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{"created":"2022-01-31T16:39:42.089011+00:00","id":"lit33690","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Oppolzer, Egon Ritter von","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 29: 183-203","fulltext":[{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"183\nGrundz\u00fcge einer Farbentheorie.\nVon\nProf. Dr. Egon Ritter von Oppolzer, Innsbruck.\nI. Abschnitt.\nAllgemeine Grundlagen.\n\u00a71. Einleitung.\nNennen wir eine Elementarempfindung eine Empfindung, die auf eine Erregung einer einzelnen Opticusfaser hin im Be-wufstsein rege wird, so nimmt die hier nun zu er\u00f6rternde Farbentheorie an, dafs die Empfindung einer Farbe nur dann eintritt, wenn wenigstens zwei Elementarempfindungen verschmolzen in das Bewufstsein treten, und dafs sofort jede Farbenempfindung aufh\u00f6rt, wenn bei der Reizung blofs eine Elementarempfindung psychisch wirkt. Im letzteren Falle tritt die farblose Grau-Weifsempfindung, die in der Folge immer als die Weifsempfindung kurzweg bezeichnet werden soll, auf. Die Empfindung der Farbe entsteht durch Zusammenwirken wenigstens zweier farbloser Empfindungen, aber in Folge der Verschmelzung dieser gelangt die zusammengesetzte Natur der Farbenempfindung nicht direct zur Beobachtung. Zwei oder mehrere Elementarempfindungen m\u00fcssen n\u00e4mlich immer vollst\u00e4ndig verschmelzen, wenn ein bestimmter Reiz stets gleichzeitig diese isolirten Erregungen hervorruft ; denn es ist dann eine psychische Trennung ausgeschlossen. Kann ein Reiz aber auch blos eine einzige von diesen erregen und die anderen unerregt lassen, so wird dann beim Zusammenwirken der Elementarempfindungen die Verschmelzung nicht mehr so vollkommen eintreten. Aus diesem Grunde wird man annehmen m\u00fcssen, dafs im Gebiete der Gesichtsempfindungen, das scheinbar so einheitliche Empfindungen aufweist, die Elementarempfindungen nur \u00e4ufserst selten isolirt Vorkommen. Soweit ich die Er-","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nEgon von Oppolzer.\nseheinungen \u00fcberblicke, gen\u00fcgt es f\u00fcr unser normales Farbensystem blos drei Elementarempfindungen anzunebmen und alle Farbenempfindungen auf die verschiedenen St\u00e4rkenverh\u00e4ltnisse, mit welchen sie gegenseitig ins Bewufstsein treten, zur\u00fcckzuf\u00fchren. Die Farbe verdankt ihre Entstehung nach dieser Auffassung einer inneren Gegens\u00e4tzlichkeit, die je st\u00e4rker entwickelt eine st\u00e4rkere S\u00e4ttigung und aufgehoben die Weifsempfindung nach sich zieht.\nIm ersten Momente d\u00fcrfte es sonderbar erscheinen, eine farbige Empfindung aus blos farblosen enstehen zu lassen. Sobald man aber die rein psychischen Vorg\u00e4nge von den physikalischen zu trennen versteht, schwindet das Sonderbare. Unter AVeifsempfindung verstehen wir nicht die Empfindung eines weifsen Objectes, sondern eines inneren Vorganges. Durch h\u00e4ufige Auseinandersetzungen mit Farbenblinden k\u00f6nnen wir ihre Farbenempfindungen nur deshalb bestimmen, weil die Farbenempfindungen von gewissen Gef\u00fchlen, \u00e4sthetischen Wirkungen, begleitet sind; aus der Uebereinstimmung dieser Wirkungen schliefsen wir auf das Vorhandensein desselben Empfindungsinhaltes. W\u00e4ren diese Begleitgef\u00fchle nicht vorhanden , so h\u00e4tte es \u00fcberhaupt gar keinen Sinn \u201emit einem Farbenblinden von der Farbe zu sprechen\u201c. Auf diese Weise erhalten wir die Gewifsheit, dafs ein total Farbenblinder nur farblose Helligkeiten, nur Weifsempfindungen besitzt. Seine Gesichtsempfindungen lassen sich als eine eindimensionale Mannigfaltigkeit auffassen; sie unterscheiden sich alle trotz des Reizes verschiedener physikalischer Qualit\u00e4ten (Wellenl\u00e4ngen) nur durch ihren St\u00e4rkegrad oder ihre Helligkeit. An und f\u00fcr sich k\u00f6nnte z. B. die Rothempfindung bei dem Totalfarbenblinden das ein-dimensionalabgestufte Empfindungsgebiet sein. Aber durch die Art, wie er seine Empfindungen beschreibt, was nur durch Angabe von \u00e4sthetischen Wirkungen m\u00f6glich ist, erhalten wir die Gewifsheit, dafs er alles so sieht, wie wir, wenn wir Kreide, Schnee, Tageslicht ansehen. In diesem Sinne meinen wir, dafs eine einzelne Optikusfaser nur farblose Empfindungen vermitteln kann, d. h. also, dafs jedweder Wellenl\u00e4ngenbezirk, der von uns als farbig bezeichnet wird, oder jedweder beliebig erleuchteter farbiger Gegenstand farblos empfunden wird. Das stets gleichzeitige Mit - Auftreten einer zweiten andersartigen Elementarempfindung mufs nun ein zweidimensionales Empfindungsgebiet","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n185\nschaffen; denn eine solche Doppelempfindung unterscheidet sich von einer anderen solchen durch zwei Bestimmungsst\u00fccke. durch ihre St\u00e4rke (Helligkeit) und durch ihre Zusammensetzung ; diese Dimension wird als Qualit\u00e4t zu bezeichnen sein, als die Farbe; erstere als die Quantit\u00e4t, als die Helligkeit. Wir erkl\u00e4ren also die Farbe nicht, indem wir wie die Young\u2019sehe und zum Theil auch die Hering\u2019sehe Theorie das, was der Farbenkreisel thut, auch in unser Auge verlegen, sondern basiren die Farbenempfindung ganz auf das Ph\u00e4nomen der Verschmelzung. Dieses allein ruft eben neue Dimensionen unseres Empfindungsgebietes hervor, es schafft Qualit\u00e4ten.\nDas Ph\u00e4nomen der Farbe wird hiernach in physiologischer Hinsicht ganz analog dem akustischen der Klangfarbe. Beide verdanken ihr Entstehen dem gleichzeitigen Auftreten mehrerer Elementarempfindungen. Grundton und Obert\u00f6ne erregen isolirte Nervenfasern und, da diese an und f\u00fcr sich farblosen T\u00f6ne im allgemeinen gleichzeitig auftreten, so tritt eine Verschmelzung zu einer einzigen Tonempfindung ein, die dann ,.gef\u00e4rbt\u201c erscheint. Die Verschmelzung wird jedoch nicht so vollkommen wie im Gebiete der Gesichtsempfindungen erfolgen, weil eben oft auch der Ton, der dem Oberton entspricht, ohne den Grundton auf unser Geh\u00f6rorgan fallen kann. W\u00fcrden alle Grundt\u00f6ne in der Natur das Intervall einer Octave umfassen, so w\u00fcrde ein Heraush\u00f6ren der Obert\u00f6ne, wie es ge\u00fcbte Ohren im Stande sind, unm\u00f6glich sein. Die Klangfarbe \u00e4ndert sich stetig, wenn die einzelnen Elementarempfindungen in verschiedener St\u00e4rke in die Empfindung eintreten und man ware dann ebenso berechtigt von einem Klangfarbenspectrum zu sprechen. So wird die folgende Theorie sich mit geringen Modificationen auch auf die Tonempfindungen anwenden lassen und \u00fcberhaupt auf alle Empfindungen, die durch Verschmelzung einzelner Elementarempfindungen entstehen; ja man wird sagen k\u00f6nnen, dafs in den seltensten F\u00e4llen reine Elementarempfindungen ins Bewufstsein treten, dafs fast jeder Reiz eine \u201eFarbe\u201c besitzt und von differenten Elementarempfindungen begleitet ist.1 Die folgenden Untersuchungen d\u00fcrften auch ein\n'ber\u00fccksichtigt man, dafs jede Empfindung stets von Gef\u00fchlen be gleitet ist, so w\u00fcrde sich aus der Verschmelzung dieser mit den Empfindungen nicht nur die Qualit\u00e4t, sondern auch die Modalit\u00e4t \u2014 nach Helm-HOLTz\u2019scher Terminologie erkl\u00e4ren.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nEgon von Oppolzer.\nMittel angeben das Auftreten reiner Elementarempfindungen zu erkennen, so dafs durch psychophysische Maafsmethoden die Mitwirkung mehrerer isolirter Fasern erschlossen werden kann.\nUm diese Auseinandersetzungen nun mathematisch zu\ntormuliren, m\u00fcssen noch einige Voraussetzungen eingef\u00fchrt werden :\nNennen wir die St\u00e4rken der Elementarempfindungen * \u00ab und \u00ab (das sind also die farblosen Helligkeiten, welche jede einzelne Elementarempfindung bei Ausschaltung der anderen zwei\nim Bewufstsem hervorrufen w\u00fcrde), so sei die resultirende Em-pnndung E\nE = x \u2022 e1 -J- y \u2022 e2 -f- 0 \u2022 e3,\nwo die elt e3, es die Einheiten der Elementarempfindungen, die den St\u00e4rken x, y und \u00bb entsprechen, bedeuten. Es wird hiermit eine additive Verkn\u00fcpfung der Elementarempfindungen vorausgesetzt analog derjenigen, welche bei der Bildung neuer Zahlen aus verschiedenen Einheiten besteht. Einer derartigen Voraussetzung d\u00fcrften keine ernstlichen Bedenken entgegenstehen-erstens liegt dasselbe Princip der Aufstellung der Farben-gleichungen zu Grunde und zweitens tritt bei der Vertheilung eines Reizes auf mehrere Elemente indifferenter Elementarempfindungen das additive Princip ein. Als indifferente Elementarempfindungen sind solche zu bezeichnen, welche gleichzeitig von demselben Reize verursacht nicht isolirt zum Centrum fortgeleitet werden. Da erfolgt schon eine Verschmelzung in physiologischer Hinsicht. Wenn z. B. mehrere Endapparate vom Reize getroffen werden und die Fortleitung einer einzigen aser uberlassen bleibt, so wird die Empfindungsst\u00e4rke proportional der Anzahl der Endapparate steigen ; es tritt also dann die reine algebraische Summation ein. Dies d\u00fcrfte dann das additive Princip bei isolirter Leitung, wo eine directe ummation nicht stattfinden kann, rechtfertigen. Es reten. eben dann wirklich mehrere Einheiten ins Bewufstsein, die mit einander nichts zu thun haben. Die resultirenden Empfindungen k\u00f6nnen bildlich als Zahlen von mehreren Einheiten aufgefafst werden, als \u201eh\u00f6here Zahlen\u201c, und dementsprechend ebenso geometrisch dargestellt und behandelt werden. So entspricht jeder normalen Farbenempfindung E ein Punkt im Raume, der auf ein rechtwinkliges Coordinatensystem bezogen durch die drei Coordinaten x, y und *, die drei Elementar-","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n187\nempfindungsst\u00e4rken oder Elementarhelligkeiten, fixirt ist. Daraus ergiebt sich sofort, dafs die St\u00e4rke der resultirenden Empfindung H durch die L\u00e4nge des Abstandes des Punktes JE vom Urspr\u00fcnge 0 des Coordinatensystems ermittelt werden kann. Wir wollen die Empfindungsst\u00e4rke mit dem Begriffe der Helligkeit identificiren. Die resultirende Helligkeit H ist also durch die Helligkeiten der Elementarempfindungen gegeben, wie folgt :\nH = Y x2 -f- y~ + 2'2.\nWir wollen daran festhalten, dafs Helligkeit in stets rein psychologischem Sinne gebraucht werden soll, im Gegens\u00e4tze zu dem nun bald auftretenden Begriffe Intensit\u00e4t, welcher nur in rein physikalischem Sinne verstanden werden soll.1 Ferner wird die Strecke OE, deren L\u00e4nge ein Maafs f\u00fcr die Helligkeit ist und die einen Vector vorstellt, eine Dichtung im Raume besitzen, die von dem gegenseitigen Verh\u00e4ltnisse der Elementarhelligkeiten x, y und z abh\u00e4ngt. Diese Richtung definirt die Qualit\u00e4t der Empfindung. Die Qualit\u00e4t selbst ist wieder eine zweifache Mannigfaltigkeit und, wie wir sp\u00e4ter sehen werden, liegen alle Empfindungsqualit\u00e4ten gleichen Tones in Ebenen, die gleicher S\u00e4ttigung in bestimmten Fl\u00e4chen.\nDiese Darstellung \u201eh\u00f6herer\u201c Empfindungen und ihre Zusammensetzung aus den einfachen Elementarempfindungen kann naturgem\u00e4fs auf alle anderen Sinnesgebiete \u00fcbertragen werden. Sie beruht auf der complexen Zusammensetzung differenter Elementarempfindungen und dr\u00fcckt das Princip, das ich das Princip der complexen Zusammensetzung differenter Elementarempfindungen nennen m\u00f6chte, aus. Dieses Princip gestattet nicht nur aus den Elementarempfindungen die Qualit\u00e4t der complexen Empfindung zu definiren, sondern auch ihre St\u00e4rke, ihre Helligkeit. Ferner zeigt es, dafs schon zwei Elementarerregungen ein ganzes Qualit\u00e4ts bereich schaffen. Eine Empfindung E, die durch zwei Elementarempfindungen (Dichromat) mit den St\u00e4rken x und y hervorgerufen wird, stellt sich als ein Punkt in der complexen Zahlenebene dar, dessen Coordinaten x und y sind, durch:\nE = x \u2022 e1 \u2014j\u2014 y \u2022 60 \u2022\nDen unendlich vielen durch den Ursprung gezogenen Geraden\n1 Es entspricht diese Bezeichnungsart auch der yon H. Ebbinghaus in\nseinen Grundz\u00fcgen der Psychologie angewendeten.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nEgon von Oppolzer.\nentspieehen ebensoviele Qualit\u00e4ten. Zwei Elementarempfindungen sind also im Stande bereits unendlich viele Qualit\u00e4ten im Be-wufstsein zu erzeugen, so dafs zwei isolirte Fasern hinreichen zur Fortpflanzung unendlich vieler Qualit\u00e4ten. Diese letzte Folgerung aus dem Principe wurde schon von mehreren Seiten (z. B. Mach) als ein specieller Satz ausgesprochen. Sie scheint im ersten Momente dem Satze der specifischen Sinnesenergien zuwiderzulaufen.\nEine weitere Grundlage f\u00fcr die mathematische Behandlung soll die Heranziehung des FncHNER\u2019schen Gesetzes schaffen. Ich nehme an, dafs das FECHNEE\u2019sche Gesetz f\u00fcr die Elementarempfindungen g\u00fcltig ist und glaube hiermit ganz im Fechner-schen Sinne zu handeln. Auf diese Weise gewinnen wir einen ganz bestimmten Zusammenhang zwischen den physikalischen Gr\u00f6fsen und den psychischen. Die Coordinaten x, y und *, die Elementarempfindungsst\u00e4rken, sind dann in einfacher Weise mit dem Logarithmus der Intensit\u00e4ten des reizenden Lichtes verkn\u00fcpft, hiermit wird aber auch eine einfache Beziehung dieser Logarithmen zu den Helligkeiten H und zu den Qualit\u00e4ten (dem Farbentone und der Farbens\u00e4ttigung) der Farbenempfindungen gewonnen. Man kann dann ersehen, dafs das FECHNER\u2019sche Gesetz f\u00fcr die Helligkeiten complexer Empfindungen nicht mehr strenge gilt, auch nicht das WEBER\u2019sche, ferner dafs durch Intensit\u00e4ts\u00e4nderungen Farbenton\u00e4nderungen und S\u00e4ttigungs\u00e4nderungen erfolgen m\u00fcssen. Bevor auf diese Folgerungen eingegangen wird, ist es doch vor Allen wegen des Begriffes der Lichtmischung noting auf das FECHNER\u2019sche Gesetz selbst einzugehen (\u00a7 3). Mischungen physikalischer Intensit\u00e4ten bewirken keineswegs Additionen der gemischten Elementarenrpfin-dungen ; schon das FECHNER\u2019sche Gesetz verbietet die Empfindungen zu addiren, wenn die Intensit\u00e4ten addirt werden. Es mufs demnach erst das Mischungsgesetz f\u00fcr eine Elementarempfindung aufgestellt werden ; dann wird aber die mathematische Formulirung der Mischung bei complexen Empfindungen keine principiellen Schwierigkeiten mehr bieten. Es m\u00fcssen ganz bestimmte Bedingungen zwischen den Constanten des Fechner-schen Gesetzes bestehen, auf dafs das NEWTON\u2019sche Mischungsgesetz erf\u00fcllt sei.\nWie die Young sehe Farbentheorie so f\u00fchrt auch die vorliegende auf drei Elementarempfindungen, unterscheidet sich","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n189\naber wesentlich in dem Punkte, dafs es weder Roth-, noch Gr\u00fcn-, noch Violettempfindende Nervenelemente giebt, sondern nur lichtempfindliche. Ferner m\u00fcssen nach unserer Theorie bei jeder Farbenempfindung mindestens zwei Erregungen gleichzeitig vorhanden sein. Dies scheint den bisher gewonnenen Resultaten zu widersprechen; sieht man sich n\u00e4mlich die Elementarempfindungscurven z. B. die K\u00f6mo\u2019schen an, so verschwinden in gewissen Partien des Spectrums zwei Erregungen und nur eine bleibt wirksam; man darf aber nicht vergessen, dafs diese Curven erstens keine wahren E mp fin dungs -curven sind, weil die Ordinaten Lichtintensit\u00e4ten z. B. Spaltbreiten und nicht Empfindungsgr\u00f6fsen vorstellen, ferner dafs die Curven unter der Voraussetzung gewonnen wurden, dafs die Endstrecken reine Elementarerregungen sind. Gerade dieser letztere Umstand widerspricht direct unserer Annahme. K\u00f6nig schliefst aus der Thatsache, dafs an den Endstrecken nur mehr Helligkeitsunterschiede und keine Ton\u00e4nderungen mehr wahrgenommen werden k\u00f6nnen, dafs hier nur mehr eine einzige Erregung vorhanden ist; nach den YouNG\u2019schen Vorstellungen ist dieser Schlufs nicht unberechtigt, doch macht K\u00f6nig selbst darauf aufmerksam dafs seine Annahme keineswegs nothwendig ist, sondern dafs \u201einnerhalb einer oder beider Endstrecken zwei Elementarempfindungen in constantem Verh\u00e4ltnisse erregt werden\u201c. Ja Helmholtz gelangt durch theoretische Betrachtungen auf Grund der K\u00d6NiG\u2019schen Resultate zu der Schlufsfolgerung 1 2, \u201edafs alle einfachen Farben die s\u00e4mmtlichen lichtempfindlichen Nervenelemente des trichromatischen Auges gleichzeitig und mit nur m\u00e4fsigen Intensit\u00e4tsunterschieden erregen\u201c. Diese Gleichzeitigkeit der Erregung, die ich als ein Postulat meiner Theorie betrachte, wird auch der allerdings nicht immer zuverl\u00e4ssigen inneren Beobachtung gerecht. Man versteht dann, dafs die Farbe von specifischen Wirkungen begleitet ist, \u201edie sich unmittelbar an das Sittliche anschliefsen\u201c, wie sich Goethe ausdr\u00fcckt. Gewisse Farben stimmen regsam, lebhaft, strebend, andere ruhig. Voll und ganz rein wirkt nur die Weifserregung, wo nach unserer Theorie keine Differenz der Elementarempfindungen empfunden wird, wo eben die drei Empfindungs-\n1\tK\u00f6nig u. Dieteeici. Diese Zeitschrift 4, S. 260.\t1892.\n2\tHelmholtz. Physiol. Optik, II. Aufl., S. 457. 1896.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nEgon von Oppolzer.\nst\u00e4rken der Elemente oder, wie wir uns auch ausdr\u00fcckten, die Elenientarhelligkeiten, untereinander gleich werden (x=y=e). Vom Standpunkte der inneren Anschauung ist also die farblose Weifsempfindung die einheitlichste und dies erkl\u00e4rt auch, weshalb Goethe sich der NEWTON\u2019schen Auffassung, dafs das weifse Licht aus den Farben zusammengesetzt sei, nicht anschliefsen kann ; es widerstrebt eben der Empfindung. Fassen wir die Farbe als einen Namen f\u00fcr die verschiedenen Lichtqualit\u00e4ten (Wellenl\u00e4ngen) auf \u2014 und dies thut Newton \u2014, so hat Newton zweifellos recht, ist sie aber ein Namen f\u00fcr den physiologischen Vorgang, so verliert Newton\u2019s Behauptung ihren Sinn. Nachdem aber Goethe die Farben als ein Ph\u00e4nomen in uns betrachtet, so beruht der ganze Streit nur darauf, dafs demselben Worte andere Vorstellungen zu Grunde gelegt werden. So bleibt die NEWTON\u2019sehe Farbenlehre in physikalischer Hinsicht wohl f\u00fcr ewige Zeiten wahr, sie ist ja nichts anderes als eine sehr vollkommene Beschreibung der Lichterscheinungen, indem sie die einzig richtigen Einheiten der Lichtqualit\u00e4ten (Spectralbezirke) aufdeckt. Die physikalische Seite der GoETHE\u2019schen Farbenlehre arbeitet ohne Elemente und ist deshalb wissenschaftlich unbrauchbar. Goethe widerstrebt es den Spalt anzuwenden, er h\u00e4lt dies f\u00fcr einen gek\u00fcnstelten Eingriff in die Natur, damit ist aber jede rationelle Erforschung ausgeschlossen.\nHingegen bietet der Theil, der sich mehr der inneren Anschauung zuwendet, grofses Interesse. Wir lernen da Goethe als feinen inneren Beobachter kennen, der wiederholt treffende Bemerkungen in physiologischer Hinsicht macht. Da verweise ich auf die Einleitung des ersten Bandes seiner Farbenlehre: \u201eDie Farbe sei die gesetzm\u00e4fsige Natur in Bezug auf den Sinn des Auges.\u201c Oder: \u201eDie Farbe sei ein elementares Naturph\u00e4nomen f\u00fcr den Sinn des Auges, das sich, wie die \u00fcbrigen alle, durch Trennung und Gegensatz, durch Mischung und Vereinigung, durch Erh\u00f6hung und Neutralisation, durch Mittheilung und Vertheilung und so weiter manifestirt, und unter diesen allgemeinen Naturformeln am besten angeschaut und begriffen werden kann.\u201c Diese wenigen, allerdings h\u00f6chst dunklen S\u00e4tze zeigen wohl zur Gen\u00fcge, dafs Goethe die Farbe in der That\nals ein rein psychologisches Ph\u00e4nomen auffafst, das auf innerer Gegens\u00e4tzlichkeit beruht.\nDadurch, dafs wir die Elementarempfindungen als farblos","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n191\nannehmen, fallen aber die von mehreren Seiten hervorgehobenen Schwierigkeiten gegen die Drei-Componententheorie weg, so erkl\u00e4rt sich die Farblosigkeit des monochromatischen Systems oder das Verschwinden der Farben bei sehr geringen Intensit\u00e4ten und kleinen Feldern fast von selbst. Die mathematische Ausbildung der Young\u2019sehen Theorie durch Helmholtz ist jedoch von der hier gegebenen total verschieden. Statt der Elementar empf in d\u00fcngen werden von ihm Elementarerregungen, die der Lichtintensit\u00e4t proportional angenommen werden, eingef\u00fchrt ; daher entbehren die Erregungen einer psychischen Bedeutung und k\u00f6nnen nur eine rein physiologische besitzen. Eine nothwendige Folge der Young\u2019sehen Theorie ist nat\u00fcrlich die, dafs die Empfindungen umso ges\u00e4ttigter werden, je mehr der Vorgang blofs auf Kosten einer Elementarerregung stattfindet; da tritt nach unserer Theorie die Weifsempfindung ein und wir werden sehen, dafs die ges\u00e4ttigten Farbent\u00f6ne die sind, wo sich die Elementarempfindungsst\u00e4rken x, y und z, wie 1:2:3 verhalten, beim Dichromaten , wie 1 :2. Dann ist n\u00e4mlich die Bedingung der gr\u00f6fsten Gegens\u00e4tzlichkeit unter den Eiernentarempfindungen erf\u00fcllt. Auch basirt Helmholtz seine Betrachtungen auf das Mischungsgesetz, das sich als nicht exact herausgestellt hat und auf die Grassmann\u2019sehen S\u00e4tze, die, wie wir ebenfalls sehen werden, nur theilweise G\u00fcltigkeit besitzen. So wird sich auch ergeben, dafs die Mischempfindung keineswegs allgemein auf der Verbindungsgeraden der Componenten liegen mufs.\n\u00a7 2. Die Farbenperception.\nUnsere Theorie erfordert mindestens drei Arten von Elementarempfindungen und diese Zahl scheint auch zur Erkl\u00e4rung der Gesichtsempfindungen zu gen\u00fcgen. Eine Elementarempfindung verdankt ihre Entstehung einer Erregung einer einzigen Opticusfaser. Da jeder Lichtreiz drei differente Elementarempfindungen aus-l\u00f6sen soll, so m\u00fcssen wir, wenn unsere Theorie nicht eine blos mathematische Beschreibung der Erscheinungen liefern soll, an benachbarten Stellen der Retina drei lichtempfindliche Elemente aufweisen, die auf denselben Lichtreiz in verschiedener St\u00e4rke reagiren, und deren Erregungen in drei benachbarten Opticusfasern getrennt fortschreiten.\nDie Pigmentepithelschicht mit ihrer tief dunklen die Lichtenergie verschluckenden F\u00e4rbung scheint der Ausgangspunkt des","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nEgon von Oppolzer.\nphysiologischen Vorganges zn sein. Allerdings ist die Anwesenheit des Pigmentes nicht zur Lichtempfindung n\u00f6thig, wie dies ja die Gesichtsempfindungen der albinotischen Augen darthun. Das wesentlichste Element in der Epithelschicht scheinen die Kristalle zu sein. Darauf deuten die Wanderungen dieser gegen die St\u00e4bchen und Zapfen hin, die erst eine Leitung zu den einzelnen Opticusfasern hersteilen, ferner auch die Messungen von K\u00f6nig und Zumft (Berlin, Sitzungsber., S. 167; 1894) \u00fcber den Ort der percipirenden Elemente. Sie finden die Dicke der percipirenden Schicht etwas dicker als die St\u00e4bchen- und Zapfenschicht.\nAlso in die Epithelschichte ragen die Zapfen \u2014 von den St\u00e4bchen wollen wir vor der Hand absehen, da sie in Folge ihres Fehlens in der farbenempfindlichen Netzhautgrube zur Farben-perception nicht n\u00f6thig sind \u2014 hinein. Diese Organe leiten die in der Epithelschichte ausgel\u00f6sten Ver\u00e4nderungen zu den Opticusfasern durch zwei Neuronen fort (siehe Geaefe - Saemisch, Handbuch der gesammten Augenheilkunde, II. Auf!., I. Bd., Kap. V, \u201edie mikroskopische Anatomie des Sehnerven und der Netzhaut\u201c (Geeef), S. 87; 1900). Nach neuesten Ergebnissen entspricht einem Zapfen in der Fovea nur eine einzige Ganglienzelle und auch nur eine Opticusfaser, so dafs vom Zapfen bis zur Opticusfaser eine isolirte Leitung besteht.\nUnsere Theorie verlangt drei differente Erregungen benachbarter Fasern, also auch nach eben angef\u00fchrten Resultaten auch drei differente Zapfen. Wir suchen daher eine chromatische Differenz zwischen benachbarten Zapfen. Gelingt der Nachweis, dafs benachbarte Zapfen verschiedene Lichtdurchl\u00e4ssigkeit f\u00fcr die verschiedenen Wellenl\u00e4ngen des Lichtes besitzen, so ist in Bezug auf den physiologischen und psychologischen Vorgang alles N\u00f6thige geleistet.\nIn der Retina des Hahns und der Taube ist dies sofort m\u00f6glich. Hier durchdringt das Licht, bevor es auf das Pigmentepithel f\u00e4llt, gef\u00e4rbte Oelk\u00fcgelchen. Es herrschen die drei Farbent\u00f6ne roth, gelb und gr\u00fcn vor. Diese K\u00fcgelchen filtriren das weifse Licht und bei homogenem Lichte wird das an den Zapfen haftende Pigmentepithel verschieden afficirt und mufs das Aufsenglied verschieden reizen, weil z. B. auffallendes gr\u00fcnes Licht durch das rothe K\u00fcgelchen stark, durch das gelbe schw\u00e4cher und das gr\u00fcne am schw\u00e4chsten absorbirt wird. In der Pigment-","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n193\nSchicht des Hahns oder der Taube werden daher benachbarte Zapfen durch auffallendes homogenes Licht in verschiedenen St\u00e4rken gereizt. Da die Retina der Wirbelthiere sonst eine auffallende Uebereinstimmung zeigt, so ist kaum anzunehmen, dafs einige Gattungen principielle Unterschiede bei der Entstehung der Farbenperception zeigen. So schliefse ich, dafs auch unsere Zapfen chromatisch differenzirt sind, benachbarte Zapfen m\u00fcssen f\u00fcr homogenes Licht verschiedene Durchl\u00e4ssigkeit auf weisen. Allerdings hat die bisherige Untersuchung der Zapfen ihre vollst\u00e4ndige Farblosigkeit ergeben, dies kann aber in der verg\u00e4nglichen Natur der Zapfenglieder oder vielleicht in der Untersuchungsmethode selbst liegen. Ich m\u00f6chte da auf die Zapfen-aussenglieder hinweisen, die aus Pl\u00e4ttchen mit Dicken von der Ordnung der Lichtwellenl\u00e4ngen bestehen. Das Aufsenglied, das mit einer stark brechenden Fl\u00fcssigkeit gef\u00fcllt ist, stellt eigentlich einen Plattensatz von d\u00fcnnen Pl\u00e4ttchen dar. Obwohl die Theorie eines solchen Plattensatzes noch nicht entwickelt ist, so l\u00e4fist sich doch aus der Theorie der einfachen d\u00fcnnen Pl\u00e4ttchen ersehen, dafs ein solcher Plattensatz geradezu wie ein exquisit vollkommener Strahlenfilter wirkt. Hat n\u00e4mlich das d\u00fcnne Pl\u00e4ttchen die Dicke einer bestimmten Wellenl\u00e4nge, so ergiebt die Theorie, dafs das Licht dieser Wellenl\u00e4nge vollst\u00e4ndig durchgelassen wird, dafs n\u00e4mlich f\u00fcr die betreffende Wellenl\u00e4nge das Reflexionsverm\u00f6gen thats\u00e4chlich Null wird, ein wohl h\u00f6chst sonderbares Resultat, auf das meines Wissens noch nicht deutlich hingewiesen wurde. Das Licht einer etwas differenten Wellenl\u00e4nge wird hingegen theilweise reflectirt und theilweise durchgelassen, so dafs es bei einer gr\u00f6fseren Anzahl von Pl\u00e4ttchen stark geschw\u00e4cht wird. Schliefslich bei sehr grofser Plattenzahl wird nur die homogene Farbe \u00fcbrig bleiben, deren Wellenl\u00e4nge der Dicke der Pl\u00e4ttchen \u00e4quivalent ist. Somit w\u00e4re in den Pl\u00e4ttchen der Zapfenaufsenglieder ein Strahlenfilter gefunden, der f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Farbenperception ausreichen k\u00f6nnte. Schon im Jahre 1867 hat Zenker1 diese Pl\u00e4ttchen zur Erkl\u00e4rung der Farbenperception herangezogen, allerdings in einem ganz anderen Sinne; er dachte sich, dafs dieselben zu stehenden Wellen Veranlassung geben, die direct percipirt werden, eine Annahme,\n1 Zenker. Versuch einer Theorie der Farbenperception. Archiv f\u00fcr\nmikroskopische Anatomie 3, S. 249. 1867.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 29.\n13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nEgon von Oppolzer.\nwelche wohl heute verworfen werden mufs. Ich m\u00f6chte noch auf eine \u00fcberraschende Thatsache hinweisen, welche meine Vermuth ung wesentlich verst\u00e4rkt : Herr Greee 1 giebt f\u00fcr die Dicke der menschlichen Aufsengliedpl\u00e4ttchen an, dafs sie zwischen\n0,00045 und 0,0006 mm\nvariirt, w\u00e4hrend die Wellenl\u00e4ngen des sichtbaren Spectrums in auff\u00e4lliger Weise zwischen fast gleichen Grenzen:\n0,00039 und 0,00069 mm liegen. Fassen wir alles \u00fcber die Farbenperception gesagte kurz zusammen, so geht sie folgendermaafsen vor sich :\nDas durch die Linse und den Glask\u00f6rper dringende im Allgemeinen gemischte Licht erreicht schliefslich die Aufsenglieder der Zapfen, hier erleidet es eine von Zapfen zu Zapfen verschiedene Durchsiebung und f\u00e4llt chromatisch und der Intensit\u00e4t nach verschieden auf die, stark alle sichtbaren Strahlen ab-sorbirende, Pigmentepithelschicht ; diese wird durch die qualitativ und quantitativ verschiedenen Strahlen in verschieden starker Weise in der Umgebung der Zapfen afficirt z. B. lichtelektrisch beeinflufst und reizt durch die H\u00fcllen der Zapfenglieder die benachbarten Zapfen in verschiedener St\u00e4rke, und diese Reizungen pflanzen sich nun in verschiedenen Optikusfasern isolirt bis zum Centrum fort. Jede Faser ruft im Bewufstsein eine Elementarempfindung hervor und diese Elementarempfindungen treten verschmolzen \u00fcber die Schwelle.\nDie Function der St\u00e4bchen w\u00fcrde nach der hier gegebenen Theorie der Farbenperception ungef\u00e4hr in Uebereinstimmung mit den herrschenden Ansichten sein. Ihre im Vergleiche zu den benachbarten Zapfen mindestens um das dreifache gr\u00f6fsere L\u00e4nge des Aufsengliedes vergr\u00f6fsert nat\u00fcrlich die Oberfl\u00e4che auf das Neunfache und erm\u00f6glicht nicht nur ein tieferes Eindringen, sondern auch eine ausgiebigere Ber\u00fchrung mit der reizenden Epithelschicht, die den Lichtreiz zuerst einleitet; allerdings scheint diese hierdurch entstehende Erh\u00f6hung der Lichtempfindlichkeit auf Kosten der Farbenempfindlichkeit gewonnen zu werden. Denn dort, wo die St\u00e4bchen auftreten, findet man, dafs die Erregungen nicht mehr isolirt zu den Fasern fortgeleitet werden, sondern dafs mehreren St\u00e4bchen eine Ganglienzelle und\n1 Greef. Handbuch der gesammten Augenheilkunde (Graefe-Saemisch) II. Auflage, Bd. I, S. 105. 1900.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n195\nauch eine Faser entspricht, dafs eine Concentrirung des Lichtreizes auftritt; nach unserer Theorie mufs hierdurch die Farbenempfindung wesentlich herabgesetzt werden, da dann nicht immer alle benachbarten Elemente differente Erregungen erzeugen k\u00f6nnen. So ist es leicht begreiflich, dafs ein Herabgehen der Sehsch\u00e4rfe, die ja mit der Concentrirung innig zusammenh\u00e4ngt, ebenso innig mit einer Herabsetzung der Farbenempfindlichkeit Hand in Hand gehen mufs (peripheres Sehen). Auff\u00e4llig erscheint, dafs bei den St\u00e4bchen die Pl\u00e4ttchen des Aufsengliedes ebenso entwickelt erscheinen, so dafs die St\u00e4bchen wohl auch farbenpercipirend wirken werden. Hoch wird hier die Perception anders erfolgen durch den die Aufsenglieder erf\u00fcllenden lichtempfindlichen Sehpurpur. Durch diesen ist eigentlich ein fundamentaler Unterschied zwischen der Wirkungsweise der Zapfen, die ihn nicht enthalten, und der der St\u00e4bchen geschaffen. Seine Anwesenheit scheint noch zur Erh\u00f6hung der Lichtempfindlichkeit beizutragen, die bei den Zapfen nur durch das Pigmentepithel erzeugt wird. Der Sehpurpur ist durch die Einwirkungen des Lichtes starken Ver\u00e4nderungen unterworfen, w\u00e4hrend das Zapfenaufsenglied mit einer stark licht-brechenden , gegen die Lichteinwirkung indifferenten Substanz erf\u00fcllt ist; dies legt den Gedanken nahe, dafs sowohl die Farbenais Liehtperception der St\u00e4bchen schneller von statten geht, daf\u00fcr aber auch weniger pr\u00e4cise und mit langsamerer Regeneration. Die St\u00e4bchen scheinen rasch und sehr lichtempfindlich die Gesichtswahrnehmungen in roher Weise zu vermitteln, w\u00e4hrend den Z\u00e4pfchen dann die feinere Analyse des Wahrgenommenen \u00fcberlassen bleibt. So werden auch die Erm\u00fcdungserscheinungen zuerst in den durch das Licht beeinfiufsten St\u00e4bchen platzgreifen. Aus diesem Grunde werden Nachtthiere zum Vortheil mit St\u00e4bchen, Tagthiere mit Z\u00e4pfchen und St\u00e4bchen ausgestattet sein.\n\u00a73. Das FECHNE\u00df\u2019sche Gesetz.\nWir wollen die FECHNE\u00df\u2019sche psychophysische Fundamentalformel f\u00fcr die Elementarempfindungen als g\u00fcltig annehmen; es d\u00fcrfte jedoch angezeigt erscheinen auf ihre Ableitung einzugehen, weil nur dann die Bedeutung der in ihr auftretenden zwei Constanten klargelegt werden kann ; \u00fcberdies ist sie in letzter Zeit zum Theil berechtigten, zum Theil aber auch ganz\n-unberechtigten Einw\u00fcrfen ausgesetzt gewesen, so dafs ihrer An-\n13*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nEgon von Oppolzer.\nWendung nicht mehr das n\u00f6thige Vertrauen entgegengebracht wird, um einer mathematischen Farbentheorie als Grundlage zu dienen.\nWenn ich zwei gleich grofse, von homogenem Lichte erleuchtete Felder ansehe, so kann ich eine Entscheidung treffen, ob das eine heller oder dunkler wie das andere ist; ich kann auch beide f\u00fcr gleich hell erkl\u00e4ren; auch kann ich ein drittes Feld zwischen die beiden ersten geben und dessen Beleuchtung so reguliren, dafs es bez\u00fcglich seiner Helligkeit ebenso weit von dem ersten wie von dem zweiten abzustehen scheint; ich werde sagen, dafs ich auf die Helligkeitsmitte eingestellt habe; das heifst soviel, als dafs ich den Helligkeitsunterschied zwischen dem ersten und dritten, ferner dem dritten und zweiten als gleichgrofs empfinde. Nun kann ich noch ein viertes heranziehen und dieses auf die Helligkeitsmitte von eins und drei einstellen. Her Helligkeitsunterschied zwischen eins und vier wird dann als der vierte Theil des urspr\u00fcnglichen (eins-zwei) betrachtet. Die Theilung kann weiter fortgesetzt werden und schliefslich kann ich einen beliebigen Theil als Einheit des Helligkeitsunterschiedes w\u00e4hlen; wird mir eine ganz andere Helligkeit vorgelegt, die in meiner Leihe noch nicht vorkommt, so kann ich die Anzahl Einheiten und eventuelle Bruchtheile angeben, welche auf diese neue Helligkeit kommen. Das ist aber nichts anderes als ein Messen der Empfindungsgr\u00f6fsen, die bei Elementarempfindungen farblose Helligkeiten sind. Allen Helligkeiten kann ich durch physikalische Messung Intensit\u00e4ten zuordnen und da zeigt sich, dafs gleichen Helligkeitsunterschieden sehr nahe gleiche Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse entsprechen, dafs weiters mit der Gr\u00f6fse des Helligkeitsunterschiedes das Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnifs sehr nahe in einer ganz bestimmten Weise variirt und diese Variation sehr nahe durch die logarithmische Function ausgedr\u00fcckt werden kann. Es kann der Helligkeitsunterschied sehr nahe\nx \u2014 x \u2014 A log -j,\ngesetzt werden, wo A eine von der Helligkeit unabh\u00e4ngige Constante und die I und T die den Helligkeiten x und x zugeordneten Lichtintensit\u00e4ten bedeuten sollen. Das sind nackte Er-fahrungsthatsachen, die sich nicht hinwegleugnen lassen. Bekanntlich haben photometrische Messungen der rein gesch\u00e4tzten Sterngr\u00f6fsen, die also reine und zwar kleine E mp fin-","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n197\ndungsgr\u00f6fsen sind, die G\u00fcltigkeit des Gesetzes in \u00fcberraschenderweise f\u00fcr ein Intensit\u00e4tsintervall von 1\u20144000 best\u00e4tigt.\nEin zweites Erfahrungsgesetz ist das WEBER\u2019sche. Bezeichnen wir den ebenmerklichen Helligkeitsunterschied, der bei dem In-\njk i ^ jk\ntensit\u00e4tsverh\u00e4ltnifs \u2014----------- eintritt mit A so ist nach\nJ-k\nWeber f\u00fcr alle A xk der Werth\nAi\ni\nconstant, der Unterschieds-\nschwelle heifst und mit s bezeichnet werden m\u00f6ge. Es bestehen also die Gleichungen :\nA *1 = A log (l +\t=\nf\nA x2 = A log | l +\nAi\nI,\nA log (1 -j- s) A log (1 s)\nA Xn = A log [l =\t= A log (1 + s)\nL\u00e4fst das obige Helligkeitsintervall x \u2014 x sich durch n Helligkeitsstufen A Xk ausf\u00fcllen, so ist :\nx x \u25a0\u2014 Ai X} \u2014j-- Xq \u2014{\u2014 . . . \u2014|\u2014 ^A xn = n A log (1 \u2014j\u2014 s),\nworaus folgt, dafs der Helligkeitsunterschied auch durch die Anzahl der in dem Intensit\u00e4tsintervall m\u00f6glichen ebenmerklichen Helligkeitsstufen gemessen werden kann. Her Helligkeitsunterschied ist der Anzahl der Stufen proportional. Da wir einen beliebigen Helligkeitsunterschied als Einheit w\u00e4hlen k\u00f6nnen, so k\u00f6nnen wir als Einheit den bei einer Stufe n = 1 eintretenden Unterschied w\u00e4hlen und\n1 = 1 ' A log (1 -f- s) setzen; hieraus ergiebt sich\nA =\n1\nlog (1 + s)\noder sehr nahe =\n1\n0,43429\n1\ns\nDie Constante A, es ist die im WEBEE\u2019schen Gesetze auftretende, ist der Unterschiedsschwelle umgekehrt proportional und kann daher sehr nahe als die Unterschiedsempfindlichkeit angesehen werden; wir wollen sie in der Folge kurzweg die Empfindlichkeit der Elementarempfindung x benennen. W\u00e4hlt man eine andere Einheit f\u00fcr die Helligkeitsunterschiede, so ist die Constante A der Unterschiedsempfindlichkeit proportional. Differenzirt man das FECHNER\u2019sche Gesetz, so erh\u00e4lt man den","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nEgon von Oppolzer,\nEinflufs einer kleinen Steigerung der Intensit\u00e4t auf die Helligkeit, man findet dann den Helligkeitszuwachs :\nAI\nA# = 0,4343 \u2022 A \u2022\nI\nHieraus ersieht man deutlich, dafs die Constante A die eben bemerkte Bedeutung besitzt; denn sie giebt an, in welcher St\u00e4rke\nA I\ndie Helligkeit auf eine procentuale Intensit\u00e4ts\u00e4nderung\njl\nreagirt. Uebrigens gebt diese Bedeutung der Constanten A ganz deutlich aus Ableitungen des FECHNERschen Gesetzes, die von anderer Seite1 gemacht wurden und sich mit der folgenden fast decken, hervor.\nIn\nL\nn \u2014 1\nL\nTragen wir uns auf der Geraden 0A\" vom Punkte 0' alle ebenmerklichen Intensit\u00e4ts\u00e4nderungen i auf, wenn die Intensit\u00e4t von I0 bis zu einem Werthe In an w\u00e4chst, so erhalten wir z. B. n Intensit\u00e4tsintervalle i(),\t, 4 . . . in_ x, so dafs\nIo + G \u201cf~ 4 + h + \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 + ii-i = In\nist. Die reizende Intensit\u00e4t der ersten Stufe heifse II, die der zweiten I2 u. s. w., so ist\n11\t= Io + ?0\n12\t= Ix -j- ix\n: In\u20141 -j\u201c In\u20141. k \u2014 0, 1, 2 . . ., n \u2014 1\nNach Weber ist\n4\n1 z. B. Wiener. Die Empfindungseinheit zum Messen der Empfindungsst\u00e4rke. Wied. Ann. 47, S. 659; 1892. \u2014 Oder G. F. Lipps. Grundrifs der Psychophysik (G\u00f6schen, Nr. 98), S. 49; 1899.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n199\neine Constante und ihre Einf\u00fchrung in die eben aufgestellten Gleichungen ergiebt :\n11\t= J0( 1+S)\n12\t=ia i + *)\nIn \u2014 G\u20141 (1 + +\nworaus durch successive Elimination folgt :\nh \u2014 G (1 + +*\nIst nun die Anzahl Stufen n ein Maafs f\u00fcr die Gr\u00f6fse des Helligkeitsunterschiedes, x\u2014x so erh\u00e4lt man durch Logarithmirung der eben erhaltenen Formel:\n/\t1\ti In\nx\u2014x = n \u2014 -,------rq\u2014:\u2014- log j .\nlog (1 + 5) \u00eb 10\nDie Constante des FECHNEit\u2019schen Gesetzes wird also in der That\nlog (1 + 5)\nEine weitere Thatsache zeigt sich in der Existenz des Eigen-lichtes des Auges. Bei geringen Helligkeiten ist seine Mitwirkung bei der Perception nicht zu vernachl\u00e4ssigen. Dieser innere Peizzustand ist einer gewissen Lichtintensit\u00e4t \u00e4quivalent, deren Gr\u00f6fse a heifsen m\u00f6ge. F\u00fchren wir diese Eigenlichtintensit\u00e4t a in die FECHNER\u2019sche Formel ein, so erhalten wir den Helligkeitsunterschied einer Lichtquelle, deren Intensit\u00e4t I ist, gegen das Eigenlicht, das die Helligkeit x0 besitzen soll :\nx \u2014 x0=A log ++ = A log |l + -1).\nNun k\u00f6nnen wir den Nullpunkt der Helligkeitsscala beliebig w\u00e4hlen, f\u00fcr die Theorie ist es am praktischsten die Eigenlichthelligkeit x = 0 zu setzen, weil dann negative Empfindungs-gr\u00f6fsen fortfallen. Dann ist aber die Helligkeit definirt durch:\nDiese Formel kann als eine Maafsformel angesehen werden. Sie ordnet jeder Intensit\u00e4t eine Helligkeit in stetiger Weise zu. F\u00fcr die Folge ist es wichtig zu bemerken, dafs die Eigenlichtintensit\u00e4t sehr von der Adaptation des Auges abh\u00e4ngt. Man ist in keiner Weise berechtigt aus der Existenz der Unterschiedsschwelle auf eine discontinuirliche Beschaffenheit des Helligkeits-","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nEgon von Oppolzer.\nwachsthums zu schliefsen, da die Helligkeit innerhalb des Schwellenintervalles nicht als gleich angesehen werden darf; betrachten wir den im Intervall i2 liegenden Punkt P, diesem entspricht eine gewisse Helligkeitsempfindung, die f\u00fcr das ganze Intervall gleich erscheint, aber psychisch nicht gleich ist; ein zweiter Punkt P' im Nachbarintervall U-1 stellt eine Helligkeit dar, die wieder f\u00fcr das ganze Intervall in_i gleich erscheint, aber nicht gleich ist. Nehmen wir den ersten Punkt am Anf\u00e4nge des Intervalles i2 \\ den zweiten am Ende des Intervalles L-i an, so \u00fcbertrifft die Distanz der beiden Punkte bereits die Intervalle der Unterschiedsschwellen und es wird in der That ein Helligkeitsunterschied sich bemerklich machen; liegen aber beide Punkte an der Grenze, wo die Intervalle i, und V-i zusammen* stofsen, so verschwindet der Helligkeitsunterschied. W\u00e4re nun die Helligkeit im Intervalle % \u00fcberall gleich und ebenso in L-i, so m\u00fcfste bei jeder Lage der Punkte der Helligkeitsunterschied gleich sein, was aber nach dem Dargelegten nicht der Fall ist. Die Unterschiedsschwelle mifst eben die Gr\u00f6fse der Unsicherheit der Empfindung. Mit demselben Rechte k\u00f6nnte ich einen sich in Folge von Temperatursteigerungen ausdehnenden Stab als discontinuirlich ver\u00e4nderlich ansehen, weil, so oft ich den Stab w\u00e4hrend seiner Ausdehnung messe, erst durch die beschr\u00e4nkte Genauigkeit der Messung eine gewisse endliche Vergr\u00f6fserung der L\u00e4nge eintreten mufs, um bemerkt zu werden.\nWerden die reizenden Intensit\u00e4ten sehr grofs im Z\u00e4hler (z. B. von I \u2014 100 \u2022 a angefangen), so kann a gegen I vernachl\u00e4ssigt werden und die Maafsformel wird:\n1\nA log\nx\na\nUnter diesen Voraussetzungen gelangt man also auf die Fech-NE\u00df\u2019sche Fundamentalformel; doch ist in ihr a nicht die untere Reizschwelle, sondern die Intensit\u00e4t des Eigen lichtes. Die Reizschwelle ist in die obige Maafsformel in folgender Weise einzuf\u00fchren: Durch die Anwesenheit des Eigenlichtes wird erst eine merkliche Helligkeitszunahme stattfinden, wenn diese den Betrag der dem Eigenlichte entsprechenden Unterschiedsschwelle erreicht. Die Reizschwelle a wird hierdurch\na\nas oder\na\na","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n201\nund steht mit der Unterschiedsschwelle und dem Eigenlichte in innigstem Zusammenhang. F\u00fchren wir durch die eben erhaltene Relation die Reizschwelle in die strenge Maafsformel ein, so er-\ngiebt sich :\nx\nA log 1 + 5\nI\na\nF\u00fcr sehr kleine Intensit\u00e4ten wird daher der Helligkeitsunterschied zwischen dem Reiz- und dem Eigenlicht:\nx = As 0,43429 \u2022 -- \u25a0\ner wird nach der oben dargelegten Bedeutung von A weiter:\nI\nalso unabh\u00e4ngig von der Empfindlichkeit A und direct proportional der Intensit\u00e4t und verkehrt proportional der Reizschwelle. Bei sehr herabgesetzter Beleuchtung ist die Helligkeit gleich dem fundamentalen Reizwerth.\nVon grofser Wichtigkeit ist die Frage, wie grofs die Mischhelligkeiten werden, wenn die Intensit\u00e4ten I und I der Mischlichter gegeben sind. Geh\u00f6ren diese demselben Spectral-bezirk, d. h. derselben Wellenl\u00e4nge an, so ist die Antwort auf die gestellte Frage sofort durch die FECimEn\u2019sche Formel gegeben. Heifse die Helligkeit des gemischten Lichtes x,n, so ist offenbar :\n^ = \u00c4 log f1 +\t= A los l1 + 4 + fr)'\nj\nWir wollen das Verh\u00e4ltnifs - kurz den Reiz werth nennen\na\nund erhalten als Regel, dafs bei Mischung von zwei unter einander gleichartigen homogenen Lichtern als Reiz werth der Mischung die Summe der Reizwerthe der Componenten einzusetzen ist. Wirkt aber auf die die Elementarempfindung erzeugenden Endapparate eine Mischung von Lichtern verschiedener Wellenl\u00e4nge, so mufs zur Aufstellung der Mischformel eine allerdings sehr wahrscheinliche Voraussetzung herangezogen werden. Die Intensit\u00e4ten einfach addiren geht selbstverst\u00e4ndlich nicht, da man in keiner Weise berechtigt ist, Intensit\u00e4ten verschiedenen Lichtes als physiologisch gleichwerthig anzusehen. Da machen wir f\u00fcr die Elementarempfindungen die Annahme, dafs zwei gleich hell erscheinende Lichter einzeln zu","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nEgon von Oppolzer.\neinem dritten Licht hinzugemischt wieder zwei gleich helle Lichter ergeben. Liegen also die beiden homogenen Lichter von der TV eilenl\u00e4nge k und k' und den Intensit\u00e4ten I und I vor, so ruft das erste die Helligkeit\nx \u2014 A log jl -f-das zweite die Helligkeit\n\nx = A log |l 4-\nhervor. Hem zweiten Licht wird allgemein auch eine andere Eigenlichtintensit\u00e4t a entsprechen. Dem zweiten Lichte entspricht gewifs eine ?5\u00e4c[ui\\alente Intensit\u00e4t 1 des ersten Lichtes von der Wellenl\u00e4nge \u00c2; es wird n\u00e4mlich bei der Intensit\u00e4t 1\" das erste Licht dieselbe Helligkeit hervorrufen wie das zweite Licht bei der Intensit\u00e4t T ; also wird sein:\nA log (l + Ej = a log (l + Ej\nund daher:\nr = i.\na\nHach der obigen Voraussetzung kann ich nun bei der Mischung statt des Lichtes von der Wellenl\u00e4nge k' ein dem ersten gleichartiges von der Wellenl\u00e4nge k und der Intensit\u00e4t I\" supponiren. Jetzt kann ich aber die Regel f\u00fcr die Mischung gleichartiger Lichter anwenden und erhalte f\u00fcr die Heiligkeit des Mischlichtes\nXm = A log t1 +\t7 ) = \u00c4 1()g I1 + v + v)-\nDies zeigt, dafs auch bei verschiedenartigem Lichte die Regel erhalten bleibt, dafs bei Elementar empfind ungen der Eeiz\\\\ erth des Mischlichtes gleich der Summe der Reizwerthe der Komponenten ist. Die Intensit\u00e4ten heterogenen Lichtes gehen bei der Mischung nicht mit gleichem Gewichte ein, sondern mit einem Gewichte, das der entsprechenden Eigenlichtintensit\u00e4t reciprok ist ; f\u00fcr grofse Intensit\u00e4ten wird die Formel wieder einfacher, indem der Einser in der Klammer wegbleiben kann.\nDie Voraussetzung, dafs zu einem Lichte gleichhelle Lichter gemischt wieder ein gleichhelles Mischlicht geben, ist aber keine nothwendige. Ist z. B. die Empfindlichkeit A eine Function der","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n203\nWellenl\u00e4nge, so f\u00e4llt die Voraussetzung; denn zwei gleichhell aussehende heterogene Lichter werden, wenn wir jede ihrer Intensit\u00e4ten auf das Doppelte steigern (d. h. soviel als wir mischen zu gleichaussehendem beiderseits gleichaussehendes \u2014), ungleich hell. Ob es aber physiologisch m\u00f6glich ist, dafs derselbe Endapparat f\u00fcr verschiedenartiges Licht auch verschiedene Empfindlichkeiten besitzen kann, erscheint doch sehr fraglich und unwahrscheinlich. Jedenfalls gen\u00fcgt es vor der Hand f\u00fcr die Elementarempfindungen, welche ja nur farblose Helligkeitsunterschiede liefern, die Empfindlichkeiten als unabh\u00e4ngig von der Wellenl\u00e4nge anzusehen.\nDie photographische Platte zeigt z. B. die Ung\u00fcltigkeit unserer Voraussetzung; zwei heterogene Lichter, die gleiche Schw\u00e4rzungen erzeugen, erzeugen bei verdoppelter Lichtintensit\u00e4t verschiedene Schw\u00e4rzungen. Doch erscheint mir die Erkl\u00e4rung dieser dem P\u00fc\u00dfKiNJE\u2019schem Ph\u00e4nomen analogen Erscheinung darauf zu beruhen, dafs die Platte aus unendlich vielen Elementen von ganz verschiedenen Empfindlichkeiten zusammengesetzt ist. Wir werden in der Folge sehen, dafs aie Empfindlichkeiten A f\u00fcr jede Elementarempfindung unserer Gesichtsempfindungen verschieden ist, und dafs das Purktnje sehe Ph\u00e4nomen gerade darin seine Ursache hat, ebensowie auch die Abweichungen vom NEWToVschen Mischungsgesetze und die Wanderung des neutralen Punktes der Dichromaten. Sollte aber sich heraussteilen, dafs die Empfindlichkeiten auch von der Wellenl\u00e4nge abh\u00e4ngen, so bin ich derzeit nicht im Stande eine Mischformel anzugeben.\n(Eingegangen am 20. Mai 1902.)","page":203}],"identifier":"lit33690","issued":"1902","language":"de","pages":"183-203","startpages":"183","title":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie","type":"Journal Article","volume":"29"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:39:42.089017+00:00"}