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Die Wirkung von Wärme und Kälte auf die einzelnen Ampullen des Ohrlabyrinths der Taube, festgestellt mit Hilfe neuer Methoden

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{"created":"2022-01-31T13:57:37.409357+00:00","id":"lit33622","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Popp, Heinrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 47: 352-376","fulltext":[{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\n(Aue dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Strafsburg.)\nDie Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen des Ohrlabyrinths der Taube, festgestellt\nmit Hilfe neuer Methoden.\nVon\nHeinrich Popp.\nSeitdem Goltz 1 die Bedeutung der Bogeng\u00e4nge des Ohrlabyrinths als Gleichgewichtsapparat erkannt hat, versuchte man auf verschiedenen Wegen die Funktionen dieser Bogeng\u00e4nge durch Experimente an Tieren kennen zu lernen. Man bediente sich dazu der mechanischen, chemischen, elektrischen und thermischen Reizung des Labyrinths. W\u00e4hrend man nun durch die drei ersten Methoden klare Resultate erzielte, war dies bei der thermischen Reizung nicht der Fall. Die verh\u00e4ltnism\u00e4fsig wenigen Versuche, die bis heute in dieser Beziehung angestellt wurden, sind teilweise sehr widersprechend, wie man dies leicht aus dem folgenden \u00dcberblick, der nur diejenigen Autoren anf\u00fchrt, wTelche sich mit thermischer Reizung besch\u00e4ftigt haben, ersehen kann.\nDer erste, der eine thermische Einwirkung auf die Bogeng\u00e4nge wahrnahm, war Bornhardt. 2 Zwar hatten schon vorher Schmiedekam und Hensen bei Versuchen \u00fcber die Belastungsst\u00e4rke des Trommelfells bei Einf\u00fchrung von kaltem Wasser gewisse Bewegungen gesehen, mafsen denselben aber keine weitere Bedeutung bei. Bornhardt f\u00fchrte seine Versuche der Mehrzahl nach an Tauben aus, einige wenige auch an jungen Kaninchen.\n1\tFr. Goltz: \u00dcber die physiologische Bedeutung der Bogeng\u00e4nge des Ohrlabyrinths. (.Pfl\u00fcgers Archiv 3, S. 172 ff.)\n2\tBornhardt: Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Physiologie der Bogeng\u00e4nge des Ohrlabyrinths. (.Pfl\u00fcgers Archiv 3, S. 471 ff.)","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usw. 353\nEr ber\u00fchrte mit einem gl\u00fchenden Eisendrahte den freigelegten Canalis externns der einen Seite, wobei der Kopf sich nach der anderen Seite wandte, um nach Entfernung des Drahtes wieder in seine normale Stellung zur\u00fcckzukehren. Die Augen bewegten sich hierbei stofsweise nach der versengten Seite. Bei Versengung der Horizontalkan\u00e4le trat Nystagmus des Kopfes nach der entgegengesetzten Seite ein, d. h. die ruckweisen schnelleren Bewegungen des Kopfes fanden nach der nicht operierten Seite statt. Auch den Canalis posterior versengte er, w-obei das Auge der versengten Seite sich mehrmals nach dem Schnabel zu und wieder zur\u00fcck bewegte. Bemerkenswert ist, dafs der Kopf einen Nystagmus nach unten ausf\u00fchrte, der in derselben St\u00e4rke bis zur T\u00f6tung des Tieres zwei Stunden lang fortdauerte. Bornhardt fand auch schon, dafs nach Blendung der Tiere der Nystagmus deutlicher zutage trat. Auch durch K\u00fchlen des Canalis posterior mit Eis erzielte Bornhardt Zuckungen der Augenlider und des Kopfes, jedoch ohne eine bestimmte Richtung. Bei Atherisation1 2 des Canalis posterior tritt ein Hinten\u00fcberwerfen des Kopfes nach derselben Seite auf. Bei Atherisation des Canalis externus der\nlinken Seite sieht Bornhardt Reitbahnbewegungen nach links\n\u2022 \u2022\nauftreten, w\u00e4hrend Atherisation des Canalis externus der rechten Seite Reitbahnbewegungen nach beiden Seiten ausl\u00f6st.\nIm Gegens\u00e4tze dazu hat Spamer 2 nach Atherisation nichts-Besonderes beobachtet. Bei der Ver\u00f6dung der Gef\u00e4fse mit einer gl\u00fchenden Nadel oder einem Platindrahte sah der genannte Autor heftige Bewegungen und Zuckungen des Kopfes nach allen Seiten eintreten, Erscheinungen, welche seiner Ansicht nach wohl von der Hitzeinwirkung abgeleitet werden k\u00f6nnen, die aber auch vielleicht als Schmerz\u00e4ufserungen zu deuten w\u00e4ren. Spamer macht noch besonders darauf aufmerksam, dafs irgendwelche Nebenverletzungen sicher ausgeschlossen seien. Er sagt selbst, \u201edafs man nach Wegbrennen der Kan\u00e4le h\u00e4ufig noch l\u00e4ngere Zeit hindurch ein \u00f6fteres, \u00e4ufserlich nicht motiviertes Zucken des Kopfes oder Zusammenfahren des ganzen K\u00f6rpers beobachtet\u201c. Er hat auch eine wechselnde Umdrehungsrichtung beobachtet \u201ein der\n1\tBornhardt nimmt offenbar an, dafs es sich bei diesen Versuchen um eine Wirkung der Abk\u00fchlung durch die Verdunstung des \u00c4thers handelt.\n2\tSpamer: Experimenteller und kritischer Beitrag zur Physiologie der halbkreisf\u00f6rmigen Kan\u00e4le. (Pfl\u00fcgers Archiv 21, S. 479 ff.)","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nHeinrich Popp.\nWeise, dafs eine Zeitlang solche nach der gesunden Seite besteht, dann aber fast ausnahmslos wieder solcher nach der verletzten Seite hin Platz macht\u201c.\nDie Versuche, die Baginsky1 2 anstellte, wurden von ihm nicht zur Beobachtung der thermischen Reizung gemacht, sondern nur gelegentlich seiner Versuche \u00fcber die Wirkung der Drucksteigerung in der Paukenh\u00f6hle. Er verwandte hierzu Fl\u00fcssigkeiten von wechselnder Temperatur, wobei ihm auffiel, dafs bei gleichem Drucke, aber verschiedener Temperatur, die auftretenden Erscheinungen sich nicht immer in derselben Weise zeigten, oder manchmal auch ganz ausblieben. Letzteres war z. B. der Fall, wenn Wasser von K\u00f6rpertemperatur der betreffenden Versuchstiere (es handelte sich meist um Kaninchen) unter geringem Drucke eingespritzt wurde. Erst bei starkem Drucke trat ein Nystagmus nach der operierten Seite auf. \u201eEs fiel aber dabei auf, dafs die Erscheinungen, sowohl an Dauer wde an Intensit\u00e4t, nicht die St\u00e4rke erreichten, wie bei der Einspritzung von kaltem Wasser.\u201c Nach Baginsky sind \u201ef\u00fcr die Erzeugung der Schwindelerscheinungen zwei Faktoren notwendig. Einmal ein gewisser Druck und zweitens ein Reiz, der gesetzt werden kann entweder durch die chemische Beschaffenheit der Fl\u00fcssigkeiten oder durch ihre niedere Temperatur oder endlich durch den hohen Druck der warmen indifferenten Fl\u00fcssigkeiten.\u201c Dafs auch warme Fl\u00fcssigkeiten \u00fcber K\u00f6rperw\u00e4rme unter geringem Drucke einen Reiz aus\u00fcben k\u00f6nnen, ist dem betreffenden Untersucher nicht aufgefallen.\nErst Kubo 2 versuchte bei Tauben die Bogeng\u00e4nge auch mit warmem Wasser zu reizen, dadurch, dafs er Wasser von 62 bis 70\u00b0 C auf die freigelegten Bogeng\u00e4nge spritzte, wobei er dann einen horizontalen Nystagmus erhielt. F\u00fchrte er den Versuch mit Wasser von 14\u201415\u00b0 aus, so trat ein horizontaler Nystagmus nach der anderen Seite auf. Bei Kaninchen, welche auf dem Bauche lagen, brachte er mit einer Spritze kaltes Wasser in den \u00e4ufseren Geh\u00f6rgang, wobei er manchmal einen typischen hori-\n1\tB. Baginsky: \u00dcber die Folgen von Drueksteigerung in der Paukenh\u00f6hle und die Funktion der Bogeng\u00e4nge. (Du Bois: Archiv f\u00fcr Phys. 1881, S. 201 ff.\n2\tI. Kubo: \u00dcber die vom N. acusticus ausgel\u00f6sten Augenbewegungen (besonders bei thermischen Reizungen). I. Mitteilung: Pfl\u00fcgers Archiv 114-, S. 143ff. II. Mitteilung: Pfl\u00fcgers Archiv 115, S. 467ff.","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usw. 355\nzontalen Augennystagmus sah, d. h. der Bulbus der ausgespritzten Seite ging langsam nach dem Ohre der gleichen Seite hin, dann rasch nach der Nase, w\u00e4hrend der Bulbus der anderen Seite sich langsam nach der Nase, ruckweise nach dem Ohre zu bewegte. Drehte Kubo nun w\u00e4hrend der Nystagmusbewegungen das Tier so um, dafs es auf den R\u00fccken zu liegen kam, dann ver\u00e4nderte sich der Nystagmus derart, dafs der Bulbus der gereizten Seite nun nicht mehr nach der Nase zu seine ruckweisen schnelleren Bewegungen ausf\u00fchrte, sondern nach dem Ohre zu. Bei Einspritzung von heifsem Wasser fand Kubo, dafs in Bauchlage ein horizontaler Nystagmus nach dem Ohre stattfand, der bei R\u00fcckenlage in Nystagmus nach der Nase zu umschlug.\nNach ihm l\u00e4fst sich vom \u00e4ufseren Geh\u00f6rgange aus bei Tauben durch Ausspritzen mit warmem oder kaltem Wasser kein Nystagmus erzeugen. Die Reizung der einzelnen Bogeng\u00e4nge f\u00fchrte ur derart aus, dafs er mit einem kalten oder heifsen Metallst\u00e4bchen die betreffenden Bogeng\u00e4nge ber\u00fchrte, wobei er fand, dafs W\u00e4rme und K\u00e4lte einander entgegengesetzte Wirkungen aus\u00fcben.\nSeine Ergebnisse sind kurz folgende. Ber\u00fchrung des Canalis externus mit kaltem St\u00e4bchen ergibt einen horizontalen Nystagmus der Augen, dessen ruckweisen Bewegungen auf der gereizten Seite nach dem Schnabel hin gerichtet sind. Die Anlegung eines heifsen Metallst\u00e4bchens zeigt einen horizontalen Nystagmus nach dem Ohre hin erfolgend. Wird der Canalis posterior durch K\u00e4lte gereizt, so entsteht ein vertikaler Nystagmus nach unten auf der gereizten Seite, w\u00e4hrend W\u00e4rmereizung desselben Kanals einen Nystagmus nach oben auf der gereizten Seite bewirkt. Bei dem Canalis anterior l\u00e4fst sich nach Kubo kein deutlicher Nystagmus weder mit K\u00e4lte noch mit W\u00e4rme nachweisen. Es treten rotatorische Bewegungen auf, deren Richtung aber, wie er selbst zugibt, sowohl bei W\u00e4rme, wie auch bei K\u00e4lte entweder im Sinne des Uhrzeigers oder auch entgegengesetzt dem Sinne des Uhrzeigers, erfolgt. Bei Zerst\u00f6rung der Bogeng\u00e4nge erhielt Kubo noch Reaktionen des Vestibularapparates nach Einspritzung von kaltem und heifsem Wasser. Erst nach Zerst\u00f6rung der Ampullen blieb jede Reaktion aus. Kopfnystagmus hat Kubo, wie aus seiner Arbeit hervorgeht, nicht beobachten k\u00f6nnen, weil er bei seinen Versuchen den Schnabel der Tauben mit der Hand festhielt. Nur bei der Reizung des ganzen Vestibularapparates mit","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nHeinrich Popp.\nkaltem Wasser erw\u00e4hnt er, dafs \u201esogenannter Kopfnystagmus\u201c bei Freilassen des Kopfes eingetreten ist, macht jedoch keine n\u00e4here Angabe, nach welcher Seite der Kopf abwich und in welcher Richtung der Kopfnystagmus geschlagen hat.\nSeine Versuche an Kaninchen, betreffend die Reizung der einzelnen Bogeng\u00e4nge mit warmem oder kaltem Metallst\u00e4bchen, haben nach seinen eigenen Angaben nicht so deutliche Resultate ergeben wie die Tauben. Doch findet er, dafs \u201edie W\u00e4rme wirksamer sei als die K\u00e4lte ; oftmalige Applikation von K\u00e4lte hemmt die Reflexbewegungen\u201c.\nBei seinen Versuchen an Fischen hatte Kubo mit thermischen Reizen nur wenig Erfolg; er kommt deshalb zu folgendem Schl\u00fcsse: Die Vestibularapparate der Fische reagieren sehr schlecht auf thermische Reizung; die K\u00e4lte wirkt fast gar nicht.\nSchon vor Kubo hatte Breuer 1 bei seinen Experimenten an Tauben auf thermischem Wege eine Reizung der Bogeng\u00e4nge herbeizuf\u00fchren, die Beobachtung gemacht, dafs die W\u00e4rme manchmal eine Umkehr der Bewegungen, die er bei K\u00e4ltereiz erhielt, bewirkt. Wenn er n\u00e4mlich Eiswasser auf die Ampulla posterior der linken Seite brachte, so neigte sich der Kopf nach links hinten oder rechts vorne. Es ist allerdings nicht recht verst\u00e4ndlich, warum Breueb bei der Reizung der Ampullen auf einer Seite Kopfbewegungen nach beiden Richtungen erhielt. K\u00fchlte er auf derselben Seite die Ampulla horizontalis mit einem Metallstabe ab, so drehte sich der Kopf in der Horizontalebene nach links oder rechts. F\u00fchrte er dieselben Versuche mit einem Galvanokauter aus, so erhielt er, wie schon erw\u00e4hnt, eine Neigung des Kopfes nach den entgegengesetzten Richtungen. Auch bemerkte er, dafs die Kopfbewegungen immer in der Ebene des betreffenden gereizten Kanals zustande kamen.\nAuch Bartels 2 fand bei seinen Versuchen an Kaninchen, denen er die Ohren mit kaltem und warmem Wasser ausspritzte, um die isolierten Muskelaktionen beim Nystagmus kennen zu lernen, eine entgegengesetzte Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf den Ohrapparat. Er f\u00fchrte seine Untersuchungen derart aus, dafs er nach Enucleatio bulbi an dem freipr\u00e4parierten\n1\tBreuer: Neue Versuche an den Ohrbogeng\u00e4ngen. {Pfl\u00fcgers Archiv 44, S. 135 ff.)\n2\tBartels: \u00dcber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat. Mitteilung III: Graefes Arch, f\u00fcr Ophth. 78, 1. Heft.","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usw. 357\nM. externus einen baden befestigte. Dieser Faden wurde nun mit einem Schreibhebel verbunden, welcher auf einem Kymo-graphion schrieb. Wurde nun kaltes Wasser in den \u00e4ufseren Geh\u00f6rgang, z. B. der linken Seite eingespritzt, so entstand durch den M. ext. dext. eine Kurve derart, dafs man zuerst ein langsames Sinken sah, dem ein steiler Anstieg folgte. \u201eAuf Einspritzen von kaltem Wasser in das linke Ohr erschlaffte also der rechte Externus langsam um sich dann wieder pl\u00f6tzlich heftig zu kontrahieren ; das erste ist die langsame, das zweite die schnelle Phase des Nystagmus, die beide sich in der Kurve oft wiederholen.\u201c Nach Einspritzen von warmem Wasser in das linke Ohr erhielt Bartels einen langsamen Anstieg, dagegen einen steilen Abfall, was einer Umkehr der vorigen Kurve entspricht.\nDies sind die wenigen Versuche, welche bisher an Tieren \u00fcber die Wirkung des thermischen Nystagmus ausgef\u00fchrt wurden. An Menschen wurde der Einflufs von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die Richtung des Nystagmus zuerst von Baraxy 1 festgestellt. Seine Untersuchungen f\u00fchrte er in der Weise aus, dafs er das Ohr der zu untersuchenden Personen bei aufrechter Kopfhaltung einige Zeit hindurch mit Wasser von niedriger oder h\u00f6herer Temperatur, als die K\u00f6rpertemperatur betr\u00e4gt, ausspritzte. Hierbei fand er, dafs, wenn Wasser von 20 Grad Celsius in den \u00e4ufseren Geh\u00f6rgang gebracht wurde ein horizontal-rotatorischer Augennystagmus nach der anderen Seite eintrat; hatte das Wasser K\u00f6rpertemperatur, so erhielt er nichts. Wurde dagegen etwas w\u00e4rmeres Wasser als K\u00f6rpertemperatur angewandt, so trat der Nystagmus nach derselben Seite auf.\nAn anderer Stelle 1 2 warnt er allerdings aus gewissen Gr\u00fcnden vor der alleinigen klinischen Anwendung der kalorimetrischen Funktionspr\u00fcfung, da die K\u00e4lte resp. die W\u00e4rme zu ungleich auf die einzelnen Teile des Vestibularapparates wirke. Doch kommen andererseits B\u00e4r\u00e4ny und Wittmaack3 wieder zu dem\n1\tBarany: Physiologie und Pathologie des Bogengangapparates bei Menschen. Leipzig und Wien 1907 bei Fr. Deutike (S. 26 ff.).\n2\tB\u00e2r\u00e2ny : Weitere Untersuchungen \u00fcber den vom Vestibularapparat des Ohres reflektorisch ausgel\u00f6sten rhythmischen Nystagmus und seine Begleiterscheinungen (Monatsschr f. Ohrenheilk. 1907, Heft 9).\n3\tBAR\u00c4NYund Wittmaack: Funktionelle Pr\u00fcfung des Vestibularapparates. Bef. Verh. d. Deutsch. Otolog. Gesellsch. 1911 (S. 64 ff.).","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nHeinrich Popp.\nSchl\u00fcsse, dafs die Funktionspr\u00fcfung des Ohres mit Hilfe des kalorischen Nystagmus sehr erleichtert werde. W\u00e4hrend Wittmaack erw\u00e4hnt, dafs es ihm allerdings noch nicht gegl\u00fcckt sei, bei keiner Kopfstellung einen rein vertikalen Nystagmus mit Hilfe der kalorischen Erregung auszul\u00f6sen, bemerkt Barany, dafs er rein vertikalen Nystagmus nach abw\u00e4rts bei heifser Sp\u00fclung \u00f6fters beobachtet habe. Bei kalter Sp\u00fclung habe er auch in einigen sehr seltenen F\u00e4llen rein vertikalen Nystagmus nach aufw\u00e4rts gesehen.\nDie Theorie \u00fcber Endolymphbewegung durch Temperaturdifferenzen in der Endolymphe und zwar innerhalb des ganzen Kanals, welche von Barany zuerst aufgestellt worden ist, wird von Br\u00fcnings 1 genauer auseinander gesetzt. Zur Erkl\u00e4rung dieser Theorie dienen die Str\u00f6mungserscheinungen, welche auf-treten, wenn man ein mit Wasser gef\u00fclltes Gef\u00e4fs auf einer Seite z. B. am Boden erw\u00e4rmt. Die erw\u00e4rmte Fl\u00fcssigkeit bewegt sich nun vom Boden nach der Oberfl\u00e4che. Dreht man das Gef\u00e4fs um, so wird das warme Wasser sich jetzt von der Oberfl\u00e4che nach dem Boden zu bewegen. Eine ebensolche Umkehr findet entsprechend bei Abk\u00fchlung statt. Br\u00fcnings zeigt nun, wie die Endolymphbewegungen in den einzelnen Bogeng\u00e4ngen verschieden ausfallen, je nachdem der Kopf geradeaus, nach oben, unten, rechts oder links gerichtet ist. Es ist jedoch zu bemerken, dafs \u2014 wTie auch oben angef\u00fchrt \u2014 schon Kubo nachgewiesen hat, dafs auch noch nach Zerst\u00f6rung der Bogeng\u00e4nge der Vestibularapparat auf thermische Reizung reagiert, was jedenfalls sehr gegen diese Theorie zu sprechen scheint. Auch hat in bezug auf diese Schwierigkeit Br\u00fcnings bis jetzt noch keine Stellung genommen.\nDie weiteren sehr zahlreichen Versuche \u00fcber kalorischen Nystagmus am Menschen k\u00f6nnen wir, da sie unserem Zwecke nicht dienen, f\u00fcglich \u00fcbergehen, und wollen nur Kallmann 1 2 anf\u00fchren, der in der Einleitung seiner Arbeit eine \u00dcbersicht \u00fcber die Untersuchungen und klinischen Studien, welche am Menschen von den verschiedensten Autoren ausgef\u00fchrt wurden, zusammenstellt.\n1\tBe\u00fcnings: Beitr\u00e4ge zur Theorie, Methodik und Klinik der kalorimetrischen Funktionspr\u00fcfung des Bogengangapparates. (Zeitschr. f. Ohrenheilkunde 63, Heft 1\u20142.)\n2\tKallmann: \u00dcber kalorischen Nystagmus und seine Pr\u00fcfung durch Einblasung kalter Luft. (Passows Beitr\u00e4ge V., Heft 2.)","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usiv. 359\nKritik der bisherigen Methoden.\nEs handelt sich bei den Versuchen, den Einflufs von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf den Bogengangapparat zu bestimmen, allein darum, die Ampullen zu erw\u00e4rmen und abzuk\u00fchlen. Denn nach den Versuchen von Ewald 1 sind die h\u00e4utigen Bogeng\u00e4nge Temperaturunterschieden gegen\u00fcber v\u00f6llig unempfindlich, was nicht weiter zu verwundern ist, da sie keine Nerven besitzen. Wenn andere Autoren in dieser Beziehung zu anderen Ansichten gekommen sind, so erkl\u00e4rt sich dies ebenfalls aus den oben angef\u00fchrten Versuchen Ewalds. Letzterer Autor benutzte zur Feststellung dieser Verh\u00e4ltnisse das von ihm angegebene Pr\u00e4parat der Br\u00fccke: Es wurde auf einer mehrere Millimeter langen Strecke allein der kn\u00f6cherne Bogengang entfernt, w\u00e4hrend der darin befindliche h\u00e4utige Bogen, ohne dafs er verletzt oder auch nur ber\u00fchrt wurde, frei stehen blieb. Auf diese Weise war es m\u00f6glich, mit einem kleinen Galvanokauter die Wand des h\u00e4utigen Bogenganges direkt zu ber\u00fchren, und es zeigte sich, dafs immer nur dann eine Reaktion des Tieres eintrat, wTenn infolge der Einwirkung der Hitze sich ein Dampfbl\u00e4schen im Inneren des Bogenganges bildete, also immer erst in dem Fall, dafs eine Verschiebung der Endolymphe bewirkt wurde.\nEs m\u00fcssen also die Ampullen der Bogeng\u00e4nge der Temperatureinwirkung unterworfen werden, und da diese bei Tauben (bei denen man am besten derartige Untersuchungen anstellen kann, und auf die wir uns im folgenden ausschliefslich beziehen) nur eine Seitenfl\u00e4che von etwa 2 bis 3 qmm besitzen und aufser-dem fast unmittelbar benachbart nebeneinander liegen, so ergeben sich daraus ganz besondere technische Schwierigkeiten, welche dadurch noch besonders erh\u00f6ht werden, dafs diese winzigen Gebilde ja nicht frei an der Oberfl\u00e4che liegen, sondern in der Tiefe der von uns hergestellten Wundh\u00f6hle.\nL\u00e4fst man einen Wassertropfen, einen heifsen oder einen kalten, in die Ohrh\u00f6hle fallen, so gen\u00fcgt dieses Fl\u00fcssigkeitsquantum, um alle drei Ampullen gleichzeitig der betreffenden Temperatur auszusetzen. Denn es werden durch einen einzelnen Tropfen s\u00e4mtliche drei Ampullen unter Wasser gesetzt, und wollte\n1 Ewald, I. R. : Physiologische Untersuchungen \u00fcber das Endorgan des N. octavus. Wiesbaden 1892 Verlag v. Bergmann (S. 211, Versuch 66)\u201e","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nHeinrich Popp.\nman besonders kleine Wassertr\u00f6pfchen anwenden, so w\u00fcrde man diese doch nicht an der Wand einer bestimmten Ampulle fest-halten k\u00f6nnen. Schon aus diesem Grunde ist das Einbringen von besonders temperierten Fl\u00fcssigkeitsmengen vollst\u00e4ndig zu verwerfen, denn es kommt ja gerade darauf an lokalisiert nur eine bestimmte Ampulle und nicht alle gleichzeitig dem kalorischen Reize zu unterwerfen. Man mufs auch beachten, dals es nicht m\u00f6glich ist, die Temperatur der eingef\u00fchrten Fl\u00fcssigkeit zu bestimmen. Das heifse Wasser k\u00fchlt sich in nicht zu \u00fcbersehender Weise ab, das kalte erw\u00e4rmt sich, und da doch auch die Einwirkung durch die Knochenwand der Ampulle und vor allen Dingen durch die Perilymphe hindurch erfolgen mufs, so wird man sich \u00fcber die n\u00f6tigen Temperaturschwankungen, die zur Ausl\u00f6sung einer Reaktion erforderlich sind, auch nicht einmal ganz ungef\u00e4hre Vorstellungen machen k\u00f6nnen.\nNicht viel g\u00fcnstiger lagen die Verh\u00e4ltnisse bei den Versuchen, die man mit erw\u00e4rmten oder abgek\u00fchlten Dr\u00e4hten angestellt hat. Um eine einzelne Ampulle mit einem Drahte zu ber\u00fchren, mufs dieser entweder \u00fcberhaupt ziemlich d\u00fcnn sein, oder wenigstens am Ende eine Spitze haben. Welche Temperatur der Draht an seinem Ende besitzt, wenn man ihn gl\u00fccklich durch die Wunde hindurch mit der Ampulle in Ber\u00fchrung gebracht hat, ist gar nicht anzugeben. Bei derartigen Versuchen kann man auch leicht durch die mechanische Erregung der Ampulle, die durch das Anschl\u00e4gen des St\u00e4bchens an die Ampulle hervorgebracht wird, get\u00e4uscht werden. Denn ob dabei eine Geh\u00f6rsempfindung oder sonst eine Empfindung irgendwelcher Art ausgel\u00f6st wird, jedenfalls k\u00f6nnen durch Beklopfen einer Ampulle Bewegungen des Tieres hervorgerufen werden.\nF\u00fcr ein Eisst\u00fcckchen gilt ungef\u00e4hr dasselbe, was wTir schon oben \u00fcber die Applikation des kalten Wassers gesagt haben. Teilweise hat man freilich dabei auch mit den Schwierigkeiten zu k\u00e4mpfen, die sich bei dem Andr\u00fccken der Metallst\u00e4be ergeben.\nGegen die \u00c4theriasation ist noch besonders einzuwenden, dafs der \u00c4ther ebenso wie das Chloroform1 offenbar spezifisch auf den Bogengangsapparat ein wirken. Es kommt aber bei allen\n1 Vgl. die Angaben in Friedmanns Arbeit: \u00dcber k\u00fcnstliche Reizung des Ohrlabyrinths. Diss. 1901 Strafsburg.","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ayyipullen usiv. 361\ndiesen \\ ersuchen noch ein Umstand in Betracht, der von aller* gr\u00f6fster Wichtigkeit ist, ja geradezu bestimmend f\u00fcr die Methode sein mufs. Man kann n\u00e4mlich derartige Versuche nur an dem ungefesselt freistehenden Tiere anstellen, wie dies Ewald bei seinen V ersuchen mit dem pneumatischen Hammer zuerst getan hat, und es entstand daher f\u00fcr uns die Aufgabe, eine Methode zu ersinnen, die gestattet, die Versuche\n1.\tan der freistehenden Taube,\n2.\tlokalisiert an der einzelnen Ampulle,\n3.\tunter Kontrolle der wirklich angewandten Temperatur auszuf\u00fchren.\nMethodik.\nI. Der an die Ampulle angelegte Gummiballon.\nEs wurde ein runder Gummiballon (Fig. la) hergestellt, der ein kleines konisches Ansatzst\u00fcck besafs, um ihn am Ende einer Metallkan\u00fcle (Fig. lb) befestigen zu k\u00f6nnen. Die Befestigung\nFig. 1.\ngeschah mit Hilfe einer Fadenligatur. Die Kan\u00fcle bestand nun in der Art wie die Doppelkatheter aus zwei R\u00f6hren, die beide, sich aneinanderschmiegend, im Ansatzst\u00fcck des Ballons endigten, am anderen Ende aber etwas voneinander abgebogen waren, so dafs sie leicht mit zwei ganz d\u00fcnnen Gummischl\u00e4uchen (Fig. 3a u. b) in Verbindung gebracht werden konnten. Man konnte also Wasser durch die eine R\u00f6hre in den Gummiballon einfliefsen lassen, und dieses Wasser flofs dann durch die andere Rohre wieder ab.\nDie Zuleitung des Wassers geschah von einem Druekgef\u00e4fs aus, welches sich 80 cm \u00fcber dem Tische befand. Von diesem Gef\u00e4fse ging ein Gummischlauch von 3 mm Lumen bis in die N\u00e4he der Taube, dann aber war er mit einem sehr d\u00fcnnen Gummischlauche von nur 0,7 mm Lumen verbunden, der direkt zu dem","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nHeinrich Popp.\neinen Ast der Doppelkan\u00fcle f\u00fchrte. Letzterer Schlauch hatte etwa die L\u00e4nge von 15 cm. Ein zweites gleiches Druckgef\u00e4fs befand sich in derselben H\u00f6he \u00fcber dem Tisch, und es konnte auch von ihm aus das Wasser dem d\u00fcnnen Gummischlauche zugeleitet werden, so dafs man mit Hilfe von Schlauchklemmen nach Belieben von dem einen mit warmem Wasser gef\u00fcllten Ge-f\u00e4fse aus oder von dem anderen, das kaltes Wasser enthielt, den kleinen Gummiballon speisen konnte.\nDer Abflufs aus dem zweiten Aste der Doppelkan\u00fcle geschah ebenfalls wie der Zulauf durch ein St\u00fcck des sehr d\u00fcnnen Gummischlauches hindurch, der auch seinerseits in einen weiten Gummischlauch \u00fcberging und dann in einem kleinen Glasgef\u00e4fse mit einer \u00dcberlauf r\u00f6hre endigte. In den Druckgef\u00e4fsen sowohl wie auch in diesem letztgenannten \u00dcberlaufgef\u00e4fse befanden sich Thermometer. Die Temperatur des warmen Wassers wurde durch einen unter dem Gef\u00e4fse befindlichen Bunsenbrenner reguliert, die Temperatur des kalten Wassers durch Hinzuf\u00fcgen von abgek\u00fchltem Wasser, und es liefs sich auf diese Weise leicht eine bestimmte Temperatur in dem Gummiballon erzeugen, weil die Beobachtungen ergaben, dafs die Abk\u00fchlung resp. Erw\u00e4rmung von den Druckgef\u00e4fsen bis zum Gummiballon ungef\u00e4hr ebensoviel betrug wie auf der Strecke vom Gummiballon bis zum \u00dcb erlauf gef \u00e4fs. Wenn man also die Differenz der Angaben zwischen dem Thermometer, das in dem Druckgef\u00e4fse sich befand und dem in dem \u00dcberlaufgef\u00e4fse halbierte, so kannte man die Temperatur der Fl\u00fcssigkeit in dem Ballon.\na) Die Herstellung des Gummiballons.\nEntsprechend der Gr\u00f6sse der Ampullen (wir haben nur die Ampulla externa und die Ampulla posterior zu unseren Versuchen verwandt) mufste der Ballon sehr klein sein, und in diesem Umstande liegt die Schwierigkeit seiner Herstellung. Sein kugelf\u00f6rmiger Teil hatte einen Durchmesser von 11j2 mm, die Wandst\u00e4rke betrug 0,08\u20140,12 mm. Derartig kleine Gummik\u00f6rper stellen die Fabriken nicht her, und ich war daher darauf angewiesen, sie mir selbst zu verfertigen. Ich verfuhr dabei folgender-mafsen. In den Zuckerwarengesch\u00e4ften kann man kugelf\u00f6rmige Zuckerperlen kaufen, welche, mit einem Silber\u00fcberzuge versehen, Mundperlen genannt werden. Sie haben folgende Eigenschaften, die f\u00fcr mich sehr wichtig waren.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usw. 3\u00df3\n1.\tSie sind sehr hart und fest, so dafs man sie auf der Drehbank und mit der Feile bearbeiten kann. Ich selbst benutzte haupts\u00e4chlich die zahn\u00e4rztliche Bohrmaschine, in die eine Korundum-scheibe eingesetzt war, um den sp\u00e4ter zu besprechenden Konus aus einer solchen Mundperle herzustellen.\n2.\tDie Zuckerkugeln lassen sich leicht in Wasser, namentlich in fliefsendem, aufl\u00f6sen.\n3.\tSie sind in den verschiedensten Gr\u00f6fsen k\u00e4uflich.\nIch v \u00e4hlte eine Mundperle von der Gr\u00f6fse, wie sie der Gummiballon haben sollte (Fig. 2 B b in vierfacher Vergr\u00f6fserung). Nachdem der Silber\u00fcberzug durch Abreiben mit einem feuchten Lappen entfernt war, bohrte ich mit Hilfe der zahn\u00e4rztlichen Bohrmaschine ein kleines Loch in die Kugel und in dieses Loch wurde ein kleiner Konus (Fig. 2 B a) gesteckt, den ich aus einer gr\u00f6fseren Mundperle verfertigte. Um das Festhalten des Konus in der Kugel zu sichern, wurde er vorher \u00fcber der Flamme ein klein wenig angeschmolzen. Es galt nun Kugel und Konus (Fig. 2A, in nat\u00fcrlicher Gr\u00f6fse) mit Gummi zu \u00fcberziehen. Zu dem Zwecke wurde zun\u00e4chst eine d\u00fcnne Stricknadel (Fig. 2 B c) in das hervorragende Ende des Konus als Handhabe eingeschmolzen. Dann wurde der ganze Zuckerk\u00f6rper in eine Gummil\u00f6sung getaucht und wieder herausgezogen, um die Gummil\u00f6sung eintrocknen zu lassen. Hierbei h\u00e4lt man den K\u00f6rper umgekehrt mit der Stricknadel nach unten, in der Weise, dafs die der Kugel anhaftende Gummimasse \u00fcber den ganzen K\u00f6rper und dann \u00fcber die Stricknadel herunterfliefsen kann. Nach etwa einer Stunde ist der Gummi\u00fcberzug gen\u00fcgend trocken, um die Prozedur wiederholen zu k\u00f6nnen, und wenn man dies zehn- bis zw\u00f6lfmal tut, so hat der Gummiballon die gew\u00fcnschte Wandst\u00e4rke. Nun mufs der Ballon noch vulkanisiert werden. Die Technik kennt verschiedene Methoden um dies zu bewerkstelligen. Diejenigen, bei denen man gr\u00f6fsere W\u00e4rme anwenden mufs, fielen f\u00fcr mich aus, da sonst der Zucker geschmolzen w\u00e4re. Ich fand schliefslich f\u00fcr meine Zwecke sehr brauchbar eine Vulkanisierungsfl\u00fcssigkeit, die ich von Herrn Dr. Dettwiller 1 bezogen habe Es war nur\n1 Kunstlichtpausanstalt \u201eSphinx\u201c, Fischerstaden 8, Strafsburg. Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 47.\t24\n\u00df\nFigur 2.","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nHeinrich Popp.\nn\u00f6tig, den Gummik\u00f6rper etwa 10 Sekunden lang in die L\u00f6sung einzutauchen, etwas darin herumzuschwenken, ihn dann wieder herauszuziehen und ihn an der Luft trocknen zu lassen, so war der Gummi in ausreichender Weise vulkanisiert. Nachdem nun der Gummi\u00fcberzug von der Stricknadel und dem obersten Teile des Konus mit dem Messer abgekratzt war, gelang es leicht, den Konus aus der Kugel mit Gewalt herauszuziehen. Es blieb dann die Zuckerkugel mit dem Gummi\u00fcberzug \u00fcbrig, und an diesem letzteren befand sich der schlauchf\u00f6rmige kleine Ansatz, aus dem der Konus entfernt war. Jetzt wurde die oben besprochene Doppelkan\u00fcle in den schlauchf\u00f6rmigen Ansatz eingef\u00fchrt, und man liefs Wasser hinein- und hinauslaufen, wodurch der Zucker schnell gel\u00f6st und fortgef\u00fchrt und der Ballon zu seiner Benutzung f\u00fcr den Tierversuch fertiggestellt wurde. Erw\u00e4hnen will ich noch, dafs es vorteilhaft war, um ein Zusammenkleben der W\u00e4nde des Ballons zu verh\u00fcten, denselben mit Talkumpulver auszublasen.\nb) Die Befestigung der Doppelkan\u00fcle mit dem Gummiballon an der Taube.\nDa die freistehende Taube untersucht werden sollte, so mufste der kleine Apparat an dem Kopfe derselben befestigt werden. Hierzu eignet sich in vorz\u00fcglicher Weise die von Ewald 1 angegebene Methode, den betreffenden Apparat auf den nackten Sch\u00e4del aufzugipsen. Zu dem Zwecke war die Doppelkan\u00fcle durch ein angel\u00f6tetes Drahtst\u00fcck (Fig. 1 c) mit einer kleinen Messingplatte (Fig. 1 f) verbunden, und diese letztere Platte wurde, nachdem man die Doppelkan\u00fcle in die richtige Lage gebracht hatte, auf den Sch\u00e4del der Taube angegipst. Die Vorbereitungen zu den entscheidenden Tierversuchen gestalteten sich demnach folgendermafsen : Die Taube wurde auf dem Kopfe bis um den \u00e4ufseren Geh\u00f6rgang herum sorgf\u00e4ltig geschoren und dann in dem EwALDschen Taubenhalter fixiert. Die Freilegung der Ampulla externa und posterior (Hautschnitt, Zur\u00fcckschieben der Muskulatur, Entfernung des kleinen St\u00fcckes des Sch\u00e4deldaches usw.) geschah nach den EwALDschen Angaben. Da es nur darauf ankam, zu den genannten Ampullen gelangen zu k\u00f6nnen, so liefs ich den \u00e4ufseren Bogengang mit dem ihn begleitenden Sinus vom\n1 Ewald: Phys. Untersuchungen \u00fcber das Endorgan des N. octavus S. 241 ff.).","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usw. 365\nSch\u00e4delknoehen bedeckt und hatte also nur eine Wund\u00f6ffnung unterhalb des externen und nach vorn vom hinteren Bogeng\u00e4nge, also eine \u00d6ffnung, die dem sogenannten III. Quadranten entsprach.1 W\u00e4hrend der Operation hatte ich die Kopfhaut mit Hilfe eines kleinen H\u00e4kchens mit daranh\u00e4ngendem Gewichte von der Wunde abgezogen, so dafs eine reichlich grofse Fl\u00e4che des Sch\u00e4deldaches trocken werden konnte. Damit der Gips sp\u00e4ter auf dieser Fl\u00e4che gut haftet, empfiehlt es sich mit einem spitzen Messer einige Male in das Sch\u00e4deldach einzustechen.\nFigur 3.\nBei der Freilegung der Ampullen bediente ich mich der WESTiENschen Lupe und benutzte diese auch, um die Doppelkan\u00fcle mit dem kleinen Gummiballon in die richtige Lage zu bringen. Der Ballon darf nur die betreffende Ampulle \u2014 wir wollen annehmen, dafs es sich zun\u00e4chst um die Ampulla externa handle \u2014 ber\u00fchren, und man kann, um die Ampulla posterior noch besonders zu sch\u00fctzen, ein oder zwei Fliefspapierst\u00fcckchen auf dieselbe legen. Um das Auf gipsen gut ausf\u00fchren zu k\u00f6nnen, bringt man zun\u00e4chst etwas Gipsbrei (Fig. 3 c) auf die trockene Sch\u00e4deloberfl\u00e4che, legt darauf die obenerw\u00e4hnte mit der Doppelkan\u00fcle verbundene Messingplatte und bringt nun die Kan\u00fcle, die an ihrem vorderen Ende den Ballon tr\u00e4gt und an ihren beiden hinteren Enden mit den beiden obenerw\u00e4hnten d\u00fcnnen\n1 Ewald: Ebenda (S. 104 und Figur 31).\n24*","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nHeinrich Popp.\nGummischl\u00e4uchen bereits verbunden ist, in die gew\u00fcnschte Lage. Erleichtert wdrd dies durch zwei besondere Einrichtungen an dem kleinen Apparat. Erstens l\u00e4fst sich n\u00e4mlich der Abstand zwischen der Kan\u00fcle und der aufzugipsenden Platte vergr\u00f6fsern oder verkleinern, indem die mit der Kan\u00fcle durch den Draht c fest verbundene Gabel (Fig. 1 e u. e) sich in den auf der Platte f aufgel\u00f6teten R\u00f6hren d und d verschieben l\u00e4fst. Dabei gen\u00fcgt eine geringe Reibung zur Fixierung der Teile aneinander. Zweitens l\u00e4fst sich der Draht c leicht etwas verbiegen, wodurch die Kan\u00fcle eine andere Richtung bekommen und auch etwas h\u00f6her oder niedriger gestellt werden kann. Dies wird durch den Bogen, den c bildet, erleichtert. W\u00e4hrend man die Kan\u00fcle in der richtigen Lage festh\u00e4lt, wird von einem Assistenten auch \u00fcber die Messingplatte Gips auf getragen, und man mufs nun einige wenige Minuten die Kan\u00fcle ruhig halten, bis der Gips etwas angezogen hat. Dann kann man das Tier sich selbst \u00fcberlassen, und nach etwa einer Viertelstunde ist dann der Gips so hart geworden und sitzt so fest auf dem Sch\u00e4del, dafs man die ganze Taube an der Kan\u00fcle hochheben kann, vorausgesetzt, dafs sie keine zu heftige Bewegung mit den Fl\u00fcgeln macht.1\nBei der nun folgenden Befreiung des Tieres aus dem Taubenhalter ist die gr\u00f6fste Vorsicht geboten. Alle Bewegungen m\u00fcssen ganz langsam ausgef\u00fchrt werden, um das Tier nur ganz allm\u00e4hlich frei auf die Beine zu bringen. Man st\u00fclpt dann gleich einen Drahtkorb \u00fcber dasselbe und hat dann nur noch n\u00f6tig, die von der Doppelkan\u00fcle frei herabh\u00e4ngenden d\u00fcnnen Gummischl\u00e4uche mit den weiteren Schl\u00e4uchen des oben beschriebenen Einlaufapparates zu verbinden, um sofort mit dem eigentlichen Versuche beginnen zu k\u00f6nnen.\nc) Erw\u00e4rmung der Doppelkan\u00fcle.\nEs zeigte sich sehr bald bei unseren \\Tersuchen, dafs die L\u00e4nge der Zuleitungsschl\u00e4uche ung\u00fcnstig auf die Zuf\u00fchrung des kalten oder warmen Wassers einwirkte. Denn wenn man z. M3, den Ballon durch das warme Wasser im Druckgef\u00e4fse speisen wollte, so mufste immer zuerst das in dem Zuf\u00fchrungsschlauche befindliche Wasser, welches nat\u00fcrlich allm\u00e4hlich die Zimmertemperatur angenommen hatte, durch den Ballon hindurchfliefsen,\n1 Es empfiehlt sich nat\u00fcrlich nicht, diesen Versuch ohne besonderen Grund anzustellen.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usiv. 367\nbevor das warme Wasser in ihn gelangen konnte. Es wurde also die Temperatur in dem Ballon nur sehr allm\u00e4hlich und zu einer Zeit, die schwer genau zu bestimmen war, gesteigert. F\u00fcr die Versuche mit kaltem Wasser kamen diese Umst\u00e4nde freilich nicht in Betracht, da das Wasser von Zimmertemperatur sich schon als kaltes Wasser, d. h. als wirksam, erwies. Es kann dies nicht auffallen, da die Bluttemperatur der Taube etwa 40\u00b0 betr\u00e4gt und das Zimmer nur eine Temperatur von 17\u2014180 hatte. Das in den Schl\u00e4uchen befindliche Wasser, das allm\u00e4hlich die Zimmertemperatur angenommen hatte, brauchte daher nur um ein geringes verschoben zu werden, um in den Ballon zu gelangen und hier das durch die K\u00f6rpertemperatur der Taube erw\u00e4rmte zu verdr\u00e4ngen.\nUm nun in gleicher Weise den Inhalt des Ballons durch eine geringe Wasserverschiebung erw\u00e4rmen zu k\u00f6nnen, mufste das Wasser in der Doppelkan\u00fcle selbst erw\u00e4rmt werden.\nZu diesem Zwecke haben wir einen isolierten Neusilberdraht von 0,3 mm Durchmesser, in einer L\u00e4nge von etwa 7 cm als Spirale um die Doppelkan\u00fcle gewickelt. Die beiden Enden des Neusilberdrahtes waren an Kupferdraht von 0,4 mm Dicke angel\u00f6tet. Ein galvanischer Strom von der St\u00e4rke 1 Ampere gen\u00fcgte, um den Neusilberdraht so heifs zu machen, dafs man ihn nicht mehr zwischen den Fingern halten konnte, bevor er um die Doppelkan\u00fcle gewickelt war. Bei den Versuchen selbst mufsten wir die Stromst\u00e4rke bis fast 3 Ampere steigern, da der Draht durch die metallische Doppelkan\u00fcle stark abgek\u00fchlt wurde. Aber cs gelang auf diese Weise sehr gut, das Wasser in der Doppelkan\u00fcle so stark zu erw\u00e4rmen, dafs bei einer ganz geringen Verschiebung des Wassers der Inhalt des Gummiballons gen\u00fcgend erw\u00e4rmt wurde, um die Reaktion des dieres hervorzurufen.\nII. Die galvanokaustische Erw\u00e4rmung der Ampullen.\nIn \u00e4hnlicher Weise wie wir den Gummiballon in der richtigen Lage an der Ampulle befestigt haben, wurde auch ein winziger Galvanokauter zu unseren Versuchen benutzt. Er befand sich am Ende eines in geeigneter Weise gebogenen Doppeldrahtes, der auch wieder wie bei den fr\u00fcheren Versuchen auf das Sch\u00e4deldach der Taube aufgegipst wurde. Wegen der kleinen Dimension des Apparates waren wir auch in diesem Falle gezwungen, das Instrument uns selbst herzustellen.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nHeinrich Popp.\nZwei Kupferdr\u00e4hte von 0,7 . mm Durchmesser wurden mit feiner Seide zusammengewickelt, so dafs sie einen Doppeldraht darstellten. Auf der einen Seite desselben wurden in die beiden gerade abgefeilten Enden zwei kleine L\u00f6cher in die Achsen der Dr\u00e4hte gebohrt. Die L\u00f6cher, die nur einen Millimeter tief zu sein brauchten, waren nur gerade so weit, dafs ein Platindraht von 0,1 mm Dicke, der 12 mm lang zur \u00d6se umgebogen war, hineingesteckt werden konnte. Derselbe wurde dann unter der Westin-schen Lupe an beiden Enden festgel\u00f6tet, zu welchem Zwecke man ein winziges Sp\u00fcrchen Tinol auf die zu verl\u00f6tenden Stellen brachte, und durch Ann\u00e4herung eines Mikrobrenners die Ver-l\u00f6tung erzielte.\nDurch Eintauchen in Zaponlack wurden der Platindraht und die L\u00f6tstellen isoliert. Nachdem dieser Lack trocken geworden war, konnte durch Aufwickeln der Platin\u00f6se um die \u00e4ufserste Spitze einer spitzen Pinzette der Platindraht zu einer ganz kurzen Doppelspirale umgeformt werden. Je nachdem, ob man nun die Ampulla externa oder die Ampulla posterior untersuchen wollte bog man den Platindraht derart, dafs die kleine kn\u00e4uelf\u00f6rmige Doppelspirale entweder (f\u00fcr die Ampulla externa) gerade vor das Ende des Doppeldrahtes oder aber (f\u00fcr die Ampulla posterior der rechten K\u00f6rperh\u00e4lfte der Taube) auf die linke Seite des Endes vom DopjDeldrahte zu liegen kam. Die beiden freien Enden des Doppeldrahtes wurden mit zwei langen leicht beweglichen Kupferdrahtspiralen verl\u00f6tet.\nBeim Durchleiten des konstanten Stromes ergab sich, dafs der Platindraht schon bei einer Stromst\u00e4rke von 1,3 Ampere eben zu gl\u00fchen anfing. Wir durften daher nur schw\u00e4chere Stromst\u00e4rken verwenden und bestimmten die Temperatur, die der Platindraht annahm, durch Auflegen kleiner Paraffinst\u00fcckchen, deren Schmelztemperatur uns bekannt war. Bei einer Stromst\u00e4rke von 0,4 Ampere schmolz das Paraffin, dessen Schmelzpunkt zwischen 450 und 500 lag. Bei einer Stromst\u00e4rke von 0,5 Ampere wurde auch das Paraffin geschmolzen, dessen Schmelzpunkt etwa 600 betrug. Diese Bestimmungen reichten f\u00fcr unsere sp\u00e4teren Versuche aus.\nIII. Die Ausschliefsung des Einflusses, den das Sehen der Tiere auf die Versuche aus\u00fcben kann.\nEs ist bekannt, dafs bei allen Versuchen, die man \u00fcber die Funktion der Bogeng\u00e4nge anstellt, das Sehen der Tiere eine","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usw. 369\ngrofse Rolle spielt. So bleibt z. B., auch wenn die Labyrinthe doppelseitig und vollst\u00e4ndig entfernt worden sind, noch ein geringer Drehnystagmus \u00fcbrig, der durch die Verschiebung der Netzhautbilder verursacht wird.1 Es ist aber keine ganz leichte Aufgabe, das Sehen der Tiere bei den Versuchen auszuschliefsen. Wir haben zuerst versucht, die Augenlider in irgendeiner Weise zu schliefsen. Man kann sie zusammenn\u00e4hen oder durch Leukoplaststreifen verkleben. Diese Methode ist unzweckm\u00e4fsig, weil die Tiere lange Zeit hindurch versuchen, durch Kratzen mit dem Fufse das Auge zu \u00f6ffnen. Und wenn sie sich auch schliefslich beruhigt haben, so werden durch eine sehr lebhafte Tr\u00e4nensekretion die Lider abgehoben, und der Verschlufs wird ein mangelhafter.\nAuch die in tiefer Narkose auszuf\u00fchrende Kauterisation der Cornea, um dieselbe durch die entstehende Leukome undurchsichtig zu machen, f\u00fchrt nicht in gen\u00fcgender Weise zum Zweck. Denn abgesehen davon, dafs es schwer zu beurteilen ist, wieviel Licht durch eine leukomat\u00f6se Hornhaut noch hindurchdringt, hellt sich bei den Tieren die Hornhaut h\u00e4ufig in \u00fcberraschender Weise fast von einem Tage zum anderen wieder auf, und bei Versuchen, die sich \u00fcber l\u00e4ngere Zeit erstrecken, m\u00fcfste man immer von neuem wieder die Durchsichtigkeit des Auges pr\u00fcfen.\nEs bleibt nat\u00fcrlich als Radikalmittel die vollst\u00e4ndige Enukleation \u00fcbrig. Mit ihr ist aber meist eine sehr starke Blutung verbunden, so dafs die Tauben sogar durch den Blutverlust dabei zugrunde gehen k\u00f6nnen. Ferner spielt dabei die Hemmung des Tieres eine nicht unbedeutende Rolle, so dafs man jedenfalls gut tun wird, die Tiere erst nach einer oder mehreren Wochen nach der Operation zu den Versuchen zu verwenden.\nAus allen diesen Gr\u00fcnden haben wir unsere Versuchstiere durch die Evisceratio bulbi am Sehen verhindert. In tiefer Ather-narkose wird die Cornea nur im Umfange der Pupille durch einen Zirkul\u00e4rschnitt abgetragen und nach Herausnahme der Linse mit einem kleinen scharfen L\u00f6ffel der Glask\u00f6rper und die Retina entfernt. Dabei braucht gar keine Blutung zu entstehen, und die ganze Operation ist in wenigen Minuten ausf\u00fchrbar. Nach Beendigung derselben \u00fcberl\u00e4fst man das Tier sich selbst\n1 Vgl. Ewald: Ebenda (S. 143ff).","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nHeinrich Popp.\nohne etwa in den leeren Bulbus Watte oder dergleichen einzuf\u00fchren. Schon am n\u00e4chsten Tage verhalten sich die Tiere ganz ruhig und reagieren auf alle Beize wie sonst normale Tiere, so dafs keine besondere Hemmung aufser derjenigen, die nat\u00fcrlich durch die Erblindung erfolgt, zu konstatieren ist. Ich kann daher diese Methode f\u00fcr alle Versuche, bei denen Tiere l\u00e4ngere Zeit zu beobachten sind, und bei denen der Einflufs des Auges ausgeschlossen werden mufs, als eine sehr geeignete empfehlen.\nVersuche.\nDie sehr wichtigen und interessanten Versuche Bar\u00e4nys, die dann von anderen Autoren best\u00e4tigt wurden, haben f\u00fcr den Menschen die Tatsache festgestellt, dafs bei Ausspritzung des \u00e4ufseren Geh\u00f6rganges mit kaltem oder warmem Wasser ein Augennystagmus zustande kommt, dessen Schlagrichtung bei Verwendung des kalten Wassers umgekehrt gerichtet ist, wie bei warmem Wasser. Das Trommelfell kann bei diesen Versuchen\nv\u00f6llig unverletzt und normal sein. Die Einwirkung der von der\n\u00ab\nK\u00f6rperw\u00e4rme abweichenden Temperatur erstreckt sich also zun\u00e4chst auf den \u00e4ufseren Geh\u00f6rgang und das Trommelfell. Bei diesen Versuchen ist es sehr auffallend, dafs das kalte Wasser sehr viel prompter wirkt als das warme, so dafs in nicht seltenen F\u00e4llen der W\u00e4rmenystagmus \u00fcberhaupt nicht zustande kommt, und in den meisten F\u00e4llen bedeutend schw\u00e4cher als der K\u00e4ltenystagmus auftritt. B\u00e4rany und besonders sp\u00e4ter Br\u00fcnings haben sich nun die Einwirkung auf den Bogengangsaparat in folgender Weise vorgestellt. Sie meinen, in jedem Bogeng\u00e4nge \u2014 wir wollen der Einfachheit halber hier nur von dem \u00e4ufseren Bogeng\u00e4nge sprechen \u2014 w\u00fcrde die Endolymphe nicht gleichm\u00e4fsig erw\u00e4rmt, resp. abgek\u00fchlt, und es m\u00fcfste nun eine Bewegung der Endolymphe \u00e4hnlich der Remanenzbewegung bei der Drehung des Tieres entstehen, da ja die k\u00e4ltere Endolymphe spezifisch schwerer sei als die w\u00e4rmere. Findet sich also die abgek\u00fchlte Endolymphe oben, so mufs sie herabsinken, ebenso wie die w\u00e4rmere Endolymphe steigen m\u00fcfste. Die Autoren st\u00fctzen ihre Theorie noch besonders auf die von ihnen gemachte Beobachtung, dafs, wenn man bei einem Tiere kalorischen Nystagmus von einer bestimmten Schlagrichtung erzeugt hat und das Tier dann in eine andere Lage bringt, also etwa aus der Bauchlage in die R\u00fcckenlage, dafs sich dann auch die Schlagrichtung des Nystagmus in die","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usiv. 371\numgekehrte Richtung um wandelt. Nach ihrer Ansicht w\u00fcrde dann z. B. bei der Abk\u00fchlung der Endolymphe die schwerere Fl\u00fcssigkeit, welche in der Bauchlage des Tieres nach der Ampulle zu sinkt, nach Umkehr des Tieres zum glatten Ende des Bogenganges hinfliefsen, und es w\u00fcrde dadurch verst\u00e4ndlich, dafs der Nystagmus die umgekehrte Richtung bekommt.\nWir versuchten zuerst, ob sich auch bei den Tauben die analogen Erscheinungen zeigen, es war uns aber nicht m\u00f6glich, durch Einspritzen oder Einlaufenlassen von kaltem oder warmem Wasser, weder Kopfnystagmus noch Augennystagmus hervorzurufen. 1 2 F\u00fcr diese negativen Erfolge lassen sich zwei Gr\u00fcnde anf\u00fchren : Die Augen sind bei den Tauben wenig beweglich und neigen \u00fcberhaupt wenig dazu in Nystagmusbewegungen zu geraten. Vielleicht, dafs man unter der WESTiENschen Lupe die Andeutung eines Nystagmus sehen w\u00fcrde ; da wir aber aus den oben (S. 361) angef\u00fchrten Gr\u00fcnden nur an dem freistehenden Tiere beobachten wollten, so haben wir uns auf die Untersuchung der Augen ohne Benutzung der Lupe beschr\u00e4nken m\u00fcssen. Der zweite Grund f\u00fcr das Ausbleiben eines deutlichen Augennystagmus ist sicherlich in der Dicke des Trommelfells gelegen. W\u00e4hrend die S\u00e4uger, speziell die Nager unter ihnen (Kaninchen und Meerschweinchen), ein aufserordentlich d\u00fcnnes Trommelfell besitzen, ist dasselbe bei den Tauben relativ dick. Friedmann 2 konnte daher auch kein Analogon f\u00fcr den BROWN-S\u00c9QUARDschen Versuch an der Taube finden. Das Chloroform, welches so leicht das Trommelfell des Meerschweinchens durchdringt, wird offenbar von dem Trommelfelle der Taube sehr gut zur\u00fcckgehalten und Friedmann mufste daher bei diesem Tiere das Trommelfell perforieren, um eine Wirkung des Chloroforms auf den Bogengangsapparat zu erhalten.\nWir haben auch an unseren Tauben in derselben Weise, wie es Friedmann angegeben hat, das Trommelfell ringsherum um die Columella durchschnitten und dann bei diesen Tieren warmes oder kaltes Wasser einlaufen lassen. Aber auch bei diesen Versuchen haben wir nie Augennystagmus beobachten k\u00f6nnen, wohl aber zeigte sich der bei den V\u00f6geln ganz analoge Kopfnystagmus ver\u00e4ndert. Es trat zwar w\u00e4hrend des Einlaufens des Wassers\n1\tAuch Kubo hat, wie schon erw\u00e4hnt, bei seinen analogen Versuchen kein positives Resultat bekommen.\n2\tFriedmann: \u00dcber k\u00fcnstliche Reizung des Ohrlabyrinthes (S. 48).","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\nHeinrich Popp.\nkein Kopfnystagmus auf, doch konnte an dem einige Zeit nach Aufh\u00f6ren des Einfliefsens durch Rotation erzeugten Nachnystagmus der Einflufs der Temperaturver\u00e4nderung festgestellt werden. Dabei hatte die Erw\u00e4rmung des Labyrinthes die Folge, dafs die bei normalem Tiere eintretende Reaktion, n\u00e4mlich der Nachnystagmus, verst\u00e4rkt wurde, w\u00e4hrend umgekehrt die K\u00e4lte den Nachnystagmus herabsetzte.\nWir haben versucht, den kalorischen Einflufs dadurch deutlicher zu machen, dafs wir die Versuche an Tauben anstelltenT denen auf der anderen Kopfseite das gesamte Labyrinth entfernt war, in der Hoffnung, dafs dann die Erscheinungen deutlicher werden m\u00f6chten, weil das Tier in diesem Falle nur auf das eine Labyrinth angewiesen war, welches erw\u00e4rmt oder abgek\u00fchlt wurde, ohne dafs von dem anderen Labyrinthe die St\u00f6rung kompensiert werden konnte. Dieser Gedanke hat sich aber als unrichtig herausgestellt, und auch bei anderen sp\u00e4teren Versuchen hat es sich nicht als vorteilhaft erwiesen die Versuche an einseitig labvrinthlosen Tieren auszuf\u00fchren. Dies scheint freilich mit\n*J\nfr\u00fcheren Erfahrungen Ewalds in Widerspruch zu stehen, der es gerade vorteilhaft fand die Reizversuche an den Labyrinthen anzustellen, wenn nur dies eine Labyrinth noch vorhanden ist. Aber es ist wohl m\u00f6glich, dafs es einen Unterschied macht, ob es sich um gr\u00f6bere Reaktionen oder nur um eine aufserordentlieh schwache Beeinflufsung der normalen Funktionen handelt, wie das bei der kalorischen Wirkung in unseren Versuchen der Fall war.\nWir haben bei einer einseitig labyrinthlosen Taube ein von der obigen Regel abweichendes Resultat erhalten, d. h. wir fanden w\u00e4hrend des Einfliefsens des kalten Wassers einen Nystagmus, der nur auf einen Reizzustand des betreffenden Labyrinthes zur\u00fcckgef\u00fchrt werden konnte. Wir haben aber bei diesem Tiere nicht darauf geachtet, ob nicht direkt durch den eingef\u00fchrten d\u00fcnnen Gummischlauch, oder durch den Wasserstrahl Bewegungen der vom Trommelfell befreiten Columella verursacht wurden. Wir m\u00f6chten annehmen, dafs in diesem Falle das Resultat durch die von den Bewegungen der Columella hervorgerufenen Druckschwankungen der Perilymphe verursacht wurde.\nJedenfalls geht auch aus unseren Versuchen hervor, was auch Barany und die \u00fcbrigen Autoren angenommen haben, dafs W\u00e4rme und K\u00e4lte direkt auf das Labyrinth einwirken, und dafs es sich nicht etwa bei dem kalorischen Nystagmus um einen","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usiv. 373\nKeflex handelt, der von den sensiblen Nerven des \u00e4ufseren Geh\u00f6rganges oder des Trommelfelles ausgel\u00f6st wird. Wir haben daran gedacht, diese Teile asensibel zu machen, etwa durch Cocain, da aber alle Mittel, die die sensiblen Nervenendigungen l\u00e4hmen, wohl auch auf die Endigungen des Octavus in den Ampullen wirken, so haben wir von diesem Versuche Abstand genommen und konnten dies mit um so gr\u00f6fserer Berechtigung, da wir ja gefunden hatten, dafs vor der Zerst\u00f6rung des Trommelfelles das warme oder kalte Wasser keine Reaktion hervorrufen.\nBei den Versuchen mit dem kleinen Gummiballon w\u2019aren nat\u00fcrlich St\u00f6rungen, die durch Bewegungen der Columella hervorgerufen werden k\u00f6nnten, ganz ausgeschlossen. Die frei dastehende Taube befand sich unter ganz normalen Verh\u00e4ltnissen. Doch wollen wir nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dafs m\u00f6glicherweise durch die Freilegung der Ampullen eine ganz geringe St\u00f6rung verursacht werden kann. Sie ist aber jedenfalls zu gering, um das Resultat unserer Beobachtungen wesentlich beeinflussen zu k\u00f6nnen. War der Gummiballon an die Ampulla externa (dextra) angelegt, so stand die erblindete Taube, falls kein Wasser durch den Ballon str\u00f6mte, vollst\u00e4ndig ruhig da. Auch wenn man die Schnabelspitze genau beobachtete, konnte man w\u00e4hrend l\u00e4ngerer Zeit nicht die geringste Bewegung sehen. Das Wasser in dem Ballon (es handelt sich etwa um 1, 5\u20142,0 cbmm, also um etwa den vierzigsten Teil eines Wassertropfens) nimmt nach kurzer Zeit die Temperatur der Umgebung an, die nicht viel niedriger als die Bluttemperatur sein d\u00fcrfte. Denn wenn auch die Ohrh\u00f6hle er\u00f6ffnet ist, so liegen doch die Ampullen so tief unter der Oberfl\u00e4che, und das Loch, welches von aufsen zu ihnen f\u00fchrt, ist so klein, dafs man keine grofse Abk\u00fchlung durch die Aufsentemperatur annehmen kann. Wenn man nun das Wasser in dem Ballon durch Wasser von Zimmertemperatur ersetzt, so macht die Taube jedesmal eine deutliche Kopfbewegung nach rechts, in gleicher Weise als wenn die Taube in der Richtung nach links gedreht worden w\u00e4re, d. h. also, da es sich ja um die rechte Ampulla externa handelt, als wenn eine Remanenzbewegung von der Ampulle fort zum glatten Ende des Kanales hin eingetreten w\u00e4re. Bei einer solchen Str\u00f6mung findet aber nach der EwALDschen Theorie eine Hemmung der Funktion der Ampulle statt, und wir kommen daher zu dem Resultate, dafs die Abk\u00fchlung der Ampulle eine Hemmung derselben verursacht","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\nHeinrich Popp.\nhat. Anschliefsend an diese Kopfdrehung beobachteten wir regel-m\u00e4fsig einen schwachen Nystagmus, welcher nach der entgegengesetzten Seite, d. h. nach links, schlug. Auch dieser Nystagmus besitzt also die umgekehrte Schlagrichtung, als wenn das Tier nach rechts gedreht worden w\u00e4re, und wie wir ihn beobachten, wenn es sich um eine Reizung der rechten Ampulla externa handelt. Wir m\u00fcssen also auch diesen Nystagmus als Ausfalls- oder Hemmungserscheinung auffassen.\nDiese Erscheinung dauerte nicht lange. Nach wenigen Sekunden wurde der Kopf wieder ganz ruhig gehalten, offenbar weil sich die winzige Wassermenge in dem Ballon wieder bis zur lokalen K\u00f6rpertemperatur erw\u00e4rmt hatte. Dann liefs sich die Reaktion von neuem hervorrufen, und man kann sagen, beliebig oft hintereinander.\nEs ist nun gar nicht n\u00f6tig, das Wasser wirklich durch den Ballon hindurchfliefsen zu lassen, sondern es gen\u00fcgte, auf den durch eine Schlauchklemme abgesperrten Schlauch zwischen Klemme und Tier ein wenig zu dr\u00fccken, um auf diese Weise das in der Doppelkan\u00fcle befindliche Wasser, das ja auch etwa Zimmertemperatur haben mufste, in den Ballon hineinzuschieben und so die Abk\u00fchlung herbeizuf\u00fchren. Liefse man den Fingerdruck bestehen, so kam der Kopf des Tieres sehr bald in Ruhe, weil sich, wie schon oben bemerkt, das Wasser im Ballon erw\u00e4rmte, und wenn man dann den Finger vom Schlauche entfernte, so sog der Schlauch das Wasser, das sich in dem abf\u00fchrenden Teile der Doppelkan\u00fcle befand, in den Ballon zur\u00fcck, und es traten, da ja auch dieses Wasser etwa Zimmertemperatur befafs, wieder die gleichen schon geschilderten Bewegungen ein.\nDieser Versuch l\u00e4fst sich nicht in derselben Weise mit warmem Wasser anstellen aus Gr\u00fcnden, die wir bereits oben geschildert haben. Als wir aber die Doppelkan\u00fcle mit dem Hitzdrahte (vgl. oben S. 367) armiert hatten, so war nun das Wasser in der Doppelkan\u00fcle bedeutend w\u00e4rmer als in dem Ballon, und jetzt gelang auch die Umkehr der durch die K\u00e4lte erzeugten Bewegungen. Der Schnabel des Tieres bewegte sich nun nach links und der darauf folgende Nystagmus schlug nach rechts, d. h. es traten Reaktionen auf wie bei der Drehung des Tieres nach rechts, von welcher Drehung wir annehmen, dafs sie eine Reizung der rechten Ampulla externa bewirkt.\nWir waren bei Anstellung dieser Versuche erstaunt zu sehen, wie kleine Reize bereits gen\u00fcgen, um auf die Ampulle einzu-","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen usw. 375\nwirken. Es handelt sich offenbar um einen \u00fcberaus empfindlichen Apparat, der nat\u00fcrlich dementsprechend auch leicht durch zu starke Einwirkung gesch\u00e4digt werden kann. Man braucht tats\u00e4chlich nur das Wasser von Zimmertemperatur etwas l\u00e4ngere Zeit, nur wenige Minuten, durch den kleinen Ballon fliefsen zu lassen, so versagt der Versuch nachher vollst\u00e4ndig, offenbar weil durch die zu starke Abk\u00fchlung der Ampullarapparat ungeeignet geworden ist, auf geringe Temperaturschwankungen zu reagieren. Erst nach einigen Stunden lassen sich dann dieVersuche wiederholen.\nDie Beeinflussung durch die W\u00e4rme trat vielleicht noch deutlicher hervor, als wir den kleinen oben beschriebenen Galvanokauter benutzten. Wir wollen zun\u00e4chst annehmen, auch er l\u00e4ge der Ampulla externa an. Um die Ampulla posterior noch besonders zu sch\u00fctzen, legten wir zwei kleine Fliefspapierquadrate zwischen Galvanokauter und diese Ampulle. Die Erw\u00e4rmung des Platindrahtes konnten wir mit Hilfe des Amperemeters leicht bestimmen (vgl. oben S. 368), und wir steigerten diese mit Hilfe eines Rheostaten zun\u00e4chst nur bis 40\u201450 \u00b0. Es traten ganz prompte Reaktionen auf. Der Schnabel bewegte sich etwa in der Horizontalebene nach links, und der darauffolgende Nystagmus hatte eine Schlagrichtung nach rechts. Nun ist es sehr bemerkenswert, dafs wir bei unseren verschiedenen Versuchen sowohl mit dem Gummiballon wie mit dem Galvanokauter unm\u00f6glich immer die gleiche Stelle der Ampulle ber\u00fchrt haben, und es geht daraus hervor, dafs es nur auf eine allgemeine Erw\u00e4rmung der Ampulle ankommt. Wir haben aber auch, speziell um die Theorie von der Fl\u00fcssigkeitsbewegung in der Ampulle infolge der Ver\u00e4nderung des spezifischen Gewichtes der erw\u00e4rmten oder abgek\u00fchlten Endolymphe, zu widerlegen, in einem Falle eine Amalgamplombe in den Canalis posterior (es handelte sich in diesem Falle um Versuche an diesem Kan\u00e4le) m\u00f6glichst dicht an der Ampulle eingesetzt, ohne dafs dadurch das Resultat bei der Erw\u00e4rmung der Ampulle ein anderes geworden w\u00e4re.\nAls wir den Galvanokauter, dessen W\u00e4rmek\u00f6rper f\u00fcr diesen Fall nach links abgebogen war, der Ampulla posterior dextra angelegt hatten, sahen wir Bewegungen in der Ebene dieses Kanales auftreten, doch war die Nystagmusbewegung weniger ausgesprochen, als bei den Versuchen mit der Ampulla externa. Die Kopfbewegung geschah in der Richtung, als w\u00e4re das Tier derart gedreht worden, dafs die Endolymphe durch Remanenz-","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nHeinrich Popp.\nbewegung* von der Ampulle zum glatten Ende sich bewegt h\u00e4tte. Auch dieses Resultat entspricht der EwALDschen Ansicht, dafs die Ampulla posterior gereizt wird, wenn sich der Kopf in der Ebene des Canalis posterior mit dem Ampullenende voran bewegt. Diese Posteriorreizung haben wir auch beobachtet, als wir einmal durch zu starke Erw\u00e4rmung der Ampulla externa diese aufser Funktion gesetzt hatten. Der der Ampulla externa anliegende Galvanokauter wirkte nun nicht mehr auf die benachbarte Ampulle, sondern bei seiner sehr starken Erw\u00e4rmung allein auf die Ampulla posterior. Vor solchen Fern Wirkungen der W\u00e4rme kann man sich aber mit Sicherheit sch\u00fctzen, wenn man den Galvanokauter nicht \u00fcber 50\u2014600 erw\u00e4rmt. Viele Resultate der fr\u00fcheren Autoren sind offenbar auf eine viel zu hohe oder auch viel zu niedrige Temperatur der benutzten W\u00e4rmk\u00f6rper zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nDie Ergebnisse unserer Arbeit lassen sich etwa in folgende S\u00e4tze zusammenfassen :\n1.\tEs gelingt, so kleine Gummiballons herzustellen, dafs man sie gesondert an eine Ampulle eines Bogenganges bei derTaube derart anlegen kann, dafs nur diese eine Ampulle vom Gummiballon ber\u00fchrt wird. Man kann dann mittels einer Doppelkan\u00fcle warmes oder kaltes Wasser durch den Gummiballon hindurchleiten.\n2.\tDie Erw\u00e4rmung einer einzelnen Ampulle gelingt auch mit Hilfe eines kleinen Galvanokauters, der nur einer einzelnen Ampulle anliegt und auf das Sch\u00e4deldach der Taube aufgegipst ist.\n3.\tDie Erw\u00e4rmung der Ampulla externa hat die gleiche Kopfdrehung und den gleichen Kopfnystagmus zur Folge, die man beobachtet, wenn das Tier derart gedreht wird, dafs die Endolymphe durch Remanenzbewegung vom glatten Ende des Bogenganges zur Ampulle str\u00f6mt (Reizung der Ampulle).\nDie Abk\u00fchlung derselben Ampulle hat den umgekehrten Erfolg (Hemmung der Ampulle).\n4.\tDie Erw\u00e4rmung der Ampulla posterior wdrkt in gleicher Weise, wie wenn das Tier so gedreht w\u00fcrde, dafs dadurch die Endolymphe durch Remanenzbewegung von der Ampulle fort zum glatten Ende fliefst (Reizung der Ampulle).\nDie Abk\u00fchlung derselben Ampulle hat den umgekehrten Erfolg (Hemmung der Ampulle).","page":376}],"identifier":"lit33622","issued":"1913","language":"de","pages":"352-376","startpages":"352","title":"Die Wirkung von W\u00e4rme und K\u00e4lte auf die einzelnen Ampullen des Ohrlabyrinths der Taube, festgestellt mit Hilfe neuer Methoden","type":"Journal Article","volume":"47"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:57:37.409362+00:00"}

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