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{"created":"2022-01-31T16:51:54.931217+00:00","id":"lit33631","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Lasareff, P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 48: 171-175","fulltext":[{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"171\nDas Weber-Fechnersehe Gesetz und die Abh\u00e4ngigkeit des Reizwertes leuchtender Objekte von ihrer Fl\u00e4chengr\u00f6fse.\nVon\nProfessor Dr. P. Lasareff.\nWie ich in der ersten Mitteilung \u00fcber das WEBER-FECHNERsche Gesetz experimentell gezeigt habe,1 mufs bei grofsen Intensit\u00e4ten des auffallenden Lichtes zwischen Lichtintensit\u00e4t r und der Fl\u00e4chengr\u00f6fse des leuchtenden Objekts S folgende Beziehung\n\u2014 \u2022 S = AE = Konst. r\nann\u00e4hernd erf\u00fcllt sein. Hier ist Ar der eben merkliche Reizzuwachs, welcher dem eben merklichen Empfindungszuwachs AE entspricht.\nDiese Beziehung kann, wie ich nachgewiesen habe, theoretisch aus dem HELMHOi/rzschen 2 verallgemeinerten Ausdruck des FECHNERschen Gesetzes abgeleitet werden, b\u00fcr sehr kleine Intensit\u00e4ten, welche dem Reizwerte entsprechen, liegen viele genaue experimentelle Untersuchungen vor,3 wobei f\u00fcr das rein foveale Sehen die von Ricco4 und sp\u00e4ter von Loeser5 empirisch gefundene Regel gilt, nach welcher das Produkt des Reizwertes und der Fl\u00e4chengr\u00f6fse eine Konstante sein mufs. Sp\u00e4tere genaue\n1\tP. Lasareff, Pfl\u00fcgers Archiv 142, S. 235. 1911.\n2\tH. v. Helmholtz, Wissenschaftliche Abhandlungen 3, S. 392. Lpzg. 1895.\n3\tAusf\u00fchrliche Literaturangaben findet man bei W. Nagel in Helmholtzs Handbuch der physiol. Optik 2, S. 283\u2014284. Hamburg u. Leipzig 1911.\n4\tRicco, Annali d\u2019Ottalmologia VI fase. III.\n5\tLoeser, Beitr\u00e4ge zur Augenheilkunde. Festschrift f\u00fcr J. Hirschberg S. 161. Leipzig 1905.","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nP. Lasareff.\nVersuche,1 welche auf das peripherische Sehen ausgedehnt wurden, haben erwiesen, dafs f\u00fcr die Netzhautperipherie auch von einer ann\u00e4hernden Konstanz des Produktes des Reizwertes und der Fl\u00e4chengr\u00f6fse keine Rede sein kann, und Piper2 hat sogar eine Regel aufgestellt, nach welcher das Produkt aus der Winkelgr\u00f6fse und dem Schwellenwert eine beinahe vollkommene Konstanz hat. Andere Forscher3 4 haben gefunden, dafs diese Regel nur als eine ann\u00e4hernde zu betrachten ist und dafs das genaue Gesetz viel komplizierter erscheint, als es f\u00fcr das zentrale Sehen gefunden worden ist.\nDie experimentelle Forschung hat also wenigstens f\u00fcr das zentrale Sehen ein einfaches Gesetz festgestellt. Es w\u00e4re daher interessant, dieses Gesetz aus der FECHNERschen Formel theoretisch abzuleiten und die Ursache zu entdecken, warum die Netzhautperipherie eine gesonderte Stellung besitzt.\nDiese Aufgabe ist der Zweck vorliegender Schrift.\nWie Helmholtzs 4 Untersuchungen gezeigt haben, mufs Fechners fundamentale Formel, welche den Reizzuwachs Jr, die Gr\u00f6fse des Reizes r und den Empfindungszuwachs JE verbindet, folgende Gestalt haben\na\n(I)\no\nHier bedeutet a die Intensit\u00e4t des sogenannten Eigenlichtes der Netzhaut, welche nach Helmholtz einen fieckenartigen Charakter der Verteilung hat, cp (a) da ist die Oberfl\u00e4che, wo das Eigenlicht die Gr\u00f6fse zwischen a und a-\\-da hat. Die Integrationsgrenzen 0 und a h\u00e4ngen von dem minimalen (0) und und dem maximalen (a) Wert des Eigenlichtes ab, und m\u00fcssen f\u00fcr verschiedene Personen eine verschiedene Gr\u00f6fse haben. Wir wTerden nunmehr voraussetzen, dafs der gr\u00f6fste Teil der Netzhaut keine Belichtung erh\u00e4lt (r \u2014 0) und eine kleine Oberfl\u00e4che S, welche kleiner als die Fovea centralis ist, die Beleuchtungs-\n1\tH. Piper, Zeitschrift f. Psych, u. Physiol, d. Sinnesorg. 32, S. 98. 1903.\n\u2014 K. Heni\u00fcs, Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 43, S. 99. 1909. \u2014 T. Fujita, Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 43, S. 243.\t1909.\n2\tH. Piper a. a. O., S. 107.\n3\tVgl. K. Heni\u00fcs (a. a. O.) und T. Fujita (a. a. 0.).\n4\tH. v. Helmholtz a. a. O.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Das Weber-Fechnersche Gesetz und die Abh\u00e4ngigkeit des Heizwertes usw. 173\nintensit\u00e4t Jr besitzt; in diesem Falle entspricht der Reizzuwachs Jr der Reizschwelle und die HELMHOLTzsche Formel geht in\na\nfolgende\tJE\u2014 Jr J ^\t\u2014\u2014\t(II) \u00fcber.\n0\nDie Gr\u00f6fse a setzen wir in dem untersuchten Gebiete als stetig voraus und deshalb k\u00f6nnen wir nach dem ersten Mittelwertsatz 1 die Gleichung (II) auf folgende Weise umformen\na\nJr F\nJE \u2014-------| (f[a) \u2022 da (III)\nCCfn V o\nwTorin am die Gr\u00f6fse des a ist, welche innerhalb des Integrations-\na\nbereiches liegen mufs, und Jcp (a) \u2022 da die Oberfl\u00e4che des Bildes\n0\nS, welche die Belichtungsintensit\u00e4t Jr hat. Nach Fechnees und Helmholtzs Vorstellung entspricht verschiedenem eben merklichem Reizzuwachs immer der gleiche Empfindungszuwachs so, dafs in unserer Formel (III) JE konstant sein mtffs. Ist die Gr\u00f6fse a in dem untersuchten Gebiete konstant, so dr\u00fccken die Formeln (II u. III) aus, dafs das Produkt der Reizschwelle Jr und der Oberfl\u00e4che des Bildes S eine Konstante ist. Wie aus der Formel (III) leicht zu ersehen ist, bekommen wir eine ann\u00e4hernde Konstanz des Produktes JryfS auch in solchen F\u00e4llen, wo das Eigenlicht kleine Schwankungen in der Intensit\u00e4t zeigt, angenommen dabei, dafs die Gr\u00f6fse des Bildes nicht zu klein ist.\nWir erhalten also aus der HELMHOLTZschen Formel das von Ricco und Loesee experimentell festgestellte Gesetz. Die Abweichungen m\u00fcssen bei ganz kleinen Feldern, welche mit dem Durchmesser der Zapfen kommensurabel sind, beobachtet werden.2\nDie oben gegebene Ableitung des Gesetzes gilt nur f\u00fcr die Fovea centralis, wo alle lichtperzipierenden Elemente die gleiche\n1\tRiemann-Weber, Partielle Differentialgleichungen der mathematischen\nPhysik 1, S. 13\u201414. Braunschweig 1900.\n2\tVgl. P. Lasareff, a. a. O. S. 240. \u2014 Die experimentelle Best\u00e4tigung findet man in der Arbeit von K\u00fchl (A. K\u00fchl, Zeitschrift f\u00fbt Biologie 60, S. 481. 1913).","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nP. Lasar eff.\nStruktur und infolgedessen die gleiche physiologische Funktion besitzen, je mehr wir von zentralen Teilen der Netzhaut nach der Peripherie gehen, in desto gr\u00f6fserer Anzahl treffen wir St\u00e4bchen an, die an der Peripherie die Zapfen vollst\u00e4ndig ersetzen. Deshalb gibt es in den peripherischen Teilen der Netzhaut zwei perzipierende Elemente, wodurch die Gleichung III ihre G\u00fcltigkeit verliert. Es ist jedoch m\u00f6glich, auch f\u00fcr diesen Fall die FECHNERsche Gleichung zu erhalten, wenn man annimmt, dafs den St\u00e4bchen und den Zapfen ein verschiedenes Eigenlicht entspricht und dafs die von Zapfen und St\u00e4bchen erhaltenen Empfindungen untereinander sich summieren.\nUm die allgemeine Formel erhalten zu k\u00f6nnen, nennen wir a und \u00df die Werte des Eigenlichtes, welches an den von den Zapfen und St\u00e4bchen eingenommenen Stellen existiert. Es seien <p(a)da und ip (\u00df) d \u00df die Funktionen, welche die Oberfl\u00e4chen darstellen, wo das Eigenlicht die Gr\u00f6fse von \u00abbis a -\\-da (Zapfen) und von \u00df bis \u00df-\\-d\u00df (St\u00e4bchen) hat. Dann erh\u00e4lt man das FECHNER-HELMHOLTzsche Gesetz in folgender Form\nJE=Jr f {a)da + Jr\t= Konst. (IV)\nJr+a\tJ\tr+\u00df\n0\t0\na und b bedeuten hier die maximalen Werte des betreffenden Eigenlichtes, wobei angenommen ist, dafs beide Werte verschiedene Gr\u00f6fsen haben. Hat das \u00e4ufsere Licht die Intensit\u00e4t Null (r = 0), so entspricht dr der Reizschwelle und die Gleichung (IV) verwandelt sich in folgende\na\tb\nPq> (\u00ab) da . Pip (\u00df) d\u00df JE = JrjV1J_ + z/r\no\tO\nFormen wir diese Gleichung mittels des Mittelwertsatzes um, so erhalten wir\nworin am und \u00dfm die Werte des Eigenlichtes im Intervalle 0 und a und 0 und \u00df bedeuten, s' und s\" entsprechen den Oberfl\u00e4chen, welche von den Zapfen und St\u00e4bchen bedeckt sind. Wenn die ganze beleuchtete Oberfl\u00e4che der Netzhaut S ist (S = s' + s\"), so k\u00f6nnen wir schreiben","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Das Weber-F'echnersehe Gesetz und die Abh\u00e4ngigkeit des Heizwertes usw. 175\nJE = Jr\nund daher\nJr - S \u2014\nJE\nX7ZTXZT\n.CCm \u2019 s \u00dfm S .\nDaraus schliefst man leicht, dafs das Produkt Jr \u2022 S gleich einer Konstanten JE dividiert durch eine variable Gr\u00f6fse ist,\ns'\ts\"\nda die Werte und 0, je nach dem Abstand von der Fovea\no\t\u00f6\ncentralis, verschiedene Gr\u00f6fsen haben.\nDieser Umstand erkl\u00e4rt die Tatsache, dafs das allgemeine Gesetz, welches f\u00fcr die Fovea centralis genau erf\u00fcllt ist, f\u00fcr die Peripherie seine G\u00fcltigkeit verliert.","page":175}],"identifier":"lit33631","issued":"1914","language":"de","pages":"171-175","startpages":"171","title":"Das Weber-Fechnersche Gesetz und die Abh\u00e4ngigkeit des Reizwertes leuchtender Objekte von ihrer Fl\u00e4chengr\u00f6\u00dfe","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:51:54.931223+00:00"}