wenn bei Adaptation beider Augen f\u00fcr eine mittlere Tagesbeleuchtung des Zimmers die beiden Bilder gleich hell erschienen, und sodann das eine Auge f\u00fcr einige Zeit verfinstert wurde, so mufste nachher eine durch Dunkeladaptation bedingte foveale Empfindlichkeitssteigerung dieses Auges sich dadurch verraten, dafs das von ihm mit der Fovea gesehene Bild heller erschien, als das wieder mit der vorher ben\u00fctzten extrafovealen Netzhautstelle gesehene Bild des anderen Auges, dessen Adaptationszustand inzwischen unver\u00e4ndert geblieben war. Als eine Art Mafs f\u00fcr diese Steigerung der Empfindlichkeit liefs sich diejenige Verminderung der Lichtst\u00e4rke des fovealen Netzhautbildes ben\u00fctzen, welche n\u00f6tig war, um das foveal gesehene Bild dem mit dem Hellauge gesehenen wieder gleich zu machen. Freilich d\u00fcrfte man nicht glauben, dafs die dazu n\u00f6tige Verminderung der Lichtst\u00e4rke zur Steigerung der Lichtempfindlichkeit der Fovea umgekehrt proportional sei. Denn dies hiefse voraussetzen, dafs nach erzielter Gleichheit der Heilig-","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis.\n167\nLeit beider Bilder diese auch dann noch gleich bleiben m\u00fcfsten, wenn man die Lichtst\u00e4rke der beiden Netzhautbilder in gleichem Verh\u00e4ltnis vergr\u00f6fsert oder vermindert h\u00e4tte, was keineswegs der Fall ist.1 2\nAbgesehen von einer Untersuchung Feilchenfelds, 2 welche auf sukzessiven Helligkeitsvergleichungen beruhte, und der unten noch zu erw\u00e4hnenden Untersuchung von Inouye und Oinuma3 hat man seit A\u00fcberts Vorgang bis jetzt nur die jeweilige Reizschwelle zur Bestimmung der Lichtempfindlichkeit eines Netzhautbezirkes benutzt und dabei angenommen, dafs die Lichtempfindlichkeit zum Werte des Schwellenreizes umgekehrt proportional sei. Auch die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea ist in dieser Weise untersucht4 und bald g\u00e4nzlich bestritten, bald als erheblich angegeben worden. Die nach dieser Methode gewonnenen Werte gestatten keinen unmittelbaren Vergleich mit denen, welche sich aus der von uns benutzten, auf anderen Voraussetzungen beruhenden Methode ergeben haben.\nF\u00fcr die Durchf\u00fchrung unserer Versuche wurde in einer Zweizimmer-Anordnung folgende Einrichtung getroffen: in der Vorderwand einer allerseits lichtdicht abgeschlossenen Bude, die sich in einem vom Tageslicht gut beleuchteten Zimmer befand, wurde als Lichtfeld in Augenh\u00f6he des Beobachters eine kreisscheibenf\u00f6rmige \u00d6ffnung angebracht, durch welche man auf einen im anderen Zimmer befindlichen, grofsen, planen, in allen seinen Teilen m\u00f6glichst gleichm\u00e4fsig beleuchteten, weifsen Papierschirm blickte. Zu seiner Beleuchtung diente eine 100-kerzige Nernstlampe, deren Licht durch gr\u00fcnlich-blaue Glasfilter, die an der erw\u00e4hnten \u00d6ffnung angebracht waren, dem Himmelslicht m\u00f6glichst \u00e4hnlich gemacht wurde. Die Intensit\u00e4t des vom Schirm\n\u2022 \u2022\nzerstreut reflektierten Lichtes war durch \u00c4nderung der Entfernung der Lichtquelle vom Schirme innerhalb zureichend weiter Grenzen variierbar. Die bei unseren Versuchen ben\u00fctzte Lichtst\u00e4rke des Schirmes war ungef\u00e4hr dieselbe, welche ein matt-wreifses bedrucktes Papier f\u00fcr ein normales Auge zum mindesten\n1\tDittler und Orbeli, Arch. f. d. ges. Physiol. 132, S. 338, 1910.\n2\tFeilchenfeld, Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 44, S. 51, 1909.\n3\tInouye und Oinuma, Graefes Arch. f. Ophthalm. 79, S. 45, 1911.\n4\tSiehe die Literaturzusammenstellung bei W\u00f6lfflin, Graefes Arch. f. Ophthalm. 76, S. 464, 1910.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nRudolf Dittler und Izuo Koike.\nhaben mufs, um Druckschrift von derselben Gr\u00f6fse wie die vorliegende bequem und ohne Erm\u00fcdung lange Zeit hindurch lesen zu k\u00f6nnen.\n(Hiervon \u00fcberzeugten wir uns in der Weise, dafs wir in der Ebene der Hinterwand der (f\u00fcr diesen Zweck offen gehaltenen) dunkeln Bude ein von den Fenstern des hellen Zimmers her beleuchtetes mattweifses Papierscheibchen von passender Gr\u00f6fse anbrachten und es so orientierten, dafs der im hellen Zimmer befindliche Beobachter aus passender Entfernung das helle Scheibchen und das im Versuch von uns ben\u00fctzte Lichtfeld in gleicher scheinbarer Gr\u00f6fse unmittelbar nebeneinander auf demselben dunkeln Grunde sah. Durch entsprechende Neigung des Papierscheibchens zu den Fenstern des Zimmers konnte seine Helligkeit jener des Lichtfeldes sch\u00e4tzungsweise gleich gemacht werden. Da die beiden leuchtenden Objekte nicht gleich weit vom Auge des Beobachters entfernt lagen, so wurde der Vergleich aus gr\u00f6fserer Entfernung (3\u20144 m) angestellt, so dafs die bei Fixierung des einen Objektes unvermeidliche Unsch\u00e4rfe der Abbildung des anderen kaum mehr irgendwie wesentlich in Betracht kam. Jedenfalls war die Helligkeitsvergleichung auf diese Weise mit einer f\u00fcr unsere Zwecke gen\u00fcgenden Genauigkeit durchf\u00fchrbar. Schliefslich ersetzten wir das Papierscheibchen durch eine schwarze Druckprobe auf demselben weifsen Papier, dem wir dieselbe Neigung zu den Fenstern gaben wie zuvor dem kleinen Scheibchen, und \u00fcberzeugten uns davon, dafs der Druck bei der hierbei bestehenden Beleuchtung leicht und m\u00fchelos gelesen werden konnte.)\nBei gut sichtbarem Objekt bekommt man seine Augen schon nach wenigen Vorversuchen so in die Gewalt, dafs man die Doppelbilder ohne jedes Hilfsmittel fast augenblicklich in einen gew\u00fcnschten Abstand voneinander bringen und l\u00e4ngere Zeit in demselben erhalten kann. Um das leuchtende Objekt im Dunkelauge gerade auf der Fovea centralis zur Abbildung zu bringen, mufste der Kreuzungspunkt der beiden Gesichtslinien auf die Verbindungslinie zwischen Objektmitte und Mitte der Fovea dieses Auges zu liegen kommen, d. h. die Konvergenz mufste\nasymmetrisch sein. Um diese Einstellung zu treffen, ist keinerlei \u2022 \u2022\nweitere \u00dcbung notwendig, sondern die blofse Absicht, das z. B. rechts liegende Bild genauer zu betrachten, stellt sofort bei gleichseitigen Doppelbildern die rechte, bei gekreuzten die linke","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Vber die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis.\n169*\nGesichtslinie auf das leuchtende Feld ein, und zwar auf dessen Mittelpunkt, wenn man diesen zu fixieren beabsichtigt. Es ist dies also eine unokulare Fixierung, bei welcher jedoch der fixierte Punkt des Feldes sich in ganz demselben Mafs der Sicherheit auf dem Netzhautpunkt des sogenannten direkten Sehen\u00bb im einen Auge abbildet, als wie bei binokularem Fixieren in beiden Augen, eine Tatsache, die jedem im physiologischen Doppeltsehen Ge\u00fcbten gel\u00e4ufig ist.\nHat man sich mit beiderseits in gleicher Weise hell adaptierten Augen das Doppelbild erzeugt, und erscheinen beide Bilder gleich hell, so bleibt diese Gleichheit unver\u00e4ndert bestehen,, wenn man abwechselnd das eine oder das andere Bild unokular fixiert, ein Beweis, dafs der Wechsel des Fixationspunktes innerhalb der gew\u00e4hlten Grenzen an sich das HelligkeitsVerh\u00e4ltnis der beiden Bilder nicht \u00e4ndert, wenn die anderweiten Bedingungen f\u00fcr die Gleichheit ihrer Helligkeit gegeben sind. Von dieser Tatsache, die eine der wichtigsten Grundlagen der von uns ben\u00fctzten Methode darstellt, haben wir uns in Vorversuchen wiederholt \u00fcberzeugt. Allerdings tut man gut, den gegenseitigen Abstand der Doppelbilder schon deshalb nicht unn\u00f6tig grofs zu machen, damit das indirekt gesehene Bild nicht zu weit von der Stelle des direkten Sehens abr\u00fcckt und als Gegenstand der Aufmerksamkeit zu sehr zur\u00fccktritt. Dies w\u00fcrde die Vergleichung der beiden Bilder so erschweren, dafs sie nicht mehr mit gen\u00fcgender Genauigkeit m\u00f6glich w\u00e4re.\nBei Koike bestand (aus welchen Gr\u00fcnden konnte nicht ermittelt werden) eine Ungleichheit der beiden f\u00fcr die Zimmerhelligkeit adaptierten Augen derart, dafs ihm das dem linken Auge zugeh\u00f6rige Bild stets spurweise dunkler erschien als da\u00bb andere. In R\u00fccksicht auf diese konstante Ungleichheit benutzte Koike in den mafsgebenden Versuchen immer nur sein linkes Auge als Dunkelauge, so dafs die habituelle gr\u00f6fsere Helligkeit des rechts\u00e4ugigen Bildes durch die Empfindlichkeitszunahme des dunkel gehaltenen linken Auges erst kompensiert werden mufste,. bevor ein \u00dcberwiegen der Helligkeit des linksseitigen fovealen Eindruckes bemerkbar werden konnte. Dittlek konnte bei gleicher Adaptation beider Augen bei keiner Lage des Fixationspunktes eine Helligkeitsverschiedenheit des rechts\u00e4ugigen und des links\u00e4ugigen Bildes bemerken, er konnte die Dunkeladaptation also abwechselnd mit dem rechten und mit dem linken Auge","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nRudolf Dittler und Izuo Kolke.\nvornehmen. Auch wurden die Beobachtungen von Dittler sowohl bei Kreuzung der Gesichtslinien vor wie hinter dem leuchtenden Objekt, also sowohl mit gleichseitigen wie mit gekreuzten Doppelbildern angestellt, w\u00e4hrend Koike immer mit ungekreuzten Doppelbildern beobachtete.\nDie Gr\u00f6fse des benutzten Lichtfeldes konnte vermittels einer Irisblende auf einen passenden Wert eingestellt werden. Wir f\u00fchrten die Beobachtungen bei einem Durchmesser der Blenden\u00f6ffnung von 6,5 mm durch. Die Gr\u00f6fse der Netzhautbilder belief sich bei dem immer eingehaltenen Abstand der Augen von 27 cm also auf ca. 1/3 mm. Unter der Voraussetzung guter Fixierung kam das Netzhautbild somit ganz in den st\u00e4bchenfreien Bezirk der Fovea centralis zu liegen, f\u00fcr den eine Gr\u00f6fse zwischen 2/5 und 1/2 mm im Durchmesser angegeben wird.\nDer scheinbare gegenseitige Abstand der beiden Doppelbilder wurde durch entsprechende Einstellung der Gesichtslinien in den meisten F\u00e4llen der Breite des einzelnen Bildes sch\u00e4tzungsweise gleichgemacht. Im Hellauge, das indirekt beobachtete, wich die Mitte des Netzhautbildes dabei um etwa 0,6 mm, d. h. ca. 2,5\u00b0 von der Stelle des direkten Sehens ab. Um einen Vergleich zwischen dem Zustand verschiedener Netzhautbezirke zu gewinnen, wurde mehrfach sowohl bei unokularer Fixierung des Bildes des Hellauges als bei Fixierung der Mitte zwischen beiden Bildern (d. h. bei symmetrischer Konvergenz) beobachtet. Dabei wurde der scheinbare gegenseitige Abstand der beiden Bilder auch wiederholt etwas gr\u00f6fser gew\u00e4hlt, als oben angegeben wurde.\nDer Verlauf eines Versuches gestaltete sich folgendermafsen : nach Pr\u00fcfung der Beobachtungsbedingungen in der dunkeln Bude (s. o. ; als Kriterium f\u00fcr die n\u00f6tige Gleichheit der Beleuchtung der beiden bez\u00fcglichen Schirmstellen diente die Gleichheit der Helligkeit der Doppelbilder f\u00fcr Dittler) hielt sich der Beobachter zuerst ca. 10 Min., meist lesend, in dem durch zwei hohe Fenster beleuchteten weifsget\u00fcnchten Zimmer auf, in welchem die Bude angebracht war. Sodann wurde ein Auge mittels einer schwarzen Adaptationsbinde lichtdicht abgeschlossen. Um einen Druck auf das Auge zu verh\u00fcten und den freien Lidschlag unter der Binde zu erm\u00f6glichen, legten wir, wie \u00fcblich, einen dem Orbitalrand angepafsten, mit Luft gef\u00fcllten Gummiring unter. Mit Ablauf der vorgesehenen Adaptationszeit begab","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis.\n171\nsich der Beobachter rasch in die dunkle Bude, befreite das Auge von der Adaptationsbinde und stellte seine Beobachtung an. Vor dem Eintritt in einen neuen Versuch wurde eine Pause von wiederum mindestens 10 Min. eingeschaltet, w\u00e4hrend welcher sich der Beobachter im hellen Zimmer aufhielt, so dafs die Ausgangsstimmung der Augen wieder als dieselbe betrachtet werden konnte. Besonders bei Versuchen mit ganz kurzer Adaptationsdauer nahm der Beobachter schon vor dem Anlegen der Binde auf dem Drehstuhl in der zun\u00e4chst noch offenen Bude Platz, mit der Front nach dem hellen Zimmer hin. Er brauchte sich im gegebenen Momente dann nur rasch um zu wenden und die Vorh\u00e4nge der Bude hinter sich zufallen zu lassen. Die \u201etote Zeit\u201c konnte so auf ein Minimum reduziert werden.\nObwohl wir unsere Versuche immer zu derselben Zeit (10\u2014121 /2 Uhr) anstellten, mufste doch die Inkonstanz des Himmelslichtes Verschiedenheiten in der Helladaptation unserer Augen mit sich bringen, w\u00e4hrend theoretisch eine stets gleiche Helladaptation vor jedem Einzelversuch zu fordern gewesen w\u00e4re. Wir hatten uns jedoch nur die Aufgabe gestellt, die Unrichtigkeit der Behauptung, dafs die Dunkeladaptation lediglich auf einer Vermehrung des St\u00e4bchenpurpurs beruhe, mit Hilfe einer von der gebr\u00e4uchlichen abweichenden Methode darzutun und zugleich ein Beispiel f\u00fcr das Ausmafs dieser Adaptation und ein ungef\u00e4hres Bild ihres zeitlichen Verlaufs zu geben. Dazu erschien es nicht erforderlich, die Dunkeladaptation des einen Auges immer von genau demselben Grade der Helladapiation ausgehen zu lassen, sondern es gen\u00fcgte durchaus, wenn die Verschiedenheit der Ausgangsadaptation weder nach oben noch nach unten die Grenzen \u00fcberschritt, wie sie bei unseren Versuchen durch die Schwankungen des Tageslichtes bedingt waren.\nDie erste Serie von Versuchen galt der prinzipiellen Feststellung, dafs sich die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis mit der beschriebenen Methode in schlagender Weise dartun l\u00e4fst. Besonders nach l\u00e4ngerer Dunkeladaptation (von 15, 20 und 30 Min. Dauer) erschien das foveale Bild des Dunkelauges dem extrafovealen des Hellauges an Helligkeit ganz aufserordentlich \u00fcberlegen. Dies konnte soweit gehen, dafs wir letzteres trotz der St\u00e4rke des Reizlichtes (s. o.) im ersten Moment kaum bemerkten. Nicht in dieser extremen Weise, aber ebenfalls sehr eindringlich \u00e4ufserte sich die Empfindlichkeits-","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nRudolf Dittler und Izuo Koike.\nSteigerung der Fovea nach Adaptationen von k\u00fcrzerer Dauer bis herab zu einer halben Minute. Unterhalb dieser Grenze wurde die Entscheidung sodann unsicherer, sowohl wegen der Geringf\u00fcgigkeit als wegen der grofsen Fl\u00fcchtigkeit der hierbei auftretenden Empfindlichkeits\u00e4nderungen. Trotzdem glauben wir auch noch bei erheblich geringerer Adaptationsdauer eine Helligkeitssteigerung des foveal gesehenen Bildes des Dunkelauges mit Sicherheit beobachtet zu haben, und zwar lag die \u00e4ufserste untere Grenze f\u00fcr Dittler bei 10\u201412 Sek., bei Koike, wohl nur wegen der erw\u00e4hnten Verschiedenheit seiner Augen, bereits bei 15 bis 20 Sek. Adaptationsdauer. Bei diesen niedersten Zeiten spielten st\u00f6rende Einfl\u00fcsse, wie die auch im g\u00fcnstigsten Falle nicht ganz zu vermeidende \u201etote Zeit\u201c schon eine wesentliche Rolle. Vermutlich sind die g\u00e4nzlichen Mifserfolge bei noch weiterer Herabsetzung der Adaptationsdauer hierdurch mit bedingt.\nIn einer zweiten, ausgedehnten Reihe von Beobachtungen suchten wir uns, wenigstens in groben Z\u00fcgen, einen Einblick darein zu verschaffen, wie weit bei den Adaptationen von verschiedener Dauer die Intensit\u00e4t des ins Dunkelauge fallenden Lichtes herabgesetzt werden mufste, damit die Helligkeit der binokularen Doppelbilder den ungleich adaptierten Augen gleich erschien. Wie oben schon ausgef\u00fchrt wurde, war der Zweck derartiger Versuche lediglich der, wenigstens angen\u00e4hert festzustellen, in welcher Weise der Empfindlichkeitszustand der Fovea bei l\u00e4nger dauernder Adaptation zunimmt. Wir gingen so vor, dafs wir, anstatt wie bisher mit unbewaffnetem Auge zu beobachten, das in das Dunkelauge fallende Licht durch ein Rauchglas von bekanntem Absorptionsverm\u00f6gen hindurchgehen liefsen und so in kontrollierbarer Weise abschw\u00e4chten. Es standen uns Gl\u00e4ser mit rund 75, 70, 60, 50, 40 und 30 % Absorption zur Verf\u00fcgung, deren Reihe wir durch Kombination zweier oder mehrerer Gl\u00e4ser n\u00f6tigenfalls noch weitgehend vergr\u00f6fsern konnten. Die Beurteilung der Helligkeit beider Bilder wurde auch in dieser Versuchsreihe nur auf den Eindruck der ersten Augenblicke gest\u00fctzt, d. h. es wurde nach einmaliger Dunkeladaptation nicht eine ganze Reihe von Gl\u00e4sern durchprobiert, sondern nur ein einziges Glas (bzw. eine Gl\u00e4serkombination) auf seine Wirkung untersucht. Erwies sich dieses als nicht passend, so wurde der Versuch unter Zwischenschalten der n\u00f6tigen Pausen mit jeweils entsprechend dunkleren oder helleren Gl\u00e4sern so oft wiederholt,","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis.\n173\nbis das geeignete Glas oder Doppelglas gefunden war, und wir keine Helligkeitsdifferenz zwischen den beiden Bildern mehr bemerkten. Wollte es der Zufall, dafs wir gleich beim ersten Versuch das geeignet erscheinende Glas trafen, so suchten wir uns \u00fcber die Richtigkeit unserer Beobachtung in der Weise Rechenschaft zu geben, dafs wir uns in zwei anschliefsenden Versuchen \u00fcberzeugten, dafs sowohl ein etwas helleres, als ein etwas dunkleres Glas den vollen Ausgleich der Bilderhelligkeit nicht gaben. Der Verlauf eines solchen Einzelversuches ist im Protokollauszug in nachfolgender Tabelle wiedergegeben, aus welcher auch ersichtlich ist, wie grofs wir beim Aufsuchen des passenden Absorptionsglases die Variationen zu machen pflegten. Um mehr als um die Ermittlung von N\u00e4herungswerten konnte es sich bei diesen ganzen Bestimmungen schon deswegen nicht handeln, weil die Genauigkeit der Helligkeitsvergleichung durch den etwas verschiedenen Farbenton der beiden Bilder, der z. T. durch die schwache F\u00e4rbung der verf\u00fcgbaren Rauchgl\u00e4ser bedingt wTar, nicht unerheblich beeintr\u00e4chtigt wurde.\nTabelle (Versuch vom 17. XII. 10, tr\u00fcber Tag).\nDittler\t\t\t\t\tKoike\t\t\t\t\nLaufende iSIr.\tDunkelauge\tAdaptations- dauer\tSchw\u00e4chung d. Lichtes durch d. Rauchglas auf\tI 1 Ergebnis i |\tLaufende Nr.\tDunkelauge\tAdaptations- dauer\tSchw\u00e4chung d. Lichtes durch d. Rauchglas auf\tErgebnis\n1\tr\t5'\tO O O CM\tetwa gleich\t! 1\tl\t5'\t12%\tlinks spurweise dunkler\n2\tl\t55\t15%\tlinks etwas dunkler\t2\t55\t55\t\u00a9 \u00a9\" o\tlinks deutlich heller\n3\tr\t55\t15%\trechts etwas dunkler\t3\t55\t55\t15%\tetw\u2019a gleich\n4\tl\t55\t20 %\tetwa gleich\t4\t55\t55\t12%\tetwa gleich\n5\tr\tn\t2\u00f6\u00b0/0\trechts deutlich heller\t5\t55\t55\t10 %\tlinks dunkler\n6\t1 i\t\t25%\tlinks deutlich heller\t\t\t\t\t\nDas Gesamtergebnis dieser zweiten Versuchsreihe fassen wir in \u00fcbersichtlicher Form in der beigegebenen Kurve zusammen.","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nRudolf Dittler und Izuo Koike.\nAuf der Abszisse wurden die Adaptationszeiten abgetragen, w\u00e4hrend die Ordinatenwerte der Kurve den Lichtst\u00e4rken entsprechen, die wir dem mit dem Dunkelauge gesehenen Objekte bei den verschiedenen Adaptationszeiten durchschnittlich geben mufsten, um Helligkeitsgleichheit zwischen den Bildern beider Augen zu erzielen, wenn das Hellauge konstant die Lichtst\u00e4rke 1 empfing. Nennen wir die in das Hellauge fallende Lichtmenge nx, die in das Dunkelauge fallende w2, so entspricht also der\nWert von \u2014 der jeweiligen Ordinatenh\u00f6he der Kurve.\nIn einer dritten Reihe von Versuchen gingen w7ir darauf aus, einen Vergleich zwischen der Empfindlichkeit der Fovea und derjenigen mehr oder weniger exzentrischer Netzhautbezirke im dunkeladaptierten Auge zu gew\u00e4nnen. Dies war bei unserer Versuchsmethode in der Weise einfach zu erreichen, dafs wTir untersuchten, ob sich Ver\u00e4nderungen im Helligkeitsverh\u00e4ltnis der binokularen Doppelbilder nachwreisen liefsen, wenn w7ir bei m\u00f6glichst unver\u00e4ndert bleibendem Adaptationszustand der beiden verschieden adaptierten Augen das leuchtende Objekt in rascher Folge einmal im Dunkelauge, einmal im Hellauge zu fovealer Abbildung brachten. Der Vergleich war bei dieser Art des Vorgehens, wie ersichtlich, ein indirekter; er geschah auf dem Um-","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Adaptations f\u00e4higkeit der Fovea centralis.\n175\nweg \u00fcber das in seiner Helligkeit unver\u00e4ndert bleibende Bild des Hellauges. Aber die beiden Teilbeobachtungen liefsen sich aufserordentlieh rasch hintereinander anstellen, so dafs eine wesentliche \u00c4nderung im Zustand beider Augen w\u00e4hrend des Versuches nicht zu bef\u00fcrchten war. Dabei hatte die beschriebene Methode den Vorzug grofser Variabilit\u00e4t. So konnten wir die Lage der exzentrischen Netzhautstelle, deren Zustand mit jenem des Zentrums zu vergleichen war, dadurch ohne weiteres von Versuch zu Versuch anders w\u00e4hlen, dafs wir den scheinbaren gegenseitigen Abstand der Doppelbilder (der dann f\u00fcr die beiden Beobachtungen konstant blieb) grofser oder kleiner machten (vgl. hierzu S. 170). Aufserdem konnten wir aber auch im selben Versuch Auf-schlufs \u00fcber die relative Empfindlichkeit mehrerer, vom Zentrum verschieden weit abgelegener Netzhautstellen des Dunkelauges und seiner Fovea erlangen, wenn wir den unokularen Fixationspunkt nicht nur zwischen den Zentren der beiden Bilder wechseln, sondern ihn unter Einschaltung einer oder mehrerer Etappen an der Verbindungsstrecke der Bildzentren entlang wandern liefsen.\nWir haben solche Versuche unter den verschiedensten Variationen der Gr\u00f6fse des gegenseitigen scheinbaren Bildabstandes sowie der Lage des Fixationspunktes durchgef\u00fchrt und uns dabei, wie zu erwarten war, \u00fcberzeugt, dafs die Empfindlichkeit des Netzhautzentrums im dunkel adaptierten Auge immer hinter derjenigen mehr oder weniger exzentrischer Netzhautzonen zur\u00fcckbleibt. F\u00fcr Adaptationszeiten zwischen 3 und 30 Min. haben wir bei systematischer Pr\u00fcfung dieses Verhalten deutlich ausgepr\u00e4gt gefunden. \u00dcber die Lage der Dinge nach Adaptationen unter 3 Min. haben wir bei diesem Teil unserer Untersuchung keine systematischen Versuche angestellt; doch schienen einige kursorische Beobachtungen ebenfalls im angegebenen Sinne zu sprechen, soweit sich bei den geringf\u00fcgigen Helligkeitsunterschieden \u00fcberhaupt eine Entscheidung treffen liefs. Ferner ergab sich eine \u00dcberlegenheit weiter exzentrisch gelegener Bezirke der Netzhaut \u00fcber solche, die dem Zentrum n\u00e4her lagen, wie dies innerhalb der bei uns in Betracht kommenden Netzhautregionen auch in allen bisherigen, mit Hilfe der Schwellenbestimmung vorgenommenen Untersuchungen \u00fcbereinstimmend geiunden wurde. Wir haben diese Verh\u00e4ltnisse bis zu einer Entfernung von der Fovea entsprechend der etwa f\u00fcnffachen Bildbreitestudiert.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nRudolf Dittler und Izuo Koike.\nNoch sicherer als auf die beschriebene Weise l\u00e4fst sich hier\u00fcber ein Urteil gewinnen, wenn man zun\u00e4chst f\u00fcr die beabsichtigte Ausgangslage des Fixationspunktes durch Verwendung von Rauchgl\u00e4sern einen Ausgleich der Helligkeit der Doppelbilder herbeif\u00fchrt. Man hat sodann im weiteren Verlauf des Versuches eine wesentlich leichtere Aufgabe als bei der vorerw\u00e4hnten Art der Beobachtung, weil man nur zu beurteilen hat, ob die zun\u00e4chst bestehende Helligkeitsgleichung bei Verlegung des Fixationspunktes \u201eh\u00e4lt\u201c oder nicht. Hatten wir durch entsprechende Abschw\u00e4chung des in das Dunkelauge fallenden Lichtes, z. B. bei Fixierung der Mitte zwischen beiden Bildern, einen Ausgleich ihrer Helligkeit erreicht, so konnten wir uns bei nicht zu geringer Adaptationsdauer mit grofser Eindringlichkeit davon \u00fcberzeugen, dafs jede Verlagerung des Fixationspunktes nach einem der beiden Bilder hin ein Ung\u00fcltigwerden der Helligkeitsgleichung bedingte, und zwar in dem Sinne, dafs bei Verlegung des Fixationspunktes n\u00e4her zum Bild des Hellauges ein \u00dcberwiegen des Bildes im Dunkelauge, bei Verlegung des Fixationspunktes n\u00e4her zum Bild des Dunkelauges dagegen ein \u00dcberwiegen des Bildes im Hellauge bemerkbar wurde. Bei dieser Art des Vorgehens konnten die oben ausgef\u00fchrten Ergebnisse somit auf etwas gesicherterer Grundlage voll best\u00e4tigt werden.\nSchliefslich liefsen wir es nicht unversucht, die Unterschiede der Empfindlichkeit in den verschiedenen Regionen des Dunkelauges in dem Sinne messend zu verfolgen, dafs wir vergleichsweise feststellten, wde weit das ins Dunkelauge fallende Licht jeweilig geschw\u00e4cht werden mufste, um mit dem konstanten, in das (immer an das Tageslicht adaptierte) Hellauge fallenden Lichte gleiche Helligkeit zu geben. Diese Versuche f\u00fchrten wir bei scheinbarem Abstand der Doppelbilder von doppelter und vierfacher Bildbreite durch, und zwar bei Fixierung des Bildes des Dunkelauges einerseits und eines inmitten zwischen beiden Bildern gelegenen Punktes andererseits. Die in Betracht kommenden extrafovealen Netzhautstellen des Dunkelauges lagen (berechnet nach der Mitte der Bilder), also 0,45 mm, bzw. 0,75 mm von der Stelle des direkten Sehens entfernt. Es ergab sich bei einer Adaptationsdauer von beispielsweise 10 Min., dafs die Fovea des Dunkelauges ca. 1/7, die um 0,45 mm vom Zentrum -abliegende Bildstelle ca. 1/9, und die um 0,75 mm abliegende ca. a/18 jener Lichtst\u00e4rke erhalten mufste, welche dem Hellauge ge-","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis.\n177\nboten wurde. Bei einer Adaptationsdauer von 20 Min. stellten sich die entsprechenden Werte auf ca. 1 2 3/10 bis 1/12, 1j16 und 1/2b.\nAlles in allem stimmen unsere Werte f\u00fcr das Lichtst\u00e4rken-\nVerh\u00e4ltnis \u2014 (s. o. S. 174) also befriedigend mit jenen \u00fcberein,\nni\ndie von Inouye und Oinuma 3 bei Vergleichung zweier wenig exzentrisch liegender (symmetrischer) Netzhautbezirke nach einer der unsrigen verwandten Methode ermittelt wurden. Abgesehen von den Adaptationen unter 5 Min., liegen unsere Werte allerdings etwas unter denen der genannten Autoren. Speziell bei Adaptationen von 15\u201430 Min. blieben schon die f\u00fcr die Beleuchtung der Fovea in unseren Versuchen notwendigen relativen Lichtst\u00e4rken etwas hinter jenen zur\u00fcck, die Inouye und Oinuma f\u00fcr etwa % mm von derselben abliegende Netzhautstellen brauchten (vgl. unsere Kurve S. 174 mit der entsprechend angelegten Kurve 5 auf S. 155 der Arbeit Inouye-Oinuma). Noch deutlicher k\u00e4me die Abweichung also gegen\u00fcber unseren Werten f\u00fcr gleich stark exzentrische Netzhautzonen zum Ausdruck.\nDie Ursache f\u00fcr diese immerhin in Betracht kommende Abweichung unserer Befunde von jenen der genannten Autoren kann einerseits in individuellen Verschiedenheiten des Sehorgans bei den beiden Beobachterpaaren, andererseits (und dies ist vermutlich das Wesentlichere) in den Verschiedenheiten der anf\u00e4nglichen Helladaptation sowie der Lichtst\u00e4rke des ben\u00fctzten Lichtfeldes zu suchen sein. Dafs die absolute St\u00e4rke der jeweils gegebenen Beleuchtung einen grofsen Einflufs auf das Lichtst\u00e4rkenverh\u00e4ltnis besitzt, das zur Erzeugung gleicher Helligkeiten in ungleich gestimmten Bezirken des Sehorgans geeignet ist, ist ja unl\u00e4ngst von Dittler und Orbeli 2 nach verschiedenen Methoden gezeigt worden. Auch die Ergebnisse der Untersuchungen von Feilcheneeld 3 lassen diese Tatsache deutlich\na \u2022\nerkennen. Eine volle \u00dcbereinstimmung der Befunde, die nach der Methode des binokularen Vergleichs, aber unter verschiedenen Beleuchtungsverh\u00e4ltnissen und von verschiedenen Beobachtern gewonnen werden, ist aus dem genannten Grunde von vornherein nicht zu erwarten.\n1\tInouye und Oinuma a. a. 0.\n2\tDittler und Orbeli a. a. 0.\n3\tFeilchenfeld a. a. 0.","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nRudolf Dittler und Izuo Koike.\nZusammenfassung.\nBei einseitiger Dunkeladaptation liefs sich durch Vergleich der Helligkeit der binokularen Doppelbilder eines leuchtenden Objektes die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis in eindringlicher Weise zur Anschauung bringen. Die foveale Empfindlichkeitssteigerung war schon nach 10\u201412 Sek. dauerndem Licht-abschlufs bemerkbar und nahm mit zunehmender Adaptationsdauer (untersucht bis 30 Min.) mehr und mehr an Gr\u00f6fse zu, blieb aber immer deutlich hinter derjenigen exzentrischer Netzhautbezirke zur\u00fcck. Um eine Helligkeitsgleichheit zwischen den Doppelbildern herzustellen, brauchte das foveale Bild des Dunkelauges bei der Lichtst\u00e4rke des von uns ben\u00fctzten leuchtenden Objektes nach einer Adaptationsdauer von 5 Min. durchschnittlich nur 1/5\u2014 1/g, nach einer Adaptationsdauer von 30 Min. 1!li bis ^120 jener Lichtst\u00e4rke zu haben, welche das extrafoveale Bild des Hellauges besafs.","page":178}],"identifier":"lit33598","issued":"1912","language":"de","pages":"166-178","startpages":"166","title":"\u00dcber die Adaptationsf\u00e4higkeit der Fovea centralis","type":"Journal Article","volume":"46"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:48:26.361473+00:00"}