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{"created":"2022-01-31T16:52:34.230867+00:00","id":"lit33641","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Ewald, Wolfgang F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 48: 285-324","fulltext":[{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"285\n(Aus dem zoologischen Institut der Universit\u00e4t Freiburg i. B.)\nVersuche zur Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen (Daphnia pulex).1\nVon\nWolfgang F. Ewald.\nAuf dem Gebiet der vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes bedarf es gegenw\u00e4rtig dringend der Tatsachen. Wir besitzen eine Reihe z. T. sehr geistvoller Theorien, die den Licht-und Farbensinn der niederen und h\u00f6heren Organismen zum Gegenstand haben, aber wir sehen diese Theorien trotz langj\u00e4hriger Arbeit noch derart umstritten, wie es nur m\u00f6glich ist, wenn die Kenntnis der Vorg\u00e4nge, welche die Theorien erkl\u00e4ren sollen, sehr l\u00fcckenhaft und unsicher ist. Die Schwierigkeit der Untersuchung bei Organismen, die uns \u00fcber ihre Wahrnehmungen nichts aussagen k\u00f6nnen, ist eben sehr betr\u00e4chtlich und so kann es kommen, dafs zwei Beobachter \u00fcber einen und denselben Vorgang sich diametral entgegengesetzte Anschauungen bilden, wie dies auf den Gebieten, auf die mich die gegenw\u00e4rtige Arbeit f\u00fchrt, mehrfach der Fall gewesen ist. Ich habe nun geglaubt, einen Versuch machen zu sollen, die gesamten Licht- und Farbenreaktionen eines einzelnen Vertreters der niederen Tierwelt m\u00f6glichst ersch\u00f6pfend zu untersuchen, in der Annahme, dafs aus der genauen Kenntnis aller vorkommenden Reaktionen einer verh\u00e4ltnis-m\u00e4fsig primitiven Form am ehesten ein Verst\u00e4ndnis der zugrunde liegenden allgemeineren Prinzipien zu erlangen sei. Dieser Bericht stellt nur die ersten Ergebnisse der Untersuchung zusammen, doch gedenke ich, noch weiter an dem gleichen Tier zu arbeiten;\n1 Eine ausf\u00fchrlichere Publikation beabsichtige ich in den \u201eZoologischen Jahrb\u00fcchern\u201c zu bringen.\nZeitschr. f. Siimesphysiol. 48.\n19","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nWolfgang F. Ewald.\ndenn mit fortschreitender Kenntnis des Verhaltens dieser Form wird es immer leichter, \u00fcber irgendeine spezielle Frage Auskunft zu erhalten, da die Versuche durch geeignete Anordnung immer kritischer und zweckm\u00e4fsiger gestaltet werden k\u00f6nnen. Das von mir benutzte Tier war Daphnia pulex, der sog. Wasserfloh, ein Entomostrake des s\u00fcfsen Wassers, der in den Gartenbassins des zoologischen Instituts massenhaft vorkommt und den Winter \u00fcber in Aquarien reichlich gez\u00fcchtet werden konnte.\nI. Versuche mit gemischtem Licht.\nMit Daphnia habe ich bereits im Jahre 1906 mich zu\nbesch\u00e4ftigen begonnen; die Versuche sind in der im Jahre 1910\n\u2022 \u2022\nerschienenen Arbeit \u201eUber Orientierung, Lokomotion und Bewegungsreaktionen einiger Cladoceren\u201c enthalten.\nIch will hier kurz das Wesentliche dieser Tatsachen mitteilen,. da es zum Verst\u00e4ndnis meiner neuen Versuche notwendig ist. Beleuchtet man erwachsene Daphnien mit einer oben oder seitlich angebrachten Lichtquelle, so bewegen sie sich nicht etwa dauernd auf diese zu, wie das besonders bei Larvenstadien vieler Tiere, auch jungen Daphnien, geschieht, sondern sie schwimmen ruhig, den R\u00fccken (bei Seitenlicht) oder Scheitel (bei Oberlicht) der Lichtquelle zugekehrt, in kleinen St\u00f6fsen senkrecht aufw\u00e4rts,, gen\u00fcgend um der Schwerkraft entgegenzuwirken und sich in der Schwebe zu halten. Gelegentlich wrerden diese Bewegungen unterbrochen durch ausgiebigere Ortsbewegungen auf das Licht hin und wieder zur\u00fcck, mitunter in \u00e4ufserst regelm\u00e4fsiger Periodizit\u00e4t. Setzt man nun pl\u00f6tzlich das Licht um einen gewissen Betrag herab, so erfolgt erst eine kurze Pause des Antennenschlages und dadurch geringes Absinken, worauf die Tiere sich um 180\u00b0 umwenden (bei seitlicher Lichtquelle) und dann in schnellen St\u00f6fsen auf das Licht zuschwimmen. An der Vorderscheibe des Glases angekommen st\u00f6fsen sie eine Weile mit den K\u00f6pfen dagegen , drehen sich dann wieder so, dafs die urspr\u00fcngliche Orientierung mit dem R\u00fccken gegen das Licht eingenommen wird und verteilen sich langsam durch das Glas. Ist die Lichtquelle oben angebracht, so erfolgt ebenfalls erst geringes Absinken, dann mehr oder weniger kr\u00e4ftiges Aufsteigen und schliefslich wieder normale Lokomotion. Man kann nun abermals das Licht um den gleichen Betrag herabsetzen und der Vorgang wird sich","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n287\nin genau der gleichen Weise wiederholen. Erh\u00f6ht man 'aber die Intensit\u00e4t des Lichts wieder auf den fr\u00fcheren Wert, so tritt die umgekehrte Reaktion ein: die Tiere sinken passiv durch Verringerung der Bewegung ab. Gleichzeitig schwimmen sie bei seitlicher Beleuchtung langsamer oder schneller von der Lichtquelle fort; die schon an der \u201enegativen\u201c Seite des Gef\u00e4fses befindlichen Tiere stofsen dabei mit den K\u00f6pfen an die Wand. Bei oben angebrachter Lichtquelle erfolgt auf st\u00e4rkere Erhellung aktives Abw\u00e4rtsschwimmen mit nach unten gewendetem Kopf. Nach einiger Zeit verteilen sich die Tiere auch hier wieder durch das Gef\u00e4fs. Wir sehen also, dafs Wiederherstellung der gleichen Intensit\u00e4t, von der wir urspr\u00fcnglich ausgegangen waren, als Reiz wirkt, wenn inzwischen eine andere Intensit\u00e4t eingeschaltet war. Mit anderen Worten: Es gibt f\u00fcr diesen Reflex keine dauernd gleichbleibende Beziehung zwischen\nLichtintensit\u00e4t und Effekt. Der Vorgang beruht auf dem Mafs\n\u2022 \u2022\nder \u00c4nderung der Intensit\u00e4t pro Zeiteinheit, der Reiz ist also ein alterativer: Erhellung oder Verdunklung. Dies wird aufs schlagendste auch dadurch bewiesen, dafs sehr allm\u00e4hliche Ver\u00e4nderung der Intensit\u00e4t v\u00f6llig wirkungslos bleibt.\nFassen wir also die Vorg\u00e4nge, die ich soeben als Folgen\nder Erhellung beschrieben habe, als negative Reaktion, die anderen\nals positive Reaktion zusammen, so mufs der Fundamentalsatz\nf\u00fcr den alterativen Lichtreiz lauten: Erhellung macht\nnegativ, Verdunklung macht positiv.1 Ich habe diese\n\u2022 \u2022\nReaktionen auf \u00c4nderungen der Lichtintensit\u00e4t die positiven und negativen Bewegungsreflexe genannt.\nPr\u00fcft man des n\u00e4heren den Vorgang, der bei einer starken Erhellung stattfindet, so zeigt sich, dafs der oben genannte Satz nicht streng zutrifft. Figur 1 zeigt die Kurve der Bewegungen einer einzelnen Daphnie in einem 60 cm langen horizontal liegenden Rohr von 15 mm Weite. An einem Ende wird eine kleine Bogenlampe von ca. 800 H.-K. eingeschaltet. Das Versuchstier bewegt sich nun l\u00e4ngere Zeit hindurch abwechselnd auf das Licht zu und vom Licht fort ; die Perioden werden aber kleiner und kleiner und schliefslich bleibt das Tier fast station\u00e4r: der Reiz ist abgeklungen. Eine fast identische Kurve ver\u00f6ffentlichte ich in\n1 Der Adaptationszustand kann vor\u00fcbergehende Ausnahmen von dieser Regel bewirken, worauf wir hier nicht n\u00e4her einzugehen brauchen.\n19*","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nWolfgang F. Ewald.\nmeiner Dissertation vor 5 Jahren, nur mit dem Unterschied, dafs dort das Licht von oben einfiel (Sonnenlicht) und der Glaszylinder gr\u00f6fser war.1 Diese Tatsache der periodisch umkehrenden Reaktion auf starken Lichtreiz macht sich sehr st\u00f6rend bemerkbar, wenn man mit hohen Intensit\u00e4ten arbeitet. Mitunter tritt auch nach langer Zeit keine Beruhigung ein, zumal wenn in engen Gef\u00e4fsen beobachtet werden mufs. Unter diesen Umst\u00e4nden bewirken sowohl Erhellungs- als Verdunklungsreize nur eine Beschleunigung\nFigur 1.\nZeit in Minuten.\nEin Exemplar von Daphnia befindet sich in einem Glasrohr von 6 ) cm L\u00e4nge und 15 mm Durchmesser, das bei Cb von einem Ende her mit\nBOOkerziger Bogenlampe beleuchtet wird.\n1 Diese von mir entdeckten rkleinen Lokomotionsperioden\u201c bei Lichtreizung sind eine sehr allgemeine Erscheinung. Aufser an Daphnien habe ich sie an Copepoden und Balanus-Nauplien, Franz an Mysiden beobachtet (s. auch Ewald 1910, S. 15).","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n289\nder periodischen Lokomotion, so dafs die Tiere zu Versuchen jeder Art unbrauchbar sind. Wir werden auf diesen Punkt noch zur\u00fcckzukommen haben. Ich habe mir die Frage vorgelegt, woran wohl diese periodische Umkehr der Reaktion liegen kann und erinnerte mich dabei an die bei der photographischen Platte und bei Pflanzen beobachteten periodisch umkehrenden Reaktionen auf Belichtung. Belichtet man eine Platte, so tritt erst Schw\u00e4rzung ein, die jedoch mit gr\u00f6fserer Lichtmenge verh\u00e4ltnism\u00e4fsig immer weniger stark zunimmt, um schliefslich sogar in das Gegenteil, die sog. Solarisation, eine fortscheitende Aufhellung, umzuschlagen. Bei noch ausgiebigerer Belichtung tritt dann wieder eine Periode zunehmender Schw\u00e4rzung auf; die Kurve der\nSchw\u00e4rzung stellt mithin eine Wellenlinie, und zwar mit ab-\n\u2022\u2022\nnehmender Amplitude, dar. \u00c4hnlich liegt der Fall bei der phototropischen Kr\u00fcmmung der Pflanzen, wo wir bei fortschreitender Belichtungsdauer erst eine positive, dann eine negative, dann abermals eine positive Kr\u00fcmmung beobachten, genau wie bei der photographischen Platte. Es w\u00e4re nicht undenkbar, dafs wir es bei der Reaktion von Daphnia mit einem \u00e4hnlichen Vorgang zu tun haben und dafs der periodische Ablauf ein Charakteristikum gewisser photochemischer Prozesse darstellt. (Die abnehmende Amplitude kann man sich durch Superposition eines adaptiven Prozesses erkl\u00e4ren, wie denn mathematisch eine Weilenkurve mit abnehmender Amplitude aus einer periodischen Sinuskurve und einer Exponentialkurve entstanden gedacht werden kann.) Andererseits ist es aber auch vorl\u00e4ufig durchaus m\u00f6glich, dafs es sich um andere als photochemische Ursachen handelt; ich weise daher nur auf die interessante M\u00f6glichkeit hin, dafs eine \u00dcbereinstimmung mit den bei der photographischen Platte konstatierten Prozessen denkbar sei.\nWir haben also festgestellt, dafs normalerweise der Verlauf der sichtbaren Reaktion auf Lichtreize durch schnelles Abklingen des Effektes charakterisiert wird und wir m\u00fcssen uns nunmehr die Frage vorlegen, wie unter diesen Umst\u00e4nden eine dau ernde Einstellung des Tieres in die Lichtrichtung, eine Orientierung stattfinden k\u00f6nne. Bekanntlich stehen sich in der Frage, wie die Orientierung zum Licht bei den phototropischen und phototaktischen Organismen zustande kommt, die Meinungen noch immer schroff gegen\u00fcber. Loeb, der Pr\u00e4ger des Begriffs des tierischen Phototropismus, hat wiederholt seiner","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nWolfgang F. Ewald.\nAnsicht Ausdruck gegeben, dafs die Lichtreaktionen einzuteilen seien in \u201eheliotropische\u201c, d. h. zur Lichtquelle orientierende einerseits, und \u201eunterschiedsempfindliche\u201c, d. h. solche, die in bestimmten, aber unorientierten Bewegungsreaktionen auf Lichtreiz bestehen, andererseits. Er hat weiter die Ansicht ausgesprochen, dafs die \u201eheliotropischen\u201c Erscheinungen eine Funktion der konstanten Intensit\u00e4t des Lichts seien, und dafs f\u00fcr sie das Gesetz von Bunsen und Roscoe gelten m\u00fcsse, nach dem der Effekt bei gewissen photochemischen Prozessen gleich dem Produkt von Beleuchtungsintensit\u00e4t und Belichtungszeit (Pr\u00e4sentationszeit der Botaniker) ist : e = i \u2022 t ; die Unterschiedsreaktionen sollen dagegen eine Funktion der \u00c4nderung der\ndi\nIntensit\u00e4t in der Zeiteinheit sein und die Differentialformel: e =\ndt\ndie Beziehung zwischen Reiz und Effekt ausdr\u00fccken. Damit will Loeb die Meinung aussprechen, dafs eine dauernde Orientierung f\u00fcr ihn nur denkbar sei, wenn einer bestimmten Beleuchtungsintensit\u00e4t auf jeder Seite eines bilateral symmetrischen Organismus dauernd ein entsprechender Zustand der lichtempfindlichen Substanzen und der Bewegungsorgane entspreche. Wird etwa auf einer Seite des Tieres die Intensit\u00e4t erh\u00f6ht, so mufs das eine st\u00e4rkere Beeinflussung der photochemischen Prozesse auf dieser K\u00f6rperseite und eine entsprechende \u00c4nderung der Bewegungen der von ihnen abh\u00e4ngigen Bewegungsorgane zur Folge haben. So beobachtet man etwa bei einseitiger Schw\u00e4rzung der Sehorgane gewisser Tiere, dafs sie dann dauernd in Kreisen laufen oder schwimmen, dafs also der Unterschied zwischen beiden Seiten fortgesetzt bestehen bleibt. Als \u201eunterschiedsempfindlich\u201c bezeichnet Loeb solche Tiere, die zwar auf Licht reagieren, aber nicht durch das Licht orientiert werden, d. h. nicht dauernd und zwangsm\u00e4fsig eine bestimmte K\u00f6rperlage mit Bezug auf die Lichtquelle einhalten m\u00fcssen. Das Wort \u201eunterschiedsempfindlich\u201c ist sehr ungl\u00fccklich gew\u00e4hlt, denn es steht in keiner logischen Beziehung zu seinem Gegensatz \u201eheliotropisch\u201c und f\u00fchrt leicht zu der Auffassung, dafs \u201eheliotropische\u201c Tiere nicht durch Unterschiedsempfindlichkeit orientiert werden k\u00f6nnen, was a priori durchaus nicht zu entscheiden ist. An diese Ausdr\u00fccke halten sich denn auch einige Gegner der Tropismenlehre, um diese als unzutreffend hinzustellen. Ich habe bereits in meiner Schrift : \u201eIst die Lehre vom tierischen Phototropismus widerlegt?\u201c","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen. 291\n(Ewald 1913) darauf hingewiesen, dafs diese Lehre ganz unabh\u00e4ngig davon ist, ob nun die Orientierung auf diesem oder jenem Wege zustande komme und tats\u00e4chlich hat Loeb m. W. niemals das Vorhandensein des Tropismus von einer bestimmten Art der Orientierung definitionsm\u00e4fsig abh\u00e4ngig gemacht. Der Eindruck, als sei dies geschehen, stammt von Jennings (1904) und insbesondere von Mast (1911) die glauben, eine Orientierung durch Reaktionen auf Unterschiede der Lichtintensit\u00e4t sei mit der Tropismentheorie Loebs unvereinbar.1 Jennings behauptete, dafs Bewegungen von Protisten vom Licht fort oder auf das Licht zu stattfinden k\u00f6nnten, ohne dafs eine dauernde K\u00f6rpereinstellung nach der LoEBschen Vorstellung stattf\u00e4nde. Vielmehr reagiere der Organismus nur auf Wechsel in der Beleuchtungsintensit\u00e4t, und zwar, durch eine Reihe stereotyper, von der Richtung der Lichtquelle unabh\u00e4ngiger Probierbewegungen, die auf h\u00f6ren, wenn der Reiz beseitigt sei. Nun brauche nur ein Ende des Tieres lichtempfindlicher zu sein als das andere, um sofort zu einer Art Orientierung zu f\u00fchren. Denn jede Abweichung aus der korrekten Einstellung f\u00fchre zu einem Reiz durch Erhellung oder Verdunklung des lichtempfindlichen K\u00f6rperpols und zu einer Reihe von Probierbewegungen, die erst bei Wiederherstellung der ersten Lage auf h\u00f6ren. Dieser Befund scheint ihm mit seiner Auffassung der Tropismentheorie im Sinne Loebs unvereinbar und er bezeichnet daher diese Orientierung nicht als Tropismus, sondern als die \u201eMethode der Probierbewegungen\u201c. Um zu wiederholen : der Streit dreht sich um die Frage, ob die Orientierung auf Grund station\u00e4rer Gleichgewichte in den lichtempfindlichen Substanzen zustande komme (resp. durch die Tendenz Ungleichgewichte in Gleichgewichte \u00fcberzuf\u00fchren). Oder ob sie auf Beantwortung alterativer Reize beruhe,\n\u2022 \u2022\nwo demgem\u00e4fs die Reaktion von der Gr\u00f6fse der \u00c4nderung der Bedingungen in der Zeiteinheit abh\u00e4ngt. Neuerdings ist nun durch Banceoet (1913) an einem der von Jennings haupts\u00e4chlich verwendeten Organismen (Euglena) gezeigt worden, dafs neben den unorientierten Reaktionen auf Unterschiede der Beleuchtung andere einhergehen, die die Orientierung im Sinne der LoEBschen Hypothese bewirken und dafs diese beiden Reaktionsweisen ganz unabh\u00e4ngig voneinander bestehen und beeinflufst werden k\u00f6nnen. Es scheint mir, falls Banceoets Versuche sich best\u00e4tigen, auch\n1 Eine ausf\u00fchrliche Diskussion dieser Fragen gibt Bancroft (1913).","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nWolfgang F. Ewald.\nder letzte Grund fortzufallen, die von Jennings und Mast ausgehende Opposition gegen die Tropismenlehre als sachlich berechtigt anzuerkennen; denn abgesehen von der Unabh\u00e4ngigkeit der Theorie von dieser Frage scheinen jetzt auch die Tatsachen, auf die sich die Einw\u00e4nde st\u00fctzten, vielmehr Loebs Hypothese der Orientierung zu best\u00e4tigen.\nIm folgenden sollen meine Versuche an Daphnia beschrieben werden, die f\u00fcr diesen Organismus eine Kl\u00e4rung der besprochenen Fragen anstreben. Wir wollen hier von den Versuchen an den Augenbewegungen dieser Tiere ausgehen. Wie das Auge von Daphnia aus einer Anzahl morphologisch scheinbar gleicher Einzelommen (Facettenglieder) aufgebaut ist, die maulbeerf\u00f6rmig um die Stelle des Nervenaustritts (dem Stielansatz der Beere vergleichbar) gruppiert sind, darf ich als bekannt voraussetzen. Ebenso weifs man seit Rades (1903) Untersuchungen, dafs das Auge einer auf dem Objekttr\u00e4ger des Mikroskops festgeklemmten Daphnia mit Hilfe seiner Muskulatur innerhalb gewisser Grenzen .eine feste Einstellung zu einer seitlich stehenden Lichtquelle beizubehalten sucht, soviel man auch den Tisch des Mikroskops drehen mag. Bewegt man andererseits die Lichtquelle, so folgt das Auge dieser Bewegung, soweit es dazu imstande ist. Diese Beobachtung ist von mir best\u00e4tigt (1910) und aueh von anderen Autoren seither genau geschildert worden, so dafs ich hier auf weitere Angaben wohl verzichten kann. In der beschriebenen Lage auf dem Mikroskoptisch werde das Auge von zwei Lichtstrahlenb\u00fcndeln getroffen: das erste komme vom Spiegel her, also von unten; das zweite komme direkt von der betreffenden Lichtquelle, als von der Seite oder von oben. Ver\u00e4ndert man nun die Intensit\u00e4t einer der beiden Lichtquellen, so ist eine so-fortige \u00c4nderung der Augeneinstellung die Folge, die dann dauernd erhalten bleibt. Aus dieser Tatsache allein, so sehr sie f\u00fcr eine konstante Lichtwirkung zu sprechen scheint, kann man allerdings noch nicht die zur Entscheidung unserer Frage notwendigen Schl\u00fcsse ziehen. Denn wenn auch das Auge eine feste Einstellung zum Lichte zeigt, und auf Ver\u00e4nderung des Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisses der beiden Lichtquellen durch eine sofort zweckm\u00e4fsige und konstant beibehaltene Neueinstellung antwortet, so kann trotzdem die Reaktion auf Unterschiedsemptindlichkeit beruhen. Denn bei","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht* und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n293\nder Verschiebung der Lage des Auges zum Licht ver\u00e4ndert sich der Lichteindruck in s\u00e4mtlichen Einzelommen und die Reizprozesse k\u00f6nnten auf allen Seiten so gleichm\u00e4fsig abklingen, dafs ihr Verh\u00e4ltnis unver\u00e4ndert bleibt, und die Einstellung zwischen verschieden starken Lichtquellen genau beibehalten wird. Ich versuchte nun zun\u00e4chst mittels der Augenbewegungen von Daphnia die von Loeb zum Kriterium erhobene Frage der G\u00fcltigkeit des Bunsen-RoscoE-Gesetzes zu beantworten, um der L\u00f6sung der Hauptfrage n\u00e4her zu kommen. Bei den im Sommer letzten Jahres (siehe Science, 1913, Bd. 38, S. 236) angestellten Experimenten wurde die folgende Anordnung verwendet. Das Mikroskop mit dem Tier befand sich in einem Dunkelzimmer. Das Auge wurde erstens durch den Mikroskopspiegel von unten mit schwachem konstantem Licht bestrahlt. Zweitens wurde ein Strahlenb\u00fcndel durch einen Ausschnitt in der Wand des Dunkelzimmers von einer Seite her auf das Auge geworfen, und zwar mufste das-Licht entweder eine kleine Blende passieren, oder eine entsprechend gr\u00f6fsere dicht daneben liegende, die aber durch ein rotierendes Sektorenrad (Episkotister) periodisch geschlossen wurde. Das Verh\u00e4ltnis der Blendenweiten und Unterbrechungsperioden konnte so eingerichtet werden, dafs durch beide Blenden gleiche Lichtmengen hindurchtreten konnten, z. B. durch die eine die Intensit\u00e4t i kontinuierlich, durch die andere die Intensit\u00e4t 2 i, aber unterbrochen durch eine Scheibe, die pro Umdrehung das Licht w\u00e4hrend der halben Zeit ausl\u00f6schte. Durch eine geeignete Vorrichtung konnte momentan von der einen auf die andere Belichtungsart umgeschaltet werden. Zeigte sich nun, dafs bei \u00dcbergang vom konstanten zum intermittierenden Licht gleicher Energiemenge keine Neueinstellung des Auges stattfand, so war bewiesen, dafs eine einfache Summierung einzelner Lichteindr\u00fccke zu einem konstanten Effekt stattfindet, und dafs f\u00fcr die Gr\u00f6fse dieses Effekts das Verh\u00e4ltnis e = i-t mafsgebend ist; denn um die beiden Lichtmengen gleichzumachen haben wir ja die gr\u00f6fsere Blende und den Episkotister so eingerichtet, dafs\nt\t2 i \u2022 t\ndie Intensit\u00e4t = 2 i, die Zeit dagegen \u2014 g- ist, also e =\t= i \u2022 L\nDas war nun tats\u00e4chlich innerhalb der Fehlergrenzen von etwa\n\u2022 \u2022\n10% f\u00fcr die versuchten Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der Fall. \u00dcbergang vom konstanten zum intermittierenden Licht gleicher Energiemengen bewirkte keine Reaktion; \u00fcberstieg aber der","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nWolfgang F. Ewald.\nUnterschied der Energiemengen 10 \u00b0/0 \u2014 bewirkt etwa durch entsprechende Ver\u00e4nderung des Sektoren Verh\u00e4ltnisses am Episkotister \u2014 so trat prompte Reaktion des Auges ein.\nDas Gesetz, nach dem ein konstantes Licht gleichwertig einem intermittierenden von gleicher durchschnittlicher Lichtintensit\u00e4t, resp. gleicher Energiemenge ist, heilst nach seinem Entdecker Talbots Gesetz. Nun haben sich bisher wohl fast alle Untersucher dieses Gesetzes, so v. Helmholtz, v. Kries (1904), Nathansohn und Pringsheim (1908) und neuerdings besonders Fr\u00f6schel (1910), auf den Standpunkt gestellt, dafs dieses Gesetz im Prinzip das gleiche besage, wie Bunsen und Roscoes Gesetz, resp. doch ohne die G\u00fcltigkeit des letzteren unm\u00f6glich zutreffen k\u00f6nne, wie ja auch einfache \u00dcberlegung lehrt. Denn in der Tat k\u00f6nnte die oben geschilderte Summierung einzelner Hell- und Dunkelperioden zu einer Wirkung vom Durchschnittswert nicht stattfinden, wenn nicht f\u00fcr jedes Zeitdifferential e = i-dt w\u00e4re, und f\u00fcr eine beliebige l\u00e4ngere Periode e = i-t (i hier = Durchschnittsintensit\u00e4t). Ich z\u00f6gere also nicht, durch diesen Versuch die G\u00fcltigkeit auch des BuNSEN-RoscoEschen Gesetzes f\u00fcr erwiesen anzusehen.\nEin weiterer BewTeis f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Bunsen-Rocoe-Gesetzes wurde dann in den phototropischen Kr\u00fcmmungen des Hydroiden Eudendrium ramosum gefunden (Loeb und Ewald, 1914). Es zeigte sich, dafs innerhalb gewisser Zeitgrenzen (versucht wurden Zeiten von 10 Minuten bis zu 10 Stunden) die frischregenerierten Hydranthen bei Belichtung von einer Seite her stets dann zu 50 \u00b0/0 eine positive Kr\u00fcmmung aufwiesen, wenn das Produkt von Lichtintensit\u00e4t und Belichtungsdauer einen konstanten Wert auf wies. Bei doppelter Entfernung von der Lichtquelle mufste die Belichtungszeit z. B. vervierfacht werden, um wieder das gleiche Resultat zu erzielen. Man erkennt aber ohne weiteres aus den 1. c. ver\u00f6ffentlichten Tabellen, dafs die G\u00fcltigkeit des Gesetzes keine strenge ist. Vielmehr sind bei k\u00fcrzeren Belichtungszeiten die Effekte verh\u00e4ltnism\u00e4fsig etwas gr\u00f6fser, als bei l\u00e4ngeren. Solche Versuche sind nun an Pflanzen schon l\u00e4ngst von Botanikern (Fr\u00f6schel, Blaauw, Clark) mit grofser Exaktheit ausgef\u00fchrt worden und haben ergeben, dafs das Gesetz f\u00fcr die erste positive Kr\u00fcmmung sehr genau gilt. Belichtet man aber l\u00e4nger, als der Schwellenwert f\u00fcr die erste positive Kr\u00fcmmung betr\u00e4gt, etwa bis zum Eintritt der zweiten nega-","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Analyst der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n295\ntiven Kr\u00fcmmung, so gilt das Gesetz bereits nicht mehr genau (Claek 1918). Dafs auch f\u00fcr die photographische Platte das Gesetz nur im ersten Stadium der Schw\u00e4rzung gilt und der Effekt um so geringer ist, je langsamer die Energie zustr\u00f6mt, ist schon lange bekannt (Schwaezschild 1899). Auch f\u00fcr das menschliche Auge wurde nachgewiesen (Bloch, Chaepen-tiee, y. Keies, Weiss und Lacqueue, Lummee und Beodhun, dagegen nur Paekee und Patten) dafs bis zu einer Belichtungsdauer von 0,125 Sek. das Gesetz gelte, dar\u00fcber hinaus aber nicht\nm \u2022\nmehr (v. Keies 1907). \u00dcberall begegnen wir also der Erscheinung, dafs das Gesetz zwar gilt, aber nur f\u00fcr die Schwellenwerte der Reaktion; und zwar scheint dies sowohl f\u00fcr solche Vorg\u00e4nge zuzutreffen, die man als station\u00e4re Gleichgewichte auf fassen mufs, als f\u00fcr solche, die sicherlich zu den alterativen Reizen geh\u00f6ren. Zur Entscheidung der Frage, ob die Tropismen zu den ersteren oder letzteren geh\u00f6ren, scheinen also die Versuche \u00fcber die G\u00fcltigkeit des B\u00fcNSEN-RoscoEschen Energiemengengesetzes (oder, nach Fe\u00f6schel, Hyperbelgesetzes) keine Kriterien zu liefern.\nIch versuchte nun, in meinen neuen Experimenten dieser Frage auf anderem Wege beizukommen. Ich \u00fcberlegte mir, dafs wir in der eingangs beschriebenen Reaktion auf Wechsel der Beleuchtung bei Daphnia zweifellos einen alterativen Reizvorgang haben, bei dem also der Grad der \u00c4nderung pro Zeiteinheit den Effekt bestimmt. Falls nun f\u00fcr die Orientierung ein anderer Mechanismus vorhanden sei, so m\u00fcssen beide sich in ihrer Reaktion auf intermittierende Reize gewisser Frequenzen unterscheiden. Denn da es im Wesen des alterativen Reizes liegt, dafs er rasch abklingt, so sollte es eine Unterbrechungsfrequenz geben, bei der jeder neue Lichtblitz als neuer Reiz wirksam wird, w\u00e4hrend es f\u00fcr einen station\u00e4ren Gleichgewichtszustand unerheblich sein sollte, ob die Energie kontinuierlich oder intermittent zugef\u00fchrt wird. F\u00fcr die photographische Platte ist zum Beispiel angen\u00e4hert das letztere der Fall, es ist sogar die Wirkung des intermittierenden Lichts eher etwas schw\u00e4cher als die des konstanten (Abney 1906, Englisch 1899), ebenso f\u00fcr geotropische Reizung der Pflanzen (Fitting 1909). F\u00fcr das menschliche Auge liegen bisher m. W. keine genauen Angaben vor, wie sie etwa durch Messung des Adaptationszustandes nach langsam intermittierender Reizung zu erlangen w\u00e4ren ; nur f\u00fcr h\u00f6here Frequenz haben wir die erw\u00e4hnten genauen Unter-","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nWolfgang F. Ewald.\nsuchungen. F\u00fcr die elektrische Momentanreizung gilt dagegen zweifellos der erstere Fall, nach dem jeder Einzelreiz gesondert wirksam wird, ein intermittierender Reiz also niemals wie ein konstanter von halber Stromst\u00e4rke wirken k\u00f6nnte.\nMeine Versuchsanordnung zeigt die Fig. 2. In einem schwarzen Kasten K befindet sich eine lOOkerzige mattierte Osramlampe, deren Licht durch zwei Fenster von 10 cm Durchmesser, die mit ge\u00f6ltem Papier bespannt sind, austreten kann. Das Licht wird durch die Spiegel S1 und S2 etwa im Winkel von 70\u00b0 auf den runden Glasbeh\u00e4lter G geworfen, von dem aus also beide Fenster v\u00f6llig zu sehen sind, aber nur indirekt, durch die Spiegel.\nFigur 2.\nAnordnung f\u00fcr doppelseitige Reizung mit konstantem und intermittierendem Licht. K = Kasten mit lOOkerziger Lampe L. Si und S2 \u2014 Spiegel, die das Licht in das Glasgef\u00e4fs G werfen. E \u2014 Episkotister (Unterbrecher),\nvom Motor M angetrieben.\nDie direkten Strahlen sind durch einen Schirm abgeblendet. Vor jedem der beiden Fenster kann ein Episkotister rotieren, der durch passende Wahl des Verh\u00e4ltnisses der offenen und der schwarzen Sektoren sowie durch verschiedene \u00dcbersetzuugen zum Motor eine beliebige Unterbrechungsfrequenz anzuwenden gestattet. Aulserdem l\u00e4fst sich die Lichtintensit\u00e4t durch \u00c4nderung des Durchmessers der Fenster\u00f6ffnungen mittels Steckblende oder Irisblende ver\u00e4ndern. Das Gef\u00e4fs G steht auf einem besonderen Tisch ersch\u00fctterungsfrei.\nUm die Tiere, die in den Beh\u00e4lter G kamen, energisch positiv zu machen, pflegte ich nach Loebs Vorgang (Loeb 1906)","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n297\netwas kohlensaures Wasser in das Glas zu geben. Junge Tiere sind auch von selbst stark positiv, ganz als wenn sie normalerweise unter Kohlens\u00e4ureeinflufs st\u00e4nden. \u00dcberl\u00e4fst man nun die Tiere sich selbst, w\u00e4hrend von beiden Fenstern gleichviel Licht auf den Beh\u00e4lter f\u00e4llt, so sammeln sie sich am positiven Pol P des Gef\u00e4fses, d. h. an der, dem Kasten K n\u00e4chsten Stelle, genau in der Mitte zwischen den von den Spiegeln kommenden Strahlenb\u00fcndeln. Die Einstellung erfolgt also nach dem Parallelogramm der Kr\u00e4fte in die Halbierende des Winkels zwischen den beiden mittleren Strahlen, d. h. in die Resultante des Kr\u00e4ftepaares. Verkleinert man nun die \u00d6ffnung des einen Fensters, so dafs die Intensit\u00e4t etwa auf die H\u00e4lfte herabgemindert wird, so wandert die Ansammlung der Tiere in der Richtung auf die andere Seite und macht schliefslich halt etwa in der Mitte zwischen dem positiven Pol und dem Punkt Q, der genau der st\u00e4rkeren Lichtquelle gegen\u00fcberliegt. Der Ansammlungspunkt liegt also wieder auf der Resultante des durch die beiden Strahlenb\u00fcndel gebildeten Kr\u00e4ftepaares.\nL\u00e4fst man nun die \u00d6ffnung des einen Fensters auf die\nH\u00e4lfte der Fl\u00e4che verkleinert, wie vorher, und setzt vor dem\n\u2022 \u2022\ngr\u00f6fseren (mit voller \u00d6ffnung) eine Sektorenscheibe in Rotation, die aus einer schwarzen Halbkreisfl\u00e4che besteht, das Licht also w\u00e4hrend der halben Umdrehungszeit ausl\u00f6scht, so bewegt sich die Ansammlung sofort wieder auf die Mitte zu und bleibt dort station\u00e4r, da nunmehr die von beiden Fenstern kommenden Lichtmengen wieder gleich sind. Es gilt also f\u00fcr\ndas intermittente Licht wieder das Verh\u00e4ltnis e = 2 i \u2022 ~ = i \u2022 t.\nU\nVergr\u00f6fserung der Blende auf der Seite des konstanten Lichts\nbewirkt eine Bewegung nach dieser Seite hin, die bei voller \u2022 \u2022\n\u00d6ffnung die Mittellage zwischen dem dieser Lichtquelle gegen\u00fcberliegenden Punkt Q und dem positiven Pol des Gef\u00e4fses erreicht. Ver\u00e4nderung der Rotationsgeschwindigkeit hat auf die Lage der Ansammlung nicht den geringsten Einflufs. Es ist gleichg\u00fcltig, ob die Unterbrechungsfrequenz 1 pro Sekunde oder 30 pro Sekunde betr\u00e4gt. Geht man allerdings noch weiter mit der Frequenz herunter, so beginnen die Tiere w\u00e4hrend der Dunkelperiode abzuwandern und bei Eintritt des n\u00e4chsten Reizes wieder umzukehren. Aber abgesehen von diesem extremen Fall ergab sich in allen versuchten","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nWolfgang F. Ewald.\nKombinationen immer wieder das gleiche Resultat: gleiche Licht mengen haben gleiche orientierende Wirkung, gleich g\u00fcltig ob sie kontinuierlich oder intermittierend zugef\u00fchrt werden und ohne R\u00fccksicht auf die Unterbrechungsfrequenz des intermittierenden Lichts, innerhalb sehr weiter Grenzen.\nBei Untersuchung der Augenbewegungen konnten wir nicht soweit mit der Unterbrechungsfrequenz herabgehen, da schon bei verh\u00e4ltnism\u00e4fsig grofser Geschwindigkeit Pendelbewegungen des Auges auftreten, die die Beobachtung unm\u00f6glich machen. Die K\u00f6rpereinstellung der Tiere wird dadurch aber nicht be-einflufst und gibt uns das Mittel an die Hand, den Effekt auch langsam unterbrochenen Lichtes zu untersuchen.\nGehen wir nunmehr an die Untersuchung der positiven und negativen Bewegungsreflexe, so ergibt sich ohne weiteres eine einfache Modifikation des oben beschriebenen Apparates, die uns zum Ziele f\u00fchren kann. Wir ersetzen n\u00e4mlich den Beh\u00e4lter G durch einen, um eine schr\u00e4ge Achse drehbar gelagerten Spiegel, der das von S\u00b1 oder S2 kommende Licht senkrecht nach unten wirft; unter diesem Spiegel steht ein Glaszylinder, der also durch einfache Drehung des Spiegels um einen kleinen Betrag mit Licht von dem einen oder anderen Fenster des Kastens K bestrahlt werden kann.\nBringt man gut dunkeladaptierte Daphnien in den Zylinder Z, der nat\u00fcrlich nach allen Seiten \u2014 mit Ausnahme eines Schlitzes f\u00fcr die Beobachtung \u2014 lichtdicht abgeschlossen ist, und bestrahlt\nsie abwechselnd mit Licht von beiden gleich grofsen Fenstern,\n\u2022 \u2022\nso tritt nicht die geringste \u00c4nderung ihres Verhaltens ein. Verkleinert man aber die eine \u00d6ffnung um ein geringes mittels der Irisblende, so bewirkt \u00dcbergang von dieser zu der gr\u00f6fseren \u00d6ffnung sofort Absinken. Der umgekehrte Wechsel hat ebenfalls , besonders bei st\u00e4rkerem Unterschied zwischen beiden Fenstern, erst Absinken, dann aber kr\u00e4ftiges Aufsteigen zur Folge. Richtet man nun wieder die beiden Fenster so ein, dafs das eine halbe Fl\u00e4chengr\u00f6fse, das andere dagegen volle \u00d6ffnung zeigt, und l\u00e4fst vor dem letzteren den Halbkreisepiskotister rotieren, so dafs das Licht w\u00e4hrend jeder halben Umdrehung abgeblendet wird, so zeigt sich ein h\u00f6chst eigenartiges Verhalten der Tiere. Reguliert man die Rotationsgeschwindigkeit auf etwa 1 Umdrehung pro Sekunde, so hat \u00dcbergang vom konstanten zum","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n299\nintermittierenden Licht gleicher Dnrchschnittsintensit\u00e4t ganz starkes Absinken, wie bei starker Erhellung, zur Folge; Zur\u00fcckgehen zum konstanten Licht hat den umgekehrten Effekt. Das intermittierende Licht wirkt also hier ganz anders, wie konstantes Licht, und zwar als ein erheblich st\u00e4rkerer Lichtreiz! Um mir eine quantitative Vorstellung von der Gr\u00f6fse des Unterschiedes zwischen intermittierendem und konstantem Licht bei verschiedenen Unterbrechungsfrequenzen zu machen, verkleinerte ich nun mit Hilfe der Irisblende die Fl\u00e4che des gr\u00f6fseren Fensters (dessen Licht durch den Episkotister unterbrochen wird) so lange, bis f\u00fcr jede gew\u00e4hlte Frequenz Gleichheit mit dem konstanten Licht bestand, die Daphnien also beim \u00dcbergang keine Reaktion zeigten. Die Resultate zeigt die\nFigur 3.\nQuadrate der Blendendurchtnesser.\n\"Resultat einer Versuchsreihe, bei der durch Verengerung einer Irisblende intermittierendes Licht verschiedener Unterbrechungsfrequenz einem konstantem Reizlicht wirkungsgleich gemacht wird.\nKurve (Fig. 3). Sie lehrt, dafs bei einer Frequenz von etwa 1 Unterbrechung pro Sekunde das intermittierende Licht 16 mal so stark wirkt, wie konstantes von gleicher Energiemenge, denn man mufs die Intensit\u00e4t auf 1j16 der f\u00fcr gleiche Lichtmengen erforderlichen Gr\u00f6fse verringern, um gleiche Wirkung zu erzielen. Die weiteren Werte liegen, wie man sieht, genau auf einer geraden Linie, so dafs eine einfache Proportionalit\u00e4t zwischen der Unterbrechungsfrequenz und der Intensit\u00e4t besteht; der Effekt ist proportional der Intensit\u00e4t und umgekehrt proportional der\nFrequenz: e \u2014 ^. In einem bestimmten Punkt w\u00fcrde die ver-","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nWolfgang F. Ewald.\n\u2022 \u2022\nl\u00e4ngerte Kurve den Wert f\u00fcr volle \u00d6ffnung der Blende erreichen, bei der also das konstante und intermittierende Licht bei gleichen Durchschnittsmengen gleiche Wirkungen erreichen m\u00fcfsten (den Punkt durch Beobachtung zu fixieren war bisher nicht m\u00f6glich). Dieser Punkt gibt die Verschmelzungsfrequenz an, bei der die einzelnen Lichtblitze nicht mehr als besondere Reize wirken, sondern zu einer kontinuierlichen Wirkung verschmelzen. Sie liegt, wie man sieht, \u00e4ufserstenfalls in der N\u00e4he von 30 Unterbrechungen pro Sekunde, vielleicht auch niedriger, was ungef\u00e4hr mit der Verschmelzungsfrequenz f\u00fcr das menschliche Auge \u00fcbereinstimmt. Diese quantitativen Versuche bed\u00fcrfen allerdings noch der Wiederholung, doch glaube ich das vorl\u00e4ufige Ergebnis unter Vorbehalt hier mitteil en zu sollen.\nUnser Resultat ist also nunmehr ein ganz scharf umrissenes : Der Orientierungsapparat unterscheidet sich von dem die positiven und negativen Bewegungsreflexe bewirkenden Apparat des Daphnien auges durch die Reaktion aufintermittierendeLichtreize unterhalb der (Verschmelzungs-)Frequenz von ca. 20 \u2014 30 pro Sek. F\u00fcr den ersteren ist der Effekt bei allen ange-wendetenFrequenzen gleich, f\u00fcr den letzteren steigt er umgekehrt proportional der Frequenz. Diese Unterschiede zwischen den beiden Apparaten des Daphnienauges kommen eigentlich schon mit voller Deutlichkeit in der einfachen Tatsache zum Ausdruck, dafs sich Daphnia, nach Einstellung zwischen zwei gleichen Lichtquellen, bei Verst\u00e4rkung des einen Lichtes diesem zu wendet, also gewissermafsen auf die Verst\u00e4rkung positiv reagiert, ganz anders, wie bei seitengleicher Erh\u00f6hung der Intensit\u00e4t.\nF\u00fcr Daphnia ist also unsere eingangs gestellte Frage: ob die Orientierung ein konstanter Gleichgewichtszustand sei und sich als solcher von den alterativen Reizbeantwortungen charakteristisch unterscheide, im Sinne Loebs gel\u00f6st. Die Orientierung ist eine Funktion der konstanten Intensit\u00e4t, die positiven und negativen Bewegungsreflexe dagegen nicht. Wir haben also bei Daphnia, ebenso wie dies Bancroft f\u00fcr Fuglena wahrscheinlich gemacht hat, zwei deutlich getrennte Reaktionsmechanismen zu unterscheiden.\nGilt deshalb f\u00fcr die positiven und negativen Bewegungs-","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n301\nreflexe nicht das Energiemengengesetz? Um diese Frage zu\nl\u00f6sen, baute ich den folgenden einfachen Apparat zusammen\n(Fig. 4). In den innen geschw\u00e4rzten Kasten K kommt eine kleine\nCuvette C, die eine einzelne Daphnia enth\u00e4lt. Der Kasten besitzt\n\u2022\u2022\nin seiner oberen Wand eine 10 cm weite \u00d6ffnung, die mit ge\u00f6ltem Papier und einer Irisblende versehen ist. Zwei gegen\u00fcber-\n\u2022 \u2022\nliegende Seitenw\u00e4nde enthalten kleine \u00d6ffnungen. Durch die\neine blickt der Beobachter, hinter der anderen und aufserhalb\ndes Kastens ist eine sehr lichtschwache rote Lampe angebracht,\n\u2022 \u2022\nderen Strahlen durch \u00d6lpapier diffus gemacht sind. Gegen dies\nFigur 4.\n^Beobachter\nAnordnung zur Pr\u00fcfung der G\u00fcltigkeit des Energiemengengesetzes f\u00fcr die Bewegungsreflexe von Daphnia. L \u2014 Lampe, K \u2014 lichtdichter Kasten, der oben eine Irisblende und dar\u00fcber eine Kamera mit Verschlufs tr\u00e4gt.\nC = Cuvette mit dem Versuchstier.\nschwach r\u00f6tlich leuchtende Papier hebt sich das in der Cuvette befindliche Tier dunkel ab. Oberhalb des Kastens steht eine Zeiss-Kamera mit Schlitz- und Compoundverschlufs, die eine weitgehende Regulierung der Belichtungszeit gestattet und \u00fcber dem Objektivbrett der Kamera ist eine 400kerzige Osramlampe L in einer schwarzen H\u00fclle befestigt. Bei Verwendung 800 kerzigen Bogenlichts wurde die Lampe seitlich aufgestellt und das durch Linsen konzentrierte Licht mittels Spiegels nach unten geworfen.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 48.\t20","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nWolfgang F. Ewald.\nMit Hilfe der an dem Fenster des Kastens angebrachten Irisblende konnte die Lichtintensit\u00e4t, durch die Verschl\u00fcsse in verschiedener Weise die Belichtungszeit variiert werden. Aus Zeitmangel und infolge technischer Schwierigkeiten mit der Beleuchtung konnten vorerst nur ein paar Versuche gemacht werden, die jedoch das Resultat klar erkennen lassen. Es wurde f\u00fcr eine bestimmte Verschlufsgeschwindigkeit diejenige Blenden\u00f6ffnung ermittelt, bei der eben ein Absinken des Tieres nach der Belichtung bemerkbar war. Bei Verwendung der kleinen Bogenlampe und des Compoundverschlusses ergaben sich z. B. in einer Versuchsreihe folgende Werte:\nBelichtungsdauer in Sekunden\tQuadrat der Blenden\u00f6ffnung f\u00fcr Reaktionsschwelle, beobachtet1\t\u00d6ffnung auf Grund des Energiemengengesetzes berechnet\n7io\tca. 152 = 225 qmm\t15,82 = 250 qmm\nV\u00f6 0\t\u201e 352 = 1225 qmm\t33,52 = 1125 qmm\n1/ /100\t\u201e 502 = 2500 qmm\tAls Basis der Berechnung\n\t\tangenommen :\n\t\t50! = 2500 qmm\nBei Verwendung der 400kerzigen Osramlampe und des seiner absoluten Geschwindigkeit nach nicht genau bestimmbaren Schlitzverschlusses konnte nur bei gleicher Verschlufsgeschwindigkeit mit verschiedenen Schlitzbreiten operiert werden. Es waren die Resultate :\nSchlitzbreite\tQuadrat der Blenden\u00f6ffnung f\u00fcr Schwellenwerte, beobachtet 1\tAuf Grund des Energiemengengesetzes berechnet\n4 cm\tca. 652 = 4225 qmm\t63,62 = 4045 qmm\n6 \u201e\t\u201e 552 = 3025 qmm\t55,12 = 3035 qmm\n8 \u201e\t\u201e 452 = 2025 qmm\tAls Basis der Berech-\n\t\tnun g angenommen:\n\t\t452 \u2014 2025 qmm\n1 Es wurde kein Versuch gemacht, genauer als von 5 zu 5 mm einzustellen.","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n303\nDie Belichtungszeit betrug im letzten Falle f\u00fcr die volle\n\u2022 \u2022\n\u00d6ffnung von 8 cm etwa 1/16 Sek., also f\u00fcr die beiden anderen \u2022 \u2022\n\u00d6ffnungen ca. 1/2i und V32 Sek. Die verwendeten Versuchsbreiten sind also recht geringe und es wurde auch kein Versuch gemacht, die Grenzen der G\u00fcltigkeit des Gesetzes zu ermitteln. Soviel ist aber klar, dafs das B\u00fcNSEN-\u00dfoscoEsche Energiemengengesetz mit grofser Ann\u00e4herung auch f\u00fcr den alterativen Reiz, die sogenannte Unterschiedsempfindlichkeit, gilt, wenigstens soweit die Schwellenwerte der Reizung in Betracht kommen. Dafs \u00fcber den Schwellenwert hinaus eine G\u00fcltigkeit des Gesetzes nur in den allerseltensten F\u00e4llen, wenn \u00fcberhaupt, nachzuweisen ist, liegt an dem Einsetzen sekund\u00e4rer Prozesse, die die Reizschwelle nach Eintreten des ersten Effekts zu erh\u00f6hen trachten: Akkommoda-tions- oder Adaptivprozesse verschiedener Art. Je nach der Reaktionsgeschwindigkeit wird dies verschieden schnell geschehen ; bei der photographischen Platte und beim menschlichen Auge z. B. schon nach Bruchteilen von Sekunden, bei Pflanzen erst nach erheblich l\u00e4ngerer Zeit. Dafs solche Prozesse auch beim Orientierungsapparat von Daphnia vorhanden sind, w\u00e4re nicht undenkbar. Mindestens aber sind sie anderer Art, wie die im alterativen Apparat gegebenen.\nZusammenfassend l\u00e4fst sich die Sachlage also jetzt folgender-mafsen darstellen.\nDie Frage nach dem Mechanismus der seitlichen Orientierung ist dahin entschieden, dafs diese nicht durch einseitige Wirkung der positiven und negativen Bewegungsreflexe, demnach also durch Reaktion auf \u00c4nderungen der Lichtintensit\u00e4t, zustande kommt. Vielmehr existiert f\u00fcr die Orientierung ein besonderer, von dem f\u00fcr die alterativen Reflexe verschiedener Apparat, dessen Charakteristikum es ist, allein auf die Lichtmenge, gleichg\u00fcltig (innerhalb gewisser Grenzen) wie schnell diese zustr\u00f6mt, zu reagieren.\nWir k\u00f6nnen diese beiden Vorrichtungen ihrer Funktion nach mit dem Wendegetriebe (Vorw\u00e4rts- und R\u00fcckw\u00e4rtsgang) und dem Steuer eines Dampfers vergleichen, die ja ebenfalls v\u00f6llig unabh\u00e4ngig voneinander bestehen.\nWas die quantitativen Verh\u00e4ltnisse betrifft, so gilt das Energiemengengesetz, wie scheinbar bei allen Lichtreaktionen,\nf\u00fcr die Schwellenwerte der Reizung. F\u00fcr den Orientierungs-\n20*","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nWolfgang F. Ewald.\napparat gilt es auch durch l\u00e4ngere Zeitr\u00e4ume, doch wahrscheinlich genau so wenig unbegrenzt, wie etwa f\u00fcr Pflanzen. Man darf annehmen, dafs in allen F\u00e4llen nach St\u00f6rung der photochemischen Gleichgewichte neue Gleichgewichte hergestellt werden, was sich in einer Ver\u00e4nderung der Reizschwellen ausdr\u00fcckt. Dies geschieht bei den alterativen Reizbeantwortungen momentan, bei den anderen viel langsamer. Darin liegt wohl der Unterschied.\nII. Versuche mit farbigem Licht.\nEbenso, wTie sich in der Frage nach dem Zustandekommen der Orientierung die Meinungen von Loeb einerseits, Jennings und Mast andererseits, gegen\u00fcberstanden, so besteht auch in der Frage, ob den Fischen und Wirbellosen ein Farbensinn zuzuschreiben sei, eine grofse Meinungsverschiedenheit. Von den zahlreichen Autoren, die auf diesem Gebiet gearbeitet haben, will ich hier nur v. Hess (1909 u. 1914) und v. Frisch und Kupelwieser (1913) erw\u00e4hnen, da ihre Versuche die neuesten sind und gerade an unserem Objekt: Daphnia, zu vollkommen entgegengesetzten Resultaten gef\u00fchrt haben, v. Hess glaubte aus zahlreichen Versuchen schliefsen zu d\u00fcrfen, dafs die Fische und s\u00e4mtliche Wirbellose auf Farben nicht spezifisch, also ihrem Farbwert nach, sondern vielmehr ihrem farblosen \u201eHelligkeitswert\u201c nach reagieren. Und zwar verhielten sich die Tiere nach v. Hess stets so, als ob der gr\u00f6fste Helligkeitswert dem Gelbgr\u00fcn bis Gr\u00fcn zukomme und als ob die Helligkeit im Spektrum nach der kurzwelligen Seite langsam, nach der langwelligen dagegen schnell abnehme, so dafs das rote Ende so gut wie gar keine Helligkeit mehr besitze. Das Spektrum erscheine an diesem Ende merklich verk\u00fcrzt, v. Hess wies nun darauf hin, dafs diese Kurve der relativen Reiz werte der Spektralfarben recht genau \u00fcbereinstimme mit der f\u00fcr den total farbenblinden Menschen geltenden Helligkeitskurve, resp. auch mit der f\u00fcr den farbent\u00fcchtigen dunkeladaptierten Menschen, dem bei stark\nherabgesetzter Lichtst\u00e4rke das Spektrum ebenfalls farblos er-\n\u2022 \u2022\nscheint. Aus dieser \u00dcbereinstimmung folgert v. Hess dann weiter, dafs auch die Tiere, bei denen die gleiche Abstufung der relativen Reiz werte nachzuweisen seien, die Farben nicht als solche, sondern nur als verschiedene Helligkeiten wahrnehmen,","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n305\ndafs also alle diese Tiere farbenblind sein m\u00fcssen. Eine starke St\u00fctze erf\u00e4hrt diese Beweisf\u00fchrung durch Versuche, in denen es gelang, ohne dafs eine Reaktion der Tiere erfolgte, verschiedene Farben von gleichem farblosen Helligkeitswert f\u00fcr den total Farbenblinden gegeneinander auszutauschen; ebenso konnten die Farben vielfach gegen farblose Lichter bestimmter Helligkeit vertauscht werden, ohne dafs die Tiere auf diese Ver\u00e4nderung reagierten.\nAn Daphnien f\u00fchrte v. Hess z. B. Versuche im Spektrum aus, die zeigten, dafs die Daphnien bei abwechselnder Bestrahlung mit verschiedenen schmalen Bezirken des Spektrums stets\n\u2022 \u2022\nabsanken, wenn die Ver\u00e4nderung im \u00dcbergang vom kurzwelligen oder langwelligen Ende her auf das Gr\u00fcn und Gelbgr\u00fcn zu bestand Da die Tiere nach v. Hess absinken, wenn die Helligkeit zunimmt, dagegen aufsteigen, wenn sie abnimmt, so w\u00fcrde hierdurch gezeigt werden, dafs das Spektrum in der Gegend des Gelbgr\u00fcn und Gr\u00fcn am hellsten wirkt. Ferner wurden die Augenbewegungen von Daphnia zu derartigen Versuchen benutzt. Das Tier wurde, wTie eingangs beschrieben, auf den Tisch eines Mikroskops gebracht und das Auge erstens durch den Spiegel mit konstantem Licht, zweitens von der Seite her mit farbigem Licht bestrahlt. Da sich die Einstellung zwischen den beiden Lichtquellen nach ihrer relativen Helligkeit richtet, so konnte aus dem Grad der Ablenkung des Auges durch das farbige Licht auf dessen relative Helligkeit geschlossen werden. Auch hier zeigte sich das gleiche Verhalten, die gleiche Kurve der Reizwerte. Endlich wurden Daphnien in ein Gef\u00e4fs gebracht, das von einem Fenster her diffus beleuchtet, gegen direktes Licht jedoch durch einen auf der Fensterseite aufgestellten schwarzen Karton gesch\u00fctzt war. Rechts und links wurden nun mit Farbpapieren bespannte Tafeln unter gleichem Winkel gegen das Fenster aufgestellt. Die Tiere waren dunkeladaptiert, bewegten sich also immer von der helleren Fl\u00e4che fort, was durch Gegen\u00fcberstellung hellerer und dunklerer Fl\u00e4chen bewiesen wurde. Dabei zeigten sich die Tiere schon f\u00fcr sehr geringe Helligkeitsdifferenzen empfindlich. Brachte man nun rechts und links zwei verschiedenfarbige Tafeln (z. B. gelb und blau) von f\u00fcr den total Farbenblinden gleichem farblosen Helligkeitswert an, so konnten diese vertauscht werden, ohne dafs eine Ortsbewegung der Daphnien stattfand. Ebenso liefsen sich Graupapiere finden, die mit den Farben ver-","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\nWolfgang F. Ewald.\ntauscht werden konnten. Es sah also in der Tat nach diesen Versuchen so aus, als ob von einem Farbensinn bei Daphnia keine Rede sein k\u00f6nne.\nNun ver\u00f6ffentlichten v. Frisch und Kupelwieser Versuche, die sich mit dieser Auffassung durchaus nicht vereinigen lassen. Sie fanden, dafs wenn Daphnien von weifsem Licht bestrahlt werden, Vorsetzen einer Blauscheibe trotz der eintretenden Verdunkelung starke negative Reaktion der Tiere, also Fortschwimmen von der Lichtquelle, bewirkt. Ebenso konnte durch Anz\u00fcnden eines rotgelben Lichts neben dem weifsen trotz der Erhellung die positive Reaktion ausgel\u00f6st werden. Es wurde auch beobachtet, dafs f\u00fcr die Augenbewegungen gelbes und blaues Licht-unter Umst\u00e4nden entgegengesetzte Wirkung haben k\u00f6nnen, dafs also, von Weifs ausgehend, Vorsetzen einer gelben Farbl\u00f6sung eine Drehung in der umgekehrten Richtung bewirkte, wie Vorsetzen einer Blauscheibe oder Blaul\u00f6sung. Durch Herstellen einer grofsen Anzahl von Farbl\u00f6sungen, die nur beschr\u00e4nkte Spektralgebiete durchliefsen, werde gezeigt, dafs alle Farben auf der langwelligen Seite der Linie b im Gr\u00fcn positivierend wirken, dagegen die auf der kurzwelligen Seite negativierend. L\u00e4fst man nacheinander erst eine Mischung einer kurzwelligen und einer langwelligen Farbe, dann die kurzwellige allein wirken, so tritt negative Reaktion ein trotz der Verdunkelung. L\u00e4fst man zu einer kurzwelligen noch eine langwellige hinzutreten, so tritt trotz Erhellung positive Reaktion ein. Dagegen bleibt eine Reaktion aus, wenn man die Farbpaare aus kurzwelligeren und langwelligeren Farben derselben Spektralh\u00e4lfte, also beide rechts oder beide links statt rechts und links der Linie b zusammensetzt. Eine Abstufung der Wirkung in den beiden Spektralbezirken gelangte nicht zur Beobachtung. Daraus schliefsen v. Frisch und Kupelwieser, dafs ein spezifischer an bestimme Spektralbezirke gebundener Farbensinn vorhanden ist. \u00dcber die Beschaffenheit dieses Farbensinnes wollen die Autoren nichts N\u00e4heres vermuten, doch meinen sie, die Tatsachen spr\u00e4chen am ehesten f\u00fcr ein dichromatisches System.\nv. Hess hat diese Versuche nachgepr\u00fcft und bestreitet ihre Richtigkeit. Meine eigenen, sehr umfangreichen und sorgf\u00e4ltigen Versuche am gleichen Tier aus einer ganz anderen Gegend Deutschlands best\u00e4tigen nun, wie wir sehen werden, die Angaben von Frischs und Kupelwiesers in dem wesentlichen Punkte der","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen. 307\nspezifischen Farbreaktion vollst\u00e4ndig. Doch werden die nunmehr zu beschreibenden Experimente zugleich auch zeigen, wie die v\u00f6llige Diskrepanz der Ergebnisse verschiedener Autoren zustande kommen konnte.\nIch wiederholte zun\u00e4chst die Versuche v. Frischs und Kupelwiesers mit der Blauscheibe oder Blaul\u00f6sung und kann nur feststellen, dafs ich ausnahmslos das gleiche Resultat erhielt, wie diese. Bei seitlich angebrachter Lichtquelle bewirkte Vorschalten einer der gew\u00f6hnlichen, beim Glaser erh\u00e4ltlichen Blauscheiben sofort starkes aktives Abw\u00e4rtsschwimmen und Fortbewegung von der Lichtquelle. Bei oberhalb befindlichem Licht war die Reaktion bis auf die Horizontalbewegung die gleiche. Fortnehmen der Blauscheibe bewirkte dagegen starke positive Reaktion. Nicht so ausnahmslos zu beobachten war die positive Reaktion bei Zusatz von gelbem Licht zu dem bestehenden wTeifsen. Doch habe ich auch hier in der Mehrzahl der F\u00e4lle deutlich das nach v. Frisch und Kupelwieser zu erwartende Ergebnis gehabt. Ich verfuhr einfach so, dafs vor dem Aquarium mit den Tieren eine Mattscheibe aufgestellt war, die von zwei nebeneinanderstehenden 50kerzigen Gl\u00fchlampen beleuchtet werden konnte. Vor die eine Lampe kam eine Cuvette mit ges\u00e4ttigter Kaliumbichromatl\u00f6sung. Trotz der sehr erheblichen Verst\u00e4rkung des Lichts war in der Regel eine positive Reaktion unverkennbar. Ebenso deutlich war folgender Versuch: Zwei Glaszylinder mit Tieren wurden eine Zeitlang von einer oberhalb angebrachten weifsen Gl\u00fchlampe beleuchtet und dann der eine mit einer blauen, der andere mit einer roten Scheibe bedeckt. Im ersteren schwammen die Tiere abw\u00e4rts, im zweiten sanken sie erst und stiegen dann. Wurden nun beide Farbscheiben fortgenommen, so stiegen die an blau adaptierten Tiere auf, die an rot adaptierten sanken.\nEs schien mir aber, als ob sich v. Frisch und Kupelwieser die Untersuchung des Farbensinns durch ihre Methode erheblich erschwert h\u00e4tten. Denn sie l\u00f6sen jedesmal zwei entgegengesetzte Reaktionen aus: Negativierung durch Erhellung und Positivierung durch die gelbe Farbe oder Positivierung durch Verdunkelung und Negativierung durch blaue Farbe. Es h\u00e4ngt nun von der relativen Wirksamkeit beider Reaktionen ab, welche schliefslich am Ergebnis sichtbar wird. Nat\u00fcrlich zeigen die Resultate das Vorhandensein spezifischer Farbreaktionen a fortiori, aber genaue","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nWolfgang F. Ewald.\nUntersuchungen \u00fcber die Kurve der Farbwirkung und andere weiter unten zu besprechende Einzelheiten des Farbensinns lassen sich nach dieser Methode nicht anstellen.\nSo bediente ich mich denn in meinen eigenen Experimenten zweier anderer Methoden: der HERiNGschen Pigmentpapiere und des prismatischen Spektrums.\nWegen ihrer grofsen Einfachheit und \u00dcbersichtlichkeit \u2014 auch weil sie am leichtesten f\u00fcr jedermann nachzupr\u00fcfen sind \u2014 will ich die Versuche mit Pigmentpapieren zuerst beschreiben.\nIch beschaffte mir von der Firma G. A. Rietzschel in Leipzig eine Serie Farbpapiere nach Herings Angaben, die in 16 Stufen vom Rot durch das ganze sichtbare Spektrum zum Purpur f\u00fchren. Die einzelnen Farben zeigen recht verschiedenen S\u00e4ttigungsgrad, so dafs wirklich exakte Versuche \u00fcber die Kurve der Farbwirkung mit ihnen nicht zu machen sind. Der Vergleich mit den reinen Spektralfarben zeigte mir aber, dais die Ergebnisse immerhin so genau sind, dafs sehr erhebliche Abweichungen bei den angegebenen Versuchen nicht bestehen. Ich stellte mir nun Tafeln von 25X25 cm Gr\u00f6fse her, die mit den Farbpapieren bespannt wurden. Ein Glasgef\u00e4fs von 12 X 5 cm Grundfl\u00e4che mit Daphnien in altem Aquarienwasser kam in eine innen geschw\u00e4rzte Kiste, die an einer Seite v\u00f6llig offen war und in einer anstofsenden Seite ein kleines Loch f\u00fcr das Auge des Beobachters aufwies. Die ganze Kiste stand im geschw\u00e4rzten Dunkelzimmer. Vor der offenen Seite der Kiste wurde in etwa 30 cm Entfernung ein St\u00e4nder zur St\u00fctze der Farbtafeln angebracht und zun\u00e4chst eine mit schwarzem Pigmentpapier oder, noch besser, schwarzem Samt bespannte Tafel dort aufgestellt. Beleuchtet wurde die Tafel von einer, \u00fcber der Kiste befestigten 800kerzigen Bogenlampe, oder von einer lOOkerzigen Osramlampe. Zum Vergleich wurde auch die Kiste an einem Fenster auf gestellt, und die Tafel mit diffusem Tageslicht bestrahlt.\nZun\u00e4chst liefs ich die Daphnien eine Viertelstunde an das von der Tafel reflektierte schwache graue Licht \u2014 das Schwarz der Tafel, besonders bei Papierbespannung, ist nat\u00fcrlich nicht wirklich schwarz, sondern wirkt als ein sehr dunkles Grau \u2014 adaptieren. In diesem Licht waren die Tiere f\u00fcr das gut dunkeladaptierte Auge noch eben zu erkennen. Ersetzte ich nun die schwarze Tafel durch eine rote (Rot 1), so war eine ganz geringe Progressivbewegung auf das Licht zu, trotz der f\u00fcr unser Auge er-","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen. 309\nheblichen Erhellung, unverkennbar. Erheblich st\u00e4rker war diese Bewegung, wenn Orange (3), noch mehr wenn Gelb (4) und oft geradezu st\u00fcrmisch, wenn das mehr kurzwellige Strahlen enthaltene Gelb 5 auf schwarz folgte. Liefs man jedoch die folgenden gr\u00fcngelben und gelbgr\u00fcnen Farben nach schwarz ein wirken, so war die positive Bewegung geringer, beim Gelblich-Gr\u00fcn 8 (nach samtschwarz) \u00fcberhaupt nicht vorhanden und schlug vom Gr\u00fcn 9 an in die negative Reaktion um. Liefs man die einzelnen Farben direkt aufeinander folgen, so bewirkte vom langwelligen Ende bis zum leicht gr\u00fcnlichen Gelb 5 fortschreitend eine jede gegen die vorherige die positive Reaktion, vom Gelb 5 an dagegen die negative. Nat\u00fcrlich m\u00fcssen vor jedem Wechsel der\nFigur 5.\n2\t3 h 5\t6\t7\t8\t9 IO 11\t12\t13 I*t tS 16\nRot Orange Gelb Gelbgr\u00fcn 6r\u00fc,n Blaugr\u00fcn Blau VColdl Purpur\nKurve der relativen Wirksamkeiten von Pigmentlichtern auf die positiven und negativen Bewegungsreflexe von Daphnia. Die Zahlen geben die Nummern der einzelnen Bl\u00e4tter an ; die Abst\u00e4nde auf der Abszisse sind also willk\u00fcrlich, ebenso die absoluten Ordinatenh\u00f6hen. Punkte oberhalb der Schwarz- oder Weifslinie wirken gegen diese positivierend, unterhalb\nnegativierend, auf der Linie: gar nicht.\nFarbe die Tiere an die vorhergehende gut adaptiert sein, d. h\u00bb ihre Lokomotion mufs senkrecht aufw\u00e4rts, nicht horizontal gerichtet sein. Die Ergebnisse finden sich in der Kurve (Fig. 5) \u00fcbersichtlich dargestellt. In analoger Weise kann man nun vom Pigment - W e i f s ausgehend s\u00e4mtliche Farben auf ihre Wirkung pr\u00fcfen und findet, dafs das Gr\u00fcnblau 10 (bei Tageslichtbeleuchtung; f\u00fcr k\u00fcnstliches Licht liegt der Punkt n\u00e4her Blaugr\u00fcn 11)","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nWolfgang F. Ewald.\nohne Reaktion mit Weifs vertauscht werden kann wie das Gr\u00fcn 8 gegen Schwarz, w\u00e4hrend Blau 13 am st\u00e4rksten, Blau 12 und Violett 14 schon weniger stark negativierend nach Weifs wirken und der Purpurton 15 bereits einen geringen positivierenden Effekt besitzt. Alle Farben, die langwelliger sind als Blaugr\u00fcn 10, wirken dagegen nach Weifs positivierend. In der Kurve sind also alle Punkte oberhalb der Schwarz-Linie positivierend gegen Schwarz, unterhalb dagegen negativierend. Und alle Punkte oberhalb der Weifs-Linie positivierend gegen Weifs, unterhalb negativierend. Man sieht, dafs die Purpurt\u00f6ne 15 und 16 die Verbindung zwischen beiden Enden des Spektrums hersteilen, so dafs eine geschlossene Kurve entsteht. Die absolute H\u00f6he der einzelnen Punkte gegen die Abszissen ist nat\u00fcrlich willk\u00fcrlich. Es steht lediglich die Stellung der einzelnen Punkte relativ zueinander und zu Weifs und Schwarz fest. Es sei \u00fcbrigens bemerkt, dafs der Unterschied zwischen Papierschwarz und Samtschwarz sich auch in einer geringen Differenz der Lage des Punktes B ausdr\u00fcckt. F\u00fcr das unvollkommene, weil hellere, Papierschwarz liegt er etwas mehr auf das Gr\u00fcn 9 zu. Man erkennt aus der Kurve, dafs es zwischen den Punkten B und C, sowie D und A, also im Gr\u00fcn und Purpur, je ein farbloses Intervall gibt, denn B und A lassen sich durch Schwarz, C und D durch Weifs ersetzen und, wie man annehmen mufs, die zwischen ihnen liegenden Gr\u00fcn- und Purpur-T\u00f6ne durch Graut\u00f6ne verschiedener Helligkeit. Man k\u00f6nnte nun weiter \u2014 \u00e4hnlich wie dies von v. Hess geschieht \u2014 aus der Ersetzbarkeit einer Farbe durch einen farblosen Helligkeitsreiz, ohne dafs eine sichtbare Reaktion erfolgt, auf den Mangel jeder spezifischen Reaktion f\u00fcr die betreffende Farbe schliefsen, die Tiere also f\u00fcr Rot-Gr\u00fcnblind halten. Wie weit ein solcher Schlufs gerechtfertigt ist, steht dahin; zwingend ist er jedenfalls nicht. Soviel k\u00f6nnen wir jedoch nach unseren Versuchen mit Pigmentpapieren mit Sicherheit sagen: f\u00fcr die von uns studierten Bewegungsreaktionen von Daphnia haben die langwelligen Farben eine spezifische, durch keine H e 11 i gk e i t s w i r kung zu erkl\u00e4rende positi vierende Wirkung mit dem Maximum im kurzwelligeren Gelb, die kurzwelligen Farben haben eine ebenso spezifische negativierende Wirkung mit dem Maximum in der N\u00e4he des Blau. Der \u00e4ufsere Effekt ge-","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- mid Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n311\nwisser Gr\u00fcn- und Purpurt\u00f6ne auf die positiven und negativen Bewegungsreflexe ist dagegen nicht spezifisch und l\u00e4fst sich durch farblose Helligkeitswirkung ersetzen.\nIch m\u00f6chte noch betonen, dafs durchaus nicht immer s\u00e4mtliche Tiere sich an den beschriebenen Reaktionen beteiligen. Ein wie grofser Prozentsatz reagiert, h\u00e4ngt erstens von dem Grad des Reizes und zweitens vom Adaptationszustand ab. Ich achtete vornehmlich darauf, dafs die \u00fcberhaupt eintretenden Reaktionen, wenn auch sehr geringf\u00fcgig \u2014 z. B. eine \u00c4nderung in der K\u00f6rpereinstellung vieler Tiere auf den Reiz hin \u2014 so doch eindeutig waren und regelm\u00e4fsig im gleichen Sinne eintraten. Der Eindruck des Reizerfolges war aber auch f\u00fcr andere Beobachter, die ich hinzuzog, deutlich und derselbe, wie f\u00fcr mich.\nDie Pigmentpapiere haben nun vor allem den grofsen Mangel,\n\u2022 \u2022\nkeine kontinuierlichen \u00dcberg\u00e4nge von einer Farbe zur anderen zu erm\u00f6glichen, so dafs insbesondere die genaue Lage der Maxima der beiden Farbwirkungen mit ihnen nicht zu ermitteln war. Diese M\u00f6glichkeit geben uns Versuche am Spektrum, die im folgenden beschrieben werden sollen.\nMittels der grofsen Bogenlampe des Instituts-H\u00f6rsaals und eines geradsichtigen Prismas, das ich der Freundlichkeit des Herrn Geh. Rat Oltmanns verdankte, wurde in der \u00fcblichen Weise ein Spektrum von ca. 50 cm Breite auf einen um eine vertikale Achse drehbar gelagerten Spiegel geworfen. Der Spiegel warf das farbige Licht auf eine 10 mm breite Cuvette mit Daphnien und durch Drehung des Spiegels konnte die Cuvette in beliebiger Reihenfolge mit schmalen Spektralbezirken bestrahlt werden. Die dem Spiegel zugewendete Schmalseite der Cuvette war mattiert, die abgewendete Seite innen mattschwarz gemacht. In dem engen Gef\u00e4fs zeigten die Tiere eine grofse Neigung zu periodischer Lokomotion, besonders bei Bestrahlung mit kurzwelligem Licht und bei starkem Wechsel der Wellenl\u00e4nge, so dafs es oft nicht leicht war, wirklich klare Ergebnisse zu bekommen. Mit viel Geduld, oft erst nach langer Adaptation auf einen der Spektralbezirke, gelang es aber doch in der Regel, ruhige senkrechte Lokomotion der Tiere zu erzielen und in diesen F\u00e4llen war das Ergebnis durchaus klar und zweifellos; anderenfalls war \u00fcberhaupt keine Wirkung zu erkennen, wie dies schon eingangs erw\u00e4hnt wurde. Ich m\u00f6chte betonen, dafs die Ver-","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nWolfgang F. Eicald.\nsuche auch anderen Herren des Instituts einwandsfrei demonstriert\n\u2022 \u2022\nwurden. Es zeigte sich also, dafs \u00dcbergang von langwelligeren zu kurzwelligeren Spektralbezirken bis zum gr\u00fcnlichen Gelb einer Wellenl\u00e4nge von ungef\u00e4hr 650\u2014660 ,ufi positivierend, bis zum Blauviolett von ungef\u00e4hr 410\u2014420 juju in fortschreitendem Mafse negativierend und von da an bis zum Ende des Spektrums wieder positivierend wirkte. Ging man z. B. vom Rot zum Orange, so erfolgte Bewegung auf das Licht hin, vom Orange zum Rot dagegen Absinken und Bewegung vom Licht fort. \u00c4hnlich bewirkte \u00dcbergang vom Cyanblau zum Gr\u00fcn z. B. Bewegung aufs \u2022 \u2022\nLicht zu, \u00dcbergang vom Gr\u00fcn zum Cyanblau dagegen Bewegung vom Licht fort. Schliefslich der Wechsel vom Blauviolett zum \u00e4ulseren Violett positive Bewegung, vom \u00e4ufseren zum blauen Violett dagegen negative. Die mit den Pigmentfarben gewonnenen Resultate werden also durch diese Versuche mit Spektralfarben durchaus best\u00e4tigt und erweitert. Unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden liefsen sich die beiden Wendepunkte mit so aufserordentlicher Genauigkeit feststellen, dafs ich mich zur Aufstellung des folgenden Satzes berechtigt glaube: Daphnia zeigt eine maxi-maleFarbenempfindlichke it f\u00fcrd as komplement\u00e4re Farbenpaar Gr\u00fcnlichgelb und Blauviolett, und zwar bewirkt die er stere dieser Komplement\u00e4rfarben positive, die letztere negative Phototaxis. Es handelt sich also bei Daphnia zweifellos, wie v. Feisch und Kupelwiesee bereits vermuteten, um ein dichromatisches Farbensystem, und die Beschaffenheit dieses Farbensinnes \u2014 dieses Wort nat\u00fcrlich im rein objektiven, nicht psychologischen Sinne gebraucht, als Ausdruck spezifischer Farbenempfindlichkeit des Sinnesorganes \u2014 ist f\u00fcr die phylogenetische Betrachtung und Theorie des Farbensinnes von h\u00f6chstem Interesse. Auf diese Frage einzugehen, behalte ich mir indessen f\u00fcr meine Hauptpublikation vor. Nur darauf m\u00f6chte ich noch hinweisen, dafs die als Weifs wirkenden Punkte meiner Kurve (C und D) ann\u00e4hernd bei den gleichen Farbt\u00f6nen liegen, wie dies auch f\u00fcr den Menschen mit einem gewissen Typus des dichromatem Farbensinnes der Fall ist. Bekanntlich wird beim Rot-Gr\u00fcnblinden der eine im Blaugr\u00fcn gelegene farblose Punkt als \u201eneutraler Punkt'4 bezeichnet, und das zugeordnete farblos wirkende Gemisch liegt auch hier im Purpur, k \u00fcr die als SchwTarz wirkenden Farben (A und B) gibt es allerdings in der menschlichen","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n313\nPhysiologie kein Analogon. Diese Abweichung wird aber erkl\u00e4rlich, wenn man sich vorstellt, dafs zwei Punkte vorhanden sind, wo sich an der Grenze der positivierenden und negativierenden Abschnitte des Spektrums die beiden entgegengesetzten Wirkungen gerade aufheben, so dafs weder die eine noch die andere Reaktion eintritt. Offenbar d\u00fcrfen dann diese Farben nicht anders als wie Schwarz wirken, auch wenn sie tats\u00e4chlich ganz andersartige Prozesse im Sinnesorgan ausl\u00f6sen. Eine entsprechende Erkl\u00e4rung liefse sich \u00fcbrigens auch auf die Weifspunkte anwenden, so dafs auch f\u00fcr die betreffenden Blaugr\u00fcn- und Purpurt\u00f6ne nicht als erwiesen gelten kann, dafs sie auch wirklich farblos \u201eempfunden\u201c werden, d. h. identische Vorg\u00e4nge im Sinnesorgan ausl\u00f6sen, wie Weifs.\nIch gehe nun zu einem ganz anderen und bisher noch bei Tieren so gut wie ununtersuchtem Gebiet \u00fcber, dem der Kontrasterscheinungen. Als sukzessiven Helligkeits- oder Farb-kontrast k\u00f6nnte man es wohl bezeichnen, wenn zwei Gruppen von Daphnien, deren eine dunklem oder gelbem, deren andere aber hellem oder blauem Licht ausgesetzt war, auf die gleiche mittlere, farblose Beleuchtung nun in entgegengesetztem Sinne reagieren (s. o. S. 19). Das Problem, das uns aber im folgenden noch besch\u00e4ftigen soll, ist das des Simultankontrastes. Ein solcher ist f\u00fcr Tiere bisher nur von Victob Bauee (1905, 1913) angenommen worden, um gewisse Erscheinungen der Anpassung an den Untergrund bei marinen Krustazeen zu erkl\u00e4ren und ich halte seine Auffassung auch trotz der von Demoll erhobenen Einw\u00e4nde f\u00fcr berechtigt. Die Gunst meines Objektes hat es mir nun erlaubt, einen solchen Kontrastvorgang, wie ich glaube, ganz einwandsfrei zu beweisen und auch noch n\u00e4her zu analysieren.\nZu diesen Versuchen stellte ich ein kleines Glasgef\u00e4fs von 5 X12 cm Grundfl\u00e4che und 15 cm H\u00f6he, das gut adaptierte Daphnien enthielt, auf eine Glasplatte, die ihrerseits auf vier F\u00fcfsen ruhte. In einiger Entfernung brannte eine Metallfadenoder Bogenlampe. Brachte ich nun rechts und links neben dem Aquarium eine weifse Fl\u00e4che an, so bewegten sich sofort alle Daphnien auf das Licht zu. Ersetzte ich, nach einer Pause f\u00fcr die Adaptation, die weifsen durch schwarze Fl\u00e4chen, so eilten sofort alle Tiere vom Licht fort und sammelten sich am negativen Ende des Gef\u00e4fses. (Dabei sanken sie im ersten Falle gleichzeitig ab, im zweiten dagegen stiegen sie auf.) Noch","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nWolfgang F. Ewald.\nsch\u00f6ner konnte ich diese Reaktion hervorrufen, wenn ich einen langen etwa 20 cm breiten Streifen weifsen oder schwarzen Kartons nahm, den ich rasch unter dem Aquarium durchschob, so dafs er sich um Boden und Seitenw\u00e4nde erstreckte, doch so, dafs alle drei Teile der Fl\u00e4che von der Lichtquelle beleuchtet wurden. Das Verhalten der Daphnien ist das umgekehrte, als man nach der sie treffenden \u00c4nderung der Gesamthelligkeit vermuten sollte: Erhellung der Umgebung bei konstantem Hauptreizlicht macht positiv, Verdunkelung dagegen negativ; mit anderen Worten, die \u00c4nderung der Umgebung wirkt nicht unabh\u00e4ngig f\u00fcr sich auf die Bewegungsreflexe, sondern im Sinne eines Kontrastes zum Haupt reizlicht, nach dem das Tier orientiert ist. Verdunkelung der Umgebung l\u00e4fst die Hauptlichtquelle heller erscheinen und bewirkt daher Flucht vom Licht fort; Erhellung der Umgebung verringert durch Kontrast die Helligkeit der Hauptlichtquelle und wirkt, als sei deren Intensit\u00e4t herabgesetzt. Man kann diesen Versuch auf verschiedene Weise variieren, etwa indem man nur den Untergrund \u00e4ndert, oder indem man seitlich zwei Lampen anbringt und sie an- oder ausdreht. Auch hier wird der Versuch in gleicher Weise ausgehen, es sei denn, dafs man die seitlichen Lichter heller macht als das Hauptlicht. In diesem Fall erfolgt nat\u00fcrlich eine Einstellung der Tiere auf die seitlichen Lichtquellen und der Kontrast kann nicht zustande kommen. Dafs nicht etwa eine Orientierungserscheinung im Spiel ist, kann man daraus ersehen, dafs die positive Reaktion auch eintritt, wenn die seitlichen Reizlichter merklich hinter den Tieren angebracht sind. Auch das Eintreten negativer Reaktion auf Ersetzen eines weifsen durch schwarzen Grund kann unm\u00f6glich durch eine Orientierung zwischen zwei Lichtern erkl\u00e4rt werden. Wir k\u00f6nnen also nur schliefsen, dafs die peripheren Teile des Auges auf die mehr zentral (median) gelegenen, die durch die permanente Einstellung des Auges zur Lichtquelle unter allen Umst\u00e4nden das meiste Licht erhalten und schon daher dominieren m\u00fcssen, nur im Sinne eines Kontrastes einzuwirken imstande sind. Denn psychische Erkl\u00e4rungen, wie sie etwa von Helmholtz f\u00fcr die Konstrastempfindungen des Menschen gegeben werden, k\u00f6nnen hier nicht wohl in Betracht kommen. Wir gelangen aber ferner zu dem Schlufs, dafs nur der zentrale Teil des Auges den jDositiven und negativen Bewegungsreflex be-","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenredktionen eines Wirbellosen. 315\nherrschen kann, denn Ver\u00e4nderung der Intensit\u00e4t im peripheren Teil hat auf diese Reflexe eine der normalerweise beobachteten entgegengesetzte Wirkung, und kommt bei gleichm\u00e4fsiger Ver\u00e4nderung der Intensit\u00e4t auf allen Seiten \u00fcberhaupt nicht zum Ausdruck.\nUntersuchen wir jetzt, wie die Wirkung farbigen Lichts auf diese peripheren Augenteile beschaffen ist! Zu diesem Zweck benutzen wir statt der schwarzen und weifsen Kartonstreifen einfach solche von Pigmentpapier. Bringen wir nach einem weifsen Papier ein gr\u00fcnes (Gr\u00fcn 9) um Seiten und Boden des Gef\u00e4fses, so erfolgt eine allerdings nur sehr unbedeutende negative Reaktion: das Gr\u00fcn wirkt also als Verdunkelung. Erheblich st\u00e4rken wird diese Wirkung, wenn man auf Weifs etwa Gelb-\nFigur 6.\n2.\t3\t5\t6\t7\t8\t9 IO 11\t12.\tI<5 ih\nRot O range Gelb Gelbgfwv Orvirv Bl<xugrim Blau. Violett\nKurve der relativen Wirksamkeiten von Pigmentlichtern auf die peripheren Augenteile von Daphnia. Die Farben, deren Punkte auf der Kurve auf gleicher Ordinatenh\u00f6he liegen, haben gleiche Wirkung. \u00dcbrige Erkl\u00e4rung\ns. Figur 5.\ngr\u00fcn 8 oder Gr\u00fcnblau 11 folgen l\u00e4fst. Auch diese Farben wirken in gleichem Sinne als Verdunkelung. Noch st\u00e4rker wirken Gelbgr\u00fcn 7 und Blau 13, Gr\u00fcnlichgelb 6 und Violett 14 und am st\u00e4rksten die gelben, orange und roten Farben, aber auch rot wirkt noch nicht ganz so stark wie schwarz. Die Kurve, die wir erhalten, wTenn wir diese Verh\u00e4ltnisse darstellen, zeigt Fig. 6. Es ist ersichtlich, dafs die Kurve ihr Maximum im langwelligeren Gr\u00fcn hat und nach der langwelligen Seite schneller, nach der kurzwelligen langsamer abf\u00e4llt. Die Horizontalen f\u00fcr weifs und schwarz liegen aufserhalb der Kurve. Gewisse Punkte sind auf","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nWolfgang F. Ewald.\ngleicher H\u00f6he \u00fcber der Abszisse eingetragen. Das geschah deswegen, weil die entsprechenden Farben sich, ohne dafs eine ausgesprochene Reaktion der Tiere stattf\u00e4nde, vertauschen lassen. Die Gleichheitspunkte liegen nicht immer gerade bei der zuf\u00e4llig vorhandenen Pigmentfarbe, sondern h\u00e4ufig zwischen zwei T\u00f6nen. Das ist in der Kurve ebenfalls ann\u00e4herungsweise zum Ausdruck gebracht. Wir sehen also, dafs f\u00fcr die peripheren Augenteile die Farben keine spezifischen Wirkungen besitzen, die nicht auch durch Mischungen von Schwarz und Weifs erzielt werden k\u00f6nnten und dafs kurz- und langwellige Farben beiderseits von dem im Gr\u00fcn liegenden (Helligkeits-)Maximum sich beliebig vertauschen lassen. Diese Befunde sind mit der Annahme einer spezifischen Farbenempfindlichkeit der peripheren Augenteile nicht wohl vereinbar. Meine Ergebnisse werden auch noch durch das folgende erg\u00e4nzt. Bringt man vor einem runden Glase mit Daphnien zwei Lampen gleicher St\u00e4rke in einiger Entfernung voneinander und gleicher Entfernung von dem Glase an, so bewegen sich helladaptierte Daphnien auf diese zu und stellen sich in der Mitte zwischen beiden ein (wenn n\u00f6tig nach C02- Zusatz). Schaltet man nun vor die eine Lampe eine Rotscheibe oder eine Gelbl\u00f6sung, so bewegen sich die Tiere nicht etwa auf diese, sondern auf die hellere Lampe zu. Das gleiche geschieht aber auch, wenn man eine blaue L\u00f6sung oder eine Blauscheibe vorsetzt. Die Farben wirken also auch f\u00fcr die Orientierung in keiner Weise spezifisch.\nWir haben demnach in bezug auf die Farbenempfindlichkeit des Daphnienauges \u2014 \u00e4hnlich wie beim (Rot-Gr\u00fcnblinden) menschlichen Auge \u2014 zwei verschiedene Apparate zu unterscheiden: einen zentralen, dichromatisch-farbent\u00fcchtigen und einen peripheren, farbenblinden, der nur auf Helligkeitsabstufungen reagiert. Diese hochinteressante Tatsache ist geeignet, die Widerspr\u00fcche zwischen den Befunden v. Hess\u2019 und und v. Feischs und Kupelwiesees wenigstens zum Teil aufzukl\u00e4ren. Die neueren Versuche, die v. Hess mit Pigmentpapieren Engestellt hat, sind s\u00e4mtlich mit einer, meiner Kontrastanordnung entsprechenden Methode angestellt, so dafs sie den Nachweis eines Farbensinnes unm\u00f6glich erbringen konnten. Wohl aber best\u00e4tigen sie meine Ergebnisse \u00fcber die Farbenunt\u00fcchtigkeit der Augenperipherie von Daphnia. Was v. Hess\u2019 \u00e4ltere","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n317\nVersuche mit Daphnien im Spektrum betrifft, so halte ich das Absinken, da es sowohl bei Erhellung als Verdunkelung geschieht, f\u00fcr kein eindeutiges Kriterium der relativen Helligkeiten der Spektralbezirke ; doch soll die Richtigkeit der Versuche nicht bestritten werden. Warum allerdings v. Hess die von den beiden anderen Autoren (v. Fbisch und Kupelwieser) angegebenen Versuche mit Farbgl\u00e4sern und L\u00f6sungen nicht mit dem gleichen Ergebnis hat wiederholen k\u00f6nnen, kann ich angesichts meiner so \u00fcberaus klaren Ergebnisse in keiner Weise begreifen.\nNoch eine interessante Folgerung ergibt sich aus meinen Versuchen f\u00fcr die Theorie der menschlichen Kontrastempfindungen. Wenn wir deutliche Kontrasteffekte schon bei so primitiven Formen, wie es die Daphnien sind, nachweisen k\u00f6nnen, so kann eine Erkl\u00e4rung der Kontrastwirkungen durch Urteilst\u00e4uschungen mindestens nicht die fundamentalen in dieses Gebiet geh\u00f6rigen Erscheinungen treffen. Wir m\u00fcssen danach meiner Meinung nach diesen Teil der HELMHOLTzschen Kontrasttheorie ablehnen und durch physikalisch-chemische Prinzipien ersetzen oder doch erg\u00e4nzen, wie dies am besten seither durch Hering geschehen ist.\nIII. Theoretisches.\nVersuchen wir nun zum Schlufs, uns ein Gesamtbild vom Lichtsinn der Daphnien zu machen. Wir sahen schon im ersten Teil dieser Abhandlung, dafs man im Auge von Daphnia zwei ganz verschiedene Apparate zu unterscheiden habe: einen, der die Orientierung vermittelt, und bei dem die Wirkung des Lichts eine Funktion ihrer konstanten Intensit\u00e4t ist; und einen zweiten, der die positiven und negativen Bewegungsreflexe vermittelt und bei dem die Wirkung des Lichts eine Funktion der \u00c4nderung der Lichtintensit\u00e4t in der Zeiteinheit ist. Beide Apparate unterscheiden sich scharf in ihrem Verhalten gegen intermittentes Licht einer Frequenz von weniger als 20\u201430 pro Sekunde. Im zweiten Teil sehen wir ebenfalls zwei ganz getrennte Mechanismen aus der Untersuchung hervorgehen: einen peripheren, der f\u00fcr Farben als solche unempfindlich ist und nur auf verschiedene Helligkeiten reagiert, und einen zentralen, der ein dichromatisches Farbensystem aufweist. Der letztere ist mit dem ersteren nur in der Weise verkn\u00fcpft, dafs er durch simultanen Helligkeitskontrast von ihm beeinflufst wird. Was liegt nun n\u00e4her, als zu\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 48.\t21","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nWolfgang F. Ewald.\nvermuten, dafs der periphere Apparat mit dem Orientierungsapparat, der zentrale Apparat mit dem die positiven und negativen Bewegungsreflexe regulierenden Mechanismus identisch seien? Wir sahen, dafs f\u00fcr die orientierende Wirkung der Strahlen ihre Farbe keine Wirkung besitzt, sondern nur ihre Helligkeit (S. 316) und dasselbe galt f\u00fcr die Wirkung auf die peripheren Augenteile; wir sahen andererseits, dafs die Farben auf die positiven und negativen Reflexe in ganz spezifischer Weise wirken k\u00f6nnen, und von diesen Reflexen m\u00fcssen wir annehmen, dafs sie in den zentralen Augenteilen lokalisiert sind. Fassen\nFigur 7.\n/jr Mushu/atur.\n\u25a0Links ^---------\nSchematische Darstellung der Vorg\u00e4nge bei den Lichtreaktionen von Daphnia. Ausgezogen = JSfegativierender Blauprozefs, punktiert = positivierender Gelbprozefs, gestrichelt = orientierender Helldunkelprozefs. \u201eRechts\u201c und \u201eLinks\u201c bedeuten Impulse zu einseitigen Regulierbewegungen,\tund\n\u201e\u2014\u201c die Impulse zum positiven oder negativen Bewegungsreflex.\nwir alle Punkte zusammen, so w\u00fcrde f\u00fcr die peripheren Augenteile das Licht nur verm\u00f6ge seiner konstanten Intensit\u00e4t wirken und zwar verm\u00f6ge seiner Helligkeit, nicht Farbe. F\u00fcr die zentralen Teile w\u00fcrde es nur verm\u00f6ge seiner \u00c4nderungen, und zwar nach Helligkeit und Farbe wirksam sein. Nehmen wir an, dafs diese Vermutung zutreffe, so k\u00f6nnen wir uns von der ganzen Anordnung der Vorg\u00e4nge im Sehorgan auf Grund des physiologischen","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen. 319\nVerhaltens etwa das in Fig. 7 dargestellte Schema machen. Die zentralen Augenteile enthalten die beiden Farbprozesse (blau und gelb), deren jeder schliefslich im Hirnganglion einen Reflex ausl\u00f6sen kann: gelb den positiven, blau den negativen. Die pheripheren Teile hingegen zeigen nur Reaktionen auf Helligkeitsabstufungen mit einem Maximum im Gr\u00fcn. W\u00e4hrend seitenungleiche Reizung dieses peripheren Apparates eine einseitige Reaktion zur Folge hat und so die Orientierung vermittelt, k\u00f6nnen die zentralen Teile immer nur den ganzen Bewegungsapparat gleichm\u00e4fsig beeinflussen und bewirken so die positiven und negativen Reflexe. Diesen Verh\u00e4ltnissen ist im Schema dadurch Rechnung getragen, dafs von den peripheren Teilen des Auges direkte Reflexbahnen durch das Himganglion zur gleichseitigen Muskulatur f\u00fchren, w\u00e4hrend die Bahnen vom zentralen Apparat gespalten sind und so beide H\u00e4lften des Tieres gleichm\u00e4fsig beeinflussen. Schliefslich m\u00fcssen wir der Tatsache Rechnung tragen, dafs die Reaktionen auf die einzelnen Farben durchaus nicht dauernden Charakter besitzen, dafs vielmehr stets nach einiger Zeit auch bei weiterbestehender Reizursache die Wirkung abklingt. Eine Erkl\u00e4rungsm\u00f6glichkeit f\u00fcr diese Tatsache, die sich besonders deutlich in der oben erw\u00e4hnten Erscheinung des Sukzessivkontrastes ausspricht, w\u00e4re in der Annahme einer Koppelung des Blau- und Gelbprozesses gegeben, wie sie \u00e4hnlich nach Hekings Theorie der Gegenfarben bestehen soll. Man kann sich dann den Vorgang so vorstellen, dafs bei Reizung des Blauprozesses die Erregung auch auf den Gelbprozefs \u00fcberstrahlt und dieser dann in allm\u00e4hlicher Steigerung die Wirkung des Komplement\u00e4rprozesses aufhebt. Das umgekehrte w\u00e4re bei Erregung des Gelbprozesses der Fall. Die Erscheinung des Simultankontrastes w\u00e4re so zu erkl\u00e4ren, dafs Erregung des peripheren Apparates gleichzeitig auch auf den zentralen Gelbprozefs einwirkt, so dafs positive Reaktion eintritt. Von hier greift die Erregung dann wieder auf den Blau-prozefs \u00fcber, so dafs die Wirkung allm\u00e4hlich aufgehoben wird. Obgleich diese Erkl\u00e4rung physikalisch - chemisch bisher nicht begr\u00fcndet ist, m\u00f6chte ich sie meiner bildlichen Darstellung ihrer leichten Fafslichkeit wegen zugrunde legen. Im Schema sind diese gegenseitigen Koppelungen durch kleine Abzweigungen der Hauptbahnen angedeutet. Um diese Verh\u00e4ltnisse darzustellen, mufste die gelbe Bahn doppelt gezeichnet\nwerden. Der Schaltungsapparat ist ziemlich willk\u00fcrlich in ein\n21*","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nWolfgang F. Ewald.\nbesonderes Organ (das Ganglion opticum?) verlegt, ohne dafs ich dies stichhaltig begr\u00fcnden k\u00f6nnte. F\u00fcr den zentralen Apparat sind besondere Hell-Dunkel-Prozesse neben den Farbprozessen der Einfachheit halber nicht eingetragen; man kann zwar annehmen, dafs bei Erhellung zun\u00e4chst der Blauprozefs erregt wird und \u00fcberwiegt (negative Reaktion) und dafs bei Verdunkelung wiederum der Blauprozefs schneller absinkt und daher der Gelbprozefs \u00fcberwiegt (positive Reaktion). Nach der HERiNGschen Vorstellung w\u00fcrde danach der erstere dissimilatorischer, der zweite assimilatorischer Natur sein. Diese Vorstellung scheint mir die Vorg\u00e4nge schon gen\u00fcgend zu erkl\u00e4ren, doch soll nicht bestritten sein, dafs f\u00fcr ein so verschiedenes Verhalten der Farbprozesse kein Anhaltspunkt vorliegt und dafs das Vorhandensein einer besonderen Helldunkelkomponente sehr gut denkbar ist. Die komplizierte Natur der in einfacher Verst\u00e4rkung oder Herabsetzung der Lokomotionsintensit\u00e4t (Aufsteigen und Absinken) bestehenden Reflexe (z. B. beim Simultankontrast) d\u00fcrfte sich vielleicht dadurch erkl\u00e4ren, dafs die Intensit\u00e4t der Lokomotion, die ja sowohl f\u00fcr die Orientierung als f\u00fcr die positiven und negativen Reflexe eine Rolle spielt, sowohl vom peripheren als vom zentralen Apparat beeinflufst werden kann, und dafs die Impulse unter komplizierten experimentellen Bedingungen sich mitunter direkt zuwiderlaufen.\nEin genaueres Eingehen auf diese hypothetischen Vorstellungen scheint mir im Rahmen einer vorl\u00e4ufigen Mitteilung nicht w\u00fcnschenswert. Nur auf einen Punkt m\u00f6chte ich noch hinweisen, dafs n\u00e4mlich bei den n\u00e4chsten Verwandten von Daphnia, z. B. Polyphemus und Bythotrephes (Miltz, 1899), sowie auch sonst bei zahlreichen Arthropoden, das Auge auch morphologisch in zwei Abschnitte gegliedert ist: einen peripheren, dessen Dioptrik nach Exner (1891) durch Vermehrung der Facettenglieder haupts\u00e4chlich auf Steigerung der Sehsch\u00e4rfe, und einen medianen, dessen Dioptrik auf m\u00f6glichste Erh\u00f6hung der Lichtst\u00e4rke eingerichtet ist. Bei Daphnia, dessen Auge wohl den niedrigsten Typus darstellt, scheint eine morphologische Trennung in zwei Abschnitte nicht zu bestehen. Es ist aber verlockend, anzunehmen, dafs der Differenz im physiologischen Verhalten der verschiedenen Augenteile, wie sie bei Daphnia hervortritt, bei h\u00f6her organisierten Formen eine durchaus zweckentsprechende morphologische Differenzierung folge. Denn offenbar mufs f\u00fcr","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n321\nden Orientierungsapparat eine Vermehrung der Facettenglieder g\u00fcnstig wirken, f\u00fcr den auf feinste Intensit\u00e4tsunterschiede reagierenden zentralen Apparat dagegen eine Erh\u00f6hung der Lichtst\u00e4rke.\nZusammenfassung.\nTeil I.\n1.\tF\u00fcr die seitliche Orientierung von Daphnia zum Licht haben gleiche Lichtmengen gleiche Wirkung, ohne R\u00fccksicht darauf, ob sie kontinuierlich oder intermittierend zugef\u00fchrt werden, und ob bei intermittierendem Licht die Unterbrechungsfrequenz hoch oder gering ist (oberhalb einer bestimmten Grenze). Die Orientierung ist also eine Funktion der konstanten Intensit\u00e4t und beruht auf der Erhaltung station\u00e4rer Gleichgewichtszust\u00e4nde.\n2.\tF\u00fcr die \u201epositiven und negativen Bewegungsreflexe\u201c dagegen wirkt intermittierendes Licht unterhalb der bei etwa 20\u201430 Unterbrechungen pro Sek. gelegenenVerschmelzungs-frequenz durchaus verschieden von konstantem Licht, und zwar als erheblich st\u00e4rkerer Lichtreiz. Die Reizst\u00e4rke nimmt zu proportional der Intensit\u00e4t und umgekehrt proportional der Unterbrechungsfrequenz des intermittierenden Lichts.\n3.\tDer Orientierungsapparat unterscheidet sich also in seiner Reaktionsweise von dem die positiven und negativen Bewegungsreflexe bewirkenden Apparat. Ist bei dem ersteren\ndie Reaktion eine Funktion der konstanten Intensit\u00e4t, so\n\u2022 \u2022\nist sie bei dem letzteren eine Funktion der \u00c4nderungen der Intensit\u00e4t in der Zeiteinheit (Unterschiedsempfindlichkeit).\n4.\tDas Bunsen-RoscoEsche Energiemengengesetz wird nicht nur f\u00fcr die Reaktionen des (tropistischen) Orientierungsapparates, sondern auch f\u00fcr die auf Unterschiedsempfindlichkeit beruhenden Bewegungsreflexe, soweit man sich auf die Schwellenwerte der Reizung beschr\u00e4nkt, als g\u00fcltig nachgewiesen.\nTeil II.\n5.\tAus Versuchen mit farbigen Pigmentpapieren und dem prismatischen Spektrum ergibt sich, dafs f\u00fcr gewisse Bewegungsreaktionen von Daphnia bestimmte Farben spezifische, durch Helligkeitswirkung nicht zu erkl\u00e4rende","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nWolfgang F. Ewald.\nEffekte hervorrufen. Die eine Farbengruppe, mit dem Maximum im gr\u00fcnlichen Gelb, hat eine positivierende Wirkung, die andere, mit dem Maximum im bl\u00e4ulichen Violett, hat eine negativierende Wirkung.\n6.\tDer Effekt gewisser Gr\u00fcn- und Purpurt\u00f6ne ist dagegen nicht spezifisch und l\u00e4fst sich durch farblose Helligkeitsreize ersetzen. Die durch Weifs zu ersetzenden T\u00f6ne sind ann\u00e4hernd dieselben, wie bei gewissen menschlichen Dichromaten.\n7.\tAus diesen Beobachtungen wird geschlossen, dafs Daphnia eine dichromatische Farbenempfindlichkeit mit zwei Maxima bei den Komplement\u00e4rfarben Gr\u00fcngelb und Blauviolett besitzt.\n8.\tBei Daphnia l\u00e4fst sich ein sukzessiver Helligkeits- und Farbkontrast sowie ein simultaner Helligkeitskontrast nachweisen. Der erstere \u00e4ufsert sich z. B. durch umgekehrte Reaktion auf das gleiche Weifs nach Adaptation an hell oder blau einerseits und dunkel oder gelb andererseits. Der letztere findet seinen Ausdruck darin, dafs Erhellung der Umgebung bei konstantem Hauptreizlicht positiv (statt negativ) macht, Verdunkelung der Umgebung dagegen negativ (statt positiv). Die \u00c4nderung der Umgebung wirkt also nicht selbst\u00e4ndig auf die Bewegungsreflexe , sondern im Sinne eines Helligkeitskontrastes zum Hauptreizlicht, nach dem das Tier orientiert ist. Es wird angenommen, dafs dieser Kontrast durch gegensinnige Beeinflussung der zentralen (d. h. median gelegenen) durch die peripheren Augenteile zustande kommt.\n9.\tF\u00fcr den Simultankontrast, resp. die ihn vermittelnden peripheren Augenteile besitzen die Farben keine spezifischen Wirkungen, die sich nicht auch durch Mischungen von Schwarz und Weifs erzielen liefsen. Demgem\u00e4fs lassen sich viele Farben ohne Wirkung auf die Tiere vertauschen. Die peripheren Augenteile besitzen also bei Daphnia, wie beim Menschen, keine Farbenempfindlichkeit.\nTeil III.\n10.\tEs wfird die Vermutung ausgesprochen, dafs der Orientierungsapparat vorwiegend in den peripheren Augenteilen,","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen.\n323\nder die positiven und negativen Reflexe vermittelnde\nApparat dagegen in den zentralen Augenteilen lokalisiert\nist. F\u00fcr die peripheren Teile w\u00fcrde demnach das Licht\nnur verm\u00f6ge seiner konstanten Intensit\u00e4t wirken und zwar\nnach seiner Helligkeit, nicht Farbe. F\u00fcr die zentralen\n\u2022\u2022\nAugenteile w\u00fcrde es nur verm\u00f6ge seiner \u00c4nderungen, und zwar nach Farbe sowohl als Helligkeit wirksam sein.\n11.\tEs wird ein Schema f\u00fcr die Funktion der verschiedenen, im Daphnienauge vertretenen Apparate entworfen, das die Koppelung der Blau- und Gelbprozesse untereinander und mit dem peripheren Helligkeitsprozefs, die Beherrschung der stets beiderseitigen positiven und negativen Reflexe durch die ersteren und der einseitigen Orientierungs-bewegungen durch den letzteren Prozefs anschaulich machen soll.\n12.\tEs wird auf eine morphologische Differenzierung der Augen zahlreicher, zum Teil mit Daphnia sehr nahe verwandter Arthropoden aufmerksam gemacht, welche physiologische Verschiedenheiten von der Art der bei Daphnia gefundenen aufs zweckm\u00e4fsigste unterst\u00fctzen m\u00fcssen.\nLiteraturverzeichnis.\n1.\tAbney, W. de W., A Treatise on Photography. London 1907.\n2.\tBlaauw, A. H., Rec. de travaux bot. 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S., Contributions to the study of the behaviour of lower\norganisms. Washington 1904.","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nWolfgang F. Eivald.\n21.\ty. Kries, J., Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 41. 1907.\n22.\tv. Kries, J., Nagels Handb. d. Physiol. B. 1904.\n23.\tLoeb, J., Pfl\u00fcgers Arch. 115. 1906.\n24.\tLoeb, J., Vorlesungen \u00fcber die Dynamik der Lebenserscheinungen.\nLeipzig 1906.\n25.\tLoeb, J. Wintersteins Handb. d. vergl. Physiol. 4. 1910.\n26.\tLoeb, J. und W. F. Ewald, Zentralbl. f. Physiol. 27. 1914.\n27.\tLummer und Brodhun, Zeitschr. f. Instrumentenkundc 16. 1896.\n28.\tMast, S. 0., Light and the behaviour of organisms. New York 1911.\n29.\tMiltz, 0., Zoologien 11. 1899.\n30.\tNathansohn, A. und Pringsheim, E., Jahrb. f. iviss. Bot. 45.\t1908.\n31.\tParker, G. H. und Patten, B. M., Amer. Journ. of Physiol. 31. 1912.\n32.\tR\u00e2dl, Em., Untersuchungen \u00fcber den Phototropismus der Tiere. Leip-\nzig 1903.\n33.\tSchwarzschild, Photogr. Korrespond. 1899.\n34.\tWeiss, O. und Lacqueur, E., Beitr. z. Physiol, und Pathol. 1908.","page":324}],"identifier":"lit33641","issued":"1914","language":"de","pages":"285-324","startpages":"285","title":"Versuche zur Analyse der Licht- und Farbenreaktionen eines Wirbellosen (Daphnia pulex)","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:34.230872+00:00"}