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{"created":"2022-01-31T16:40:11.093455+00:00","id":"lit33677","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Erggelet, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 49: 326-364","fulltext":[{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\nEin Beitrag zur Frage der Anisometropie.\nM ethodisch- experimentelle Betrachtungen.\nVon\nDr. med. H. Erggelet.\nMit 9 Figuren.\n\u00bb\nWie die Brillenpraxis in tausendf\u00e4ltiger Erfahrung gezeigt hat, gelingt die Korrektion der Anisometropie nur bis zu einem verh\u00e4ltnism\u00e4fsig geringen Grad des Refraktionsunterschiedes. Uber diesen hinaus werden entweder die korrigierenden Gl\u00e4ser auf die Dauer nicht vertragen, der Patient verzichtet auf die Korrektion, weil er darunter leidet, Kopfschmerz, Schwindel usw. bekommt, oder aber ein Auge wird ausgeschaltet. Jedenfalls wird ein vollkommenes binokulares Sehen nicht erzielt.\nBevor wir uns \u00fcber die Ursachen dieser Erscheinungen Rechenschaft geben k\u00f6nnen, soll hier ganz kurz auf die Funktion des Auges im Zusammenhang mit dem Brillenglas eingegangen werden. Wenn f\u00fcr ein achsensymmetrisches ametropisches Auge das korrigierende Glas bestimmt werden soll, so liegt eine (geometrische) Aufgabe vor, bei der es sich lediglich um Entfernungsmessungen auf der Achse des untersuchten Auges handelt, denn bei der Anwendung der Sehproben wird im wesentlichen nur der Durchstofsungspunkt der Achse in der Netzhaut und seine n\u00e4chste Umgebung zum Sehen gebraucht. Bei der L\u00f6sung dieser Aufgabe benutzen wir in der Praxis als L\u00e4ngen-mafs geeichte Linsen. Deren Werte sind nur f\u00fcr ihre Achse g\u00fcltig. Man sollte also darauf achten, die Sehproben so anzubringen, dafs sie den Endpunkt der Messungsstrecke bilden, und dafs somit nur in der Richtung der Achse durch das Glas geblickt wird. Gegebenenfalls w\u00fcrde eine Beschr\u00e4nkung des","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n327\nmeistens viel zu grofsen, freien Linsendurchmessers der Probiergl\u00e4ser sehr n\u00fctzlich sein.1\nHi n\ngerade\nFig. 1. Beim Blick\nschr\u00e4g\ndurch ein kleines Brillenglas mit breitem Fassungsrand wird das eintretende Strahlenb\u00fcschel begrenzt nur durch die Pupille\tdurch ein Kreiszweieck\ngebildet aus Iris und Fassungsrand.\n1 Dieser \u00dcberlegung Folge gebend, darf man nun nicht zu einer einfachen Verkleinerung unserer Probiergl\u00e4ser schreiten und kleine Scheibchen mit Fassung \\ erw enden. Das ist unz weckm\u00e4fsig aus folgenden Gr\u00fcnden: Bei kleinen Scheiben mit lassung, wie sie bei dem BjERKESchen Pro-biei gesteh (1.) verwendet wrerden, gen\u00fcgt eine m\u00e4fsige Kopfdrehung oder Neigung, um die Blendenwirkung eines engen Spaltes herbeizuf\u00fchren. Es entsteht ein Kreiszweieck gebildet aus Pupillenrand und Glasfassung (s. Fig. 1). Da durch die Abblendung eine Verbesserung der Sehsch\u00e4rfe eintreten kann, so liegt bei kleinen Gl\u00e4sern mit Fassung die Gefahr vor, dafs die Patienten absichtlich oder unabsichtlich bei der Untersuchung schief hindurchblicken, um auf diese Weise \u201ebesser zu sehen\u201c. Eine Beaufsichtigung der Augenstellung l\u00e4fst sich kaum aus\u00fcben, weil eben die Gl\u00e4ser keine \u00dcbersicht erlauben. Deshalb scheint mir die beste L\u00f6sung der Aufgabe die zu sein, Probiergl\u00e4ser herzustellen nach Art der bekannten Lentikulargl\u00e4ser, und zwar in der Mitte einer Planscheibe von der \u00fcblichen Gr\u00f6fse (oO 35 mm Durchmesser) eine kleine etwa 5 mm im Durchmesser","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nH. Er g g eiet.\nNach dieser Messung auf der Achse ist die Refraktionsbestimmung des Korrektionswerts v\u00f6llig erledigt. Das korrigierende Glas bildet zusammen mit dem Auge meistens ein optisches System von anderer Brechkraft, als sie dem unbewaffneten Auge allein zukam. Da der Brechkraft eines abbildenden optischen Systems nun f\u00fcr ferne Objekte die Bildgr\u00f6fse umgekehrt proportional ist, so ergeben sich f\u00fcr die Kombination andere Netz-hautbildgr\u00f6fsen als f\u00fcr emmetropische Augen oder f\u00fcr korrigierte Augen anderen Ametropiegrades. Die Brechkraft bleibt nur dann die gleiche, wenn der hintere Hauptpunkt des Brillenglases mit dem vorderen Augenbrennpunkt zusammenf\u00e4llt. Dieser liegt bei dem gegenw\u00e4rtig besten schematischen Auge 17,055\u20141,348 \u2014 15,707 mm vor dem Hornhautscheitel. Da in der Regel die Probierbrille einen anderen Abstand hat (die \u00fcbliche Entfernung des augennahen Brillenscheitels vom Hornhautscheitel betr\u00e4gt bei den besten Brillengl\u00e4sern 12 mm), so wird eben immer eine Bildgr\u00f6fsen\u00e4nderung mit der Korrektion verkn\u00fcpft sein. Bei der Brillenbenutzung im Probiergestell, d. h. bei ruhenden Augen, unterscheiden sich die Bulbi verschiedenen Refraktionsgrades also lediglich durch die Bildgr\u00f6fsen voneinander.\nF\u00fcr den Mifserfolg, den man beim Versuch, Anisometropen h\u00f6heren Grades voll auszukorrigieren, gemeinhin erlebt, wurde bisher von vielen dieser Gr\u00f6fsenunterschied der Netzhautbilder verantwortlich gemacht.\nWas f\u00fcr Schwierigkeiten liegen im Gr\u00f6fsenunterschied der Netzhautbilder? Wir wollen f\u00fcr unsere Betrachtungen uns vorl\u00e4ufig beschr\u00e4nken auf das Sehen mit ruhendem Auge. Stereoskopisches Sehen ist dabei durchaus m\u00f6glich. Das ist bewiesen durch die Beobachtung zweifelloser k\u00f6rperlicher Wahrnehmung bei kurzer Beleuchtung durch den Blitz oder den elektrischen Funken. Namentlich hat Dove darauf hingewiesen. Es kann\nhaltende optisch wirksame Fl\u00e4che einzuschleifen oder aufzusetzen. Der Vorteil dieser Anordnung w\u00fcrde der sein, dafs einmal durch die Planscheibe hindurch eine \u00dcberwachung des untersuchten Auges m\u00f6glich w\u00e4re, und dafs zum anderen der \u00dcbergang vom Planglas zum gekr\u00fcmmten Teil nicht als Blende in dem vorher er\u00f6rterten Sinn den Patienten unerw\u00fcnscht unterst\u00fctzenden Weise wirken k\u00f6nnte. Vielmehr veranlafst sie durch die bei schiefer Kopfhaltung bemerkbar werdende Prismen Wirkung unter Umst\u00e4nden mit Hilfe der so entstehenden Doppelbilder den Patienten, die falsche Kopfhaltung aufzugeben.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n329\n\u00e4lso zun\u00e4chst einmal angenommen werden. Denken wir uns, ein anisometropisches Augenpaar betrachte einen fernen Berg oder dergleichen von so geringer Winkelausdehnung, dafs eine Augenbewegung dabei nicht eintritt. Handelt es sich um ein Augenpaar mit einem emmetropischen Auge, so soll das ametro-pische durch eine enge Blende oder ein Miotikum ebenfalls ein deutliches Bild bekommen. Sind beide infolge verschiedener Achsenl\u00e4nge ametropisch, so sollen beide die gleiche Korrektion erhalten und das st\u00e4rker ametropische in der eben genannten Weise abgeblendet werden. Dann bleibt die Gesamtbrechkraft des kombinierten Systems Auge -f- Brille in dem zusammengeh\u00f6rigen Augenpaar jeweils die gleiche. Die objektseitigen Perspektiven beider Augen sind gleich, weil es sich um dieselben Winkel w an der Blendenmitte P handelt.\nFig. 2.\nFie I et spekti\\ e im indirekten Selien ist die gleiche f\u00fcr ein emmetro-pisches Auge wie f\u00fcr ein ametropisches (hier myopisches), wenn etwa durch Miosis ein deutliches Bild auf der ametropischen Netzhaut (M) erzeugt wird. Der Einfachheit wegen ist vorausgesetzt, dafs P und P\u2018 in P zusammenfallen, aber verst\u00e4ndlich erweise ist w )> w\u2018.\nDie bildseitigen Perspektiven ebenfalls, denn auch w\u2018 hat in beiden Augen jeweils den gleichen Wert (s. Fig. 2 u. 3). Da wir annehmen wollen, die dioptrischen Systeme der Augen seien gleich, die Pefraktionsanomalie sei lediglich durch die abweichende Achsenl\u00e4nge bedingt, so sind auch die mit ihm entworfenen Bilder gleich, aber sie liegen im ametropischen bzw. st\u00e4rker ametropischen Auge nicht auf der Netzhaut. Vermittelst der eingef\u00fchrten Abblendung aber sind die erzeugenden B\u00fcschel so eng gemacht, dafs auch noch auf der Netzhaut hinreichend deutliche \u201eZerstreuungsbilder\u201c zustande kommen. Diese sind den eigentlichen Bildern zwar \u00e4hnlich, aber sie besitzen eine\nZeitschv. f. Sinnesphysiol. 49.\t22","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nH. Erggelet.\nandere Gr\u00f6fse, da es sich ja um perspektivische Hauptstrahlenb\u00fcschel handelt, die ihr perspektivisches Zentrum in sehr grofser N\u00e4he, in der Pupillenmitte haben. Die beiden Bilder auf der Fovea centralis haben also zwar dieselbe Perspektive, aber nicht dieselbe Gr\u00f6fse (s. Fig. 2. he i hm). Beide Augen fixieren denselben Punkt. Wie liegen nun im gemeinsamen Ge-\nFig. 3.\nDie Perspektive im indirekten Sehen wird im ametropischen (hier myopischen) Auge eine andere als im emmetropischen, wenn durch Verwendung eines Korrektionsglases Deutlichkeit des Bildes auf der ametropischen Netzhaut {M) erreicht wird, w > w0.\nFig. 4.\nWenn dem linken Auge ein gr\u00f6fseres Bild\tdar geboten wird als\ndem rechten........, so decken sich geometrisch nur die Fixationspunkte M\nim Verschmelzungsbild der \u201eKyklopennetzhaut\u2018\\\nsichtsfeld, im \u201eKyklopen-Auge\u201c, die Bildverh\u00e4ltnisse? W\u00e4hrend ein ganz gleiches Augenpaar kongruente und Punkt f\u00fcr Punkt auf identischen Netzhautstellen liegende Bilder enth\u00e4lt, wird hier im anisometropischen Augenpaar von der Gesamtheit aller Punkte des Objektes streng nur ein einziger auf identischen Netzhautstellen abgebildet. Das ist der Fixierpunkt, dessen Bild in der Mitte der fovea centralis entworfen wird (s. Fig. 4). Alle anderen","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"331\nEin Beitrag zur Frage der Anisometropie.\nliegen ohne Ausnahme auf disparaten Stellen, und zwar erfahren zusammengeh\u00f6rige Punkte eine um so gr\u00f6fsere r\u00e4umliche Trennung auf der \u201eKyklopen-Netzhaut\u201c, wenn ich so sagen darf, je gr\u00f6fser der Winkelabstand des betreffenden Objektpunktes vom b ixierpunkt ist. W ollte man an einem starren Identit\u00e4tsverh\u00e4ltnis der Netzh\u00e4ute festhalten, so w\u00e4re ein binokulares Sehen von vornheiein f\u00fcr unm\u00f6glich zu erkl\u00e4ren. Dem widersprechen Erfahrungstatsachen. Es wird ja auch die Korrespondenz der Netzh\u00e4ute in dieser Starrheit als Identit\u00e4t gar nicht behauptet. Schon die Betrachtung eines nahen k\u00f6rperlichen Objekts mit einem vollkommen gleichen Augenpaar bringt Bildpunkte eines und desselben Gegenstandspunktes auf disparate Netzhaut\u00f6rter ohne die Verschmelzung zu einem einheitlichen Gesamtbild zu verhindern. Im Gegenteil, ein gewisser Grad von Querdispara-tion stellt ja erst die Vorbedingung dar f\u00fcr die h\u00f6chste Stufe der Gesichtswahrnehmung, f\u00fcr das k\u00f6rperliche Sehen. Unser Problem in diesem Falle ist wohl zuerst von On. Wheatstone (1. 386) deutlich erkannt worden. Auch wissen wir, dafs niedrigere Grade von Anisometropie mit vollkommenem stereoskopischem Sehen einhergehen k\u00f6nnen. Dabei ist aufser der Querdisparation, die nat\u00fcrlich anders ausf\u00e4llt als bei gleichen Augen, hinzugekommen eine Vertikaldisparation. Auch andere Gr\u00fcnde f\u00fchrten dazu, die Korrespondenz der Netzh\u00e4ute als viel lockerer aufzufassen. Selbst f\u00fcr den Fixierpunkt darf man geometrische Bedingungen nicht stellen, bei dem doch noch am strengsten die Identit\u00e4t behauptet werden kann. Wie die Untersuchungen von Marx und Trendelenburg (1.) zeigten, ist auch bei genauester Einstellung der Augen ein gewisser Spielraum vorhanden, innerhalb dessen die Augenstellung dauernd schwankt. Sie betr\u00e4gt 5 Minuten. Der Fixierpunkt ist demnach kein Punkt, sondern ein Fleck. Ferner ist hier zu erinnern an die Neigung der vertikalen Trennungslinie der Netzh\u00e4ute, d. h. der scheinbaren vertikalen Meridiane zum Lot, die 0\u20143\u00b0 betr\u00e4gt im Sinne einer Divergenz nach oben und die merkw\u00fcrdigerweise in kurzer Zeit betr\u00e4chtlich schwanken kann (Hermann, Lehrbuch der Physiologie, 1905, 13. Aufl., S. 440). Panum wurde durch das Tatsachenmaterial physiologischer Beobachtung dazu veranlafst, sich so zu fassen, dafs er sagt: Ein Punkt der einen Netzhaut kann verschmelzen mit verschiedenen Punkten der anderen, und deren\n22*","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nR. Erggelet.\nGesamtheit bezeichnet er als korrespondierende Empfindungskreise jenes Punktes.\nDie Vereinigung der beiderseitigen Netzhautbilder zu einer stereoskopischen Wahrnehmung setzt bei Anisometropen voraus die Verschmelzung von Bildpunkten auf disparaten Netzhautstellen, und zwar nicht nur querdisparater wie beim stereoskopischen Sehen normaler Augen, sondern ganz besonders auch h\u00f6hendisparater. Bez\u00fcglich dieser Aufgabe bestehen nun f\u00fcr den normalen Menschen eigenartige Verh\u00e4ltnisse, deren Kenntnis wir den aus dem Helmholtzischen Laboratorium hervorgegangenen Arbeiten von Volkmann und Mandelstamm (1.) verdanken. Querdisparate Vertikallinien wrerden leicht verschmolzen, viel Schwierigkeiten hingegen bereiten vertikaldisparate Horizontallinien. Speziell Mandelstamms Untersuchungen haben gezeigt, dafs zwei Linien, die eben noch verschmolzen werden, einen um so gr\u00f6fseren Abstand haben d\u00fcrfen, je weiter peripher in der Netzhaut ihre Bilder liegen. Diese physiologische Eigenschaft liegt sehr g\u00fcnstig f\u00fcr die Aufgabe anisometropischer Augen, binokular zu verschmelzen. Denn hier hat man mit dem Abstand vom Fixierpunkt wachsende Disparationsgr\u00f6fsen (s. Fig. 4). Mandelstamm (1.) fand weiter Unterschiede zwischen den einzelnen Netzhautteilen derart, dafs nach oben vom Fixierpunkt gelegene Abschnitte am wenigsten leicht die Verschmelzung disparater Stellen erlaubt (also die unteren Gesichtsfeldteile betreffend), w\u00e4hrend die Ungenauigkeit der Korrespondenz nach unten vom Fixierpunkt am gr\u00f6fsten ist (also in den oberen Gesichtsfeldabschnitten). Zwischen beiden stehen die seitlichen Teile. Wenn man einem Anisometropen seine Vollkorrektion gibt und dadurch beiderseits deutliche Bilder der Aufsenwelt vermittelt, so stellen wir ihn vor die Aufgabe, sich eine andere Korrespondenz seiner Netzh\u00e4ute auszubilden und in dem eben er\u00f6rterten Sinn zu verschmelzen.\nSteht man auf dem Standpunkt der empiristischen Theorie, so\n_ \u2022 \u2022\nmufs man die Frage der L\u00f6sbarkeit bejahen. Durch \u00dcbung m\u00fcssen sich die neuen Beziehungen erwerben lassen. Daraus ergibt sich eine Begr\u00fcndung der Vorschrift f\u00fcr Brillentr\u00e4ger, ihre Gl\u00e4ser dauernd zu tragen.\nDas empfiehlt sich auch mit R\u00fccksicht auf die Augenbewegungen, von denen hier zun\u00e4chst abgesehen wurde. Hierbei mag an die Bemerkung Bielschowskys (in Axeneelds Lehrbuch der Augenheilkunde, 1915, 4. Aufl., XVI, 800 S. gr. 8\u00b0, mit 12","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n333\nlithogr. Tafeln, 3 Farbendrucktafeln im Text und 584 zum Teil mehrfarbigen Textabbild. S. 172) erinnert werden, dafs n\u00e4mlich \u201eeine anisometropische Korrektion in den 20iger Jahren oft nicht mehr vertragen wird*4. Man wird sagen d\u00fcrfen, dafs eben Kinder deshalb leichter das Sehen unter anisometropischer Korrektion erlernen als Erwachsene, weil diese sich schon ein Korrespondenzverh\u00e4ltnis der Netzh\u00e4ute erworben und einge\u00fcbt haben und unter der Korrektion pl\u00f6tzlich wieder umlernen m\u00fcssen.\nBez\u00fcglich der Bildgr\u00f6fse wird hier auf folgendes hinzuweisen sein. Im allgemeinen sucht man die Netzhautbildgr\u00f6fse in ani-sometropischen Augen rein aus den Brechkraftverh\u00e4ltnissen heraus zu ermitteln. Man geht dabei aus von dem Satz, dafs die Gr\u00f6fse dei \\on fernen Gegenst\u00e4nden entworfenen Bilder sich umgekehrt verhalten wie die Brechkr\u00e4fte der sie erzeugenden Systeme. Will man die Netzhautbildgr\u00f6fse in anisometropischen Augen miteinander vergleichen, so ermittelt man die jeweilige Gesamtbrech-kralt des aus Auge und Korrektionsglas zusammengesetzten optischen Systems und bildet deren Quotienten. Dabei wird allerdings meist stillschweigend die Annahme gemacht, dafs die optischen Systeme bekannt und gleich seien, was nicht zutrifft oder wenigstens nicht zuzutreffen braucht. Dieses Vorgehen bringt eine klare Erl\u00e4uterung des optischen Faktors, aber auch nur dieses. Es sprechen auch andere dabei mit. Diese sind allerdings exakt gar nicht zu fassen. Es handelt sich kurz gesagt um folgendes : Wir vergleichen nur die Gr\u00f6fse der optischen Bilder, vergessen aber die \u201eKorngr\u00f6fse und -Verteilung\u201c im Auftangschirmes ganz und gar. Es m\u00f6ge hier eine kurze \u00dcberlegung nach dieser Richtung hin angestellt werden, die nat\u00fcrlich mehr als einen theoretischen Wert nicht haben kann.\nMan nehme an, es entstehe eine fortschreitende Kurzsichtigkeit eines bis dahin emmetropischen Auges. In dem emmetropischen versorgte eine gewisse in beiden Augen gleiche Zahl von Netzhautelementen die Fl\u00e4cheneinheit. Wird ein Auge gedehnt, so w\u00e4chst das von einer gewissen Zahl von Elementen versorgte Gebiet. Es m\u00f6gen also auf die Fl\u00e4cheneinheit eine gerade im Verh\u00e4ltnis geringere Zahl von Zapfen kommen, wenn wir uns auf die Maculagegend beschr\u00e4nken wollen.\nUm ein Zahlenbeispiel zu bringen, so sei eine Achsenmyopie von 5,0(10,0)dptr betrachtet, die aus einer Emmetropie entstanden sein soll. Es sei in Fig. 5 CIle \u2014 24,38 mm die Bulbus-","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nH. Erggelet.\nl\u00e4nge eines emmotropischen Auges, CRm \u2014 26,51 (29,07) mm ist dann diejenige eines Auges von\u20145,0(\u201410,0) dptr axialer Myopie.\nEine gewisse Zapfenzahl kommt im emmetropischen Auge auf die Strecke he, dieselbe Zahl im myopischen Auge auf die\nh\nStrecke hm. Das Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis ermittelt sich in folgender\nWeise. Das Projektionszentrum f\u00fcr das indirekte Sehen ist die Pupillenmitte, und zwar f\u00fcr die objektseitige Perspektive die Mitte der Eintrittspupille P des optischen Systems (\u2014 das ist das Bild der Iris, entworfen durch das Hornhautsystem \u2014), und f\u00fcr die bildseitigen die Mitte der Austrittspupille P\u2018 (\u2014 das ist das Bild der Iris, entworfen durch das Linsensystem \u2014). Die in diesen Punkten liegenden, zu einem gegebenen Objekt geh\u00f6rigen perspektivischen B\u00fcschel sind von der Bulbusl\u00e4nge unabh\u00e4ngig.\nFig. 5.\nEin aus der Mitte der Austrittspupille P\u2018 austretendes perspektivisches Hauptstrahlenb\u00fcschel schneidet auf der Netzhaut eine kleinere oder gr\u00f6fsere fl\u00e4chenhafte Perspektive aus, je nachdem diese der Austrittspupille n\u00e4her oder ferner steht. G Hornhautscheitel; H H\u2018 die Augenhauptpunkte; lle die Netzhaut eines emmetropischen, Rfn die eines myopischen Auges.\nHier handelt es sich nicht um eine Abbildung, sondern um ein Projektionsproblem. Das Ausschlaggebende bildet hier die Richtung des engen, durch die Pupille begrenzten Strahlenb\u00fcschels, das f\u00fcr die Betrachtung vertreten wird durch seinen Hauptstrahl. Die Verlaufsrichtung dieses Hauptstrahls \u00e4ndert sich nicht, wo immer auch die B\u00fcschelstrahlen sich zu ihrem Bildpunkt vereinigen. Die Gesamtheit der in der Blendenmitte homozentrischen Hauptstrahlen, das ist unser perspektivisches B\u00fcschel, bleibt genau gleich, ob der Bulbus lang oder kurz ist, ob der Auffangschirm der Netzhaut an dieser oder jener Stelle steht. Hingegen wird die fl\u00e4chenhafte perspektivische Zeichnung auf dem Schirm das eine Mal gr\u00f6fser, das andere Mal kleiner ausfallen. Damit ist die Ermittlung des Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnisses der Netzhautbilder","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage cler Anisometropie.\n335\nzur\u00fcckgef\u00fchrt auf eine einfache Proportion aus \u00e4hnlichen Drei-\necken\nhm\nhe\nP'R,n\nPile '\nDabei ist gleichm\u00e4fsige Dehnung des ganzen\nAugapfels angenommen ; da aber tats\u00e4chlich vorwiegend der hintere Abschnitt beteiligt ist, so w\u00e4re die Dehnung der Streckeneinheit eigentlich noch gr\u00f6fser.) Unter Zugrundlegung des schematischen Auges von Gullstrand wird der Ort der Austrittspupille P\u2018 ermittelt. Er liegt 3,66 mm hinter dem Hornhautscheitel. P\u2018Re = CRe \u2014 CP', wobei CP' \u2014 3,66 mm ist. Werten wir f\u00fcr unser Beispiel die Formel aus, so ergibt sich f\u00fcr die Myopie von A== \u2014 5,0 dptr\n(f\u00fcr A\nhm _ P'Pm\t22,85\t\u2014 1,103 =\t1\nhe\tP\u2018 Re\t20,72\t\t0,907\n\u2014 10,0 dptr\t\t\t\nlira\tP'Rm\t25,41\t= 1,226 =\t1\nK ~ P' Rr\t20,72\t\t0,815\nNehmen wir wieder an, es seien unter Zuhilfenahme einer starken Miosis in beiden Augen deutliche Bilder erzeugt, so st\u00e4nden sie in diesem Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis. Somit k\u00e4me in jedem Auge ein gleicher und entsprechender Bildbereich auf je ein Netzhautelement. Das w\u00e4re nicht der Fall, wenn die Netzhautbilder in den zwei verschiedenen Augen gleiche Gr\u00f6fsen bes\u00e4fsen.\nMit anderen Worten, die absolute Gleichheit der Netzhautbilder ist f\u00fcr diese anisometropischen Augen bei der Korrektion gar nicht zu erstreben. Vielmehr wird der Zustand physiologischer Gleichheit hergestellt durch ein Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis 1:1,103 (bzw. 1 : 1,226). Das Ideal der Korrektion ist demnach hier nicht die Stellung des Brillenglases im vorderen Augenbrennpunkt, wobei das optische Gesamtsystem gleiche Brechkraft hat wie das des unkorrigierten emmetropischen Auges, also auch gleiche absolute Bildgr\u00f6fsen liefert wie ein emmetropisches gleicher Brechkraft. Im Gegenteil ist eine gewisse Vergr\u00f6fserung des myopischen Netzhautbildes erw\u00fcnscht. Eine solche erhalten wir in unserem angenommenen Falle mit Hilfe eines Brillenglases, das zu einer schw\u00e4cheren Gesamtbrechkraft f\u00fchrt, die ihrerseits erreicht werden kann durch Anr\u00fccken der Korrektion vom vorderen Brennpunkt an das Auge heran (d soll also kleiner sein als f). An der Perspektive der Objektseite wird nichts ge\u00e4ndert, denn diese wird jetzt wohl bestimmt durch die scheinbare, vom","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nH. Erggelet.\nBrillenglas in den Objektraum entworfene Augenpupille. Aber die immer geringf\u00fcgige Verschiebung derselben kann gegen\u00fcber der grofsen Objektentfernung vernachl\u00e4ssigt werden. Aufserdem handelt es sich jetzt um eine wahre Abbildung, so dafs unbedenklich die Grundformeln der optischen Abbildung angewandt werden k\u00f6nnen. Korrigieren wir also z. B. die angenommene Achsenmyopie durch ein Glas im Abstand \u00f6 = 8 mm, was f\u00fcr ein Bildgr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis f\u00fchren wir dadurch herbei ? Der Korrektionswert unserer zwei Myopien betr\u00e4gt unter dieser Bedingung \u2014 5,208 (bzw. \u2014 10,87) dptr und bringt uns ein Bild, das 1,049 (1,109) mal so grofs ist, als wenn die Korrektion im vorderen Augenbrennpunkt angebracht w\u00e4re, also 1,049 (1,109) mal so grofs als in einem emmetropischen Auge gleicher Brechkraft. N\u00e4her als 8 mm k\u00f6nnen wir im allgemeinen nicht heranr\u00fccken, so dafs damit die st\u00e4rkste Gr\u00f6fsensteigerung vorliegt, die durch einfache Glasverschiebung zu erzielen ist. Das physiologische Gr\u00f6fenverh\u00e4ltnis der Netzhautbilder in unserem Beispiel hat also nicht den Wert 1,049 : 1, sondern 1,049 : 1,103 = 0,952 : 1 (bzw. nicht 1,109:1, sondern 1,109:1,226 = 0,905:1), d. h. das Bild im myopischen Auge ist also auch unter Zuhilfenahme dieser Korrektionsbedingungen zu klein, obwohl es gr\u00f6fser ist als im emmetropischen.\nDem Gr\u00f6fsenunterschied allein kommt nun bei der Korrektion der Anisometropie keineswegs die ausschlaggebende Bedeutung zu, die man ihm wohl vielfach beimifst. Beim praktischen Gebrauch der Brille stellt die Anordnung, die unseren bisherigen Betrachtungen zugrunde lag, dafs n\u00e4mlich die Blicklinien durch die Brillenscheitel gehen, nur einen einzelnen Fall dar. Das Auge steht nicht immer mit seiner Gesichtslinie in der Richtung der Brillenachse, es ruht nicht, es hewegt sich vielmehr fortw\u00e4hrend hinter der Brille, es blickt. Hier handelt es sich nicht allein um die Abbildung des fernen Gegenstandes, sondern in diesem allgemeinen Fall wird auch die Richtung beeinflufst, unter der es erscheint. Es mufs also auch beachtet werden die Richtungs\u00e4nderung der Hauptstrahlen.\nUnter einem Hauptstrahl wird in \u00dcbereinstimmung mit dem Sprachgebrauch der technischen Optik ein die Mitte der physischen Blende passierender Strahl endlicher Neigung gegen die Achse verstanden. In dem vorliegenden Problem der Brille ist eine physische Blende zwar nicht vorhanden, aber es tritt an","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"337\nEin Beitrag zur Frage der Anisometropie.\nihre Stelle der Drehpunkt Z\u2018 des brillenbewaffneten Auges, so dafs die bild- oder augenseitigen Neigungswinkel der Haupt-strahlen ohne weiteres zu den Drehwinkeln des Auges werden. In der Regel wird aber der vom fixierten Objektpunkt zur fovea centralis f\u00fchrende Hauptstrahl das Brillenglas aufserhalb der Achse schr\u00e4g durchdringen. Ob dann die Korrektion noch stimmt, und ob durch das den Hauptstrahl umgebende B\u00fcschel eine bi auchbare Abbildung entsteht, ist eine Frage, deren Fr-\u00f6rterung nicht hierher geh\u00f6rt. Mit Hilfe der GAussschen Formeln kann sie nicht entschieden werden, denn deren Vorbedingungen sind hier nicht erf\u00fcllt. Fs sei aber angenommen, dafs sie bejahend beantwortet werden k\u00f6nne, dafs es sich also um ein punktuell abbildendes Brillenglas handle. Fin solcher zur Achse geneigter Strahl erf\u00e4hrt nach bekannten Gesetzen beim Passieren der Linse eine Ablenkung aus seiner urspr\u00fcnglichen Richtung.\nD>0\nFig. 6.\nEin zur Achse geneigter Strahl O Z, der ein d\u00fcnnes {H=R\u2018) sammelndes Brillenglas (Brechkraft D^p>0) seitlich durchsetzt, wird aus seiner Richtung OZ durch die Linse nach Z' abgelenkt. Sein objektseitiger Neigungswinkel w ist kleiner als sein augenseitiger ivJ.\nJe nachdem es sich um eine Sammel- oder eine Zerstreuungslinse handelt, besitzt der im Augenraum liegende Teil des Hauptstrahls eine vermehrte oder verminderte Neigung und zeigt also dem in seiner Richtung blickenden Auge das Bild des Gegenstandes in einer anderen Richtung, als sie f\u00fcr ein unbewaffnetes Auge g\u00fcltig w\u00e4re. Die objektseitige Strahlenneigung w ist also gr\u00f6fser oder kleiner als die augenseitige w* (s. Fig. 6). Auf die Wichtigkeit dieser Bigenschaft der als Brille benutzten Linse und ihre joraktische Bedeutung hat M. v. Rohe (5.) aufmerksam gemacht.","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nEin Beitrag zur Frage der Anisometropie.\nBeschr\u00e4nkt man sich zun\u00e4chst auf die Betrachtung eines Auges, so macht hier die Richtungs\u00e4nderung ihren Einflufs bemerkbar als eine \u00c4nderung der Perspektive, die meist auf eine porrhallaktische Deutung f\u00fchrt. Auf diese Zusammenh\u00e4nge mag \u2022ein wenig n\u00e4her eingegangen werden. Im direkten ein\u00e4ugigen Sehen, also beim Blicken mit bewegtem Auge, wird der Blick hintereinander von einem Punkt eines Gegenstandes auf den anderen gerichtet, und jeder wird in die Richtung des Lichtstrahls verlegt, der von ihm zur fovea centralis geht. Ob der betreffende Gegenstandspunkt nah oder fern vom Auge sich befindet, ist gleichg\u00fcltig. Eine Tiefenerstreckung kann unter Aus-schliefsung der Akkommodationsanstrengung auf Grund einer ein\u00e4ugig betrachteten Perspektive nicht wahrgenommen werden, sondern nur scheinbare seitliche Abst\u00e4nde, Winkelabst\u00e4nde, die die Blicklinie beschreibt, wenn sie von einem Punkt zum anderen \u00fcbergeht. Die Spitzen dieser Winkel liegen im Augendrehpunkt Z. Die Gesamtheit der Winkelschenkel, deren Lage die Blicklinie beim Blicken sukzessive einnahm, bildet die Perspektive, unter der der Gegenstand von dem betreffenden Augenort aus erscheint. Das perspektivische Zentrum f\u00fcr das direkte Sehen liegt somit im Augendrehpunkt. Die Beurteilung des einem perspektivischen B\u00fcschel zugrunde liegenden K\u00f6rpers gelingt nur durch Vereinigung der Erfahrung \u00fcber gewisse Eigenschaften des K\u00f6rpers und dieser Perspektive. Bei unbekannten Dingen wird sie in der Regel versagen, wenn sie auch vielleicht einmal zuf\u00e4llig richtig ausfallen kann. Zur Erl\u00e4uterung sei das Balkenwerk einer H\u00fctte betrachtet, deren Querschnitt senkrecht zur Vorder wand durch das Quadrat AB CD dargestellt sei (s. Fig. 7a). Z ist der Ort des Augendrehpunkts des Beschauers. Dort besteht die Perspektive mit den Strahlen 1, 2 und 3, die die Winkel a und \u00df einschliefsen. Die unteren Kanten A und D liegen in ein und derselben Richtung 1, w\u00e4hrend 2 und 3 der oberen vorderen (C) und oberen hinteren Kante (B) angeh\u00f6ren. Soll aus dieser Perspektive die Form des Gegenstandes beurteilt werden, so ist das ohne weitere Anhaltspunkte v\u00f6llig unm\u00f6glich. Aus Erfahrung m\u00f6ge als bekannt gelten, dafs die Punkte C und D senkrecht \u00fcbereinander liegen, und dafs A ebenso weit von D entfernt sei wie C. Jetzt ist nur noch der Punkt B unbestimmt. Von ihm verr\u00e4t uns die Perspektive nichts, als dafs er auf dem Strahl 2 liegt. Damit sind unz\u00e4hlige Formen des Ger\u00fcstes zur","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n339\nDeutung zugelassen. Zwei M\u00f6glichkeiten dieser Art AB1 CD AB2 CD gibt Fig. 7a an.\nb.\nFig. 7.\nZur Deutung einer Perspektive bei ein\u00e4ugiger Betrachtung a in richtiger, b und c in zu kurzer Entfernung.\nLassen wir nun gar eine \u00c4nderung der Winkel eintreten, die die Perspektive bilden, so f\u00e4llt die als Zufallstreffer bisher wenigstens m\u00f6gliche richtige Deutung vollst\u00e4ndig weg. Die wahre Form zu erschliefsen, ist nunmehr g\u00e4nzlich verwehrt. Nehmen wir beispielsweise an, es w\u00fcrden die Winkel gr\u00f6fser, was durch Ann\u00e4herung des perspektivischen Zentrums von Z","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nH. Er g g eiet.\nnach Z' an die ebene Perspektive BBC bewerkstelligt werden kann. Dann schliefsen die Strahlen P, 2' und 3' die Winkel \u00ab' und \u00df\u2018 ein, die gr\u00f6fser sind als a und \u00df (Fig. 7b). Wird wieder die senkrechte Stellung der Vorderwand zur Grundfl\u00e4che als bekannt vorausgesetzt, so l\u00e4fst sich jetzt auf dem Strahl 2' kein Punkt B\u2018 finden, der mit den drei anderen zusammen die Eckpunkte eines Quadrates bilden k\u00f6nnte. Gibt nun weiter die Erfahrung noch die Kenntnis an die Hand, dafs der Querschnitt rechtwinklige Ecken habe, so zwingt die Perspektive uns jetzt zur Annahme einer Verk\u00fcrzung der Grundfl\u00e4che. Die Form des K\u00f6rpers w\u00fcrde jetzt eindeutig bestimmt sein. Er m\u00fcfste als hohes Rechteck A\u20182B\u20182CD aufgefafst werden.\nH\u00e4lt man hingegen fest an der Kenntnis, dafs Vorder- und Bodenfl\u00e4che gleiche Mafse besitzen, so bestehen noch unendlich viele M\u00f6glichkeiten bez\u00fcglich der Form wie vorhin bei der richtigen Perspektive. So z. B. k\u00f6nnte die hintere obere Ecke beliebig in B\\, J?'5, B\u2018Q oder B\\ angenommen werden (Fig. 7c). Unter allen diesen findet sich eine durch die Erfahrung \u00fcber die Natur von Geb\u00e4uden bevorzugte, n\u00e4mlich die, wo B\u2018 senkrecht \u00fcber A\u2018 liegt, wo die Hinterwand eben als Wand senkrecht steht. Sobald man diese Voraussetzung einf\u00fchrt, ist \u00fcber die Form eindeutig und endg\u00fcltig entschieden. Die Deutung der Perspektive zeigt uns jetzt eine Erh\u00f6hung der hinteren Wand gegen\u00fcber der vorderen. Der in Wirklichkeit quadratische Querschnitt wird in der ver\u00e4nderten Perspektive aufgefafst als ein Gebilde von der Form A\\B\u20186CB.\nAllgemein findet eine Vergr\u00f6fserung ferner Gegenst\u00e4nde gegen\u00fcber n\u00e4herstehenden unter den angenommenen Bedingungen statt.\nMan kann das leicht feststellen, wenn man mit einem Handfernrohr mittlerer Vergr\u00f6fserung geeignete Gegenst\u00e4nde (resp. nach hinten verlaufende Reihen gleichgrofser Fenster, Backsteinschichten usw.) betrachtet. Der Hintergrund erscheint dann auff\u00e4llig vergr\u00f6fsert.\nDies sind die Folgen einer Vergr\u00f6fserung der Blickwinkel. Sie treten ein beim Gebrauch positiver Linsen als Brillengl\u00e4ser, wie \u00fcberhaupt bei vergr\u00f6fsernden Instrumenten (Lupe, Fernrohr).\nUmgekehrt ergeben sich aus einer Verkleinerung der Winkel des perspektivischen B\u00fcschels, wie sie durch negative Gl\u00e4ser und verkleinernde Instrumente vermittelt wird, eine Verkleinerung","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"341\nEin Beitrag zur Frage der Anisometropie.\nferner Objektteile oder eine Vermehrung der Tiefenausdehnung. Eine Ver\u00e4nderung der Perspektive bringt somit der Gebrauch eines jeden Brillenglases mit sich, und die Deutung derselben f\u00fchrt in der Regel zu einer \u00c4nderung der Entfernungsauffassung. Diese Eigenschaft der Brillengl\u00e4ser nennt v. Rohr (4. 588 ; 5.102 110) ihre porrhallaktische Wirkung. Wie soeben ausgef\u00fchrt wurde, mufs dabei etwas als bekannt vorausgesetzt werden, und das ist der regelm\u00e4fsige Verlauf von Linien an Bauwerken. Daher wird die porrhallaktische \u00c4nderung in der Regel an k\u00fcnstlichen, regelm\u00e4fsig begrenzten Gegenst\u00e4nden beobachtet, seltener an nat\u00fcrlichen, etwa Baumkronen, und da nicht so sicher.\nSobald von dem bisher betrachteten ein\u00e4ugigen Sehen zum beid\u00e4ugigen \u00fcbergegangen ward, r\u00fcckt an Stelle der Deutung, die neben anderen Auffassungen bei bekannten Gegenst\u00e4nden zumeist eine Ver\u00e4nderung der Tiefe ergab, die zwingende unzweideutige Tiefenwahrnehmung. Jetzt liegen die Bildpunkte nicht mehr an einem beliebigen Ort der Blicklinie. Nicht nur eine, sondern zwei Richtungen sind gegeben, die sich \u2014 da Asymmetrien zun\u00e4chst ausgeschlossen sein sollen \u2014 schneiden, also einen einzigen Punkt im Raum bestimmen. In der Gesamtheit der Schnittpunkte wird dann dem Beid\u00e4ugigen ein Raumbild dargeboten, das er wahrnehmen kann, w\u00e4hrend der Ein\u00e4ugige nur eine Raumdeutung aus\u00fcbt. Das gilt sowohl f\u00fcr richtige als auch f\u00fcr beiderseits in gleicher Weise ver\u00e4nderte Perspektiven, und zwar f\u00fcr unbewaffnete Augen wie f\u00fcr Brillentr\u00e4ger. f\u00fcr die Brillen mufs aber die wichtige Voraussetzung gemacht werden, dafs sie verzeichnungsfrei seien, da nur unter dieser Bedingung sich die augenseitigen Strahlenrichtungen in ihrer V erl\u00e4ngerung wirklich schneiden. In der Praxis \u2014 das mufs scharf betont werden \u2014 ist dies streng nie der Fall. Davon wird weiterhin genauer die Rede sein m\u00fcssen.\nSind beide Augen gleich stark ametropisch, so folgt hieraus bei beiderseitiger Korrektion f\u00fcr beide die gleiche Richtungs\u00e4nderung, so lange es sich um ferne oder in der Medianebene gelegene Objektpunkte handelt. F\u00fcr alle anders gelegenen Objekte ergibt sich ein Unterschied in der Richtungs\u00e4nderung f\u00fcr die beiden Augen, worauf v. Rohr (6. 86) aufmerksam macht.\nBesondere Wichtigkeit kommt hierbei dem Umstand zu, dafs beide Blicklinien in ein und derselben die Augendrehpunkte enthaltenden Ebene bleiben, wie das f\u00fcr das unbewaffnete Auge","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nH. Erggeiet.\ndie Regel bildet. Ein Gegenstandspunkt und die Verbindungslinie der Augendrehpunkte, die Augenbasis, bestimmen ja eine Ebene, die Blickebene. In dieser liegen die beiden Blicklinien, wenn ein unbewaffnetes Augenpaar den betreffenden Punkt fixiert. Liegt dieser Blickpunkt nicht in der Horizontalebene durch die Augenbasis, so schliefsen die zwei Ebenen einen Winkel ein, und das ist der von Helmholtz (1.) eingef\u00fchrte Erhebungswinkel.\nIst aber die Ametropie der beiden Augen verschieden, handelt es sich also um eine Anisometropie, so tritt auch f\u00fcr ferne und in der Medianebene gelegene Objekte, dank der verschiedenen St\u00e4rke der beiden Korrektionsgl\u00e4ser, eine verschiedene Richtungs\u00e4nderung ein. Die Hauptstrahlen bleiben nicht in einer Ebene. Dem mufs das Augenpaar nachgeben, wenn Doppelbilder vermieden werden sollen bzw. wenn binokular einfach gesehen werden soll. Dazu m\u00fcssen die Blicklinien aus der Blickebene heraustreten, d. h. die durch Augenbasis und die Blicklinie gelegte Ebene hat f\u00fcr jedes Auge einen anderen Erhebungswinkel. Die Blicklinien haben jetzt keinen Schnittpunkt mehr, sie verlaufen zueinander windschief.\nDie Aufgabe f\u00fcr die Augen, unter solchen Bedingungen zusammen zu arbeiten, stellt ganz besondere Anforderungen an den Augenbewegungsapparat, die dieser nur in beschr\u00e4nktem Mafse leisten kann. Bei h\u00f6heren Graden der Anisometropie wird, wie wir sehen werden, diese Aufgabe unl\u00f6sbar, d. h. die H\u00f6henfehler, wie sie durch die Brille eingef\u00fchrt werden, lassen sich von dem Muskelapparat der Augen nicht mehr \u00fcberwinden.\nVon Vorarbeiten in dieser Frage ist zun\u00e4chst die Touk-tuals (1.) zu nennen. Er kam im Verlauf seiner Versuche mit dem WHEATSTONEschen Spiegelstereoskop zur Kenntnis einmal der M\u00f6glichkeit von H\u00f6hendivergenzen der beiden Augenachsen, dann auch ihrer Schwierigkeit und der starken Beschr\u00e4nktheit ihres Umfanges. Die Betrachtung dieses Fundes f\u00fchrte ihn zu einer f\u00fcr uns h\u00f6chst bemerkenswerten Anschauung, die er auf Seite 93 so fafst : \u201evielleicht bestimmt der Grad, bis zu welchem die Schwankung der Sehachsen aus der Ebene m\u00f6glich ist, die Grenzen, innerhalb deren das Einfachsehen ungleicher Figuren stattfindet\u201c. Weiterhin mufs an R. H. Bowr (3. 260) erinnert werden, der 1865 in einem Aufsatz \u00fcber das Stereoskop auch die H\u00f6henfehler der Brille erw\u00e4hnt, soweit sie entstehen durch","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\t343\neine H\u00f6henverschiebung eines Glases vor dem Auge gegen\u00fcber dem anderen.\nDie Bedeutung der Richtungs\u00e4nderung der Hauptstrahlen haben ferner in den letzten Jahren mehrere Arbeiten nach verschiedenen Richtungen hin behandelt (Hegner (1.) und v. Rohr (7.) ; auch in Henker und M. v. Rohr (1.) wurde das Problem gekennzeichnet).\nSehr anschaulich kommt diese Eigenschaft der Brillengl\u00e4ser zum Ausdruck bei den Versuchen von v. Rohr und Stock (8.) mit FiCKschen Kontaktgl\u00e4sern. Dafs fr\u00fcher solche Versuche nicht angestellt werden konnten, liegt in der Unm\u00f6glichkeit f\u00fcr die \u00e4ltere Ophthalmologie, punktuell abbildende Brillengl\u00e4ser zu verwenden, so dafs die Versuche infolge der Verschlechterung der Bildqualit\u00e4t beim Blicken unsauber wurden. Bei diesen Versuchen sind stets punktuell abbildende Gl\u00e4ser verwandt worden. Anl\u00e4fslich der genannten Versuche hat der Verfasser (1.) die Verh\u00e4ltnisse bei der Korrektion der einseitigen Aphakie n\u00e4her betrachtet. Sie\tstellt\toptisch in\tder Regel\teinen extremen Grad\nvon Anisometropie\tdar, wenn\tman\tvon\tder Aufhebung des\nAkkommodationsverm\u00f6gens im operierten Auge absieht. (In dem Versuch mit\tdem Kontaktglas\twar\tdie\tAmetropie der einen\nSeite = dz 0.)\tDie\thier gefundenen\tVerh\u00e4ltnisse haben daher\nqualitativ allgemeine Bedeutung. Es stellte sich n\u00e4mlich heraus, wie es auch sein mufs, dafs die Funktion der beiden Augen sich in zwei Punkten unterscheidet. Das sind :\n1.\tDie Netzhautbildgr\u00f6fse.\n2.\tDie Blickrichtung f\u00fcr seitlich der Achse gelegene Objektpunkte. Dafs die mehr oder minder vollst\u00e4ndige Beseitigung dieser beiden Unterschiede dem Einseitig-Aphakischen zum stereoskopischen Sehen verhilft, ist von vornherein zu erwarten, und durch die erfolgreiche Anwendung der RoHRschen Aniso-metropbrillen in der Praxis bewiesen [Hegner (3.), Wolff (1.), Loewenstein (1.)].\nWelches dieser beiden Momente der Korrektionsm\u00f6glichkeit bei der Anisometropie die Grenze setzt, ist nun von vornherein nicht zu sagen. Dafs beide mitsprechen, d\u00fcrfte ohne weiteres klar sein. Bei Gelegenheit der erw\u00e4hnten Versuche mit dem FiCKschen Kontaktglas gewann ich den Eindruck, dafs der Gr\u00f6fsendifferenz der Netzhautbilder bei weitem nicht die Bedeutung zukommt, wie man von vornherein im Hinblick auf die","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nH. Erggelet.\nLehre von der Korrespondenz der Netzhautstellen zu erwarten geneigt ist (s. S. 330ff.), und dafs es vielmehr die Richtungs\u00e4nderung der Hauptstrahlen sei, die der erfolgreichen Korrektion ein Ziel setzte, lange bevor die Gr\u00f6fsendifferenz der Netzhautbilder sich st\u00f6rend bemerkbar macht. Wurde mein rechtes Auge, dem durch ein FiCKsches Kontaktglas eine Hyperopie von 13,0 dptr verliehen war, bei offenem emmetropischem linkem in der \u00fcblichen Weise durch ein sph\u00e4risches Glas korrigiert, so war im ersten Augenblick von einem binokularen Einfachsehen nicht die Rede. Beim Blick geradeaus zentral durch das Glas, wobei eine Richtungs\u00e4nderung nicht eintritt, gelang es jedoch, die kleinen Optotypen einzeln zu verschmelzen. Ja es rief sogar die Betrachtung ganz kleiner dreidimensionaler Gegenst\u00e4nde einen gewissen k\u00f6rperlichen Eindruck hervor. Dieser war jedoch keineswegs so bestimmt, dafs sich nicht Zweifel an der Richtigkeit der Beobachtung gemeldet h\u00e4tten (1. 36\u201437). Indessen wird auch in der Literatur \u00fcber gewisses stereoskopisches Sehen bei vereinzelten Einseitig-Aphakischen berichtet (Grusseisdore (1.), Schmidt-Rimpler (1.).\nDafs der Schlufs auf die relativ geringe Bedeutung der Gr\u00f6fsendifferenz der Netzhautbilder seine Berechtigung hat, wird die folgende zahlenm\u00e4fsige Betrachtung dartun. Zugrunde gelegt wdrd das schematische Auge nach Gullstrand (1.).\nWird ein achsens}Tmmetrisches Auge mit der Brechkraft\ndurch ein in der Entfernung\n\u00f6 \u2014 0,0133 m\nvorgesetztes d\u00fcnnes Brillenglas von der Brechkraft D1 korrigiert, so ergibt sich eine Brechkraft D12 des zusammengesetzten Systems\nA 2 \u2014 A Ai \u2014 ^ A Ai\nund ein Verh\u00e4ltnis der Netzhautbildgr\u00f6fse des emmetropischen Auges zu der im korrigierten\n\u2014 1 -J- n (-1-----a\\ \u2014 1 _L n <c\\ 01705\u20140,0133) m","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\t345\nDas Verh\u00e4ltnis der Bildgr\u00f6fse im rechten zu der im linken Auge ist\n\u00dfr _\t_ l-f-0,00375 D\\\n\u00dfi Drl2 11-0,00375 l)\\\nWertet man diese Formel mit Hilfe einer vierstelligen Logarithmentafel aus, so erh\u00e4lt man folgende Tabelle, aus der man ersieht, dafs die Gr\u00f6fsenunterschiede sowohl von dem Grade der Anisometropie als von der Refraktion des weniger ametropischen Auges abh\u00e4ngen, aber in keinem Fall eine besondere H\u00f6he erreichen.\n1. Linsenhaltige Augen.\nKorrigierendes Glas\tVerh\u00e4ltnis der Netzhautbildgr\u00f6fse\ndes\tdes\nlinken\trechten\trechten zu der\tlinken zu der\n\tAuges\tdes linken\tdes rechten\n\t\tAuges\t\n\u2014 23,0\t\u2014 20,0\t0,9879\t1,0120\ni 0,0\t-(- 3,0\t0,9890\t1,0110\n-f- 10,0\tH- i3,o\t0,9895\t1,0106\n\u2014 25,0\t\u2014 20,0\t0,9800\t1,0205\n4~ 0,0\t+ 5,0\t0,9815\t1,0188\n+ 10,0\t+ 15,0\t0,9826\t1,0178\n\t2.\tAphakisehe Augen.\t\n+ 10,0\t+ 13,0\t0,9705\t1,0304\n+ 10,0\t+ 15,0\t0,9518\t1,0508\nNat\u00fcrlich gelten diese Rechnungen nur f\u00fcr\t\t\tdie Nachbar-\nschaft der Achse. Sobald man, auch bei punktuell abbildenden Gl\u00e4sern, endliche Blickwinkel wie w h w\u2018r ber\u00fccksichtigen will, wird man durch die Verzeichnung gest\u00f6rt, die auf die Gr\u00f6fsen-und Formverh\u00e4ltnisse kleiner seitlicher Gegenst\u00e4nde einen sehr merkbaren Einflufs aus\u00fcben. Auf diese Verh\u00e4ltnisse ist zuerst M. v. Rohe eingegangen (5.52\u201456). Bei starken Anisometropien wTird dadurch, wde man sieht, das Problem sehr verwickelt.\nBei den h\u00f6chsten Anisometropiegraden, die wdr gew\u00f6hnlich noch mit dem Erfolg des binokularen Sehens korrigieren k\u00f6nnen,\nZeitschr. f. Sinnespkysiol. 49.\t23","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nH. Erggelet.\nzeigen die Netzhautbilder ein Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis von 0,9879 ; 0,989 ; 0,9895. Hingegen stellt sich die Gr\u00f6fsendifferenz bei der einseitigen Aphakie in der Regel als recht erheblich dar. Waren beide Augen vor der Extraktion emmetropisch, so ergibt sich folgende \u00dcberlegung. Durch den Verlust der Linse sinkt die Brechkraft des Auges von 58,64 dptr auf 43,03 dptr (d. h. sie ist beschr\u00e4nkt auf die der Hornhaut). Die Bildgr\u00f6fse nimmt also zu, und zwar erreicht sie das l,362fache derjenigen des emme-tropischen Auges. Dabei m\u00fcfste wieder der zweite Hauptpunkt des Starglases in den vorderen Brennpunkt des aphakischen Auges gesetzt werden, also 23,23 mm vom Hornhautscheitel entfernt. Da in praxi das Glas weniger weit, etwa nur 12 mm entfernt zu sein pflegt, so erh\u00e4lt die Brechkraft einen h\u00f6heren Wert, und zwar besitzt bei einem Glas von -f- 13,0 dptr (+ 10,0 dptr) die Kombination 49,31 (47,86) dptr Brechkraft. Das Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis der Netzhautbilder vermindert sich dementsprechend auf 1,19 (bzw. 1,23).\nDer geringe Gr\u00f6fsenunterschied bei den gew\u00f6hnlichen Grenzf\u00e4llen der Anisometropie kann also wohl nicht das Hindernis abgeben, das die h\u00f6heren Grade von der Korrektion ausschliefst, da die gewaltige Differenz bei der Aphakie, wenn auch nur in Ausnahmef\u00e4llen noch ein Verschmelzen zul\u00e4fst, vorausgesetzt, dafs die Richtungsunterschiede \u00fcberwindbar sind. Aufser bei zentraler Blickrichtung gelang die Vereinigung in dem erw\u00e4hnten Versuch auch beim Blick nach links. Die hier erforderliche Augenbewegung bedeutet eine Konvergenzvermehrung, die nat\u00fcrlich keine Schwierigkeiten macht. In den \u00fcbrigen Richtungen des Blickfeldes kam so gut wie keine Vereinigung zustande. Der Blick nach rechts bringt f\u00fcr die Augenmuskeln die Aufgabe einer Divergenzbewregung, die f\u00fcr ein normales Augenpaar ihre Grenzen hat. Nach oben werden Verschiedenheiten der H\u00f6henlage der Gesichtslinien notwendig, um Doppelbilder zu vermeiden. Der HELMHOLTzsche Erhebungswinkel ist hier f\u00fcr beide Augen verschieden. Es liegen jetzt Verh\u00e4ltnisse vor, wie sie einleitend (S. 342) besprochen wurden. Der Umfang der zum Ausgleich n\u00f6tigen Augenbewegung ist viel enger begrenzt.\nDie bei dem vorliegenden Problem als erschwerende Momente in Betracht kommenden anomalen Augenbewegungen sind der Willk\u00fcr entzogen. \u00dcber sie liegen bis jetzt nur wenige Untersuchungen vor. Die grundlegenden Arbeiten von Hof-","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n347\nManx und Bielschowsky (1.) beschr\u00e4nken sich auf den Blick geradeaus. Bei der Anisometropie ergeben sich indessen, wie wir gesehen haben, die Unterschiede in der Lage der Augenachsen gerade in den Aufsenteilen des Blickfeldes und sind in der Peripherie am gr\u00f6fsten. Hegner (2.) dehnte die Erforschung der vor allem wichtigen Vertikaldivergenz aus auf das Blickfeld und fand eine gesetzm\u00e4fsige Verteilung der \u00fcberwindbaren H\u00f6henfehler. Beide Arbeiten konnten einen gewissen Einflufs der Gew\u00f6hnung feststellen.\nDie HEG-NEBsche Anlage sucht rein der F\u00e4higkeit des Augenmuskelapparats zur Einnahme von H\u00f6hendivergenzen nachzugehen. Es besteht nicht die Absicht, Verh\u00e4ltnisse der Anisometropie experimentell anzugreifen. Demgem\u00e4fs soll nur die Lage des Fixationspunktes f\u00fcr jedes Auge eine verschiedene H\u00f6he erhalten. In der von Hegnek angewendeten Versuchsanordnung bleiben die Halbbilder von gleicher absoluter Gr\u00f6fse. Die Zulassung von gr\u00f6fseren Blickwendungen \u00e4ndert an der scheinbaren Gr\u00f6fse des Versuchsobjektes nur sehr wenig. F\u00fcr den besonderen Fall der Verschiebung eines Gegenstandes senkrecht nach oben in der Medianebene ergeben sich folgende Gr\u00f6fsenschwankungen, wenn wir die den HEGNEBschen Versuchen zugrunde liegenden Werte verwenden.\nDas Objekt hat die absolute Gr\u00f6fse d = 20 mm und liegt s, = 397,5 mm vom Augendrehpunkt entfernt, also = 387,5 mm von der Pupille. Seine scheinbare Gr\u00f6fse wird somit ausgedr\u00fcckt durch\nSchiebt man den Versuchsgegenstand um hs = 105 mm senkrecht in die H\u00f6he, so \u00e4ndert sich nat\u00fcrlich die Entfernung seines unteren Endes vom Augendrehpunkt, die sich ermittelt zu\nSs = y hE2 + s0-\nSs = y 1052 -j- 397,52 = 411,14 mm\nZugleich erscheint das d nicht mehr in seiner urspr\u00fcnglichen Gr\u00f6fse, sondern nur als seine Projektion p.\nd'XSo\n23*","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nH. Erggelet.\nDer Winkel, unter dem dieses p von der Pupillenmitte aus gesehen wird, ist nat\u00fcrlich kleiner als der Winkel, unter dem das Objekt \u00fcber der Mitte des Blickfeldes erscheint. Seine Tangente ergibt sich aus der Formel\ntg a\u00a3 =\nP\n(Se 10)\t%\n-, wobei p = dy^cos s\ndXs0\nSe\nund x\nd'X\u00dfi\nSa\nist, zu 0,0476\nund die Tangenten verhalten sich zueinander wie\ntg aa _ 0,0476 _\t_\ntg cc0 0,0516\nSo \u00e4ndert sich also der Gesichtswinkel, unter dem das Objekt jeweils gesehen wird, bei seiner Verwendung in den verschiedenen Teilen des Blickfeldes. Aufserdem aber folgt aus der verschiedenen H\u00f6henstellung der zwrei Halbbilder gegeneinander im Versuch ein gewisser Gr\u00f6fsenunterschied des jedem Auge gebotenen Bildes. Soll z. B. *der absolute H\u00f6henunterschied h = 30 mm betragen, wie er in den Versuchen vorkommt, so erscheint das etwa dem rechten Auge zugeh\u00f6rige in der Mitte des Blickfeldes stehende Objekt d, wie wir gesehen haben, unter einem Winkel aor, dessen Tangente gleich ist 0,0516. Das linke, 30 mm h\u00f6her stehende Objekt ergibt einen Gesichtswinkel a\u00a3^())h dessen Tangente sich berechnet zu 0,05112. Das Gr\u00f6fsenver-h\u00e4ltnis stellt sich zu\ntg d\u00a3(zo)i tg (%or\n0,05112\n0,0516\n0,9904\nDieser Wert liegt unterhalb des Maximums desjenigen Gr\u00f6fsen-unterschiedes, den wir in der Regel noch zu den vollauskorrigier-baren Anisometropien rechnen (vgl. Tabelle S. 345). Am oberen Rande des Blickfeldes bei gleichem absolutem H\u00f6henunterschied finden wir ganz entsjDrechend :\ntg ae(io5)r =0,0476; tg a\u00a3^b)i = 0,04551 tg ae(i3\u00df)i\t0,04551\ntg ae(l\u00fc5)r '\t0,0476\t5\nDamit ist die Grenze des Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnisses \u00fcberschritten, wie es bei vollkorrigierbaren Anisometropien vorliegt. Dafs trotzdem Gr\u00f6fsenunterschiede anscheinend gar nicht auffielen bzw. dafs die Vereinigung der Halbbilder gelang, w\u00fcrde der","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n349\neingangs ausgesprochenen Anschauung durchaus recht geben, dafs n\u00e4mlich nicht die Unterschiede der Bildgr\u00f6fsen, sondern die der Erhebungswinkel beider Augen es sind, die das zwei\u00e4ugige Ein l achsehen vollkorrigierter hochgradiger Anisometropen verhindert.\nBei der Korrektion ametropischer Augen durch einfache verzeichnende Brillengl\u00e4ser gehen die Ver\u00e4nderungen der Netz-hautbildgr\u00f6fse Hand in Hand mit der Richtungs\u00e4nderung zur Achse geneigter Hauptstrahlen. Je h\u00f6her der Ametropiegrad, desto ausgiebiger die Gr\u00f6fsen\u00e4nderung und desto st\u00e4rker die Richtungs\u00e4nderung, die Hauptstrahlen gleicher augenseitiger Neigung erfahren. Die entsprechenden Unterschiede zwischen den beiden Augen bei der Anisometropie wachsen nat\u00fcrlich mit dem Refraktionsunterschiede. Aufserdem wird auch ein bestimmter Refraktionsunterschied bei einer niedrigen Ametropie andere Bildgr\u00f6fsendifferenzen und Richtungsunterschiede erzeugen als derselbe absolute Refraktionsunterschied bei einer hohen Ametropie.\nWill man als Emmetrop experimentelle Untersuchungen \u00fcber diese Verh\u00e4ltnisse anstellen, so m\u00fcfste man, um genau die Verh\u00e4ltnisse der Wirklichkeit nachzuahmen, etwa mit Hilfe einer ganzen Serie von FiCKschen Kontaktgl\u00e4sern sich eine Anisometropie von stufenweiser zunehmender Grofse und in verschiedenen Refraktionsbezirken verschaffen. Aus verschiedenen Gr\u00fcnden sind derartige Versuche auf ein enges Gebiet beschr\u00e4nkt. Auch ist der Preis der Gl\u00e4ser, besonders der mit Skleralteil versehenen, recht hoch. Es gibt indessen noch ein anderes Mittel, die Strahlenrichtungen nachzuahmen, und zwar, indem man noch den allen sph\u00e4risch begrenzten Brillen anhaftenden Fehler der Verzeichnung ausschaltet. Dieses Mittel liefert der photographische Apparat.\nStellt man sich einen anisometropischen Brillentr\u00e4ger vor, dessen Gl\u00e4ser von Verzeichnung frei sein sollen, so liefern sie ihm von einem gen\u00fcgend entfernten Objekt zwei stereoskopisch verschiedene Perspektiven, die den beiden Augen unter verschiedenen augenseitigen Neigungswinkeln w'i < w\u2018r dargeboten werden. Die Aufnahme derselben Landschaft mit einer modernen Zwillingskamera liefert dann zusammengeh\u00f6rige, d. h. stereoskopisch-\u00e4hnliche Perspektiven1 gleichen Mafsstabes, sobald die\n1 Dabei ist unter dem leider vieldeutigen Wort Perspektive hier wie","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nH. Erggelet.\nEintrittspupillen der beiden Objektive mit den Orten der beiden scheinbaren Augendrehpunkte zusammenfallen. Es macht nun gar keine Schwierigkeit, von den Negativen durch nachtr\u00e4gliche Vergr\u00f6fserung zwei Positive herzustellen, die unter den vorgeschriebenen Winkeln w\\ und iv\u2018r w\\ < w'r zu betrachten sind. Durch diese Hilfsmittel erh\u00e4lt man eine genaue Kopie des Strahlenganges im Augenraume, wie er herrschen w\u00fcrde, wrenn die Brillengl\u00e4ser nicht verzeichneten.\nBetrachtet man aber eines dieser Halbbilder unter ge\u00e4nderten, von dem anderen verschiedenen Winkeln, so erh\u00e4lt man eben den Fall der Anisometropie, und zwar unter den Bedingungen abwesender Verzeichnung. Es versteht sich von selbst, dafs man diese verzeichnungsfreie Versuchsanordnung zun\u00e4chst w\u00e4hlen wird, um in Analogie mit anderen Experimenten das einfachere vor dem schwierigeren zu erledigen.\nDie Ber\u00fccksichtigung der durch die Brillengl\u00e4ser eingef\u00fchrten Verzeichnung l\u00e4fst sich sp\u00e4ter sehr wohl \u2014 wenn auch mit einer abge\u00e4nderten Versuchsanordnung \u2014 mittelst Photogrammen erreichen, die durch die Brillengl\u00e4ser hindurch (bei negativen) bzw. mit den Brillengl\u00e4sern als photographischen Objektiven (bei positiven Brillen) aufgenommen worden sind.\nDie Winkel\u00e4nderung bei den zun\u00e4chst orthoskopiseh angenommenen Halbbildern l\u00e4fst sich sehr einfach durch eine Ann\u00e4herung eines Halbbildes erm\u00f6glichen. Mit ihr wird sich eine Akkomodations\u00e4nderung einstellen, die als in der Natur nicht vorhanden vermieden werden m\u00fcfste. Dies liefse sich im Scheiner- und WheATSTONEschen Sinne durch enge Abblendung der Augenpupille erreichen. Nur m\u00fcfste, da hier ja das Blicken studiert werden soll, die enge Blende auf einem FiCKschen Kontaktglas angebracht werden. Es sei gleich hier bemerkt, dafs man die aus der Abblendung folgende Lichtschw\u00e4chung des einen Auges f\u00fcr das andere Auge durch einen halb durchsichtigen\noben auch das zweifach (d. h. nach oben und unten, sowie nach rechts und links) ausdehnte Strahlenb\u00fcschel verstanden, das sowohl einen jeden Augendrehpunkt (bei der Beobachtung) wie eine jede Eintrittspupille eines photographischen Objektivs (bei der Aufnahme) durchsetzt. Irgend eine zur Hauptblickrichtung bzw. zur Achse des photographischen Objektivs senkrechte Ebene schneidet eine \u201eebene Perspektive\u201c aus, die sich allein durch den Mafsstab von allen anderen der gleichen Entstehungsart unterscheidet.","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n351\nSpiegel herbeif\u00fchren k\u00f6nnte, der grofse Bequemlichkeiten f\u00fcr die Ausrichtung des ahgelenkten Halbbildes bieten w\u00fcrde. F\u00fcr den Leser der nachstehend mitgeteilten und auch ausgef\u00fchrten Versuchsanordnung werden diese Andeutungen gen\u00fcgen.\nTats\u00e4chlich stellt sich der Verwirklichung dieser Versuchsanlage die Schwierigkeit entgegen, die \u00fcberhaupt mit der Verwendung FiCKscher Kontaktgl\u00e4ser verbunden ist. Deshalb war diese Art der Ausschaltung der Akkommodationsschwierigkeiten nicht durchf\u00fchrbar.\nDie Schwierigkeiten der Akkommodation wird man zwTeck-m\u00e4fsig dadurch \u00fcberwinden, dafs man die den Augen des Untersuchers dargebotenen Halbbilder in so grofsem Mafsstabe ausf\u00fchrt, dafs der Betrachtungsabstand eine f\u00fcr die \u00fcblichen Spiegelstereoskope ungew\u00f6hnliche L\u00e4nge erh\u00e4lt.\nGewifs kann man mit einer solchen Untersuchung hoffen, den Bedingungen n\u00e4her zu kommen, unter denen Anisometropen die Aufsenwelt beobachten. Eine Entscheidung dar\u00fcber aber, ob die Verschiedenheit der Netzhautbildgr\u00f6fse oder die Richtungsverschiedenheit der Hauptstrahlen einen gr\u00f6fseren Anteil an den hier auf tretenden Schwierigkeiten hat, wdrd man auf diese Weise nicht erhalten. Dann m\u00fcfste man diese Einfl\u00fcsse gesondert studieren.\nEinmal m\u00fcfsten lediglich Richtungs\u00e4nderungen erzeugt werden bzw. Richtungsunterschiede zwischen den beiden Blicklinien bei gleichbleibender Netzhautbildgr\u00f6fse. Dabei wird man f\u00fcr die Gr\u00f6fse der im Zentrum des Blickfeldes \u00fcberwindbaren H\u00f6henunterschiede dieselben Werte erwarten, wie sie Hofmann und Bielschowsky (1.) fanden, individuelle Besonderheiten Vorbehalten. Sodann w\u00e4re der Einflufs der Gr\u00f6fsenunterschiede der Netzhautbilder ihrerseits wieder zu untersuchen, w\u00e4hrend im ganzen Blickfeld zwischen den beiden Augen keine Richtungsverschiedenheiten Vorkommen. Untersuchungen dieser Art liegen bis jetzt nicht vor, da nicht einmal das Instrumentarium daf\u00fcr zur Verf\u00fcgung steht. Es besteht jedoch die Absicht, die folgenden Versuche in den genannten Richtungen zu erg\u00e4nzen. Der Krieg hat sehr gehindert.\nDas hier behandelte Problem l\u00e4uft also auf die Frage hinaus, welcher Gr\u00f6fsenunterschied der beiden perspektivischen Bilder erlaubt eben noch die Verschmelzung zu einem einheitlichen und stereoskopischen Eindruck? Wheatstone (1. 386; \u00dcbers.","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nH. Erggelet.\nM. y. Rohr, S. 25) weist darauf hin, \u201edafs zwei Bilder verschiedenen Mafsstabes einen einfachen Eindruck ergeben\u201c . . . \u201eAnscheinend verschmelzen sie nicht, wenn die Ungleichheit der Bilder die \u00fcbertrifft, die zwischen den Projektionen desselben Objekts besteht, das mit der schiefsten Augenstellung (d. h. beide ganz nach rechts oder ganz nach links gewandt) im gew\u00f6hnlichen Gebrauch betrachtet wird.\u201c Die bemerkenswerte Tatsache, dafs die Fixation seitlich gelegener Objektpunkte notwendigerweise auf Netzhautbilder verschiedener Gr\u00f6fse f\u00fchren mufs, hat schon D\u00e9saguliers (1) 1717 klar ausgesprochen. Den Hinweis auf diesen Autor verdanke ich der G\u00fcte des Herrn Prof. v. Rohr.\nFig. 8.\nBeim Blick nach einem seitlich gelegenen Punkt S ist dessen Entfernung von den beiden Augen verschieden grofs.\tZp Zr die\nAugendrehpunkte. Hr die vorderen Augenhauptpunkte.\nWie grofs ist nun dieser Unterschied? Nehmen wir ein links seitlich gelegenes Objekt an (s. Fig. 8), das 250 mm vom rechten Augendrehpunkt Z'r entfernt sei, und zu dessen Fixation f\u00fcr das rechte Auge eine Seitenwendung von 35\u00b0 [50\u00b0] nach links erforderlich sei. Bei einer Augenbasis von 50 (72) mm betr\u00e4gt dann der Objektabstand f\u00fcrs linke Auge vom Augendrehpunkt 240,5 (239,5) [bzw. 235,4 (232,1)] mm. Im allgemeinen w\u00fcrde man hier unter Akkommodationsschwierigkeiten zu leiden haben, denen sich aber begegnen liefse, wenn man \u2014 was gelegentlich auch Ch. Wheatstoke vorschl\u00e4gt \u2014 enge Blenden dicht vor den Augen anbr\u00e4chte. Bedenkt man, dafs die nahe dem Fixationspunkte gelegenen Objektelemente auf der Netzhaut in einer","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n353\nGr\u00f6fse \u00dfir abgebildet werden, die proportional ist den Winkeln iVa, also umgekehrt proportional den Entfernungen air (= Hr$, H,.$),\nso erh\u00e4lt man ohne weiteres \u2014\nft\nSetzt man die ange-\nar\nft ai\nnommenen Werte\tein,\tso\tergeben sich\tfolgende\tGr\u00f6fsenverh\u00e4lt-\n\u00dfl\t.\tft.\nnisse \u2014\u2014 (in Klammer die reziproken Werte ):\nPr\tpl\nSeiten wen dungs winkel des\tAugenbasis\t\nrechten Auges\t50 mm\t72 mm\n35\u00b0\t1,042 (0,962)\t1,046 (0,956)\n50\u00b0\t1.065 (0,938)\t1.082 (0,925)\nInteressant ist ein Vergleich dieser Zahlen mit den Daten auf S. 345 sowie folgenden Werten, die aus den Diagrammen v. Rohrs (5. 16) zu entnehmen sind. Das Verh\u00e4ltnis der Bildgr\u00f6fse eines ametropischen Auges von \u2014 10,0 dptr Korrektionswert zu der eines emmetropischen betr\u00e4gt 1,074, wenn der augennahe Brillenscheitel vom Hornhautscheitel 7,304 mm entfernt ist, bzw. 0,934 bei einem Abstand von 21,424 mm. Dafs man Anisometropien von dieser H\u00f6he nicht voll auskorrigieren kann, d\u00fcrfte unbestritten sein. Das zugeh\u00f6rige Bildgr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis von 1,074 bzw. 0,934 (und deren Reziproke 0,9312 bzw. 1,0708) liegt noch v\u00f6llig im Bereich der bei den Seitenwendungen emmetropischer Augen im obigen Beispiel vorkommenden Werte. Also wird die Bildgr\u00f6fsen-differenz beim Anisometropiefall im allgemeinen nicht das Korrektionshindernis bilden. Noch viel weniger wird das der Fall sein bei den die korrigierbare H\u00f6he eben erst \u00fcberschreitenden Graden. Denn die Differenz bei der Seitenwendung geht weit\n\u00fcber die hinaus, die an der oberen Grenze der korrigierbaren\n\u2022 \u2022\nAnisometropie besteht (vgl. S. 345). Nach diesen \u00dcberlegungen m\u00f6chte man versucht sein, der Bildgr\u00f6fsendifferenz in unserer Frage fast von vornherein das geringere Gewicht beizulegen. Auch Hess (1.596) mifst der Netzhautbildgr\u00f6fse in unserer Frage nur geringe Bedeutung bei und weist ebenfalls auf die Entfer-nungs- und damit Bildgr\u00f6fsenunterschiede hin, die beim Lesen am Anfang und Ende der Zeile f\u00fcr die beiden Augen bestehen. Unter Bedingungen, wie sie an der genannten Stelle ange-","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nH. Erggeiet.\ngeben sind und wie sie sehr wohl Vorkommen k\u00f6nnen, erg\u00e4be sich ein Bildgr\u00f6fsenunterschied von 1/10.\nGegenstand der vorliegenden Arbeit sind Untersuchungen \u00fcber die Frage, bis zu welchem Gr\u00f6fsenunterschied der Halbbilder einer stereoskopischen Aufnahme erfolgt noch eine Verschmelzung zu einem einheitlichen (stereoskopischen?) Eindruck unter Ber\u00fccksichtigung eines Blickfeldes endlicher Ausdehnung.\nEs sollten die Halbbilder einer einwandfreien stereoskopischen Aufnahme im Stereoskop betrachtet und dabei eine Gr\u00f6fsen-\u00e4nderung des einen vorgenommen werden, ausgehend von einer Anordnung, die ein tautomorphes Raumbild gibt.\nZur Erkl\u00e4rung dieses Ausdrucks denkt man sich die Halbbilder von den Orten der Augendrehpunkte aus aufgenommen, in der richtigen Entfernung aufgestellt und von Z\u2018t, ZV aus die Schnittpunkte zusammengeh\u00f6riger Hauptstrahlen wt, wr aufgesucht. Dann folgt aus der Identit\u00e4t des Strahlenverlaufs mit dem bei der Betrachtung im beid\u00e4ugigen direkten Sehen geltenden ein mit dem Objekt kongruentes Raumbild, oder wie wir sagen ein tautomorphes. Bleiben die Winkel ivt, wr erhalten, wird dagegen die Aufnahmebasis PtPr zur Betrachtungsbasis Z\u2018t Z'r ver-\n\u00e4ndert, so ergibt sich ein im Verh\u00e4ltnis \u2014J ^ stehendes v\u00f6llig\nPl Pr\n\u00e4hnliches, wie wir sagen, hom\u00f6omorphes Raumbild [vgl. M. v. Rohr (2. 282)].\nAndern sich dagegen die Winkel w'ii&r bei der Betrachtung derart, dafs tg tv\u2018^r = xtg WitT, so ist das Raumbild porrhallaktisch\nZ\u2018 yj\nmit x-facher Tiefen\u00e4nderung, zu der nat\u00fcrlieh noch eine \u25a0 * -r\nPlPr\nentsprechende Verkleinerung oder Vergr\u00f6fserung tritt, wenn die Aufnahmebasis gr\u00f6fser oder kleiner war als die Augenbasis. M. v. Rohr hat genaue Betrachtungen \u00fcber diese Verh\u00e4ltnisse ver\u00f6ffentlicht in einer Arbeit \u00fcber den Doppelveranten (1.).\nDie zu den Versuchen verwendeten Bilder wurden mit einer stereoskopischen Kamera angefertigt, deren Objektive \u2014 Tessare von 9 mm Brennweite mit parallelen Achsen \u2014 eine einwandfrei Bildqualit\u00e4t gew\u00e4hrleisten, denn sie geben scharfe Bilder ohne Verzeichnung in dem benutzten Blickfeld.\nWird nun z. B. das rechte Halbbild vergr\u00f6fsert, so r\u00fcckt ein senkrecht \u00fcber dem Mittelpunkt liegender Punkt nach oben. Der entsprechende des linken Halbbildes bleibt nat\u00fcrlich stehen.","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"355\nEin Beitrag zur Frage der Anisometropie.\nDie beiden Hauptstrahlen Z\\ 0\u2018wi und Z\u2018r 0\u2018wr schneiden also einander nicht mehr, sie laufen im Raume aneinander vorbei, sie sind windschief zueinander. Ein physikalisches Raumbild besteht also nicht mehr. Wohl aber weifs man aus Erfahrung, dafs sich \u2014 mindestens bei geringen Mafsstab\u00e4nderungen des einen Halbbildes \u2014 ein einheitlicher stereoskopischer Eindruck ergibt.\nDaraus folgt, dafs \u2014 mindestens innerhalb der Gr\u00f6fse des PANUMschen korrespondierenden Empfindungskreises (vgl. S. 331) \u2014 die Augenachse mit dem windschiefen Hauptstrahl \u00fcbereinstimmt. Wir sehen also mit zwei verschiedenen Erhebungswinkeln, und darin, in ihrer Ber\u00fccksichtigung f\u00fcr ein Blickfeld scheint uns das Neue dieser Arbeit zu liegen, mit der wir uns der Theorie der nicht physikalischen, sondern nur physiologischen Instrumente n\u00e4hern. So riesige Verbreitung gerade diese physiologischen binokularen Instrumente besitzen, vor allem in Form der Brille, so beschr\u00e4nkt sind die Kenntnisse f\u00fcr das Sehen mit denselben. Es ist das Verdienst M. v. Rohrs, mit Nachdruck auf diese L\u00fccke unseres Wissens hingezeigt zu haben. [Siehe v. Rohr (5. 112) sowie 0. Henker und M. v. Rohr (1.).]\nDie beiden Halbbildpunkte desselben Objekts m\u00fcssen also von den beiden Augen gleichzeitig fixiert werden, wenn ein einheitlicher Eindruck sich ergeben soll. Die Lage der Fixations-punkte fordert zu diesem Zweck von der rechten Blicklinie allein eine Erhebung, w\u00e4hrend die linke feststehen bleibt. Je weiter man vom Mittelpunkt nach der Peripherie geht, um so gr\u00f6fser wird bei einer gegebenen Mafsstabsdifferenz der Winkelunterschied zwischen den beiden Blicklinien. Andererseits je gr\u00f6fser der Mafsstabsunterschied, desto gr\u00f6fser der Winkelunterschied ein- und desselben Objektjmnktes in den beiden Halbbildern. Geht dieser Winkelunterschied \u00fcber eine gewisse Gr\u00f6fse hinaus, so versagt der Bewegungsapparat der Augen und es kommt zu Doppelbildern. Dieser Grenzwert ist zu bestimmen.\nDie gleiche \u00dcberlegung und Fragestellung ist auch f\u00fcr die \u00fcbrigen Richtungen des Blickfeldes durchzuf\u00fchren. Dabei begegnet man nach unten den gleichen Verh\u00e4ltnissen wie oben. Beim Blick nach rechts wird eine Bewegung im Sinne einer Divergenz erforderlich, die wohl meist in einem h\u00f6heren Grade als die eines Unterschiedes der H\u00f6henlage m\u00f6glich, aber immer noch begrenzt ist. Anders nach links hin. Hier handelt es sich um eine","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nH. Erggdet.\nKonvergenz, der besondere Hindernisse nat\u00fcrlich nicht im Wege stehen. In den dazwischen hegenden Richtungen nach rechts oben, nach links oben, nach rechts unten und links unten finden wir die Kombination eines Erhebungs- und eines Seitenwendungswinkels in verschiedenem Verh\u00e4ltnis. Dementsprechend erfolgt die Einstellbewegung als das Ergebnis einer Vertikal- und einer Horizontalverschiebung der rechten Blicklinie. Man darf annehmen, dafs die Summe beider einen gewissen Wert nicht \u00fcberschreiten kann oder, dafs das Maximum einer H\u00f6heneinstellung nur dann geleistet wird, wenn die seitliche Komponente gleich null wird. Oder noch anders ausgedr\u00fcckt, die \u00fcberwindbare H\u00f6hendifferenz wird um so kleiner ausfallen, je gr\u00f6fser eine gleichzeitig geforderte Divergenz- oder Konvergenzbewegung ist. Die Begrenzung des bei einer gegebenen Mafsstabsdifferenz einfach gesehenen Blickfeldes d\u00fcrfte demnach vielleicht nach der einen Seite weiter sein als nach der anderen. Die Verkleinerung des rechten Halbbildes kehrt den Sinn der Einstellbewegungen um. Beim Blick nach oben oder unten bleibt nat\u00fcrlich ein reiner H\u00f6henunterschied. Nun mufs das rechte Auge beim Blick nach oben gegen\u00fcber der normalen Ausgangsstellung etwas Zur\u00fcckbleiben, also einen kleineren Erhebungswinkel beschreiben als das linke. Das gleiche gilt beim Blick nach unten. Die Grenzen nach oben und unten werden bei der Verkleinerung rechts die gleichen sein wie bei der Vergr\u00f6fserung rechts, jeweils denselben Mafsstabunter-unterschied zwischen rechts und links vorausgesetzt. Der Blick nach rechts erfordert jetzt eine Konvergenz-, der nach links eine Divergenzbewegung zum Ausgleich.\nMit Linsen arbeitende Stereoskope (wom\u00f6glich exzentrisch benutzten) wie das B\u00dfEwsTERsche, waren angesichts dieser Aufgabe sowie auch mit R\u00fccksicht auf die Forderung eines tauto-morphen Raumbildes in der Ausgangsstellung von vornherein ausgeschlossen.1 Die notwendige rechnerische Bestimmung der durch die Linsen verursachten Richtungs\u00e4nderung n\u00e4mlich w\u00e4re\n1 Am besten w\u00fcrde man die Betrachtungslinsen mit einer an den theoretischen Augendrehpunkt gestellten Blende versehen und als photographische Objektive mit Vorderblende zur Herstellung der Halbbilder verwenden. F\u00fcr richtig angeordnete Augendrehpunkte w\u00fcrden dann alle Verzeichnungsfehler aufgehoben werden. Das Prinzip dieser Anordnung geht zur\u00fcck auf Goddaro (1.) und Bow (1., 2.) (s. dazu M. v. Rohr (2.), wo auch der mir nicht zug\u00e4ngliche Goddabd zitiert ist).","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n357\nzwar f\u00fcr einen einzelnen Objektpunkt ohne weiteres durchf\u00fchrbar. Sehr schwierig aber oder vielmehr kaum erreichbar w\u00e4re die mit voller Strenge aufzustellende Forderung, den Augendrehpunkt genau an diesen Ort zu bringen und ihn festzuhalten. Bei der notwendigerweise kurz zu w\u00e4hlenden Entfernung dieses Punktes von der Linse erg\u00e4ben die gar nicht vermeidbaren, wenn auch noch so kleinen Verschiebungen des Augendrehpunktes schon Winkelfehler, die sicherlich von mindestens gleicher Gr\u00f6fsen-ordnung sein w\u00fcrden wie die zu bestimmenden Winkel. Aus diesem Grunde konnte auch der Doppelverant nicht verwendet werden bei diesen messenden Versuchen, obwohl sein Linsensystem in viel h\u00f6herem Mafse einwandfrei (punktuell abbildend) ist, und die Beziehung zwischen den Koordinaten objektseitiger und der ihnen entsprechenden bildseitigen Richtungen f\u00fcr die einzelnen Punkte eines Halbbildes durch eine sehr einfache Rechnung ermittelt werden kann.\nEin zweiter Grund, der die Verwendung von Linsenstereoskopen verbot, ist die Unm\u00f6glichkeit kontinuierlicher Gr\u00f6fsen-variationen, zumal ohne Unterbrechung der Beobachtung. Sonst h\u00e4tte man daran denken k\u00f6nnen, eine Anzahl von Kopien in verschiedenem Mafsstab aus gleicher Entfernung zu betrachten. Eine kontinuierliche \u00c4nderung durch Verschieben ein- und desselben Plalbbildes liefs sich nicht bewerkstelligen, weil dazu auch eine Ver\u00e4nderung der Brennweite der Linsen n\u00f6tig gewesen w\u00e4re.\nSo wird man auf das linsenlose und darum besonders leicht zu behandelnde WiiEATSTOKEsche Spiegelstereoskop verwiesen, das in unserer Zeit wohl nicht die Beachtung gefunden hat, die ihm f\u00fcr die Vornahme physiologischer Studien zukommt. Bei diesem Instrument vereinfacht sich die Messung dadurch, dafs an Stelle der Winkel lineare Abst\u00e4nde auf dem Bild gemessen werden, aus denen sich die Winkel werte mittels einer sehr einfachen Rechnung ergeben. Auch ist man bei den ebenen Spiegeln unabh\u00e4ngig von den Fehlern und von st\u00f6renden Eigenschaften der Linsen wie Astigmatismus schiefer B\u00fcschel, \u00c4nderung der Refraktion bei schiefer Benutzung, Richtungs\u00e4nderung und Verzeichnung. Ausgehend von einer Stellung, die bei Herbeif\u00fchrung der Winkel Wi und wr ein tautomorphes Raumbild vermittelt, ist eines der Halbbilder durch Vor- und Zur\u00fcckschieben in seiner scheinbaren Gr\u00f6fse f\u00fcrs Auge zu ver\u00e4ndern.","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nH. Erggelet.\nDiese Anordnung erfordert nun erstens, falls die \u00fcbliche Gr\u00f6fse des Apparates zur Verwendung gelangt, einen ungleichen Akkommodationsgrad beider Augen, zweitens eine Trennung der gew\u00f6hnlichen Kuppelung zwischen Akkommodation und Konvergenz. Es mufs deshalb, um m\u00f6glichst der Wirklichkeit entsprechende und einfache Versuchsbedingungen zu schaffen, ein Apparat von grofsen Dimensionen gew\u00e4hlt werden. Die Halbbilder erhalten so ein recht grofses Format. Der Betrachtungsabstand wird dementsprechend grofs, so dafs die Akkommodation so gut wie fortf\u00e4llt und ohne Zwang mit parallelen Blicklinien beobachtet werden kann. Werden Bilder in einer Entfernung von 1 m gestellt, wie es bei tats\u00e4chlich ausgef\u00fchrten Versuchen geschah, so kann die erforderliche Akkommodation von 1 dptr wohl vernachl\u00e4ssigt werden, ebenso die diesem Akkommodationsgrad zugeh\u00f6rige Konvergenz von etw^a 4\u00b0 (je nach dem Augenabstand), zumal wenn der Vp. die Trennung von Akkommodation und Konvergenz in weitem Umfang gel\u00e4ufig ist. Die Ann\u00e4herung entsprechend grofser Papierbilder im Versuch w\u00fcrde indessen wieder eine h\u00f6here Nahanpassung als 1 dptr auf dem einen Auge erfordern und damit ungleiche Akkommodation. Die Schwierigkeiten, die der Ausf\u00fchrung der Versuche im Wege standen, wurden \u00fcberwunden mit Hilfe einer Anordnung, bei der einem der Halbbilder innerhalb gen\u00fcgend weiter Grenzen eine stetige Gr\u00f6fsen\u00e4nderung erteilt werden konnte. Ich werde diese Einrichtung das Anisometropie-Stereoskop nennen.\nBei der Herstellung bediente ich mich eines Apparates, den Herr Dr. Henker, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Firma Carl Zeiss, zu anderen Zwecken konstruiert hatte und mir in bereitwilligster Weise zur Verf\u00fcgung stellte. Daf\u00fcr, wie auch f\u00fcr die \u00dcberlassung der erforderlichen technischen Hilfsmittel und des Sch\u00e4ffersaales, in dem die Versuche ausgef\u00fchrt wurden, m\u00f6chte ich an dieser Stelle Herrn Dr. Henker meinen verbindlichsten Dank aussprechen. Es handelte sich n\u00e4mlich s. Zt. um die Herstellung eines Vari-Projektionsapparats, der auf einem festen durchscheinenden Schirm ein bestimmtes Diapositiv in variabler Gr\u00f6fse abbildete. Es sollte damit die perspektivische Wirkung von Brillengl\u00e4sern auf das im direkten Sehen gewonnene Raumbild vorgef\u00fchrt werden. Und das geschah am besten mit einer Einrichtung, bei der Diapositiv und Projektslinse von dem Projektionsschirm entfernt werden konnten.","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"359\nEin Beitrag zur Frage der Anisometropie.\nDer genannte Apparat besteht aus einem auf Schienen in der Richtung der Achse verschiebbaren Projektionsapparat, dessen Diapositivrahmen bei Verschiebungen des ganzen Apparates seinerseits wieder dem Objektiv in der Richtung der Achse gen\u00e4hert oder von ihm entfernt wird und zwar um solche Betr\u00e4ge, dafs das entworfene Bild dauernd an ein und demselben Ort im Raum stehen bleibt, w\u00e4hrend seine Gr\u00f6fse sich allm\u00e4hlich ver\u00e4ndert. Die relativen Bewegungen des Diapositivs zur Linse werden selbstt\u00e4tig durch eine zwangsl\u00e4ufige Kuppelung bewirkt.\nL R\nFig. 9.\nSchematische Darstellung des Anisometropiestereoskops im Grundrifs.\nL, R linkes, rechtes Auge. Der fahrbare Projektionsapparat Pr entwirft ein der Gr\u00f6fse nach ver\u00e4nderliches Bild auf dem Schirm Er. lJl der feste Projektionsapparat, Et der zugeh\u00f6rige Schirm. Vor dem linken Auge steht der belegte Planspiegel S, durch den das Halbbild Bt Bl des linken Schirmes El als virtuelles Bild Bt\u2018 Bj in die Ebene Er abgebildet wird.\nAuf einem richtig aufgestellten Schirm hat man also immer ein scharfes Bild in beliebiger Gr\u00f6fse. Das mit diesem Apparat entworfene Halbbild wird dem rechten Auge direkt geboten. Die","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nH. Erggelet.\nZusammensetzung des Anisometropie - Stereoskops ging in folgender Weise vor sich : Der soeben geschilderte HENKERsche Apparat wurde zusammengebaut mit einem zweiten einfachen Projektionsapparat zu einem riesigen Spiegelstereoskop (s. Fig. 9). Das linke Bild entwirft der zweite feste Projektionsapparat in unver\u00e4nderlicher Gr\u00f6fse auf einen Schirm, der links seitlich vom Beobachter im rechten Winkel zum ersten steht. Dieses Bild betrachtet das linke Auge mit Hilfe eines in 45\u00b0 Neigung zum Schirm vor dem Auge aufgestellten kleinen Spiegels.\nAls Projektionsschirm dienen starke gute Spiegelscheiben, die auf einer Seite mit Seidenpapier \u00fcberzogen sind. Sie stellen eine hinreichend ebene starre Fl\u00e4che dar, auf der sich exakt einstellen l\u00e4fst, und die auch das Anlegen eines Mafsstabes gestattet, ohne sich im geringsten zu verschieben. (Das Gewicht und die Kosten der Platten bestimmen eine obere Grenze f\u00fcr die Wahl der Vergr\u00f6fserung und damit des Beobachtungsabstandes.)\nDie Justierung des ganzen, zu den DovEschen1 Modifikationen des W HEATSTONEschen Spiegelstereoskops geh\u00f6renden Apparates ist von aufserordentlicher Wichtigkeit. Sie des n\u00e4heren zu schildern er\u00fcbrigt sich hier. Es gen\u00fcgt zu sagen, dafs grunds\u00e4tzliche Schwierigkeiten der praktischen Ausf\u00fchrung nicht im Wege stehen.\nVersuche mit dieser Anordnung werden also die Verschmelzung von Halbbildern zum Gegenstand haben mit den besonderen Bedingungen, dafs zu gleicher Zeit die Bildgr\u00f6fse auf der Netzhaut und die Blickwinkel f\u00fcr ein Einzelauge abge\u00e4ndert werden, so dafs sie vom anderen Auge ab weichen. Mit den Verh\u00e4ltnissen, wie sie bei anisometropischen Augen unter Vollkorrektion sich finden, besteht somit eine gewisse \u00c4hnlichkeit, aber nicht Gleichheit. Die gegenseitige Beziehung der Bild-gr\u00f6fsenunterschiede und der Richtungsverschiedenheiten ist nicht dieselbe wie unter der Brille, weil sie beim brillenbewaffneten Auge aufserordentlich wandelbar ist. Sie h\u00e4ngt ab von verschiedenen, in der Praxis sehr wechselvollen Faktoren, von denen der Refraktionszustand der beiden Augen, die Linsenform, -dicke und -brechkraft, sowie der Abstand des\n1 Siehe Dove (1., S. 186), Spiegelstereoskop f\u00fcr 2 Bilder mit einem Metallspiegel oder Ableseprisma.","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n361\nGlases vom Auge zu nennen sind. Einen grunds\u00e4tzlichen Unterschied bildet die Verzeichnung. Denn unsere Brillen sind als einfache Linsen mit einer Hinterblende im endlichen Abstand s\u00e4mtlich mit Verzeichnung behaftet. Bei der hier beschriebenen Versuchsanordnung hingegen f\u00e4llt dieser Fehler v\u00f6llig weg, weil nur mit ebenen Spiegeln und vollkommenen Photogrammen gearbeitet wird. Die Vp. mufs gleiche und ann\u00e4hernd emmetropische Augen haben. Daher steht sie im allgemeinen zum erstemal vor der Aufgabe, H\u00f6henfehler zu \u00fcberwinden f\u00fcr die Zeit der Versuchsdauer. Das ist ein weiterer wichtiger Unterschied gegen\u00fcber einem anisometropischen Brillentr\u00e4ger.\nDie Beschr\u00e4nkung und Besonderheiten der Versuchsbedingungen werden zu beachten sein bei der praktischen Ausf\u00fchrung und der Beurteilung der Ergebnisse, \u00fcber die sp\u00e4ter ausf\u00fchrlich berichtet werden wird.\nVersuche nach den hier auseinandergesetzten Vorgehen sind ausgef\u00fchrt worden. Ihre Ergebnisse laufen einmal auf das hinaus, was nach den hier angestellten \u00dcberlegungen erwartet werden mufste. Insbesondere scheint doch wohl die Verschmelzung von verschieden grofsen Bildern in etwas weiterem Umfang zu gelingen, als sie bei der Anisometropie f\u00fcr gew\u00f6hnlich als obere Grenze angesehen wird. Dann aber zeigen sie auf Schritt und Tritt die grofse Bedeutung, welche der Art der zugrunde gelegten Objekte zukommt.\nF\u00fcr das lebhafte Interesse und f\u00f6rdernde Wohlwollen, dessen ich mich bei dieser Arbeit zu erfreuen hatte, m\u00f6chte ich an dieser Stelle Herrn Prof. Stock und Herrn Prof. v. Rohe meinen herzlichsten Dank aussprechen. Die Anregung zu dieser Arbeit ging von Herrn Prof. v. Rohe aus. Ihm bin ich auch f\u00fcr wertvolle H\u00fclfe bei der Einarbeitung in die optischen Fragen in hohem Mafse verpflichtet.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. -19.\n24","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nH. Erggelet.\nLiteratur.\nBielschowsky, A. (1.) siehe Hofmann, F. B. (1.).\nBjebke, K. (1.), Ein neues Probiergestell. (Akten gedruckt f. d. XII. internationalen ophthal. Kongrefs St. Petersburg 1914, T. II. 226.) Ref.: Klin. Monatsbl. f. Augenh. 55, 187. 1915.\nBow, H. R. (1.), On photographic distortion (Read at a meeting of the Edinburgh Photogr. Soc. Nov. 6th 1861). The Brit. Journ. of Photogr. 8, 417\u2014419, 440\u2014442. 1861.\n\u2014, \u2014 (2.), To make an absolutely correct camera copy of a chart by means of a single distorting lens. The Brit. Journ. of Photogr. 10, 421\u2014422. 1863.\n\u2014, \u2014 (3.), The Stereoscope. The Brit. Journ. of Photogr. 11, No. 248, 54\u201455; No. 252, 111\u2014112; No. 257, 174\u2014175; No. 263, 260\u2014261; No. 266, 299-300; No. 267, 315-316. 1865.\nCzapski, S. (1.), Grundz\u00fcge der Theorie der optischen Instrumente nach Abbe, II. Auf!., unter Mitwirkung des Verf.s und mit Beitr\u00e4gen von M. von Rohr, herausgegeben von O. Eppenstein. Sonderabdruck aus A. Winkelmanns Handbuch der Physik 6, 1\u2014479. Leipzig, J. A. Barth. 1904.\nD\u00e9saguliers, J. Th. (1.), An Experiment to confirm the Doctrine of Refran-gibility. (1717 P.) Phil. Trans, abbr., 1700\u20141720; 4, 181\u2014184 mit Figuren auf Tafel III, S. 182. (Eine \u00dcbersetzung wird in K\u00fcrze aus der Feder M. von Rohrs in der Zeitschrift f\u00fcr Instrumentenkunde erscheinen.)\nDote, H. W. (1.), Darstellung der Farbenlehre und optische Studien. VIII, 292 S. 8\u00b0 mit 2 lithogr. Figurentafeln. Berlin, G. W. F. M\u00fcller. 1853.\nErggelet, H. (1.), Zur Korrektion der einseitigen Aphakie. Zeitschr. f. ophth. Optik 1, 33\u201442 ; 65\u201473. 1913/4.\nGoddard, J. T. (1.), Method of viewing distorted photographs so as to see them undistorted. Phot. Not. 4, S. 204. Zit. nach M. von Rohr (2). 1859.\nGrussendorf, Th. (1.), Untersuchungen \u00fcber den binokularen Sehakt bei einseitiger Aphakie. Inaug.-Diss. G\u00f6ttingen 1899.\nGullstrand, A. (1.), s. unter H. v. Helmholtz.\nHegner, C. A. (1.), Zur Raumerf\u00fcllung durch Brillengl\u00e4ser. Ber. \u00fcber die 37. Vers, der ophth. Ges. Heidelberg. 59\u201464 mit 4 Textfiguren. 1911.\n\u2014, \u2014 (2.), Zur Verteilung der \u00fcberwindbaren H\u00f6henfehler im Blickfeld. Habilitationsschrift. 87\tS., gr. 8\u00b0 mit 13 Textfiguren. Jena,\nA. K\u00e4mpfe. 1912.\n\u2014, \u2014 (3.), \u00dcber ein neues Brillensystem zur Korrektion einseitiger Aphakie. Klin. Monatsbl. f. Augenh. 50 (I) = 13, 273\u2014278 mit 1 Textabb. 1912.\nHelmholtz, H. von, (1.), Handb. d. physiol. Optik, III. Aufl., erg\u00e4nzt und herausgegeben in Gemeinschaft mit Prof. Dr. A. G\u00fcllstrand und Prof. Dr. J. von Kries und Prof. Dr. W. Nagel. Erster Band. XVI, 376 S., Lex. 8\u00b0 mit 146 Textfiguren. Hamburg u. Leipzig, L. Voss. 1909.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie.\n363\nHenker, 0. und von Rohr, M. (1.), \u00dcber binokulare Lupen schwacher und mittlerer Vergr\u00f6fserung. Zeitschr. f. Instrumentent 29, 280\u2014286. 1909.\nHess, C. (1.), Die Refraktion und Akkommodation des menschlichen Auges und ihre Anomalien. Graefe-Saemischs Handbuch der ges. Augenh. 8, III. Aufl., Kap. 12, 596. IX, 618 S., gr. 8\u00b0 mit 105 Textfignren und 4 Tafeln. 1910.\nHofmann, F. B. und Bielschowsky, A. (1.), \u00dcber die der Willk\u00fcr entzogenen Fusionsbewegungen der Augen. Archiv f. die ges. Physiologie 80, 1\u201440.\t1900.\nLoewenstein, A. (1.), \u00dcber die Korrektion der einseitigen Aphakie durch die RoHRsche Anisometropbrille. Zeitschr. f. ophth. Optik 1, 97\u201499. 1913.\nMandelstamm, L. (1.), Beitrag zur Lehre von der Lage der korrespondierenden Netzhautpunkte. Arch. f. Ophth. 18, 133\u2014141. 1872. '*\nMarx, E. und Trendelenburg, W. (1.), \u00dcber die Genauigkeit der Einstellung des Auges beim Fixieren. Zeitschr. f. Sinnesphys. 45, 87\u2014102 mit 1 Figurentafel. J. R. Ewald. 1911.\nRohr, M. von (1.), Die Theorie des Doppelveranten, eines Instruments zur korrekten Betrachtung von Stereogrammen und Paaren identischer Bilder. 16. Sept. Zeitschr. f. icissenscli. Photographie, Photophysik und Photochemie 2, 336\u2014351 mit 5 Abb. im Text. 1904.\n\u2014\t(2.), \u00dcber perspektivische Darstellungen und die H\u00fclfsmittel zu ihrem Ver-\nst\u00e4ndnis. Zeitschrift f\u00fcr Instrumentenkunde 25, 293\u2014305, 329\u2014339, 361 bis 371. 1905.\n\u2014\t(3.), Das Sehen, s. S. Czapski. (1.)\n\u2014\t(4.), Zur Dioptrik des Auges. Erg. der Physiol, von L. Acher und\nK. Spiro 8, 541\u2014592 mit 22 Textliguren. 1909.\n\u2014\t(5.), Die Brille als optisches Instrument. IX, 172 S. gr. 8\u00b0 mit 48 Text-\nfiguren und 1 Tafel. Leipzig, W. Engelmann. 1911.\n\u2014\t(6.), Das Auge und die Brille. Aus Natur und Geisteswelt. Bd. 372. 1912.\n\u2014\t(7.), \u00dcber astigmatische Gl\u00e4ser mit punktueller Abbildung. Ber. \u00fcber d.\n38. Vers. d. ophth. Gesellschaft Heidelberg. 94\u201499. Mit 3 Fig. im Text und 2 Fig. auf Taf. 27. 1912.\n\u2014\tund Stock, W. (8.), \u00dcber eine Methode zur subjektiven Pr\u00fcfung von\nBrillen Wirkungen, v. Graefes Arch. f. Ophth. 83, 189\u2014205. 1912 und 84, 152\u2014163. 1913.\nSchmidt-Rimpler (1.), \u00dcber binokulares, stereoskopisches Sehen bei einseitiger Aphakie und einseitiger Sehschw\u00e4che unter Ber\u00fccksichtigung der Unfallgesetzgebung. Vortr. geh. a. d. 7. Vers. d. Nat. und \u00c4rzte in M\u00fcnchen. Wiener med. Wochenschr., No. 43, 1975\u201477. 1899.\nStock, W. (1.), siehe v. Rohr, M. (8.).\nTrendelenburg, W. (1.) siehe Marx, E. (1.).\nTourtual, C. Th. (1.), Die Dimension der Tiefe im freien Sehen und im stereoskopischen Bilde. X, 95 S. 8\u00b0 mit 2 Figurentafeln. M\u00fcnster, Coppenrath. 1842.\nWheatstone, Ch. (1.), Contributions to the physiology of vision. \u2014 Part the first. On some remarkable and hitherto unobserved phenomena of","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nH. Erggelet.\nbinocular vision. Received and read June 21., 1838. Philos. Transactions of the royal society of London 1838. Part II, 371\u2014394. Siehe die \u00dcbersetzung. Beitr\u00e4ge zur Physiologie der Gesichtswahrnehmung. Erster Teil. \u00dcber einige bemerkenswerte und bisher nicht beobachtete Erscheinungen beim beid\u00e4ugigen Sehen. M. von Rohe. Abhandlungen zur Geschichte des Stereoskops. Ostwalds Klassiker der exakten Naturwissenschaften, No. 168. Leipzig, W. Engelmann. 1908.\nWolff, H. (1.), Korrektion der Anisometropie bei Aphakie mittelst eines Zeifsischen zweigliedrigen Linsensystems. Zeitschr. f. Augenheilk. 28, 149\u2014150. 1912.","page":364}],"identifier":"lit33677","issued":"1916","language":"de","pages":"326-364","startpages":"326","title":"Ein Beitrag zur Frage der Anisometropie: Methodisch-experimentelle Betrachtungen","type":"Journal Article","volume":"49"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:40:11.093461+00:00"}