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Über einige Analogien zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reize

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{"created":"2022-01-31T16:52:21.345576+00:00","id":"lit33638","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Gildemeister, Martin","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 48: 252-255","fulltext":[{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\n(Aus dem physiologischen Institut zu Strafsburg i. E.)\n\u00dcber einige Analogien zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reize.\nVon\nMartin Gildemeister.\nSolange Licht ins Auge f\u00e4llt, haben wir eine Lichtempfindung. Schicken wir dagegen einen elektrischen Strom von nicht zu grofser St\u00e4rke durch ein f\u00fcr diesen Reiz empfindliches Organ, z. B. einen Nerven, so tritt im allgemeinen nur dann eine merkliche Wirkung ein. wenn der Strom sich ver\u00e4ndert. In der Sprache der Pflanzenphysiologen kann man sagen: Licht ist ein Dauerreiz, der elektrische Strom aber ein \u00dcber-gangsr eiz.\nHier scheint es sich also um wesentliche Unterschiede zu handeln. Man wird deshalb auch nicht erwarten, dafs zwischen den quantitativen Gesetzen zweier so verschiedener Reizarten irgendeine Verwandtschaft besteht.\nDies war bisher auch meine Meinung. Nun habe ich aber in der letzten Zeit einige Beobachtungen gemacht, die mich zu der entgegengesetzten \u00dcberzeugung n\u00f6tigen. Es bestehen zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reizung sehr wesentliche Analogien. Wenn diese Auffassung auch \u2014 vorl\u00e4ufig wenigstens \u2014 uns den Begriff der Reizbarkeit theoretisch nicht verst\u00e4ndlicher macht, so f\u00fchrt sie doch zu mehreren neuen Fragestellungen, und kann deshalb als brauchbare Arbeitshypothese gelten.\nEs sei mir gestattet, hier ganz kurz diejenigen Analogien darzulegen, die am leichtesten erkennbar sind. In dem folgenden","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Analogien zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reize. 253\nAufsatze soll dann ein optisches Problem von den neuen Ge* sichtspunkten aus untersucht werden.\nWas zun\u00e4chst den oben erw\u00e4hnten anscheinend prinzipiellen Unterschied zwischen optischer und elektrischer Reizung betrifft, so verschwindet dieser nach meiner Meinung bei genauerer Pr\u00fcfung.\nLicht wird allerdings dauernd wahrgenommen, wenn seine Intensit\u00e4t eine gewisse Grenze \u00fcberschreitet. Die aller-schw\u00e4chsten Lichter aber scheinen kurz nach dem Auf blitzen wieder zu erl\u00f6schen; sie unterscheiden sich in ihrer Wirkung in dieser Beziehung in nichts vom elektrischen Strome, der ja auch kurz nach der Schliefsung unwirksam wird. Sehr schwache Lichter sind also \u00dc b erg angs r ei z e.\nAndererseits reizen sehr starke elektrische Str\u00f6me w\u00e4hrend ihrer ganzen Dauer. Das ist in bezug auf die sensiblen Nerven schon von E. H. Weber gefunden worden. Die dauernde Erregung des Muskels macht sicht z. B. als eine an der Kathode auftretende Verdickung (sog. Kathodenwulst) geltend. Starke elektrische Str\u00f6me sind also Dauer reize. Der ganze Unterschied ist nur der, dafs der Bereich, in dem sie \u00dcbergangsreize sind, beim optischen Reiz sehr klein, beim elektrischen aber sehr grofs ist, und dafs die Reize, mit denen gew\u00f6hnlich experimentiert wird, beim elektrischen Reiz in diesen Bereich fallen, beim optischen aber nicht.\nIch glaube, dafs sich diese Auffassung f\u00fcr das gesamte Gebiet der Sinnesphysiologie, also auch f\u00fcr akustische, taktile Reize usw., bew\u00e4hrt. Bestimmtes kann ich dar\u00fcber noch nicht sagen, da die Untersuchungen \u00fcber dieses Thema noch nicht abgeschlossen sind. Anscheinend ist es. so: Nennen wir Reize alle diejenigen Einwirkungen, welche ein reizbares Organ in T\u00e4tigkeit versetzen k\u00f6nnen, so wirken schwache Reize nur im Anschlufs an eine Ver\u00e4nderung der reizenden Einwirkung, starke aber dauernd. Das ist, wie mir scheint, das allgemeinste Gesetz der tierischen Reizphysiologie. In der Pflanzenphysiologie scheint es nicht allgemein zu gelten.\nAus dieser Auffassung ergeben sich mehrere interessante Fragestellungen.\nDer schwache elektrische Reiz wird seit Jahrzehnten vielfach studiert, und es sind auf diesem Gebiete mannigfache Gesetz-","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nMartin Gildemeister.\nm\u00e4fsigkeiten auf gedeckt worden. Nach dem Gesagten liegt die Frage nahe, ob bei ganz schwachen Lichtern dieselben Gesetze gelten? Man denke beispielsweise an die bekannte du Boissche Regel, dafs ein Strom desto weniger reizt, je langsamer er sich ver\u00e4ndert. Nach einigen Beobachtungen, die ich k\u00fcrzlich gemacht habe, verh\u00e4lt sich das Licht nicht anders.\nViele Arbeiten auf elektrischem Gebiet besch\u00e4ftigen sich ferner mit der Wirkung kurzer Stromst\u00f6fse, d. h. solcher Str\u00f6me, die kurz nach ihrem Beginn wieder unterbrochen werden. Es hat sich ergeben, dafs ein starker Strom von kurzer Dauer als Reiz gleichwertig ist einem schwachen Strom von langer Dauer. Ist die Dauer des Fliefsens sehr kurz, so kommt es f\u00fcr die Wirkung nur auf das Produkt von Intensit\u00e4t und Dauer, d. h. auf die Elektrizit\u00e4tsmenge an.1 Genau dasselbe gilt bekanntlich auch f\u00fcr den Lichtreiz.\nIn einer Arbeit2, in der O. Weiss und ich das erw\u00e4hnte Quantit\u00e4tsgesetz bei allerk\u00fcrzesten Stromst\u00f6fsen (bis hinab zu 0,00002 Sek. Dauer) auffanden, haben wir auch eine verwandte Frage untersucht. Wenn man einen konstant durch einen Nerven fliefsenden m\u00e4fsig starken Strom (der also nicht als Dauerreiz wirkt) eine kurze Zeit lang unterbricht, so zuckt der Muskel, wenn die Pause eine gewisse Dauer \u00fcberschreitet. Welche quantitativen Beziehungen bestehen nun zwischen der Intensit\u00e4t des unterbrochenen Stromes und der Dauer der eben wirksamen L\u00fccke? Unser Ergebnis l\u00e4fst sich kurz so aussprechen : In einem st\u00e4rkeren Strom bedarf es zu demselben Erregungseffekte einer k\u00fcrzeren Pause als in einem schw\u00e4cheren.\nDa nun das Gesetz der Stromst\u00f6fse sein Analogon auf optischem Gebiete hat, so liegt es nahe, das gleiche f\u00fcr die L\u00fccken zu vermuten. Meines Wissens ist die Wahrnehmbarkeit einzelner kurzer Dunkelpausen bisher noch nicht untersucht worden. Falls hier eine Analogie vorhanden ist, so mufs die Dauer einer eben wahrnehmbaren Lichtl\u00fccke steigen, wenn das Licht selbst abgeschw\u00e4cht wird Wie aus der folgenden Arbeit hervorgeht, trifft die Vermutung zu. Das Produkt von Intensit\u00e4t und\n1\tDieses Gesetz ist freilich noch nicht allgemein anerkannt worden.\n2\t\u00dcber indirekte Muskelreizung durch Stromst\u00f6fse und Strompausen. Pfl\u00fcgers Arch. f. d. ges. Physiologie 130, S. 329\u2014345 (s. besonders S. 337).","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"Analogien zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reize. 255\nDauer bleibt aber nicht wie bei den Lichtblitzen konstant, sondern folgt einem anderen Gesetze, das wieder auch f\u00fcr den elektrischen Reiz Geltung hat.\nSo scheint sich also der Gedanke, dafs sehr enge Analogien zwischen optischen und elektrischen Reizen bestehen, als fruchtbar zu erweisen.\nEs ist nach meiner Meinung noch nicht an der Zeit, daran theoretische Er\u00f6rterungen zu kn\u00fcpfen. Dazu mufs erst noch mehr Material gesammelt werden.","page":255}],"identifier":"lit33638","issued":"1914","language":"de","pages":"252-255","startpages":"252","title":"\u00dcber einige Analogien zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reize","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:21.345581+00:00"}

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