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{"created":"2022-01-31T16:48:38.942612+00:00","id":"lit33612","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Br\u00fcckner, A.","role":"author"},{"name":"R. Kirsch","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 47: 46-78","fulltext":[{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"Aus dem physiologischen Institut und der Universit\u00e4ts-Augenklinik\nzu K\u00f6nigsberg.\n\u00dcber den Einflufs\ndes Adaptationsznstandes auf die Empfindlichkeit des Auges f\u00fcr galvanische Beizung.\nVon\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nMit 3 Figuren im Text.\n1. Einleitung.\nBei Gelegenheit von Untersuchungen \u00fcber die Sichtbarkeit des blinden Fleckes hatte der eine von uns 1 bei Helladaptation des einen und Dunkeladaptation des andern Auges eine grolse Differenz in der Deutlichkeit dieses entoptischen Ph\u00e4nomens bei galvanischer Reizung des Auges bemerkt. Bei diesen Versuchen safs die eine Elektrode im Nacken, die andere in der Mitte der Stirn. Es zeigte sich, dafs der blinde Fleck, der ja bekanntlich auch bei galvanischer Reizung des Auges sichtbar wird, dem dunkeladaptierten Auge viel deutlicher und heller erschien als dem helladaptierten. Diese Beobachtung liefs darauf schliefsen, dals die Empfindlichkeit des Auges f\u00fcr galvanische Reize von dem Gesamtadaptationszustande abh\u00e4ngig sei und zwar qualitativ im gleichen Sinne wie f\u00fcr den ad\u00e4quaten Lichtreiz.\nDie bisherigen Literaturangaben in dieser Frage stehen jedoch zu der mitgeteilten Beobachtung in Widerspruch. Lediglich folgende Andeutungen bei Aubert lassen allenfalls darauf schliefsen, dafs die Dunkeladaptation einen beg\u00fcnstigenden Ein-\n1 Br\u00fcckner: \u00dcber die Sichtbarkeit des blinden Fleckes.\tPfl\u00fcgens\nArch. 136.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Uber den Einflufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 47\nflufs auf den Effekt der galvanischen Reizung habe. Dieser Autor schreibt (Physiologie der Netzhaut, S. 346): \u201eAls besonders auffallend mufs ich die grofse Helligkeit des Gesichtsfeldes, namentlich in der Peripherie desselben erw\u00e4hnen, wenn ich im Finstern w\u00e4hrend der Dauer des aufsteigenden sowie des absteigenden Stromes Bewegungen mit den Augen mache: jede Bewegung ist von einem lebhaften peripherischen Blitze begleitet.\u201c Und S. 344 : \u201eSechs Elemente gen\u00fcgen bei mir nach einigem Aufenthalte1 vollkommen, um die Erscheinungen zu sehen.\u201c\nVersuche, welche eigens zur Ermittelung der galvanischen Empfindlichkeit des hell- und dunkeladaptierten Auges dienen sollten, hat G. E. M\u00fcller angestellt.2 3 Er verwendete hierzu seine Brillenelektrode, d. h. eine Mensurbrille, welche innen mit feinem angefeuchteten Schwamm ausgelegt war. In der Mitte war ein Loch (Kanal) von 2 cm Durchmesser aus dem Schwamme ausgeschnitten. Wurde die Brille der Vp. vorgebunden, so erfolgte also die Stromzuf\u00fchrung durch die Haut in der unmittelbaren Umgebung des Auges. Dieses war bei der hier in Frage kommenden Untersuchung w\u00e4hrend der Beobachtung geschlossen. Als indifferente Elektrode diente eine mit der Hand an den Nacken angedr\u00fcckte Plattenelektrode. Der Strom wurde durch eine JAQUETsche F\u00fcnftelsekundenuhr 5 mal in der Sekunde unterbrochen. Die Vp. hatte nun anzugeben, wann sie eben f\u00fcnf getrennte Empfindungen (Schliefsungsblitze) pro Sekunde wahrnehmen konnte. Die hierbei gegebene Stromst\u00e4rke, als deren Mafs der in den K\u00f6rperstromkreis mit eingeschaltete Widerstand betrachtet wurde, galt dann als Schwellenreiz. Es ergab sich das bemerkenswerte Resultat, dafs die Schwellen bei doppelseitiger Hell- und doppelseitiger Dunkeladaptation f\u00fcr alle f\u00fcnf Vpn. entweder kaum voneinander differierten oder sogar die Schwelle f\u00fcr das Dunkelauge noch h\u00f6her lag als f\u00fcr das Hellauge.\nNagel 3 hat 1904 bei Bestimmung derartiger Schwellen und einseitiger Hell- bzw. Dunkeladaptation ebenfalls keine Diffe-\n1\tOffenbar ist gemeint im Dunkeln.\n2\tG. E. M\u00fcller: \u00dcber die galvanischen Gesichtsempfindungen. Zeitschr. f. Psychologie u. Physiologie d. Sinnesorgane 14.\n3\tNagel: Einige Beobachtungen \u00fcber die Wirkung des Druckes und des galvanischen Stromes auf das dunkeladaptierte Auge. Zeitschrift f Psychologie u. Physiologie d. Sinnesorgane 34.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nA. Br\u00fcckner und B. Kirsch.\nrenz in der Empfindlichkeit der ungleich adaptierten Augen bei galvanischer Reizung gefunden. Er schreibt S. 287 : \u201eNach guter Dunkeladaptation des einen Auges befestigte ich die erw\u00e4hnte Brillenelektrode vor den Augen und applizierte die andere Elektrode am Nacken. Die Stromzuleitung zu den beiden H\u00e4lften der Brillenelektrode war so eingerichtet, dafs ich durch Umlegen einer Wippe den Strom (von 4 Volt Spannung) abwechselnd dem einen und dem anderen Auge zuleiten konnte. Mit einem Tasterschl\u00fcssel erzeugte ich Schliefsungs- und \u00d6ffnungsblitze. Die Phosphene waren indessen am Hell- und Dunkelauge qualitativ und quantitativ durchaus \u00fcbereinstimmend beschaffen.\u201c\n\u00c4hnliches hat Cords bei Verwendung von intermittierenden Str\u00f6men gefunden, wie er sie zur Untersuchung der Verschmelzungsfrequenz bei galvanischer Reizung benutzte.1 Bei Vergleich der von dem einen hell-, dem anderen dunkeladaptierten Auge gelieferten Empfindungen fand er keine Differenz zwischen beiden. S. 156 : \u201eIch vermochte niemals eine erhebliche Differenz derselben festzustellen. Steigerte ich die Reizfrequenz so, dafs ich mit dem dunkeladaptierten Auge nur noch eben ein schwaches Flimmern sah, so stand auch das Flimmern des mit demselben Strome gereizten helladaptierten Auges an der Grenze der Merk-lichkeit. Eine Wiederholung dieses Versuches im Hellraume unter Beobachtung der gleichm\u00e4fsig grauen Fl\u00e4che mit einem vorher lange Zeit erhellten und einem 1/2 Stunde lang verdunkelt gewesenen Auge f\u00fchrte zu demselben Ergebnisse. Aus diesen Tatsachen l\u00e4fst sich nat\u00fcrlich wegen der Schwierigkeit der Beobachtung nicht der Schlufs ziehen, dafs die Adaptation gar keinen Einflufs auf die Verschmelzungsfrequenz f\u00fcr elektrische Reize hat, sondern nur, dafs dieser Einflufs, wenn er besteht, ein nur verh\u00e4ltnism\u00e4fsig kleiner sein kann.\u201c\nDer Widerspruch zwischen diesen Angaben fr\u00fcherer Autoren und der eingangs mitgeteilten Beobachtung bot den Anlafs zu den im folgenden mitgeteilten Versuchen.\n2. Vorversucke.\nDie ersten Versuche hat der eine von uns (B) mit Herrn Dr. Erich Wegener angestellt. Ihr Ziel war die Ermittelung des\n1 Cords: \u00dcber die Verschmelzungsfrequenz bei periodischer Netzhautreizung durch Licht oder elektrische Str\u00f6me, v. Graefes Archiv f. Ophth. 67.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Tiber den Ein flu fs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 49\nSchwellenreizes bei Schliefsungs- und \u00d6ffnungsblitzen f\u00fcr das bell- und dunkeladaptierte Auge. Wir bedienten uns dabei einer Mensurbrille in der Art der von M\u00fcller angegebenen. Nur bedeckte der angefeuchtete Schwamm auch die geschlossenen Lider, d. h. es fand sich kein Ausschnitt in seiner Mitte. Die Apparatur zur Variierung der Reizst\u00e4rke war im Prinzip die gleiche wie bei den definitiven Versuchen (siehe unten), nur fehlte die exakte Messung der Stromst\u00e4rke f\u00fcr jeden Einzelversuch.\nNach ausgiebiger Helladaptation (Blick gegen den hellen Himmel) oder guter Dunkeladaptation (lichtdichter Verband w\u00e4hrend *l2 Stunde) wurde die Elektrode vorgebunden und dann m\u00f6glichst schnell, um den Adaptationszustand nicht verloren gehen zu lassen, die Schwelle zu bestimmen gesucht. Es gelang uns hierbei aber nicht, eine Differenz f\u00fcr das hell- und dunkeladaptierte Auge nachzuweisen. Wurden jedoch bei Helladaptation des einen und Dunkeladaptation des anderen Auges etwa gleich starke \u00fcberschwellige Reize abwechselnd dem einen und dem anderen Auge appliziert, so war eine deutliche Differenz in der Helligkeit der Empfindungen zu bemerken : Das dunkeladaptierte Auge besafs ein deutliches \u00dcbergewicht gegen\u00fcber dem Hellauge. Dieses Resultat aber liefs sich nur gewinnen, wenn die Adaptationsdifferenz zwischen beiden Augen eine him reichend grofse war.\nDiese Vorversuche lehrten weiter, dafs es nicht gen\u00fcgt, lediglich die \u201eSchwelle\u201c schlechthin aufzusuchen. Genauere Bestimmungen mit abgestufter Reizst\u00e4rke ergaben n\u00e4mlich, dafs sich je nach der Stromst\u00e4rke an drei verschiedenen wxohl gesonderten Stellen des Gesichtsfeldes Lichterscheinungen wahrnehmen liefsen : 1. ein Blitz in der \u00e4ufsersten Peripherie, 2. eine Lichterscheinung im Zentrum des Gesichtsfeldes und 3. eine solche in der Gegend des blinden Fleckes. Die fr\u00fcheren Autoren haben hier\u00fcber keine Angaben gemacht. Offenbar ist auf diesen Punkt entweder \u00fcberhaupt nicht speziell geachtet worden oder, was das wahrscheinlichere sein d\u00fcrfte, es ist das Urteil lediglich auf den peripheren Blitz bezogen worden. .\nFerner zeigten die Vorversuche, dafs die Zuf\u00fchrung des Stromes durch eine Schwammbrille f\u00fcr exakt messende Versuche als g\u00e4nzlich unzureichend zu gelten hat. Herr Professor W eiss hatte die Liebensw\u00fcrdigkeit, im physiologischen Institut einige Widerstandsmessungen auszuf\u00fchren. Diese lehrten, dafs\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 47.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nder K\u00f6rperwiderstand bzw. der Widerstand an den Ein- und Austrittsstellen des Stromes in den K\u00f6rper erheblichen Schwankungen unterlag, je nachdem die Schwammelektrode frisch befeuchtet oder etwas trockener war, je nachdem die Nackenelektrode schw\u00e4cher oder st\u00e4rker mit der Hand angedr\u00fcckt wurde. Hamit war die Unbrauchbarkeit dieser Versuchsanordnung f\u00fcr Schwellenbestimmungen konstatiert. Es mufsten vor allem Elektroden geschaffen werden, welche nach M\u00f6glichkeit einen konstanten Widerstand an den Ein- und Austrittsstellen des Stromes-in den K\u00f6rper gew\u00e4hrleisteten. Auch war es erforderlich, stets eine genaue Messung der Stromst\u00e4rke vorzunehmen. Diesen Forderungen gen\u00fcgte in befriedigender Weise die nachfolgend beschriebene definitive Versuchsanordnung.1\n3. Versuch sa nordnimg.\nAls exakteste Art f\u00fcr die Stromzuf\u00fchrung erwiesen sieb Fl\u00fcssigkeitselektroden. F\u00fcr das Auge benutzten wir eine Wasserbrille, die \u00e4hnlich konstruiert war wie das bekannte Lohn-steinsehe Hydrodiaskop (siehe Fig. 1). Diese Brille bestand aus einem etwa 2 cm tiefen metallenen Becher von ovalem Quer-\nFigur 1.\n1 Die Experimente haben wir im K\u00f6nigsberger physiologischen Institut ausgef\u00fchrt. Wir m\u00f6chten auch an dieser Stelle Herrn Geheimrat Hermann f\u00fcr die Erlaubnis hierzu und vor allem Herrn Professor Weiss f\u00fcr seine mannigfaltigen Unterst\u00fctzungen unseren ergebenen Dank aussprechen.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022\nUber den Einflufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 51\nschnitte, dessen R\u00e4nder mit einem Gummischlauch belegt waren. Da lediglich ein Aufkleben des Gummischlauches auf das Metall sich bei den Versuchen nicht als haltbar genug erwies, wurde er an einem Teile seiner Circumferenz in eine Metallfassung eingeklemmt. Die Kr\u00fcmmung des Becherrandes war so gestaltet, dafs sie sich dem Orbitalrande gut anpafste. Der Boden des flachen Bechers wurde von einer planparallelen Glasplatte gebildet. An der oberen Circumferenz der metallenen Becherwandung befand sich eine Klemme (K) f\u00fcr den zuf\u00fchrenden Draht. Daneben war eine durch eine Schraube verschliefsbare \u00d6ffnung (0) gebohrt. Diese diente zum Einf\u00fcllen der angew\u00e4rmten physiologischen Kochsalzl\u00f6sung. Trotz des Gummiringes hielt die Wasserbrille, die mit zwei B\u00e4ndern um den Kopf der Vp. befestigt wurde, nicht gen\u00fcgend dicht. Es mufste deshalb noch durch Bestreichen des Gummistreifens und der umgebenden Haut mit Vaselin nachgeholfen werden. Dann war der Schlufs aber auch w\u00e4hrend mehrst\u00fcndiger Versuche ein tadelloser, vorausgesetzt, dafs die Vp. sich ruhig genug verhielt.\nAls indifferente Elektrode diente ein hohes oben offenes zylindrisches Glasgef\u00e4fs, welches ebenfalls mit physiologischer Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt eine grofse zinkene Metallplatte als Elektrode barg. Letztere stand durch eine Klemme mit dem stromzuf\u00fchrenden Draht in Verbindung. In dieses Gef\u00e4fs wurde die rechte Hand der Vp. bis \u00fcber das Handgelenk eingetaucht. Es war also an beiden Stromzufuhrstellen des K\u00f6rpers eine konstante Befeuchtung gegeben.\nDie Versuchsanordnung war im einzelnen folgende (siehe Fig. 2) : Als Stromquelle diente ein Akkumulator (JE) von 2 Volt Spannung, in dessen Kreis zun\u00e4chst der bei allen Versuchen (mit Ausnahme der im Abschnitt 6 besprochenen) konstante Widerstand Wh von 200 Ohm eingeschaltet war, ferner der Schl\u00fcssel S 1 und der variable Widerstand Wv. Von den Endklemmen (I und II) dieses variablen Widerstandes war der zur Reizung dienende Stromkreis abgezweigt, in den aufser dem menschlichen K\u00f6rper K(A-H) noch ein St\u00f6pselrheostat (Wg) aufgenommen war. Dieser bot bei allen Versuchen den konstanten Widerstand von 3 Ohm (zwischen III und IV). Von den Klemmen III und IV dieses St\u00f6pselrheostaten war abermals ein Stromkreis abgezweigt, in welchem sich ein Drehspulenspiegelgalvanometer (G) von 10000 Ohm Widerstand befand. Dieses Galvanometer lag also im\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nA. Br\u00fcckner und B. Kirsch.\nNebenschlufs zu dem St\u00f6pselrheostaten von 3 Ohm. Durch den Vorreiberschl\u00fcssel S 2 konnte das Galvanometer kurzgeschlossen werden. War S 2 dagegen ge\u00f6ffnet, so durchflofs ein bei allen Versuchen konstanter Bruchteil des Reizstromes das Spiegelgalvanometer und brachte seine Spule zur Ablenkung. Die Ablesung erfolgte in der \u00fcblichen Weise durch ein Fernrohr an einer Skala.\n\u00a3\nFigur 2.\nWir k\u00f6nnen demnach an unserer Versuchsanordnung drei Stromkreise unterscheiden :\n1.\tden Kreis E, W\\ iS 1, Wv, E (\u201eerster Kreis\u201c).\n2.\tden Stromkreis von I \u00fcber den menschlichen K\u00f6rper und Wg bis II (\u201ezweiter Kreis\u201c).\n3.\tden Zweigkreis von III \u00fcber das Galvanometer bis IV (\u201edritter Kreis\u201c).\nNach den KiRCHHOFFschen S\u00e4tzen l\u00e4fst sich durch Variierung des im Nebenschlufs liegenden Widerstandes Wv die Stromst\u00e4rke im zweiten von uns zur Reizung benutzten Stromkreise weitgehend \u00e4ndern. Es ist dieses ja eine Methode, die auch sonst in der Physiologie Anwendung findet. Wir haben uns ihrer bedient bei den in Abschnitt 6 beschriebenen Summationsversuchen, da es hier auf eine genaue Messung nicht ankam. F\u00fcr eine absolute Exaktheit dieser Versuchsanordnung ist es aber erforderlich, dafs der Gesamtwiderstand im zweiten Stromkreise konstant","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Uber den Einflu\u00df des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 53\nbleibt. Wie sich aber bald zeigte, war diese Konstanz nicht gegeben. Dieses ist der Grund, weshalb wir noch den dritten Stromkreis mit dem Galvanometer eingeschaltet haben.\nF\u00fcr die Leitung III\u2014IV im Rheostaten Wg und f\u00fcr den Galvanometerstromkreis gilt die Gleichung Jx : J2 = W2 : Wx, wobei Jt und W1 die Stromst\u00e4rke und den Widerstand in der im Nebenschlufs liegenden Rheostatenstrecke III\u2014IV bedeutet, J2 und W2 die analogen Gr\u00f6fsen im Galvanometerzweigkreise.\nist demnach leicht aus den bekannten Gr\u00f6fsen W1 (= 3 Ohm) und W2 (= 10000 Ohm) und aus der am Galvanometeraus-schlage gemessenen Stromst\u00e4rke J2 zu berechnen. Da der Galvanometerwiderstand im Vergleich zu dem Widerstand Wg (= 3 Ohm) praktisch unendlich grofs ist, so d\u00fcrfen wir die berechnete Stromst\u00e4rke Jx der im zweiten Stromkreise herrschenden gleichsetzen, obwohl ja bei \u00d6ffnung des Schl\u00fcssels S 2 etwas andere Verh\u00e4ltnisse gegeben sind, als bei Schlufs desselben. Im ersten Falle fliefst n\u00e4mlich ein minimaler Bruchteil des Stromes durch das Galvanometer, weitaus der gr\u00f6fste Teil desselben durch III\u2014IV (= 3 Ohm). Im zweiten Falle dagegen geht nur ein kleiner Teil durch III\u2014IV, die Hauptmenge fliefst durch S 2. Durch den Kurzschlufs des Galvanometers ist der Gesamtwiderstand im zweiten Kreise kleiner, die Stromst\u00e4rke also gr\u00f6fser geworden. 3 Ohm (III\u2014IV) mehr oder weniger Widerstand aber k\u00f6nnen gegen\u00fcber dem K\u00f6rperwiderstande, der in beiden F\u00e4llen eingeschaltet ist, vernachl\u00e4ssigt werden. Wir erhalten also durch die Ausschl\u00e4ge am Galvanometer einen hinreichend exakten Aufschlufs \u00fcber die St\u00e4rke der benutzten Reizstr\u00f6me. Allerdings konnten in dieser Weise keine absoluten Mafse gewonnen werden, sondern es handelte sich zun\u00e4chst nur um die Ermittelung relativer Werte.\nZur Eruierung der absoluten Stromst\u00e4rke im zweiten Stromkreise diente folgende Versuchsanordnung: An Stelle des K\u00f6rpers A\u2014H wurde ein Vertikalgalvanometer eingeschaltet und durch St\u00f6pselung des Rheostaten W v wurden Ausschl\u00e4ge von verschiedener Gr\u00f6fse an diesem Galvanometer erzeugt. Gleichzeitig erfolgten am Spiegelgalvanometer G (Fig. 2) Ablesungen, welche ergaben, wieviel Skalenteile an diesem Galvanometer den gegebenen Ausschl\u00e4gen am Vertikalgalvanometer entsprachen. Hierauf wurde das Vertikalgalvanometer in einen Stromkreis eingeschaltet, der von einem Akkumulator von zwei Volt gespeist.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nA. Br\u00fcckner und B. Kirsch.\nwurde, und in den noch ein St\u00f6pselrheostat aufgenommen war.\nE\nNach der Gleichung des Omvischen Gesetzes J = liefs sich\ndann eine beliebige Stromst\u00e4rke J, die einem gegebenen Ausschlage des Vertikalgalvanometers entsprach, ohne weiteres berechnen, da W und E bekannt waren. Es ergab das Vertikalgalvanometer einen Ausschlag von ca. 0,5 Skalenteilen, wenn\n2\nW = 20000 Ohm war. Mithin war J = g\u00f6o\u00d6O = ^,1 Milliamp\u00e8re.1 Nun war aber durch die vorhergehende Messung festgestellt, dafs einem Ausschlage von 0,5 Skalenteilen am Vertikal-Galvanometer ein Ausschlag von 38 Skalenteilen am Spiegel-Galvanometer entsprach. Es bedeuteten demnach 38 Skalenteile des Spiegel-Galvanometers eine Stromst\u00e4rke im zweiten Stromkreise von 0,1 Milliamp\u00e8re, mithin ein Skalenteil des Spiegel-Galvanometers ungef\u00e4hr 0,0027 Milliamp\u00e8re, d. h. rund 1400 Milliamp\u00e8re. Da eine exakte Proportionalit\u00e4t zwischen Stromst\u00e4rke und Galvanometerausschlag nicht besteht, so ist dieser Wert nur als angen\u00e4hert richtig zu betrachten. Er soll vor allen Dingen einen Begriff von der Gr\u00f6fsenordnung der Reize geben, die bei unseren Versuchen in Betracht kamen (siehe unten).\nDie Stromschwankungen in dem zweiten Stromkreise waren, wie schon die ersten Versuche lehrten, z. T. verursacht durch das Auftreten eines entgegengesetzt gerichteten \u2014 im K\u00f6rper von der Hand zum Auge fliefsenden \u2014 Stromes, der eine nicht unerhebliche und nicht ganz konstante St\u00e4rke besafs. Wie sich erst sp\u00e4ter zeigte, wTar derselbe vor allem durch eine Differenz in der Materialbeschaffenheit der metallenen Elektroden bedingt. Er war bei \u00d6ffnung des Schl\u00fcssels S 1 am Galvanometerausschlag zu konstatieren. Im allgemeinen war dieser \u201eGegenstrom\u201c bei B etwas schw\u00e4cher als bei K. Er betrug ca. 95 bzw. 105 Skalenteile am Galvanometer, wenn das Auge mit der Wasserbrille ge\u00f6ffnet gehalten wurde. In diesem Falle blieb auch die H\u00f6he des Gegenstroms in einer Versuchsreihe leidlich konstant. Sie schwankte hier nur um wenige Skalenteile, bei K etwas st\u00e4rker als bei B. Wurden dagegen die Lider leicht geschlossen, so ging der Galvanometerausschlag erheblich zur\u00fcck, d. h. der Gegen-\n1 Wir haben nat\u00fcrlich mehrere Beobachtungen angestellt, welche \u00fcbereinstimmende Werte ergaben.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Uber den EinfLufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit nsw. 55\nstr\u00f6m nahm ab, bzw. der Widerstand nahm zu, doch trat kein konstanter Wert auf. Je nach dem st\u00e4rkeren oder schw\u00e4cheren Lidschlufs stellten sich erhebliche Schwankungen ein, welche unbedingt dazu zwangen, die Versuche nicht bei geschlossenem, sondern bei ge\u00f6ffnetem Auge auszuf\u00fchren.\nVer\u00e4nderungen an der anderen Fl\u00fcssigkeitselektrode, an der rechten Hand, waren auf die Gr\u00f6fse der Galvanometerausschl\u00e4ge kaum von Einflufs. So war es z. B. g\u00e4nzlich gleichg\u00fcltig, ob die Hand, einige Zentimeter mehr oder weniger weit in das Wasser eintauchte. Erst wenn die Hand so weit aus dem Wasser gehoben wurde, dafs lediglich die Finger in Kontakt mit demselben blieben, trat eine merkliche Abschw\u00e4chung des Gegenstromes auf.\nZum Teil sind die am Galvanometer beobachteten Stromschwankungen wohl auch auf Ver\u00e4nderungen des Widerstandes an den Aus- und Eintrittsstellen des Stromes in den K\u00f6rper zur\u00fcckzuf\u00fchren. Bei Lidschlufs trat, wie wir sahen, eine Abnahme des Galvanometerausschlages auf, da wahrscheinlich die Lidhaut dem Strome einen gr\u00f6fseren Widerstand bietet als die Cornea bzw. die Conjunktiva. Vielfach konnten wir auch bei psychischen Affekten pl\u00f6tzliche Spr\u00fcnge in den Galvanometerausschl\u00e4gen bemerken, die offenbar dem psychogalvanischen Ph\u00e4nomen (Vera-guth) entsprechen. So ging z. B. bei K., als er zum ersten Male mit Deutlichkeit den blinden Fleck bei starker Lustbetonung wahrnahm, der Gegenstrom um 10 Galvanometer skaienteile in die H\u00f6he.\nUnmittelbar nach Anlegen der Wasserbrille und Eintauchen der Hand in die Wasserelektrode zeigte das Galvanometer relativ starke Stromschwankungen an, die nach etwa 5\u201410 Minuten immer mehr abnahmen. Es wurde deshalb mit den eigentlichen Versuchen stets erst einige Zeit nach Anlegung der Elektroden begonnen.\nEs leuchtet ein, dafs die durch die Versuchsanordnung geforderte Variierung des ver\u00e4nderlichen Widerstandes Wv nicht ganz ohne Einflufs auf die absolute H\u00f6he des Gegenstromes sein konnte, lief dieser doch durch den St\u00f6pselrheostaten Wv hindurch. Genauere Messungen lehrten aber, dafs innerhalb des von uns benutzten Bereiches von Widerstands\u00e4nderungen in Wv eine Beeinflussung der St\u00e4rke des Gegenstromes entweder \u00fcberhaupt nicht oder nur innerhalb minimaler Grenzen eintrat,","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\noffenbar weil jene im Vergleich zum K\u00f6rperwiderstand zu gering waren.\nDie angef\u00fchrten Schwierigkeiten zwangen uns, nach jedem Einzelversuch am Galvanometer neben dem Ausschlag, der durch den Reizstrom verursacht war, auch noch den Gegenstrom abzulesen. Die Differenz zwischen den beiden Galvanometerausschl\u00e4gen gab dann den wahren Wert der f\u00fcr den Reiz in Betracht kommenden Stromst\u00e4rke an.\nEs zeigte sich, dafs die absolute H\u00f6he des Gegenstromes f\u00fcr unsere Versuche einflufslos war, d. h. die Schwellenwerte wurden hierdurch in keiner Weise ver\u00e4ndert. In einer Versuchsreihe wurden versehentlich in dem Widerstandskasten Wg 200 Ohm gest\u00f6pselt. Die geringe H\u00f6he des Gegenstromes war zwar schon w\u00e4hrend der Versuche aufgefallen \u2014 sie betrug nur ca. 75 Skalenteile am Galvanometer statt sonst in der Regel 100 \u2014 die Ursache hierf\u00fcr aber wurde erst nachher festgestellt Gleichwohl stimmten die bei dieser Versuchsreihe gefundenen Schwellenwerte durchaus mit den bei anderen Gelegenheiten beobachteten \u00fcberein. Es heifst das also: Ein etwa durch den Gegenstrom bewirkter Elektrotonus am Sehorgan ist, wenigstens innerhalb der hier in Betracht kommenden Grenzen, einflufslos.\nDie \u00fcberwiegende Mehrzahl unserer Versuche haben wir am rechten Auge mit auf steigendem (\u201eeinsteigendem\u201c ; Anode am Auge) Strome ausgef\u00fchrt. Die Stromrichtung war also derjenigen des Gegenstromes entgegengesetzt. Letzterer wurde demnach f\u00fcr die Dauer des Schlusses des Reizstromes z. T. kompensiert.\nWie bereits unsere Vorversuche gelehrt hatten, war eine Differenz in der galvanischen Erregbarkeit des hell- und dunkeladaptierten Auges nur dann zu erwarten, wenn der Unterschied in dem Adaptationszustande ein sehr grofser war. Die Erreichung dieses Zieles liefs sich f\u00fcr Dunkeladaptation durch einen lichtdichten Verband, der \u00fcber die Wasserbrille gebunden wurde, unschwer bewerkstelligen. Schwierigkeiten aber machte die Herstellung einer ausreichenden Helladaptation. Wir hatten urspr\u00fcnglich die Absicht gehabt, hierzu das Tageslicht zu verwenden. Die Vp. blickte zwischen jedem Einzelversuch durch die Wasserbrille gegen das helle Fenster. Da aber der Platz der Vp., den sie nicht verlassen konnte, immer in einiger Entfernung vom Fenster sich befinden mufste, auch eine gen\u00fcgende Verdunkelung w\u00e4hrend der Reizung durch denLidschlufs allein nicht erzielt werden konnte,","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber den Einflufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. hl\nmufste eine besondere Beleuchtungsvorrichtung f\u00fcr die Helladaptation angebracht werden. Sie bestand in einem kubischen K\u00e4stchen, an dessen R\u00fcckfl\u00e4che eine kleine Metallfadenlampe von 4 Volt angebracht war. Dieses K\u00e4stchen wurde vor die Wasserbrille aufgesetzt und wie diese durch B\u00e4nder am Hinterkopf befestigt. Zwischen Wasserbrille und Gl\u00fchlampe wurden 2 Mattglasscheiben eingeschoben, um eine m\u00f6glichst gleichm\u00e4fsige Erhellung des Gesichtsfeldes zu erzielen. Durch einen Stromschl\u00fcssel konnte die Lampe nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden. \u00dcber den Kopf der Vp. wurde dann ein lichtdichtes schwarzes Tuch gedeckt, so dafs nach Ausschalten der Beleuchtungslampe vollst\u00e4ndige Dunkelheit herrschte. Je nach den Versuchsbedingungen wurde entweder nur ein Auge oder beide mit einem solchen Beleuchtungsapparat bewaffnet. In letzterem Falle erfolgte dann Hintereinanderschaltung der beiden Lampen, die von einer entsprechenden Zahl von Akkumulatoren gespeist wurden. Die Beleuchtungsst\u00e4rke der Lampe wwirde subjektiv bestimmt, d. h. ein in den Stromkreis miteingeschalteter variabler Widerstand wurde so eingestellt, dafs eine gute Helligkeit der Lampe gegeben war.\nIn die Aufgabe von Versuchsleiter und Versuchsperson teilten wir uns abwechselnd. Der Versuchsleiter hatte zun\u00e4chst die Vp. zu \u201ebandagieren\u201c, d. h. ihr die Wasserbrille und f\u00fcr die Helladaptationsversuche den Lampenkasten vorzubinden. Nach einiger \u00dcbung ging das ziemlich schnell von statten. Die Leitung der eigentlichen Versuche bestand in folgendem: Variierung des Widerstandes Wv, Stromschliefsung und Strom\u00f6ffnung durch den Schl\u00fcssel S 1, Ablesung des Galvanometers nach jedem Einzelversuch sowohl f\u00fcr den Reizstrom wie f\u00fcr den Gegenstrom, bei den Helladaptationsversuchen noch Aus- und Einschalten der Beleuchtungslampe, Protokollf\u00fchrung.\nDie Vp. hatte ihre Aufmerksamkeit auf denjenigen Teil des Gesichtsfeldes zu konzentrieren, in dem die Lichterscheinung aufzutreten pflegte, deren Schwelle bestimmt werden sollte, also\n7 TV >}'\nje nachdem auf die Peripherie, das Zentrum oder den blinden Fleck. Durch ein Kommando des Versuchsleiters, welches 1\u20142 Sekunden vor Eintritt der Reizung gegeben wurde, erfolgte die Aufforderung zur Aufmerksamkeitseinstellung. Bei den Helladaptationsversuchen wurde zuvor noch die elektrische Lampe ausgeschaltet und der Reiz erst 2\u20143 Sekunden nachher appliziert.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nVon Fehlerquellen, welche ber\u00fccksichtigt werden m\u00fcssen, kam zun\u00e4chst der Gegenstrom in Betracht, doch liefs sich dieser Einflufs durch die st\u00e4ndige Kontrolle am Galvanometer ja eliminieren (s. o.). Allerdings verstrich immer eine gewisse Zeit\nzwischen der Reizgebung und der Ablesung am Galvanometer.\n\u2022 \u2022\nDenn zun\u00e4chst wurde der Offnungs- und Schliefsungsblitz appliziert, das Urteil abgegeben, dann der Strom nochmals geschlossen und jetzt erst die Ablesung am Galvanometer vorgenommen. Immerhin war dazwischen die Zeit so kurz, dafs bei der leidlichen Konstanz des Gegenstromes Fehler praktisch auszu-schliefsen sind.\n\u00dcber die Art der Stromverzweigung im Auge und in seiner Umgebung lassen sich sichere Angaben nicht machen. Zweifellos traten aber die Stromf\u00e4den nicht vollkommen parallel in das Auge ein. Doch glauben wir auf Grund der im Abschnitt 6 mitgeteilten Versuche die Frage, ob etwa Stromf\u00e4den eine Erregung auch im anderen Auge ausl\u00f6sen konnten, in verneinendem Sinne beantworten zu d\u00fcrfen.\nSehr st\u00f6rend wirkten bei unseren Versuchen subjektive Momente. Insbesondere kamen sehr unangenehme Sensationen an den Augen selbst und an ihrer Umgebung vor. Der Druck auf die Knochen des Orbitalrandes, den die Wasserbrille und der Beleuchtungkasten aus\u00fcbten, wurde mitunter nach l\u00e4ngerer Zeit unertr\u00e4glich, so dafs er zum Abbrechen der Versuche n\u00f6tigte. Ebenso war zuweilen ein starkes Brennen an der Bindehaut und Hornhaut bemerkbar, offenbar als Folge einer gewissen Reizwirkung der Fl\u00fcssigkeit, vor allem aber durch den Einflufs des Gegenstromes. Suchte die Vp. sich dieser Empfindung durch Blinzeln zu entledigen, so war jedesmal ein erneuter Schmerz die Folge, weil ja durch die Schwankungen des Gegenstromes, welche der Lidschlufs bewirkte, nicht unerhebliche Reize gesetzt wurden. Nur selten kam es vor, dafs der Reizstrom selbst schmerzhaft empfunden wurde. Wir verwendeten n\u00e4mlich nur ausnahmsweise so hohe Stromst\u00e4rken. Bei den Schwellenbestimmungen waren die Stromst\u00e4rken fast stets so gering, dafs sie irgendwelche taktile Sensationen nicht ausl\u00f6sten.\nDie wesentlichsten Schwierigkeiten lagen in der Beurteilung der Gesichtsempfindungen, welche durch die Strom-schliefsung und -\u00d6ffnung, die ja allein f\u00fcr unsere Versuche in","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 *\n\u00fcber den Ein fin fs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 59\nBetracht kamen, bewirkt wurden. Es bedurfte erst ausgedehnter \u00dcbung, um hier zu sicheren Aussagen zu kommen.\n4. Schwellenbestimmungen.\nDas erste Ziel unserer Versuche war es, zu ermitteln, ob ein Unterschied in der H\u00f6he der galvanischen Reizschwelle f\u00fcr das dunkel- und das helladaptierte \u00c4uge besteht oder nicht. Da bei Dauer durchstr\u00f6m ung die galvanischen Gesichtsempfindungen bekanntlich nur eine sehr geringe Eindringlichkeit besitzen, haben wir uns lediglich auf die Beobachtung der Schliefsungs- und \u00d6ffnungsblitze beschr\u00e4nkt. Mit Ausnahme einiger gelegentlicher Versuche benutzten wir zur Reizung stets in das Auge einsteigende Str\u00f6me. Dementsprechend war in der Regel, wie nach den Angaben fr\u00fcherer Untersucher zu erwarten, der Schliefsungsblitz deutlicher wahrnehmbar als der \u00d6ffnungsblitz. Bei den geringen Stromst\u00e4rken, welche wir im allgemeinen benutzten, waren Differenzen in der F\u00e4rbung der Lichterscheinungen bei Stromschliefsung und -\u00d6ffnung nicht immer zu konstatieren, obwohl die Untersuchungen von G. E. M\u00fcller ergeben haben, dafs w\u00e4hrend der Dauer eines aufsteigenden Stromes eine violette, eines absteigenden eine gelbgr\u00fcnlich gef\u00e4rbte Lichterscheinung auftritt (entsprechende Empfindungen zeigen sich bei Schliefsung (violett) und \u00d6ffnung (gelbgr\u00fcn) des aufsteigenden Stromes).\nBei der Lichterscheinung in der \u00e4ufsersten Gesichtsfeldperipherie haben wir derartige F\u00e4rbungsverschiedenheiten niemals wTahrnehmen k\u00f6nnen. Diese Empfindung erschien lediglich als hell. Sie dr\u00e4ngte sich mitunter an der einen, mitunter an einer anderen Stelle des Gesichtsfeldes mehr dem Bewufstsein auf. Vor allem lag es wohl an der Lokalisierung der Aufmerksamkeit auf die eine oder die andere Stelle der Peripherie, dafs der Lichtblitz nicht in gleichem Mafse in der ganzen Zirkumpherenz apperzipiert wurde. Dafs physikalische Faktoren, etwa lokale Differenzen der Stromdichte hierbei in Betracht kamen, ist auszuschliefsen, da ja die Stelle des deutlichsten Erscheinens der Lichtempfindung ihre Lage je nach der Einstellung der Aufmerksamkeit wechselte. Die Schwellenbestimmung war aber hier im allgemeinen trotzdem am leichtesten auszuf\u00fchren, denn es handelte sich ja lediglich darum, anzugeben, ob \u00fcberhaupt etwas wahrgenommen","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nA Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nwurde oder nicht. Es kamen also sozusagen die absoluten Schwellen in Betracht.\nSchwieriger war es zu bestimmen, ob im gegebenen Falle im Zentrum des Gesichtsfeldes eine Lichterscheinung auftrat oder nicht. Da es hierzu erheblich h\u00f6herer Stromst\u00e4rken bedurfte, zeigte sich daneben stets auch eine mehr oder weniger deutliche Erhellung des \u00fcbrigen Gesichtsfeldes. Namentlich K. hatte anfangs einige Schwierigkeiten bei der Abgabe des Urteiles. BeiB. zeigte sich im Zentrum eine leidlich scharf abgegrenzte Lichtscheibe bei Schliefsung, etwas weniger deutlich bei \u00d6ffnung des Stromes. Gleichwohl stimmten die Schwellenwerte in ihrer absoluten H\u00f6he f\u00fcr beide Beobachter befriedigend \u00fcberein. Eine deutliche Differenz in der F\u00e4rbung zwischen Schliefsungs- und \u00d6ffnungsblitz war auch hier nicht oder nur selten wahrnehmbar.\nDie Lichterscheinungen am blinden Fleck zu apperzipieren machte K. anf\u00e4nglich so grofse Schwierigkeiten, dafs es hierzu erst l\u00e4ngerer Vorversuche bedurfte. Dann erfolgten allerdings die Urteile mit derselben Sicherheit wie bei B. Die absoluten Schwellenh\u00f6hen bei beiden Beobachtern sind deshalb auch hier in guter \u00dcbereinstimmung. Der blinde Fleck zeigt sich bei Schliefsung als dunkle Scheibe mit hellem, ausgesprochen violettem Hof, bei \u00d6ffnung als hellgelbliche bis schwach gr\u00fcnlich-gelbe Scheibe mit dunkler Umgebung. H\u00e4ufig konnte bei nahe an der Schwelle stehenden Reizen sowohl die Grenze des hellen Ringes als auch der dunklen Scheibe nicht nach allen Richtungen gleich scharf wahrgenommen werden. Die peripherer gelegenen Abschnitte waren mitunter sehr undeutlich oder auch gar nicht erkennbar.\nAm blinden Flecke zeigte sich der Einflufs des Adaptationszustandes besonders deutlich. Bei Dunkeladaptation waren die Erscheinungen viel aufdringlicher und leuchtender als bei Helladaptation (siehe unten).\nH\u00e4ufig wurden St\u00f6rungen in der Urteilsabgabe bewirkt durch das Auftreten lebhafter subjektiver Phosphene, die sich sowohl im dunkel- wie im helladaptierten Auge namentlich gegen Schlufs der Versuchsreihen zu zeigen pflegten.\nIn der Regel wurde bei jeder Versuchsreihe die Schwelle f\u00fcr alle drei Arten von Lichterscheinungen zu bestimmen gesucht. Hierzu bedurfte es etwa eines Zeitraumes von 3/4 bis 1 Stunde. Zusammen mit der erforderlichen Zeit zur voraus-","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Uber den Einflufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. \u00dfl\ngehenden Dunkel- bzw. Helladaptation w\u00e4hrte also ein Versuch durchschnittlich etwa lx/4 bis 11/.2 Stunden. Meist war damit auch f\u00fcr die Vp. die Grenze des Ertr\u00e4glichen erreicht, obwohl unter g\u00fcnstigen Bedingungen vereinzelt auch 2\u20142V2 Stunden lang hintereinander experimentiert werden konnte.1\nWir verwendeten im Prinzip die Methode der sog. Minimal\u00e4nderungen, d. h. es wurde von einem sicher \u00fcber- oder unterschwelligen Reiz durch die Zone unsicherer Urteile hindurch zu einem sicher unter- bzw. \u00fcberschwelligen Reize vorgegangen. Darauf wurde derselbe Weg nochmals in entgegengesetzter Richtung zur\u00fcckgelegt. Mehr als eine Auf- und Abreihe liefs sich f\u00fcr jeden Versuch nicht ausf\u00fchren. Zur Kontrolle wurde dann noch mitunter der eine oder andere Reiz nachtr\u00e4glich eingeschoben. Die in der Tabelle I verzeichneten Werte sind also aus je einer solchen Versuchsreihe gewonnen.\nAls Beispiel unseres experimentellen Vorgehens sei folgender Einzelversuch in extenso wiedergegeben2 (s. S. 62).\nVersuchsreihe 38.\t18. XI. 11. Vp. K. Doppelseitig\ndunkeladaptiert. Beginn der Adaptation 4 h. 06. Beginn der Versuche 4 h. 30. Rechtes Auge gereizt. 0- Punkt am Galvanometer bei 640 Scalenteilen. Beurteilung des peripheren Blitzes.\nWv\t\tSchliefsung\t\u00d6ffnung\tAusschlag am Galvanometer bei Einschaltung des T, .\t,\tGegenstroms Beizstromes\tKallein\t\t\tDifferenz\t\n10 Ohm\t\tminimal\tminimal\t700,0 Sc.\t709,5\tSc.\t9,5\tSc.\n14\t55\tschwach\tschw\u00e4cher\t693,5 \u201e\t707,0\t55\t13,5\t55\n12\t\u00ab\tschwach\tschwach\t693,5 \u201e\t705,0\t55\t11,5\t55\n10\t55\tminimal\tunsicher\t694,0 \u201e\t704,0\t55\t10,0\t55\n8\t55\tnein\tnein\t697,0 \u201e\t704,0\t55\t7,0\t55\n7\t55\tnein\tnein\t695,5 \u201e\t701,0\t55\t5,5\tn\n8\t55\tnicht ganz un-\tebenso\t693,5 \u201e\t701,0\t\u00bb\t7,5\t\n\t\tm\u00f6glich\t\t\t\t\t\t\n\t\tglaube aber nicht\t\t\t\t\t\t\n9\t55\tminimal\tglaube nicht\t694,5 ,,\t703,0\t55\t8,5\t55\n10\t55\tglaube minimal\twohl nicht\t693,5 ,,\t702,5\t55\t9,0\t55\n11\t55\tminimal\tnoch schw\u00e4cher\t691,5 \u201e\t702,5\t55\t11,0\t55\n12\t55\tminimal\tminimal\t691,0 \u201e\t701,5\t55\t10,5\t55\n13\t55\tJa\tja\t690,5 \u201e\t703,0\t55\t12,5\t55\n1 Vor allem nach so langen Versuchsreihen machte sich ein auch noch mehrere Stunden anhaltendes Tr\u00fcbsehen (Regenbogenfarben um Licht-","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nA. Br\u00fcckner und B. Kirsch.\nAus dem vorstehenden Protokoll w\u00fcrde sich die Schwelle f\u00fcr den Schliefsungsblitz auf 7,5 Skalenteile und f\u00fcr den \u00d6ffnungsblitz auf 9,0 Skalenteile berechnen.\nDie jeweiligen Reizst\u00e4rken lassen sich zun\u00e4chst in Skalenteilen des Galvanometers angeben, w\u00e4hrend sich die absoluten Werte ohne weiteres in Milliamp\u00e8res berechnen lassen, wenn\nman ber\u00fccksichtigt, dafs 1 Skalenteil = ca. -jqq Milliampere\nentspricht (s. o. S. 54).\nBei der Ermittelung der Schwellenwerte wurde in der Weise vorgegangen, dafs in Form einer Tabelle s\u00e4mtliche Urteile als positiv, negativ oder unbestimmt eingetragen wurden. Es war dann ein leichtes, die Schwelle festzustellen : in einem bestimmten Gebiet bestanden unsichere Aussagen; es wurde dann als Schwelle derjenige Mittelwert genommen, der zwischen dem ersten sicher positiven und dem ersten sicher negativen Urteile lag. Mitunter betrug das Gebiet der Indifferenzzone nur 2 Skalenteile. \u00dcber 8 Teilstriche ist sie auch bei den absolut hohen Schwellenreizen nicht hinausgegangen.\n\u2022 \u2022\nDie folgende Tabelle I enth\u00e4lt eine \u00dcbersicht \u00fcber die Schwellenwerte unserer s\u00e4mtlichen Versuche.\nTabelle I.\nDoppelseitige Adaptation.\n\tPeripherie\t\tZentrum\t\tBlinde\tr Fleck\n\thell\tdunkel\thell\tdunkel\thell\tdunkel\np i\t2,5\t9,0\t25,0\t20,0\t32,0\t34,0\n1 B' l\t4,5\t3,5\t20,0\t12,0\t27,5\t23,5\nSchliefsung <\tf\t\t\t35,0\t\t\t\n\t8,0\t5,0\t46,0\t22,0\t65.0\t31,0\nlv-1\t5,5\t7,5\t46,0\t17,0\t45,0\t34,0\n, p J\t3,0\t9,5\t25,0\t27,0\t34,0\t34,0\n( ' *\t4.0\t5,5\t20,0\t20,0\t21,0\t23,5\n\u00d6ffnung <\t\t\t35,0\t\t\t\n1 K. {\t8,0\t5,5\t52,0\t22,0\t70,0\t28,0\n1\t6,0\t9,0\t50,0\t17,0\t45,0\t34,0\nquellen u. \u00e4.) recht st\u00f6rend bemerkbar. Offenbar beruhte das auf einer \u2014 objektiv nicht nachweisbaren \u2014 leichten Aufquellung der Hornhautoberfl\u00e4che. Eine dauernde Sch\u00e4digung blieb nicht zur\u00fcck.\n2 Wie aus dem Protokoll zu sehen, ist bei gleichem Wv, d. h. trotz gleicher St\u00f6pselung mitunter nicht genau der gleiche Galvanometerausschlag","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Uber den Einflnfs des Adaptati071szustand.es auf die Empfindlichkeit usiv. 63\nEinseitige Adaptation.\n\t\tPeripherie\t\tZentrum\t\tBlinder Fleck\t\n\t\thell\tdunkel\thell\tdunkel\thell\tdunkel\n1\t\t6,0\t6,0\t46.0\t13,5\t68,0\t30,0\n\t( B.\t8,0\t6.5\t39,0\t16,0\t52,0\t20,0\nSchliefsung <\tl\t\t\t\t\tI 60,0\t29,0\n\tI\t13.5\t13,0\t52,0\t20,5\t50,0\t33,0\n\t1 K.\t10,5\t10,5\t40.0\t21.0\t51,0\t32,0\nl\t\t8,5\t9,5\t41,5\t21,0\t\t\nl\t\t6,0\t11,0\t47.0\t17,0\t68,0\t32.0\n\tf B* i\t6,5\t11,0\t44,0\t32,0\t52,0\t23,0\n\ti\t\t\t\t\t60,0\t32,0\n\u00d6ffnung <\t\t\t\t\t\t\t\n\ti\t13,5\t13.0\t69,0\t23.0\t\t\n\t1 K. !\t10,5\t10,0\t40,0\t25,0\t50.0\t29,0\n1\t\t9,0\t10.0\t46,0\t21,0\t51,0\t32,0\nWie zu ersehen sind im allgemeinen die Schwellen f\u00fcr den Offnungsblitz etwas h\u00f6her als f\u00fcr den Schliefsungsblitz. Diese Differenz ist aber in der Kegel gering und vielfach inkonstant, so dafs es gerechtfertigt sein d\u00fcrfte, die Schwellenwerte f\u00fcr Offnnngs- und Schliefsungsblitz jeweils zu einem gemeinschaftlichen Durchschnittswerte zusammenzuziehen. In Tabelle II ist das f\u00fcr jede Vp. getrennt geschehen.* 1\n(\u201eDifferenz\u201c) gegeben. Es beruht das darauf, dafs mitunter bei nicht sehr sorgf\u00e4ltigem Einsetzen der St\u00f6psel des Rheostaten leichte Schwankungen in dem Widerstande verursacht wurden. Durch die Galvanometerablesung war es aber m\u00f6glich, diese Fehlerquelle auszuschalten. \u2014 In den Galvanometerausschl\u00e4gen zeigt sich, wie ja oben des n\u00e4heren ausgef\u00fchrt, dafs die Einschaltung des Reizstromes einen R\u00fcckgang des Ausschlages bewirkte, der durch den Gegen-(\u201eElektroden\u201c-)strom verursacht wurde. Beide Str\u00f6me hatten eben entgegengesetzte Richtung.\n1 In absolutem Mafse w\u00fcrden also die Stromst\u00e4rken f\u00fcr die Reizschwelle der Peripherie ca. Vioo bis 1/4c0 Milliamp\u00e8re (s. o. S. 54) betragen. F\u00fcr das Zentrum w\u00e4re die Schwelle bei Helladaptation bei ca. l/8, bei Dunkeladaptation bei ca. Y20, f\u00fcr den blinden Fleck bei 1/1 bzw. V14 Milliamp\u00e8re gelegen. Mit den von fr\u00fcheren Autoren angegebenen Werten l\u00e4fst sich offenbar nur unser Wert f\u00fcr die Peripherie vergleichen, d. h. derjenige f\u00fcr die \u201eabsolute\u201c Schwelle. Velhagen (Archiv f. Augenheilkunde 27, S. 62) gibt hierf\u00fcr Werte von 720 bis l/8 Milliamp\u00e8re, Hoche [Archiv f\u00fcr Psychiatrie 24, S. 642) Werte von %0 bis Vs\u00bb meist Vio bis VI0 Milliamp\u00e8re an. Unsere Werte sind also hinsichtlich der absoluten Schwelle etwas niedriger.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nTabelle II.\nDurchschnittswerte.\n\tPeripherie\t\tZentrum !\t\tBlinde\tr Fleck\n\thell\tdunkel\thell\tdunkel\thell\tdunkel\nDoppelseitige f B.\t3,5\t6,9\t22,5\t20,0\t28,5\t28,5\nAdaptation | K.\t6,0\tF7\t46,0\t19,5\t55,0\t32,0\nEinseitige j B.\t6,6\t8,1\t44,0\t20.0\t69,0\t27,5\nAdaptation ( K.\t9,6\t11,0\t48,0\t22,0\t50,5\t31,5\nEs geht also aus diesen Resultaten zun\u00e4chst mit Sicherheit hervor, dafs die drei Schwellen f\u00fcr die Peripherie, das Zentrum und den blinden Fleck sich durch die absolute H\u00f6he der Reizwerte sehr wohl voneinander unterscheiden lassen. Bei verschiedenem Adaptationszustande verhalten sich diese drei Lichterscheinungen aber durchaus different. Die Werte f\u00fcr den peripheren Blitz zeigen f\u00fcr das hell- und das dunkeladaptierte Auge entweder \u00fcberhaupt keine Differenz oder es erweist sich die Empfindlichkeit des Dunkelauges sogar noch als etwas geringer. \u00dcbereinstimmend ist bei beiden Vpn. ferner zu konstatieren, dafs bei einseitiger Hell- und Dunkeladaptation, w\u00e4hrend das andere Auge sich in entgegengesetztem Adaptationszustande befindet, sowohl f\u00fcr das hell- wie f\u00fcr das dunkeladaptierte Auge die Schwelle relativ erh\u00f6ht ist gegen\u00fcber dem Zustande beiderseits gleicher Adaptation. Immerhin sind die Differenzen z. T. nicht grofs. Auch die Einzelwerte (Tab. I) sind zu schwankend, um nach dieser Richtung schon bindende Schl\u00fcsse ziehen zu wollen. Eines l\u00e4fst sich aber mit Sicherheit entnehmen, dafs f\u00fcr den peripheren Blitz die Dunkel adaptation sicher keine Steigerung der Empfindlichkeit bewirkt. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Angaben G. E. M\u00fcllers, der offenbar nur den peripheren Blitz untersucht hat.\nAnders liegt aber die Sache bei den Schwellen f\u00fcr das Zentrum und den blinden Fleck. Hier ist ein Einflufs des Adaptationszustandes auf die Schwellenh\u00f6he deutlich ausgesprochen, freilich bei beiden Beobachtern in verschiedener Weise. W\u00e4hrend K eine Erh\u00f6hung der Schwelle f\u00fcr das Hellauge sowohl bei doppelseitiger als einseitiger Adaptation zeigt, kommt bei B diese Erh\u00f6hung nur bei einseitiger Helladaptation zum","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Uber den Einflu\u00df des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 65\nAusdruck. Beide Beobachter aber weisen etwa die gleiche absolute H\u00f6he der Schwellen auf: Es ist im allgemeinen die Hellschwelle f\u00fcr K und die Schwelle f\u00fcr einseitige Helladaptation f\u00fcr B etwa doppelt so hoch als die Dunkelschwelle bzw. f\u00fcr B auch die Schwelle bei doppelseitiger Helladaptation. Dieses Ergebnis war nicht vorauszusehen. Es kam uns selbst \u00fcberraschend, da wir die Ausrechnung der Versuche erst Vornahmen, als sie in der Hauptsache bereits abgeschlossen waren. Es l\u00e4fst sich also aus diesem Resultat ein Einflufs des Adaptationszustandes f\u00fcr die Empfindlichkeit des Auges gegen\u00fcber galvanischen Reizen mit Sicherheit entnehmen. Die Empfindlichkeitssteigerung bei Dunkeladaptation ist allerdings hier von einer vollkommen anderen Gr\u00f6fsenordnung als gegen\u00fcber dem ad\u00e4quaten Lichtreize. W\u00e4hrend sie dort eine, f\u00fcr periphere Netzhautteile bis ins tausendfache gehende Empfindlichkeitssteigerung bewirkt, verh\u00e4lt sich hier die Empfindlichkeitssteigerung etwa wie 1 : 2, und zwar sowohl f\u00fcr das Zentrum, als auch f\u00fcr den peripher gelegenen blinden Fleck. Ob in der Differenz zwischen den beiden Beobachtern hinsichtlich ein- und doppelseitiger Adaptation lediglich eine zuf\u00e4llige individuelle Eigent\u00fcmlichkeit des einen oder anderen zu sehen ist, oder ob wir es hier mit zwei getrennten Typen zu tun haben, mufs erst noch durch weitere Untersuchungen klar gestellt werden. Vorl\u00e4ufig haben wir keine weitere Vp. finden k\u00f6nnen, welcher wir die grofsen Unbequemlichkeiten derartiger Versuche zumuten durften.\n5. Vergleichende Beobachtungen zwischen hell- und dunkeladaptiertem Auge.\nDas Resultat der im vorigen Abschnitt mitgeteilten Versuche bietet eine Best\u00e4tigung der eingangs erw\u00e4hnten Beobachtung \u00fcber die Sichtbarkeit des blinden Fleckes bei ungleichem Adaptationszustande beider Augen. Wir haben nun in dieser Richtung noch durch sukzessiven Vergleich \u00fcberschwelliger, etwa gleichstarker Reize bei einseitiger Hell- und Dunkeladaptation eine weitere Erh\u00e4rtung dieses Ergebnisses zu erzielen gesucht. Es war also bei diesen Beobachtungen das eine Auge stets in guter Hell-, das andere in guter Dunkeladaptation.\nZeitsckr. f. Sinnesphysiol. 47.\n5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nA. Br\u00fcckner und B. Kirsch.\n\u2022 \u2022\nF\u00fcr diese Versuche mufste eine geringe \u00c4nderung in der Apparatur vorgenommen werden. Zun\u00e4chst mufste jedes Auge mit einer Wasserbrille versehen werden, die je mit einem stromzuf\u00fchrenden Draht armiert war. Diese beiden Dr\u00e4hte waren \u00fcber eine Wippe ohne Kreuz gef\u00fchrt, durch deren Umlegung der Strom abwechselnd dem rechten oder dem linken Auge zugef\u00fchrt werden konnte. Als indifferente Elektrode benutzten wir wieder das oben erw\u00e4hnte Glasgef\u00e4fs mit Kochsalzl\u00f6sung, in welches die rechte Hand eintauchte. Im \u00fcbrigen war die Versuchsanordnung identisch mit der oben beschriebenen. Bei der Reizgebung wurde folgende Reihenfolge beobachtet.\n1.\tSchliefsung und \u00d6ffnung an einem Auge,\n2.\tUmlegen der Wippe,\n3.\tSchliefsung und \u00d6ffnung am zweiten Auge,\n4.\tAblesung des Galvanometers f\u00fcr Reiz- und Gegenstrom am zweiten Auge,\n5.\tZur\u00fccklegen der Wippe,\n6.\tAblesung des Galvanometers f\u00fcr Reiz- und Gegenstrom am ersten Auge.\nZur Innehaltung dieser Reihenfolge zwang zun\u00e4chst der Umstand, dafs die zu vergleichenden Reize am einen und anderen Auge m\u00f6glichst schnell hintereinander appliziert werden mufsten, anderenfalls w\u00e4re ein vergleichendes Urteil unm\u00f6glich gewesen. Deshalb mufste die Galvanometerablesung f\u00fcr beide Augen an den Schlufs des Versuchs gelegt werden. Ferner wurde bei dieser Versuchsfolge das Umlegen der Wippe m\u00f6glichst selten\nausgef\u00fchrt. Jedesmal n\u00e4mlich, wenn die Wippe ihre Lage ver-\n\u2022 \u2022\n\u00e4nderte, erfolgte eine \u00d6ffnung des Gegenstromes an dem einen und eine Schliefsung desselben an dem anderen Auge. Dabei kam es, da der Gegenstrom \u00fcberschwellig war, sowohl zu starken Gesichtsempfindungen, als auch zu h\u00f6chst unangenehmen Sensationen schmerzhafter Art am Auge. Durch jedesmaligen auf Kommando erfolgenden Lidschlufs konnten diese Empfindungen zwar abgeschw\u00e4cht aber doch nicht ganz vermieden werden. Die Summation dieser unangenehmen Sensationen bewirkte deshalb erhebliche St\u00f6rungen.\nDadurch, dafs zwischen der experimentellen Reizung des einen und des anderen Auges durch \u00d6ffnen und Schliefsen des Gegenstroms starke Gesichtsempfindungen ausgel\u00f6st wurden,, war nat\u00fcrlich das Urteil wesentlich erschwert. Nach einiger","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber clen Einflufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 67\n\u2022 \u2022\n\u00dcbung gelang es aber, diese St\u00f6rungen zu eliminieren und die Urteile \u00fcber die vier in Betracht kommenden Empfindungen mit gen\u00fcgender Sicherheit abzugeben (f\u00fcr jedes Auge je ein Schliefsungs- und \u00d6ffnungsblitz). Es wurde dabei stets das Urteil f\u00fcr alle vier Reize innerlich fertig gebildet und dann erst zu Protokoll gegeben. Der Gegenstrom hielt sich trotz des unvermeidlichen wiederholten \u00d6ffnens und Schliefsens an jedem Auge w\u00e4hrend einer Versuchsreihe im allgemeinen auf ziemlich konstanter H\u00f6he, wenn auch seine absolute St\u00e4rke an beiden Augen verschieden war. Es kamen hier Differenzen bis zu 20 Galvano-meter-Skalenteilen vor.\nAls Beispiel m\u00f6ge folgendes Protokollst\u00fcck angef\u00fchrt sein. Versuchsreihe 42. 27. XI. 11. Versuchsperson B. Rechts dunkel-, links helladaptiert. O-Punkt des Galvanometers bei 641.\nWv\tSchliefsung\t\u00d6ffnung\tGalvanometerausschlag bei\t\tDifferenz\n\t\t\tReizstrom\tGegenstrom\t\nR 40 Ohm\t1. Blinder Fleck sehr deutlich, auchZentrum deutlich.\t2. Blinder Fleck sehr deutlich, auf Zentrum nicht geachtet.\t689 Sc.\t751 Sc.\t62 Sc.\nL 34 Ohm 1\t3. Blinder Fleck schwach, viel kleiner als r.\t4. Ebenso wie 3. 1\t682 \u201e\t750\t\u201e\t68 \u201e\n(Gesamteindruck L. viel schw\u00e4cher als R.)\nR40 Ohm\nL 40 Ohm\n1. Blinder Fleck 2. \u00c4hnlich, blinJ 681 Sc\nsehr sch\u00f6n mit gr. hellem Hof. Deutliche Gesamterhellung.\n3. Schwache Ge-samterhellung, wesentlich schw\u00e4cher als 1, blinder Fleck : schwa cher heller Saum.\nder Fleck : helle Scheibe,\n4. Etwa ebenso wie 3.\n673\n>)\n750 Sc.\n69 Sc.\n751\n\u00bb\n78\n>>\nR 40 Ohm\n1. Blinder Fleck 2. Etwa ebenso, deutlich,auch Zentrum und Gesamterhellung.\nL 32 Ohm\n3. Blinder Fleck unsicher, glaube ja,sehr schwache Gesamterhellung.\n4. Blinder Fleck etwas deutlicher, sonst etwa ebenso wie 3, viel schw\u00e4cher als 2.\n680 Sc.\n688\n750 Sc.\t70 Sc.\n752 \u201e\t64 H\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nWv\nR 40 Ohm\t1. Deutliche Gesamterhellung, blinder Fleck deutlich.\t2. Ebenso, blinder Fleck helle Scheibe, durchaus deutlich.\t1 683 Sc. I\t751 Sc.\t68 Sc.\nL 34 Ohm\t3. Schwache Gesamterhellung, glaube schw\u00e4cher als 1, bl, Fleck glaube I nicht.\t4. Blinder Fleck schwach sonst\tetwa ebenso wie 3.\t684\t\u201e\t|\t752\t\u201e\t68 \u201e\nR 40 Ohm\t11. Sehr deutlich Zentrum, bl. Fleck auch deutlich.\t2. Bl. Fleck sehr deutlich,auch Gesamterhellung.\t683 Sc.\t751 Sc.\t68 Sc\nL 34 Ohm\t3. Unsicher, ob Zentrum, bl. Fleck wohl ganz schwach.\t4. Gesamterhellung, blinder Fleck etwas deutlicher als 3.\t684\t\u201e\t751\t\u201e\t67\t\u201e\n(3,4 viel weniger imponierend als 1,2.)\nSchliefsung\t\u00d6ffnung\tGalvanometerausschlag ! bei\n\t\tReizstrom Gegenstrom\nDifferenz\n(Deutlich 3.4 viel schw\u00e4cher als 1,2.)\nR 34 Ohm\t1. Zentrum deutlich, blinder Fleck auch deutlich.\t2. Etwa ebenso.\t694\tSc.\t752\tSc.\nL 30 Ohm\t3. Etwa ebenso wie 1, vielleicht etwas schw\u00e4cher.\t4. Glaube kein Zentrum, bl. Fleck wohl auch schw\u00e4cher als 2.\t692\t\t753\t? ?\nR 34 Ohm\t1. Deutlich Zentrum, blinder Fleck auch deutlich, Gesamterhellung.\t2. Etwa ebenso.\t693\tSc.\t752\tSc.\nL 30 Ohm\t3. Viel schw\u00e4cher als 1, blinder Fleck ! glaube da. 1\t4. Blinder Fleck sehr schwach, insgesamt viel schw\u00e4cher als 2.\t691\tV\t751\t\u00bb\n58 Sc.\n61\n59 Sc.\n60\nWie man sieht, ist f\u00fcr m\u00f6glichste Abgleichung der Reize beider Augen gesorgt worden. Es liefs sich das durch entsprechendes Schalten in Wv erreichen.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Tiber den Einflufs des Adaptations zustandes auf die Empfindlichkeit usio. 69\nDie Versuche lehren, dafs bei gleichstarken \u00fcberschwelligen Reizen das dunkeladaptierte Auge stets eine wesentlich deutlichere Empfindung vermittelt als das helladaptierte. Dieses \u00e4ufsert sich nicht nur in der Helligkeit des Eindrucks, sondern auch in seiner vermehrten Detaillierung oder r\u00e4umlichen Ausdehnung. So kann z. B. im Hellauge fast ausschliefslich der periphere Blitz wahrgenommen werden, w\u00e4hrend das Dunkelauge auch noch Lichtempfindungen im Zentrum oder in der Gegend des blinden Fleckes vermittelt. Liegen aber die Reize nahe an der absoluten Schwelle (siehe oben), wurde also lediglich der periphere Blitz gesehen, so konnte jetzt ein in Betracht kommender Unterschied zwischen den Eindr\u00fccken des Hell- und Dunkelauges nicht mehr wahrgenommen werden. Dieses bildet eine Best\u00e4tigung der Ergebnisse von Abschnitt 4.\nBei etwas l\u00e4nger dauernder Einwirkung des galvanischen Stromes zeigte sich die \u00dcberlegenheit des Dunkelauges mitunter auch darin, dafs z. B. Lichterscheinungen im Gebiete des blinden Fleckes bei gegebener Stromst\u00e4rke l\u00e4nger wahrnehmbar blieben als im Hellauge.\nDiese Versuche bringen eine Erweiterung der bei Schwellenreizen gefundenen Resultate. Sie stehen im Widerspruch zu den Angaben von Nagel und Cords, welche unter diesen Bedingungen eine Differenz zwischen Hell- und Dunkelauge nicht konstatieren konnten. Vielleicht beruht das darauf, dafs die genannten Autoren Reize verwendeten, die nahe an der absoluten Schwelle standen, bei denen also lediglich der periphere Blitz zur Ausl\u00f6sung gelangte. In diesem Falle haben ja auch wir einen Unterschied nicht finden k\u00f6nnen.\n6. SummationsTersuche.\nBekanntlich hat Piper 1 gefunden, dafs bei doppelseitiger Dunkeladaptation eine Summation der Eindr\u00fccke beider Augen statthabe, d. h. dafs sich die Helligkeiten der von jedem Auge vermittelten Empfindungen addieren. Dementsprechend ist f\u00fcr das Dunkelauge der Schwellenwert bei ein\u00e4ugiger Beobachtung etwa doppelt so hoch wie bei doppel\u00e4ugiger. Im helladaptierten Auge findet eine derartige Summation nicht statt.\n1 Zeitschrift f\u00fcr Psychologie, 31 u. 32.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nA. Br\u00fcckner und B. Kirsch.\nEs lag nahe, dieser Frage auch mit unserer Methode nachzugehen. Unschwer liefs sich mit derselben bald nur eines, bald beide Augen galvanisch reizen. Es galt dann festzustellen, ob hinsichtlich einer Summation der Empfindungen Differenzen zwischen hell- und dunkeladaptierten Augen bestanden oder nicht. Die Versuchsanordnung schlofs sich eng an die fr\u00fchere an. Sie war nur insofern vereinfacht, als die Galvanometerablesung fortgelassen werden konnte. Figur 3 erl\u00e4utert die Anordnung schematisch f\u00fcr ein Auge. E ist das Element, WJc der konstante Widerstand, Wv der variable Widerstand im ersten Stromkreise, der durch den Schl\u00fcssel S 1 geschlossen werden kann. Von Wv geht ein Stromzweig zur Wasserbrille an dem einen Auge der Versuchsperson, w\u00e4hrend die eine Hand mittels des Wasserbeh\u00e4lters mit dem anderen Ende von Wv verbunden ist. Genau die gleiche Anordnung war noch einmal f\u00fcr das zweite Auge und die andere mit dem Auge gleichnamige Hand vorhanden. Durch Schliefsung des einen oder anderen \u201e ersten\u201c Stromkreises konnten also beliebig das eine oder das andere Auge oder bei gleichzeitigem Schlufs beider Kreise beide Augen simultan gereizt werden.\nNat\u00fcrlich war es m\u00f6glich, dafs Stromf\u00e4den von dem einen \u201ezweiten\u201c Stromkreise auch durch den anderen \u201ezweiten\u201c Stromkreis liefen, da ja der K\u00f6rper eine Verbindung zwischen beiden herstellte. Ebenso konnten Stromf\u00e4den nicht nur das eine Auge, sondern auch das andere Auge bzw. dessen Sehbahn durchfliefsen. Es w\u00e4re also m\u00f6glich gewesen, dafs eine Steigerung der Helligkeit bei doppel\u00e4ugiger Reizung nicht ohne weiteres f\u00fcr eine Summationswirkung gesprochen h\u00e4tte. Die gr\u00f6fsere Helligkeit des Eindrucks h\u00e4tte ja davon herr\u00fchren k\u00f6nnen, dafs Stromschleifen vom andern Stromkreise in dem zuerst allein gereizten Auge eine Verst\u00e4rkung des Reizes und damit auch eine Erhellung der Empfindung bewirkten. Ein Schlufs in dieser\nFig. 3.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"I\u00bb\nUber den Einfiufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw.\nFrage konnte also nur dann gezogen werden, wenn sich Differenzen hinsichtlich des Auftretens der Summationserscheinungen bei dunkel- und helladaptierten Augen ergaben. Da in beiden F\u00e4llen die physikalischen Bedingungen vollkommen identisch waren, liefs sich eine Differenz nur auf den verschiedenen Adaptationszustand beziehen.\nDie Versuche wurden in der Weise angestellt, dafs unmittelbar hintereinander ein einfacher und ein Doj>pelreiz gegeben wurde. Die Versuchsperson hatte dann eine Aussage dar\u00fcber zu machen, ob und welche von beiden Paaren von Empfindungen \u2014 je ein Schliefsungs- und \u00d6ffnungsblitz \u2014 heller waren. In der Methodik schlossen wir uns also der von v. Frey f\u00fcr die Pr\u00fcfung der Summation auf dem Gebiete des Hautsinnes angegebenen an.1 Am sichersten h\u00e4tte sich das Vorhandensein einer Summation nachweisen lassen, wenn jeder Peiz des Einzelauges f\u00fcr sich unterschwellig war, beide zusammen aber sich zu einer \u00fcberschwelligen Empfindung addierten. Wir haben das auch zuweilen beobachten k\u00f6nnen. Bei st\u00e4rker unterschwelligen Reizen aber w\u00e4re es sehr wohl m\u00f6glich gewesen, dafs trotz einer Summationswirkung der Erregung bei doppel\u00e4ugiger Reizwirkung die Empfindung immer noch unterschwellig blieb. Infolgedessen haben wir uns in der Hauptsache mit \u00fcberschwelligen Reizen besch\u00e4ftigt und hier auf die gr\u00f6fsere oder geringere Helligkeit der Empfindung geachtet. Es wurde durch Variierung des konstanten Widerstandes Wh in den beiden prim\u00e4ren Stromkreisen zun\u00e4chst immer daf\u00fcr gesorgt, dafs bei gleichem Wv die Reize jedem Einzelauge m\u00f6glichst gleich erschienen, ev. wurde eine weitere Korrektur durch \u00c4nderung des Wv w\u00e4hrend der Versuche bewirkt. Um uns vor suggestiven Beeinflussungen bei Abgabe des Urteils nach M\u00f6glichkeit zu sch\u00fctzen, wurde neben Einschaltung von Vexierversuchen die Reizfolge \u2014 ein\u00e4ugiger, doppel\u00e4ugiger Reiz \u2014 stets variiert.\nEine gewisse Schwierigkeit bildete die vollkommen simultane Bedienung der Stromschl\u00fcssel bei der Schliefsung und \u00d6ffnung der ,,ersten\u201c Stromkreise bei Doppelreizung. Nach einiger \u00dcbung des Versuchsleiters war aber eine praktisch hinreichende Exaktheit in diesem Punkte zu erzielen. Der Versuchsperson wurde\n1 Siehe Br\u00fcckner : Die Raumschwelle bei Simultanreizung, Zeitschrift f\u00fcr Psychologie, 26.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nnur ganz ausnahmsweise durch sukzessives zweimaliges Aufblitzen die mangelhafte Gleichzeitigkeit beim Schlufs beider Stromkreise bemerkbar. Um auch Beeinflussungen durch den Geh\u00f6rsinn auszuschalten, verwendeten wir statt des mit Ger\u00e4usch sich schliefsenden du Bois-REYMONDschen Schl\u00fcssels absolut ger\u00e4uschlose Quecksilberschl\u00fcssel.\nF\u00fcr das Urteil wurde fast aussehliefslich der Schliefsungsblitz bei jeder Reizung verwendet. Es wurde dabei stets nur auf die Helligkeit des Eindrucks geachtet, denn bei Doppelreizung war mitunter keine H eiligkeitsdifferenz gegen\u00fcber dem Einzelreiz wahrzunehmen, wohl aber eine gr\u00f6fsere Ausdehnung der Lichterscheinung im Gesichtsfelde. Derartige Wahrnehmungen wurden stets zu Protokoll gegeben, die F\u00e4lle aber als negativ, nicht f\u00fcr Summation sprechend gez\u00e4hlt.\nBei etwas zu hohen Stromst\u00e4rken machte sich die Sichtbarkeit des blinden Fleckes, der je nachdem nur einfach oder doppelt erkennbar wurde, sehr st\u00f6rend bemerkbar. Deshalb durfte man mit der Stromst\u00e4rke nicht so hoch hinauf gehen, dafs der blinde Fleck sichtbar wurde.\nTrotz aller Kautelen war es mitunter der Versuchsperson doch mit ziemlicher Sicherheit m\u00f6glich, richtig anzugeben, welches Auge oder ob beide gereizt wurden, und zwar auf Grund der vorwiegenden Rechts- oder Linkslage der Lichterscheinungen. Diese Urteile wurden ebenfalls protokolliert. Die Versuchsperson ist aber stets bem\u00fcht gewesen, sich von diesem Kriterium bei der Bildung des Urteils nicht leiten zu lassen, sondern sich lediglich nach der gr\u00f6fseren oder geringeren Helligkeit des Eindruckes zu richten.\nTabelle III.\nSummation in\n1\tfi-\tK.\t16\t+\t24 \u2014\t40%\nhell\t2.\tK.\t16\t+\t33 \u2014\t33%\n\t|8-\tB.\t25\t+\t38 \u2014\t\u25baP- o o\n1\tu.\tB.\t39\t+\t40 \u2014\t49%\n1\tr 5.\tK.\t55\t+\t31 \u2014\t64%\ndunkel\t! 6.\tK.\t51\t+\t23 \u2014\t69%\n\tI7'\tB.\t42\t+\t8 \u2014\t84%\n1\t^ 8.\tB.\t34\t\t6 \u2014\t85%\nDurchschnittlich Summation in\n40,5 %\n75,5 %\nWir haben f\u00fcr jeden von uns je zwei Versuchsreihen bei hell- und dunkeladaptiertem Auge angestellt. Eine weitere Ver-","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Einflu\u00df des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 73\nmehrung der Versuche schien uns bei der Eindeutigkeit der Resultate nicht erforderlich, war auch aus \u00e4ufseren Gr\u00fcnden nicht mehr m\u00f6glich. Die vorstehende Tabelle III gibt eine \u00dcbersicht \u00fcber die Versuche. Nicht gez\u00e4hlt sind diejenigen zweifelhaften F\u00e4lle, bei denen infolge zu geringer Reizst\u00e4rke sowohl die Einzelreize als auch die Doppelreize unterschwellig blieben.\nWie man sieht, ist eine deutliche Differenz in der H\u00e4ufigkeit der Summation vorhanden: Bei Dunkeladaptation ist sie etwa doppelt so h\u00e4ufig \u2014 durchschnittlich in 75,5 \u00b0/0 der F\u00e4lle \u2014 als bei Helladaptation, wo sie durchschnittlich in etwas weniger als der H\u00e4lfte der F\u00e4lle (40,5 %) eintrat.\nHierbei mufs man aber noch die Qualit\u00e4t der Urteile ber\u00fccksichtigen. Bei Dunkeladaptation wurde in der Regel die doppel\u00e4ugige Reizung als wesentlich heller wie die ein\u00e4ugige bezeichnet. Bei Helladaptation wurde in den F\u00e4llen, wo die Doppelreizung heller erschien, das Urteil nur als: unsicher, etwas heller oder dergleichen abgegeben. Wir k\u00f6nnen also auch aus unseren Versuchen entnehmen, dafs eine Differenz zwischen hell- und dunkeladaptiertem Auge bez\u00fcglich der Reizsummation bei binokularer Reizung besteht: Bei Helladaptation ist keine Summation gegeben, bei Dunkeladaptation ist sie zweifellos vorhanden. In welchem Verh\u00e4ltnis die Summation stattfindet, l\u00e4fst sich freilich aus unseren Versuchen nicht entnehmen.\n7. Schlufsbemerkungeii.\nDie vorstehend mitgeteilten Versuche haben ergeben, dafs der Adaptationszustand des Auges f\u00fcr die Empfindlichkeit gegen\u00fcber galvanischen Reizen nicht ohne Einflufs ist. Allerdings ist der Nachweis nicht f\u00fcr die absolute Schwelle gef\u00fchrt worden, wenn wir unter dieser die minimale \u00fcberhaupt eine Empfindung ausl\u00f6sende Stromst\u00e4rke verstehen. Die Lichterscheinungen finden sich hierbei aber in der \u00e4ufsersten Peripherie des Gesichtsfeldes. Nun ist bekannt, dafs die entsprechenden peripheren Netzhautbezirke nur mit grofsen Schwierigkeiten ausreichend f\u00fcr hell zu adaptieren sind. Es bedarf hierzu einer das ganze Gesichtsfeld einnehmenden hellbeleuchteten Fl\u00e4che, unter Umst\u00e4nden noch der Zuhilfenahme von Augenbewegungen. Beides war aber bei unseren Versuchsbedingungen nicht ang\u00e4ngig. Vielmehr war gerade die \u00e4ufserste Gesichtsfeldperipherie durch den Rahmen der","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nA. Br\u00fcckner und B. Kirsch.\nWasserbrille verdunkelt, eine eigentliche Helladaptation der Netzhautperipherie war also unausf\u00fchrbar. M\u00f6glicherweise beruht demnach das Fehlen einer Empfindlichkeits Zunahme bei Dunkeladaptation in diesen Netzhautteilen darauf, dafs eine gen\u00fcgende Empfindlichkeits v e r m i n d e r u n g durch Helladaptation sich nicht erzielen liefs. Ob die geringe Erh\u00f6hung der Schwellen, die wir f\u00fcr das Dunkelauge hier mitunter zu verzeichnen hatten, etwa auf einer durch Kontrast gesteigerten Empfindlichkeit dieser Netzhautpartien im Hellauge zu beziehen ist oder ob andere, vorl\u00e4ufig nicht erkennbare Momente in Betracht kommen, mag dahingestellt bleiben.\nSehen wir aber von dem peripheren Blitz ab, so haben wir eine zweifellose Beeinflussung der galvanischen Reizschwelle durch den Adaptationszustand. Bei K. war die Erniedrigung der Schwelle sowohl bei einseitiger wie bei doppelseitiger Dunkeladaptation gleich deutlich ausgesprochen, w\u00e4hrend bei B. eine Erh\u00f6hung der Schwelle nur bei einseitiger Helladaptation konstatiert werden konnte. Bei ihm stimmten die Schwellen bei doppelseitiger Hell- und doppelseitiger Dunkeladaptation \u00fcberein. Die Stromst\u00e4rken, die bei Hell- und bei Dunkeladaptation bei beiden Beobachtern eine eben merkliche Empfindung ausl\u00f6sten, verhielten sich wie 2:1, d. h es bedurfte im helladaptierten Auge (f\u00fcr B. nur bei einseitiger Adaptation g\u00fcltig) einer etwa doppelt so hohen Stromst\u00e4rke, um eine eben merkliche Empfindung an den betreffenden Stellen des Gesichtsfeldes auszul\u00f6sen wie bei Dunkeladaptation. Diese Verh\u00e4ltniszahl ist von einer ganz anderen Gr\u00f6fsenordnung wie diejenige bei der ad\u00e4quaten Lichtreizung unter den gleichen Bedingungen. Hier steigt ja die Empfindlichkeit des Dunkelauges auf das mehrtausendfache gegen\u00fcber derjenigen des Hellauges. Es m\u00fcssen also in beiden F\u00e4llen ganz andersartige Momente f\u00fcr die Empfindlichkeitssteigerung in Betracht kommen. Etwas sicheres l\u00e4fst sich freilich hier\u00fcber noch nicht sagen.\nVor allem mufs betont werden, dafs die Empfindlichkeitssteigerung f\u00fcr das Zentrum (Macula) und eine exzentrische Partie (Blinder Fleck) die gleiche ist, ein Verhalten, welches bei dem ad\u00e4quaten Lichtreiz keineswegs gegeben ist.\nAuffallend ist es auch, dafs die beiden Werte f\u00fcr Hell- und Dunkelauge sich ziemlich genau wie 2 :1 verhalten. Es ist deshalb","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Tjber den Einflufs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 75\nnaheliegend anzunehmen, dafs hier dieselben oder \u00e4hnliche Faktoren eine Rolle spielen, welche bei der binokularen Verschmelzung der Eindr\u00fccke beider Augen in Frage kommen. Pipee (a. a. 0.) hat ja gefunden, dafs bei Dunkeladaptation eine Reizsummation stattfindet, die bei Helladaptation fehlt. Feilchen-eeld und Loeseb 1 haben dieses Ergebnis best\u00e4tigt. Es kann diese Verschiedenheit bei Hell- und Dunkeladaptation wie schon Pipee betont, nur auf Differenzen der ErregbarkeitsVerh\u00e4ltnisse in zentralen Teilen der Sehbahn beruhen. Feilcheneeld und Loeseb (a. a. 0. S. 106) nehmen hierf\u00fcr eine Differenz in den Reizleitungsbahnen des Zapfen- und St\u00e4bchenapparates an.\nUnsere Versuche d\u00fcrften sich freilich der letzten theoretischen Auffassung kaum f\u00fcgen. Das gefundene Reizverh\u00e4ltnis bei Hellund Dunkeladaptation gilt n\u00e4mlich sowohl f\u00fcr die Lichterscheinung im Zentrum des Gesichtsfeldes als auch f\u00fcr die Erscheinungen in der Gegend des blinden Fleckes. Erstere w\u00fcrde ihrer Lage nach wenigstens zum gr\u00f6fsten Teil dem st\u00e4bchenfreien Bezirk der Netzhaut entsprechen, w\u00e4hrend die Ph\u00e4nomene am und um den blinden Fleck, der ja seine eigene Sichtbarkeit lediglich durch Kontrast erh\u00e4lt, ausgel\u00f6st werden durch Erregung von angrenzenden St\u00e4bchen und Zapfen bzw. von deren zentralen Vertretern. In beiden F\u00e4llen aber ist das Verh\u00e4ltnis der Empfindlichkeit des Dunkel- und Hellauges das gleiche. Dieser Umstand w\u00fcrde also daf\u00fcr sprechen, dafs die Reizbedingungen sich in gleicher Weise f\u00fcr alle Bahnen, sowohl f\u00fcr diejenigen, welche den St\u00e4bchen als auch f\u00fcr die, welche den Zapfen korrespondieren, \u00e4ndern.\nWir m\u00fcssen also Umstimmungserscheinungen in den zentralen Teilen der Sehbahn annehmen, welche zwar in Abh\u00e4ngigkeit von der Beleuchtung des perij>heren Organes stehen, aber eine gewisse Selbst\u00e4ndigkeit besitzen. Welcher Art diese Vorg\u00e4nge sind, ist nat\u00fcrlich noch unklar. Man mufs sie aber wohl als eine Form von Hemmung, etwa als Erh\u00f6hung der Widerst\u00e4nde f\u00fcr die Erregungsleitung bei Helladaptation und dementsprechend als Verminderung der Leitungswiderst\u00e4nde bzw. als Wegfall von Hemmungen bei Dunkeladaptation sich vorstellen.\nEs mufs unentschieden bleiben, an welcher Stelle der Sehbahn diese Art der Umstimmungserscheinungen etwa ihren Sitz\n1 v. Gr\u00e4fes Archiv f\u00fcr Ophthalmologie, 60, S. 97.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\nhat. Jedenfalls kann sie nicht peripher vom Corpus geniculatum externum gelegen sein. In diesem kommt ja zum erstenmal eine durch Ganglienzellen vermittelte Verbindung der von beiden Augen herr\u00fchrenden Fasern zustande.\nEbenso m\u00fcssen wir darauf verzichten, eine Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Differenzen zwischen B. und K. zu geben (vgl. S. 64 f.). Ob es sich hier lediglich um zuf\u00e4llige individuelle Unterschiede oder um zwei Typen handelt, mufs erst die weitere Erfahrung lehren. Bemerkenswert w\u00e4re jedenfalls die \u00dcbereinstimmung der beiden Typen bez\u00fcglich der oben unter Abschnitt 6 geschilderten Summationsversuche bei Hell- und Dunkeladaptation. Diese V ersuche besitzen auch insofern Interesse, als sie in ihrem Ergebnis mit den von Piper mit ad\u00e4quater Heizung angestellten \u00fcbereinstimmen: Summation der doppel\u00e4ugigen Erregungen bei Dunkeladaptation, keine Summation bei Helladaptation. Wir haben, zwar quantitativ nicht bestimmbar, aber qualitativ das gleiche gefunden. Es beweist dieses, dafs die Art der Reizung, ob ad\u00e4quat oder inad\u00e4quat hier gleichg\u00fcltig ist. Es mufs also der galvanische Reiz unterhalb oder mindestens in der Zone angreifen, wo wir die Bedingungen f\u00fcr die binokulare Reizaddition zu suchen haben. G. E. M\u00fcller hat die St\u00e4bchen und Zapfenschicht als den Ort angesprochen, wo der galvanische Reiz in Nervenerregung umgesetzt wird. Da er bei Dunkeladaptation eine Empfindlichkeitssteigerung nicht finden konnte, glaubte er den Schlufs ziehen zu d\u00fcrfen, dafs der Sehpurpur der Adaptationsstoff sei, denn dieser werde durch galvanische Durchstr\u00f6mung nicht zersetzt. Ohne uns dem Gedankengange M\u00fcllers anschliefsen zu wollen, werden wir auf Grund unserer Versuche sagen m\u00fcssen: Die Empfindlichkeitssteigerung gegen\u00fcber galvanischen Reizen bei Dunkeladaptation ist von einer ganz anderen Gr\u00f6fsenanordnung als gegen\u00fcber dem ad\u00e4quaten Lichtreiz. Sie mufs deshalb wohl auch auf ganz verschiedenen Bedingungen beruhen.\nWir gelangen demnach mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu dem Schlufs, dafs die Vorg\u00e4nge, welche die Reizsummation sowohl bei ad\u00e4quater wie bei inad\u00e4quater Reizung bei Dunkeladaptation zustande kommen lassen, sich an anderen Stellen abspielen m\u00fcssen als diejenigen Prozesse, welche die Empfindlichkeitssteigerung gegen\u00fcber dem ad\u00e4quaten Reiz bewirken. Letztere sind wohl im peripheren Organ zu suchen, w\u00e4hrend jene sich in zentralen Teilen der Sehbahn finden.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Einfhifs des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit usw. 77\nWir m\u00fcfsten also bei dem Adaptationsprozefs zwei an getrennten Orten sich abspielende UmstimmungsVorg\u00e4nge annehmen (vgl. hierzu v. Kries in Nagels Handbuch, Bd. 3, S. 265 und auch Cords a. a. 0.).\nZusammenfassung.\n1.\tDie bisher zur messenden Bestimmung der Empfindlichkeit des Auges gegen\u00fcber galvanischen Reizen benutzten Methoden sind nicht als exakt genug zu betrachten. Insbesondere nehmen sie zu wenig R\u00fccksicht auf den Wechsel des Widerstandes an den Ein- und Austrittsstellen des Stromes in den K\u00f6rper.\n2.\tDiese Fehlerquellen lassen sich nur ausschalten, wenn f\u00fcr jeden Reiz unter Ber\u00fccksichtigung eines etwa vorhandenen Gegen-(K\u00f6rper- oder Elektroden-)stromes die Stromst\u00e4rken exakt mit Hilfe eines Galvanometers bestimmt werden.\n3.\tAls zweckm\u00e4fsigste Elektroden haben sich uns Fl\u00fcssigkeitselektroden erwiesen : Wasserbrille am gereizten Auge und Wasserkasten, z. B. an einer Hand.\n4.\tEs lassen sich ohne Schwierigkeiten an drei verschiedenen Stellen im Gesichtsfelde \u2014 Peripherie, Zentrum, blinder Fleck \u2014 distinkte Lichterscheinungen bei Schliefsungs- und Offnungsblitzen voneinander unterscheiden. Die niedrigste Schwelle besitzt die Peripherie, dann folgen Zentrum und blinder Fleck.\n5.\tEin Einflufs des Adaptationszustandes auf die Schwellenh\u00f6he liefs sich nur f\u00fcr Zentrum und blinden Fleck nachweisen. F\u00fcr die Peripherie ist dieser Nachweis noch nicht gegl\u00fcckt, vielleicht wegen der Schwierigkeit, die peripheren Netzhautteile gen\u00fcgend f\u00fcr hell zu adaptieren.\n6.\tDie Unterschiede in der galvanischen Empfindlichkeit bei verschiedenem Adaptationszustande k\u00f6nnen sich bei einzelnen Individuen nur zeigen, wenn das eine Auge hell-, das andere dunkeladaptiert ist. Bei beiderseits gleichem Adaptationszustande ist dann eine Differenz in der Schwrellenh\u00f6he f\u00fcr das hell- und dunkeladaptierte Auge nicht nachzuweisen. Ob es sich hierbei um einen besonderen Typus handelt, bedarf weiterer U ntersuchungen.\n7.\tDie Schwellenreize f\u00fcr das hell- und das dunkeladaptierte Auge verhalten sich sowohl f\u00fcr das Zentrum (Macula) als f\u00fcr den blinden Fleck hinsichtlich der erforderlichen Stromst\u00e4rken","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nA. Br\u00fcckner und R. Kirsch.\netwa wie 2:1, hierin liegt eine prinzipielle Differenz gegen\u00fcber dem ad\u00e4quaten Lichtreize.\n8.\tDie von Piper gefundene Reizsummation bei binokularer Erregung durch den ad\u00e4quaten Lichtreiz und Dunkeladaptation l\u00e4fst sich auch bei galvanischer Reizung konstatieren. Im Verein mit der relativen Schwellenh\u00f6he f\u00fcr das dunkel- und helladaptierte Auge bei galvanischer Reizung erscheint der Gedanke Pipers gerechtfertigt, in diesen Tatsachen den Ausdruck einer Stimmungs\u00e4nderung in zentralen Teilen der Sehbahn zu erblicken.\n9.\tDie grofse absolute Differenz zwischen der Empfindlichkeitssteigerung des dunkeladaptierten Auges gegen\u00fcber der galvanischen und der ad\u00e4quaten Reizung l\u00e4fst die Deutung zu, dafs hier zwei verschiedene Vorg\u00e4nge der Empfindlichkeitssteigerung zugrunde liegen m\u00fcssen. Der eine Prozefs, der vor allen Dingen f\u00fcr den ad\u00e4quaten Reiz in Betracht kommt, w\u00e4re mit Wahrscheinlichkeit im peripheren Organ, der andere in zentralen Abschnitten der Sehbahn zu suchen.","page":78}],"identifier":"lit33612","issued":"1913","language":"de","pages":"46-78","startpages":"46","title":"\u00dcber den Einflu\u00df des Adaptationszustandes auf die Empfindlichkeit des Auges f\u00fcr galvanische Reizung","type":"Journal Article","volume":"47"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:48:38.942618+00:00"}