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{"created":"2022-01-31T14:40:02.783063+00:00","id":"lit33642","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Blachowski, Stefan","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 48: 325-353","fulltext":[{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"325\nTachistoskopische Untersuchungen \u00fcber den elementaren Wahrnehmung^ Vorgang bei\nDunkeladaptation.\nVon\nStEEAN BBACHOWSKI.\nIn einer fr\u00fcheren Arbeit1 habe ich nachgewiesen, dafs der Binnenkontrast, d. h. die gegensinnige Wechselwirkung der Netz* hautelemente in einer Netzhautpartie, die von objektiv gleichem Lichte getroffen wird, mit wachsender Ausdehnung der Licht* fl\u00e4che an Gr\u00f6fse zunimmt. In jener Arbeit habe ich diesen Satz lediglich f\u00fcr das helladaptierte Auge aufgestellt. Die Feststellung dessen, wie sich die Wirksamkeit des Binnenkontrastes im Dunkelauge geltend macht, soll die Hauptaufgabe dieser Arbeit sein. Im dunkeladaptierten Auge aber l\u00e4fst sich der Binnenkontrast \u2014 wahrscheinlich infolge der eigenartigen Funktionsweise des St\u00e4bchenapparates \u2014 in nicht so einfacher und eindeutiger Art feststellen, wie dies im helladaptierten Auge m\u00f6glich war. Unser Problem kompliziert besonders der Umstand, dafs im Dunkelauge eine mit Licht gereizte Netzhautpartie die Empfindung einer desto gr\u00f6fseren Helligkeit hervorruft je gr\u00f6fser die gereizte Netzhautpartie ist. Dafs es unter diesen Umst\u00e4nden dennoch m\u00f6glich ist, einen Binnenkontrast nachzuweisen, ist das Hauptergebnis dieser Arbeit. Ich will aber schon hier nicht unerw\u00e4hnt lassen, dals ich neben der Frage nach dem Binnenkontrast mein Augenmerk auf mit jener Frage mehr oder weniger innig zusammenh\u00e4ngende Probleme der Angleichungsph\u00e4nomene, der Eindringlichkeit und des Verhaltens der Aufmerksamkeit richtete. Wie einerseits zentrale Faktoren in das Gebiet der Farbenempfindungen hineinspielen, wie andererseits das periphere Sinnesorgan in Abh\u00e4ngigkeit von seinem Adaptationszustande\n1 Studien \u00fcber den Binnenkontrast. Zeitschr. f. Sinnesphys. 47, S. 29L","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\nStefan Biachowski.\njene zentralen Faktoren in verschiedener Weise ausl\u00f6st, dies zu erforschen bot die angewandte Versuchsanordnung besonders g\u00fcnstige Gelegenheit. Wie wir sehen werden, sind die im Dunkelauge auftretenden Erscheinungen von denjenigen des Hellauges nicht blofs deshalb verschieden, wTeil verschiedenartige nerv\u00f6se Apparate, ich meine der St\u00e4bchen- und Zapfenapparat, in Funktion treten, sondern auch deshalb, weil jene nerv\u00f6sen Apparate verschiedenartige psychische Bet\u00e4tigungsweisen, insbesondere der Aufmerksamkeit, ausl\u00f6sen ; diese Bet\u00e4tigungsweisen gehorchen aber einer eigenen Gesetzm\u00e4fsigkeit und sind nicht unmittelbar aus der physiologischen Funktion der nerv\u00f6sen Organisation verst\u00e4ndlich. \u2014\nBei den im folgenden zu beschreibenden Versuchen wurden dem Auge des Beobachters Lichtscheiben, deren Ausdehnung 1\u00b0, 2\u00b0, 4\u00b0 und 12\u00b0 betrug, tachistoskopisch, dargeboten.1 Der Hintergrund, auf dem die Scheiben zum Vorschein kamen, kann als absolut lichtlos angesehen werden, da er gewissermafsen aus der \u00d6ffnung einer grofsen Dunkeltonne, welche das Dunkelzimmer des Instituts bildete, bestand. Die T\u00fcr, welche von dem Zimmer, in welchem sich die Vp. befand, in die Dunkelkammer f\u00fchrte, war mit schwarzem Papier bis auf eine quadratische \u00d6ffnung, in der die Scheiben exponiert wurden, bedeckt. Hinter dem R\u00fccken der Vp. in einer H\u00f6he von etwa 11/2 m war eine Projektionslampe angebracht, die einfach aus einem lichtdichten\nKasten und einem Auerbrenner bestand. Vermittels einer Blende\n\u2022 \u2022\nwurde erreicht, dafs die quadratische \u00d6ffnung in der T\u00fcr gerade ganz mit Licht ausgef\u00fcllt werden konnte. An dem lichtdichten Kasten waren Rahmen angebracht, in welche man zweierlei Rauchgl\u00e4ser, n\u00e4mlich ein schw\u00e4cher und ein st\u00e4rker Licht absorbierendes Rauchglas einschieben konnte. Das schw\u00e4chere Rauchglas setzte die normale Beleuchtung auf 1ji, das st\u00e4rkere auf 1jG0 ihrer St\u00e4rke herab.\nVor den Projektionskasten wurde das ScH\u00fcMANxsche Tachisto-skop aufgestellt, welches durch einen sehr regelm\u00e4fsig laufenden, starken Elektromotor getrieben wurde. Die kleinsten Expositionszeiten, die ich \u00fcberhaupt verwendete, betrugen 1j2-o0 Sek. In der \u00fcberwiegenden Zahl der Beobachtungen exponierte ich die\n1 Die Scheiben wurden in einer Entfernung von 115 cm vom Auge \u25a0des Beobachters exponiert.","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Tachist oskopische Untersuchungen usw. hei Dunkeladaptation. 327\nScheiben 1I50, x/25 und 1/10 Sekunde lang. Gelegentlich stellte ich aber auch Beobachtungen bei noch l\u00e4ngerer (als 1jl0 Sek.) Expositionszeit an. S\u00e4mtliche Beobachtungen wurden bei Dunkeladaptation vorgenommen, und zwar bei guter Dunkeladaptation, wie sie sich nach 10 Minuten langem Verbleiben in einem dunklen Raume einstellt. Zwei Fixationspunkte, von denen der eine den Mittelpunkt der Scheibe andeutete, der andere seitlich aufserhalb der Scheibe lag und dem peripheren Beobachter diente, bildeten eine eigentlich selbstverst\u00e4ndliche Erg\u00e4nzung der Versuchsanordnung.\nAm Eingang dieser Untersuchung stellte ich mir die Frage, in welcher Weise das Aussehen einer Lichtfl\u00e4che von deren Ausdehnung, Expositionszeit und Beleuchtung abh\u00e4ngt. Man mufs schon von vornherein annehmen, dafs im Dunkelauge, wenigstens im Hinblick auf die von der Ausdehnung der Lichtfl\u00e4chen abh\u00e4ngigen Erscheinungen, gr\u00f6fsere Verschiedenheiten auftreten werden als im Hellauge, da ja dem Netzhautzentrum des dunkeladaptierten Auges eine Art physiologischer Hemeralopie eignet, welche bewirkt, dafs Lichtfl\u00e4chen, deren Gr\u00f6fse der Gr\u00f6fse des Netzhautzentrums entspricht, bei zentraler Fixierung und entsprechend schwacher Beleuchtung unsichtbar bleiben, w\u00e4hrend sie bei peripherer Betrachtung hell aufleuchten. Aus demselben Grunde haben wir zu erwarten, dafs bei Betrachtung grofser Lichtfl\u00e4chen ein dem Netzhautzentrum entsprechender Bezirk dunkel auf hellem Grunde erscheinen wird.\nDer dunkle Fleck, von dem hier die Rede ist, zeigte sich auch im Laufe der Untersuchung. Es erwies sich jedoch weiterhin, dafs eine einfache Zuordnung dieses dunklen Fleckes zu der Funktionsweise der Netzhautmitte nicht ang\u00e4ngig sei. Das Problem, welches auf den ersten Blick aus den Funktionsverschiedenheiten der Netzhautperipherie und der Netzhautmitte ableitbar schien, erwies sich nun als ein sehr kompliziertes. Es erschien daher zweckm\u00e4fsig, mit einer genauen ph\u00e4nomenologischen Beschreibung der betreffenden Erscheinungen zu beginnen.\nWir stellen in zwei Tabellen die Ergebnisse zweier gleichartiger Versuchsreihen zusammen, in denen sowohl die Ausdehnung der Lichtfl\u00e4chen, wie die Expositionszeit als auch die Beleuchtung, in einem aus den Tabellen I und II ersichtlichen Mafse, variiert wurden.","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nStefan Btachowski.\nTabelle 1.i 1\nVp. Herr Prof. M\u00fcller.\nGr\u00f6fse\n(jer Expositions-,\nSchei- ! zeit ben !\n1\u00b0\nV60 Sek. I\nVio Sek.\n\\\nv25 Sek.\nArt der Beleuchtung\nV60 Beleuchtung 1/4 Beleuchtung Volle Beleuchtung\nZ. nicht sichtbar P. sichtbar\nZ. nicht sichtbar\nP. schwach sichtbar\nZ. nicht sichtbar\nP. sichtbar, mit schwarzem Fleck in der Mitte\nZ. nicht sichtbar P. sichtbar\nZ. schwach sichtbar, meist aber unvollst\u00e4ndig P. sichtbar und i heller als Z.\nZ. sichtbar\nP. sichtbar, mit dunklem Fleck\nZ. sichtbar P. sichtbar\nZ. sichtbar\nP. sichtbar und in der Mitte dunkel\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. sichtbar, sicher ein dunkler Fleck in der Mitte\n2\u00b0\nI!\nI\ni Z. nicht sichtbar \\ P. sichtbar\nZ. nicht sichtbar P. sichtbar\nZ. sichtbar P. sichtbar\nV25 Sek.\nZ. nicht sichtbar\nP. sichtbar\nZ. im wesentlichen vollst\u00e4ndig sichtbar P. sichtbar. Bei den ersten Darbietungen anscheinend in der Mitte dunkel\nZ. sichtbar\nP. sichtbar, ein dunkler Fleck in der Mitte\nf\\\nZ. nicht sichtbar\nZ. sichtbar\n/1 o\nSek.\nP. sichtbar, mit schwarzem Fleck ! in der Mitte\nP. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nZ. sichtbar, ein dunkler Fleck in der Mitte P. sichtbar, sicher mit dunklem Fleck\n1 In Tabelle I und II bedeutet der Buchstabe Z., dafs der in der Mitte der Scheibe liegende Fixationspunkt fixiert wurde, der Buchstabe P., dafs der seitw\u00e4rts von der Scheibe sich befindende Lichtpunkt als Fixationspunkt diente. \u2014 In jedem Satze dieser Tabellen ist das Subjektswort \u201edie Scheibe\u201c zu erg\u00e4nzen.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptalion. 329\nGr\u00f6fse der\tExpositions-\tArt der Beleuchtung\t\t\nSchei- ben\tzeit\tVeo Beleuchtung\t7* Beleuchtung\tVolle Beleuchtung\n\t\u2018/so Sek.\tZ. sch wachesAuf-leuchten des Randes P. sichtbar\tZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte P. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\tZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte P. sichtbar, ann\u00e4hernd gleich-m\u00e4fsig\n4\u00b0 <\tV25 Sek. <\tZ. nicht sichtbar P. sichtbar, dunkler Fteck in der Mitte\tZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte P. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\tZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte P. dasselbe\n\tVio Sek. < .\tZ. schwaches Aufleuchten des Randes P. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\tZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte P. sichtbar, der dunkle Fleck heller als Z\tZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte P. dasselbe\n12\u00b0\nVso Sek.\nVas Sek.\nVio Sek.\nZ. Aufleuchten des Randes\nP. sichtbar\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. dasselbe\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. dasselbe\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. dasselbe\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. dasselbe\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. dasselbe\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. dasselbe\nZ. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\nP. dasselbe\nZ. sichtbar. Ein grofser grauer Fleck erstreckt sich bis an den Rand der Scheibe P. sichtbar, dunkler Fleck in der Mitte\n1\u00b0\nTabelle II.\nVp. Herr Dr. Katz.\ni\ti Z. nicht sichtbar\tZ. schwach, sichtbar\nVso Sek. 1\tP. sichtbar, sehr hell\tP. sichtbar\n\tZ. nicht sichtbar\tZ. sichtbar\nV25 Sek. <\tP. sichtbar, sehr hell\tP. sichtbar, hell und gleichm\u00e4fsig\n710 Sek. 1\tZ. nicht sichtbar P. sichtbar\tZ. ganze Scheibe sichtbar P. sichtbar, sehr hell\nZ. sichtbar, in der Mitte heller als am Rand P. sichtbar\nZ. sichtbar, gleichin \u00e4fsig hell P. sichtbar, sehr hell\nZ. sichtbar, gleich-m\u00e4fsig hell P. sichtbar, sehr hell","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nStefan Blachowski.\nGr\u00f6fse der Schei-\tExpositions-\tArt der Beleuchtung\t\t\n\tzeit\t\t\t\nben\t\tV16 Beleuchtung 1\tV4 Beleuchtung\tVolle Beleuchtung\n\t\tZ. nicht sichtbar\tZ. hebt sich\tZ. sichtbar, gleich-\n\t\u2018/so Sek. I\t\tsicher vom Hintergr\u00fcnde ab\tm\u00e4fsig hell\n\t\tP. da, sehr hell\tP. sichtbar\tP. sichtbar, sehr hell und gleich-m\u00e4Jfsig\n\ti\t\t\t\n\t\t\t\t\n\t(\tZ. nicht sichtbar\tZ. sichtbar\tZ. sichtbar, gleich-\n2\u00b0 <\tVt5 Sek. |\tI P. sichtbar, sehr\tP. sichtbar, sehr\tm\u00e4fsig hell P. sichtbar, sehr\n\tl\thell\thell\thell\n\t\ti Z.\tTeile der\tZ. sichtbar\tZ. sichtbar, gleich-\n\tVio Sek.\tScheibe\tsind sichtbar\t\tm\u00e4fsig hell\n\t\tP. sichtbar, sehr\tP. sichtbar\tP. sichtbar, sehr\n\t1\thell 1\t\thell\n\tf\t1 Z. nicht sichtbar\tZ. sichtbar\tZ. sichtbar\nj\t! Vso Sek. 1\tP. sichtbar, hell,\tP. sichtbar, bien-\tP. sichtbar, sehr\n\t\tder Mitte zu heller\tdend hell\thell\ni\t\tZ. bei manchen\tZ. sichtbar\tZ. sichtbar, in der\n\t\tExpositionen\t\tMitte ein dunkler\ni\tV25 Sek. '\ttaucht der Rand\t\tFleck\n4\u00b0 t\t\tganz wenig auf P. sichtbar, hell\tP. sichtbar\tP. sichtbar, sehr\n\tI\t\t\t\n\t\u25a0\tI\t\thell\n\tVio Sek.\tZ. schwach sichtbarer Rand\tZ. sichtbar\tZ. sichtbar\n\t\tP. sichtbar\tP. sichtbar\tP. sichtbar, sehr hell\n\tl !\t\t\t\n\t\tZ. sichtbar, in der\tZ. sichtbar, in der\tZ. sichtbar, Mitte\n\t1\tMitte ein ellipsen-\tMitte ein dunkler,\tdunkel\n\tV00 Sek. <\tf\u00f6rmiger dunkler Fleck\telliptischer Fleck\t\n\t\tP. sichtbar\tP sichtbar\tP. sichtbar\n\t\tZ. sichtbar\tZ. sichtbar, in der\tZ. sichtbar, Mitte\n\t\t\tMitte ein grauer\tdunkel\nt-A CO o\tV25 Sek. <\t! P. sichtbar\tFleck P. sichtbar\tP. sichtbar, in der Mitte ein dunkler Fleck\n\t\tZ. sichtbar, in der\tZ. sichtbar, in der\tZ. sichtbar, Mitte\n\t\tMitte ein dunkler\tMitte dunkel\tdunkel\n\tVio Sek.\tellipsenf\u00f6rmiger\t\t\n\t\tFleck P. sichtbar\tP. sichtbar\tP. sichtbar","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dnnkeladaptation.\nZun\u00e4chst l\u00e4fst sich aus den Tabellen ermitteln, dafs man von der kleinsten Lichtfl\u00e4che bei niedrigster Beleuchtung und k\u00fcrzester Expositionszeit ausgehend, wobei die Lichtfl\u00e4che bei zentraler Fixierung unsichtbar ist, durch alleinige Steigerung eines dieser Faktoren und unter Konstanthaltung der anderen,, prinzipiell immer erreichen kann, dafs die Lichtfl\u00e4che sichtbar wird. So wird (Tab. I) z. B. unter Konstanthaltung der niedrigsten Beleuchtung und Expositionszeit die Scheibe einigermafsen sichtbar, wenn sie die Winkelgr\u00f6fse von 4\u00b0 (in Tab. II von 12\u00b0) erreicht. Der Einflufs der Expositionszeit zeigt sich z. B. in Tabelle II, wo die 4\u00b0 grofse Scheibe bei 1/60 Beleuchtung und V\u00f6o Sek. Expositionszeit nicht sichtbar ist, bei 1/25 Sek. Expositionszeit nur manchmal ganz wenig am Rande auftaucht und bei 1/10 Sek. als ganze Scheibe wahrgenommen wird. Wenn auch im allgemeinen durch Steigerung eines der drei Faktoren die Sichtbarkeit der Lichtfl\u00e4che erreicht wird, so darf doch eine untere Grenze der Gr\u00f6fse jedes dieser Faktoren nicht \u00fcberschritten werden, damit \u00fcberhaupt durch Steigerung der beiden anderen Faktoren die Lichtfl\u00e4che \u00fcber die Schwelle der Sichtbarkeit treten k\u00f6nne.1\nIn dieser Richtung Versuche anzustellen, w\u00e4re aber f\u00fcr die Erreichung des Zieles unserer Arbeit wenig f\u00f6rderlich gewesen,, da es uns in dieser Arbeit wesentlich darauf ankam, den Verlauf der Entstehung einer Empfindung oder, besser gesagt, der Wahrnehmung einer einfachen Lichtfl\u00e4che zu studieren. Und f\u00fcr die Beantwortung dieser Fragestellung ist es wichtiger zu erfahren, wie bei den verschiedenen Beleuchtungs-, Expositions- und Ausdehnungsstadien die Lichtfl\u00e4che uns ph\u00e4nomenologisch entgegentritt, als einige zahlenm\u00e4fsige Bestimmungen der Grenzwerte der oben genannten drei Faktoren zu erhalten.\nSieht man sich die Resultate der Tabellen I und II, die ein\n\u2022 \u2022\nrelativ fr\u00fches Stadium der \u00dcbung darstellen, an, so dr\u00e4ngt sich am st\u00e4rksten die Tatsache auf, dafs die Lichtfl\u00e4che, sobald sie nur sichtbar wird, ein ungleichm\u00e4fsiges Aussehen besitzt. Abgesehen davon, dafs die Scheibe in einer schnell abklingenden Rotationsbewegung begriffen zu sein scheint und beim Aufleuchten\n1 Wir erinnern an die Tatsache, dafs bei gegebener Expositionszeit eine Scheibe selbst unter den g\u00fcnstigsten Beleuchtungsverh\u00e4ltnissen unsichtbar bleibt, wenn sie nicht eine gen\u00fcgend grofse Ausdehnung besitzt.. Analoges gilt f\u00fcr die beiden anderen Faktoren.","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nStefan Blachowski.\nvon aufsen nach innen sich aufhellt, beim Verschwinden von aufsen nach innen sich verdunkelt1 (wTas in den Tabellen nicht vermerkt ist) und dafs Dr. Katz in einigen F\u00e4llen von einem gleichm\u00e4fsigen Aussehen der Scheibe spricht, sind immer auf der Scheibe Helligkeitsunterschiede vorhanden. Die Vpn. sprechen von einem hellen Aufleuchten des Randes, wenn die Mitte der Scheibe in Dunkel geh\u00fcllt bleibt, und in der Regel von einem dunklen Fleck in der Mitte der Scheibe. Gelegentlich glaubt\nDr. Katz in der Mitte der Fl\u00e4che einen hellen Fleck zu sehen.\n\u2022 \u2022\nBezeichnend ist f\u00fcr diese Vp., dafs in einem sp\u00e4teren Ubungs-stadium, welches erreicht war, als wir zu den Beobachtungen mit der gr\u00f6fsten Scheibe schritten, an Stelle der Behauptung, in der Mitte sei ein heller Fleck zu sehen, die entgegengesetzte Aussage, die Mitte der Fl\u00e4che sei dunkel, trat. Bei sp\u00e4teren Versuchen, die weiter unten besprochen werden, stimmten die Beobachtungen von Dr. Katz im allgemeinen mit den Angaben\n\u2022 \u2022 ______________________________\njenes letzten Ubungsstadiums \u00fcberein. Die F\u00e4lle, in denen\nDr. Katz in der Mitte der Lichtfl\u00e4che einen hellen Fleck zu sehen glaubte, lassen sich also ungezwungen auf die im Anfang der Versuche in dieser Hinsicht noch nicht gen\u00fcgend geschulte Beobachtung zur\u00fcckf\u00fchren.2\nProf. M\u00fcller hat von Anfang an, sobald nur irgendwelche Ungleichm\u00e4fsigkeiten auf der Scheibe zu konstatieren waren, stets einen dunklen Fleck in der Gegend des Fixationspunktes gesehen. Zur Kennzeichnung dieses dunklen Fleckes findet sich bei Prof. M\u00fcller immer wieder die Angabe, dafs der dunkle Fleck heller erscheine als der Hintergrund, auf dem die Scheibe\n1\tInwieweit die Rotationsbewegung von der beschriebenen Helligkeits-\nwTanderung abh\u00e4ngt, ist nicht leicht zu sagen ; dafs aber eine Abh\u00e4ngigkeit jener von dieser besteht, scheint sicher zu sein. Exner (\u00dcber die zu einer Gesichtswahrnehmung n\u00f6tige Zeit. Sitzungsber. d. \u00c0k. d. W. zu Wien. II. Abt. Bd. 58.\t1868. S. 629) f\u00fchrt diese Helligkeitswanderung auf die\nTr\u00e4gheit des Netzhautzentrums zur\u00fcck.\n2\tEs ist n\u00e4mlich kein Leichtes im Anfangsstadium der Versuche, wo man sich noch nicht richtig in die grofse Mannigfaltigkeit der momentan auftauchenden Erscheinungen hineingefunden hat, \u00fcber diese komplizierten Erscheinungen ein sicheres Urteil abzugeben. Insbesondere ist hier zu Anfang der Versuche eine Verwechslung zwischen dem dunklen Fleck und dem ihn umgebenden helleren konzentrischen Ring m\u00f6glich. Aus dieser Verwechslung liefsen sich leicht die oben erw\u00e4hnten Widerspr\u00fcche erkl\u00e4ren.","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation. 333\nexponiert wird, was wohl, da der Hintergrund nahezu lichtlos ist, niemanden wundem wird.\nDr. Katz macht des \u00f6fteren die Angabe, dafs der dunkle Fleck die Form einer unregelm\u00e4fsigen Ellipse besitzt, deren L\u00e4ngsachse horizontal zu liegen scheint.\nWas die Aussagen bei peripherer Betrachtung betrifft, so sind diejenigen der Vp. Prof. M\u00fcller auch hier ausf\u00fchrlicher, sicherer und widerspruchsloser als diejenigen der Vp. Dr. Katz. Am regelm\u00e4fsigsten kehrt bei Dr. Katz die Angabe wieder, dafs die Scheibe peripher betrachtet heller und kleiner als bei zentraler Betrachtung erscheine und dafs der dem Fixierpunkt, zugewendete Teil den Rest der Scheibe an Helligkeit \u00fcbertreffe. Auch bei Prof. M\u00fcller findet sich die Angabe, die Scheibe sie bei peripherer Betrachtung kleiner und weifslicher als bei zentraler,* daneben wird aber schon bei peripherer Betrachtung der kleinsten Scheibe in ihrer Mitte mit Sicherheit ein dunkler Fleck beobachtet. Und wie aus Tabelle I zu entnehmen ist, wird der dunkle Fleck nur in Ausnahmef\u00e4llen nicht zu Protokoll gegeben.1\nDer Umstand, dafs der dunkle Fleck in der Mitte der Scheibe bei peripherer Betrachtung zu sehen war, bot mancherlei zu denken. Und so gaben die eben beschriebenen Versuche Anstofs zu weiteren, in welchen die Fragestellungen mehr differenziert und das Forschungsgebiet spezieller gefafst wurde. \u00dcber diese Untersuchungen haben wir nunmehr zu berichten.\nBei diesen Versuchen, bei welchen Herr Prof. M\u00fcller die Liebensw\u00fcrdigkeit hatte, unerm\u00fcdlich eine grofse Menge von Beobachtungen anzustellen, wurde die fr\u00fcher beschriebene Versuchsanordnung beibehalten, daf\u00fcr aber gesorgt, dafs auch Expositionszeiten von der Gr\u00f6fse eines 250. Teiles einer Sekunde hergestellt werden konnten. Wichtig war jedoch vor allem, dafs die w\u00e4hrend einer Expositionszeit beobachteten Helligkeitsverteilungen auf einer der jeweils exponierten Scheibe gleich grofsen, kreisf\u00f6rmigen Papierfl\u00e4che auf gezeichnet wurden. In der Regel wurde\n1 M\u00f6glicherweise h\u00e4ngt die gr\u00f6fsere Sicherheit der Beobachtungen des Herrn Prof. M\u00fcller, der deuteranomal ist, und diejenige des protanomalen Herrn Dressler, dessen weiter unten beschriebene Beobachtungen \u00fcberraschend gut ausfielen, davon ab, dafs die Farbenanomalen einen gesteigerten Binnenkontrast aufzuweisen scheinen (vgl. Studien \u00fcber den Binnenkontrast. S. 320 ff.).\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 48.\n22","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nStefan Biachowski.\nso verfahren, dafs die Aufzeichnungen erst nach einigen Expositionen der gleichen Art vorgenommen wurden.\nIm ganzen liegen 40 Aufzeichnungen von der Hand Prof. M\u00fcllers vor, die sich folgendermafsen auf die Gr\u00f6fse der Scheiben verteilen. Auf die 12\u00b0 und 4\u00b0 grofsen Scheiben entfallen je 14 Aufzeichnungen, auf die 20 grofsen 7 und auf die 1 0 grofsen Scheiben 5 Aufzeichnungen. Nebenbei stellte ich mit Herrn Dressler analoge Versuche an, die in insgesamt 21 Zeichnungen festgehalten wurden. Diese Versuche lieferten 11 Zeichnungen f\u00fcr die 4\u00b0 grofse, und 10 Zeichnungen f\u00fcr die 2\u00b0 grofse Scheibe. Vom Aufzeichnen der gr\u00f6fsten und kleinsten Scheibe, deren Beobachtung Herrn Dressler grofse Schwierigkeiten bereitete, wurde Abstand genommen. Die nachstehenden Er\u00f6rterungen st\u00fctzen sich also auf ein Material von 61 Zeichnungen und ein sehr umfangreiches Protokoll, in welches so manches, was w\u00e4hlend den vielen Hunderten von Beobachtungen sich einer Aufzeichnung entzog, vermerkt wurde. Nebenbei sei auch erw\u00e4hnt, dafs ich als Versuchsleiter w\u00e4hrend s\u00e4mtlicher Versuche Gelegenheit hatte, die exponierten Scheiben zu beobachten und auf diese Weise zahlreiche Erfahrungen sammeln konnte.\nUm durch Vergleichung der Scheiben zu positiven Resultaten zu gelangen, ist es notwendig, immer drei der genannten Faktoren konstant zu halten und die \u00c4nderungen in der Erscheinung der Scheiben nur in Hinsicht auf einen variablen Faktor zu untersuchen.\nDies Prinzip befolgend wollen wir auf folgende vier Fragen Antwort suchen. Welche \u00c4nderungen treten im Aussehen der Scheiben ein, wenn unter Konstanthaltung aller anderen Faktoren\n1.\tdie Ausdehnung der Scheibe,\n2.\tdie Expositionszeit,\n3.\tdie Beleuchtungsst\u00e4rke,\n4.\tder Adaptationszustand ge\u00e4ndert wTird.\nWir wollen zun\u00e4chst in den nachstehenden Er\u00f6rterungen nur solche Versuche in Betracht ziehen, welche bei guter Dunkeladaptation angestellt wurden, und beginnen mit der Beantwortung der ersten Frage:\n1. F\u00fcr die Beantwortung dieser Frage sind besonders die Aufzeichnungen des Herrn Prof. M\u00fcller wertvoll, weil sie uns 5 Serien von Zeichnungen liefern, in denen unter sonst gleichen","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. hei Dunkeladaptation. 335\nBedingungen alle vier Scheibengr\u00f6fsen verwandt wurden. Wir beginnen mit der Analyse der ersten Serie, in welcher bei voller Beleuchtung die Expisitionen V Sek lang waren. Das einzige, was sich auf der kleinsten Scheibe (1 \u00b0) beobachten l\u00e4fst, ist ein schmaler, dunkler, mit der Scheibe konzentrischer Ring, der eine Fl\u00e4che von ungef\u00e4hr 2/3 0 umschliefst. Die n\u00e4chst gr\u00f6fsere, 20 grofse Scheibe, weist neben einem analogen, ungef\u00e4hr gleichgrofsen dunklen Ring (wie bei der vorher beschriebenen Scheibe), einen zweiten konzentrischen dunklen Ring auf, welcher eine Fl\u00e4che von ungef\u00e4hr 1V umgibt. Die darauf folgende 4\u00b0 grofse Scheibe bietet einen ver\u00e4nderten Anblick. Der mittlere konzentrische dunkle Ring ist verschwunden, und die Fl\u00e4che, welche auf der vorigen Scheibe der gr\u00f6fsere konzentrische dunkle Ring umschlofs, stellt sich nunmehr als ein mehr oder weniger einheitlicher dunkler Fleck dar. Es ist aber auf dieser Scheibe der gr\u00f6fsere dunkle Ring der vorigen Scheibe in den dunklen Fleck \u00fcbergegangen. Daf\u00fcr tritt aber auf dieser Scheibe ein neuer dunkler Ring auf, der eine ungef\u00e4hr 3\u00b0 grofse Fl\u00e4che umschliefst und dessen Breite (sie betr\u00e4gt etwa V6 eines Grades) ungef\u00e4hr doppelt so grofs ist, wie diejenige der beiden fr\u00fcher beschriebenen Ringe. Gehen wir nun zu der gr\u00f6fsten, 12 0 grofsen Scheibe \u00fcber, so ist das erste, was uns hier in die Augen springt, ein dunkler Fleck, welcher der Grofse nach ziemlich genau mit dem dunklen, etwa IV grofsen Fleck der vorigen Scheibe \u00fcbereinstimmt. Auf der Scheibe sind weiterhin zwei Ringe, die allerdings schwer zu erfassen sind und gegen\u00fcber dem dunklen Fleck einen geringen Grad von Eindringlichkeit besitzen, zu erkennen, von denen der innere (seine Breite betr\u00e4gt etwa einen Grad) breiter und zwar doppelt so breit ist als der \u00e4ufsere. Der innere Rand dieses mittleren Ringes umschliefst eine Fl\u00e4che von etwa 5\u00b0, der innere Rand des \u00e4ufseren Ringes eine Fl\u00e4che von etw^a 9\u201410 \u00b0. Der dunkle Ring der vorigen Scheibe ist in einem etwa 3 0 breiten hellen Ring, welcher den mittleren dunklen Fleck umschliefst, v\u00f6llig aufgegangen. Da aber nach den Aussagen der Vp. auf dieser Scheibe alles sehr variabel, und schwer zu erfassen ist, so ist es immerhin m\u00f6glich, dafs der Ring der vorigen Scheibe unter besonders g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden gesehen werden k\u00f6nnte.\nWir gehen nun zur Analyse der zweiten Serie \u00fcber, in welcher bei voller Beleuchtung die Expositionen V Sek. lang\n22*\nwaren.","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nStefan Btachowski.\nDie kleinste Scheibe (1 \u00b0) dieser Serie ist derjenigen der vorigen Serie ganz \u00e4hnlich ; man sieht auf ihr nur einen schmalen dunklen Ring. Die darauf folgende Scheibe (2\u00b0) ist in zwei Variationen vorhanden, die als gemeinsames Merkmal eine gleich grofse mittlere Partie aufweisen 1 und sich dadurch unterscheiden, dafs in einem Falle die mittlere Partie von einem dunkleren Ring, im anderen Falle von einem helleren Ring umgeben ist. In dem letzteren Falle folgt auf den hellen Ring ein schmaler dunkler, der seiner Art und Gr\u00f6fse nach v\u00f6llig mit dem oben beschriebenen zweiten konzentrischen Ring der entsprechenden Scheibe der ersten Serie \u00fcbereinstimmt. In bezug auf die Scheibe, auf w elcher die mittlere Partie von einem dunkleren Ring umgeben ist, macht die V p. die Angabe, dafs es nicht ausgeschlossen sei, dafs manchmal zwei Ringe auf der Scheibe auftauchten. Es wmrde dann der zweite Ring dem dunklen Ring der ersten Variation entsprechen. Genau dasselbe gilt von der n\u00e4chst gr\u00f6fsten Scheibe (4 ). \u00ceNur ist hier alles in einem entsprechend vergr\u00f6fserten Mafsstabe vorhanden.\nIm allgemeinen verh\u00e4lt sich die unter dem Einflids der Gr\u00f6lse erfolgte Ver\u00e4nderung der Scheiben genau so vTie in der vorigen Serie. Denn auch hier entwickelt sich die auf der kleinsten Scheibe (1\u00b0) vom Ring umgebene Fl\u00e4che zu einer ausgesprochenen mittleren dunklen Partie auf der n\u00e4chsten Scheibe (2\u00b0) und die auf dieser Scheibe von dem Ringe umschlossene Fl\u00e4che zu einer ungef\u00e4hr ebenso grofsen mittleren Partie der n\u00e4chsten Scheibe (4\u00b0). Die allergr\u00f6fste Scheibe (12\u00b0) w^eist unter diesen Versuchsumst\u00e4nden in der Mitte einen grofsen dunklen Fleck auf, der die Gestalt eines Rechteckes hat, dessen l\u00e4ngere Seiten horizontal liegen, und dessen Gr\u00f6fse in Gesichtswinkelgraden gemessen ungef\u00e4hr 3\u00b0 betr\u00e4gt. Dieser dunkle Fleck unterscheidet sich von dem dunklen Fleck der entsprechenden Scheibe der ersten Serie wesentlich durch seine bedeutendere Gr\u00f6fse.\n\u00dcber die n\u00e4chste Serie der Scheiben, wnlche bei voller Beleuchtung und 1jb0 Sek. Expositionszeit beobachtet vTurden, ist nicht viel zu sagen. Auch hier ist auf der kleinsten Scheibe ein dunkler Ring zu sehen, der eine Fl\u00e4che umschliefst, welche auf der n\u00e4chst gr\u00f6fseren Scheibe schon als dunkler Fleck auftritt. Die letztere Scheibe weist\n1 Die mittlere Partie dieser Scheibe ist ebenso grofs wie der dunkle Fleck auf der entsprechenden Scheibe der vorigen Serie.","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation.\n337\nauch einen dunklen Ring auf, wobei es allerdings \u2014 nach Aussagen der Vp. \u2014 fraglich bleibt, ob der Ring ein vollst\u00e4ndiger ist. Es kamen F\u00e4lle vor, in welchen der Ring teilweise in den dunklen Fleck \u00fcberging, in anderen F\u00e4llen war nur ein Sektor eines Ringes zu konstatieren. Alles von dieser Scheibe Gesagte gilt auch von der n\u00e4chstfolgenden (4\u00b0) ; es ist, als w\u00fcrde man auf die vorige Scheibe durch ein Vergr\u00f6fserungsglas blicken. Die gr\u00f6fste Scheibe (12\u00b0) dieser Serie unterscheidet sich von der gr\u00f6fsten Scheibe der vorigen Serie (Serie II) nicht in wesentlichen St\u00fccken. Zusammenfassend gelangen wir zu dem Schluls, dafs die Entwicklung des Aussehens der Scheiben in dieser dritten Serie dieselben Wege wandelt wie in Serie II.\nVon einer Beschreibung der \u00fcbrigen Scheiben, die unter anderen Beleuchtungsverh\u00e4ltnissen beobachtet wurden, wollen wir absehen. Es kommen wohl unter diesen Versuchsumst\u00e4nden Variationen vor, die von den schon beschriebenen in Einzelheiten abweichen. Aber im grofsen und ganzen kann man zweifellos behaupten, dafs s\u00e4mtliche F\u00e4lle sich einem bestimmten Prinzip f\u00fcgen. Dies Prinzip lautet: Aus einer mittleren, von einem dunklen Ring umgebenen Partie entwickelt sich immer ein dunkler Fleck, wenn die Ausdehnung der Scheibe hinreichend vergr\u00f6fsert wird, wobei stets \u2014 falls zwei Ringe auf der Scheibe vorhanden sind \u2014 der innere Ring gemeint ist.\n2. Was die Abh\u00e4ngigkeit des Aussehens der Scheiben von der L\u00e4nge der Expositionszeit betrifft, so l\u00e4fst sich folgendes geltend machen.\nZieht man die kleinste Scheibe in Betracht*, so ist ein Ein-flufs der fortschreitenden Zeit nicht zu erkennen.\nDie n\u00e4chstfolgende 2\u00b0 grofse Scheibe \u00e4ndert sich mit wachsender Expositionszeit folgen derm afsen. Bei Vso Sek. Expositionszeit sind ein sehr unscharfes Bild einer dunklen Mitte und h\u00f6chstwahrscheinlich nur Ans\u00e4tze zu einer Ringbildung vorhanden. Mit fortschreitender Expositionszeit entwickelt sich die Rin g bildung; bei 1I25 Sek. Exp. sind zwei scharf umrissene Ringe sichtbar. Zugleich aber nimmt die Ausgepr\u00e4gtheit des dunklen Fleckes ab. Bei 1I10 Sek. Exp. ist die Aussage \u201ein der Mitte ein dunkler Fleck\u201c nicht mehr m\u00f6glich.\n1 Alle unter Punkt 2 beschriebenen Beobachtungen wurden bei \u201evoller Beleuchtung\u201c angestellt.","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nStefan Blachowski.\nBei der n\u00e4chst gr\u00f6fsten Scheibe (4\u00b0) tritt das in bezug auf die letzt beschriebene Scheibe Bemerkte noch viel deutlicher zutage und zwar deshalb, weil wir uns hier auf eine Reihe von Beobachtungen st\u00fctzen k\u00f6nnen, die bei 1j2b0,\tVso\u00bb V25 lin(^ V10 Sek.\nExpositionszeiten gemacht wurden, und weil bei dieser Gr\u00f6fse der Scheiben das Beobachten die geringsten Schwierigkeiten bereitet. Bei V250 Sek. Exp. ist nur ein schmaler (ungef\u00e4hr 2 mm) breiter Randring sichtbar, der eine sehr dunkle Fl\u00e4che umschliefst. Oder noch genauer gesagt : bei dieser Expositionszeit ist nur ein heller Randring sichtbar, sonst nichts. Bei 1j200 Sek. Exp. hat der helle Ring an Breite zugenommen und umrahmt eine dunkle Masse, in der gelegentlich, wie sich die Vp. ausdr\u00fcckt, sich helle Buchten bilden. Bei 1/b0 Sek. Exp. weist die Scheibe aufser dem dunklen Fleck, der an Gr\u00f6fse zur\u00fcckgegangen ist, schon einen dunklen Ring auf, obwohl in manchen F\u00e4llen blofs ein Ringsektor wahrnehmbar ist. Die bei b25 Sek. Exp. gewonnenen Aufzeichnungen stellen \u2014 wie schon einmal oben bemerkt \u2014 zwei Variationen dar, denen gemeinsam das Vorhandensein eines ausgesprochenen dunklen Ringes ist, die sich aber hinsichtlich ihrer Mitte insofern unterscheiden, als bei der einen Variation die Mitte den Eindruck eines dunklen Fleckes erweckt, bei der anderen dagegen ein solcher Eindruck nicht besteht. Bei b10 Sek. Exp. ist deutlich ein dunkler Ring und in der Mitte ein dunkelgrauer Fleck vorhanden.\nEs mag hier hinzugef\u00fcgt sein, dafs meine zweite Vp. Herr Dbessler unter denselben Versuchsumst\u00e4nden bei 1/50 Sek. Exp. einen dunklen Ring und eine etwas weniger dunkle Mitte, bei V25 Sek. Exp. etwas ganz Analoges und bei 1/10 Sek. Exp. nur mehr einen dunklen Ring und innerhalb und aufserhalb des Ringes Partien gleicher Helligkeit beobachtete.\nZusammenfassend kann man also sagen, dafs von den kleinsten Expositionszeiten, bei welchen von der Scheibe kaum etwas wahrgenommen wird, bis zu unserer l\u00e4ngsten Expositionszeit (J/10 Sek.) das Aussehen der Scheibe sich derart ver\u00e4ndert, dafs allm\u00e4hlich eine Ringbildung entsteht, dafs die dunkle Masse, die anfangs die ganze Scheibe einnimmt, allm\u00e4hlich zusammenschrumpft und an Ausgepr\u00e4gtheit einb\u00fcfst.\nEtwas ganz Gleichartiges l\u00e4fst sich feststellen, wenn man die gr\u00f6fste Scheibe in Betracht zieht. Von einer Wiederholung des oben Gesagten wollen wir aber absehen.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation.\n339\n3. Uber den Einflufs der Beleuchtungsst\u00e4rke auf das Aus-1 sehen der Scheiben habe ich nachstehendes zu bemerken.\nEs standen uns drei Beleuchtungsst\u00e4rken zur Verf\u00fcgung. Die gr\u00f6fste, in dieser Arbeit als \u201evolle Beleuchtung\u201c bezeichnet, nehmen wir als Einheit. Dann betr\u00e4gt die n\u00e4chst kleinste 1j4:, die dritte Beleuchtungsst\u00e4rke Veo jener Einheit.1 F\u00fcr die Betrachtungen \u00fcber den Einflufs der Beleuchtungsst\u00e4rken auf das Aussehen der Scheiben sind nur die zwei gr\u00f6fsten Scheiben verwendbar, da sowohl die 1\u00b0 als auch die 2\u00b0 grofse Scheibe bei 1/60 Beleuchtung nicht mehr sichtbar ist. Ebenfalls m\u00fcssen wir diejenigen 4\u00b0 grofsen Scheiben, welche bei Expositionszeiten von 1/2b und 1/50 Sek. gezeichnet wurden, ausschalten, weil sie bei 1/\u00f60 Beleuchtung nicht mehr sichtbar sind.2\nWir wollen demnach mit der Betrachtung der 4\u00b0 grofsen, bei 1I10 Sek. Exp. erhaltenen Scheibe beginnen. Bei V60 Beleuchtung ist eine etwa 3\u00b0 grofse dunkle Mittelmasse zu sehen. Bei 1/4 Beleuchtung ist eine etwas kleinere dunkle Mittelmasse mit unvollkommenen Ans\u00e4tzen zu einem dunklen Binge sichtbar. Bei voller Beleuchtung ist dieselbe Fl\u00e4che, welche bei 1/60 Beleuchtung die dunkle Mittelmasse einnahm, so weit differenziert, dafs sie nunmehr einen etwa l1^0 grofsen dunklen Fleck und einen vollst\u00e4ndigen dunklen Ring aufweist.\n\u201e\u00c4hnliches zeigt sich, wenn man die 12\u00b0 grofse Scheibe in Betracht zieht ; wir beschr\u00e4nken uns hierbei auf die Beschreibung dieser Serie, in welcher die Scheiben 1/10 Sek. lang exponiert wurden. Bei 1j60 Beleuchtung tritt auf der Peripherie der Scheibe (nahe dem Rande) ein dunkler Ring auf, welcher auch bei 1I\u00b1 und voller Beleuchtung vorhanden ist. Die Mitte nimmt eine grofse dunkle Wolke von sehr wechselnder Form ein. Diese Wolke hat Vorspr\u00fcnge, in welche ein zweiter dunkler Ring einm\u00fcndet; der Ring ist also bei dieser Beleuchtung kein vollst\u00e4ndiger. Bei V4 Beleuchtung ist die mittlere Wolke bedeutend kleiner, der mittlere Ring, obwohl sehr verschwommen und wechselnd in seiner\n1\tDiese Beleuchtungsst\u00e4rken bezeichnen wir kurz durch \u201eV4 Beleuchtung\u201c und \u201eVeo Beleuchtung\u201c.\n2\tWir bed\u00fcrfen mindestens drei verschiedener Beleuchtungen, um die Richtung des Einflusses der Beleuchtungsst\u00e4rke festzustellen. Die 1\u00b0, 2\u00b0 und 4\u00b0 grofsen Scheiben (die letzteren mit Ausnahme der bei Vio Sek. Exp. erhaltenen) mufsten wir mithin, da bei ihnen nicht alle drei Beleuchtungen anwendbar waren, aus der Betrachtung ausscheiden.","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nStefan Blachowski.\nGestalt, doch ein selbst\u00e4ndiges Ganze. Bei voller Beleuchtung ist wieder der dunkle Fleck in der Mitte sicher vorhanden ; auch die beiden dunklen Ringe sind da, nur sind sie schwer zu erfassen. Diese Scheibe hat unter den Bedingungen der vollen Beleuchtung und Vio Sek. Exp. schon die Tendenz zu verblassen und in ein gleichm\u00e4fsiges Grau \u00fcberzugehen.\nDie Analyse der \u00fcbrigen 12\u00b0 grofsen Scheiben ergab keine wesentlich neuen Gesichtspunkte. Wir k\u00f6nnen uns deshalb auf das Gesagte beschr\u00e4nken und fassen die Ergebnisse wie folgt zusammen. Von einer niedrigen Beleuchtungsst\u00e4rke ausgehend und dieselbe steigernd, entwickelt sich das Aussehen der Scheibe bis zu einer maximalen Differenziertheit. Von diesem Punkte an nimmt bei weiterer Vergr\u00f6fserung der Beleuchtungsintensit\u00e4t die Differenziertheit und Ausgepr\u00e4gtheit ab. W\u00e4hrend am Anfang der Reihe sich alles in ein gleichm\u00e4fsiges dunkles Grau h\u00fcllt, ist am Ende der Reihe das helle Grau vorherrschend. Die dunkle Mitte nimmt dabei mit wachsender Beleuchtungsst\u00e4rke an Gr\u00f6fse ab.\nBevor wir zur Ermittlung des Einflusses des Adaptationszustandes auf das Aussehen der Scheiben \u00fcbergehen, wollen wir einen R\u00fcckblick auf das bisherige werfen und zun\u00e4chst das Schicksal des mittleren dunklen Fleckes verfolgen. Wir brauchen zu diesem Zwecke blofs Erw\u00e4gungen an die obigen drei Zusammenfassungen anzukn\u00fcpfen. Der \u00dcbersichtlichkeit halber stellen wir sie kurz nebeneinander:\n1.\tAusdehnung: Mit wachsender Ausdehnung entwickelt sich der dunkle Fleck und w\u00e4chst.\n2.\tZeit: Mit wachsender Expositionszeit schrumpft die dunkle Masse, die anfangs die ganze Scheibe einnimmt, allm\u00e4hlich zusammen und b\u00fcfst zugleich ihre Ausgepr\u00e4gtheit ein.\n3.\tBeleuchtung: Mit wachsender Beleuchtungsst\u00e4rke nimmt die dunkle Mitte an Gr\u00f6fse und Eindringlichkeit ab.\nWas sich uns hier vor allem aufdr\u00e4ngt ist dies, dafs die Vergr\u00f6fserung der Expositionszeit und der Beleuchtung auf die Differenziertheit der Scheiben nivellierend wirkt, w\u00e4hrend eine Vergr\u00f6fserung der Ausdehnung die Differenziertheit f\u00f6rdert.\nEs ist nat\u00fcrlich eine sehr schwierige und vom heutigen Standpunkte unseres Wissens unsichere Sache, s\u00e4mtliche im Vorhergehenden konstatierten Erscheinungen auf eine physiologische Basis zu stellen. Dagegen k\u00f6nnen wir, ohne uns in unhaltbare","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation.\n341\nVermutungen zu st\u00fcrzen, aus dem fr\u00fcher Gesagten einige Konsequenzen ziehen. Vor allem scheint es mir wichtig, zu betonen, dafs die Differenziertheit des Aussehens der Scheiben nicht, oder wenigstens der Hauptsache nach nicht auf lokale Empfindlichkeitsverschiedenheiten der Netzhaut zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Das erhellt aus zweierlei Arten von Argumenten. Erstens ist zu bedenken, dafs der dunkle Fleck und die Ringbildung nicht eindeutig bestimmten Netzhautpartien zugeordnet sind. Dies ist wieder zweierlei Beobachtungen zu entnehmen : 1. zeigt es sich, dafs bei hinreichender Ver\u00e4nderung, z. B. der Ausdehnung, die Stelle eines dunklen Ringes ein heller einnehmen kann, oder dafs eine helle Partie in den dunklen Fleck oder einen dunklen Ring einbezogen wird, 2. ist der dunkle Fleck auch bei peripherer Betrachtung der Scheibe mit zweifelloser Sicherheit wahrnehmbar.\nZweitens erw\u00e4ge man folgendes. Bei ]/60 Beleuchtung und 1/10 Sek. Expositionszeit sind die ins foveale Gebiet fallenden zwei kleinsten Scheiben nicht sichtbar. Die drittgr\u00f6fste Scheibe leuchtet nur an einer Stelle des Randes auf. Die gr\u00f6fste Scheibe ist ganz sichtbar, es sind also auch diejenigen Partien sichtbar, welche den kleineren unsichtbaren Scheiben entsprechen. Die gr\u00f6fsere Ausdehnung hat die mittlere Partie \u00fcber die Schwelle gehoben. Wir sagen, die mittlere Partie wurde von den peripheren Teilen angeglichen. Hierbei ist unter den fr\u00fcher beschriebenen Bedingungen ein dunkler Fleck in der Mitte der Scheibe sichtbar. Man k\u00f6nnte nun auf Grund dieses Tatbestandes einfach sagen, dafs sowohl die Unterschwelligkeit im ersteren Falle, wie im letzteren die Herabgesetztheit der Helligkeit in der Mitte der Scheibe von einer lokalen Minderwertigkeit der Macula lutea herr\u00fchre und dafs der dunkle Fleck darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren sei, dafs die Angleichung von Seiten der peripheren Teile der Scheibe keine vollkommene ist, dafs sie also nicht die Kraft besitze, den \u201eWiderstand\u201c der mittleren Partien vollst\u00e4ndig zu \u00fcberwinden. Diese Ansicht kann man jedoch, ohne auf fr\u00fchere Argumente zur\u00fcckzugreifen, allein aus den Konsequenzen widerlegen. Denn angenommen, es liefse sich alles einfach auf die eben statuierte Weise erkl\u00e4ren, so ginge daraus folgendes hervor. Erstens m\u00fcfste der dunkle Fleck bei Zunahme der Ausdehnung der Scheibe schw\u00e4cher werden, weil das Gr\u00f6fserwerden der Scheibe mit einer Verst\u00e4rkung der Angleichungstendeuz einhergehen m\u00fcfste, was aber den Tatsachen nicht entspricht.","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nStefan Biachowski.\nZweitens sollte man erwarten, dafs die Stelle, welche der unter-empfindlichen Lokalit\u00e4t der Netzhaut entspricht, mit wachsender Ausdehnung der Scheibe entweder konstant grofs bliebe, oder infolge der Wirkung der Angleichungstendenzen kleiner werde. Auch dies trifft in Wirklichkeit durchaus nicht zu, da mit wachsender Ausdehnung auch der dunkle Fleck anw\u00e4chst.\nW\u00fcrde der dunkle Fleck von einer lokalen Minderwertigkeit der Netzhaut abh\u00e4ngen, so m\u00fcfste er also dem obigen zufolge mit wachsender Ausdehnung der Scheibe sowohl seiner Helligkeit nach, wie seiner Gr\u00f6fse nach abnehmen ; keines von beiden finden wir aber verwirklicht.\nAus diesen Gr\u00fcnden m\u00fcssen wir uns nach einer anderen Erkl\u00e4rungsweise umschauen.\nIn einer seiner Arbeiten hat Klein 1 eine Reihe von Beobachtungen beschrieben, die in mancher Hinsicht, trotz anderer Versuchsumst\u00e4nde und Untersuchungsabsichten, mit unseren Beobachtungen \u00fcbereinstimmen. Denn auch Klein konnte im dunkeladaptierten Auge und bei relativ m\u00e4fsiger Belichtung des Auges (w7as ja bei unseren Versuchen durchaus der Fall war) einen kreisf\u00f6rmigen ovalen dunklen Fleck, der meist in Zacken auslief, und in dessen Umgebung bei tiefer D\u00e4mmerung sich schlangenartig helle und dunkle Linien zu bewegen schienen, konstatieren. Dagegen ist die von Klein bemerkte Latenzzeit, die sich zwischen die Belichtung und das Auftreten des dunklen Fleckeseinschiebt, bei unseren Versuchen nicht beobachtet worden, was sich jedoch aus der v\u00f6lligen Verschiedenheit der Versuchsbedingungen ergeben mag. Selbst bei 1/250 Sek. Expositionszeit, also im Falle, wo eine Latenzzeit am leichtesten zu beobachten w\u00e4re, konnten wir eine solche nicht konstatieren.\nSeine Beobachtungen interpretiert Klein durch eine merkw\u00fcrdige Erg\u00e4nzungshypothese zur Theorie des Sehens, die sich auf eine zwar originelle, aber wenig haltbare \u201esch\u00e4rfere\u201c Fassung des Reizbegriffes st\u00fctzt. Diese sch\u00e4rfere Fassung des Reizbegriffes im Gebiete des Lichtsinnes beruht darauf, \u201edafs das Licht in den Sehzellen stets eine Zersetzung bewirkt, dafs aber diese Zersetzung nur dann einen Reiz setzt, wenn sie den Charakter\n1 Fe. Klein: Das Eigenlicht der Netzhaut, seine Erscheinungsformen, seine blindmachende und bildf\u00e4lschende Wirkung. Archiv f. Physiologie. 1911. S. 191 ff.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation. 343\ndes Tetanus hat\u201c (a. a. 0. S. 216). Das auf die Netzhaut fallende Licht mufs also vorher, um einen Reiz zu setzen, in intermittierendes Licht verwandelt werden. Diese Verwandlung bewirkt ein hypothetischer \u201eUnterbrecher\u201c, welcher \u201egleich starkes Licht\u201c in \u201ewechselstarkes Licht\u201c verwandelt. Der Unterbrecher ist in den der Zapfen- und St\u00e4bchenschicht vorgelagerten Netzhautschichten zu suchen, in denen durch Zersetzung Eigenlicht entsteht. Dieses Eigenlicht wirkt auf die Sehzellen wie Licht und kann gleichstark oder wechselstark sein. Ist das Eigenlicht gleichstark, so ist es f\u00fcr \u00e4ufseres Licht undurchl\u00e4ssig, ruft in den Sehzellen kontinuierliche Prozesse hervor und mithin die Empfindung Schwarz.\nAbgesehen davon, dafs die ganze Theorie die herrschenden Theorien unn\u00f6tig kompliziert, so sind gegen sie schwerwiegende Bedenken zu erheben. Vor allem ist es nicht einzusehen, warum die Entstehung des Eigenlichtes von einer chemischen Zersetzung durch \u00e4ufseres Licht abh\u00e4ngig gemacht wird, w\u00e4hrend doch eine Reihe von Erscheinungen, insbesondere, dafs das Eigenlicht auch bei absolutem Lichtabschlufs in Erscheinung tritt, auf eine Reizung des Sehorganes durch innere Einfl\u00fcsse hinweisen.1 Angenommen jedoch, das Eigenlicht entstehe durch \u00e4ufsere Einwirkung des Lichtes, so m\u00fcfste noch auf plausible Weise erkl\u00e4rt werden, warum in einem Falle das Eigenlicht kontinuierliche Zersetzung der Sehzellen, im anderen Falle aber eine intermittierende Zersetzung bewirkt. Ferner ist es der Totalit\u00e4t unserer heutigen Kenntnisse widersprechend, wenn Klein behauptet, dafs das auf die Netzhaut fallende Licht \u2014 im Falle eines kontinuierlichen Wirkens des Eigenlichtes \u2014 die Empfindung Schwarz hervorrufe.\nAuf Grund dieser prinzipiellen Bedenken sehen wir uns gen\u00f6tigt, der KLEiNschen Theorie jeden Erkl\u00e4rungswert abzusprechen. \u2014\nF\u00fcr das Verst\u00e4ndnis der in dieser Abhandlung beschriebenen Erscheinungen ist es f\u00f6rderlich, sich Rechenschaft dar\u00fcber zu geben, 1. warum im dunkeladaptierten Auge mit wachsender Ausdehnung einer Lichtfl\u00e4che ihre Helligkeit zunimmt, 2. ob und warum die Annahme eines Binnenkontrastes der Tatsache des mit wachsender Ausdehnung erfolgenden Helligkeitszuwachses nicht widerspricht, 3. ob es wahrscheinlich ist \u2014 wie Exner ver-\n1 Vgl. Helmholtz: Handbuch d. phys. Optik. II. Bd. S. 194 (herausgegeben von Nagel).","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nStefan Blachoicski.\nmutet \u2014, dafs bei Helligkeiten, die an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegen, eine wechselseitige Bahnung der Netzhauterregungen stattfindet.\nAd I. Es ist allbekannt, dafs die Zunahme der Helligkeit eines Objektes bei Dunkeladaptation in erheblichem Grade von seiner Fl\u00e4ehengr\u00f6fse abh\u00e4ngt. Eine derartige Abh\u00e4ngigkeit ist f\u00fcr das helladaptierte Auge nicht nachweisbar. Piper 1 erkl\u00e4rt diesen Umstand wie folgt: \u201eStellt man sich auf den Boden der von v. Kries und Parinaud neu begr\u00fcndeten Theorie der Lichtempfindungen, wonach im helladaptierten Auge vorwiegend die Zapfen, im dunkeladaptierten dagegen die St\u00e4bchen die Ausl\u00f6sung der Lichtempfindungen vermitteln, so legen die hier mitgeteilten Feststellungen die Vermutung nahe, dafs die lichtperzipierenden Elemente des Hell- und des Dunkelauges auf verschiedene Art miteinander, bzw. mit den h\u00f6heren Teilen der Sehbahn verkn\u00fcpft sind, derart, dafs in einem Falle durch Addition der benachbarte Elemente treffenden Einzelreize eine Verst\u00e4rkung der Helligkeitsempfindung in die Wege geleitet werden kann, dafs dieses aber im anderen Falle kaum oder gar nicht erfolgt.\u201c\nAd II. Auch im dunkeladaptierten Auge sind gewisse Kontrasterscheinungen vorhanden, und zwar sind diese Kontrasterscheinungen denen des helladaptierten Auges qualitativ gleich. Es w\u00e4re h\u00f6chst unwahrscheinlich, sollte der Binnenkontrast, der (wie alle Erscheinungen des Simultankontrastes) auf Wechselwirkungen der Netzhautpartien beruht und f\u00fcr das helladaptierte Auge einwandfrei nachgewiesen wurde, nicht auch im dunkeladaptierten Auge wirksam sein. Wir wissen aber, dafs im helladaptierten Auge der Binnenkontrast mit wachsender Ausdehnung einer Lichtfl\u00e4che zunimmt. Es fragt sich, ob dies auch f\u00fcr das dunkeladaptierte Auge zutrifft und mit der mit wachsender Lichtfl\u00e4che einhergehender Verst\u00e4rkung der Helligkeitsempfindung vertr\u00e4glich ist. Theoretisch ist beides sehr wohl vereinbar. Man braucht sich blofs vorzustellen, dafs etwa bei Dunkeladaptation in Abh\u00e4ngigkeit von der Fl\u00e4ehengr\u00f6fse die Zunahme der Helligkeit schneller erfolge als die Zunahme des Binnenkontrastes, wobei f\u00fcr das schnellere Anwachsen der Helligkeit vor allem die Piper-sehe Reizsummation, die Aberration des Lichtes und m\u00f6glicher-\nH. Piper: Zeitschrift f. Psychologie 32. 1903, S. 112.\n","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation. 345\nweise auch der psychologische Faktor der Eindringlichkeit in Betracht k\u00e4me.1\nEs ist eben eine notwendige Folgerung aus unserer Formulierung des Kontrastbegriffes,2 wenn wir den Binnenkontrast auch f\u00fcr das dunkeladaptierte Auge annehmen.\nAd III. Exner stellte die Vermutung auf, dafs bei Helligkeiten, die an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegen, in gleichzeitig erregten Netzhautpartien eine wechselseitige Bahnung stattfinde. \u201eHat man f\u00fcr ein bestimmtes Quadrat \u2014 berichtet Exner3\n\u2014\tdie Grenze der Sichtbarkeit eben \u00fcberschritten, und setzt jetzt an dasselbe ein gleiches Quadrat an, so wird das dadurch entstandene Rechteck sofort wieder sichtbar. Es wirkt also der unmerkliche Effekt des Netzhautbildes des ersten Quadrates steigernd auf den Effekt des zweiten und umgekehrt; beide Netzhautwirkungen\n\u2014\tf\u00fcr sich unmerklich \u2014 haben sich gegenseitig \u00fcber die Schwelle gehoben.\u201c Diese Vermutung erscheint mir aus dreierlei Gr\u00fcnden unplausibel.\nEs ist erstens an und f\u00fcr sich sehr unwahrscheinlich, dafs das Sehorgan bei an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegenden Helligkeiten auf verschiedene, ja total entgegengesetzte Weise reagieren sollte als bei \u00fcber der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegenden Helligkeiten.\nZweitens ist die Annahme einer Bahnung eine unn\u00f6tige Hypothese, da man mit den gew\u00f6hnlichen Begriffen \u00fcber die Wechselwirkungen der Netzhautpartien den von Exner durch Bahnung erkl\u00e4rten Versuch wohl verstehen kann. Man braucht hierzu blofs anzunehmen, dafs eine gereizte Netzhautstelle erst dann in ihrer Umgebung einen antagonistischen Prozefs hervorruft, wenn der an der gereizten Netzhautstelle (resp. im Sehnerven) verlaufende Prozefs eine gewisse St\u00e4rke erreicht ; und dies wird im allgemeinen nicht der Fall sein, wenn die bei Reizung der betreffenden Stelle auftretenden Helligkeiten an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegen. Dafs aber dann die beiden Fl\u00e4chen, von denen jede an und f\u00fcr sich unterschwellig ist, \u00fcber die Schwelle der Wahrnehm-\n1\tWie man sich den Einflufs, den die Ausdehnung einer Lichtfl\u00e4che auf die Eindringlichkeit derselben aus\u00fcbt, vorzustellen hat, habe ich in den \u201eStudien \u00fcber den Binnenkontrast\u201c S. 327 f. des N\u00e4heren ausgef\u00fchrt.\n2\tVgl. Studien \u00fcber den Binnenkontrast S. 295.\n3\tS. Exner: Studien auf dem Grenzgebiet des lokalisierten Sehens. -Pfl\u00fcgers Archiv 73. 1898 S. 120f.","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nStefan B kt chow ski.\nbarkeit treten, erkl\u00e4rt sich ohne weiteres aus der oben besprochenen Summation der Reize und aus dem Umstand, dafs in solchen F\u00e4llen der Binnenkontrast keine merkliche Wirkung aus\u00fcbt.\nDrittens mahnen unsere Versuche, in denen \u00fcber der Grenze der Wahrnehmbarkeit stehende Randpartien der Scheibe die mittleren, unterschwelligen Partien der Scheibe \u00fcber die Schwelle der Sichtbarkeit heben, zur Vorsicht. Es zeigt sich hier deutlich, dafs die \u00fcberlieferten Anschauungen \u00fcber die gegenseitigen Wechselwirkungen der Stellen des somatischen Sehfeldes keiner Korrektur bed\u00fcrfen, dafs aber im Gebiete der elementaren Wahrnehmungen aufser physiologischen auch psychologische Faktoren (z. B. diejenigen psychologischen [zentralen] Faktoren, welche die Angleichungserscheinungen bedingen) in Betracht kommen. \u2014 Schliefslich will ich nicht unerw\u00e4hnt lassen, dafs in der physiologischen Optik das Wort Bahnung in zweifachem Sinne verwendet wird. Einmal zur Bezeichnung dessen, dafs eine gewisse Energiemenge der Erregung auf dem Wege von der Peripherie zum Sehzentrum verbraucht wird, und dafs diese verbrauchte Energiemenge dazu dient, der unverbrauchten Energiemenge der Erregung den Weg zum Sehzentrum zu bahnen. Zum anderen Mal aber bezeichnet das W ort Bahnung, wie wir sahen, eine Wechselwirkung der somatischen Sehfeldstellen, die nach unserer Ansicht im Sehorgan gar nicht stattfindet. Dagegen ist gegen den Begriff der Bahnung im ersteren Sinne nichts einzuwenden.\nMir haben im Laufe unserer Erw\u00e4gungen den Nachweis geliefert, dafs die auf der Scheibe erscheinenden Helligkeitsunterschiede \u2014 im speziellen der dunkle Fleck \u2014 nicht auf lokale Empfindlichkeitsunterschiede der Netzhaut zur\u00fcckzuf\u00fchren sind. Weiterhin haben wir auf drei Fragen, die f\u00fcr die Erkl\u00e4rung jener Erscheinungen von prinzipieller Wichtigkeit sind, Antwort gegeben. Den Ausgangspunkt f\u00fcr die Erkl\u00e4rung dieser Erscheinungen bildet die Erkenntnis der innigsten Zusammengeh\u00f6rigkeit des Binnenkontrastes mit dem Simultankontrast im gew\u00f6hnlichen Sinne. In den \u201eStudien \u00fcber den Binnenkontrast\u201c habe ich, meinen Ausf\u00fchrungen die Erkenntnis dieses Zusammenhanges zugrunde legend, vermittels einer objektiven Methode den Nachweis erbracht, dafs, unter sonst gleichen Bedingungen und bei Helladaptation, die Erregung in denjenigen Teilen des somatischen Gesichtsfeldes, die einer grofsen Lichtfl\u00e4che entsprechen, geringer ist als in denjenigen Teilen des somatischen Gesichts-","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation.\n347\nfeldes, die einer kleinen Lichtfl\u00e4che entsprechen. Die eindeutige Abh\u00e4ngigkeit der Erregung von der Gr\u00f6fse der Ausdehnung der Scheibe liefs sich widerspruchlos aus der Wirkungsweise des Binnenkontrastes erkl\u00e4ren. Es erwies sich, dafs der Binnenkontrast in der Weise von der Gr\u00f6fse der Ausdehnung der Lichtfl\u00e4che abh\u00e4ngig ist, dafs er mit wachsender Ausdehnung der Lichtfl\u00e4che eine Verst\u00e4rkung erf\u00e4hrt. Ist es nun auch im dunkeladaptierten Auge m\u00f6glich, nachzuweisen, dafs gewisse Kontrastph\u00e4nomene, und zwar nur diese, in bestimmter Weise der Vergr\u00f6fserung der Ausdehnung einer Lichtfl\u00e4che zugeordnet sind, und zwar in dieser Weise, dafs mit wachsender Ausdehnung des somatischen Gesichtsfeldes eine zunehmende Herabsetzung der Erregung verbunden ist, so sind wir evidenterweise dazu berechtigt, diese Kontrastph\u00e4nomene auf eine Wirkung des Binnenkontrastes zur\u00fcckzuf\u00fchren. Aus der Zusammenfassung der Beobachtungen der vorliegenden Arbeit ergibt sich, dafs mit wachsender Ausdehnung der Lichtfl\u00e4che der dunkle Fleck zunimmt. Wir f\u00fchren nun die Zunahme des dunklen Fleckes auf eine Zunahme des Binnenkontrastes zur\u00fcck. Die Zunahme des Binnenkontrastes bedeutet aber eine Herabsetzung der Erregung in den entsprechenden Teilen des somatischen Gesichtsfeldes, die gem\u00e4fs der sog. Reizhypothese, f\u00fcr die wir uns anderseits1 entschieden haben, dadurch zustande kommt, dafs der Binnenkontrast wie ein Reiz wirkt, der dem tats\u00e4chlich gegebenen Lichtreize direkt entgegengesetzt ist, und der um so st\u00e4rker ist, je mehr sich die Ausdehnung der Lichtfl\u00e4che vergr\u00f6fsert. Dafs dem dunklen Fleck im Vergleich zu den hellen Partien der Scheibe eine herabgesetzte Erregung in den entsprechenden Stellen des somatischen Gesichtsfeldes entspricht, ist einleuchtend. Wir nehmen nun, in Analogie zu dem \u00fcber den Binnenkontrast bei Helladaptation Behaupteten an, dafs auch bei Dunkeladaptation f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Herabsetzung der Erregung die Reizhypothese ihre Geltung besitze.\nEs ist nun an der Zeit, die Tatsache, dafs mit wachsender Expositionszeit die dunkle Masse, die anfangs die ganze Scheibe einnimmt, allm\u00e4hlich zusammenschrumpft und zugleich ihre Ausgepr\u00e4gtheit einb\u00fcfst, in Betracht zu ziehen. Diese zun\u00e4chst unverst\u00e4ndliche Tatsache f\u00fcgt sich in einen einheitlichen Zusammenhang ein, wenn man die Bedingungen erw\u00e4gt, unter denen ein\n1 Studien \u00fcber den Binnenkontrast S. 317.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nStefan Btachowski.\nhomogenes Aussehen einer objektiv gleich starkes Licht aussendenden Fl\u00e4che zustande kommt. Dabei sind zwei Arten von Faktoren in Erw\u00e4gung zu ziehen, n\u00e4mlich periphere und zentrale Faktoren. Unter peripheren Faktoren verstehen wir hier Netzhautprozesse und Sehnervenerregungen, die die Empfindung oder den Empfindungskomplex vermitteln. Durch zentrale Faktoren bedingt erachten wir an der Empfindung oder dem Empfindungskomplex all dasjenige, was sich nicht durch die der Empfindung oder dem Empfindungskomplex entsprechenden Netzhautprozesse und Sehnervenerregungen erkl\u00e4ren l\u00e4fst und infolge sonstiger psychischer T\u00e4tigkeiten und Dispositionen des Beobachters zustande kommt. Dies m\u00f6ge an einem Beispiele, das wir einer Arbeit von Kirschmann 1 entnehmen und das f\u00fcr unsere weiteren Ausf\u00fchrungen von Wichtigkeit ist, erl\u00e4utert werden. Kirschmann schreibt, \u201edafs wir eine, dafs ganze Gesichtsfeld oder dessen gr\u00f6fsten Teil einnehmende, rote Fl\u00e4che \u00fcberall rot zu sehen glauben, obgleich die seitliche Netzhaut \u00fcberhaupt nicht die F\u00e4higkeit besitzt, die Empfindung Rot zu vermitteln. Erst wenn durch Abgrenzung der indirekt gesehenen Teile die Beziehungen auf ein Objekt resp. eine Fl\u00e4che aufgehoben ist, gewahren wir die Ungleichheit\u201c (S. 444). Diese Erscheinung erkl\u00e4rt Kirschmann durch eine Tendenz \u201ekleine Helligkeitsunterschiede, wenn dieselbe stetig ineinander \u00fcbergehen und auf einen Gegenstand bezogen werden, m\u00f6glichst auszugleichen\u201c. In unserer Terminologie w\u00fcrden wir diese Tendenz als einen zentralen Faktor bezeichnen.\nSchrumpft nun die dunkle Masse mit wachsender Expositionszeit zusammen und verliert sie zugleich allm\u00e4hlig ihre Ausgepr\u00e4gtheit, so n\u00e4hert sich die Scheibe einem Zustand gleichm\u00e4fsigen Aussehens, welcher bei hinreichend langer Erpositionszeit auch vollkommen erreicht wird; mit anderen Worten, die Scheibe n\u00e4hert sich, da nach \u00dcberschreitung einer gewissen Expositionszeit das Aussehen der Scheibe bei weiterer Verl\u00e4ngerung der Expositionszeit keine \u00c4nderungen mehr erf\u00e4hrt, einem stabilen Gleichgewichtszust\u00e4nde. Man k\u00f6nnte annehmen, dafs dieser Gleichgewichtszustand alleinig auf einen mit wachsender Expositionszeit gleichm\u00e4fsiger erfolgenden Verlauf der peripheren\n1 A. Kirschmann: \u00dcber die quantitativen Verh\u00e4ltnisse des simultanen Helligkeits- und Farben-Kontrastes. Wundts. Phil. Stud. 6. S. 417.","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usiv. bei Dunkeladaptation. 349\nFaktoren zur\u00fcckzuf\u00fchren sei. Obwohl f\u00fcr diese Annahme der Vorteil der Einfachheit sprechen w\u00fcrde, so m\u00f6chte ich ihr doch nicht restlos zustimmen und zwar deshalb, weil sich auf der mit Helligkeitsunterschieden behafteten Scheibe 1 2 die g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr das Eingreifen zentraler Faktoren verwirklicht finden. Es scheint mir nach den Untersuchungen von Jaensch \u00fcber jeden Zweifel erhoben zu sein, dafs die sog. Angleichungsph\u00e4nomene im Gebiete des Lichtsinnes die ausgebreitetste Rolle spielen. Die KiRSCHMANNsche Tendenz \u201ekleine Helligkeitsunterschiede auszugleichen\u201c f\u00e4llt auch unter die Kategorie der Angleichungsph\u00e4nomene. Und bei n\u00e4herem Zusehen ergibt sich, dafs die KiRSCHMANNsche Tendenz auch auf unserer Scheibe in Wirksamkeit treten mufs, da auf unserer Scheibe all diejenigen Bedingungen verwirklicht sind, die Kirschmann f\u00fcr das Inkrafttreten seiner Tendenz zur Ausgleichung kleiner Helligkeitsunterschiede f\u00fcr n\u00f6tig gefunden hat. Erstens n\u00e4mlich gehen auf unserer Scheibe die Helligkeitsunterschiede stetig ineinander \u00fcber, und zweitens werden sie auf einen Gegenstand resp. eine Fl\u00e4che bezogen. Es ist hiernach die Frage aufzuwerfen, eine wie grofse Wirkungssph\u00e4re man den peripheren einerseits, den zentralen Faktoren andererseits einr\u00e4umen soll.\nWas nun die peripheren Faktoren betrifft, so scheint ausschliefslich \u2014 wie schon oben bemerkt \u2014 der Binnenkontrast f\u00fcr das Aussehen der Scheibe verantwortlich zu sein. Die von Hess 2 beschriebenen Erregungsphasen, welche durch ein bei fixiertem Auge durch das Gesichtsfeld gleitendes, lichtaussenden-des Objekt hervorgerufen werden, haben mit den in dieser Arbeit beschriebenen Erscheinungen der Scheibe nichts zu tun. Bei g\u00fcnstiger Beobachtungsgelegenheit machen sich auch in unseren Versuchen die HESsschen Erregungsphasen geltend. Diese Erscheinung pflegte Prof. M\u00fcller mit dem Wort \u201eDreischl\u00e4gigkeit\u201c zu bezeichnen. Sie besteht darin, dafs die Scheibe dreimal er-crzittert, man m\u00f6chte sagen dreimal hintereinander aufleuchtet.3\n1\tDies gilt besonders f\u00fcr kurze Expositionszeiten.\n2\tC. Hess: Untersuchungen \u00fcber den Erregungsvorgang im Sehorgan bei kurz- und bei l\u00e4ngerdauernder Eeizung. Archiv f. d. ges. Physiologie 101. 1904. S. 226.\n3\tDie mit dem Worte \u201eDreischl\u00e4gigkeit\u201c bezeichnete Erscheinung ist nat\u00fcrlich sehr kompliziert und weist eine Menge von Oscilationen auf, unter denen aber drei, nach denen hier die Erscheinung benannt ist, besonders stark sind.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 48.\n23","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nStefan Btachoivski.\nDiese \u201eDreisehl\u00e4gigkeit\u201c steht in keiner eindeutigen Beziehung zu den von uns beschriebenen Kontrasterscheinungen; sie tritt unabh\u00e4ngig davon auf, wie die Scheibe verm\u00f6ge ihrer Determination durch Beleuchtung, Exposition und Fl\u00e4chengr\u00f6fse auch aussehen mag, ein Zeichen daf\u00fcr, dafs die \u00dcESsschen Erregungsphasen f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der uns interessierenden Erscheinungen nicht herangezogen werden d\u00fcrfen. Es ist eben nur die Wirkungsweise des (unter den Bedingungen der Dunkeladaptation wirkenden) Binnenkontrastes, die das in dieser Arbeit beschriebene Aussehen der Scheibe bedingt. Es liefsen sich wohl ohne besondere Schwierigkeiten Hypothesen dar\u00fcber bilden, wie es kommt, dafs der Binnenkontrast aufser dem dunklen Fleck noch mehr oder weniger ausgepr\u00e4gte dunkle Ringe schafft. Man k\u00f6nnte die Vermutung aussprechen, dafs physiologische Prozesse unter der Einwirkung eines Reizes erst nach dem Verlauf einer gewissen (meistens kurzen) Zeit in einen station\u00e4ren Zustand geraten. Die Ringbildung fiele hiernach in ein Stadium, welches dem station\u00e4ren Zustand der physiologischen Prozesse vorangeht. Eine aus diesen Andeutungen entwickelte Theorie der Bildung des dunklen Fleckes und der Ringe w\u00fcrde aber doch des erfahrungsm\u00e4fsigen Nachweises entbehren und in den meisten Einzelheiten mit Willk\u00fcr behaftet sein.\nUber die Wirkungsweise und den Geltungsbereich der zentralen Faktoren habe ich, im Anschlufs an eine kurze Er\u00f6rterung des Einflusses des Adaptationszustandes auf das Aussehen der Scheiben, nur weniges zu bemerken. Um einen Einblick in das Gebiet der Wirksamkeiten des Adaptationszustandes auf das Aussehen der Scheiben zu gewinnen, stellte ich teils mit Herrn Prof. M\u00fclle a und Herrn Dressler, teils selbst eine Reihe von Beobachtungen an, in denen ich drei Stufen des Adaptationszustandes, n\u00e4mlich Helladaptation, m\u00e4fsige Dunkel- und Dunkeladaptation unterschied. Nach allen diesen Versuchen scheint es mir keinem Zweifel zu unterliegen, dafs in bezug auf das Aussehen der Scheibe zwischen Hell- und Dunkeladaptation ein durchgreifender Unterschied besteht. Bei Helladaptation ist das Aussehen der Scheibe ein gleichf\u00f6rmiges, abgesehen von der \u00e4ufsersten Peripherie, die etwas heller ist als der innere Teil der Scheibe (Randkontrast). Mit wachsender Dunkeladaptation nimmt einerseits die Differenziertheit der Scheibe, andererseits die Ausgepr\u00e4gtheit der Helligkeitsunterschiede zu. Wie sich die Gr\u00f6fse des dunklen Fleckes","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. hei Dunkeladaptation. 351\ndes N\u00e4heren mit dem Adaptationszustande \u00e4ndert, konnte ich bei meinen Versuchen nicht feststellen. Sicher ist nur, dafs der dunkle Fleck mit zunehmender Dunkeladaptation dunkler wird.\nVon diesem Gesichtspunkte aus wird es nun auch verst\u00e4ndlich, warum mit wachsender Expositionszeit das Aussehen der Scheibe ein gleichm\u00e4fsigeres wird. Mit zunehmender Expositionszeit vermindert sich n\u00e4mlich der Zustand der Dunkeladaptation, und infolgedessen nimmt die Scheibe ein der Helladaptation verh\u00e4ltnis-m\u00e4fsig mehr entsprechendes Aussehen an.\nBei der Erkl\u00e4rung des Unterschiedes, welcher hinsichtlich des Aussehens der Scheibe bei Hell- und bei Dunkeladaptation besteht, mufs man vor allem die Verschiedenheit der St\u00e4bchen-und Zapfenfunktion (gem\u00e4fs der Duplizit\u00e4tstheorie) in Betracht ziehen. Man darf aber nicht vergessen, dafs zentrale Faktoren, welche im Falle der Helladaptation die Wahrnehmung der Helligkeitsunterschiede hemmen, mit im Spiele sein k\u00f6nnen. Es ist n\u00e4mlich eine nicht ohne weiteres abzuweisende Annahme, dafs bei Beobachtung mit helladaptiertem Auge \u2014 also unter den normalen Umst\u00e4nden, unter denen in enorm \u00fcberwiegendem Mafse \u00fcberhaupt Beobachtungen im Leben angestellt werden \u2014 gewisse psychologische Faktoren, die man auch als Tendenz zur Vereinheitlichung oder als Zwang zum Absehen von kleinen Unterschieden bezeichnen k\u00f6nnte, in besonders starkem Mafse zur Geltung kommen. Unter sehr g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden, wie dies bei unseren Scheiben der Fall war, tritt diese Tendenz auch bei Dunkeladaptation auf. Es liegt aber die Annahme nahe, dafs die hier erw\u00e4hnten psychologischen Faktoren sich bei Helladaptation wesentlich ausgiebiger geltend machen als bei Dunkeladaptation.\nDurch andere \u00dcberlegungen und auf Grund anderer Tatsachen kam schon Katz 1 auf \u00e4hnliche Gedanken. Er schreibt (a. a. O. S. 261): \u201eEs ist damit zu rechnen, dafs Oberfl\u00e4chenfarben verschiedenster Deutlichkeitsgrade nur unter Mitwirkung zentraler Faktoren eintreten. Es k\u00f6nnte ja sehr wohl ein solcher nerv\u00f6ser Mechanismus bestehen, dafs diese zentralen Faktoren nur von dem Zapfenapparate aus angeregt werden k\u00f6nnen.\u201c Diese von Katz ausgesprochene Vermutung best\u00e4rkt uns zugleich in der Ansicht, dafs die Annahme des Eingreifens\n1 Man lese insbesondere den 23. \u00a7 seiner Arbeit \u201eDie Erscheinungs weisen der Farben. . .w\n23*","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nStefan Siachoivski.\nzentraler Faktoren in den physiologischen Verlauf der von uns beschriebenen F\u00e4lle berechtigt ist. Ziehen wir n\u00e4mlich in Betracht, dafs unsere Scheiben sich bei Dunkeladaptation in einer zwischen Fl\u00e4chenfarben und raumhaften Farben stehenden Erscheinungsweise geben, bei Helladaptation dagegen als Oberfl\u00e4chenfarben erscheinen, dafs weiterhin die Erscheinungsweisen der Farben in den peripheren Faktoren keinen hinreichenden Grund ihres Auftretens haben, und dafs in unserem Falle nur der Adaptationszustand dar\u00fcber entscheidet, in welcher Erscheinungsweise die Scheiben sich uns darbieten, so wird man in der Annahme, dafs das Aussehen unserer Scheiben durch die Wirkung zentraler Faktoren mitbedingt ist, nichts Unplausibles finden.\nWie dem auch sein mag, lediglich auf Grund unserer Versuche ist es nicht m\u00f6glich mit Sicherheit zu entscheiden, ob das Aussehen der Scheiben bei Dunkeladaptation ausschliefslicher als bei Helladaptation, bei welcher wir den zentralen Faktoren eine gr\u00f6fsere Wirkungssph\u00e4re einr\u00e4umen m\u00f6chten, auf periphere Faktoren zur\u00fcckzuf\u00fchren sei. Meiner Orientierung nach wird man den Tatsachen gerechter, wenn man die Einwirkung der zentralen Faktoren mit ber\u00fccksichtigt. Diese Auffassung, die zwar komplizierter ist als diejenige, die sich restlos der Duplizit\u00e4tstheorie anschliefsen w\u00fcrde, ist frei von jenem Schematismus, der aus dem Ignorieren h\u00f6herer psychischer Instanzen im Gebiete der einfachen Wahrnehmung entspringt; sie steht weiterhin im Einklang mit dem Tatsachenmaterial, welches Hering und in letzter Zeit Katz erbracht haben. Der Umstand, dafs bei helladaptiertem Auge psychologische Faktoren sich geltend machen, die auch bei Dunkeladaptation wirksam sind, und dafs trotzdem das Aussehen der Scheiben bei Helladaptation ein anderes ist als bei Dunkeladaptation, ist daraus zu erkl\u00e4ren, dafs bei Helladaptation diese psychologischen Faktoren ganz betr\u00e4chtlich st\u00e4rker zum Ausdruck gelangen. Hierbei sei nochmals betont, dafs die besprochenen psychologischen Faktoren in erheblicher Weise von den peripheren Faktoren abh\u00e4ngig, insbesondere davon abh\u00e4ngig sind, ob vorwiegend der St\u00e4bchen- oder der Zapfenapparat sich in k unktion befindet. Es ist deshalb kein Widerspruch, wenn wir sagten, dafs bei Dunkeladaptation und kurzen Expositionszeiten \u00e4ufserst g\u00fcnstige Umst\u00e4nde sich f\u00fcr das Inkrafttreten psychologischer Faktoren verwirklicht finden, und dafs dennoch die Scheibe kein gleichm\u00e4fsiges Aussehen besitzt. In diesem","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Tachistoskopische Untersuchungen usw. bei Dunkeladaptation.\n353\nFalle pr\u00e4valieren n\u00e4mlich die peripheren Faktoren dermafsen \u00fcber die zentralen, dafs die Wahrnehmung im wesentlichen von peripheren Faktoren bestimmt wird.\nIst es uns gelungen nachzuweisen, welche Rolle der Binnenkontrast im dunkeladaptierten Auge spielt, und welche Faktoren den elementaren Wahrnehmungsvorgang einer einfachen Lichtfl\u00e4che bestimmen, so ist der Zweck dieser Arbeit erreicht. Wenn dabei manches unterlaufen ist, was der strengen Legitimierung durch die Erfahrung unzug\u00e4nglich ist, so gen\u00fcgt zur Entschuldigung wohl der Hinweis hierauf, dafs das in dieser Arbeit Er\u00f6rterte noch lange nicht in die Stelle des deutlichsten Sehens unserer wissenschaftlichen Erkenntnis ger\u00fcckt ist.\nZum Schl\u00fcsse m\u00f6chte ich auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. G. E. M\u00fcller und Herrn Dr. D. Katz f\u00fcr die F\u00f6rderung, die sie meiner Arbeit zuteil werden liefsen, danken.","page":353}],"identifier":"lit33642","issued":"1914","language":"de","pages":"325-353","startpages":"325","title":"Tachistoskopische Untersuchungen \u00fcber den elementaren Wahrnehmungsvorgang bei Dunkeladaptation","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:40:02.783069+00:00"}