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Ein Beitrag zur Kenntnis des Lichtsinns der Nachtvögel

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{"created":"2022-01-31T16:52:28.746413+00:00","id":"lit33630","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Katz, D.","role":"author"},{"name":"G. R\u00e9v\u00e9sz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 48: 165-170","fulltext":[{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"165\n(Aus dem psychologischen Institut der Universit\u00e4t G\u00f6ttingen.)\nEin Beitrag zur Kenntnis des Lichtsinns der\nNachtv\u00f6gel.\nVon\nD. Katz und G. R\u00e9v\u00e9sz.\nDer Duplizit\u00e4tstheorie zufolge dienen die Zapfen vornehmlich dem Tagessehen, die St\u00e4bchen dem D\u00e4mmerungssehen. Diese Theorie gesteht nur den St\u00e4bchen die F\u00e4higkeit zu, sich in hervorragendem Mafse an schwache Lichtreize zu adaptieren, die Zapfen werden als \u201erelativ wenig adaptationsf\u00e4hig\u201c angesehen.1 Dafs Tiere, die je nach ihrer Lebensweise mehr f\u00fcr das Sehen bei D\u00e4mmerlicht oder hei Tageslicht eingerichtet schienen, ein Vorwiegen der St\u00e4bchen oder der Zapfen in ihrer Netzhaut zeigten, mufste f\u00fcr die Duplizit\u00e4tstheorie eine nicht unwichtige St\u00fctze abgeben.\nC. Hess hat nun umfangreiche Untersuchungen \u00fcber das Sehen der H\u00fchner (Tagestiere) angestellt, aus denen er entnahm, \u201edafs der Umfang der adaptativen \u00c4nderungen in den zapfenreichen Netzh\u00e4uten der Ll\u00fchner nicht wesentlich kleiner ist als jener in den st\u00e4bchenf\u00fchrenden Teilen des MenschenaugesU2 Hess konnte auch an den Augen der Schildkr\u00f6ten, \u201ederen Netzh\u00e4ute nach den \u00fcbereinstimmenden Angaben aller Beobachter lediglich Zapfen f\u00fchren, umfangreiche adaptative \u00c4nderungen leicht nachweisen\u201c.3 Nimmt man zu derartigen Befunden die\n1\tJ. v. Kries in W. Nagels Handbuch der Physiologie des Menschen, Bd. III. Braunschweig. S. 185. 1905.\n2\tC. Hess, Vergleichende Physiologie des Gesichtsinnes. Jena. S.24. 1912.\n3\tHess, a. a. O., S. 24.\n11\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 48.","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nD. Katz und G. R\u00e9v\u00e9sz.\nvon D. Katz und G. R\u00e9v\u00e9sz1 ermittelte Tatsache hinzu, dafs das sogen. PuRKiNJEsche Ph\u00e4nomen, welches man bis dahin an eine besondere Verhaltungsweise der St\u00e4bchen gebunden ansah, sich auch f\u00fcr die zapfenreiche Netzhaut des Huhnes einstellt, so mufs man schliefsen, dafs sich die Funktionsweise der Zapfen unter den Bedingungen des D\u00e4mmerungssehens der der St\u00e4bchen in h\u00f6herem Grade anzun\u00e4hern vermag, als es die Duplizit\u00e4tstheorie eigentlich erwarten l\u00e4fst.\nNach den genannten mit Zapfentieren gemachten Erfahrungen lag es nahe, Untersuchungen mit St\u00e4bchentieren dar\u00fcber anzustellen, ob sich nicht auch die St\u00e4bchen unter den Bedingungen des Tagessehens in ihrer Funktionsweise der der Zapfen zu n\u00e4hern verm\u00f6chten. Versuche von Hess zeigten tats\u00e4chlich, dafs die Nachtv\u00f6gel einer hochgradigen Helladaptation f\u00e4hig sind, es schien ausgeschlossen, \u201edafs die untersuchten Nachtv\u00f6gel (Ohreule, Steinkauz, Waldkauz) auch bei f\u00fcr uns blendend hellem Lichte schlecht sehen und durch solche Lichtst\u00e4rken merklich bel\u00e4stigt werden.\u201c 2\nBei der Bestimmung der Kurve der pupillomotorischen Wirksamkeit spektraler Lichter f\u00fcr das dunkeladaptierte Auge von Nachtv\u00f6geln fand Hess, dafs die Kurve ihr Maximum im Gelbgr\u00fcn bis Gr\u00fcn hat und nach dem kurzwelligen Ende langsamer abf\u00e4llt. \u201eDie Kurve ist der der weifsen Valenzen Herings und der SAOHSschen motorischen Valenzkurve f\u00fcr das dunkeladaptierte Menschenauge \u00e4hnlicher.\u201c3 Die pupillomotorischen Valenzen spektraler Lichter f\u00fcr das h eil adaptierte Auge von Nachtv\u00f6geln hat Hess nicht in so eingehender Weise untersucht. Bei h\u00f6heren Graden der Helladaptation trat n\u00e4mlich eine Pupillenstarre ein, die unter Umst\u00e4nden selbst noch nach 3/2 st\u00fcndigem Aufenthalt im Dunkeln bestehen blieb. Wir selbst stellten nun im Sommersemester 19094 Versuche mit einem Steinkauz an, bei dem sich deutlich verschiedene Werte f\u00fcr die pupillomotorischen Valenzen des hell- und des dunkeladaptierten Auges ergaben. Wenn wir\n1\tD. Katz und G. R\u00e9v\u00e9sz, Experimentell-psychologische Untersuchungen mit H\u00fchnern. Zeitschr. f. Psychol. 50, S. 112 ff. 1908.\n2\tHess, a. a. O., S. 26.\n3\tHess, a. a. O., S. 17.\n4\tDie Ver\u00f6ffentlichung der Versuche erlitt aus \u00e4ufseren Gr\u00fcnden eine Verz\u00f6gerung.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Lichtsinns der Nachtv\u00f6gel.\n167\nbei der \u00dcberf\u00fchrung des helladaptierten Tieres in das Dunkel-zimmer keine l\u00e4nger dauernde Pupillen starre zu beobachten vermochten, so mag das daran gelegen haben, dafs die unten n\u00e4her charakterisierte Helladaptation unseres Versuchstieres nicht so hochgradig war wie die bei Hess erreichte.1\nBei den Versuchen kamen Farben zur Verwendung, die\ndurch Durchstrahlung bunter Gelatineplatten mit dem Licht\neiner Nernstlampe gewonnen wurden. Die Nernstlampe befand\nsich in einem Blechkasten, welcher in der einen Wand eine \u2022 \u2022 * ^\n\u00d6ffnung von variabler Gr\u00f6fse besafs. Vor dieser \u00d6ffnung wurden die Gelatineplatten angebracht und das Versuchstier in kleiner Entfernung davon so gehalten, dafs das Licht ungef\u00e4hr senkrecht in ein Auge fiel. In der Regel wurde mit zwei Gelatineplatten in der Weise operiert, dafs die eine der anderen rasch Platz machte, und es wurde dabei ermittelt, ob eine \u00c4nderung in der Pupillenweite ein trat. Es fanden in den folgenden Versuchen 7 Farben Verwendung: Bl\u00e4uliches Rot, Rot, Orange, Gelbgr\u00fcn, Gr\u00fcn, Gr\u00fcnblau, Blau. Angeordnet nach dem Helligkeitseindruck, den die Farben auf das helladaptierte menschliche Auge machen, ergibt sich folgende, mit der hellsten Farbe beginnende, Reihe: 1. Gelbgr\u00fcn und Gr\u00fcn, beide ann\u00e4hernd gleich hell, 2. Orange, 3. Rot, 4. Bl\u00e4uliches Rot, 5. Blau, 6. Gr\u00fcnblau.\nWir bestimmten zun\u00e4chst die pupillomotorisehen Valenzen der Farben f\u00fcr das Auge des Steinkauzes nach einem mehrst\u00fcndigen Aufenthalt im Dunkelzimmer, nachdem also eine hochgradige Dunkeladaptation eingetreten war. Bei diesen Versuchen wurde mit einer sehr niedrigen Lichtst\u00e4rke operiert. Die \u00d6ffnung am Blechkasten der Nernstlampe wurde so klein gemacht, dafs es gerade noch m\u00f6glich war, die an der Pupille eintretenden Ver\u00e4nderungen zu beobachten. Indem die Gelatineplatten bei den Versuchen paarweise auf ihre pupillomotorische Wirksamkeit verglichen wurden, ergab sich f\u00fcr das Dunkel auge des Kauzes folgende Rangfolge der Farben, wobei wir mit der Farbe von st\u00e4rkster pupillomotorischer Wirksamkeit beginnen: 1. Gelbgr\u00fcn,\n1 Zeitweilig kam auch bei unseren Versuchen eine wenige Sekunden dauernde Pupillenstarre vor. Aus dem Umstand, dafs dieselbe ganz un-regelm\u00e4fsig und sowohl bei Hell- wrie bei Dunkeladaptation eintrat, wai zu entnehmen, dafs sie nicht in engerem Zusammenhang mit der Helladaptation stehen konnte.\n11*","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nD. Katz und G. K\u00eav\u00e9sz.\n2. Gr\u00fcn, 3. Gr\u00fcnblau und Blau, 4. Rot und Orange, 5. Bl\u00e4uliches Rot. Gelbgr\u00fcn hatte also die st\u00e4rkste pupillomotorische Valenz, dann kam Gr\u00fcn, es folgten Gr\u00fcnblau und Blau, zwischen welchen sich keine Differenz ermitteln liefs, ebenso erschienen die dann folgenden Farben Rot und Orange von derselben Valenz, den Schlufs machte das bl\u00e4uliche Rot.\nEs wurden nun unter genau denselben Bedingungen die pupillomotorischen Valenzen der Farben f\u00fcr die beiden dunkeladaptierten Verfasser bestimmt. Wir dienten uns dabei gegenseitig als Versuchspersonen. Wir erhielten f\u00fcr uns beide folgende Rangfolge der Farben. 1. Gelbgr\u00fcn, 2. Gr\u00fcnblau, 3. Blau, 4. Orange, 5. Rot, 6. Bl\u00e4uliches Rot.1\nSehen wir davon ab, dafs sich f\u00fcr das menschliche Dunkelauge noch pupillomotorische Differenzen zwischen Gr\u00fcnblau und Blau sowie zwischen Orange und Rot ergaben, die sich beim Dunkelauge des Tieres nicht konstatieren liefsen, so haben wir f\u00fcr beide dieselbe Rangfolge der pupillomotorischen Valenzen erhalten. Die st\u00e4rkste Wirksamkeit haben die gr\u00fcnen Farben, sie sind dem Blau und mehr noch dem Orange und Rot \u00fcberlegen.\nWir bestimmten nun die pupillomotorischen Valenzen unserer farbigen Lichter f\u00fcr das helladaptierte menschliche Auge. Die Helladaptation erfolgte durch l\u00e4ngeren Aufenthalt in einem nach S\u00fcden gelegenen Zimmer zur Mittagszeit eines leicht bew\u00f6lkten Tages. Die St\u00e4rke der Reizlichter wurde durch Vergr\u00f6fserung der \u00d6ffnung im Blechkasten sehr viel h\u00f6her als bei den Versuchen mit dem Dunkelauge genommen, so dafs bei der schnellen Ausf\u00fchrung der Beobachtungen im Dunkelzimmer der Adaptationszustand keine wesentliche \u00c4nderung erfahren konnte. Es ergab sich folgende Reihe : 1. Gr\u00fcn, 2. Gelbgr\u00fcn, 3. Orange, 4. Rot, 5. Bl\u00e4uliches Rot, 6. Blau, 7. Gr\u00fcnblau. Sehen wir davon ab, dafs sich pupillomotorisch eine Differenz zwischen Gr\u00fcn und Gelbgr\u00fcn ergeben hat, die sich bei der subjektiven Bestimmung der Helligkeiten der Farben nicht bemerkbar gemacht hat, so k\u00f6nnen wir eine Gleichheit in den Rangfolgen der Farben bei der Bestimmung ihrer Helligkeit nach dem unmittelbaren Vergleich, sowie nach der Methode der pupillomotorischen Valenzen\n1 Wir vers\u00e4umten es leider, auch die Bestimmung f\u00fcr Gr\u00fcn vorzunehmen.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Lichtsinns der Nachtv\u00f6gel.\n169\nkonstatieren. Beim \u00dcbergang vom Hellange zum Dunkelauge werden die Farben Orange, Rot und bl\u00e4uliches Rot dunkler als die Farben Gr\u00fcnblau und Blau (sogen. PuRKiNJEsches Ph\u00e4nomen). Gelbgr\u00fcn, welches schon dem helladaptierten Auge am hellsten erschien, behauptet seinen Platz f\u00fcr das dunkeladaptierte Auge.\nDerartige Resultate waren nach den Befunden anderer Autoren zu erwarten.1 Die Versuche wurden nun unter genau denselben Bedingungen mit dem helladaptierten Kauz wiederholt. Wir erhielten genau dieselbe Rangfolge der Farben wie f\u00fcr das helladaptierte menschliche Auge. Aus diesen Versuchen ergibt sich also, dafs das Auge des Kauzes beim Eintritt einer \u00c4nderung des Adaptationszustandes eine betr\u00e4chtliche \u00c4nderung seiner Funktionsweise erf\u00e4hrt, genauer gesagt, es ergibt sich, dafs diese \u00c4nderung im wesentlichen der gleichzusetzen ist, welche auch das menschliche Auge bei einer \u00c4nderung des Adaptationszustandes erf\u00e4hrt. Auch das Auge des Kauzes zeigt also das sogen. PuRKiNjEsche Ph\u00e4nomen.\nWir stellten noch einige Versuche dar\u00fcber an, ob sich bei Verwendung verschiedener St\u00e4rken nur einer Lichtart eine Zustands\u00e4nderung des Auges des Kauzes in der pupillomotorischen Reaktion zeigen w\u00fcrde. Wir verwendeten dabei eine Serie von 16 verschiedenen Rauchgl\u00e4sern, durch welche wir die Lichtst\u00e4rke der Nernstlampe ver\u00e4nderten. Die Versuche ergaben eine wesentliche Steigerung der pupillomotorischen Erregbarkeit bei Dunkeladaption, insofern die absolute Reizschwelle viel niedriger lag und insofern sich vielfach beim Wechsel zweier Rauchgl\u00e4ser eine Reaktion zeigte, wo sie beim helladaptierten Auge ausgeblieben war.\nEine Wiederholung dieser Versuche mit dem 25 BO Minuten lang dunkeladaptierten menschlichen Auge ergab auch eine Empfindlichkeitszunahme der Pupillenreaktion mit zunehmender Dunkeladaptation, die Empfindlichkeitszunahme schien indessen nicht von solcher Gr\u00f6fse zu sein wie bei dem Kauz.\nDie Resultate unserer Versuche mit dem Steinkauz scheinen also tats\u00e4chlich ebenso wie die oben erw\u00e4hnten Versuche mit Nachtv\u00f6geln von Hess zu zeigen, dafs die St\u00e4bchen sich unter\n1 Vgl. z. B. M. Sachs, Pfl\u00fcgers Archiv 52, 1912 sowie G. Abelsdorp, Zeitschr. f. Psychol. 22, 1900.","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nD. Katz und G. R\u00e9v\u00e9sz.\nden Bedingungen des Tagessehens in ihrer Funktionsweise der der Zapfen ann\u00e4hern. Sowohl die mit Tagestieren wie die mit Nachttieren gemachten Erfahrungen sprechen demnach daf\u00fcr, den Gegensatz zwischen Zapfensehen und St\u00e4bchensehen nicht mehr so scharf wie fr\u00fcher zu betonen. Die Duplizit\u00e4tstheorie wird versuchen m\u00fcssen, sich mit den neueren Forschungsergebnissen durch entsprechende Modifikationen in Einklang zu bringen.","page":170}],"identifier":"lit33630","issued":"1914","language":"de","pages":"165-170","startpages":"165","title":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Lichtsinns der Nachtv\u00f6gel","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:28.746419+00:00"}

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