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Zweiter Theil: Chemie der Verdauungssäfte und der Verdauung

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{"created":"2022-01-31T16:53:39.738084+00:00","id":"lit34","links":{},"metadata":{"alternative":"Handbuch der Physiologie. Band 5: Handbuch der Physiologie der Absonderung und Aufsaugung","contributors":[{"name":"Maly, Richard","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Handbuch der Physiologie. Band 5: Handbuch der Physiologie der Absonderung und Aufsaugung, edited by Ludimar Hermann, 1-254. Leipzig: F. C. W. Vogel","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"CHEMIE\nDEE\nVERDAUUNGSS\u00c4FTE UND\nDER VERDAUUNG\nVON\nProf. Dr. RICHARD MAL Y\nin Graz.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"\n\ni\n\n\n\n\n","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"EINLEITUNG.\nZum Ersatz des w\u00e4hrend des Lebens vom thierischen K\u00f6rper verbrauchten Stoffs wird neues Material in der Nahrung aufgenom-men. In dem Verdauungscanal, einem durch den K\u00f6rper gelegten, mit dem Munde beginnenden, mit dem After endigenden, Erweiterungen und Windungen darbietenden Schlauch, finden jene \\ er\u00e4nde-rungen an der Nahrung statt, die in ihrer Gesammtheit als Verdauungsvorg\u00e4nge bezeichnet werden. Der Zweck derselben ist, chemische Verbindungen zu bereiten, die aufsaugbar sind und Stoffersatz leisten k\u00f6nnen; das Mittel dazu bietet der Organismus in seinen, in den Verdauungscanal sich ergiessenden Verdauungss\u00e4ften. Letztere sind Reagentien eigener und kr\u00e4ftiger Art, wie sie ausserhalb des Organismus uns nicht zu Gebote stehen und die mehr als blosse L\u00f6sung bewirken. Sehr sch\u00f6n dr\u00fcckt dies L. Hermann 1 in folgender Art aus. Nicht mit Unrecht wird, sagt Hermann, der Verdauungsapparat mit der Werkst\u00e4tte eines Apothekers verglichen, der aus einer Drogue ein Extract zu bereiten hat. Dieser muss sein Rohmaterial zerschneiden, zerstampfen, damit das L\u00f6sungsmittel vollst\u00e4ndiger und schneller einwirke, dann \u00fcbergiesst er es mit der extrahirenden Fl\u00fcssigkeit, mit kaltem oder heissem Wasser, mit Spiritus, Aether u. dgl. und tiltrirt nach l\u00e4ngerem Stehenlassen das fertige Extract durch Sieb, Tuch oder Papier ab und wirft die ersch\u00f6pfte Masse weg. Auch der Verdauungsapparat hat ein solches Extract zu machen; sein Rohmaterial ist die Nahrung, seine Z\u00e4hne die Zerkleinerungsmaschine, seine Extractionsmittel sind die sich in den \\ erdauungsapparat er-giessenden Fl\u00fcssigkeiten, der Speichel, Magensaft, Pankreassaft etc., und sein Filter endlich sind die H\u00e4ute des Darms, durch die das fertige fl\u00fcssige Extract hindurchgeht, um in Blut und Lymphe einzutreten. Wenn der Apotheker sein Extract eindampft, so beh\u00e4lt er\nl L. Hermann. Ein Beitrag zum Verst\u00e4ndniss der Verdauung und Ern\u00e4hrung. Antrittsvorlesung. Z\u00fcrich, Meyer & Zeller 1SG9.\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nMaly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. Einleitung.\neinen R\u00fcckstand, der aus den l\u00f6slichen Bestandteilen des Rohmaterials besteht. Wenn man aber die Extrade, die die Verdauung liefert, eindampft, so findet man im R\u00fcckstand Stoffe, die in der urspr\u00fcnglichen Nahrung gar nicht enthalten waren. Der Verdauungsapparat bearbeitet seine Materialien viel eingreifender und wandelt sie chemisch um. Diese Umwandlungen sind notwendig; wollten wir aus Brod ein einfaches Extract bereiten, wir w\u00fcrden kaum etwas nahrhaftes linden, denn die Hauptmasse vom Brod, die St\u00e4rke, die Eiweissk\u00f6rper blieben ungel\u00f6st. Aeknlich ginge es mit zubereitetem Fleisch.\nDer Zweck der Verfl\u00fcssigung im Verdauungsapparat und des Ergusses der Verdauungss\u00e4fte ist daher der, nicht l\u00f6sliche Stoffe in l\u00f6sliche zu verwandeln, ohne sie aber weitergehend zu zersetzen, da sie nur dann noch dem K\u00f6rper dienlich sein k\u00f6nnen. Aeusser-lich gleicht die Verdauung der Aufl\u00f6sung, nur braucht sie l\u00e4nger; dem Wesen nach ist sie davon v\u00f6llig verschieden.\nDie Speisen, die wir zu uns nehmen, sind durch Geruch, Farbe, Geschmack und Zusammensetzung so verschieden, dass es scheinen m\u00f6chte, als seien die Processe des Verdauungsgesch\u00e4ftes jeden Tag und bei jedem Individuum andere. Aber wenn wir von dem ab-sehen, was in der Nahrung nur dem Gaumen dienen soll, und bloss das ber\u00fccksichtigen, was dem K\u00f6rper Ersatz zu leisten bestimmt ist, so sind die Verh\u00e4ltnisse viel einfacher, denn wir kennen nur wenige eigentliche Nahrungsstoffe, und die finden sich in verschiedenen Com-binationen in jeder Nahrung wieder: die Eiweissk\u00f6rper, Leimstoffe, Kohlehydrate und Fette.\nDie Beagentien, die in den Verdauungss\u00e4ften enthalten, die genannten 4 Stoffgruppen in l\u00f6sliche K\u00f6rper \u00fcberf\u00fchren, nennen wir Fermente oder Enzyme; sie sind nicht rein darstellbar, ob sie es je sein werden, oder ob sie nur als \u201eGruppen in Bewegung\u201c fun-g'iren, bleibt sp\u00e4terem Entscheid Vorbehalten. Wie dem immer sei, die weitere Erkenntniss der Fermentvorg\u00e4nge wird eine gleichzeitige Erweiterung der Kenntnisse \u00fcber die Verdauungsvorg\u00e4nge sein.\nDie St\u00e4rke wird durch ein Ferment im Speichel und durch ein gleichwirkendes im Pankreassaft in eine Reihe von l\u00f6slichen Substanzen, darunter wenigstens 2 verschiedene Dextrine, und in einen zuckerhaltigen K\u00f6rper, die Maltose, umgewandelt; da die St\u00e4rke = ist (G\u00c6ioO\u00f4) w, die Maltose aber CU Ii-n Oi i, so besteht die Umwandlung unter wahrscheinlich gleichzeitiger Spaltung in der L\u00f6sung einer Anhydridform, also in chemischer Wasserbindung, Hydratation.\nDie Fette werden durch Galle und Pankreassaft zerst\u00e4ubt und","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Einleitung. Literatur der Verdauung.\n5\ndurch ein Ferment im letzteren in Glycerin und Fetts\u00e4uren gespalten, ein Process, der gleichfalls Wasserbindung darstellt.\nDie Eiweissk\u00f6rper werden durch ein bei Gegenwart von S\u00e4ure wirkendes Ferment des Magensaftes und durch ein bei S\u00e4ureausschluss wirkendes Ferment des Pankreassaftes in eine l\u00f6sliche, unf\u00e4llbare Eiweissmodification das Pepton \u00fcbergef\u00fchrt; ein Process, von dem es zwar noch nicht festgestellt, aber doch nicht ausgeschlossen ist, dass er auch auf dem Eintritt von Wasser beruht.\nMit den genannten l\u00f6slichen Fermenten k\u00f6nnte, so m\u00fcssen wir nach den ausserhalb des K\u00f6rpers angestellten Versuchen vermuthen, der Organismus sein Auslangen f\u00fcr die Zwecke der Verfl\u00fcssigung finden. Trotzdem macht im unteren Theile des Verdauungsapparates noch eine zweite Art von Wirkungen, die durch organisirte Fermente F\u00e4ulnissorganismen \u2014, sich geltend; ihr Augriffsmodus scheint anf\u00e4nglich nicht verschieden von dem der l\u00f6slichen Fermente, sie bilden z. B. Pepton aus Eiweiss, aber damit ist die Wirkung nicht ersch\u00f6pft, sie geht rasch weiter und bildet Zerfallsproducte der mannigfachsten Art, einerseits sauerstoffreiche S\u00e4uren, die Fetts\u00e4uren, anderseits sauerstofffreie, brennbare Gase, die Darmgase. Der Verlauf dieser Processe ist in den Einzelheiten von der eigentlichen F\u00e4ulniss nicht zu unterscheiden, der Zweck der dabei gebildeten Producte kaum verst\u00e4ndlich ; es macht den Eindruck, dass die durch die organisirten Fermente im Darm bewirkten Verfl\u00fcssigungen und Zerspaltungen des X\u00e4hrmaterials \u00fcber das Ziel der Verdauung hinaus ausarten.\nLiteratur zur Verdauung.\nFr. Tiedemann & L. Gmelin, Die Verdauung nach Versuchen. 2 Bde. Heidelberg u. Leipzig 1826 u. 1827 (cit. Tiedemann & Gmelin, Verdauung). \u2014 J. J. Berzelius, Lehrbuch der Chemie. Aus dem Schwedischen von F. W\u00fchler. 3. Anti. IX. Thierchemie. Dresden u. Leipzig 1840 (cit. Berzelius, Chemie). \u2014 Frerichs, Verdauung, in Wagner\u2019s Handw\u00f6rterb. d. Physiol. III. (cit. Frerichs, Verdauung). \u2014 F. Bidder & C. Schmidt, Die Verdauungss\u00e4fte und der Stoffwechsel. Mitau u. Leipzig 1852 (cit. Bidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte). \u2014 C. G. Lehmann, Lehrbuch der physiol. Chemie. 2. Aufl. Leipzig 1853. Besonders II. und 111. (cit. Lehmann, Physiol. Chemie). \u2014 C. G. Lehmann, Zoochemie oder VIII. Band von Gmelin's Handbuch der Chemie. Heidelberg 1858 (cit. Lehmann, Zoochemie). \u2014 Cl. Bernard, Le\u00e7ons sur les propri\u00e9t\u00e9s physiologiques etc. Tom. II. Paris 1859 (cit. Bernard, Propr. physiol.). \u2014 W. K\u00fchne, Lehrbuch der physiol. Chemie. Leipzig 1868","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\n(eit. K\u00fchne, Physiol. Chemie). \u2014 M. Schiff, Le\u00e7ons sur la physiologie de la digestion. R\u00e9dig\u00e9es par le Dr. E. Levrier. I. et IL Florence et Turin 1S6S (eit. Schiff, Digestion). \u2014 v. Gorup-Besanez, Lehrbuch der physiol. Chemie. 4. Aufl. Braunschweig 1S7S (eit. v. Gorup-Besanez, Physiol. Chemie). \u2014 F. Hoppe-Seyler, Physiologische Chemie II. Die Verdauung und Resorption der N\u00e4hrstoffe. Berlin 187S (eit. Hoppe-Seyler, Verdauung).\nDie vorgenannten Schriften sind in der nachfolgenden Arbeit in abgek\u00fcrzter TVeise so citirt, wie in Klammern angegeben. F\u00fcr \u00e4ltere Journalarbeiten sind h\u00e4ufig die Canstatt\u2019schen Jahresberichte, f\u00fcr die neueren von 1871 an mit wenigen Ausnahmen ausschliesslich die Jahresberichte der Thierchemie citirt worden. Die Literatur f\u00fcr 1S7 8 ist noch vollst\u00e4ndig, die f\u00fcr 187 9 nicht mehr ber\u00fccksichtigt worden.\nERSTES capitel.\nDer Speichel.\nI. Gemischter Speichel und seine Bestandtheile.\nDie Summe der in der Mundh\u00f6hle im normalen Zustande zusammenlaufenden Secrete bildet den Speichel im weiteren Sinne oder den gemischten Speichel. Er ist ein Gemenge des eigentlichen Mundspeichels, n\u00e4mlich der Secrete der Mundspeicheldr\u00fcsen (Gl. parotis, sublingualis und submaxillaris) und des Secretes der die Mundh\u00f6hle auskleidenden Schleimhaut mit den darin eingebetteten Dr\u00e4schen.\nDa f\u00fcr gew\u00f6hnlich nur so viel Speichel abgesondert wird, dass die Mundh\u00f6hle feucht bleibt, so hat man, um Material f\u00fcr die chemische Untersuchung zu bekommen gelinde Reize auf die innere Mundh\u00f6hle einwirken lassen und dazu die verschiedensten Substanzen ben\u00fctzt. Pettenkofer1 hat durch Tabakrauchen abgesonderten Speichel untersucht, Andere haben aromatische oder scharfe Stoffe gekaut, oder den Mund mit Aetkerdampf voll genommen. In der Regel sind solche Mittel schon desshalb verwerflich, da fremde Stoffe in den Speichel kommen k\u00f6nnen. Am einfachsten verschafft man sich menschlichen Speichel, wenn man bei stark herabgesenktem Unterkiefer den Gaumen und die Mundh\u00f6hle kitzelt; unter einiger Wiirg-bewegung l\u00e4uft dann von allen Seiten Mundfl\u00fcssigkeit nach dem Boden\n1 Pettenkofer. Canstatt's Jakresbcr. d. Pharmacie 1846. S. 163 oder Bucli-ner\u2019s Repert. d. Pharm. XXXXI. S. 2S9. 1846.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Eigenschaften und Bestandteile des Speichels.\n7\nder Mundh\u00f6hle und heraus. Nach Hoppe-Seyler1 gen\u00fcgt es schon, dass man den Mund offen nach abw\u00e4rts \u00fcber ein Glas h\u00e4lt und das Schlingen einige Zeit vermeidet5 es stellt sich dann bald ein Gef\u00fchl von Trockenheit im Rachen ein und jetzt fiiesst Speichel aus dem Munde aus, bald in klar herabfallenden Tropfen, bald in Tropfen, die lange schleimige F\u00e4den nach sich ziehen. Die beiden im Glase erhaltenen Fl\u00fcssigkeiten mischen sich nicht sofort, wie man beim Hin- und Herneigen beobachten kann. Diese Art der Aufsammlung zei\u00b0\u2019t zugleich die Unhomogenit\u00e4t des Gesammtspeichels. A on Thieren gewinnt man gemischten Speichel durch Einlegen eines Knebels hoch oben zwischen den Kiefern, Riechenlassen ihres Lieblingsfutters u. dgl.\nDen gemischten, ohne Anwendung eines \u00e4usseren Reizmittels erhaltenen menschlichen Speichel beschreiben Bidder & Schmidt 2 3 und in \u00e4hnlicher Weise andere Beobachter als farblose oder hellbl\u00e4uliche, tr\u00fcbe, geruchlose, schl\u00fcpfrigz\u00e4he und fadenziehende Fl\u00fcssigkeit, die nach einigem Stehen in eine obere durchsichtige und eine untere tr\u00fcbgelbweisse Schichte sich scheidet, welche letztere aus Schleim-flocken, Speichelk\u00f6rperchen, Mundh\u00f6hlenepithel etc. besteht.Das specif. Gewicht schwankt zwischen 1.002 und 1.009, meist zwischen 1.003 und 1.004 und ist wesentlich abh\u00e4ngig vom Schleimgehalt; nach Wright4 soll es am kleinsten bei vegetabilischer, gr\u00f6sser bei gemischter und noch gr\u00f6sser bei animalischer Kost sein, ebenso gr\u00f6sser nach dem Essen als im n\u00fcchternen Zustande. Bidder & Schmidt geben 1.0026 f\u00fcr gemischten Mundspeichel an. Die Reaction des gemischten Speichels ist fast regelm\u00e4ssig gering alkalisch, doch wechselnd nach Tages- und Mahlzeit ; Morgens im n\u00fcchternen Zustande ist die Alkalescenz geringer, durch Aufnahme von Speisen soll sie gesteigert werden. Zur Neutralisation von 100 Grm. w\u00e4hrend des Rauchens gesammelten Speichels brauchte Frerichs 0.150 Grm. Schwefels\u00e4ure. Bei trockener Mundh\u00f6hle, besonders am Morgen nach dem Aufwachen, wird auf die Zunge gelegtes blaues Lakmuspapier oft ger\u00f6thet, doch r\u00fchrt dies von Zersetzungen her, die im Munde selbst vor sich gehen. Noch st\u00e4rker saure Reaction der Mundfl\u00fcssigkeiten hat man bei Verdauungsst\u00f6rungen, bei schwerem Diabetes und anderen pathologischen Processen beobachtet, doch spielen hier allerlei andere Verh\u00e4ltnisse hinein. Die sp\u00e4ter zu besprechenden Beobachtungen am Parotissecret geben reinere Einsicht.\n1\tHoppe-Seyler. Verdauung S. IS5.\n2\tBidder & Schmidt. Verdauungss\u00e4fte S. 10.\n3\tUeber die morphotischen Elemente des Speichels s. Lehmann, Zoochemie S. 5.\n4\tLehmann. Zoochemie S. 6.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8 Maly, Chemie der Verdauungssafte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nWie die geringe Dichte schon lehrt, ist der Speichel eine stark verd\u00fcnnte w\u00e4ssrige L\u00f6sung; man findet darin Gase, die gew\u00f6hnlichen anorganischen Salze und von organischen Substanzen: Mucin, Spuren von Eiweissk\u00f6rpern und sog. Extractivstoffe. Eigenth\u00fcmlich dem Speichel ist die Combination eines di astatisch en Fermentes und eines Th io cyanalkalisalz es. Diese beiden Bestandtheile allein werden sp\u00e4ter n\u00e4her zu besprechen sein; an ihnen hat sich auch die ganze Geschichte des Speichels abgespielt.\nDas Verhalten des Speichels zu Reagentien bietet, wenn wir von dem oft auffallenden Verhalten zu Ferrisalzen absehen, nichts characteristisches, kaum etwas erw\u00e4hnenswerthes. Kochen ver\u00e4ndert den Speichel entweder nicht, oder tr\u00fcbt ihn schwach, was dann auf Eiweiss bezogen wird. S\u00e4uren, Alkalien, Alaun geben nichts, Ferrocyankalium mit Essigs\u00e4ure meist nichts. Tr\u00fcbungen oder Niederschl\u00e4ge werden von Alkohol und Gerbs\u00e4ure erzeugt, ebenso von den meisten Salzen der schweren Metalle, von letzteren schon der alkalischen Reaction des Speichels wegen.\nZiemlich regelm\u00e4ssig scheinen Spuren von Ammoniak im Speichel, auch bei gesunden Z\u00e4hnen enthalten zu sein; durch das bekannte Ness-LERsche Reagens kann man es direct im Speichel nachweisen. Spuren von salpetriger S\u00e4ure hat Peter Griess 1 durch ein h\u00f6chst empfindliches Reagens, das bei 63\u00b0 schmelzende Diamidobenzol (Phenylendiamin) im Speichel nachgewiesen; man verd\u00fcnnt den Speichel f\u00fcnffach mit Wasser, setzt ein paar Tropfen verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure und dann das Reagens hinzu, worauf intensive gelbe F\u00e4rbung eintritt.\nVon Substanzen, die, obwohl oft gefunden, doch nicht als v\u00f6llig normal f\u00fcr den Speichel augesehen werden k\u00f6nnen, ist der Harnstoff zu nennen; Wright 2 hat ihn im Speichel eines an Bright'scher Krankheit leidenden Menschen und in dem eines mit Sublimat vergifteten Hundes, Petten-kofer 1 2 3 4 5, im normalen Speichel gefunden. Picard 4 bestimmte im Speichel einer nicht an Eiweissharnen leidenden Person durch Titrirung einen Gehalt von 0,035\u00b0/o Harnstoff; Ritter 5 fand den Speichel eines Kranken, dessen Harn in 24 Stunden 3\u20147 Grm. Harnstoff enthielt, sehr reich an Harnstoff: 4,1 Grm. in 120 C.-C. von einem Tage; Rabuteau*6 7 endlich konnte aus 250 Grm. gemischten Speichels 25 Centigr. beinahe reinen Harnstoffs abscheiden. Das Vorkommen von Leucin in Speichel und Speicheldr\u00fcsen Kranker ist von Frerichs und St\u00e4deler angegeben worden. Auch ein Gehalt an Milchs\u00e4ure ist pathologisch; Lehmann 7 gelang es niemals, selbst nicht in gr\u00f6sseren Partien von normalem Speichel des Menschen oder Pferdes Milchs\u00e4ure nachzuweisen, wohl aber konnte derselbe die genannte S\u00e4ure im Speichel Diabetischer finden, den man,\n1\tP. Griess. Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 72. 1S7S.\n2\tWright, s. Lehmann. Zoochemie S. 16.\n3\tPettenkofer. Buchner's Repertorium XXXXI. S. 289. 1846.\n4\tPicard. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. II. S. 35. 1856.\n5\tRitter. Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 166. 1876.\n6\tRabuteau, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 157. 1873.\n7\tLehmann, Physiol. Chemie I. S. 103.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Thiocyans\u00e4ure.\n9\num etwaige Milchs\u00e4urebildung zu verhindern, unmittelbar in Alkohol fliessen liess. Zucker wird weder im Speichel Diabetischer, noch in dem k\u00fcnstlich diabetisch gemachter Thiere gefunden, Bernard ; ebensowenig ist das Auftreten von Gallenfarbstoff im Speichel Icterisclier bisher bewiesen.\nVon einverleibten medicament\u00f6sen Stoffen gehen die leicht l\u00f6slichen meist rasch in den Speichel \u00fcber, wenn sie nicht durch Bildung unl\u00f6slicher Albuminate der Str\u00f6mung entzogen werden. Jod- und Bromkalium erscheinen schon nach 10 Minuten im Speichel. In das Blut injicirtes Blutlaugensalz soll nicht in den Speichel \u00fcbergehen, von eingespritztem Eisenjodiir nur das Jod, Bernard1. Quecksilber wurde von Lehmann immer im Speichel Jener gefunden, die die Inunctionscur gebrauchten.\n1. Die Thiocyans\u00e4ure C'XSH.\noder Sebwefelcyan \u2014 auch Rhodanwasserstoffs\u00e4ure \u2014 kommt in kleiner Menge, aber nicht regelm\u00e4ssig und nicht in jedem Speichel vor. Wohl desswegen hat diese S\u00e4ure, deren Nachweis durch ihre Eisenreaction erleichtert wird, eine so lange Geschichte'2.\nTreviranus hat in seiner Biologie 1814 zuerst die Beobachtung mit-getheilt, dass Speichel mit einer L\u00f6sung von salzsaurem Eisenoxyd sich r\u00f6tlie und nannte den die Reaction gebenden K\u00f6rper Bluts\u00e4ure, und Tiedemann und Gmelin 3 haben, nachdem mittlerweile die Thiocyans\u00e4ure k\u00fcnstlich erhalten worden war, durch qualitative Reactionen, namentlich durch die Darstellung des weissen schwerl\u00f6slichen Ilalbthiocyankupfers (Kupfer-rhodaniir) es wahrscheinlich gemacht, dass die eisenr\u00f6thende Substanz des Speichels damit identisch ist. Auch durch Destillation des alkoholischen Extracts menschlichen Speichels mit Phosphors\u00e4ure konnten sie ein Destillat erhalten, das mit Eisenchlorid eine gelbrothe F\u00e4rbung gab, die erst auf st\u00e4rkeren Zusatz von Salzs\u00e4ure verschwand, w\u00e4hrend die Essigs\u00e4ure - Eisenoxydreaction schon durch sehr wenig Salzs\u00e4ure abgeblasst wird. Pettenkofer 4, Tilanus5, Jacubowitsch 0, Sertoli 7 und Andere haben in der Folge Materialien f\u00fcr den besseren Nachweis des Rhodans im Speichel geliefert, woraus noch erw\u00e4hnt sein m\u00f6ge, dass Jacubowitsch einen Tlieil des mit Baryt neutralisirten, durch Destillation ipit Phosphors\u00e4ure erhaltenen Destillates mit rauchender Salpeters\u00e4ure versetzte und darauf reichlich schwefelsaures Baryum erhielt. In neuerer Zeit hat Bottger s zu den \u00fcbrigen Reactionen auf Rhodan im Speichel folgende gef\u00fcgt: man l\u00e4sst etwas Speichel auf einen mit Guajaktinktur impr\u00e4gnirten Streifen schwedischen Papiers fallen, den man vorher ge-\nL Bernard. Propr. physiol. : onzi\u00e8me le\u00e7on.\n2\tLehmann. Zoochemie S. 13.\n3\tTiedemann & Gmelin. Verdauung I. S. 9.\n4\tPettenkofer. Buchner\u2019s Report, d. Pharm. XXXXI. S. 2S9. 1846.\n5\tTilanus, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1849. S. 233.\n6\tJacubowitsch, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1848. S. 208.\nT Sertoli, Canstatt\u2019s Jahresber. d. ges. Med. 1865.1. S. 119.\n9 B\u00f6ttger. Jahresber. d. Thierchemie IL S. 204. 1872.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\ntrocknet und durch eine 2\u00fc00fach verd\u00fcnnte L\u00f6sung von Kupfervitriol gezogen hat. Augenblicklich sieht man die mit Speichel benetzte Papierstelle sich bl\u00e4uen. Die \u00fcbliche Art der Pr\u00fcfung mit Eisenchlorid ist bekannt; um sie empfindlicher zu machen, empfiehlt Gscheidlex 1 Filtrir-papier mit verd\u00fcnnter, etwas freie S\u00e4ure enthaltender Eisenchloridl\u00f6sung zu tr\u00e4nken, zu trocknen und dann den Speichel hinaufzubringen. Endlich hat neuestens Solera1 2 3 eine eigenth\u00fcmliche Reaction des Speichels beschrieben, die durch den Gehalt an Rhodan bedingt und von ausserordentlicher Empfindlichkeit sein soll; sie beruht in der Anwendung von Jods\u00e4ure, welche vom Rhodan unter Freiwerden von freiem Jod reducirt wird, das man dann mit Kleister nachweist. Eine brauchbare Reaction m\u00f6chte auch die Umwandlung des Rhodans in Quecksilberrhodaniir und die Bildung von Pharaoschlangen sein. Gegen\u00fcber allen den erw\u00e4hnten Resultaten ist aber nicht zu verschweigen, dass ein reines Rhodanmetall aus dem Speichel nie dargestellt und daher auch nie ein derartiges Pr\u00e4parat zur Analyse gebracht worden ist.\nZur quantitativen Bestimmung hat man folgende Methoden angewandt: 1. Pettenkofer hat das alkoholische Speichelextract mit chlor-saurem Kalium und Salzs\u00e4ure behandelt und die gebildete Schwefels\u00e4ure als Barytsalz gef\u00e4llt. 2. Oehl 3 hat eine colorimetrische Methode ersonnen, indem er mit Eisenrhodanidl\u00f6sungen von bekanntem Gehalt vergleicht. 3. Eine j\u00fcngst von M\u00fcnk 4 auf Salkowski's Veranlassung ausgef\u00fchrte Bestimmung besteht darin: Man f\u00e4llt Speichel oder besser den w\u00e4sserigen Auszug seines Alkoholextractes mit Silbernitrat und Salpeters\u00e4ure, trocknet den Niederschlag sammt Filter bei 100\u00b0, schmilzt mit Soda und Salpeter, f\u00e4llt die in Wasser aufgenommene Schmelze mit Chlor-baryurn und Salzs\u00e4ure und wiegt das Baryumsulfat. Einwurfsfreie Bestimmungen k\u00f6nnen nur solche sein, die gleichzeitig nach 2 Methoden (1 und 2, 2 und 3) ausgef\u00fchrt untereinander zusammenstimmen. Die Darstellung eines Alkoholextractes ist bei Methode 1 und 3 nothwendig.\nMenschlicher Speichel gibt meistens die Rhodanreactionen, doch treten sie zuweilen nur sehr schwach ein, ohne dass man daf\u00fcr einen Grund auffinden k\u00f6nnte. Man hat deshalb behauptet, das Sulfocyan sei ein Product der spontanen Zersetzung im Speichel, und Schiff 4 5 will beobachtet haben, dass, als er 2 Portionen frischen Hundespeichels pr\u00fcfte, die eine sofort nach der Secretion, die andere 20 Minuten sp\u00e4ter, er mit letzterer eine st\u00e4rkere Eisenreaction erhalten habe, als mit ersterer. Auch Bernard will die Pr\u00e4existenz des Rhodans im Speichel nicht ohne weiteres zugeben und als Ursache seines Auftretens die cari\u00f6sen Z\u00e4hne und das Tabakrauclien hereinbeziehen; doch stimmt das schon desshalb nicht zu, da gerade\n1\tGscheidlex, Jahresber. (1. Thierchemie IV. S. 91. 1874.\n2\tSolera, Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 256. L877. VIII. S. 235. 187s.\n3\tOehl. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1865.1. S. 119.\n4\tMunk, Jahresber. d. Thierchemie VIT S. 255. 1877.\n5\tSciiife, Digestion S. 147.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Thiocyans\u00e4ure. Speichelferment.\n11\nebensolche Schwankungen, ja die gr\u00f6ssten Extreme des Rhodangehaltes im Hundespeichel Vorkommen.\nDie Form, in der die Thiocyans\u00e4ure vorkommt, ist ohne Zweifel die der Rhodanalkalien, und da Tiedemann & Gmelin 1 angaben, dass in der Speichelasche das Kalium vor dem Natrium vorherrsche, auch Salkowski1 2 in einem, wenn gleich pathologischen Speichel (angina tons.) auf 0.697 Ab 0 nur 0.116 A a-i0 fand, die Erden in der Speichelasche sehr zur\u00fccktreten, so ist jedenfalls der gr\u00f6sste Theil als Kaliumsalz vorhanden. V\u00f6llig unwissend sind wir \u00fcber die Entstehung der Thiocyans\u00e4ure im K\u00f6rper, und nur das l\u00e4sst sich behaupten, dass sie als A und S haltig vom Eiweiss abstammen m\u00fcsse. Da das (oxv-) cyansaure Ammon sich leicht zu Harnstoff umlagert, da ferner die Analogie der gew\u00f6hnlichen (Oxy-) Cyans\u00e4ure und der Thiocyans\u00e4ure sich klar in ihrer leichten Bildung aus den einfachen Cyaniden spiegelt, die bei Sauerstoffaufnahme Cyanate, bei Schwefelaufnahme Thiocyanate geben, so kann man die Rhodanverbindung des Organismus als eine Substanz betrachten, deren Bildung jener des Harnstoffs nahe stehend, seine Aufkl\u00e4rung wahrscheinlich in der noch zu l\u00f6senden Frage \u00fcber die Bildung des Harnstoffs selbst finden wird. Da schon bei Brutw\u00e4rme A C\u2014 0 \u2014 A /A zu A H% \u2014 CO \u2014 A Hi (Harnstoff) wird, die Umsetzung des Thiocyanates CA \u2014S\u2014 A Ha zu Thioharnstoff A/A \u2014 CS \u2014 A/A aber erst bei etwa 140\u00b0C. beginnt, so ist zu verstehen, dass wir im K\u00f6rper aus der Sauerstoffreihe das Amid, aus der Schwefelreihe aber das Salz finden.3\nEine Verwendung hat das Rhodanid im K\u00f6rper nicht, es wird wenigstens zum Theil in den Nieren ausgeschieden und l\u00e4sst sich im Harn nachweisen. Gscheidlen. 4\n2. Speiche!ferment ; Speichelt!iastase (dtc'toj ctotg, Trennung)\nbei den Aelteren z. Th. auch Ptyalin fttvco ich speie) genannt, ist ein zuckerbildendes Ferment resp. Enzym, und damit ist der chemische Theil der Kenntnisse dar\u00fcber ersch\u00f6pft, denn es ist so wenig als irgend ein anderes l\u00f6sliches Ferment je rein dargestellt worden. Was Berzelius, Gmelin, Simon, Tilanus u. Andere Speichelstoff oder Ptyalin nannten, waren Gemische, die durch nichts charac-terisirt waren. Jeder Autor gab an, mit welchen Reagentien sein\n1\tTiedemann & Gmelin. Verdauung S. 15.\n2\tSalkowsky. Jahresber. d. Thierchemie I. S. 157. 1ST l.\n3\tIn ausgefrorenem Harn habe ich einmal nach Thioharnstoff aber vergeblich gesucht. M.\n4\tGscheidlen. Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 139. 1S7G.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12 Maly. Chemie der Verdauimgssafte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nSpeichelstoff Tr\u00fcbungen oder Niederschl\u00e4ge erzeuge, und wie stark oder schwach diese seien. Man war bei ihrer Darstellung eben von der Idee ausgegangen, der Speichel m\u00fcsse doch etwas ihm eigent\u00fcmlich Zukommendes enthalten, und das sollte abgeschieden werden. So hat beispielsweise Berzelius den eingedampften Speichel mit Alcohol ersch\u00f6pft, dabei das Bhodanid gewonnen, den R\u00fcckstand mit Essigs\u00e4ure neutralisirt, eingetrocknet, wieder mit Alcohol behandelt und aus dem jetzt bleibenden, Schleim und Ptyalin enthaltenden R\u00fcckstand, letzteres durch kaltes Wasser aufgenommen. Berzelius\u2019 Ptyalin wurde weder von Gerbs\u00e4ure, noch Sublimat, noch Bleiessig gef\u00e4llt. Die \u00fcbrigen \u00e4hnlichen Bem\u00fchungen hier alle wiederzugeben, ist um so unn\u00f6thiger, als dieselben in Lehmann\u2019s Zoochemie 1 2 zusammengestellt sind. Nachdem dann im Beginne der dreissiger Jahre die Zuckerbildung aus St\u00e4rke mittelst Speichel beobachtet worden war, und seitdem sich in Aufmerksamkeit bei den Physiologen erhalten hat, \u00fcbertrug man den Namen Ptyalin geradezu auf das Ferment, wie z. B. Mialhe, der mit Diastase animale v. salivaire dasselbe wie mit Ptyalin bezeichnete, und die Versuche den Speichelstoff darzustellen wurden zu Versuchen der Isolirung des saccharificirenden Ferments, indem man die Mittel in Anwendung brachte, die bei andern Objecten die Enzyme gewinnen helfen sollten.\nCohnheim - versetzte gemischten Speichel mit ein wenig Phosphors\u00e4ure, dann unter Umr\u00fchren mit Kalkmilch bis zur alkalischen Reaction. Der weisse Niederschlag wurde abfiltrirt. Das Filtrat zeigte kaum eine Eiweissreaction, w\u00e4hrend es von der diastatischen Kraft des urspr\u00fcnglichen Speichels nur sehr wenig eingebtisst hatte. Anderseits aber konnte durch Auswaschen des Niederschlags mit Wasser ein Filtrat erhalten werden, das keine Spur einer Xanthoprotemreaction gab, wohl aber in sehr kurzer Zeit St\u00e4rkekleister in Zucker verwandelte. Es ergab sich sonach eine gewisse Isolirung f\u00fcr das Ferment, indem man durch Erzeugung einer gr\u00f6sseren Menge des Calciumphosphatniederschlags nicht nur alles Eiweiss, sondern auch m\u00f6glichst viel Ferment f\u00e4llte und letzteres als minder stark gebunden durch Auswaschen mit einem dem Speichel gleichen Volumen destillirten Wassers extrahirte. Die so gewonnenen neutralen oder schwach alkalischen Speichelfermentl\u00f6sungen zeigten keine an die eiweissartigen Substanzen erinnernden Reactionen mehr. Salpeters\u00e4ure, Kochen, Sublimat, Tannin, Jod, Essigs\u00e4ure mit Ferrocyankalium gaben nichts, doch waren noch mancherlei Beimengungen, so Phosphors\u00e4ure, Chlor, Kalk, Natron darin enthalten. Alkohol f\u00e4llte aus der w\u00e4sserigen Fermentl\u00f6sung ein zartes, weisses, flockiges Pr\u00e4cipitat, das unter dem Mikroskop sich als gemischt ergab aus einer amorfen k\u00f6rnigen Substanz, die sich mit Jod gelb f\u00e4rbte und aus Phosphaten. Wurde es auf einer Glasplatte bei\n1\tLehmann. Zoochemie S. 7.\n2\tCohnheim. Canstatt\u2019s Jahresber. d. ges. Med. 1SG4.1. S. 26S.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Speichelferment. Speichelanalyse.\n13\nniederer Temperatur getrocknet, so entstand ein weisses Pulver, das nur wenig in Wasser l\u00f6slich war, seine zuckerbildende Wirkung aber Monate lang behielt. Auch durch F\u00e4llen von Speichel mit dem 3\u20144 fachen Volum 80\u00b0,(i Alkohol, Stellenlassen des Niederschlags durch einige Tage unter Alkohol und darauf folgendes Behandeln mit Wasser erhielt Cohnheim eine wenngleich weniger wirksame Speichelfermentl\u00f6sung. Endlich hat v. Wittich nach seiner Methode ein recht wirksames (zuckerbildendes) Speichelferment erhalten, indem er die zerquetschten Speicheldr\u00fcsen mit Glycerin digerirte, das abgegossene Glycerin mit Alkohol mischte und den dabei entstehenden Niederschlag mit Wasser auszog. Dem all gegen\u00fcber ist aber nicht genug zu betonen, dass nicht nur der Speichel allein, dass nahezu alle todten Gewebe, Organ fl \u00fcssigkei-ten und selbst die Eiweissk\u00f6rper, wenn auch nur in geringem Maasse, di astatisch wirk en k\u00f6nnen \u2014 Bernard, Pasch utin, Seegen\nUnd K RATSCHMER.\nDen Schleim des Speichels li\u00e2t St\u00e4deler 1 aus Speicheldr\u00fcsen erhalten, die er mit Glaspulver zerrieb, mit Wasser einige Male auszog, um Eiweiss und \u00e4hnliche Stoffe zu entfernen und dann weiter mit kaltem Wasser behandelte. Die Fl\u00fcssigkeit ist fadenziehend, aber doch bei gen\u00fcgender Verd\u00fcnnung filtrirbar und scheidet nach tropfenweisem Zusatz von Essigs\u00e4ure durch Alkalientziehung den Schleimstoff in dicken Flocken ab , die sich gut abfiltriren und mittelst Weingeist und Aether von beigemengtem Fett befreien lassen. Dieser Schleimstoff ist durch seine Fadenform und Elasticit\u00e4t dem Blutfibrin sehr \u00e4hnlich. Eine Verschiedenheit mit dem Schleimstoff der Schleimh\u00e4ute hat St\u00e4deler nicht wahrgenommen. In seinem Verhalten zu kochender Schwefels\u00e4ure schliesst sich der Schleim dem Iiorngewebe an ; er liefert etwa ebensoviel Tyrosin als dieses. Die verschiedene Consistenz des thierischen Schleims von verschiedener Abstammung ist nach St\u00e4deler\u2019s Ansicht von der Menge des damit verbundenen Alkalis abh\u00e4ngig. Notizen \u00fcber Schleim siehe auch bei dem Submaxillarspeiehel und bei der Galle.\nII. Quantitative Zusammensetzung des gemischten Speichels.\nWegen der schwankenden Mengen mit denen die einzelnen Dr\u00fcsen und die Schleimhaut der Mundh\u00f6hle an der Zusammensetzung des gemischten Speichels participiren, kommen Zahlen bei der Analyse heraus, die stark divergiren, was noch dadurch sich weiter erkl\u00e4rt, dass man Dinge wie Schleim u. s. w. nicht genau bestimmen kann, und endlich, dass individuelle Schwankungen in der Zusammensetzung der einzelnen Secretcomponenten wahrscheinlich sind.\nDie Bestimmung der Epithelien und des flockigen Schleims geschieht durch Filtration des eventuell verd\u00fcnnten Speichels und Trocknen bei 100\u00b0; die der Mineralstoffe durch Veraschung; die des meist als Rhodankalium\nl St\u00e4deler. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1S59. II. S. 5S.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14 Maly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nberechneten Rhodans in der schon angegebenen Weise. Was Berzelius, Frerichs, Jakubowitsch als Speichelstoff einsetzten, ist in der folgenden Tabelle als l\u00f6sliche organische Substanz aufgef\u00fchrt. Von einer quantitativen Bestimmung des Fermentes kann keine Rede sein; es tritt hierf\u00fcr die relative Absch\u00e4tzung der diastatisehen Wirkung ein, wor\u00fcber sp\u00e4ter die Rede sein wird.\nTrotz der viscosen Beschaffenheit manchen Speichels betr\u00e4gt sein Gehalt an festen Stoffen meist nur ^2% (0.43 bis 1.00). Eine kleine Menge davon ist vielleicht Fett, denn Lehmann konnte 6 \u2014 9\u00b0/o vom festen Speichelr\u00fcckstand mit Aether ausziehen.\n\tX s; ->\tJacubo- WITSCH.\u201c\tVom X\tMenschen. A \u00a3 <.\t\u00a3 5 < \u2014 \u2014 ^ zIj ^\t\tVom Hund. m\nWasser \t\t992.9\t995.1\t994.1\t\t988.3\t994.7\t989.6\nFeste Stoffe ....\t7.1\t4.84\t5.9\t3.48\u20148.4 im filtrirten Speichel\t1 1.7\t5.3\t10.3\n! Schleim und Epithelien\t1.4\t1.62\t2.13\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\nL\u00fcsl. organische Materie\t3.8\t1.34\t1.42\t\u2014\t\u2014\t3.27\t3.58 ;\ni Rhodankalium .\t.\t\u2014\t0.06\t0.10\t0.064\u20140.09\t\u2014\t\u2014\t\u2014\n1 Anorganische Salze . 1\t1.9\t1.82\t2.19\t\u2014\t\u2014\t1.03\t6.79\nOehl (cit. S. 10) fand nach seiner colorimetrischen Methode im gemischten Speichel 0.00016 bis 0.0084 \u00b0/o Rhodankaliuni, Herapath (nach einer mir unbekannten Methode) im gemischten Speichel verschiedener Personen 0.008 bis 0.104% Rhodankalium (was jedenfalls viel zu hoch ist), und endlich M\u00fcnk (cit. S. 10) nach seiner oben beschriebenen Methode im Mittel von drei Bestimmungen 0.01 % Tliio-cyans\u00e4ure oder 0.014 % Thiocyannatrium.\nEinige Bestimmungen liegen \u00fcber die Asche des gemischten Speichels vor. Immer ist der gr\u00f6sste Theil der Asche in Wasser l\u00f6slich, der kleine nichtl\u00f6sliche besteht aus Erdphosphaten; Eisen fand Gmelin nicht, Enderlin gibt es an. Im l\u00f6slichen Theil domi-niren die Chlormetalle; \u00fcber das Vorherrschen von KCl siehe verlier S. 11.\n1\tBerzelius, Chemie S. 219.\t_\n2\tJacubowitsch, s. Bidder & Schmidt, Yerdauungss\u00e4fte S. 11. Zum Zwecke der SCN-Bestimmung wurde Speichel mit Phosphors\u00e4ure destillirt, das Destillat mit Ba{OH)% und Ba(NO3)2 gemischt, eingedampft, gegl\u00fcht und der BaSCh gewogen.\n3\tFrerichs, Verdauung III. S. 758.\n4\tLehmann, Physiol. Chemie II. S. 16, I. S. 420.\n5\tHerter, s. Hoppe-Seyler, Verdauung S. 188.\t#\t...\n6\tSchmidt, s. Bidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 9. Bezieht sich aut liltrir-\nten Speichel.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Speiehelanalysen. Parotisspeichel.\n15\nJactbowitsch (cit. S. 14).\t!\tEnderlin.1\nIn 1000 Th. Speichel\tIn 100 Th. Speichelasche\nVom\tMenschen.\tVom Ilunde.\tVom Menschen.\t\nSalze .\t.\t.\t1.82\t6.79\tL\u00f6sliches.\t.\t92.367\nPhosphs\u00e4ure Natron .\t.\t0.51 \\ 0.43 J\t0.82\tUnl\u00f6sliches .\t5.509\n\t\t\t\t\nKalk .\t.\t.\t0.03 ^ 0,01 1\t0.15\tChloralkalien\t61.930\nMagnesia.\t.\t\t\tNa3 Phosphat\t28.122\nChloralkalien\t0.84\t5.82\tSchwefels. Na\t2.315\nIII. Die Secrete der einzelnen Speicheldr\u00fcsen.\nEs kommen nun die Secrete der einzelnen Dr\u00fcsen zu betrachten, sofern sie Unterschiede gegen einander bieten und bez\u00fcglich dessen, was \u00fcber ihre quantitative Zusammensetzung ermittelt ist. Der Hauptunterschied der 3 Dr\u00fcsenpaare besteht darin, dass die Ohrspeicheldr\u00fcse einen d\u00fcnnfl\u00fcssigen wie Wasser tropfenden Speichel gibt, w\u00e4hrend das Secret der Glandulae subling. und submaxill. viscos, fadenziehend und schleimreich ist.\nJ. Speichel der GL parotis.\nDer Parotisspeichel ist besonders von den Pflanzenfressern, bei welchen die Dr\u00fcsen gross sind, leicht zu gewinnen. Bidder & Schmidt durchschnitten an Hunden den Ductus Stenonianus und f\u00fchrten feine silberne Can\u00fclen ein, was aber bei diesen wegen der Enge des Ganges mitunter nicht leicht ist. Die Gewinnung des Ohrspeichels vom Menschen haben Eckhard1 2, Oeiil (cit. S. 10) und Andere beschrieben. Sie besteht einfach darin, dass man mit einer feinen Cantile die M\u00fcndung des Ganges aufsucht; zieht man den Mundwinkel etwas nach aussen, so streckt sich die kleine Biegung, die jener Gang in der N\u00e4he der M\u00fcndungsstelle macht, und die Cantile bleibt, wenn passend gew\u00e4hlt, leicht haften.\nDer Parotisspeichel vom Menschen bildet eine bald mehr tr\u00fcbe, bald klare, d\u00fcnne, nicht fadenziehende Fl\u00fcssigkeit, die ausser einigen Epithelien keine festen Gebilde enth\u00e4lt. Sie reagirt nach den meisten Angaben alkalisch, kann aber auch neutral oder sauer sein, besonders bei n\u00fcchternem Zustande und wenn keine betr\u00e4chtliche Absonderung stattfindet, doch gilt das meist nur f\u00fcr die ersten Tropfen, die sp\u00e4teren werden dann doch wieder alkalisch. Astaschewsky3\n1\tEnderlin, Ann. d. Chemie u. Pharm. XLIX. S.. 317. L844.\n2\tEckhard, \u00dfeitr. z. Anat. u. Physiol. II. S. 205.\n3\tAstaschewsky, Jahresbcr. <1. Thierchemie ^ III. S. 234. IS7S.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"1 6 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nund Fubini1 haben die verschiedensten Reactionen zu Lakmus beobachtet ; ersterer findet den Parotisspeichel amphoter, und die saure Reaction um so mehr zur\u00fcck-, die alkalische um so mehr hervortretend, je intensiver die Mundschleimhaut gereizt wird. Das speci-lische Gewicht ist durchschnittlich 1.003 bis 1.004, nach Mitscherlich von 1.006 bis 1.008, nach Oehl bei sparsamer Absonderung 1.01 bis 1.012, bei reichlicher 1.0035 bis 1.0039. Erhitzt man menschlichen Parotisspeichel zum Kochen, so tr\u00fcbt er sich, ebenso durch Weingeist oder Minerals\u00e4ure, enth\u00e4lt also ein wenig eines ei weissartigen K\u00f6rpers ; Kleister wird durch ihn rasch in Zucker \u00fcbergef\u00fchrt, wenige Minuten reichen zu dessen Nachweis hin. Bei gew\u00f6hnlicher Temperatur beh\u00e4lt er 8 Tage lang dieses diastatisehe Verm\u00f6gen, verliert es aber bei 60\"C. oder nach Zusatz einer Minerals\u00e4ure. Auch in der Parotis neugeborner Kinder ist das Ferment schon nachweisbar.\nDer Parotisspeichel vom Hund hat nach Jacubowitsch ein spec. Gew. von 1.004 bis 1.007; beim Erw\u00e4rmen bildet er ein geringes Sediment von Calciumcarbonat und beim langsamen Verdunsten auf einer Glasplatte bleiben neben Kochsalz, Kryst\u00e4llchen von kohlensaurem Kalk zur\u00fcck. Diastatisches Ferment enth\u00e4lt er nicht, oder doch nur in h\u00f6chst geringen Mengen. Besonders reich fand Lehmann'2 den Pferdeparotisspeichel an Kalk ; l\u00e4sst man ihn an der Luft stehen, so bilden sich in ihm gleichwie im Kalkwasser die sch\u00f6nsten mikroskopischen Formen von kohlensaurem Kalk.\nThiocyans\u00e4ure kommt im menschlichen Parotisspeichel meist vor, Oehl; Solera; bei Thieren wie es scheint \u00f6fter nicht, doch schwanken die Angaben, was \u00fcbrigens bei der Gleichg\u00fcltigkeit des Befunds ohne Belang ist.\nDie quantitativen Angaben \u00fcber den Parotisspeichel enth\u00e4lt die folgende Zusammenstellung.\nV o m Menschen.\n\tMitscherlich.3\tHoppe-Seyl\nWasser ....\t985.4\u2014983.7\t993.16\nFeste Stoffe .\t.\t.\t14.6 \u2014 16.3\t6.84\nOrganisches.\t.\t.\t9.0\t3.44\nNCSA'\t\t0.3\t\u2014\nChloride -f- Ca C\u00dci\t5.0\t3.40\nvan Sexten, 983.8 16.2\nNach Oehl5 enth\u00e4lt der menschliche Parotisspeichel etwa 0.03 %\n1\tFubini, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 235. 1878.\n2\tLehmann, Physiol. Chemie II. S. 13.\n3\tAns einer Fistel des Stenonischen Ganges. Mitscherlich, Ann. d. Physik XXVII. S. 320.\n4\tVon einem 3j\u00e4hr. Kinde, Fistel durch Verwundung mit einem Glassplitter. Hoppe-Seyler, Verdauung S. 199.\n5\tOehl, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1865. I. S. 120.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Parotisspeichel. Submaxillarspeichel.\n17\nRhodankalium, d. i. viel mehr als der larspeichel.\nVom Hunde.\ngemischte oder der Submaxil-Vora Pferde.\nJa cubo witsch. Wasser ....\t995.3\nFeste Stoffe .\t.\t4.7\nOrganisches .\t.\t1.4\nRhodanalkalien \\\t0\nChloralkalien J Ca CO s ....\t1.2\n1 IIertek.1 2 991.5-993.8 6.1\u20148.47 1.53\n6.25\n0.68\nLehmann.3 Magendie\nWasser.\t.\t.\t.\nFeste Stoffe .\t.\nEpithel -f- CaC\u00dc3 L\u00f6sliches . .\t.\nAlkoholextract . Fettsaures Alkali\n992.92\t989.0\n7.08\t11.0\n1.24 5.84 0.98 0.43\nDen Gehalt des Parotisspeichels vom Hunde an gebundener CO2 fand IIerter - zu 1.818 und 1.701 p. M. \u2014 Hoppe-Seyler konnte im gleichfalls frisch secernirten Secrete der Hundeparotis durch seine H\u00e4moglobin-reaction freien absorbirten O nach weisen.4 5 6 7\nLassaigne.5\nVon der Kuh. Von einem Widder.\nAVasser\t\t.\t.\t990.7\t989.0\nSchleim und l\u00f6sl. organ.\tSub.\t0.44\t1.0\nKohlens\u00e4ure Alkalien .\t.\t.\t3.3S\t3.0\nChloraikalien ....\t.\t.\t2.85\t6.0\nPhosphorsaure Alkalien\t.\t.\t2.49\t1.0\nPhosphorsaurer Kalk .\t. . 0.10\tSpuren\n2. Su h m axillarspeich el.\t\t\nDie Submaxillardr\u00fcse participirt neben der Parotis am wesentlichsten an der Zusammensetzung des ganzen gemischten Speichels. Dr\u00fcse und Secret sind sehr schleimreich; Obolenski 6 hat die zerriebene Sp eichel -h r \u00fc s e vom Rind in Wasser eingetragen, filtrirt und mit Essigs\u00e4ure aus dem Filtrate das Mucin gef\u00e4llt. Nach dem Waschen mit Alkohol zeigte es die Elementarzusammensetzung: C 52.3; 7/7.2; O 11.8%. Aber nur aus der in Rede stehenden Dr\u00fcse, nicht aus der Gl. parotis konnte er Mucin erhalten. Der Submaxillarspeichel ergiesst sich durch den Ductus Whartonianus in die Mundh\u00f6hle; die Ausm\u00fcndung liegt beim Menschen entweder isolirt, oder ist gleichzeitige Ausm\u00fcndung des Secrets der Sub-lingualdr\u00fcse, wenn deren Gang, der Ductus Bartholini mit dem Wharton-sclien Gange zusammenfliesst. Eckhard 7 hat eine d\u00fcnne Glasr\u00f6hre in den Wharton\u2019schen Gang des lebenden Menschen eingef\u00fchrt, um den Speichel frei von anderen Beimengungen gewinnen und untersuchen zu k\u00f6nnen. Die Operation gelingt leicht, wenn die Zunge nicht zu sehr gehoben wird und die M\u00fcndung des Ausf\u00fchrungsganges weit genuo- ist. Man kann dann die R\u00f6hre einen Zoll tief, also bis jenseits der Einm\u00fcndungsstelle des D. Bartholini in den D. Warth, einschieben und sich so\n1\tJacubowitsch. Canstatt\u2019s Jahresber. 184s. S. 209 und Bidder & Schmidt Verdauungss\u00e4fte S. 7.\n2\tHoppe-Seyler. Verdauung S. 199.\n3\tLehmann. Physiol. Chemie IL S. 14.\n4\tHoppe-Seyler. Jahresber. d. Thierchemie ATI. S. 113. 1877.\n5\tLassaigne. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1852.1. S. 59.\n6\tObolenski. Jahresber. d. Thierchemie I. S. 20. 1871.\n7\tEckhardt, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1S62.1.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"IS Maly. Chemie der Verclauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nvor der Beimischung\u2019 des Absonderungsproductes der Unterzungendr\u00fcse sichern.\nDer menschliche Speichel der Gl. submaxillaris ist unmittelbar nach seiner Absonderung wasserhell und d\u00fcnnfl\u00fcssig, wird aber sp\u00e4ter viel z\u00e4her, was beim Parotisspeichel nicht vorkommt. Er setzt an der Luft Flocken ab, tliut dies aber nicht, wenn er sich in einer CO-i - freien Atmosph\u00e4re befindet. Er reagirt immer alkalisch, tr\u00fcbt sich beim Kochen und wird dann nach Zusatz von HCl oder IIXOz noch tr\u00fcber, setzt St\u00e4rke rasch in Zucker um gleich dem Parotisspeichel und enth\u00e4lt keine Thiocyans\u00e4ure. Sein spec. Gewicht betr\u00e4gt 1.0026 bis 1.0033, im n\u00fcchternen Zustand aber auch weniger; die Summe der in ihm enthaltenen festen Bestandtheile schwankt von 0.36 bis 0.46 0 o, und wird wenig oder nicht von der Nahrung beeinflusst \u2014 Eckhard. Oehl 1 und Sertoli1 2 sind mit Eckhard insofern im Widerspruch, als sie im menschlichen Submaxillarspeichel Rhodanmetall als gew\u00f6hnlichen Bestandteil fanden, wenngleich in geringerer Menge als im Parotisspeichel. Nach der colorimetrischen Methode bestimmt, sollen darin 0.004% enthalten sein, gegen 0.03 % im Parotisspeichel.\nVom Hunde wird Submaxillarspeichel aus angelegten Fisteln gewonnen, wor\u00fcber Bidder & Schmidt und auch Hoppe-Seyler n\u00e4here Angaben machen. Der gewonnene Speichel ist farblos, klar, durchsichtig, leichtsch\u00e4umend, z\u00e4he, und zwar z\u00e4her als der vom Menschen, oft lange F\u00e4den bildend beim Abtropfen, stets deutlich alkalisch, aber weniger stark als das Parotissecret (Bidder & Schmidt). Zur Neutralisation von 100 Grm. Submaxillarspeichel vom Hunde verbrauchte Pfl\u00fcger 0.135 bis 0.144 Grm. SO3. Erw\u00e4rmen erzeugt Tr\u00fcbung oder Niederschlag von CaCO3. Auch schon beim Stehen an der Luft scheidet sich das Carbonat aus. Eiweiss scheint zu fehlen, oder nur in Spuren darin zu sein, denn schl\u00e4gt man mit Essigs\u00e4ure das Mucin nieder und bringt zum Filtrat einen Tropfen Blutlaugensalz, so entsteht kaum erkennbare Tr\u00fcbung (Hoppe-Seyler). Salzs\u00e4ure und Phosphors\u00e4ure bringen keine 5 er\u00e4nderung hervor, Salpeters\u00e4ure und nachfolgendes Ammon f\u00e4rben gelb und gelbroth ; durch Weingeist werden weisse Flocken gef\u00e4llt. Rhodan fehlt oder kommt nur in Spuren darin vor. Das spec. Gewicht ist 1.0026 bis 1,004. Diasta-tisches Verm\u00f6gen hat der Hundemaxillarspeichel wenig oder nicht (Oehl, Bidder & Schmidt), l\u00e4sst man ihn aber ein paar Tage stehen,\n1\tOehl, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1S65.1. S. 120.\n2\tSertoli. Ebenda 1865.1. S. 124.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Submaxillarspeichel.\n19\nso verliert er seine Yiscosit\u00e4t und verwandelt energisch St\u00e4rke in Zucker, Bernard1 2.\nAnalysen vom Submaxillarspeichel in ausf\u00fchrlicherer Art liegen vom Hund vor, und eine von der Kuh.\nVom Hunde.\nBidder & Schmidt.-\n1. 2\nWasser .... R\u00fcckstand .\t.\t.\t991.45 8.55\t996.04 3.96\nOrganisches .\t. Chloralkalien .\t.\t2.89 4.50 I\t1.51\nKohlens\u00e4ure und j phosphors. Erden 1\t1 1.16 |\t2.45\nHerter.3 1. Wasser ....\t994.4\t\t2. 991.32\nFeste Stoffe .\t.\t5.6\t8.68\nOrganisches .\t.\t1.75\t\u2014\nDarin Mucin .\t.\t0.66\t2.60\nL\u00f6sliche Asche .\t3.59\t5.21\nUnl\u00f6sliche Asche\t0.26\t1.12\nChem. geh. COi .\t0.44\t\u2014\nHerter hat und folgende f\u00fcr\no\nauch die zur Portion 1 geh\u00f6rige Asche analysirt, das Gesammtsecret berechnete Werthe erhalten:\nK-i SO\\\nKCl .\t.\nXa CI .\t.\nXai CO-i . Ca CO'i . Ca3 {PO\\)i\n0.209 p. M. 0.940\t\u201e\n1.546\t\u201e\n0.902\t\u201e\n0.150\t\u201e\n0.113\t\u201e\nVon der Kuh. Lassaigne (eit. S. 17).\nWasser.....................991.14\nSchleim und organische Stoffe\t3.53\nKohlens\u00e4ure Alkalien .\t.\t.\t0.10\nChloralkalien.............. 5.02\nPhosphorsaure Alkalien\t.\t.\t0.15\nPhosphorsaurer Kalk .\t.\t.\t0.06\nDurch Auspumpen mit der //(/-Pumpe erh\u00e4lt man aus Speichel die gew\u00f6hnlichen Gase. Pfl\u00fcger4 durchschnitt Hunden den X. lin-gualis, ting mittelst Caniile und Schlauch den Speichel, ohne ihn an die Luft zu bringen in einem graduirten Cylinder \u00fcber Hy bei 0\u00b0 auf, pumpte direct, dann nach Zusatz von Phosphors\u00e4ure aus, und erhielt auf 100 Vol. Speichel:\n1. 2.\nCOi auspumpbar\t19.3 C.-C.\t22.5 C.-C,\nCOi mit lh PO\\\t29.9\t\u201e\t42.5\t\u201e\nStickstoff .\t0.7\t\u201e\t0.S\t\u201e\nSauerstoff .\t0.4\t\u201e\t0.6 \u201e\n1\tBernard. Propr. physiol, p. 253.\n2\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. S. Vom Speichel der Analyse 1. wurden in l Stunde 25.23 Grm. secernirt, von dem der Analyse 2. in derselben Zeit nur 13.6 Grm.\n3\tHoppe-Seyler, Verdauung. Davon ist l. auf Heizung der Mundh\u00f6hle mit Essigs\u00e4ure, 2. beim Kauen von Fleisch erhalten.\n4\tPfl\u00fcger, Jahresber. d. ges. Med. 1868. I. S. 93.","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\n3. Sublingualspeichel ; Mundschleim.\nDurch Katlieterisation am Menschen konnte Oehl nicht die zu Untersuchungen hinreichenden Mengen Secrets der Gl. subling. erhalten, es wurde nur constatirt, dass es stark alkalisch ist und sehr z\u00e4he. Es enth\u00e4lt viel Schleim, Formelemente und nach Longet 1 auch Rhodankalium. Beim Hund ist die Sublingualdr\u00fcse so klein, dass sie von Manchen f\u00fcr einen accessorisclien Lappen der Submaxillaris gehalten wird, und die Vereinigung beider Ausf\u00fchrungsg\u00e4nge findet oft weit von der \u00e4usseren M\u00fcndung statt, weshalb eigene Sublingualfisteln anzulegen sehr schwierig ist -\u2014 M. Schiff.\nAusser dem Secrete der eigentlichen Speicheldr\u00fcsen ist der sog. M un d-sclileim, von der Schleimhaut der Mundh\u00f6hle stammend, ein Bestand-theil der gesammten Mundfl\u00fcssigkeit, den zu gewinnen beim Menschen sich keine Gelegenheit findet. Bidder und Schmidt haben aber bei Hunden durch Unterbindung der Speicheldr\u00fcsenausg\u00e4nge den Mundschleim zu isoliren versucht1 2. Nach Beendigung der mit den Thieren vorgenommenen Experimente \u00fcberzeugten sie sich, dass der Zweck erreicht war. Die Speichelg\u00e4nge fanden sich dann um das vier- und mehrfache angeschwellt und blindkolbenf\u00f6rmig endend. Sind die vier grossen Speichelg\u00e4nge unterbunden (Gl. sublinguales kommen beim Hunde als selbstst\u00e4ndig m\u00fcndende Dr\u00fcsen nicht vor), so ist die n\u00e4chste Folge eine auffallende Verminderung der die Mundschleimhaut benetzenden Fl\u00fcssigkeit, so dass nur bei geschlossenem Munde die Schleimhaut feucht erhalten bleibt. Trockene Nahrungsmittel werden nun, indem das reichlich durchfeuchtende Parotissecret und das schl\u00fcpfrig machende Submaxillarsecret fehlt, nur schwierig und mit sichtlicher Anstrengung verschluckt. Der Durst solcher Thiere ist daher sehr gesteigert. Daraus folgt, dass die von der Mundschleimhaut selbst gelieferten Secrete sehr sp\u00e4rlich sein m\u00fcssen, und in der That haben Bidder und Schmidt nur mit viel Geduld und Zeitaufwand eine zur Analyse erforderliche Menge gewonnen, im Laufe einer Stunde nie mehr als ein paar Gramm. Der Mundschleim reagirte alkalisch, war schaumig, in Folge des Abstreifens epithelhaltig und gab folgende Zahlen auf 1000:\nWasser 990.02 R\u00fcckstand 9.9 S\n1.67 in Alkohol l\u00f6sl. org. Subst.\n2.18 \u201e\t\u201e unl\u00f6sl. \u201e\t\u201e\n6.13 anorg. Salze\n5.29 Chloride und AYiphosphat 0.82 Erden.\nBidder und Schmidt haben auch in anderen Experimenten nur 1 Paar Speicheldr\u00fcsen unterbunden, entweder die Ohrdr\u00fcsen oder die Unterkieferdr\u00fcsen und so Secrete gesammelt wie: Mundfl\u00fcssigkeit mit Ausschluss des Parotidensecretes oder Mundfl\u00fcssigkeit mit Ausschluss des Maxillardriisen-secretes und diese analysirt, wor\u00fcber das N\u00e4here in ihrem oft cit. Werk.\n1\tLonget, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1856.1. S. 45.\n2\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. I.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Umwandlung der St\u00e4rke durch Speichel.\n21\nIV. Die Umwandlung- der St\u00e4rke durch S\u00e4uren, Diastase und Speichel: Saccharification; die dahei entstehenden Producte.\nIm Jahre 1831 hat Luchs zuerst angegeben (in Kastn. Archiv), dass Speichel resp. Mundfl\u00fcssigkeit das St\u00e4rkemehl allm\u00e4hlich l\u00f6se und in l\u00f6sliche Kohlehydrate, Dextrin und Zucker \u00fcberf\u00fchre. Seit dieser Zeit ist in einer Unzahl von Beobachtungen und Aufs\u00e4tzen der Gegenstand wieder behandelt worden, denn es ist verh\u00e4ltniss-m\u00e4ssig sehr leicht, diese Umwandlung unter dem Einfl\u00fcsse der verschiedensten Speichelsecrete durch qualitative Reaetionen zu con-statiren. Als allgemeines Resultat hat sich die Richtigkeit der Beobachtung f\u00fcr filtrirten und nicht filtrirten Speichel ergeben, wenn auch nicht jede Art von Speichel namentlich nicht jeder Thierspeichel gleich stark oder \u00fcberhaupt diese Wirkung ausitbt, und nur Bernard1 2 ist der einzige Forscher, der noch bis vor einiger Zeit dem frischen Speichel die Umwandlungsf\u00e4higkeit von St\u00e4rke in Zucker \u00fcberhaupt absprach, indem er nachzuweisen sich bem\u00fchte, dass der Speichel, wenn er eine gewisse Zeit sich selbst \u00fcberlassen bleibt, gleichwie die einzelnen isolirt aufgefangenen Speichelsorten (Maxill., Subi. u. Parot.) unter diesen Umst\u00e4nden das diastatische Verm\u00f6gen wohl erlangen, dass dies aber eine Alteration des normalen Saftes bedeute. Bernard\u2019s Versuche an Thieren sind so bestimmt, dass an der Richtigkeit der Beobachtung kaum zu zweifeln ist, und wenn etwas diese Abweichung vom allgemeiner Beobachteten theilweise erkl\u00e4ren kann, so m\u00f6chte es etwa das sein, dass der Speichel von Hunden, und an solchen hat Bernard- experimentirt, \u00fcberhaupt sehr viel schw\u00e4cher als der menschliche und mancher andere Speichel mit diesem Verm\u00f6gen begabt ist.\nDie Ursache der saccharificirenden Umwandlung wurde bald einem bestimmten K\u00f6rper des Speichels zugeschrieben, aber man fand auch, dass die als specifisch im Speichel substituirten Ptyaline von Berzelius, Gmelin, Wright u. s. w. es nicht waren, die die Wirkung veranlassten, nur so viel haben in bestimmter Weise K\u00f6l-liker & M\u00fcller3 4 nachgewiesen, dass das alkoholische Extract des Speichels die St\u00e4rke intact l\u00e4sst1, das Speichelwasserextract dieselbe aber in Zucker verwandle.\n1\tBernard. Le\u00e7ons de physiol, exp\u00e9r. Paris 1S56; Propr. physiol, p. 253.\n2\tDerselbe. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1S56.1. S. 45.\n3\tK\u00f6lliker. W\u00fcrzburger Verhandl. V. S. 217.\n4\tNach L\u00f6sch (Jahresber. d. gc>. Med. 1S6S) verwandelt abgedunstetes Alkohol-extract vom Speichel noch St\u00e4rke in Zucker.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nIndern dann sp\u00e4ter die behindernde Wirkung- des Alkohols, dann die zerst\u00f6rende oder aufhebende der h\u00f6heren Temperatur erkannt waren, rangirte sich der unsichtbare K\u00f6rper mit der sichtbaren Wirkung unter die Fermente und man spricht heute von einem zuckerbildenden, saccharified rende n, amylolytischen, diastatischen Speichelferment, \u00fcber dessen versuchte Isolirung die Angaben schon vorher S. 11 gemacht worden sind.\nOb die \u00e4hnlich wirkenden Fermente von Pancreas, Darmsaft etc. mit dem des Speichels identisch sind, ist sehr wahrscheinlich. aber nicht bewiesen. Auch das sacchariticirende vegetabilische Ferment der gekeimten Gerste, die eigentliche Diastase von Paten & Persoz scheint mit dem Speichelferment, das seit Mialhe oft als Diastase salivaire bezeichnet wird, identisch zu sein, h\u00f6chstens sprechen dagegen Differenzen in den Sistirungstemperaturen. Jedenfalls sind aber alle die genannten Fermentwirkungen einander h\u00f6chst \u00e4hnlich, denn immer kommt es darauf hinaus, dass im Verlaufe von Secun-den, Minuten oder Stunden St\u00e4rke verschwindet, und sich l\u00f6sliche Kohlehydrate \u2014 Dextrine, Zucker \u2014 bilden und die Beobachtungen beziehen sich darauf, dass die Reaction auf St\u00e4rke schw\u00e4cher wird oder aus bleibt und neue Reaction en eintrete n.\nBez\u00fcglich des Verschwindens der St\u00e4rke-Jod reaction ist h\u00e4ufig auf eine m\u00f6gliche Irrung aufmerksam gemacht worden, die Schiff *, Lussana und Vintschgau - studirten. Speichel und andere thierische Fl\u00fcssigkeiten wie Muskelsaft, Bauchspeichel, Harn etc. enthalten Bestand-theile, die Jod binden in einer nicht genau erkannten Weise, wahrscheinlich unter Bildung von Substitutionsproducten und gleichzeitig von HJ. Die Jodbindung ist nicht auf die geringe Alkalinit\u00e4t des Speichels zu schieben, denn der saure Harn thut es auch und \u00fcberdiess ist speciell nachgewiesen, dass die Jodst\u00e4rke-Entf\u00e4rbung in fast gleicher Weise abl\u00e4uft, ob der dazu gebrauchte Speichel normal oder ob er leicht anges\u00e4uert ist, wenn nur die andern Bedingungen identisch bleiben. Dass von dem Verschwinden der St\u00e4rke durch Zuckerbildung die Jodst\u00e4rkeentf\u00e4rbung nicht abzuleiten ist, zeigt sich dadurch, dass gekochter Speichel, dessen Ferment also zerst\u00f6rt ist, gleichwohl nach dem Abk\u00fchlen und besonders lebhaft bei Brutw\u00e4rme noch jodirte St\u00e4rke entf\u00e4rbt; bringt man dann aber mehr Jod oder ein Tr\u00f6pfchen gelber Salpeters\u00e4ure hinzu, so tritt wieder Bl\u00e4uung ein, ein Beweis, dass noch St\u00e4rke vorhanden ist. Ebenso verh\u00e4lt sich rohe St\u00e4rke (St\u00e4rkemilch), auf die das Ferment doch h\u00f6chst langsam wirkt; d. h. man kann zu einem frisch gemachten Gemisch von Speichel und roher St\u00e4rke ein wenig Jodtinktur setzen, ohne Bl\u00e4uung zu erhalten. Hierauf kommt nach Schiff auch ein Kunstst\u00fcck-\n1\tSchiff, Digestion p. 153 etc.\n2\tVintschgau, Atti dell\u2019 Istituto veneto di scienze. lettere ed arti. Ser. 3. IV.. Ser. 4. III.","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Umwandlung der St\u00e4rke durch Speichel. Arbeiten von M\u00fcsculus u. d. Neueren. 23\nclien mancher w\u00e4lschen Strassenescamoteure, die unter dem Namen von Tinte ein sehr dunkles Gemisch von St\u00e4rkemilch und Jod in den Mund nehmen und es nach Kurzem entf\u00e4rbt und durchsichtig wieder ausspucken. Der w\u00e4sserige Auszug von Hundespeicheldr\u00fcsen, die meist nur sehr wenig diastatisch wirken, verh\u00e4lt sich dem Speichel darin gleich. So unbedeutend an und f\u00fcr sich diese Eigenth\u00fcmlichkeit gewisser Speichelbestand-theile (woran wohl das Mucin Theil nehmen d\u00fcrfte Q ist, Jod zu binden und es der bereits gebildeten Jodst\u00e4rke zu entziehen, oder deren Bildung, wenn das Jod zuletzt zugesetzt wurde, zu verhindern, so muss doch ausdr\u00fccklich, um T\u00e4uschung zu vermeiden, darauf geachtet werden.\nMan h\u00e4lt sich daher besser an den Nachweis der auftretenden Umwandlungsproducte der St\u00e4rke, zumal des Zuckers, als an das \u2019Verschwinden der St\u00e4rke. Die qualitative Pr\u00fcfung auf Zucker wird in der bekannten Weise vorgenommen 1. durch Ben\u00fctzung der Reduction s-wirkungen meist in alkalischer L\u00f6sung, so auf Kupfer-, Wismuth-und Quecksilbersalze, auf Wolfram- und Molybd\u00e4ns\u00e4ure, aut Indigocarmin; 2. durch G\u00e4hrung; 3. durch Zusatz von Kalil\u00f6sung und Erw\u00e4rmen; 4. d u r c h P o 1 a r i s a t i o n. Die quantitative Bestimmung der Menge des gebildeten Zuckers kann 1. durch Ti tri rung mit Fehling\u2019s alkalischer Kupferl\u00f6sung (oder eine der vielen anderen dazu pro-ponirten Kupferl\u00f6sungen); 2. durch Titrirung mit Knapp\u2019s alkalischer Quecksilbercyanidl\u00f6sung, 3. durch Polarisation, 4. durch W\u00e4gung des bei der G\u00e4hrung entwickelten COi, 5. durch Ermittlung des speeifischen Gewichtes vor und nach der G\u00e4hrung ausgef\u00fchrt werden. Handelt es sich darum, die fermentative V irksamkeit einer Speichelprobe f\u00fcr eine bestimmte Zeitl\u00e4nge zu pr\u00fcfen, und also die Wirkung des Speichels auf die St\u00e4rke in einem gegebenen Momente zu unterbrechen, so erhitzt man rasch zum Kochen oder setzt Aetzkali oder Aetznatronl\u00f6sung zu. Um bei vergleichenden diastatischen Proben die Bedingungen der Ferment- (Speichel-) Einwirkung m\u00f6glichst gleich zu machen bedient man sich zweckm\u00e4ssig einer Vorrichtung, die Paschutix1 2 beschreibt, und die leicht construirbar ist. Alle Probirgl\u00e4ser kommen in ein 35\u201440\u00b0 erw\u00e4rmtes kupfernes Wasserbad, in dem auf 3'4 seiner H\u00f6he eine mit zahlreichen runden Oeffnungen versehene h\u00f6lzerne Scheibe schwimmt, die zur Aufnahme der Probecylinder dient. Ein eingesenktes Thermometer und ein allenfalls aufgesetzter Deckel vollendet die Ad-justirung des Apparates.\nW\u00e4hrend mit den erw\u00e4hnten Mitteln seit vierzig Jahren zahlreiche oft unbedeutende Details der saccharificirenden Wirkung des Speichels untersucht und mit der Wirkung verd\u00fcnnter S\u00e4uren als analog in ihrem Verlaufe betrachtet wurden, haben Untersuchungen der neueren Zeit die ganze Doctrin von der Traubenzuckerbildung geradezu auf den Kopf gestellt, und wenn auch die in Frage steken-\n1\tUnd die Eiweissspuren, denn Eiweissk\u00f6rper, z. B. Albumin, verhindern die St\u00e4rkereaetion, wenn nicht Jod im Leberschuss zugesetzt wird.\n2\tPaschutin. Arch. f. Anat. u. Physiol. IsTl. S. 305.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nden Processe noch bei weitem nicht aufgekl\u00e4rt, doch wenigstens gezeigt, dass dieselben verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig viel complicirter als bisher gedacht, ablaufen und keineswegs mit der Bildung von Traubenzucker endigen. Wir m\u00fcssen desshalb hier mehr historisch zu Werke gehen und namentlich auch die einschl\u00e4gigen Umwandlungen, welche die St\u00e4rke durch ve rd\u00fcnnte S\u00e4uren und die, welche sie durch d i e D i a s t a s e der Gerste erleidet, mit in den Kreis der Betrachtung ziehen.\nDie \u00e4ltere fr\u00fcher allgemein adoptirt gewesene Anschauung war die, dass die gew\u00f6hnliche (pflanzliche) St\u00e4rke unter dem Einfluss der verschiedenen Agentien, die sie verfl\u00fcssigen (S\u00e4uren, pflanzliche und thierische Fermente), sich in isomeres Dextrin, und dieses weiterhin unter Aufnahme von Wasser in Dextrose (Glycose, Traubenzucker) verwandle. Erst im Jahre 1860 hat Musculus 1 gegen dieses Dogma sprechende Versuche angef\u00fchrt, die, wenn sie auch nicht v\u00f6llig richtig waren, doch im Allgemeinen den Anstoss gegeben haben, der die Frage in Fluss brachte. M. behauptete, dass, wenn St\u00e4rke mit einer L\u00f6sung von Diastase bei 70\u201475\u00b0 behandelt wird, die Bildung des Zuckers zunehme, bis Jod die Fl\u00fcssigkeit nicht mehr blau f\u00e4rbe ; nun h\u00f6re die Einwirkung auf, obwohl noch viel Dextrin vorhanden sei. F\u00fcge man jetzt neue St\u00e4rke hinzu, so trete von neuem Zuckerbildung ein, aber nur bis dahin, dass die Fl\u00fcssigkeit Zucker und Dextrin im Verh\u00e4ltnisse von 1:2 enthalte. Dasselbe Ver-h\u00e4ltniss werde auch immer dann gefunden, wenn die Einwirkung der Diastase noch vor Um\u00e4nderung aller St\u00e4rke unterbrochen werde. Dies gab Musculus die Veranlassung, die Diastaseeinwirkung als eine Spaltung zu betrachten:\n3 C% IIio 0-0 -j- 2 H2 0 = Ge Hi2 De -f 2 fe Hi0 0-0.\nSt\u00e4rke.\tDextrose.\tDextrin.\nDas Wesentliche in der Arbeit von Musculus ist daher der Nachweis, dass die Verzuckerung der St\u00e4rke nicht auf einer allm\u00e4hlichen Umwandlung in Dextrin, und von diesem in Zucker bestehe, sondern dass diese beiden K\u00f6rper gleichzeitig nebeneinander aus der St\u00e4rke entstehen.\nPayen1 2 bek\u00e4mpfte von den Angaben Musculus\u2019 die, dass bei der Diastasewirkung nur 33 % Zucker entst\u00fcnden und dass das Dextrin dabei nicht mehr weiter Zucker g\u00e4be, und behauptet, dass, wenn\n1\tMusculus, Journ. de pharm, et chim. 3. s\u00e9r. XXXVII.; Chem. Centralbl. I860. S. 603.\n2\tPayen, Chem. Centralbl. 1865. S. 845.","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Arbeiten von Musculus und den Neueren.\n25\nDextrin mit Diastase behandelt werde, daraus noch 20\u201426.8 % Zucker erhalten w\u00fcrden, muss aber doch bez\u00fcglich der St\u00e4rke zugeben, dass sie nicht vollauf, sondern im Maximum nur bis zu 52.7% in Zucker umgewandelt werden k\u00f6nne. Als Diastase haben Paten & Musculus sowie die meisten Arbeiter dar\u00fcber die Alkoholf\u00e4llung eines Malzaufgusses angewandt. Zu den Angaben von Payen stimmen nun die Ergebnisse einer Reihe von Chemikern, so namentlich die von A. Schwarzer 1 und von E. Schulze & M\u00e4rker1 2, wonach das eine Resultat als feststehend erscheint, dass die Diastase nie die ganze Menge, sondern immer nur einen gewissen Theil der St\u00e4rke in Zucker verwandle; und zwar werden 48.9 \u2014 53 % Zucker (als Traubenzucker berechnet) vom angewandten St\u00e4rkmehl erhalten, also etwa die H\u00e4lfte der theoretischen Menge, die entstehen m\u00fcsste, wenn alles St\u00e4rkemehl in Traubenzucker verwandelt w\u00fcrde. Die Zuckerbildung aus St\u00e4rke mittelst Diastase erfolgt gut bei 60\u00b0; von 65\u00b0 ab findet Schw\u00e4chung der Einwirkung statt. Den Ablauf des Processes erkennt man der Hauptsache nach am v\u00f6lligen Verschwinden der Jodreaction; bei l\u00e4nger dauernder Diastase-einwirkung wird nur mehr wenig Zucker gebildet, und dabei ist es ganz gleichg\u00fcltig, wie gross die Diastasemengen zur angewandten St\u00e4rke sind, der gebildete Zucker \u00fcberschreitet die angegebenen Zahlen nicht, auch nicht beim gr\u00f6ssten Ueberschuss an Diastase. Nimmt man an, dass die St\u00e4rke in gleiche Molek\u00fcle Dextrin und Zucker zerfiele, so m\u00fcssten 52.6 % Zucker gebildet werden, was zu den Versuchen von Paten, Schwarzer, Schulze & M\u00e4rker gut stimmt, und der Process k\u00f6nnte durch folgende Gleichung versinnlicht werden : 2 Cg //io % \u2014f- ZG 0 = Lg Z/io % Gi Z/12 Oq\nSt\u00e4rke\tDextrin\tZucker\ndie, wenn sie auch den Process nicht endg\u00fcltig richtig ausdr\u00fcckt, doch den Factis Ausdruck gibt, dass nur eine gewisse Menge Zucker entsteht, und dass der andere St\u00e4rkeantheil zu einem Kohlehydrat (Dextrin) wird, das nicht g\u00e4hrungsf\u00e4hig ist, und durch Malzferment nicht mehr weiter ver\u00e4ndert wird. Musculus & Gruber3 haben neuestens durch 5 t\u00e4giges Einwirken von Diastase auf Kleister und F\u00e4llen mit Alkohol solches Dextrin dargestellt, das von Diastase nicht mehr weiter beeinflusst wurde. Darin liegt daher die Richtigkeit f\u00fcr die Spaltungstheorie bei der Einwirkung von Malzferment.\n1\tA. Schwarzer, C\u2019hem. Centralbl. ISTO. S. 295.\n2\tE. Schulze & Marker, Ebenda 1S72. S. S23.\n3\tMusculus & Gruber, Ztschr. f. physiol. Chemie II. S. 177.1S7S.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel\nDie endg\u00fcltige Gleichung l\u00e4sst sich noch nicht geben, weil das Molek\u00fcl der St\u00e4rke1 nicht bekannt ist, doch l\u00e4sst sich von deni Process sagen, dass dabei (Cb \u00dc10O5)n unter Aufnahme von x II2 0 gespalten wird.\nV\u00f6llig anders gestaltet sich demnach die Einwirkung des Malzfermentes gegen\u00fcber der der kochenden verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure oder Salzs\u00e4ure; denn die letzteren verwandeln den Gesammtbetrag der ihnen exponirten St\u00e4rke in re-d u ci r enden Traubenzucker, die Diastase gibt, wie wir gesehen haben, nur die H\u00e4lfte vom St\u00e4rkegewicht an Zucker auch bei ihrer forcirtesten Einwirkung. Richtiger w\u00e4re in Bezug auf das Folgende das Verhalten so auszudr\u00fccken: das Reductionsverm\u00f6gen (zu Kupferl\u00f6sungen) der vollkommen mittelst Diastase verfl\u00fcssigten St\u00e4rke betr\u00e4gt die H\u00e4lfte von dem durch Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure zu erreichenden Reductionsverm\u00f6gen. Am genauesten hat Ron. Sachsse die mittelst Schwefels\u00e4ure gewinnbaren Zuckermengen bestimmt; kocht man 2,3\u20143 Grm. St\u00e4rke in einem K\u00f6lbchen mit 200 C.-C. Wasser und 20 C.-C. Salzs\u00e4ure am Wasserbade 3 Stunde lang, so ist die Umwandlung vollendet, d. h. es kann nicht mehr Glycose erzeugt werden. Er fand dabei, dass 99 St\u00e4rke 108 Glycose geben. Daraus folgt gleichzeitig die schon fr\u00fcher angedeutete Molekulargr\u00f6sse der St\u00e4rke: Cz\u00a7H^-iO>,\\ (Mol. = 990) -j- 5 H2O = Cu Hi 2 Osa (Mol. = 1080) = 6 X C% 2 D\u00df.\nDie n\u00e4chste Erkenntniss, wenngleich sie die Frage weiter eom-plicirte, war die, dass bei der S\u00e4ure- sowohl als D ia stase-Wirkung, bei ersterer vor\u00fcbergehend, nicht ein, sondern zwei verschiedene Dextrine auftreten. Dasselbe findet auch schon statt bei der blossen Wasserwirkung, wenn also verd\u00fcnnter Kleister sich tagelang selbst \u00fcberlassen bleibt. Endlich tritt in allen diesen F\u00e4llen noch ein Zwischenproduct zwischen der eigentlichen St\u00e4rke und den Dextrinen auf, es ist dies die sog. l\u00f6sliche St\u00e4rke. Ueber die Natur der beiden Dextrine fehlen fast alle quantitativen Kenntnisse, und nur ihr Verhalten zu einigen Reagentien, so namentlich zu Jod und Gerbs\u00e4ure, ist studirt worden und dieses gestattete, sie und die l\u00f6sliche St\u00e4rke aus einander zu halten. Es sind namentlich von\nl Das Molek\u00fcl der St\u00e4rke ist nach neueren Untersuchungen wahrscheinlich viel gr\u00f6sser als bisher angenommen worden ist; so hat Bondonneau die Jodst\u00e4rke 5 (C'ci/ioDs) -f J zusammengesetzt gefunden (Compt. rend. LXXXV. p. 671) und Sachsse hat bei genauen Titrirungen der aus der St\u00e4rke erlangbaren Menge an Dextrose f\u00fcr dieselbe die Formel CwHsiOn gerechnet, die schon Xageli Vorschlag, und welche gleich ist 6mal C\u00a7H\\oOi> T 1 Mol. H-iO. Jahresber. d. Thierchemie AVI. S, 60. 1877.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"Verschiedene Dextrine.\n27\n0. Nasse1, V. Griessmayer2, E. Br\u00fccke3, L. Bondonneau4 und Musculus5 Angaben dar\u00fcber vorhanden.\nJod unterscheidet die 3 K\u00f6rper in folgender Art: das erste isomere Umwandlungsproduct, die l\u00f6sliche St\u00e4rke, wird, wie die rohe oder gequellte St\u00e4rke, sch\u00f6n dunkelblau und gibt damit blaue L\u00f6sungen; von den Dextrinen wird das eine rotli gef\u00e4rbt, das andere bleibt farblos. Wenn man die Bezeichnungen der verschiedenen Forscher f\u00fcr dieselben K\u00f6rper zusammenstellt, so hat man6:\n1.\tL\u00f6sliche St\u00e4rke (Bechamp); Amidulin (Nasse); Amylogen (Bondonneau), durch Gerbs\u00e4ure und Alkohol f\u00e4llbar.\n2.\tMit Jod sich rotli f\u00e4rbendes Dextrin; Dextrin (Nasse); Dextrin I (Griessmayer);\nErythrodextrin (Br\u00fccke); Dextrin a (Bondonneau);\n3.\tMit Jod sich nicht f\u00e4rbendes Dextrin; Dextrinogen (Nasse); Dextrin II (Griessmayer); Aehroodextrin (Br\u00fccke); Dextrin \u00df (Bondonneau) ;\nDie Umwandlung der St\u00e4rke in die angebenen Producte erfolgt\ndurch Gerbs\u00e4ure nicht f\u00e4llbar, durch Alkohol f\u00e4llbar.\n1\t0. Kasse, De materiis amylaceis etc. Halis 1S66 (mir nicht im Original bekannt) und Arch. f. Physiol. XIV. S. 474.\n2\tV. Griessmayer. Chem. Centralbl. 1871. S. 636.\n3\tE. Br\u00fccke. Sitzungsber. d. Wiener Acad. III. Abth. 1872 und dessen Vorlesungen.\n4\tL. B ordonne au, Compt. rend. LXXXI. p. 972, 1210.\n5\tMusculus, Ztschr. f. physiol. Chemie II. S. 177.\n6\tBondonneau und neuestens Musculus unterscheiden noch zahlreichere Spaltungsproducte der Starke mit Diastase, namentlich eine gr\u00f6ssere Anzahl von mit Jod sich nicht f\u00e4rbenden Dextrinen, f\u00fcr deren Charakterisirung aber vorl\u00e4ufig nichts als einige Angaben \u00fcber die opt. Drehung und \u00fcber deren relatives Reduc-tionsverm\u00f6gen (das des Traubenzuckers zu 100 gesetzt) vorliegen, die daher h\u00f6chst fraglich sind. Bondonneau hat mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure, Musculus & Gr \u00fcber haben mit Malzinfus gearbeitet.\nUebersicht nach Bondonneau.\n\tDrehung\tmit Jod\tin Alkohol\nAmylogen. .\t.\t.\t2 t 6\u00b0\tblau\tunl\u00f6sl.\na Dextrin .\t.\t.\t. 186\u00b0\troth\t\u20ac,\n\u00df\t.,\t...\t.\t176\u00b0\tfarblos\t\ny\t\u2022 \u2022\t...\t.\t164\u00b0\t\tl\u00f6slich\nG1 y c o s e .\t.\t.\t52\u00b0\t\t5?\nUebersicht nach Musculus &\t\tGruber (cit. S. 25). Rel.\t\n\tDrehung\tReductions- verm\u00f6gen\tmit Jod\nL\u00f6sl. St\u00e4rke\t. 218\u00b0\t6\troth (blau)\nErythrodextrin\t\u2014\t\u2014\troth\na Aehroodextrin .\t. 210\u00b0\t12\tfarblos\n\u00df\t.\t190\u00b0\t12\t\n\t150\u00b0\t28\t\nMaltose ....\t.\t150\u00b0\t66\t\nTraubenzucker\t56\u00b0\t100\t99","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Yerdauung. I. Cap. Der Speichel.\nim Allgemeinen in der Reihenfolge, wie sie angegeben sind, so dass erst sich das f\u00e4rbende, dann, aber wohl auch gleichzeitig das sieh mit Jod nicht f\u00e4rbende Dextrin bildet. Sehr einfach hat dies Griess-mayer an sich selbst \u00fcberlassenem 1 procent. tiltrirten Kleister gezeigt. An den ersten Tagen gibt (sehr verd\u00fcnnte 1 ioooo normale) Jodl\u00f6sung nach einer anf\u00e4nglichen violetten Nuance Bl\u00e4uung, an den n\u00e4chsten Tagen zieht sich der Eintritt bis zur Bl\u00e4uung immer mehr hinaus, am 7. und 8. Tage geht der violette Ton in Roth \u00fcber, am 9. Tage wird er rein roth, am 10. tritt mit Jod keine F\u00e4rbung mehr ein (Dextrin II). Nach weiteren 1\u20142 Tagen ist dann mit Fehlingscher L\u00f6sung Zucker nachweisbar. Gerbs\u00e4urel\u00f6sung bewirkt im Kleister an den ersten Tagen Niederschlag, an den folgenden nur Opalisirung und an den sp\u00e4teren nichts mehr (Verschwinden der l\u00f6slichen St\u00e4rke).\nWird St\u00e4rke der Einwirkung der trocknen W \u00e4 r m e (R\u00f6sten) ausgesetzt, wie das bei der Darstellung des meisten Dextrins des Handels der Fall ist, so findet man l\u00f6sliche St\u00e4rke, denn Jod f\u00e4rbt bald rein blau, bald mehr violett. Das nach Paten (Befeuchten von St\u00e4rke mit sehr verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure und gelindes R\u00f6sten bei 110\u2014120\u00b0) erhaltene Dextrinpr\u00e4parat ist weiss bis leicht gelblich, v\u00f6llig l\u00f6slich, f\u00e4rbt sich mit Jod roth und enth\u00e4lt nur die 2 Dextrine neben Zucker.\nWird St\u00e4rke mit v e r d \u00fc unter (2\u20144 procentiger) S c h w e f e 1 -s\u00e4ure gekocht, so beobachtet man, nur schneller verlaufend, die Stadien wie bei der Wasserwirkung: erst enth\u00e4lt die Fl\u00fcssigkeit l\u00f6sliche St\u00e4rke, das erste Umwandlungsproduct der Granul\u00f6se der rohen St\u00e4rke, in diesem Stadium wird eine Fl\u00fcssigkeitsprobe mit Jod blau. Sp\u00e4ter wird sie violett (Mischfarbe), bei noch l\u00e4ngerem Kochen rein roth (Dextrin I) und zuletzt gibt Jod nichts mehr oder h\u00f6chstens macht es noch gelblich und jetzt schmeckt die neutralisirte Fl\u00fcssigkeit slisslich und gibt zwar mit Alkohol noch eine F\u00e4llung eines dextrinartigen K\u00f6rpers (Dextrin II), aber dieser f\u00e4llt nicht rein, sondern zuckerhaltig aus. Das letzte Product der Einwirkung von Schwefels\u00e4ure ist Traubenzucker, wovon schon die Rede war.\nBez\u00fcglich der weiteren Charakteristik und Trennung der beiden Dextrine ist das wenige Ermittelte folgendes: hat man in einer L\u00f6sung das l\u00f6sliche Amvdulin neben jodr\u00f6thendem Dextrin, wie das z. B. im ersten Stadium der Behandlung mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure der Fall ist, so f\u00e4rbt Jod violett; verd\u00fcnnt man mit Wasser zum blassen Violett, so erzeugt mehr Jod in der Fl\u00fcssigkeit rothe Wolken oder R\u00f6tkung der Fl\u00fcssigkeit, weil erst, sobald alle St\u00e4rke an Jod gebunden ist, das weitere Jod vom Dextrin I in An-","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"Verschiedene Dextrine.\n29\nsprucli genommen wird.1 Hat man aber vorher mit wenig Alkohol die l\u00f6sliche St\u00e4rke gef\u00e4llt, so gibt Jod sofort eine rein rothe F\u00e4rbung \u2014 Br\u00fccke.\nDie alkalische Kupferl\u00f6sung reduciren die Dextrine nicht oder sehr wenig ('?); nach der Methode von Paten dargestelltes Dextrin mit Kali und Kupfersulfat gekocht, bis nichts mehr reducirt wird, gibt ein Filtrat, aus dem Alkohol Dextrin f\u00e4llt, das mit Jod roth wird und nicht mehr reducirt. Auf \u00e4hnliche Art, wenn man St\u00e4rke mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure verkocht, bis alle Jodreaction ausbleibt, kann man constatiren, dass Dextrin II nicht reducirt. Doch reissen die mittelst Alkohol gef\u00e4llten Dextrine reducirenden Zucker mit. Behufs Trennung kann man aus einem Gemenge, in dem die fraglichen Substanzen enthalten sind, zun\u00e4chst die l\u00f6sliche St\u00e4rke mit wenig Alkohol oder mit Gerbs\u00e4ure f\u00e4llen; die Dextrine gehen in das Filtrat \u00fcber. Aber man muss die Gerbs\u00e4ure nach und nach zusetzen, bis in einer Probe des Filtrates Jod eine rein rothe F\u00e4rbung hervorbringt, dann ist im Niederschlag wesentlich eine Verbindung der l\u00f6slichen St\u00e4rke mit Gerbs\u00e4ure enthalten, mehr Gerbs\u00e4ure w\u00fcrde auch die Dextrine f\u00e4llen. Aus dem Filtrate f\u00e4llt dann starker Alkohol die Dextrine, und zwar zun\u00e4chst das mit Jod f\u00e4rbbare, sp\u00e4ter mit Zucker veruneinigt das andere.\nZur Erkl\u00e4rung des n\u00e4heren Ablaufs der Umwandlung der St\u00e4rke durch Diastase (Malzaufguss) nimmt Br\u00fccke in der St\u00e4rke ausser der Granul\u00f6se und Cellulose N\u00e4geli\u2019s noch eine mit der Cellulose verbundene Erythrogr anul ose an, welche letztere sich mit Jod roth f\u00e4rbt, w\u00e4hrend die Granul\u00f6se sich blau f\u00e4rbt. Wirkt nun die Diastase einige Zeit bei g\u00fcnstiger Temperatur auf die St\u00e4rke ein, so erh\u00e4lt man mit Jod auch R\u00f6thung; aber diese R\u00f6thung r\u00fchrt zum Tlieil vom aus der Granul\u00f6se entstandenen Dextrin I, zum Tlieil jedoch von einem imverwandelten Antheil her, der aus der Cellulose der St\u00e4rke und der schwerer als Granul\u00f6se angreifbaren Erythrogranulose besteht. Durch Gerbs\u00e4ure kann die letztere aus der Fl\u00fcssigkeit gleich der l\u00f6slichen St\u00e4rke gef\u00e4llt werden, ebenso senkt sich auf Zusatz von Jodkaliumjodl\u00f6sung und verd\u00fcnnter HCl die ganze gef\u00e4rbte Masse zu Boden, und dar\u00fcber steht eine klare gelbliche Fl\u00fcssigkeit, wenn genug Diastase da war, alles Dextrin I in das nicht f\u00e4rbbare zu verwandeln. Bei weiterer Dauer des Malzprocesses schwindet dann die mit Jod sich f\u00e4rbende Substanz ganz oder bis auf einen Rest, der mit der unangegriffenen Cellulose einen schleimigen Bodensatz bildet. Die \u00fcberstellende Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt aber immer viel Dextrin II und dieses l\u00e4sst sich durch Diastase nicht mehr weiter in Zucker \u00fcberf\u00fchren (Br\u00fccke).\n1 Nach Greessmayer soll umgekehrt die Verwandtschaft des Jods zum Dextrin gr\u00f6sser sein als zur St\u00e4rke, und Jodst\u00e4rke sich erst dann bilden, wenn alles sich f\u00e4rbende Dextrin mit Jod verbunden ist.","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Yerdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nDie bisher behandelten K\u00f6rper treten intermedi\u00e4r in wechselnden und unbekannten Verh\u00e4ltnissen auf; das Endproduct der Saccha-rificirungsprocesse sind die eigentlichen Z u c k e r. Wird Schwefels\u00e4ure als Ferment genommen, so tritt schliesslich Traubenzucker (die Glycose) auf, wird aber ein organisches Ferment Diastase, Speichel, ben\u00fctzt, so ist das Endproduct nicht Traubenzucker, und mit diesem erst neuerdings gewonnenen Resultate ist von der alten Lehre der Malz- und Speichelwirkung nichts mehr \u00fcbrig geblieben. Was zun\u00e4chst die durch die Malzdiastase hervorgebrachte Zuckerart betrifft, so wird sie als Maltose bezeichnet, eine Substanz, die Dubrunfaut1 schon 1847 entdeckte, die aber v\u00f6llig unbeachtet blieb, und neuestens durch O\u2019Sullivan 2 und E. Schulze 1 2 3 neu aufgefunden, beschrieben und vom Traubenzucker (Glycose) bestimmt unterschieden wurde.\nDie Maltose C12H22O11 -f-H2O unterscheidet sich vom Traubenzucker durch ein viel gr\u00f6sseres Rotationsverm\u00f6gen (\u00ab = + 150\u00b0), durch ein kleineres Reductionsverm\u00f6gen (100 Maltose reduciren so viel Kupferoxyd wie 65 \u2014 66 Traubenzucker) und durch die Zusammensetzung, soferne ein Molek\u00fcl H-iO bei 100\" entweicht. Um Maltose zu gewinnen, wird St\u00e4rke bei 60\u00b0 mit Diastase verzuckert, die Fl\u00fcssigkeit eingeengt, mit Weingeist die Dextrine gef\u00e4llt, das Filtrat verdunstet und mit Weingeist ausgekocht, der dann nach dem Einengen zum Syrup die Maltose sch\u00f6n weiss auskrystallisiren l\u00e4sst. Durch Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure soll sie zu Traubenzucker (durch Vermehrung des Reductionsverm\u00f6gens erschlossen), durch Diastase aber nicht weiter ver\u00e4ndert werden. Die Maltose ist also jene Zuckerart, die auch im Bier enthalten ist; neben ihr entsteht bei der Diastasewirkung nach Musculus & Gruber vorher S. 25 auch eine, aber nur sehr geringe Menge Traubenzucker.\nWenn wir zu der vor allem uns hier interessirenden Wirkung des Speichels auf St\u00e4rke bez\u00fcglich des dabei entstehenden Zuckers \u00fcbergehen, so ist zun\u00e4chst zu constatiren, dass v\u00f6llig fertige Kenntnisse auch hier nicht vorliegen, doch erscheint es sehr wahrscheinlich, dass alles das, was von der vegetabilischen auch von der animalischen Diastase gelte, eine Meinung, die fr\u00fcher schon oft genug, neuestens wieder von Coutaret4 5, dann von Musculus & v. Me ring-'\n1\tDubrunfaut, Gmelin-Kraut\u2019s Handb. VIL S. T <0.\n2\tO\u2019Sullivan, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 26. IS72.\n3\tE. Schulze. Ber. d. d. chem. Ges. 1874. S. 1047.\n4\tCoutaret, Chem. Centralbl. 1870. S. 181.\n5\tMusculus & v. Mering, Jahresber. d. Thierchemie \"V III. S. 49. 1S78.","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"Maltose. Einzelnes \u00fcber die Speichelwirkung.\n31\nausgesprochen worden ist. Nach den letzteren ist in der P Rissigkeit, die durch gen\u00fcgend lange Einwirkung von filtrirtem Mundspeichel auf Kleister (500 Speichel, 100 St\u00e4rke, 1200 Wasser) erhalten wurde, reducirendes Achroodextrin, viel Maltose und ein klein wenig Traubenzucker enthalten, also dieselben Producte wie nach der Wirkung des Malzaufgusses. Etwas abweichende Angaben hat Nasse 1 gemacht, doch stimmen auch sie insoferne zu dem Gesagten, als Nasse erkl\u00e4rt, der Speichelst\u00e4rkezucker sei bestimmt kein Traubenzucker, aber er h\u00e4lt den Zucker nicht f\u00fcr identisch mit der Maltose \u2014 dem Malzst\u00e4rkezucker \u2014, sondern f\u00fcr einen eigent\u00fcmlichen Zucker, den er Ptyalose nennt. Quantitatives ist \u00fcber diese Ptya-lose wenig ermittelt; sie soll minder l\u00f6slich in Alkohol sein als der Traubenzucker, und ihr Reductionsverm\u00f6gen soll beim Kochen mit Schwefels\u00e4ure, wobei Traubenzucker entsteht, verdoppelt werden, w\u00e4hrend es bei Maltose nur von 2 auf 3 steigt, d. h. von 00 auf 100. Nasse erkennt zwei Endproduete der Speichelst\u00e4rkereaction : das sich nicht f\u00e4rbende Dextrin und die Ptyalose ; misst man nach ihm das Reductionsverm\u00f6gen des bei 40\u00b0 digerirten St\u00e4rke-Speichelgemisches mit Kupferl\u00f6sung, so findet man, dass es 45\u201448\u00b0o von dem betr\u00e4gt, das die St\u00e4rke beim (5 st\u00e4ndigen Kochen mit 1 procentiger Schwefels\u00e4ure, also bei v\u00f6lliger Umwandlung in Traubenzucker gibt.\nAehnlich der Wirkung des Speichels auf St\u00e4rke ist die auf Glycogen, d. h. auch hier wird als Endproduct eine L\u00f6sung erhalten, deren Reductionsverm\u00f6gen nur 34\u201441% Seegen2 oder 37 \u2014 3S% Nasse der wie oben angegeben mit Schwefels\u00e4ure daraus erhaltbaren betr\u00e4gt. Unter den Umwandlungsproducten soll Traubenzucker ebenfalls nicht Vorkommen, sondern das nicht f\u00e4rbbare Dextrin und eine Ptyaloseart. Leber-und Muskelglyeogen verhalten sich dabei gleich. Durch Erhitzen dieser Ptyalose mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure wird auch liier das Reductionsverm\u00f6gen verdoppelt. Pankreassaft gibt auf St\u00e4rke wirkend mehr, n\u00e4mlich 4 5\u20144S% des m\u00f6glichen Reductionsverm\u00f6gens, Seegen. Wahrscheinlich sind die Einwirkungsproducte auf Glycogen verschieden von der auf vegetabilische St\u00e4rke; doch geben Musculus & Mering an, auch hierbei Maltose erhalten zu haben.\nIndem wir nun bisher den Ablauf des sacchariticirenden Processes f\u00fcr sich \u2014 als chemischen Vorgang \u2014 und die dabei auftretenden K\u00f6rper kennen zu lernen versucht haben, soweit dies nach dem gegenw\u00e4rtigen Stande m\u00f6glich ist, w\u00e4re jetzt der \\ organg zu betrachten, in wie ferne er auch als Verdauungsvorgang aufzufassen ist. Ein solcher wird er dadurch, dass er ein geformtes, unl\u00f6sliches\n1. Nasse, Arch. f. Physiol. XD . S. 474. 1S77.\n2 Seegen, Jahrcsber. d. Thierchemie \\ I. S. 56. 1S76.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung, i. Cap. Der Speichel.\nKohlehydrat \u2014 die Pflanzenst\u00e4rke \u2014 und nur diese kommt hier in Betracht, in l\u00f6sliche also auffangbare Kohlehydrate verwandelt. Alle anderen Wirkungen, die dem Speichel noch zugeschrieben werden k\u00f6nnen, von der die trockenen Bissen durchfeuchtenden und schl\u00fcpfrigmachenden1 abgesehen, sind unwesentlich gegen\u00fcber der Wirkung auf St\u00e4rke, denn man k\u00f6nnte h\u00f6chstens noch geltend machen, dass in Folge der schwach alkalischen Reaction Spuren von Eiweissk\u00f6rpern aufquellen oder sich aufl\u00f6sen. Liebig glaubte, auch der mit dem Schaume des Speichels verschluckten atmosph\u00e4rischen Luft einen Effect zuschreiben zu m\u00fcssen.2 Cellulose, Pflanzenschleim und Gummi werden vom Speichel nicht erkennbar angegriffen.\nDie Raschheit der Wirkung des Gesammtspeickels und der Secrete der einzelnen Speicheldr\u00fcsen des Menschen und der verschiedenen Thiere ist ungemein oft Gegenstand der Untersuchung gewesen. Der menschliche Gesammtspeichel wirkt sehr rasch, schon nach mehreren Secunden oder wenigen Minuten ist in gequollener gekochter St\u00e4rke unter Verfl\u00fcssigung die Bildung einer Kupferoxyd reducirenden Substanz reichlich nachzuweisen; man kann die Wirkung eine augenblickliche nennen.3 Die fr\u00fchere Meinung, dass nur der Gesammtspeichel diese Wirkung habe, dass weder das Parotis-secret allein, noch das Submaxillardr\u00fcsensecret allein sacchariflcire4, noch beide zusammen, dass aber der Speichel mit Ausschluss des Parotissecrets, oder mit Ausschluss vom Submaxillarspeichel, dass ferner Gemische von Parotissecret und Mundschleim etc. die Wirkung besitzen, mag wohl in einzelnen F\u00e4llen zutreffen, ist aber im Allgemeinen nicht richtig, denn man hat in anderen F\u00e4llen jede einzelne Speichelart saccharificirend gefunden, und ob eine Speichelprobe einmal mehr, einmal weniger diastatisch wirke, muss zun\u00e4chst als Verschiedenheit betrachtet werden, wie sie in der Zusammensetzung eines jeden Secrets innerhalb physiologischer Breiten vorkommt. Es erscheint dies um so weniger belangreich, als wir seit langem wissen, und es neuerdings immer mehr best\u00e4tigt erhalten, dass ein ge-\n1\tBernard siebt die mechanische Wirkung als alleinige Function des Speichels an. Wieferne im Sinne Bidder & Schmidt\u2019s eine Function des Speichel-secretes darin besteht, einen gewissen Wechsel der Fl\u00fcssigkeitsmasse im K\u00f6rper zu bedingen, ist hier nicht zu besprechen.\n2\tLehmann, Zoo Chemie S. 23.\n3\tWenn Solera (Jahresher. d. Thierchemie VIII. S. 236) Kleister von 2.5% bei 10\u00b0 C. mit Speichel versetzte, so konnte er schon nach 12 Secunden die ersten Reductionsproben erhalten, dagegen dauerte cs gegen 20 Stunden und mehr, bis auch die letzte Spur St\u00e4rke umgewandelt war.\n4\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 14; Lehmann, Zoochemie S. 20. Worin das Einschl\u00e4gige bis 185S.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"Einzelnes \u00fcber die Speichelwirkung. Einfluss der Reaction.\n33\nwisses wenn auch viel kleineres Saccharificationsvenn\u00f6gen den verschiedensten thierischen Fl\u00fcssigkeiten, Geweben, ja selbst rein dargestellten Eiweissk\u00f6rpern (Seegen & Kratschmer1 2) zukommt.\nDie Speichel der Thiere wirken verschieden stark, zumeist schw\u00e4cher als der Speichel des Menschen, was namentlich vom Hundespeichel des \u00f6ftern constatirt wurde, bei dessen Anwendung man manchmal erst nach Stunden Spuren von Reduction constatiren kann. Auch der Parotisspeichel vom Pferd wirkt nicht (Roux) und nicht der der Katze, sehr energisch dagegen verhalten sich der Speichel vom Meerschweinchen und auch der Parotisspeichel vom Kaninchen (Schiff). Astaschewsky 2 ordnet nach seinen Versuchen in Bezug auf ihre diastatische F\u00e4higkeit die Speichel in folgender absteigenden Reihe: Ratte, Kaninchen, Katze, Hund, Schaf und Ziege.\nDer Speichel von Neugeborenen und S\u00e4uglingen ist im Gegensatz zu \u00e4lteren Angaben3 nach neueren Untersuchungen \u00fcbereinstimmend saccharificirend gefunden worden \u2014 Schiffer4, Sousino5 6, Korovin'1. L\u00e4sst man kleisterhaltige T\u00fcllbeutel in der Mundh\u00f6hle Neugeborner einige Minuten liegen, so erh\u00e4lt man darauf die Kupfer-reaction; ebenso wirken die Aufg\u00fcsse der Ohrspeicheldr\u00fcsen von Kindern in den ersten Lebenstagen, nicht aber die Aufg\u00fcsse der Speicheldr\u00fcsen eines 22 Tage alten Kalbes \u2014 H. Bayer7.\nEine kleine A en de rung der Reaction des Speichels scheint die diastatische Wirkung nicht zu st\u00f6ren. Setzt man ein wenig Aetznatron bis zur deutlich alkalischen Reaction zu, so beeintr\u00e4chtigt dies nach Jacubowitsch und nach Paschutin die Fermentwirkung nicht, w\u00e4hrend Schiff sie definitiv und durch S\u00e4uren nicht mehr reparirbar zerst\u00f6rt findet.8 Uebereinstimmend hingegen fanden Lehmann, Frerichs, Schiff, Ebstein9 und Andere, dass kleinere S\u00e4uremengen ohne Einfluss auf die Umwandlung des Kleisters sind, und dies gilt f\u00fcr Milchs\u00e4ure, Phosphor-, Essig-, Salz-, Salpeter- und Schwefels\u00e4ure. Die Frage vom S\u00e4ureeinfluss ist namentlich desshalb von Bedeutung, weil der Speichel nur im Mund\n1\tSeegen & Kratschmer. Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 360. 1877.\n2\tAstaschewsky, Ebenda S. 256.\n3\tLehmann, Zoochemie S. 20.\n\u25a0I Schiffer. Jahresber. d. Thierchemie II. S. 205. 1S72.\n5\tSousino, Ebenda.\n6\tKorowin, Ebenda III. S. 158. 1873.\n7\tH. Bayer, Ebenda VI. S. 172. 1876.\n8\tSchiff, Digestion I. p. 165.\n9\tEbstein\u2019s Abhandlung (Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1859. II. S. 32) enthalt namentlich Studien \u00fcber den mikroskopischen Befund der St\u00e4rkek\u00f6rner bei der Speichelverdauung.\nHandbuch der Physiologie. Bd. V a.\n3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte n. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nund Oesophagus mit der ihm eigenen Reaction wirken kann, also durch eine sehr kurze Zeit, nach deren Ablauf der zur Zeit der Speiseneinnahme reichlich ergossene Magensaft die durchspeichelten Bissen ans\u00e4uert. Versetzte Jacubowitsch 1 Magensaft des Hundes mit menschlichem Speichel, so dass das Gemisch alkalisch neutral oder sauer reagirte, so war die Einwirkung auf Kleister immer dieselbe, alle Fl\u00fcssigkeiten lieferten Zucker; liess er einen mit einer Magenfistel versehenen Hund Kleister fressen, so fand er in dem zu verschiedenen Zeiten durch die Fistel entleerten Mageninhalt Zucker. Zu gleichen Resultaten gelangte auch v. Schroeder bei seinen an einer mit einer Magenfistel behafteten, sonst gesunden Frau ange-stellten Versuchen.1 Dabei muss aber bemerkt werden, dass es nicht nur eine Grenze f\u00fcr den S\u00e4urezusatz gibt, bei der die diastatische Wirkung doch sistirt wird, sondern dass dabei auch die Concentration des Speichels von Einfluss ist. Wenn man aus sorgf\u00e4ltig neu-tralisirtem Speichel (Paschutin cit S. 23) mehrere mit verschiedenen Wassermengen verd\u00fcnnte Proben macht, so ergibt sich, dass ein S\u00e4uregehalt, der in dem unverd\u00fcnnten oder wenig verd\u00fcnnten Speichel\neine mehr oder minder grosse Verminderung der diastatischen Wirkung verursacht, in st\u00e4rker verd\u00fcnnten Portionen den diastatischen Process g\u00e4nzlich aufhebt. Doch ist das Ferment dabei nicht zerst\u00f6rt worden, denn nach Neutralisation der S\u00e4ure beginnt der Process von neuem.2 3 Die St\u00e4rkeumwandlung wird sich daher im Magen bald fortsetzen, bald nicht, je nach der Menge der vorhandenen S\u00e4ure und deren Verh\u00e4ltnisse zum Fermentbestand. Die S\u00e4ure-procente, die absolut hindern, lassen sich daher nur f\u00fcr ein bestimmtes Gemisch, nicht allgemein ermitteln. So z. B. fand Br\u00fccke (cit. S. 27), als er Speichel neutralisirte und ihm dann eine gleiche Menge verd\u00fcnnter HCl (2 p. m.) zusetzte, dieses Gemisch nach dem Sch\u00fctteln nicht mehr f\u00e4hig St\u00e4rke umzuwandeln; dasselbe galt auch f\u00fcr noch st\u00e4rker saure Gemenge. Enthielten diese aber nur V2 Grm. 1ICI oder weniger im Liter, so wurde St\u00e4rke noch umgewandelt. Einigermassen \u00fcbereinstimmend fand auch Hamarsten :j in der Mehrzahl der F\u00e4lle bei einem Gehalte von 0.05\u20140.25 \u00b0/'o HCl die Speichelwirkung aufh\u00f6ren. Die S\u00e4ure bietet daher in geringer Menge kein Hinderniss f\u00fcr die Weiterfortsetzung der St\u00e4rkeverdauung im Magen.\nDie Zuckerbildung durch Speichel ist sehr von der Temp er a-\n1\tS. Lehmann, Zooehemie S. 22.\n2\tSchiff. Digestion p. 162.\n3\tHammarsten, Jahresber. d. ges. Med. 1ST 1.1.","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss der Reaction.\n35\ntur abh\u00e4ngig; ist der Speichel auf oder nahe auf 100\u00b0 erhitzt oder hat er k\u00fcrzlich diese Temperatur aushalten m\u00fcssen, so findet keine St\u00e4rkeumwandlung statt. Bei sehr niederen Temperaturen ist die Zuckerbildung auf ein Minimum beschr\u00e4nkt. Paschutin (cit. S. 23) und Andere haben diesem Gegenstand viel Aufmerksamkeit gewidmet. Nach K\u00fchne1 biisst das Speichelferment bei 60\u00b0 seine Wirksamkeit ein, nach Gautier unter 100\", nach Liebig werden die Fermente im Allgemeinen bei der Temperatur des siedenden Wassers zerst\u00f6rt. Nach Paschutin beginnt die zerst\u00f6rende Wirkung auf das Speichelferment schon bei Temperaturen, die der Blutw\u00e4rme nahe stehen, w\u00e4chst mit der Steigerung der Temperatur, mit der Dane r d e r W i r k u n g und mit der Y e r d \u00fc n n u n g d e r F e r m ent-l\u00f6sung. Die Maximaltemperatur, welche das Ferment unter den sonst g\u00fcnstigsten Bedingungen (k\u00fcrzeste Dauer der Erw\u00e4rmung und gr\u00f6sste Concentration der Fermentl\u00f6sung) vernichtet, \u00fcbersteigt wahrscheinlich nicht S50 C. ; die Minimaltemperatur, welche denselben Effect (n\u00e4mlich unter entgegengesetzten, ung\u00fcnstigen Bedingungen) hervorrufen kann, liegt etwa bei 40\". Die kr\u00e4ftigste Speichelwirkung findet bei circa 39\u00b0 C. statt; bei 10\u00b0 C. findet derselbe Effect erst in circa der doppelten Zeit; bei 0\u00b0 C. erst in der 6 bis 11 fachen Zeit (wie bei 39\u00b0 C.) statt.\nDie Diastase (des Malzes) verh\u00e4lt sich zur W\u00e4rme wie der Speichel, leistet aber einen gr\u00f6sseren Widerstand; f\u00fcr sie beginnt die zerst\u00f6rende Wirkung (nicht bei 40\u00b0 sondern) erst bei 52\" C. und in concentrirter L\u00f6sung kann sie bei kurzer Dauer noch eine Erw\u00e4rmung von 100\" \u00fcberstellen. Die Temperatur ihrer st\u00e4rksten Wirkung liegt bei circa 70\u00b0 C.\nDie Umwandlungsproducte (Dextrine und Zucker), welche sich anh\u00e4ufen, wenn Speichel St\u00e4rke umwandelt, bilden kein Hinderniss f\u00fcr die weitere Einwirkung des Ferments auf neue St\u00e4rke ; doch soll durch die fermentative Leistung das Speichelferment eine Schw\u00e4chung erfahren \u2014 Paschutin2 3.\nDurch die sogenannten Desinfe \u00e9tions mi ttel und durch st\u00e4r-\no\nkere Chemikalien wird die diastatische Einwirkung beeintr\u00e4chtigt oder aufgehoben; so findet sie bei Alkoholgegenwart nicht mehr statt, und Zusatz von Kalilauge sistirt sie momentan. Car bois\u00e4ure \u00fcbt in kleinerem Zusatze keine Wirkung aus (Zapolsky, Jul. M\u00fcller2), und verhindert erst die Zuckerbildung, wenn sie in der riesigen\n1\tK\u00fchne, Physiol. Chemie S. 21.\n2\tPaschutin, Jahresber. d. Thierchemie I. S. ISS. 1871.\n3\tJul. M\u00fcller, EbendaY. S. 2^5. 1S75.\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36 Maly, Chemie der Verdaimngss\u00e4fte u. Verdauung. 1. Cap. Der Speichel.\nMenge von 10\u00b0/o dem verd\u00fcnnten Kleister zugesetzt ist, oder wenn schon vor der Mischung mit St\u00e4rke der Speichel viele Stunden mit 5\u00b0/o Carbols\u00e4ure digerirt wird \u2014 Pl\u00fcgge1. Viel eindringlicher st\u00f6rt die Salicyls\u00e4ure den Fermentprocess; schon bei einem Gehalte von 0.2 0 o findet Verlangsamung, bei 1 % Sistirung statt. Doch \u00fcbt die Salicyls\u00e4ure diese energische Wirkung nur im freien Zustande aus, sie ist ganz unwirksam, wenn sie mit kaustischem oder phosphorsaurem Natron neutralisirt ist \u2014 Jul. M\u00fcller (cit. S. 35), S. Steneerg2. Arsenige S\u00e4ure beeinflusst die St\u00e4rkeumwandlung nicht (Sch\u00e4fer & B\u00f6hm) ebenso wenig wie Chinin (Binz).\nRohes St\u00e4rkemehl wird gegen\u00fcber von Kleister ungemein langsam, oft erst nach Stunden oder auch Tage dauernder Einwirkung vom Speichel in Zucker umgewandelt.3 Ausser den \u00fcbrigen Bedingungen ist dabei auch die pflanzliche Abkunft des St\u00e4rkekorns von Einfluss; bei Versuchen mit gemischtem Menschenspeichel fand 0. Hammarsten4 5 die Zuckerbildung eintreten:\naus\tKartoffelst\u00e4rke\tnach\t2\t\u20144\tStunden\nn\tErbsenst\u00e4rke\t11\tl3/4-\t\t2\tii\nn\tWeizenst\u00e4rke\t11\t1,2-\t\u20141\tii\nii\tGerstenst\u00e4rke\t11\t10-\t\u201415\tMinuten\nn\tHaferst\u00e4rke\t11\t5-\tr\u2014 \u2014 i\tii\n11\tRoggenst\u00e4rke\tn\to \u00f6\t\u20146\tii\n11\tMaisst\u00e4rke\tii\t2-\to \u2014 0\tii\nDie Kleisterarten zeigen solche Unterschiede nicht, daher liegt es nahe anzunehmen, dass die ungleiche Entwicklung der Cellulose einen ungleichen Widerstand f\u00fcr das Eindringen des Speichels bedingt. In der That wird fein pulverisirte Kartoffelst\u00e4rke schon nach 5 Minuten unter Zuckerbildung angegriffen. Solera 5 hat bei \u00e4hnlichen Versuchen mit verschiedenen St\u00e4rkearten weiter beobachtet, dass gleiche Gewichtsmengen davon mit Speichel nicht gleich viel Traubenzucker geben, und ferner auch, dass zwischen der Raschheit der St\u00e4rkeumwandlung und der Ergiebigkeit der Zuckerproduction ein bestimmtes Verh\u00e4ltniss nicht besteht.\nSpeichel zerlegt gleich dem Emulsin das Salic in in Saligenin und Zucker; weshalb es wahrscheinlich ist, dass das innerlich genommene Sali-cin nicht in den Organen, sondern schon im Magen und D\u00fcnndarm die Spaltung erleide, derzufolge man das Saligenin im Harn auffindet. Amyg-\n1\tPl\u00fcgge, Arch. f. d. ges. Physiol. V. S. 550. 1872.\n2\tS. Stenberg, Jahresber. d. Thierchemie V. S. 293. 1875.\n3\tAeltere Angaben bei Lehmann, Zoochemie S. 21.\n4\t0. Hammarsten, Jahresber. d. ges. Med. 1871.1.\n5\tSolera. Jahresber. d. Thierchemie VIII.'S. 237. 1878.","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Rohe St\u00e4rke.\n37\nclalin wird von Speichel, wie man sieh leicht \u00fcberzeugen kann, nicht gespalten \u2014 St\u00e4deler1; Marm\u00e92.\nSpeicheiconcremente.\nCalciumcarbonat und Calciumphosphat k\u00f6nnen sich innerhalb der Mundh\u00f6hle abscheiden, an die Z\u00e4hne anlegen oder in den G\u00e4ngen der Speicheldr\u00fcsen sich ablagern und zur Bildung von Zahnstein oder von Speichelsteinen Veranlassung geben. Der Zahnstein ist gelb, grau bis schwarz, am Bruche geschichtet, und enth\u00e4lt immer auch Schleim, Epithelien und Leptothrixketten. Die Speichelsteine kommen von eben sichtbarer Gr\u00f6sse bis zu der einer Erbse und dar\u00fcber vor; sie sind hart, br\u00fcchig, schmutzig gef\u00e4rbt, geschichtet. Salzs\u00e4ure l\u00f6st die Hauptmasse davon und l\u00e4sst 5 \u2014 25% an Organischem zur\u00fcck. Der gel\u00f6ste Theil ist Calciumcarbonat und -Phosphat, neben etwas Alkalisalzen und mitunter Magnesia. Eine Zusammenstellung mehrerer Analysen ist in Gorup-Be-sanez\u2019 Lehrbuch3 enthalten.\nZWEITES CAPITEL.\nMagensaft und Magenverdauung.\nSobald die Nahrungsmittel durch den Act des Sehlingens in die grosse Erweiterung des Verdauungsschlauches, die den Magen darstellt, gelangt sind, beginnt der eigentliche Vorgang der Verdauung unter dem Einfl\u00fcsse des Magensaftes. W\u00e4hrend die Einwirkung des Speichels in der Mundh\u00f6hle und beim Schlingacte auf Minuten beschr\u00e4nkt ist, und nur die St\u00e4rke dabei eine verdauende Wirkung zu erleiden anf\u00e4ngt, die \u00fcbrigen Nahrungsstoffe aber v\u00f6llig unver\u00e4ndert bleiben, findet im Magen unter normalen Verh\u00e4ltnissen ein stundenlanges Verweilen der Nahrungsmittel und unter Fortsetzung der Verfl\u00fcssigung der Kohlehydrate, namentlich ein f\u00fcr diesen Theil des Verdauungscanals charakteristischer Process statt, der in der Umwandlung der unl\u00f6slichen oder gerinnbaren Eiweissk\u00f6rper in einen l\u00f6slichen Eiweissk\u00f6rper \u2014 das Pepton \u2014 besteht, ein Process der als Pepsinverdauung bezeichnet wird. Die Magenverdauung ist ein\nL St\u00e4deler, Journ. f. prakt. Chemie LXXII. S. 250.\n2\tMarm\u00e9, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 192. 1878.\n3\tv. Gorup-Bes axez, Physiol. Chemie S. 476; ferner A. Vergne, Th\u00e8se. Paris 1869, im Auszug in Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1869.1. S. 103.","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38 Maly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nrein chemischer Vorgang-, der auch ausserhalb des Organismus in einem anderen Gef\u00e4sse und hier sogar viel vollst\u00e4ndiger ablaufen kann, als es im lebenden Magen wegen Mangel an Zeit je geschieht; eine merklich mechanische Verdauungsarbeit, eine Art von Trituration findet wenigstens beim Menschen und den Fleischfressern nicht statt.\nDer Magensaft, wie er der Untersuchung zug\u00e4nglich ist, stellt kein reines Dr\u00fcsensecret, keinen in Bezug auf den anatomischen Ort seiner Ausscheidung einheitlichen Saft dar. Er besteht aus dem verschluckten Speichel, aus dem Secret der Schleimdr\u00fcsen der Speiser\u00f6hre und des Magens, besonders der Pars pylorica, und endlich aus dem eigentlichen Seerete der Labdr\u00fcsen, das den integrirenden wirksamen Theil des Magensaftes bildet, und das man wohl auch als den \u201eMagensaft im engeren Sinne\u201c oder als \u201eLabsaft\u201c von dem wirklich gewinnbaren Safte unterschieden hat. Da endlich\n\u00abLJ\nin neuerer Zeit zweierlei Arten von Zellen in den Tubulis der Lab-driisen unterschieden werden, die wahrscheinlich beide verschieden secerniren, so ist bei der vielortigen Entstehungsweise dieses Verdauungssaftes eine complicirte und nach der ungleichen Menge der ihn im Einzelfalle zusammensetzenden Ingredienzsecrete eine artlich, individuell, \u00f6rtlich und zeitlich wenigstens quantitativ wechselnde Zusammensetzung vorauszusehen.\nBehufs Gewinnung von Magensaft Hessen die \u00e4ltesten Forscher, Spallanzani und R\u00e9aumur an F\u00e4den befestigte Schw\u00e4mmchen von Thieren verschlucken und zogen sie, nachdem sie von Saft durchtr\u00e4nkt waren, wieder hervor. Besonders gr\u00f6ssere V\u00f6gel dienten zu solchen Versuchen, 17 80. Sp\u00e4ter hat man an Thieren, die einige Zeit gehungert hatten, durch Schlingenlassen von mechanisch oder chemisch reizenden Stoffen eine Magensaftabsonderung veranlasst und bald darauf durch einen Schlag auf den Kopf oder Blutverlust das Thier get\u00f6dtet und aus dem Magen das Secret genommen. Als reizende K\u00f6rper dienten Kalksteinchen, kleine Kiesel, Pfefferk\u00f6rner, Knochensplitter, Sehnenst\u00fccke etc. Dieses Verfahren, das jedoch bei Herbivoren wegen des meist gef\u00fcllten Magens nicht gut anwendbar ist, wurde von Tiedemann und Gmelin 1 bei ihren Untersuchungen 1826, von Lehmann und Anderen ben\u00fctzt. Ein bedeutender Fortschritt im Studium des Magensaftes hat dann seit Beginn der vierziger Jahre dadurch stattgefunden, dass man sog. k\u00fcnstliche Magenfisteln an Thieren hat anlegen gelernt, was zuerst Blondlot - und Bassow 4 ausgef\u00fchrt haben, w\u00e4hrend Bidder und Schmidt1 2 3 4, Bardeleben5 6, Bernard'\u2019,\n1\tTiedemann & Gmelin, Verdauung S. 93.\n2\tBlondlot, Trait\u00e9 analyt. de la digestion. Nancy et Paris 1S43.\n3\tBassow, Bull, de la soc. des natur. de Moscou XVI. 1S42.\n4\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 31.\n5\tBardeleben, Arch. f. physiol. Heilk. VIII. S. 1.\n6\tBernard, Le\u00e7ons de physiol, exper. Paris 1856.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"Gewinnung von Magensaft. Beaumont's Beobachtungen.\n39\nHolmoren ', Panum - die bez\u00fcglichen Methoden n\u00e4her studirt und verbessert haben. Es ist hier nicht der Ort, auf die Ausf\u00fchrung der Operation, die passende Nachbehandlung, die Eigenschaften der Caniile etc. einzugehen, da nach dem Plane des vorliegenden Werkes dies der Physiologie der Absonderungsprocesse \u00fcberlassen bleibt.\nVom Menschen ist Magensaft zum Studium gewonnen worden in F\u00e4llen von durch Verwundungen oder aus anderen Ursachen entstandenen Magen-fisteln. Der ber\u00fchmteste dieser F\u00e4lle ist der von dem amerikanischen Arzte Beaumont beobachtete, der \u00e4lteste bekannte r\u00fchrt aber schon aus dem Jahre 1 SO3 her und wurde von dem Wiener Arzte Helm besclirie ben.1 2 3 4 Beaumont f\u00fchrte seine vorz\u00fcglichen Beobachtungen an einem jungen Canadier Namens St. Martin aus, der durch einen ungl\u00fccklichen Zufall mit einem Schiessgewelire eine Wunde in der Regio epigastrica erhielt, die zwar heilte, aber unter Zur\u00fccklassung einer grossen Magenfistel (im Umfange von 21 2 Zoll), so dass man leicht Substanzen einbringen und auch das Innere des Magens ziemlich weit beobachten konnte. Das Ge-sammtresultat von Beaumont\u2019s durch 7 Jahre hindurch fortgesetzten Versuchen5 ist nicht ohne historisches Interesse, es kann in folgendem zusammengehisst werden : Der Magensaft ist ein chemisches L\u00f6sungsmittel f\u00fcr Nahrungsstoffe; Thierstoffe werden leichter als Pflanzenstoffe verdaut: mehlige Pflanzenstoffe leichter als andere, ebenso aufgeweichte leichter als trockene. Die Leichtverdaulichkeit eines Nahrungsmittels beruht nicht auf der Menge seiner n\u00e4hrenden Theile; das Volum der Nahrungsmittel ist f\u00fcr die Verdauung ebenso nothwendig, wie die ern\u00e4hrende Eigenschaft derselben ; man verzehrt oft mehr Nahrungsstoffe als der Magensaft aufzul\u00f6sen vermag. Gel und Fett werden schwierig assimilirt; die Verdauung erfolgt gew\u00f6hnlich in 3 \u2014 3 1 2 Stunden nach der Mahlzeit, aber der Zustand des Magens und die Menge der Speisen bedingen Verschiedenheiten : die Nahrungsstoffe, welche direct in den Magen gebracht waren, werden ebenso wohl verdaut, als wenn sie gekaut und verschluckt worden w\u00e4ren. Eiweiss und Milch werden zuerst vom Magensaft coagulirt und hierauf das Coagulum darin aufgel\u00f6st. Die L\u00f6sung in dem Magensafte, der Chymus, ist homogen, variirt aber in Betreff der Consistenz und Farbe; er wird am Ende der Verdauung sauer und geht dann schneller aus dem Magen. Getr\u00e4nke gehen sogleich aus dem Magen. \u2014 Genauere analytische Beobachtungen \u00fcber die Natur der S\u00e4ure etc. waren damals kaum m\u00f6glich, doch sind ein paar kurze Angaben von Berzelius vorhanden, welcher durch Vermittlung von Prof. Silliman in Newhaven im Jahre 1834 eine kleine Flasche von St. Martin\u2019s Magensaft zur Untersuchung erhielt. Trotz der 5 Monate , die der Saft auf der Reise war, stellte er eine klare gelbliche Fl\u00fcssigkeit ohne den geringsten Geruch\n1\tHolmgren, Jahresber. d. ges. Med. 1860.1.\n2\tPanum, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 193. 1S7S.\n3\tBeaumont\u2019s Werk ist in deutscher Uebersetzung von Luden erschienen: Versuche und Beobachtungen \u00fcber den Magensaft und die Physiologie der Verdauung. Leipzig 1834.\n4\tHelm. Zwei Krankengeschichten. Wien 1M)3; auch Br\u00fccke\u2019s Vorlesungen u. Physiol. 1.\n5\tBerzelius. Chemie S. 322 u. 209.","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40 Maly, Chemie der Verdauimgssafte ii. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\ndar und r\u00f6thete stark Laemus. Er enthielt 1,269 0 o teste Stoffe, vorz\u00fcglich bestehend aus Kochsalzkrystallen, zwischen denen ein graubraunes Extract eingetrocknet war, das an der Luft zerfloss. Der Saft enthielt freie S\u00e4ure und wurde erst nach S\u00e4ttigung mit NH:3 durch freie Oxals\u00e4ure unter Bildung von Calciumoxalat gef\u00e4llt. Selbst 2 Jahre lang aufbewahrt, blieb eine Portion des Saftes ohne Zeichen von F\u00e4ulniss.\nSp\u00e4ter sind noch mehrere menschliche Magen\u00f6ffnungen beobachtet worden, die hier erw\u00e4hnt werden, da wir uns bei manchen Einzelheiten auf sie sp\u00e4ter werden beziehen m\u00fcssen, so von W. Robertson 1S51 ; von Gr\u00fcnewaldt und Schr\u00f6der unter der Leitung von C. Schmidt 1 ; von Kretschy 2 und von Uffelmann L \u2014 Schmidt's Fall betraf eine 35 j\u00e4hrige 53 Kilo schwere B\u00e4uerin, die aus ihrer chronischen Fistel reichliche Mengen Saft lieferte, ohne aber durch diesen Verlust zu leiden, dabei noch ein halbj\u00e4hriges kr\u00e4ftiges Kind dabei stillen konnte. Durch Einbringen von Erbsen mit etwas Wasser in die Fistel war es leicht, selbst am fr\u00fchen Morgen in d\u00fcnnem Strahl oder in Tropfen abfliessenden Saft zu erhalten. Auch Kretschy\u2019s Mittheilung, die sich ebenfalls auf eine weibliche Kranke bezog, deren Fistel durch Caries der 7. Rippe mit Abs-cessbildung entstanden war, bietet mancherlei Interessantes. Die Verdauungsdauer des Fr\u00fchst\u00fccks war 4r2 Stunden, das S\u00e4uremaximum liel in die 4. Stunde, nach weiteren 1 ]/2 Stunden war die Schleimhaut neutral. Die Mittagsverdauung (Fleisch, Reis, Brod) dauerte 7 Stunden, das S\u00e4uremaximum trat in der 6. Stunde ein; 3 C.-C. der aus dem Magen erhaltenen Fl\u00fcssigkeit neutralisirten so viel, wie 0.022 Oxals\u00e4ure; in der 7. Stunde trat neutrale Reaction ein. Die Nachtverdauung dauerte 7 bis S Stunden. Kaffee, mehr aber Alkohol verlangsamten die Verdauung. \u2014 Uffelmann\u2019s Patient war ein Knabe, der sich durch Verschlucken von Schwefels\u00e4ure einen Verschluss des Oesophagus zuzog, in Folge dessen die Gastrotomie ausgef\u00fchrt werden musste. Die Ern\u00e4hrung des Knaben erfolgte sp\u00e4ter in der Art, dass derselbe die zum Genuss bestimmten Speisen im Munde selbst einspeichelte und zerkaute, sie dann aber in einen mit einem Mundst\u00fcck versehenen Gummischlauch spuckte, dessen anderes Endst\u00fcck in den Gummischlauch der Fistel selbst eingesetzt war.\nGewinnung mit der Sonde. Vom Menschen kann man auch im normalen Zustande ohne b\u00f6sartigen Eingriff Magensaft gewinnen, wie Leube \u2019und K\u00fclz gezeigt haben, indem man den Magen katheterisirt und den Inhalt heraushebert. Ein Rosskatheter oder nur ein einfacher Gas-gummischlauch wird mit einem Trichter verbunden. In der Wandung des Katheters verl\u00e4uft eine Metallspirale, um ein Abknicken zu verh\u00fcten. Vor dem Einf\u00fchren wird die R\u00f6hrenleitung mit Wasser gef\u00fcllt und der Schlauch mittelst Quetschhahn geschlossen. Nach dem Einf\u00fchren wird der Gummischlauch in einen Messcylinder gesenkt, der Quetschhahn ge\u00f6ffnet und so viel oder mehr Fl\u00fcssigkeit ablaufen gelassen, als zur F\u00fcllung des R\u00f6hrensystems noting war, worauf man ein anderes Gef\u00e4ss unterstellt. Ebenso eignet sich dieses Verfahren, um Mageninhalt in verschiedenen Stadien\n1\tIn Dorpater Dissertationen 1851 und C. Schmidt in Liebig\u2019s Ann. XGII. S. 42.\n1854.\n2\tKretschyl Jakresber. d. Thierchemie 5 I. S. 173. 1876.\n3\tUffelmann, Ebenda VIL S. 273. 1877.","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"41\nMagensaft.\nder Verdauung zu erhalten, doch sind bislang nicht viele Beobachtungen auf diese Art angestellt worden.1 Die Mittel, durch welche Labdriisen-secret hervorgebracht wird, sind mechanischer und chemischer Art; Ber\u00fchren der Schleimhaut mit einem St\u00e4bchen, Kitzeln mit einer Federfahne, Einbringen von Sand, Bohnen, Linsen, Knochenst\u00fcckchen, Pfefferk\u00f6rner, Senfsamen wirken mehr oder weniger. Viel sicherer kann man reiche Saftabsonderung durch einen Bissen Nahrung anregen, wobei dann freilich, wenn man l\u00e4nger mit der Entnahme des Saftes wartet, dieser eine betr\u00e4chtliche Verunreinigung durch Verdauungsproducte erleiden kann.\nI. Die Eigenschaften des Magensaftes und seine Bestandtheile.\nDie Mittheilungen \u00fcber den unvennisckten Magensaft des Menschen sind sp\u00e4rlich. Schmidt 1. c. fand ihn bei seiner B\u00e4uerin klar, wasserhell, aber betr\u00e4chtlich weniger sauer als beim Hunde; beim Erhitzen tr\u00fcbte er sich h\u00f6chst unbedeutend und hinterliess verdampft einen gelbbr\u00e4unlichen, stark sauren zerfliesslichen R\u00fcckstand, der gegl\u00fcht eine farblose neutrale oder schwach alkalische aber nicht mit S\u00e4uren aufbrausende Asche gab. Der Destillation bis 150\u00b0 unterworfen, entwichen Wasser, und sobald der R\u00fcckstand \u00f6ldick geworden war, auch Spuren von Salzs\u00e4ure, die sp\u00e4ter st\u00e4rker wurden. Das spec. Gewicht war 1.0022 bis 1.0024. Richet\u2019s2 von einem gastrotomirten Patienten erhaltener Magensaft war farblos, fadenziehend von schwachem Ger\u00fcche und stark wechselnd im S\u00e4uregehalt. Bei Beaumont\u2019s Canadier, dem am meisten intact gebliebenen aller bekannten Magenfisteltr\u00e4ger, war der Saft des leeren Magens und der den man durch mechanische Reize hervorlockte, neutral r\u00e9agirent!, und nur der w\u00e4hrend der Verdauung abgesonderte Saft sauer.\nDer Magensaft der Hunde ist, selbst wenn sie l\u00e4ngere Zeit keine Nahrung erhielten, nie ganz rein, ja gerade dann sammelt sich z\u00e4her, glasiger oder tr\u00fcber oft alkalischer Schleim an, und Speisereste, verschluckte Haare vom Lecken an der Wunde, Sand etc. verunreinigen den Saft. Die schaumigen Speicheltheile lassen sich mitunter abgiessen. Beim Schaf fanden Bidder & Schmidt die Beimischungen noch bedeutender, weil selbst nach 36 Stunden der Vorrath von Speiseresten noch sehr ansehnlich ist. Filtrirt man den Magensaft, so ist er immer klar, durchsichtig, d\u00fcnnfl\u00fcssig, beim Hunde farblos bis gelblich, beim Schafe hellbr\u00e4unlich. Der abfiltrirte Theil besteht aus Resten von Muskelfasern, Bindegewebefetzen, Fetttropfen,\n1\tLeube, Sitzungsber. d. phys.-med. Societ\u00e4t zu Erlangen 1871. 3. Heft und K\u00fclz, Deutsche Ztschr. f. prakt. Med. von Kunze 1S75. Nr. 27.\n2\tRichet, Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 270. 1877 und VIII. S. 239. 1878.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte n. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nAmylumk\u00f6rner, pflanzlichem Zellgewebe, Schleimklumpen, Labzellen, Epithelien und Haufen rundlicher 1,3oo'\" grosser durch Essigs\u00e4ure unver\u00e4nderlicher K\u00f6rperchen.\nDer Magensaft hat einen s\u00e4uerlich salzigen Geschmack, einen schwachen eigent\u00fcmlichen, oder keinen Geruch, und reagirt immer sauer; wird er neutral oder alkalisch gefunden, so findet das seine Erkl\u00e4rung in einer gesteigerten Schleimbereitung der irritirten Schleimhaut oder in einem Uebermass verschluckten Speichels. Eine durch normalen Reiz verst\u00e4rkte Absonderung schwemmt dieses erste Secret fort und die saure Reaction kommt zum Vorschein. In 11 Versuchen an einem Hund mit unversehrten Speichelg\u00e4ngen brauchten Bidder & Schmidt1 zur Neutralisation von 100 Theilen flltrirten Magensaftes 0.390 Grm. Kali, und in 9 Versuchen zur Neutralisation von 100 Theilen Magensaft eines Hundes mit unterbundenen Speichelg\u00e4ngen 0,356 Grm. Kali (AV-f); dies ist ein Zufall, denn voraussichtlich m\u00fcsste im ersten Falle der Saft weniger sauer sein. Bei der Titrirung des Schafmagensaftes wurden auf 100 Theile Saft nur 0.264 Kali gebraucht. Diese geringere Zahl k\u00f6nnte man sich so deuten, dass die Herbivoren \u00fcberhaupt alkalireicher sind und also s\u00e4ure\u00e4rmere Secrete produciren m\u00fcssen. Allein das kann Zufall sein, denn es kommen bei demselben Thier bei gleichbleibender Di\u00e4t Schwankungen vor, so war bei einem mit Fleisch gef\u00fctterten Hunde die erforderliche Kalimenge zwischen 0.26 bis 0.426 \u00b0/o des Saftes, bei einem mit Vegetabilien gef\u00fctterten 0.286 bis 0.570 \u00b0/o. Das spec. Gewicht des Magensaftes schwankt von 1.001 bis 1.01. Er ist nicht f\u00e4ulnissf\u00e4hig.\nDas Verhalten des Magensaftes zu den gew\u00f6hnlichen chemischen Reagentien bietet, wenn man von den S\u00e4ureindica-toren absieht, nichts besonderes Eigentk\u00fcmlickes ; S\u00e4uren und Erw\u00e4rmen bis zum Kochen geben keine eigentlichen F\u00e4llungen, ebenso wenig Alaun, Eisenchlorid, Kupfersulfat oder Ferrocyankalium. Wenn der Saft speichelhaltig, so kann das Eisensesquicklorid Thiocyan-s\u00e4ure anzeigen. Hingegen geben die alkalischen Reagentien, kohlensaure und fixe Alkalien und Ammoniak Tr\u00fcbung oder flockige I \u00e4l-lung, bestehend aus Calciumphosphat mit Eisen- und Magnesiumphosphat und etwas organischer Substanz. Sublimat f\u00e4llt und der Niederschlag enth\u00e4lt organische Substanz, darunter einen Tlieil des Fermentes; Silbernitrat und Salpeters\u00e4ure f\u00e4llen von organischer Substanz freies AgCl) Alcohol giebt einen reichen flockigen Nieder-\n1 Bidder & Schmidt. Verdauungss\u00e4fte S. 42.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile des Magensaftes. Pepsin.\n43\nschlag, der die Hauptmenge (oder alles?) Ferment enth\u00e4lt, und Bleiacetat f\u00e4llt ebenfalls. Wird Magensaft destillirt, so entweichen erst gegen das Ende der Destillation saure D\u00e4mpfe.\nDer Magensaft ist eine an Bestandtheilen sehr arme, wasserreiche Fl\u00fcssigkeit; der feste R\u00fcckstand betr\u00e4gt noch nicht 2 %. Darin sind die gew\u00f6hnlichen thierischen Aschebestandtheile enthalten, mit besonderem Vorherrschen der Chloride (von Na, Ka, Ca, S IC) ; dann folgen die phosphorsauren Erden mit etwas Eisen, w\u00e4hrend die Sulfate ganz oder bis auf Spuren fehlen. Der organische Theil des Saftr\u00fcckstandes macht den gr\u00f6sseren Theil aus, aber es ist daraus kein einziger K\u00f6rper bis zur Reinheit eines chemischen Individuums darstellbar, der f\u00fcr den eigentlichen Magen- oder Labsaft typisch oder \u00fcberhaupt nur ihm eigen w\u00e4re, denn das Hauptferment oder (-Enzym) des Labsaftes, das sogenannte Pepsin, von dem noch ausf\u00fchrlich zu handeln sein wird, ist nicht darstellbar, es ist nur der Ausdruck f\u00fcr ein Etwas, das man als Ursache der wichtigen und dem Magensaft in besonders hohem Grade eigenth\u00fcmlichen, ihm fast charakteristischen Wirkungen betrachtet. Ebenso wenig ist das sogenannte Labferment von Hammarsten darstellbar; auch dieses ist nur der Ausdruck f\u00fcr die eigentk\u00fcmlicke Wirkung des Magensaftes, Milch bei neutraler Reaction zu coaguliren. Ausser den Fermenten k\u00f6nnen im organischen Theil des Magensaftextractes alle Stoffe enthalten sein, die dem Speichel oder dem nativen Schleim zukommen, oder die als Reste stattgehabter Verdauung von ihm noch herausgeschwemmt werden, also vor allem Schleim, dann Pepton, Spuren Fett, Milchs\u00e4ure, Lactate und die sogenannten Extractivstoffe.\nAls nicht dem Saftextraete angeh\u00f6rig, weil fl\u00fcchtig, ist nun noch der K\u00f6rper zu nennen, der dem reinen Labsafte seine Haupteigenschatt, die der sauren Reaction, ertkeilt; wir m\u00fcssen diese S\u00e4ure heute als freie Salzs\u00e4ure erkennen. Der Magensaft ist beim Menschen und den h\u00f6heren Thieren das einzige Secret, welches bis zu dem Maasse sauer ist, dass die freie S\u00e4ure darin direct nachgewiesen werden kann. Wenn wir sonach die Ingredienzien des Magensaftes \u00fcbersehen, so sind es nur deren drei, die einer ausf\u00fchrlichen Besprechung bed\u00fcrfen, die beiden Fe r mente und die freie S \u00e4 u re.\n1. Pepsin; peptisches Ferment (Enzym) des Magens.\nWas Lehmann 1, dem ich bez\u00fcglich der \u00e4lteren Angaben hier zum Theil folge, vor 25 Jahren vom Pepsin gesagt hat, gilt leider\n1 Lehmann. Physiol. Chemie II. S. 41.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nnoch heute: \u201ees scheine das Bem\u00fchen vieler Forscher keineswegs verdammenswerth, durch wiederholte Forschungen das verdauende Princip immer mehr einzukreisen, so dass es endlich gelingen kann, einen chemischen Ausdruck f\u00fcr diese Substanz, sei sie darstellbar oder nicht, aufzufinden\u201c. Die Lehre vom Pepsin ist schon in ihren Anf\u00e4ngen rein physiologischer Art, sie hat sich herausgebildet aus dem Studium des Verhaltens der Nahrungsmittel im nat\u00fcrlichen oder sogenannten k\u00fcnstlichen Magensaft.\nHistorisches. Eberle1 2 hat 1S34 gezeigt, dass der Magensaft auch ausserhalb des thierischen K\u00f6rpers eigenth\u00fcmliche Ver\u00e4nderungen der Speisen hervorbringen kann, und dass durch Digestion der Magenmucosa mit sehr verd\u00fcnnter HCl eine Fl\u00fcssigkeit (k\u00fcnstlicher Magensaft) erhalten werde, welche wahrhaftes Verdauungsverm\u00f6gen besitze. Schwann 2 wies nach, dass die F\u00e4higkeit, mit S\u00e4uren ein Verdauungsgemisch zu liefern, nur der Dr\u00fcsenhaut des Magens zukomme und dass aus dieser sich eine durch HgCh f\u00e4llbare Substanz darstellen lasse, die das Verdauungsverm\u00f6gen in hohem Grade besitze. Er nannte die Substanz, welcher die \u201ekatalytische\u201c Eigenschaft zukommt, bei Gegenwart freier S\u00e4ure Nahrungsmittel zu verdauen, Pepsin und gab eine Methode zur Darstellung einer k\u00fcnstlichen Verdauungsfl\u00fcssigkeit. \u2014 Wasmann3 4, der noch ausf\u00fchrlicher als Schwann den Gegenstand bearbeitete, verfuhr auf folgende Weise : die Dr\u00fcsenhaut eines Schweinemagens, sofern sie sich von der grossen Curvatur nach der Cardia hin erstreckt, ward sorgf\u00e4ltig abpr\u00e4parirt, gewaschen, mit Wasser von 30 \u2014 40 \u00b0 C. digerirt, nach einigen Stunden die Fl\u00fcssigkeit wegge-sch\u00fcttet, die Haut von neuem gewaschen und so lange mit kaltem Wasser digerirt, bis sich ein fauliger Geruch zu zeigen anfing. Die so erhaltene, filtrirte Fl\u00fcssigkeit wurde mit Bleiacetat oder HgCh gef\u00e4llt, der Niederschlag gewaschen, durch IhS zerlegt und aus dem Filtrat vom Schwefelmetall das Pepsin mit Alkohol in weissen Flocken gef\u00e4llt. Es bildete trocken eine gelbe, gummiartige, in feuchtem Zustande eine weisse volumin\u00f6se , in Wasser l\u00f6sliche und Lakmus r\u00f6thende Masse, die aus der w\u00e4sserigen L\u00f6sung durch Alkohol wieder gef\u00e4llt wurde. S\u00e4uren tr\u00fcbten die Pepsinl\u00f6sung, Metallsalze aber nichtgelbes Blutlaugensalz f\u00e4llten sie. Dieser Stoff besass nach Wasmann die metamorphosirende Kraft in so hohem Grade, dass eine L\u00f6sung, die nur 160000 davon enthielt, bei schwacher Ans\u00e4uerung coagulirtes Eiweiss in 6\u2014-8 Stunden aufl\u00f6ste. Durch Alkohol ging die Kraft verloren. Da sich dem k\u00fcnstlichen Magensaft von Wasmann immer faulige Theile beimischen, so schlug Lehmann 4 folgenden Weg ein, der namentlich bezweckte, die grosse Menge von submuc\u00f6sem Bindegewebe und daraus gebildetem Leim fern zu halten. Von dem gereinigten Magen eben get\u00f6dteter Schweine wird der Schleimhauttheil von der grossen Curvatur abpr\u00e4parirt, auf 1\u20142 Stunden in destillirtes Wasser gelegt und mit einem stumpfen Messer oder Spatel gelinde abgeschabt,\n1\tEbekle, Physiologie der Verdauung. W\u00fcrzburg 1S34.\n2\tSchwann, Ann. d. Physik. XXXVIII. S. 358.\n3\tWasmann, De digestione nonnulla. Diss. inaug. Berolini 1839.\n4\tLehmann, Ber. d. s\u00e4chs. Ges. d. Wiss. Leipzig 1849. S. 10.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Pepsin.\n45\nwobei man auf der Klinge einen blassgraur\u00f6thliclien z\u00e4lien Schleim erh\u00e4lt , der mit destillirtem Wasser gewaschen und dann mit freier S\u00e4ure vermischt %\u20141 Stunde lang einer Temperatur von 35\u201438 0 C. ausgesetzt wird. Nach Verlauf dieser Zeit ist die Fl\u00fcssigkeit wenig z\u00e4he und wenig tr\u00fcb ; sie l\u00e4sst sich filtriren als kaum gelbliche Fl\u00fcssigkeit. \u2014 Freuichs 1 hat nat\u00fcrlichen Magensaft mit Alkohol gef\u00e4llt; f\u00fcgte er nicht zu viel Alkohol hinzu, so blieb der gr\u00f6sste Theil des Peptons und der Extractivstoffe in L\u00f6sung und das Pr\u00e4cipitat, das in Wasser l\u00f6slich war, hatte anges\u00e4uert stark verdauende Eigenschaften. Durch Alkalien, Kochen und auch durch Alkohol verlor es seine Kraft, hielt sich anges\u00e4uert aber lange Zeit wie nativer Magensaft. \u2014 C. Schmidt 2 neutralisirt nat\u00fcrlichen Magensaft mit Kalkwasser, concentrirt zur Oeldicke, behandelt mit wasserfreiem Alkohol, der viel CaCh l\u00f6st und die Fermentsubstanz mit etwas Kalk zur\u00fcckl\u00e4sst. Der Alkoholniederschlag in wenig Wasser wieder gel\u00f6st, gibt mit HgCh einen dicken weissen Niederschlag, der erst bei Ueberschuss des letzteren bleibend wird. Dieser ///-Niederschlag enth\u00e4lt etwas Kalk; die organische Substanz desselben enthielt in 100 Theilen 53.0\u00b0 o C\\ 6.7\u00b0/o //; 17.8% AT, Zahlen, wie sie etwa den Albuminaten zukommen. C. Schmidt 3 hat auch eine Hypothese aufgestellt \u00fcber die Art, in der das Verdauungsprincip im Magensaft Vorkommen solle, indem er sich die beiden charakteristischen Ingredienzien mit einander verbunden denkt, zu einer sog. Pepsinchlorwasserstoffs\u00e4ure nach Analogie der Holzschwefels\u00e4ure. Diese complexe Verbindung werde durch Blei- und Quecksilbersalz gef\u00e4llt, sei dann unver\u00e4ndert durch H-iS davon trennbar, werde in concentrirter L\u00f6sung auch durch Alkohol gef\u00e4llt und besitze das Digestionsverm\u00f6gen im h\u00f6chsten Grade. Durch concentrirte S\u00e4uren und Alkalien werde die S\u00e4ure zerlegt und durch letztere das Pepsin von der HCl so getrennt, dass selbst bei neuem Zusatz von HCl die ^ erbindung nicht mehr hergestellt werden k\u00f6nne. Einen besonderen Anklang hat diese Hypothese nie finden k\u00f6nnen, und zwar zun\u00e4chst deswegen nicht, weil die Chlorwasserstoff-Pepsincombination keineswegs etwas f\u00fcr die A erdauung nothwendiges ist, denn andere S\u00e4uren k\u00f6nnen neben Pepsin auch verdauen und hierbei l\u00e4sst sich eine bestimmte Aequivalent-beZiehung der S\u00e4uren unter einander nicht auffinden, wie David-sohx & Dietrich 1 angeben, was zu erwarten w\u00e4re, wenn andere S\u00e4uren die HCl als Paarling der Pepsinchlorwasserstoffs\u00e4ure ersetzen w\u00fcrden.\nDie neuere Zeit hat, trotz der zahlreichen Versuche \u00fcber die Magenverdauung und das Pepsin, die das letztere Agens selbst bei Laien popul\u00e4r und zu einem Gegenstand der Reclame gemacht haben, doch ebenso wenig das Pepsin darzustellen gelehrt. Das, was erreicht worden ist, besteht nur darin, dass neue Methoden eingef\u00fchrt worden sind, von denen jede nach ihrer Art dahin strebt, wenigstens eine Anreicherung an wirksamer Substanz und eine Aus-\n1\tFrerichs. Verdauung III. S. 7S2.\n2\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 45.\n3\tSchmidt. Liebig\u2019s Ann. LXI. S. 311. 1S47.\n4\tPayidsohn & Dietrich. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1S60. S. 6SS.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46 Maly, Chemie der Verdauung u. Verdauungss\u00e4fte. 2. Cap. Magensaft etc.\nScheidung von nicht wirksamer zu erlangen. Da man dabei im besten Falle immer auf substanzarme, aber doch sehr digestiv wirkende Fl\u00fcssigkeiten kommt, so hat man sich immer mehr und mehr gew\u00f6hnt, das Pepsin als Ferment oder wie K\u00fchne neuerdings die l\u00f6slichen Fermente nennt, als Enzym zu betrachten. Die darnach zu besprechenden einen gewissen Grad von Anreicherung an Ferment gestattenden Methoden sind: 1. jene, welche auf dem Mitgerissen wer den bei der F\u00e4llung, d. h. der Adh\u00e4sion zu fein vertheilten K\u00f6rpern, 2. jene, die auf der colloiden Eigenschaft, d. h. der Nichtdiffundirbarkei t, und 3. jene, die auf der L\u00f6slichkeit in gewissen Fl\u00fcssigkeiten, z. B. Glycerin, beruhen.\nF\u00fcr praktische Zwecke dienen die Methoden sub 3 ; f\u00fcr einen wissenschaftlichen Fortschritt sind jene sub 1 und 2 zu halten.\n1. Wenn man Magensaft vom Hunde oder k\u00fcnstliche Verdauungsfl\u00fcssigkeit mit Kusskohle, Schmirgel, Ziegelsteinpulver, Knochenkohle in Pulverform sch\u00fcttelt, so wird die verdauende Kraft auf die H\u00e4lfte oder das Viertel herabgesetzt (v. Heltzl1), oder ganz aufgehoben, also das wirksame Agens von den Pulvern mechanisch gebunden. Noch vollst\u00e4ndiger scheint die Adh\u00e4sion dann sich geltend zu machen, wenn in der Fl\u00fcssigkeit selbst Niederschl\u00e4ge erzeugt werden, denn diese sind ja feiner und lockerer als die gepulverten K\u00f6rper; z. B. wenn Kalkwasser mit Phosphors\u00e4ure oder eine \u00e4therisch-alkoholische L\u00f6sung von Cholesterin mit Wasser gef\u00e4llt werden. Auf solche F\u00e4llungen hat Br\u00fccke '2, der Entdecker dieser Eigenth\u00fcmlichkeit, die Darstellung einer substanzarmen und fermentreichen Fl\u00fcssigkeit gegr\u00fcndet, die als das am wenigsten andere Beimischungen enthaltende Ferment gelten muss; aber die Bereitung ist umst\u00e4ndlich und der Verlust gross. Es wird ein Schweinemagen mit verd\u00fcnnter Phosphors\u00e4ure bei 38\u00b0 bis zum Beginne des Zerfalles digerirt, die Fl\u00fcssigkeit weggegossen und mit neuer Phosphors\u00e4ure zu Ende verdaut. Man s\u00e4ttigt nun mit Kalkwasser bis zur m\u00f6glichst neutralen Reaction, sammelt am Spitzbeutel, presst ab, l\u00f6st in verd\u00fcnnter /IC/, f\u00e4llt zum zweiten Male mit Kalkwasser, sammelt wiederum am Spitzbeutel und presst nochmals ab. Nun l\u00f6st man das Calciumphosphat, das mitgerissenes Pepsin enth\u00e4lt, wieder in Salzs\u00e4ure, bringt in eine gr\u00f6ssere Flasche, versetzt mit einer alkohol-\u00e4therischen (4 Alkohol, 1 Aether) kalt ges\u00e4ttigten Cholesterinl\u00f6sung und sch\u00fcttelt lebhaft, dann filtrirt man und w\u00e4scht aus, bis die Chlorreaction verschwindet. Wird da-\n1\tv. Heltzl, Canstatt\u2019s Jahresber. 1864.1. S. L38.\n2\tBr\u00fccke, Sitzungsber. d. Wiener Acad. XLIII. S. 601. 1862.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Pepsin.\n47\nrauf der feuchte Cholesterinbrei mit Aether \u00fcbergossen, so trennt sich von der oberen \u00e4therischen L\u00f6sung eine untere w\u00e4ssrige tr\u00fcbe Schichte, die man noch mehrmals mit Aether aussch\u00fcttelt und dann filtrirt. Das neutrale wasserhelle Filtrat verdaut anges\u00e4uert energisch und ist Br\u00fccke\u2019s Pepsinl\u00f6sung. Sie wird im Gegens\u00e4tze zu den \u00e4lteren Pepsinen nicht von Sublimat gef\u00e4llt und gibt auch die Reac-tionen nicht, die f\u00fcr die Eiweissk\u00f6rper charakteristisch sind, d. h. Salpeters\u00e4ure, Jodtinctur und Tannin tr\u00fcben nicht. Platinchlorid tr\u00fcbte deutlich ; basisches, neutrales und selbst mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uertes Bleiacetat brachten eine starke Tr\u00fcbung hervor (Phosphors\u00e4ure?). Auch Lossnitzer 1 vermisste an Br\u00fccke\u2019s Pepsin mehrere Eiweiss-reactionen (andere sind nicht angestellt), was sich aber nicht so aus-driicken l\u00e4sst, das verdauende Agens sei bestimmt kein eiweissartiger K\u00f6rper, denn der Gehalt der BR\u00fcCKE\u2019schen L\u00f6sung an fester Substanz ist unbekannt und jedenfalls h\u00f6chst gering.\n2. Die Unf\u00e4higkeit des Pepsins, durch Pergamentpapier oder Membranen zu diffundiren, hat zuerst Krasilnikow im Jahre 1S64 nachgewiesen, und Sch\u00f6pfer-, Wittich3, Hammarsten4 haben dieselbe best\u00e4tigt. Es ist daher durch die Colloideigenschaft des Pepsins die M\u00f6glichkeit gegeben, dasselbe von einer ganzen Reihe anderer K\u00f6rper, so den S\u00e4uren, Salzen, ja den Peptonen, die, wenngleich schwierig, bei S\u00e4uregegenwart doch diffundiren, zu trennen, indem man den nat\u00fcrlichen oder k\u00fcnstlichen Magensaft gegen Wasser so lange diffundiren l\u00e4sst, als merkliche Mengen Substanz \u00fcbergehen. Die Diffusionsunf\u00e4higkeit scheint fast absolut zu sein, denn selbst nach tagelangem Stehen am Dialysator zeigt das Aussenwasser keine peptische Wirkung, v. Wittich hat zwar angegeben, dass, wenn als Aussen\u00dc\u00fcssigkeit nicht Wasser, sondern verd\u00fcnnte HCl genommen wird, dann Pepsin durchdiffundire, doch haben die ausf\u00fchrlichen Versuche Hammarstex's dies nicht best\u00e4tigen k\u00f6nnen. Hammarsten hat mit Fl\u00fcssigkeiten von wechselndem S\u00e4ure- und Pepsingehalt bei Temperaturen von \u20145 bis T-18\u00b0C. und unter Anwendung von verschiedenen Sorten Pergamentpapiers gearbeitet, die Diffusate t\u00e4glich gewechselt, im Vacuum verdunstet, aber darin nie verdauende Wirkung mehr beobachtet, gleichg\u00fcltig, ob aussen Wasser oder S\u00e4ure war. Die durch Dialyse dargestellte Fermentl\u00f6sung wird von Platinchlorid nicht gef\u00e4llt. Eine Combination, die sich mir zweckm\u00e4ssig erwies5,\n1\tLossnitzer. Canstatt's Jahresber. 1S64.\n2\tSchOffer, Jahresber. f. d. ges. Med. lv60. I. S. 100.\n3\tWittich, Jahresber. d. Thierchemie II. 207. 1S72.\n4\tHammarstex, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 100. 1873.\n5\tMaly, Ebenda IV. S. 26. 1874.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nbei der Darstellung- einer sehr peptisch wirkenden, aber substanzarmen Pepsinl\u00f6sung, war die, das mechanische Anhaften an Niederschl\u00e4ge und die Diffusion gleichzeitig zu benutzen: man verdaut die Mucosa mit Phosphors\u00e4ure, f\u00e4llt mit Kalkwasser, w\u00e4scht, l\u00f6st in IICl und bringt auf den \u00fcberspannten Pergamentring, bis alles Anorganische hindurch. Die Behandlung mit Cholesterin wird dabei umgangen.\n3. Endlich hat v. Wittich1 das Glycerin als ein Mittel kennen gelehrt, welches, ohne dass man die Magenmucosa v\u00f6llig durch Verdauung l\u00f6sen muss, gestattet, sowohl der frischen als geh\u00e4rteten Haut das verdauende Agens langsam nach und nach zu entziehen. Man zerschneidet die Magenschleimhaut in St\u00fccke und legt sie in Glycerin ein; dasselbe nimmt sehr viel Schleim mit auf, so dass es a*anz fadenziehend wird und nat\u00fcrlich sehr weit entfernt ist, ein von fremden Substanzen halbwegs reines Pepsinpr\u00e4parat zu sein. Doch er-theilt dasselbe verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure in kleiner Menge zugef\u00fcgt, kr\u00e4ftm verdauende 'Wirkung. Da man derselben Schleimhaut durch Aufgiessen frischen Glycerins noch sehr oft von neuem Pepsin entziehen, und die damit \u00fcbergossene Haut ohne Zersetzung beliebig lange aufbewahren kann, so stellt f\u00fcr gew\u00f6hnliche, nicht besonders delicate Verdauungsversuche Wittichs Glycerinpepsin ein h\u00f6chst bequemes, handsames und vielfach gebrauchtes Pr\u00e4parat dar. Die Vervollkommnung, die v. Wittich sp\u00e4ter angebracht hat, besteht darin, die Magenschleimhaut zu zerkleinern, 24 Stunden in Alkohol zu digeriren, lufttrocken zu machen, in einer Reibschale zu zerreiben, das Pulver durch Gaze zu beuteln, um Gewebsstr\u00e4nge zur\u00fcckzuhalten, und jetzt erst in Glycerin zu legen. Auf gleiche Art extrahirt v. Wittich andere Fermente aus anderen Geweben. Durch Alkohol kann das Pepsin aus dem Glycerinextract gef\u00e4llt werden; es l\u00f6st sich dann leicht in sehr verd\u00fcnnter HCl, schwer dagegen wieder in Glycerin.\nDigerirt man Magenschleimhaut mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure etwa 1 Stunde bei K\u00f6rperw\u00e4rme, so wird im Auszug durch Kochsalz, ebenso durch Bittersalz und Chlorcalcium ein auf die Oberfl\u00e4che steigender z\u00e4her Niederschlag erzeugt, der als k\u00e4ufliches Pepsin Verwendung findet und wahrscheinlich aus einem Eiweissk\u00f6rper besteht, der Pepsin mitgerissen hat (Scheffer, Selld\u00e9n2). Wasser allein zieht Pepsin aus der Magenmucosa viel langsamer und unvollst\u00e4ndiger aus als anges\u00e4uertes Wasser; aus einigen Hautpartien, wovon noch die Rede sein wird, zieht weder Glycerin noch Wasser, sondern nur verd\u00fcnnte S\u00e4ure Pepsin aus.\n1\tv. Wittich, Arch. f. Physiol. II. S. 193 u. III. S. 339.\n2\tSelld\u00e9n, Jahresber. f. Thierchemie III. S. 159. 1S T 3.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Pepsin. Labferment.\n49\nVon den Eigenschaften des Pepsins kann bei der Unm\u00f6glichkeit, dies Agens n\u00e4her zu fassen, nicht die Rede sein; sein Hauptcharakter ist die eiweissl\u00f6sende, peptonbildende Wirkung, richtiger das Wort \u201ePepsin\u201c ein Ausdruck f\u00fcr die Wirkung, \u00fcber deren Einzelheiten noch zu handeln sein wird. Pepsinhaltige Fl\u00fcssigkeiten sind aufbewahrbar, wenigstens in Form der Glycerinl\u00f6sung durch lange Zeit; nicht so sicher scheint dasselbe f\u00fcr die sogen, m\u00f6glichst reinen, substanzarmen Pepsinl\u00f6sungen zu gelten. Ich habe die Fibrinflockenprobe sehr energisch bestehende Fl\u00fcssigkeiten bei gew\u00f6hnlicher Temperatur auf bewahrt, nach einiger Zeit wirkungslos gefunden: es scheint, als wenn die \u201eGruppe in Bewegung\u201c wegen Mangel an Material die Arbeit einstellen w\u00fcrde. Durch Einwirkung von Alcohol, vor\u00fcbergehende F\u00e4llung mit Metallsalzen und durch Eintrocknen bei niederer Temperatur geht die fermentative F\u00e4higkeit nicht zu Grunde; einmal sorgf\u00e4ltig trocken gemacht, kann ein solcher R\u00fcckstand sogar 100\u00b0 C. ohne Ver\u00e4nderung aushalten. Erhitzt man aber die L\u00f6sung, so wird ihr die peptische F\u00e4higkeit genommen, etwa bei Hitzegraden, die \u00fcberhaupt Fermente zerst\u00f6ren, und wie es scheint, ziemlich schnell bei 80\u00b0 C. Aus den Niederschl\u00e4gen mit Metallsalzen kann nach deren Zerlegung das Pepsin mit allen seinen physiologischen Eigenschaften wieder erhalten werden.\nEine Modification des Pepsins, das sog. Isopepsin von Finkler soll entstehen, wenn Pepsin auf 40 \u2014-70 \u00b0 C. erhitzt wird und sich dadurch vom eigentlichen Pepsin unterscheiden, dass es geronnenes Eiweiss nicht in Pepton, sondern bloss in Parapepton (Syntonin) umwandelt. Die Angabe ist sehr unwahrscheinlich.\n2. TaiIj, k\u00e4sebildendes Ferment des Mayens.\nEs ist eine alte Erfahrung der K\u00e4seerzeuger, dass die Milch durch Ber\u00fchrung mit Magenschleimhaut oder Vermischung mit Ma-gen-Infusum klumpig gerinnt, aber erst in der neuesten Zeit hat man den Process etwas n\u00e4her durchschaut. Da auch S\u00e4uren die Milch gerinnen machen, und da in sich selbst \u00fcberlassener Milch Milchs\u00e4ure entsteht, so wurde die F\u00e4llung vermittelst Magenschleimhaut (K\u00e4lberlab) als eine S\u00e4urewirkung betrachtet. Dagegen haben schon Selmi und Heintz betont, dass auch bei v\u00f6llig neutraler Reaction die Milch durch Magensaft oder Magenmucosa zum Gerinnen gebracht wird, und Hammarsten1, sowie Al. Schmidt (mit Kapeller'2) haben dasselbe in neuester Zeit bis zur Evidenz nachgewiesen. Die\n! Hammarsten, Jahresber. d. Thiercbemie II. S. 1 18. 1872.\n2 Al. Schmidt. Ebenda IV. S. 154. 1871.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\n4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nK\u00e4sebildung\u2019 findet also nicht statt dadurch, dass eine S\u00e4ure alkalientziehend wirkt, sondern sie tindet unabh\u00e4ngig davon, durch eine specifische Wirkung der Magenschleimhaut in Folge eines darin enthaltenen eigenthtimlichen Agens \u2014 Ferment \u2014 statt. Hammarsten 1 hat dieses Ferment Lab genannt, und seinen classischen Untersuchungen sind vorwiegend die folgenden Mittheilungen dar\u00fcber entnommen. Da selbst noch in neuerer Zeit mehrere Chemiker die K\u00e4sebildung als S\u00e4urewirkung auffassen und sie mit der Wirkung der S\u00e4uren auf Alkalialbuminat vergleichen wollen, mit diesen Behauptungen aber die Frage von der Existenz eines eigenen Ferments in der Magenhaut steht und f\u00e4llt, so sind hier zun\u00e4chst jene Gr\u00fcnde anzuf\u00fchren, welche die S\u00e4urewirkung widerlegen und daher indirect Beweise f\u00fcr das Vorkommen eines eigenen Fermentes sind.\n1.\tWenn frische Kuhmilch, deren (amphotere) Beaction durch Zusatz von etwas Natronlauge alkalisch gemacht ist, mit einigen C.-C. eines sauer bereiteten aber neutralisirten Labmageninfusums versetzt wird, so gerinnt sie bei 36 \u2014 38\" C. innerhalb 4\u201410 Minuten so vollst\u00e4ndig, dass in den Molken keine Spur Casein nachzuweisen ist. Dabei wird die Beaction auf Lakmus weder w\u00e4hrend noch unmittelbar nach der Gerinnung merkbar ver\u00e4ndert, sie bleibt eine unver\u00e4ndert alkalisch e.\n2.\tMan kann zeigen, dass auch milch zuckerfreie Casei'n-l\u00f6sungen, in denen die Annahme einer Milchs\u00e4urebildung von vornherein ausgeschlossen ist, gerinnen. Hammarsten f\u00e4llt zu diesem Zwecke Milch, die mit dem doppelten Volum XaCl-L\u00f6sung vermischt ist, mit gepulvertem (aber unreinem d. h. kalkhaltigem) Kochsalz aus, indem er bei 36\u20143S\u00b0 digerirt. Bald entsteht ein flockiger aus Casein und Fett bestehender Niederschlag, der nach dem Auswaschen mit Kochsalzl\u00f6sung, in Wasser gel\u00f6st, durch Sch\u00fctteln von Butter befreit und durch Leinen colirt wird. Die so erhaltene Case'in-l\u00f6sung wird noch einmal ausgesalzen, das Casein abgepresst und wieder gel\u00f6st. Die resultirende vollkommen milch\u00e4hnliche, Casein und Fett enthaltende aber milchzuckerfreie Fl\u00fcssigkeit gerinnt nun mit K\u00e4lberlab vermischt wie Milch selbst, bei amphoterer oder schwach alkalischer Beaction in k\u00fcrzester Zeit.\n3.\tEndlich liegt die Bedeutungslosigkeit des Milchzuckers bei der Milchgerinnung darin, dass Hammarsten aus der Magenschleimhaut ein Pr\u00e4parat darstellen gelehrt hat, das fast augenblicklich Milch\n1 Hammarsten, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 11S. 1872, IV. S. 135. 1874. Zur Kenntniss des Caseins und der Wirkung des Labfermentes. Upsala 1S77 ; auch Jah-resber. d. Thierchemie VII. S. 158. 1877.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Lab ferment.\n51\noder milchzuckerfreie Cas\u00eb\u00efnl\u00f4sungen coagulirt, also die Wirkung des Magens in concentrirtester Form aus\u00fcbt, das aber auf den Milchzucker selbst ganz ohne Wirkung ist; dieses Pr\u00e4parat wird als \u201ek\u00e4sebildendes Ferment\u201c oder \u201eLab\u201c bezeichnet.\nLohe L\u00f6sungen von Labferme n t werden erhalten : 1. durch Digeriren von K\u00e4lberm\u00e4gen mit Glycerin (100 C.-C. frischer Milch gerinnen mit einem Tropfen dieses Glycerinauszuges versetzt bei etwa 40\" C. innerhalb einiger Minuten); 2. durch Digeriren eines Labmagens mit 150\u2014200 C.-C. Salzs\u00e4ure von 0.1\u20140.2% w\u00e4hrend 24 St. Filtriren und nachfolgendes genaues Neutralismen. Bedeutend reiner, n\u00e4mlich sehr substanzarm und doch kr\u00e4ftig wirkend ist die w\u00e4sserige L\u00f6sung des im rohen Glycerinextract mit Alcohol entstandenen Niederschlags; sie d\u00fcrfte die empfehlenswertheste Form einer Labl\u00f6sung zu einschl\u00e4gigen Versuchen sein. Zur Darstellung einer haltbaren Labfl\u00fcssigkeit f\u00fcr mehr praktische Anwendungen empfiehlt Soxhlet den trocknen K\u00e4lberlab mit 5 procentiger A7/L7-L\u00f6sung zu extrahiren und dem Extracte 4 % Alcohol oder 4% Bors\u00e4ure hinzuzuf\u00fcgen. Auch Salicyls\u00e4urewasser 8 Tage \u00fcber K\u00e4lberlab stehend gibt ein wirksames Pr\u00e4parat (Erlenmeyer), aus dem Alcohol das Ferment so vollst\u00e4ndig f\u00e4llt, dass der Verdampfungsr\u00fcckstand keinerlei Wirkung mehr auf Casern aus\u00fcbt.\nIn allen diesen L\u00f6sungen ist neben Lab auch noch Pepsin enthalten. Hammarsten hat sich bem\u00fcht beide Fermente voneinander zu trennen, und gefunden, dass die F\u00e4llung mit kohlensaurer Ma gnesia oder mit Bleizuckerl\u00f6sung geeignet ist, pepsinfreie Labfl\u00fcssigkeiten herzustellen; es werden zwar beide Fermente durch die genannten F\u00e4llungsmittel mitgerissen, aber w\u00e4hrend alles Pepsin an den Niederschl\u00e4gen bleibt, geht eine nicht unbetr\u00e4chtliche Menge Lab in das Filtrat \u00fcber. So konnte Hammarsten z. B. L\u00f6sungen darstellen, die bei K\u00f6rperw\u00e4rme in 1\u20143 Minuten frische Milch bei neutraler Reaction coagulirten, w\u00e4hrend sie passend anges\u00e4uert, selbst in 24 Stunden eine Fibrinflocke nicht merkbar verdauten. Um noch reiner das Lab ferm ent dar zu stellen, benutzt Hammarsten die fractionirte Bleif\u00e4llung; nachdem das Pepsin so weit ausgef\u00e4llt ist, dass nur Spuren davon in der Fl\u00fcssigkeit enthalten sind, wird mit Bleiessig gef\u00e4llt, der Niederschlag mit sehr verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure zerlegt und aus der so erhaltenen sauren nur Spuren von Eiweiss enthaltenden Fl\u00fcssigkeit wird das Lab- entweder nach Br\u00fccke\u2019s Methode mit einer Cholesterinl\u00f6sung oder mit einer L\u00f6sung von Seife (stearinsaures Natron) in Wasser gef\u00e4llt, wobei in beiden F\u00e4llen das Labferment von den Niederschl\u00e4gen mit gerissen wird.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52 Maly. Chemie der Yerdaiiungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nVon chemischen Eigenschaften des Lab\u2019s kann so wenig als beim Pepsin die Rede sein; von der schliesslich erhaltenen w\u00e4sserigen Labl\u00f6sung gibt Hammarsten an, dass sie beim Kochen nicht gerinne, weder von Alcohol noch Salpeters\u00e4ure, noch Jod oder Tannin, wohl aber von basischem Bleiacetat gef\u00e4llt werde, und mit heisser Salpeters\u00e4ure sich nicht gelb f\u00e4rbe. Durch Pergamentpapier diftundirt Lab nicht, durch Thoncylinder schwierig. Das Lab ist ein leicht \u2014 wenigstens leichter als Pepsin \u2014 zerst\u00f6rbares Ferment ; namentlich gilt das gegen\u00fcber h\u00f6herer Temperatur und bei Gegenwart von HCl, ein Verhalten, das insofern von Bedeutung ist, als es ein gutes Mittel abgibt, labfreie Pepsinl\u00f6sungen herzustellen. Eine Fl\u00fcssigkeit z. B. die sehr reich an Lab ist, und etwa 0.3 \u00b0,o HCl enth\u00e4lt, verliert w\u00e4hrend 48 st\u00e4ndigen Erhitzens auf 37\u201440\u00b0 C. alles Lab, aber keineswegs ihr Pepsin, denn sie l\u00f6st dann noch kr\u00e4ftig Fibrin auf. In nicht unges\u00e4uerter also neutraler L\u00f6sung ist aber auch das Lab viel best\u00e4ndiger, es kann dann momentan auf 70\" C. erhitzt, ja mitunter w\u00e4hrend einiger Augenblicke gekocht werden, ohne wenigstens alle Wirkung zu verlieren. Alcohol zerst\u00f6rt das Lab nur langsam, kaustische Alkalien rasch. Schon 0.025 % Xa-iO in der Fl\u00fcssigkeit sind gen\u00fcgend binnen 24 Stunden und bei Zimmertemperatur eine kr\u00e4ftige Fermentl\u00f6sung v\u00f6llig unwirksam zu machen; die Zahl der zerst\u00f6rten Fermentmolek\u00fcle scheint dabei mit der Dauer der Einwirkung, der Menge des Alkalis und H\u00f6he der Temperatur zu steigen. Salicvls\u00e4ure hemmt die Labwirkung nicht. Die Wirkung in schon unendlich kleinen Mengen hat das Lab mit andern Fermenten gemeinsam ; Hammarsten f\u00e4llte ein Glycerinlabextract mit Alcohol, l\u00f6ste den entstandenen Niederschlag wieder in Wasser, und konnte, da der Gehalt der Fermentl\u00f6sung an festen Stoffen durch Eintrocknen bestimmbar ist, zeigen, dass durch 1 Gewichtstheil Lab wenigstens 400,000 bis 800,000 Gewichtstheile Casein coagulirt werden k\u00f6nnen. Auf Milchzuckerl\u00f6sungen ist reines Lab (aber nicht Labschleim) ohne alle Wirkung; selbst bei Gegenwart von emulgirtem Fett und der g\u00fcnstigen Temperatur von 37\u201439\u00b0 C. wird binnen 2 Tagen keine Milchs\u00e4ure gebildet. Eiweiss wird von Lab nicht verdaut und auch Alkalialbuminatl\u00f6sungen werden davon nicht ver\u00e4ndert.\nBez\u00fcglich der Verbreitung des Lab hat Hammarsten gefunden, dass die Pars pylorica ungemein \u00e4rmer daran ist als der Fundus. Im neutralen, w\u00e4ssrigen Auszug der M\u00e4gen vom Kalb und Schaf wurde regelm\u00e4ssig Lab gefunden, bei den \u00fcbrigen S\u00e4ugethieren und den V\u00f6geln fehlte es meist, bei den Fischen fast immer. Doch zeigte sich, dass, wenn man zu auf Milch ganz unwirksamen Infusen, z. B","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Labferment.\n53\ndenen vom Hechtmagen ein wenig IICl f\u00fcgt und dann nach 12 bis 24 Stunden wieder neutralisirt, jetzt das Infus Milch zum. Gerinnen bringt. So verhalten sich auch andere unwirksame Infusa, und es scheint daraus hervorzugehen, dass jede Magenschleimhaut einen in Wasser l\u00f6slichen Stoff enth\u00e4lt, der zwar selbst nicht Lab ist, aber bei Zusatz von ein wenig S\u00e4ure zu solchem sich umwandelt.\nDas Lab ist gleich wie das Pepsin chemisch vorl\u00e4ufig nicht fassbar, seine Eigenschaft als chemisches Individuum und seine Zusammensetzung sind unbekannt, und wenn man von Lab spricht, so ist darunter die Eigenth\u00fcmlichkeit der Magenschleimhaut und aus ihr bereiteter Extrade zu verstehen, das Milchcasem auch bei amphoterer oder alkalischer Reaction in geronnenes, unl\u00f6sliches Casein K\u00e4se \u2014 zu verwandeln. Die Geschwindigkeit, mit der die Gerinnung oder K\u00e4sebildung in zwei oder mehreren Proben stattfindet, kann als Maass f\u00fcr deren relativen Gehalt an Lab gelten.\nBei der Wirkung des Lab ferm entes ist vor allem zu betonen, dass dieselbe darin besteht, einen l\u00f6slichen Eiweissk\u00f6rper, das Casein, in einen unl\u00f6slichen resp. schwer l\u00f6slichen zu verwandeln, also einen Vorgang zu veranlassen, der mit der Gerinnung des Blutes mancherlei Analogien bietet, w\u00e4hrend das andere Ferment des Magens, das Pepsin, gerade umgekehrt das Geronnene wieder verfl\u00fcssigt, die festen Eiweisssubstanzen wieder in l\u00f6sliche gerinnungsunf\u00e4hige Producte verwandelt. Beide wirken also einander entgegen : vielleicht sind es Polymerien, die in einem Falle geschlossen, im andern gel\u00f6st werden. Sicher ist, dass der dicht und klumpig geronnene K\u00e4se viel weniger leicht l\u00f6slich ist, als das ausgef\u00e4llte Casein, ein Umstand, auf den erst neuere Forscher, darunter Al. Schmidt, Hammarsten u. A. aufmerksam gemacht haben und darin besteht eine neue wesentliche Differenz zwischen der F\u00e4llung der Milch durch Selbsts\u00e4uerung oder durch Zusatz von S\u00e4uren einerseits und der F\u00e4llung der Milch durch Lab anderseits. Die F\u00e4llung im ersten Falle ist noch Casein, die im zweiten Falle ist K\u00e4se; beide sind schon \u00e4usser-lich verschieden. Das durch S\u00e4uerung gef\u00e4llte Casern ist feinflockig, zart, leicht und in verd\u00fcnntem Natron sowohl als in verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure leicht l\u00f6slich. Hingegen der durch Lab gef\u00e4llte Niederschlag ist dichter, klumpig, sich zusammenballend, braucht etwa 5 \u2014 6 mal so viel Natron und 16\u2014IS mal soviel Essigs\u00e4ure zur L\u00f6sung als das Casein, Schmidt; dieser Niederschlag ist der K\u00e4se, er ist das Resultat der Labwirkung. Also nicht nur durch die Reaction, auch durch die Beschaffenheit des ausgeschiedenen K\u00f6rpers lassen sich beide an der Milch verlaufenden Pro-cesse, die S\u00e4ure- und die Fermentwirkung, auseinanderhalten. Durch S\u00e4uren \u2014 Schwefels\u00e4ure, Essigs\u00e4ure \u2014 ausgef\u00e4lltes Casein kann durch sorgf\u00e4ltiges Auswaschen von einer Reinheit erhalten werden, dass es v\u00f6llig aschefrei ist; der K\u00e4se hingegen enth\u00e4lt immer Aschenbestandtheile, zwar keine Alkalien, aber regelm\u00e4ssig Kalk und Phosphors\u00e4ure und zwar in ziemlich gleichen Mengen und gleicher Proportion. 100 Tlieile trocknen fettfreien K\u00e4ses enthalten circa 4.4% CaO und 3 \u2014 4% P-i %, Hammarsten. Dieser","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nGehalt an Calciumphospliat geh\u00f6rt nicht nur zur Natur des durch Lab geronnenen Eiweisstoffes, sondern ist f\u00fcr die ganze Labwirkung so durchaus noth wendig1 2, dass sie gar nicht zur Geltung kommt, wenn die Erdphosphate fehlen. Schl\u00e4gt man z. B. aus Milch oder k\u00fcnstlicher Case'fn-l\u00f6sung (mit S\u00e4ure gef\u00e4lltes Casein in sehr verd\u00fcnnten Alkalien gel\u00f6st) das Casein mit S\u00e4ure nieder, w\u00e4scht aus, und l\u00f6st in m\u00f6glichst wenig Alkali, so hat die erhaltene Caseinl\u00f6sung nicht mehr die F\u00e4lligkeit mit Lab zu gerinnen. Ebenso verliert Milch durch anhaltendes Dialysiren, namentlich wenn sie w\u00e4hrend desselben ges\u00e4uert ist, die Eigenschaft von Lab beeinflusst zu werden, weil die Erdsalze der Milch ins Diffus\u00e2t \u00fcbergegangen sind. Werden aber die gesammelten Ditfusate concentrirt und der Milch zugemischt, so tritt wieder K\u00e4sebiklung durch Lab ein. Hammarsten, dem wir diese Kenntniss verdanken, hat auch gezeigt, wie man dem durch S\u00e4ure ausgef\u00e4llten Casern die Eigenschaft wieder geben kann, durch Lab coagulirt zu werden. Man l\u00f6st das Casein statt in verd\u00fcnntem Alkali mit Vorsicht in sehr wenig Kalkwasser auf und setzt ganz verd\u00fcnnte Phosphors\u00e4ure (von 0.5% P-iOb) bis zur Neutralisation hinzu. Dabei bleibt das Casein gel\u00f6st, sofern man hier \u00fcberhaupt von einer eigentlichen L\u00f6sung sprechen darf, denn es wird eine milchweisse Fl\u00fcssigkeit erhalten, die sich ganz wie Milch verh\u00e4lt; man kann sie ohne Ver\u00e4nderung zum Sieden erhitzen, aber sowie Labinfus hinzukommt, gerinnt sie, oft noch rascher als nat\u00fcrliche Milch. Dieser Versuch lehrt also, dass das Lab nur dann ein k\u00e4sebildendes Ferment ist, wenn es bei gleichzeitiger Gegenwart von phosphorsaurem Kalk einwirken kann, oder mit andern Worten, es m\u00fcssen zwei Bedingungen erf\u00fcllt sein. Bez\u00fcglich des Calciumphosphates hat Hammarsten gefunden, dass der Kalk auch durch Baryt, Strontian und Magnesia ersetzt werden kann, und er beschreibt einen interessanten Versuch, der dem Process das Befremdende, als w\u00fcrde das Erdphosphat das Lab zur Wirkung disponiren, im wesentlichen benimmt. Die Anwesenheit des Erdphosphates liegt n\u00e4mlich nicht so sehr darin, dass es die Labwirkung hervorruft oder vermittelt, sondern das Lab wirkt auch f\u00fcr sich schon umwandelnd, aber die Ausscheidung des K\u00e4segerinnsels wird durch das Phosphat bedingt, wor\u00fcber Folgendes der Beleg ist. Reines aschefreies Casein wird in einer verd\u00fcnnten L\u00f6sung von Na^HPOi aufgel\u00f6st und die L\u00f6sung in 2 Theile getheilt; a wird mit Labinfus versetzt und beide Proben a und \u00f6 werden bei Blutw\u00e4rme dige-rirt. Nach (-2 Stunde wird a gekocht, um das Ferment zu zerst\u00f6ren, b wird zur Contr\u00f4le auch gekocht und mit derselben Menge, aber vorher gekochten Labinfuses versetzt. Wenn nun beide Proben erkaltet sind, gibt b mit verd\u00fcnnter Chlorcalciuml\u00f6sung keinen bleibenden Niederschlag, sondern eine milchige Fl\u00fcssigkeit, a aber gibt schon mit wenig der Kalksalzl\u00f6sung einen dicken breiigen Niederschlag von K\u00e4se.- Man sieht also, dass das Casein schon durch Lab allein invertirt wird, aber erst wenn es in Ber\u00fchrung mit dein Erdphosphat kommt, kann es die k\u00e4sige Ausscheidungsform annehmen. Ob hier eine chemische Verbindung mit dem\n1\tHammarsten, Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 135. 1874.\n2\tIIammarsten. Zur Kenntniss des Caseins und der Wirkung des Labfermentes. Upsala 1877.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Freie S\u00e4ure des Magensaftes.\n55\nPhosphat im engeren Sinne vorliegt, oder ob \u00e4hnlich wie beim Leim mehr mechanisch die K\u00f6rper einander folgen, ist vorl\u00e4ufig unentschieden.\nDrittes Magenferment. Das reine Labferment ist, wie erw\u00e4hnt, ganz ohne Wirkung auf Milchzucker oder milchzuckerhaltige Albuminat-l\u00f6sungen; der Labschleim oder das neutralisirte Labinfus wirken dagegen milchs\u00e4urebildend darauf ein. Pepsin und Lab k\u00f6nnen beide durch vei-diinnte Natronlauge zerst\u00f6rt werden und die resultirende Fl\u00fcssigkeit f\u00fchrt noch ziemlich energisch Milchzucker in Milchs\u00e4ure \u00fcber. Es scheint demnach noch ein drittes, von Lab und Pepsin verschiedenes Ferment im Ma-geninfus enthalten zu sein.\n3. Die freie S\u00e4ure des Magensaftes.\nDer zur Zeit normaler Verdauung* abgesonderte saure Magensaft enth\u00e4lt als freie S\u00e4ure Chlorwasserstoff. Der vielfache Widerstreit \u00fcber die Natur dieser S\u00e4ure ist namentlich bedingt durch die analy-\ntischen Schwierigkeiten, in einer Fl\u00fcssigkeit, die sauer ist und gleich-\nzeitig Chloride enth\u00e4lt, darzuthun, dass die S\u00e4ure ganz oder zum Theil Salzs\u00e4ure ist, denn diese gibt bekanntlich dieselben Reactionen wie ein gel\u00f6stes Chlormetall. Daher die lange Geschichte, welche dieser Gegenstand hinter sich hat.\nHistorisches. Prout 1 hat 1824 die Magens\u00e4ure als FICI bezeichnet und verfuhr folgender Art. Er vertheilte den Mageninhalt eines Thieres in Wasser, goss das klare ab und theilte in drei gleiche Theile: a) den ersten Theil \u00e4scherte er ein und bestimmte mittelst Silber das Chlor aller nichtfl\u00fcchtigen Chloride; b) den zweiten Theil \u00fcbers\u00e4ttigte er mit Kali, \u00e4scherte wieder ein und bestimmte darin ebenfalls mit Silber das Chlor der Chloride ; c) im dritten Theil titrirte er mit Kali das Aequivalent der freien S\u00e4ure aus. Zog er von der in b) gefundenen Salzs\u00e4ure jene in a) enthaltene ab, so erhielt er diejenige Menge HCi, die frei und als NII[Ci enthalten war und davon das durch Titrirung gefundene HIC- A \u00e9quivale nt abgezogen gab den Salmiak. Schon Tiedemann und Gmelin haben gegen die Methode Trout\u2019s Bedenken erhoben, denn sie involvirt die Voraussetzung, dass keine anderen freien S\u00e4uren vorhanden seien und kann nur nach directer Bestimmung des Ammon\u2019s ein verl\u00e4ssliches Resultat geben. Uebrigens hat Prout auch durch Destillation im Magensaft von Thieren, sowie im Erbrochenen von Menschen /IC/ nachgewiesen und dasselbe ist fast gleichzeitig Tiedemann und Gmelin- einige Male bei der Destillation von Magenfl\u00fcssigkeit vom Pferde, dem im n\u00fcchternen Zustande Quarzkiesel beigebracht wurden, gelungen. Beide Forscher geben auch an, was sp\u00e4ter oft genug wieder constatirt worden ist, dass sie aus Magensaft n\u00fcchterner Thiere meist keine IICI erhielten. W\u00e4hrend Braconnot und Andere die vorstehenden Beobachtungen glaubten best\u00e4tigen zu k\u00f6nnen, sind sp\u00e4ter, namentlich in den 40er Jahren, zahlreiche Mittheilungen\n1\tProut, Philos. Transact. 1824.\n2\tTiedemann & Gmelin, Verdauung S. 150.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\ndagegen gemacht worden, in denen die Anwesenheit von HCl bestritten und die verschiedensten anderen sauren K\u00f6rper f\u00fcr die Magens\u00e4ure in Anspruch genommen worden sind. Namentlich wurde die Magens\u00e4ure h\u00e4ufig als Milchs\u00e4ure bezeichnet, so von Lehmann, Lassaigne, Thomson u. A., und Lehmann glaubte das Auftreten von etwas HCl in den letzten Destillatportionen darauf beziehen zu sollen, dass concentrirte Milchs\u00e4ure das Chlorcalcium partiell zersetze. Auch Bernard und Barreswil 1 zeigten, dass bei der Destillation von mit Kochsalz versetzter Milchs\u00e4urel\u00f6sung Verh\u00e4ltnisse stattfinden, wie bei der Destillation von Magensaft : erst geht nichts Saures \u00fcber, aber wenn der R\u00fcckstand trocken zu werden beginnt, entweicht etwas Salzs\u00e4ure; sie halten die Milchs\u00e4ure f\u00fcr die freie S\u00e4ure des Magensaftes. Sp\u00e4ter hat Lehmann direct aus Magensaft freie Milchs\u00e4ure gewonnen und dieselbe in solcher Menge erhalten, dass sie als milch-saure Talkerde analysirt werden konnte; der concentrirte Magensaft von 20 Hunden wurde mit Alkohol vermischt, die L\u00f6sung verdunstet, mit Aether behandelt, das Aetherextract mit Wasser und Magnesia gekocht. Der bestimmte Nachweis dieser S\u00e4ure schloss aber das Vorhandensein anderer freier S\u00e4uren nicht aus. Von anderer Seite, namentlich von Blondlot, wurde in mehreren Abhandlungen schon 1843 und sp\u00e4ter - die freie Magens\u00e4ure als saures Calciumphosphat bezeichnet, indem er immer Werth darauf legte, dass durch Neutralisation des Saftes basisches Calciumphosphat niederfalle. Das Vorhandensein von saurem Phosphat ist nun zweifellos richtig und durch die Gesetze der Vertheilung von S\u00e4uren und Basen bedingt, aber die prim\u00e4re S\u00e4ure stellt es nicht dar. Indem Blondot sp\u00e4ter annimmt, in den W\u00e4nden des Magens werde AaCI in NaOH und HCl zerlegt, die S\u00e4ure gebe mit dem phosphorsauren Kalk des Blutes saures Phosphat, eine Spur Salzs\u00e4ure und eine Spur Phosphors\u00e4ure bleibe frei und unges\u00e4ttigt, so ist er den Einwendungen gerecht geworden, dass nativer Magensaft etwas kohlensauren Kalk l\u00f6se, w\u00e4hrend wenn er nur saures Cg-Phosphat als alleinige S\u00e4ure enthielte, er dies nicht thun k\u00f6nnte. Blondlot st\u00fctzt die von ihm gegebene Entstehung und Natur der S\u00e4ure noch dadurch, dass man im Magensaft CaCh f\u00e4nde und zwar nach seinen Analysen mit ebenso viel Ca, als im sauren Phosphat selbst enthalten sei. Die Ursache der Zersetzung von Na CI in den Magenwandungen sieht Blondlot in einer elect rischen Th\u00e4tigkeit; man k\u00f6nne mittelst einer schwachen S\u00e4ule eine Suspension von Ca^PO^ in NaCl-L\u00f6sung unter Bildung derselben sauren Producte zersetzen. Diese Vorstellungen Blondlots waren noch zum Theil bis in die allerneueste Zeit von Geltung.\nDer Wendepunkt in Bezug auf die Frage nach der freien S\u00e4ure des Magensaftes kn\u00fcpft sich an die Arbeiten von C. Schmidt !, welcher zun\u00e4chst best\u00e4tigte, dass durch Destillation des Magensaftes f\u00fcr sich bedeutende Mengen freier HCl auftreten, dann aber namentlich durch m\u00fchevolle quantitative Bestimmungen in iS \u00fcbereinstimmenden Analysen zu dem Resultate gelangte, dass reiner Magensaft seit IS bis\n1\tBarreswil, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1845. S. 341.\n2\tCanstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1851. II. S. 34 und Jahresber. d. Med. 1858.\n3\tBilder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 44.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Freie S\u00e4ure des Magensaftes.\n57\n20 Stunden n\u00fcchterner Fleischfresser nur freie Salzs\u00e4ure und keine Spur Milchs\u00e4ure oder Essigs\u00e4ure enthalte und dass der Magensaft von Pflanzenfressern neben freier IICl noch kleine Mengen Milchs\u00e4ure enthalte, die indess nur von st\u00e4rkemehlhaltigen Nahrungsmitteln abzuleiten seien. Schmidt\u2019s vor aller Kritik Stand haltende Methode war folgende: aus circa 100 C.-C. mit Salpeters\u00e4ure anges\u00e4uertem Magensafte wurde mit Silbernitrat alles Chlor gef\u00e4llt; das erhaltene AgCl war frei von Organischem und konnte ohne weiteres gewogen werden. Nach Entfernung des \u00fcberfl\u00fcssigen Silbers mit IICl wurde das Filtrat eingetrocknet, verkohlt und im R\u00fcckstand der Gehalt an s\u00e4mmtlichen Basen bestimmt. Es ist, sagt Schmidt, klar, dass bei Anwesenheit von Laetaten die gefundenen Basen die gefundene IICl \u00fcberragen, bei alleiniger Gegenwart von freier HCl dagegen das umgekehrte Verh\u00e4ltniss wahrgenommen werden m\u00fcsse. In allen Analysen \u00fcbertraf nun die direct gefundene IICl-Menge das S\u00e4ure\u00e4quivalent der Basen bedeutend. Ausserdem wurde noch durch Titrirung mit Kali oder Kalk und Barytwasser die freie Saure be-stimmt; es wurde fast genau so viel von dem Titriralkali erfordert als der freien IICl entsprach. In mehreren F\u00e4llen wurde auch der Magensaft auf r4 verdampft, mit 4 Vol. absol. Alkohols vermischt, das Filtrat mit PtCh versetzt und im Niederschlag (Platinsalmiak KiPtClo) das XIP bestimmt. Der Gehalt daran war nicht bedeutend, aber ziemlich constant und nach Abzug des S\u00e4ure\u00e4quivalentes vom Xlh blieb immer noch reichlich freie IICl \u00fcber. Die gefundenen Mittelzahlen werden wir sp\u00e4ter mittheilen.\nSchmidt\u2019s fundamentale Bestimmungen sind unwiderlegt, ja sogar best\u00e4tigt worden, so dass kein Zweifel mehr besteht, dass die haupts\u00e4chlichste und prim\u00e4re S\u00e4ure im Magensaft Salzs\u00e4ure ist, so widerstrebend man sich auch durch lange Zeit und noch neuestens (Laborde *) dagegen gewehrt hat, im Organismus eine so kr\u00e4ftige Minerals\u00e4ure entstehen zu lassen. Die vielfachen Funde von Milchs\u00e4ure, Butters\u00e4ure, saurem Phosphat, Essigs\u00e4ure beweisen nichts dagegen, denn wo freie IICl ist, m\u00fcssen auch die genannten S\u00e4uren wenigstens zum Th eil frei Vorkommen und ihr freies Auftreten ist leichter zu best\u00e4tigen als das der IICl, denn die Milchs\u00e4ure kann man mit Aether aussch\u00fctteln und die Essigs\u00e4ure und Butters\u00e4ure gehen schon in die ersten Destillatsfractionen \u00fcber. Die sauren Phos-phate sind auch im Magensafte zweifellos vorhanden und als Nachweis gilt das von C. Schmidt 1. c. regelm\u00e4ssig mit Ammon erhaltene\ni Laborde. Jahresber. d. Thierchemie TV. S. 252. 1874.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nPr\u00e4cipitat der Erdphosphate, welche ausfallen, sowie die S\u00e4ure abgestumpft wird, aber ihre Anwesenheit ist eben nur durch die Anwesenheit einer anderen S\u00e4ure, der Salzs\u00e4ure, m\u00f6glich.\nDie Salzs\u00e4ure gilt uns daher heute als die eigentliche prim\u00e4re S\u00e4ure im Magensaft, als ein Ingrediens des Labdrtisensecretes; die andern mitunter zu findenden und gefundenen S\u00e4uren sind entweder durch die HCl erzeugt (saures Phosphat) oder sie sind Producte der Yerg\u00e4hrung, wie die Milch- und Butters\u00e4ure, entstanden aus dem Kohlenhydratmaterial der Nahrung. Lehmann (s. o.), Bernard u. A. haben solche Milchs\u00e4ure mit aller Sicherheit nachgewiesen, Heintz 1 dieselbe aus dem Magensaft einer an Dyspepsie mit Erbrechen leidenden Frau durch Extraction mit Aether in gr\u00f6sserer Menge dargestellt und sie an dem Wassergehalte des Zinksalzes (18.14%) als gew\u00f6hnliche G\u00e4hrungs- oder Aethvlidenmilchs\u00e4ure erkannt.\no\tcJ\nJ\u00fcngst bem\u00fchte sich Richet'2 zu beweisen, dass die Salzs\u00e4ure im Magensaft nicht im v\u00f6llig freien Zustande darin enthalten sein k\u00f6nne, und zwar aus folgenden Gr\u00fcnden: 1. W\u00e4hrend HCl die Alkaliacetate vollst\u00e4ndig zersetzt, was sich aus dem Theilungsverh\u00e4ltniss nach Sch\u00fctteln mit Aether ergibt, setze Magensaft von gleichem Titre nur etwa die H\u00e4lfte der Essigs\u00e4ure des Acetats in Freiheit. 2. Bei der Dialyse gab ein Fischmagensaft ( 4 seiner Chloride an die Aussenfi\u00fcssig-keit ab, w\u00e4hrend nur 125 der HCl dialysirt war, obwohl die wirklich freie Salzs\u00e4ure sehr viel schneller als die Chloride Membranen durchdringt. 3. Magensaft invertire den Rohrzucker nicht wie Salzs\u00e4ure von gleicher Acidit\u00e4t. Dies sind die Gr\u00fcnde Richet's, von denen aber besonders letzterer nicht stichhaltig ist, siehe sp\u00e4ter S. 59. \u2014 Richet denkt sich die Magensafts\u00e4ure im wesentlichen aus einer Verbindung von Salzs\u00e4ure mit Leucin bestehend und das letztere als jenen K\u00f6rper, der die Eigenschaften der Salzs\u00e4ure modificirt, ohne sie eigentlich aufzuheben. Leucin ist \u00fcbrigens als ein regelm\u00e4ssiger Bestandtheil des Magensaftes nicht anzusehen. Es ist viel wahrscheinlicher, dass keine Mengen von Pepton oder anderer K\u00f6rper die Eigenschaften des Magensaftes in der beschriebenen Weise zu ver\u00e4ndern verm\u00f6gen.\nDer anah/tische Xachweis freier Salzs\u00e4ure.\nDurch die ganze Geschichte der Magens\u00e4ure, von den Arbeiten Prout\u2019s an, zieht sich wie ein rother Faden die Suche nach einem Reagens, das im Stande w\u00e4re, bei Gegenwart von Chloriden vorhan-dene Salzs\u00e4ure als solche oder als Minerals\u00e4ure zu erkennen und von organischen S\u00e4uren zu unterscheiden. Im Folgenden sind die zu diesem Zwecke ben\u00fctzten analytischen Mittel zusammengestellt, wo-\n1\tHeintz, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1849. S. 238.\n2\tRichet. Jahresber. d. Thierchemie A III. S. 239. 1878.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis freier Salzs\u00e4ure.\n59\nbei die Wichtigkeit des Gegenstandes den Excurs in ein rein chemisches Gebiet entschuldigen m\u00f6ge.1 2 3 4\n1.\tDas Abdestilliren der Salzs\u00e4ure. Prout, Braconnot, Tiedemann und Gmelin haben durch Destillation von Magensaft HCl erhalten, und Bernard fand schon, dass Magensaft im Anf\u00e4nge der Destillation nur ein neutrales Destillat gibt, bei einer Concentration auf i/b gehe etwas S\u00e4ure \u00fcber (Milchs\u00e4ure?), die Silberl\u00f6sung nicht tr\u00fcbt, und erst dann, wenn das Magensecret auf einige Tropfen Fl\u00fcssigkeit eingedickt ist, lasse sich in der \u00fcbergegangenen Fl\u00fcssigkeit HCl nachweisen. Aber der Destillations versuch beweist nichts, denn Milchs\u00e4ure und wahrscheinlich auch andere organische K\u00f6rper halten die HCl zur\u00fcck; wenn man z. B. mit etwas Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uerte verd\u00fcnnte Kochsalzl\u00f6sung destillirt, so gehen bald Spuren von HCl \u00fcber, nicht aber, wenn vorher auch noch etwas Milchs\u00e4ure zugesetzt worden ist, Maly -. Anderseits beweist auch das Ueberdestilliren von HCl aus dem auf wenige Tropfen eingeengten Magensaft deshalb nichts, weil einerseits Chloride wie MgCh bei dieser Temperatur bereits in HCl und Oxy-chlorid zerfallen und anderseits die h\u00e4ufig vorhandene Milchs\u00e4ure in Folge ihrer relativ geringeren Fl\u00fcchtigkeit in der concentrirten L\u00f6sung die gasf\u00f6rmige HCl austreiben muss, die daher erst durch die Destillation gebildet wird, aber im verd\u00fcnnten Safte nicht vorhanden zu sein braucht.\n2.\tDie L\u00f6slichkeit des Calci um oxalates in HCl und dessen Unl\u00f6slichkeit in organischen S\u00e4uren haben Bernard & Barreswil (eit. S. 56) benutzen wollen, aber dieser Reaction fehlt die gen\u00fcgende Empfindlichkeit; nur gr\u00f6ssere Minerals\u00e4uremengen l\u00f6sen CaC-jOi. L\u00f6sungsgemenge wie solche von NuCl und NciHiPOa, von denen auf andere Art nachgewiesen werden kann, dass sie etwas HCl enthalten, l\u00f6sen keine Spur des Oxalates.\n6. Die Um\u00e4nderung, die St\u00e4rke durch Kochen mit HCl von 1 p. m. erleidet, indem sie darnach nicht mehr von Jod gebl\u00e4ut wird, haben ebenfalls Bernard & Barreswil als Distinctionsmittel angegeben. Kocht man Amylum mit solcher ClU und einem Lactat, so bleibt die Um\u00e4nderung aus, d. h. das Amylum bl\u00e4ut noch Jod und ebenso verh\u00e4lt sich Magensaft. Dieses Experiment h\u00e4tte beweisen sollen, dass die S\u00e4ure im Magensaft nicht HCl, sondern Milchs\u00e4ure ist, aber es beweist dies nicht, weil neutralisirter Magensaft durch Zusatz von HCl auf den S\u00e4uregrad des Ma gensaftes gebracht, Amylum beim Kochen ebenfalls unver\u00e4ndert l\u00e4sst.\n4.\tKochen mit Bleisuperoxyd, wobei sich Chlor aus HCl nicht aus Chloriden entwickelt, wurde von L\u00f6wenthal 3 als Reagens auf HCl neben Chlor\u00fcr empfohlen. Es ist selbstverst\u00e4ndlich bei Gegenwart organischer K\u00f6rper nicht verwendbar.\n5.\tDie G1 y c o s e b i 1 d u n g au s R o h rzucke r ist ein empfindliches Reagens auf freie S\u00e4uren und wird von L\u00f6wenthal und Lenssen 4 unmittel-\n1\tBr\u00fcgnatelli sah im Magen von Truth\u00fchnern Achat- und Bergkrystall-st\u00fccke binnen 10 Tagen corrodirt werden und leitete daraus einen Gehalt von Fluorwasserstoff im Magensafte ab. Treviranus gab \u00e4hnliches an. aber Tiedemann & Gmelin konnten dasselbe Resultat nicht erhalten.\n2\tMaly, Liebig\u2019s Ann. CLXXIII. S. 227.\n3\tL\u00f6wenthal. Ztschr. f. analyt. Chemie XIV. S. 306.\n4\tLenssen, Journ. f. prakt. Chemie LXXXY. S. 321.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Yerdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nbar als Maass f\u00fcr die Acidit\u00e4t der S\u00e4uren betrachtet. Die starken Minerals\u00e4uren bilden viel mehr reducirbaren Zucker in derselben Zeit als die organischen S\u00e4uren und wirken schon in kleinsten Mengen und bei gew\u00f6hnlicher Temperatur sehr intensiv, ja es sollen sogar \u00e4quivalente Mengen einbasischer S\u00e4uren gleiche glycosebildende Kraft haben. Es ist auch von Interesse, dass gleichzeitige Gegenwart von manchen Salzen z. B. Xeutralchloriden, die glycosebildende Kraft vermehrt; in solchen F\u00e4llen k\u00f6nnen also nur Parallelversuche entscheiden. Erschwerend ist dabei, wie ich fand, der Umstand, dass Phosphate und selbst saure Phosphate wie NaHiPOi in Gemengen mit HCl und Rohrzucker die Umwandlung in reducirenden Zucker verhindern; NaCl aber, das, wie erw\u00e4hnt, entgegengesetzt wirkt, hebt die phosphatische Verhinderung wieder auf. F\u00fcr physiologische S\u00e4ureuntersuchungen ist die so empfindliche Zuckerinver-tirung neuerdings von Laborde (cit. S. 57) benutzt worden; nach ihm \u00fcbt Magensaft auf St\u00e4rke und Rohrzucker keine so energische Wirkung aus, als eine Viooo L\u00f6sung von HCl. Allein Szabo 1 zeigte, dass daran die Behinderung durch Pepton schuld ist; Rohrzucker mit HCl (1 p. m.) gekocht gibt eine Verminderung der -{-Drehung des polarisirten Strahls, jedoch die Differenz vor und nach dem Kochen ist um so kleiner, je mehr Pepton der Probe zugesetzt war und die Peptonbeeinflussung fand bei HCl, Milchs\u00e4ure und Magensaft statt. Aber es zeigte sich doch, dass die invertirende Wirkung des menschlichen Magensaftes in seiner Intensit\u00e4t der HF/ etwas n\u00e4her als der Milchs\u00e4ure steht, und noch deutlicher trat dies hervor, wenn die zuckerbildende Wirkung von Magensaft, verd\u00fcnnter HCl und Milchs\u00e4ure vergleichend bei der Einwirkung auf St\u00e4rke gepr\u00fcft wurde.\nG. Darauf, dass Amylalkohol die anorganischen Salze nicht, wohl aber die Verbindungen der S\u00e4uren mit Chinin l\u00f6st, hat Ra-buteau 2 ein h\u00fcbsches Verfahren begr\u00fcndet. Filtrirter Magensaft von Hunden wurde mit frisch gef\u00e4lltem Chinin mehrere Stunden bei 40 \u2014 50 dige-rirt, trocken gedampft und der R\u00fcckstand mit Amylalkohol, Chloroform oder Benzol ausgezogen. Der R\u00fcckstand dieser Ausz\u00fcge enthielt Chininchlorhydrat , schon erkennbar an der Krystallgestalt ; durch L\u00f6sen in Wasser und Titriren mit Silber ergab sich ein Gehalt von 2.5 p. m. HCl im Magensaft, im Mittel von 3 Versuchen, was nahe zu den ScHMiDT Schen Zahlen stimmt.\n7. Eine L\u00f6sung, die nebst St\u00e4rke noch Jod kalium und Kalium-jodat enth\u00e4lt, wird von HCl (auch 1 p. m.) bekanntlich gebl\u00e4ut, nicht aber durch Milchs\u00e4ure; Rabuteau3 fand, dass Magensaft die Bl\u00e4uung ebenfalls hervorruft, er muss also HCl enthalten. Eine \u00e4hnliche Reaction empfahl Mohr 4 zur Erkennung freier Minerals\u00e4uren : wenn man eine L\u00f6sung von kJ und St\u00e4rke mit sehr verd\u00fcnntem essigsaurem Eisenoxyd vermischt, so tritt keine Bl\u00e4uung ein; f\u00fcgt man hierzu aber eine Spur Minerals\u00e4ure, besonders HCl, so zeigen sich sogleich blaue Streifen von\n1\tSzab\u00f6, Jahresber. d. Thierchemie VIL S. 267. 1877.\n2\tRabuteau, Ebenda V. S. 327. 1875 ; Gaz. m\u00e9d. de Paris 1874.\n3\tDerselbe, Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 233. 1874.\n4\tMohr. Ztschr. f. analvt. Chemie XIII. S. 321.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Nachweis freier Salzs\u00e4ure.\n61\nJodst\u00e4rke. Citrons\u00e4ure und Weins\u00e4ure bringen die blaue Farbe nicht hervor, Essigs\u00e4ure nach l\u00e4ngerer Zeit. Phosphors\u00e4ure vermag Jodst\u00e4rke nicht zu erzeugen, sie sowohl wie ihre Salze verhindern die ganze Reaction selbst bei Gegenwart von HCl unter Bildung von Eisenphosphat. Dadurch wird die Brauchbarkeit der sonst empfindlichen Reaction beeintr\u00e4chtigt und dies gilt f\u00fcr mancherlei andere Versuchsanordnungen, z. B. auch die folgende, wenn die zu pr\u00fcfende Fl\u00fcssigkeit nicht frei von Phosphaten ist.\nS. Stark verd\u00fcnntes, von Alkaliacetat freies essigsaures Eisenoxyd bleibt nach Zusatz von einigen Tropfen Rhodan kali uml\u00f6s un g unver\u00e4ndert, also gelb wie vorher, Mohr (cit. S. 60). Bringt man aber dann eine Spur einer Minerals\u00e4ure hinzu, so entsteht die rotlie Farbe vom Rhodaneisen; HCl wirkt sehr intensiv. Phosphors\u00e4ure hebt selbst als freie S\u00e4ure die durch HCl bewirkte R\u00f6thung wieder auf; vielleicht treten aber die Phosphate mitunter im Magensafte v\u00f6llig zur\u00fcck, denn Szab\u00f6 (cit. S. 60) hat durch diese Reaction bei 19 von 26 menschlichen, mit der Sonde gewonnenen Magensaftproben freie HCl nachgewiesen.\n9.\tEin wichtiges qualitatives Reagens ist im Methylanilin violett gefunden worden. Witz l 2, dann Hilger 2 haben es zuerst zu technischen Zwecken, z. B. dem Nachweis freier Minerals\u00e4uren im Essig, empfohlen, ich 3 habe es f\u00fcr physiologische Zwecke angewandt. W\u00e4hrend organische S\u00e4uren den violetten, in sehr kleiner Menge anzuwendenden Farbstoff unver\u00e4ndert lassen, wird er von verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren erst blau, dann gr\u00fcn gef\u00e4rbt und zuletzt entf\u00e4rbt. Ein Tropfen einer (4 normal HCl (circa !3 Milligr. HCl) zu 10 C. - C. mit dem genannten Pigment violett gef\u00e4rbten Wassers gesetzt, gen\u00fcgt, beim Einengen bis auf einige Tropfen den Uebergang nach Blau deutlich wahrzunehmen. Dieses Reagens ist auch vorz\u00fcglich dazu geeignet, bez\u00fcglich der noch zu er\u00f6rternden S\u00e4urebildung Aufschl\u00fcsse zu geben.\n10.\tWenn Bellini ein Kaninchen mit HgCy-i vergiftete, so beobachtete er die Symptome der Blaus\u00e4urevergiftung, und der Mageninhalt des Kaninchens gab bei der Destillation ein HCy-\\\\&ltiges Destillat. Da nun der Mageninhalt keinen IhS enthielt, die Milchs\u00e4ure auch bei fortgesetzter Destillation das HgCy-i nicht zu zersetzen vermag, so schliesst Bellini daraus, dass der Magensaft freie HCl enthalte.4 5\n11.\tEine noch wenig studirte, aber interessante Methode hat auf den Vorschlag von Berthelot in neuester Zeit Richet 5 benutzt. Sie gr\u00fcndet sich auf die verschiedene Art, in der sich die einzelnen S\u00e4uren zu 2 L\u00f6sungsmitteln verhalten. Sch\u00fcttelt man die w\u00e4sserige L\u00f6sung: einer S\u00e4ure mit Aether, so theilen sich das Wasser und der Aether in die vorhandene S\u00e4uremenge in einer f\u00fcr jede S\u00e4ure charakteristischen Weise, die in dem sog. rTheilungsco\u00ebfficientenu den numerischen Ausdruck findet. Minerals\u00e4uren gehen aus der w\u00e4sserigen L\u00f6sung kaum, organische S\u00e4uren sehr viel leichter in den Sch\u00fcttel\u00e4ther \u00fcber. Richet\n1\tWitz. Ztschr. f. analyt. Chemie XV. S. 10s.\n2\tHilger, Ebenda XVI. S. 11^.\n3\tMaly, Ztschr. f. physiol. Chemie I. S. 1T4.\n4\tJahresber. d. ges. Med. 1870.1. S.9n\n5\tRichet. Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 270. 1877. VIII. S. 239. 1878.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62 Maly. Chemie der Verdanungss\u00e4fte u. Yerdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nsch\u00fcttelte nun Magensaft mit Aether und titrirte die in den letzteren \u00fcbergegangene und die in der w\u00e4sserigen L\u00f6sung gebliebene S\u00e4uremenge, das Verh\u00e4ltniss beider liess einen Schluss auf die Natur der Magensafts\u00e4uren machen. Es zeigte sich, dass frischer menschlicher Magensaft fast nur Minerals\u00e4ure resp. in Aether unl\u00f6sliche S\u00e4ure enth\u00e4lt; nach l\u00e4ngerem Stehen bildet sich aber darin organische S\u00e4ure, wahrscheinlich wohl Milchs\u00e4ure. Dass dabei neue S\u00e4ure entsteht, sieht man namentlich an speisehaltigem Magensafte, dessen Acidit\u00e4t besonders bei warmer Temperatur rasch sich vergr\u00f6ssert.\n12. Das vollkommenste Mittel, kleine Mengen freier HCl zu erkennen, m\u00f6chte die Diffusion, gepaart mit der quantitativen Bestimmung des Chlors und des Aequivalentes der vorhandenen Basen sein. Mit Recht hat die Methode von C. Schmidt (cit. S. 56) einen gewissen Abschluss in dem Nachweis der freien S\u00e4ure bedeutet, aber Schmidt hat gleichsam auf zu viel S\u00e4ure reflectirt, es sind F\u00e4lle denkbar, bei denen seine Methode keine freie HCl mehr ergibt und in denen doch noch solche vorhanden ist. Wenn z. B. Milchs\u00e4ure ein Chlorid etwa NaCl partiell zerlegt, so wird etwas freie HCl vorhanden sein, aber diese freie HCl entgeht der Methode Schmidt\u2019s, denn, nachdem er mit Silbersalpeter das Chlor ausgef\u00e4llt hat, w\u00fcrde er im einge\u00e4scherten Filtrate davon ein Basen\u00e4quivalent finden, das genau das gefundene Chlor deckt und es erg\u00e4be sich das Resultat, dass in einer L\u00f6sung, die aus NaCl -f Milchs\u00e4ure zusammengesetzt wird, keine freie HCl enthalten ist, w\u00e4hrend sie doch darin existirt, nach dem Gesetze der Vertheilung der Base in die concurrirenden S\u00e4uren vorhanden sein muss. Von den in der gedachten Fl\u00fcssigkeit vorhandenen Molek\u00fclen :\nCHh G;\nCz Hb Na 0 :)\nNaCl und\nHCl\nsind die //^/-Molek\u00fcle die beweglichsten, sie diffundiren 2.33 mal so rasch als die von NaCl (Graham). Wird deshalb diese oder eine \u00e4hnliche con-stituirte Fl\u00fcssigkeit oder Magensaft gegen Wasser diffundiren gelassen, so werden sich in den oberen Schichten die //C/-Molek\u00fcle relativ con-centriren, und werden dann diese oberen Schichten abgehoben, so gibt darin die ScmiiDT\u2019sche Art der Analyse den freien Chlorwasserstoff an, da die CzHbNaOz-Molek\u00fcle, die bei der Ein\u00e4scherung zu compensirenden Halbmolek\u00fclen NaChChk werden, zur\u00fccktreten. Auf diese Art ist in einer Reihe von Fl\u00fcssigkeiten, in denen sich das nicht auf andere Weise ergibt, durch die Wage ein Gehalt an freier HCl von mir constatirt worden.1 Die Versuchsanordnung ist einfach die, dass die auf freie FICI zu pr\u00fcfende Fl\u00fcssigkeit auf den Boden eines Glascvlinders kommt und mit Wasser \u00fcberschichtet wird. Nach einigen Tagen bis drei Wochen wird der oberste Theil der Fl\u00fcssigkeit zur Analyse abgehoben; die mittlere S\u00e4ule wird entfernt, der unterste Theil kann zur Contr\u00f4le auch analysirt werden, er muss ein entgegengesetztes Resultat (Basen\u00e4quivalent )> CI) ergeben.\n1 Maly, Liebig\u2019s Ann. CLXXIII. S. 227. JS74; und Ztschr. f. physiol. Chemie I. S. 174. 1877.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Entstehung der freien Salzs\u00e4ure.\n63\nDie Entstehung der freien Salzs\u00e4ure im Organismus.\nDie Affinit\u00e4ten, unter deren Einfluss im Laboratorium freie HCl erzeugt wird, sind so m\u00e4chtige, dass die Schwierigkeit, innerhalb des Organismus, heraus aus alkalisch reagirenden Geweben und Fl\u00fcssigkeiten die Bildung einer solchen S\u00e4ure zu verstehen, zuerst nur in der Annahme eleetrischer Differenzen ihren Anhaltspunkt fand. Blondlot (cit. S. 56) hat von solchen gesprochen und auch versucht, durch schwache Str\u00f6me in XaCl-L\u00f6sungen suspendirtes Caz(PO\\)i so zu zerlegen, wie er sich den Vorgang im K\u00f6rper dachte. Die Vorstellung Blondlot\u2019s wurde, ohne durch weitere Versuche gest\u00fctzt zu sein, sp\u00e4ter von Br\u00fccke und Anderen wieder erfasst, indem man sagte, es sei nicht so unwahrscheinlich, dass ein Tlieil des Nervensystems in Verbindung mit den Labdr\u00fcsen die F\u00e4higkeit besitze, die S\u00e4uren nach deren innerer Oberfl\u00e4che, die Basen nach der entgegengesetzten Richtung zu dirigiren. Ebenso Ralfe h Lussana 2 nahm gleichfalls an, dass in den Magendr\u00fcsen eine Spaltung der Neutralsalze sich vollziehe und glaubt, dass zu verschiedenen Zeiten auch verschiedene S\u00e4uren abgeschieden werden k\u00f6nnten und nur, da der gr\u00f6sste Theil der Salze des Blutserums aus Chloralkalien bestehe, so w\u00fcrde normal vorz\u00fcglich 1ICI gebildet. Andere Salze m\u00fcssten andere freie S\u00e4uren im Labsecrete liefern, so die Sulfate Schwefels\u00e4ure, die Phosphate Phosphors\u00e4ure etc. Doch hat sich dies an den Versuchen Lussana\u2019s nicht durchaus best\u00e4tigt, denn im Magensaft von Magenfistelhunden, denen in die Sehenkelgef\u00e4sse schwefelsaures Kalium eingespritzt wurde, war keine Spur freier Schwefels\u00e4ure zu finden. Wohl aber liess sich nach Einspritzung von Borax oder Brechweinstein ein wenig Bors\u00e4ure resp. Weins\u00e4ure im Magensafte nachweisen.\nMan hat auch vor\u00fcbergehend gedacht, um der Annahme eines salzs\u00e4urehaltigen Secretes auszuweichen, das Labdr\u00fcsensecret sei gar nicht sauer, es werde neutral abgeschieden, aber im Innern des Magens auf der Mucosa ausgebreitet, nehme es seine sauren Eigenschaften an. Es ist bei der geringen Dicke der Magenschleimhaut von kleineren S\u00e4ugern nicht leicht zu zeigen, ob die S\u00e4ure schon in den Dr\u00fcsen selbst enthalten ist. Schon vor vielen Jahren hat Bernard in die eine Jugularis eines Hundes Blutlaugensalz und in die andere schwefelsaures Eisen eingespritzt; w\u00e4hrend sich kein Berlinerblau im Blute selbst bildete, zeigte sich solches im Speise-\n1\tRalfe, Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 240. IS74.\n2\tLussana, C'anstatt's Jahresber. IS62.1. S. 110.\n3\tBernard, Ebenda 1S44. I. S. 140.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64 Maly, Chemie der Verdaiumgss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nbrei der Magenh\u00f6kle, aber nicht mehr in der Magenschleimhaut selbst, und das sollte ergeben, dass im Innern der Schleimhaut noch keine S\u00e4ure enthalten sei. Da bei den BERNARD\u2019schen Versuchen die Schleimhaut nicht mikroskopisch untersucht wurde, hat Define 1 aus der frischen Schleimhaut eines in der Verdauung get\u00f6dteten Hundes d\u00fcnne Schnitte gemacht und sie in ein Reagens gelegt (Gemisch von Blutlaugensalz und Eisensalz mit verd\u00fcnntem Kali bis zum Verschwinden des blauen Niederschlags), das sehr empfindlich auf S\u00e4uren wirkt, um zu sehen, ob und eventuell in welchen Zellen der Tubuli sich Bl\u00e4uung einstellen w\u00fcrde; eine solche trat aber nicht ein und konnte auch nicht eintreten. AVolil aber kann man an andern Thieren als S\u00e4ugethieren das saure Secret innerhalb der Dr\u00fcse nach weisen, so bei den V\u00f6geln, in deren Dr\u00fcsenmagen sich flaschenf\u00f6rmige K\u00f6rper befinden (Br\u00fccke 1 2), die man mit freiem Auge sieht und deren dicke Wand aus lauter Labdr\u00fcsen besteht, die in die innere H\u00f6hle der flaschenf\u00f6rmigen K\u00f6rper ausm\u00fcnden. Sp\u00fclt man den Dr\u00fcsenmagen eines frisch get\u00f6dteten Huhns ab, sucht einen solchen flaschenf\u00f6rmigen K\u00f6rper auf, dessen H\u00f6hle mit Secret gef\u00fcllt ist, durchschneidet ihn und untersucht die Reaction des Secrets, so findet man es stark sauer. Ist dadurch erkannt, dass das Labsecret schon von allem Anfang an sauer ist, so ist vor allem zu untersuchen, ob nicht eine organische S\u00e4ure die prim\u00e4re S\u00e4ure ist, die dann ihrerseits die Chloride zerlegen w\u00fcrde, eine Vorstellung, die um so plausibler w\u00e4re, als man in der That dem Magenschleimhautgewebe eine s\u00e4urebildende Kraft abgewinnen kann. Bez\u00fcglich der Natur der S\u00e4ure w\u00e4re vor allem auf Milchs\u00e4ure zu denken. Beides trifft wirklich zu: 1. Die Milchs\u00e4ure zerlegt die Chloride. 2. Unter dem Einfluss der Magenschleimhaut vermag man Milchs\u00e4ure zu bilden, aber trotzdem ist die Milchs\u00e4ure nicht die prim\u00e4re S\u00e4ure, wor\u00fcber das Folgende die Details enth\u00e4lt.\nDie Chemie hat noch bis vor kurzem eine gewisse dogmatische Vorstellung \u00fcber die St\u00e4rke der Minerals\u00e4uren und die relative Schw\u00e4che der organischen S\u00e4uren gehegt, wonach man nicht ohne weiteres die Annahme machen durfte, dass die Milchs\u00e4ure \u00e4hnlich, wie sonst nur die Schwefels\u00e4ure es thut, Salzs\u00e4ure austreibt. Lehmann gedenkt vor\u00fcbergehend dieses Vorgangs, als er beobachtet hatte, dass Magensaft von Hunden unter der Luftpumpe eingeengt, sobald er syrup\u00f6s geworden war, mit einem Male Salzs\u00e4ured\u00e4mpfe entwickelte ; da der R\u00fcckstand dieser Magensaftproben freie Milchs\u00e4ure enthielt, so schloss Lehmann, dass die Milchs\u00e4ure die Chloride zerlegen k\u00f6nne. Nat\u00fcrlich kann das physiologisch keine Wicli-\n1\tLepine, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 173. 1873.\n2\tBr\u00fccke. Vorlesungen. 1. Aufl. I. S. 202.","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Entstehung der freien Salzs\u00e4ure.\n65\ntigkeit haben, da im lebenden Magen von einer syrupdicken Milchs\u00e4ure keine Rede ist. Vielmehr mussten dabei concentrirte L\u00f6sungen, h\u00f6here Temperatur, Druckerniedrigung etc. ausgeschlossen werden, wenn der event. Befund von freier HCl auf die Fl\u00fcssigkeiten im Magensaft \u00fcbertragen werden sollte. Ein solches Mittel fand ich (cit. S. 62) in der Schichten-diffusion, wobei die Versuchsanordnung einfach folgende ist : Kochsalz oder die in Frage kommenden CaCh und MgCli kommen nebst reiner Milchs\u00e4ure auf den Boden eines Cylinders, Wasser wird aufgeschichtet und nach 1\u20143 Wochen langem Stehen wird das obere Drittel analysirt: es gibt das Resultat Aeq. Chlor )> Aeq. Na (resp. Metall). Ebenso kann man die freie HCl durch Membrandiffusion abtrennen. Die Menge der auf solche Weise erhaltenen freien HCl ist nicht gross, aber \u00fcber allen Zweifel sicher; ich fand circa 2 bis 20 Milligr. CI auf 30 \u2014 40 \u2014 80 C.-C. Fl\u00fcssigkeit. Milchs\u00e4ure zerlegt also die Chloride.\nDie S\u00e4urebildung im Magengewebe l\u00e4sst sich beobachten, wenn man den Dr\u00fcsenmagen einer seit 4 Tagen mit Fibrin gef\u00fctterten Taube, der bis zur neutralen Reaction gewaschen ist, in den Kropf einer anderen lebenden Taube steckt; nach 2 Stunden sind der Magen und anliegende Stellen des Kropfs sauer reagirend. Auch wenn man den Dr\u00fcsenmagen einer Taube mit Quarzpulver zerreibt, ausw\u00e4scht, dann bei 38\u00b0 sich selbst \u00fcberl\u00e4sst, so findet man hinterher saure Reaction, Br\u00fccke1. Aber die hierbei erhaltene S\u00e4uremenge ist sehr unbedeutend. St\u00e4rker ist die S\u00e4urebildung, wenn man Labschleim oder neutralisirtes Mageninfusum nimmt und diesen in Form von Milchzuckerl\u00f6sungen Material zur S\u00e4urebildung darbietet. Hammarsten nimmt desshalb im Magen ein milchs\u00e4urebildendes Ferment an. Sehr kr\u00e4ftig scheint aber das Zucker in Milchs\u00e4ure umwandelnde Ferment des Magens und der frischen Magenpr\u00e4parate nicht zu wirken; ich habe es wenigstens f\u00fcr Thierm\u00e4gen und Traubenzuckerl\u00f6sungen kaum beobachten k\u00f6nnen. So brachte die schnell aus einem get\u00f6dteten Kaninchen genommene und in laue Zuckerl\u00f6sung geworfene Magenhaut nur sehr wenig S\u00e4ure hervor, wenigstens in der ersten Zeit der Einwirkung. F\u00fcr den noch lebenden Magen geht \u00e4hnliches daraus hervor, dass in dem ausgesp\u00fclten Magen eines Fistelhundes nicht mehr gebrannte Magnesia (als Magnesiamilch angewandt) gel\u00f6st wird, wenn dieselbe zugleich mit etwas Traubenzuckerl\u00f6sung hineinkommt und einige Zeit darin verweilt, als wenn sie allein ohne Zuckerzusatz in die Fistel gebracht wird.2\nAnders allerdings verh\u00e4lt es sich, wenn L\u00f6sungen von Zuckerarten uuter dem Einfl\u00fcsse von Magenschleimhaut besonders von zerhackter Schweinsmagenmucosa l\u00e4ngere Zeit bei Blut w\u00e4rme digerirt werden; dann tritt reichlich Milchs\u00e4ure auf, und wenn man sie in dem Maasse, als sie sich bildet, durch ein Carbonat s\u00e4ttiget, so kann man allen angewandten Zucker in S\u00e4ure \u00fcbergef\u00fchrt erhalten und die S\u00e4ure selbst in beliebiger Menge darstellen. Die Hauptmenge der unter dem Einfl\u00fcsse des Magendr\u00fcsengewebes sich bildenden S\u00e4ure ist die gew\u00f6hnliche Aethyliden- oder G\u00e4hrungsmilchs\u00e4ure (deren Zinksalz 18.18\u00b0/o H-iO ent-\n1\tBr\u00fccke. Sitzungsber. d. Wiener Acad. XXXVII. S. 131.\n2\tMaly. Liebig\u2019s Ann. CLXXIII. S. 227.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nhalt), zum kleineren Theile und ausnahmsweise unter nicht n\u00e4her bestimmbaren Verh\u00e4ltnissen auch in gr\u00f6sserer Menge, entsteht dabei Fleischmileli-s\u00e4ure \u2014 Maly l. Verfolgt man mikroskopisch den beschriebenen Milch-s\u00e4urebildungsprocess, so zeigt sich, dass, sobald reichlich Milchs\u00e4ure entstanden ist, eine Legion von Bact\u00e9rien durch das Sehfeld wimmelt, von jener d\u00fcnnen St\u00e4behenform, wie sie Pasteur f\u00fcr sein Milchs\u00e4ureferment abbildet; Bacteriengifte verhindern den ganzen Process, die S\u00e4ure, die durch ihn entsteht, kann daher nur als Product einer G\u00e4hrung betrachtet werden und ist f\u00fcr eine physiologische Bildungsweise innerhalb des Magens nicht in Anspruch zu nehmen. Dies, sowie die bestimmten Angaben C. Schmidt\u2019s vom Fehlen der Milchs\u00e4ure im Magensafte, die ich gelegentlich nach einer andern Methode best\u00e4tigen konnte'2 3, zeigen, dass die Milchs\u00e4ure nicht die prim\u00e4re S\u00e4ure im Kreise der sauren K\u00f6rper des Magensaftes ist, und weiterhin geht daraus die f\u00fcr das Studium der zu er\u00f6rternden Verh\u00e4ltnisse wichtige Erfahrung hervor, dass die Salzs\u00e4ure des normalen Magensaftes nicht ein Product der Einwirkung der Milchs\u00e4ure auf Chloride ist, wenngleich zugegeben werden kann, dass unter abnormen Verh\u00e4ltnissen, etwa bei dyspeptischen Zust\u00e4nden, auch ein Theil Salzs\u00e4ure dadurch frei wird, dass sich massenhaft Milchs\u00e4urebildung einstellt.\nDie Production von HCl im K\u00f6rper ist vielmehr von andern Gesichtspunkten aus zu betrachten, nicht als specieller einziger Fall von S\u00e4urebildung, sondern nur als der hervorragendste Fall solchen Vorkommnisses. Die Muttersubstanzen der Secrete sind die alkalischen Fl\u00fcssigkeiten Blut und Lymphe, aus deren Material m\u00fcssen der saure Magensaft, der saure Harn, der saure Schweiss und die mitunter saure Milch entstehen. Eine Idee, die aber nicht weiter gepr\u00fcft wurde, in solcher allgemeiner Fassung die Bildung saurer Secrete zu erkl\u00e4ren, hat Buchheim 3 aufgeworfen; er meint, es m\u00f6chten sich die Alkalisalze des Blutes so zum Eiweiss verhalten, wie es von den Salzen der schweren Metalle, z. B. von Kupfersulfat angenommen wird, dass n\u00e4mlich einerseits Kupferalbumen, anderseits Schwefel-s\u00e4urealbumen entstehe. Analog k\u00f6nnte im Blute Natriumalbumin und Salzs\u00e4urealbumin entstehen und letzteres in den Labdr\u00fcsen eine Dissociation erleiden.\nEine Theorie der S\u00e4urebildung ist von mir aufgestellt und durch eine Reihe von Versuchen zu begr\u00fcnden versucht worden.4 Namentlich ist experimentell festgestellt worden, dass es einerseits alkalische, anderseits neutrale Substanzen gibt, die bei ihrer Wechselwirkung S\u00e4uren, ja sogar freie Salzs\u00e4ureerzeugen, und zwar Substanzen,\n1\tMaly, Ber. d. d. chem. Ges. 1874. S. 1567 ; Liebig\u2019s Ann. CLXXII1. S. 227.\n2\tLiebig\u2019s Ann. CLXXIII. S. 227.\n3\tBuchheim, Arch. f. d. ges. Physiol. XII. S. 326.\n4\tMaly, Ber. d. d. chem. Ges. IS76. S. 164; Ztschr. f. physiol. Chemie I. S. 174.\n1877.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Theorie der Salzs\u00e4urebildung.\n67\ndie erfahrungsm\u00e4ssig als Bestandteile des Blutserums Vorkommen: Phosphate der Alkalien und Chloride von Natrium und Calcium. Es ist schon an einer fr\u00fcheren Stelle hervorgehoben worden, dass ein Gemenge von XalPPOi mit AaCl oder neutralem CaCk die S\u00e4ure-reaction auf Methylanilinviolett gibt; ebenso gibt ein solches Gemisch an Wasser durch Diffusion HCl ab, denn, wenn man alles Metall auf Neutralchlorid + Monophosphat rechnet, so bleibt noch ein Chlor-\u00fcberschuss. Damit ist erwiesen, dass XuHiPOa partiell Chloride zerlegt und sich zu ihnen wie eine freie S\u00e4ure verh\u00e4lt; da nun aber lange bekannt und neuestens wieder durch Setschenow best\u00e4tigt worden ist, dass das gew\u00f6hnliche Dinatriumphosphat XmHPCk durch CO-i zu Monophosphat wird, im Blute aber die gesammten Vorg\u00e4nge unter Gegenwart von \u00fcbersch\u00fcssiger CO-> vor sich gehen, so ist der bezeichnete Vorgang als partieller Chemismus des Blutes in Anspruch zu nehmen. Bemerkenswerther noch ist der Einwirkungseffect vom alkalisch reagirenden Dinatriumphosphat auf Chlorcalcium, das auch im Serum enthalten scheint.1 Der Niederschlag, den beide geben, ist nicht genau Ca HP 0\\ , sondern er ist Ca reicher, n\u00e4mlich ein Gemisch von Di- mit etwas Triphosphat, d. h. es wird eine kleine Menge HCl frei:\n3 CaCh + 2 XaHIPO4 = Caz (P04)2 + 4 NaCl + 2 HCl und die frei gewordene IICl findet sich im Filtrat von den abfil-trirten Erdphosphaten, worin sie einerseits mit Methylanilinviolett, anderseits auf gewichtlichem Wege nachweisbar ist, indem sich etwas ungebundenes Chlor {HCl) ergibt, wenn man die beiden Metalle als Neutralchloride und Monophosphate in Rechnung bringt. Wir haben sonach folgende Momente zur Erkl\u00e4rung der Bildung von //CV-haltigen resp. sauren Secreten \u00fcberhaupt:\n1.\tDas Blut enth\u00e4lt trotz seiner alkalischen Reaction sauer re-agirende Salze, denn das XaoIIPOi wird in verd\u00fcnnter L\u00f6sung durch COi zu prim\u00e4rem, sauer reagirendem Phosphat, welches neben dem alkalisch reagirenden Dicarbonat vom Natrium bestehen kann \u2014 Setschenow.\n2.\tDie im Blute vorhandenen alkalisch reagirenden Substanzen \u2014 das Dinatriumphosphat und Natriumbicarbonat \u2014 sind theoretisch saure K\u00f6rper, sie enthalten noch je 1 Hydroxyl und \u00fcben S\u00e4urewirkungen aus.\n3.\tIm Blute wachsen fortw\u00e4hrend durch die Oxydationsprocesse S\u00e4uren zu, wie Kohlens\u00e4ure, Schwefel- und Phosphors\u00e4ure.\n1 R. Pribram. Jahresber. d. Thierchemie I. S. 107. 1871. L. Gerlach, Ebenda III. S. 109. 1873.","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nIn einem Gemisch von so complieirter Zusammensetzung wie das Blutserum muss die Vertheilung von Basen und S\u00e4uren ebenfalls h\u00f6chst complicirt sein; gibt man aber einmal zu, wozu neuere chemische Beobachtungen immer mehr dr\u00e4ngen, dass eine T heil un g zwischen Basen und S\u00e4uren stattfindet, so m\u00fcssen\n4. sich im Blutserum neben den mannigfaltigsten neutralen Com-binationen bei dem Vorkommen freier ungebundener GO-i auch die mannigfaltigsten sauren Combinationen und freie S\u00e4uren selbst nebeneinander vorfinden. Wirklich, d. h. theoretisch alkalische K\u00f6rper existiren im Blute nicht.\nEndlich zur Erkl\u00e4rung, dass aus einem Ge wirre so verschiedener K\u00f6rper durch gewisse Dr\u00fcsen, zu denen vor allem die Labdr\u00fcsen zu rechnen sein werden, die sauren K\u00f6rper resp. die HCl in relativ so concentrirtem Zustande abgesondert wird, ist die Diffusion in Anspruch zu nehmen. Zahlreiche Versuche am Dialysator haben gezeigt, dass im Allgemeinen die S\u00e4uren viel rascher als die neutralen oder alkalischen K\u00f6rper diffundiren. (Daf\u00fcr enthalten schon die ber\u00fchmten GRAHAM/schen Arbeiten Material ; bez\u00fcglich der Diffusion von sauren und alkalischen Phosphaten.1) Unter den S\u00e4uren untereinander aber dominirt vor allem die HCl durch ihr ausserordentlich grosses Verm\u00f6gen, Membranen zu passiren, das nach Graham noch 34 mal so gross als das vom Kochsalz ist, einem K\u00f6rper, der unter den Krystalloiden bereits so hoch in der Reihe steht. Je vollkommener eine Diffusionsvorrichtung sein wird, um so mehr wird sie im Stande sein, aus dem Blute die beweglicheren sauren Molek\u00fcle durchzulassen und die alkalischen zur\u00fcckzuhalten. Erst indem wir annehmen, dass die Labdr\u00fcsen vollkommenere Diffusionsapparate seien, die es weiter bringen in der molekularen Scheidung als etwa die Nieren oder Schweissdr\u00fcsen, wird der Boden der Hypothese betreten.\nEinfluss der S\u00e4uresecretion auf die Zusammensetzung des Harns. Wenn aus einer gemischten Fl\u00fcssigkeit, welche neutrale und saure Substanzen und unter den letzteren theils wirklich saure, d. h. Lakmus r\u00f6tkende und theils nur theoretisch saure, die Lakmus bl\u00e4uen k\u00f6nnen, enth\u00e4lt, die lakmusr\u00f6thenden durch einen Diffusionsprocess vorwiegend entfernt werden, so m\u00fcssen sich die neutralen -}- Lakmus bl\u00e4uenden darin anh\u00e4ufen. Wirken zwei oder mehrere Diffusionsapparate auf dieselbe Masse circulirender Fl\u00fcssigkeit, von denen der eine, eine tempor\u00e4r besonders vollkommene Abscheidung der sauren Molek\u00fcle veranlasst, so werden die andern, besonders wenn sie weniger fein eingestellt sind, es nicht mehr zu einem sauren Diffus\u00e2t bringen k\u00f6nnen; in solchem Falle\n1 Ber. d. d. chcm. Ges. 1S76. S. 164.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Theorie der Salzs\u00e4urebildung. Analysen vom Magensaft.\n69\nm\u00f6chte sicli die Harnsecretion zur Zeit einer Labdr\u00fcsensaftabsonderung befinden. Kliniker haben schon \u00f6fter aufmerksam gemacht, dass, wenn z. B. zur Erleichterung bei Magendilatation eine Auspumpung des sauren Mageninhaltes vorgenommen wird iH. Quincke1), oder wenn reichliches Erbrechen stattfindet (C. Stein'2), also die sauren Molek\u00fcle aus dem K\u00f6r-perbestande entfernt werden, selbst bei vorwiegender Fleischnahrung stark alkalischer Harn auftritt. Beil\u00e4ufig ist die ver\u00e4nderte Reaction des Harns meist schon nach jedem Mittagsmahl auch im normalen Zustande bemerkbar; der vorher saure Harn wird durch die Vorwegnahme der sauren Molek\u00fcle aus dem Blute seitens der Labdr\u00fcsen nach Kurzem neutral, nach 2 \u2014 3 \u2014 4 Stunden alkalisch. In einfacher Weise l\u00e4sst sich dies auch experimentell nachweisen, wie ich (eit. S. 65) gezeigt habe. An einer H\u00fcndin, von welcher in k\u00fcrzeren Zwischenr\u00e4umen der Harn mit dem Katheter genommen und titrirt wird, bewirkt man durch mittelst der Schlundsonde eingef\u00fchrte Substanzen \u2014 Knochenpulver, Pfefferk\u00f6rner, oder durch einen Bissen Fleisch \u2014 eine Saftsecretion, und bringt gleichzeitig einen indifferenten, die abgeschiedene S\u00e4ure zu einem neutralen K\u00f6rper b i n d e n d e Substanz \u2014 Calcium-, Magnesiumcarbonat \u2014 hinzu : schon nach k\u00fcrzerer Zeit, oft schon nach 15 \u2014 20 Minuten, findet man dann den vorher sauren Harn des (n\u00fcchtern genommenen) Thiers neutral, oft auch alkalisch.\nII. Analysen vom Magensaft.\nDie vollst\u00e4ndigsten Analysen sowohl vom menschlichen Magen-saft als auch von dem des Hundes und Schafes sind von C. Schmidt ausgef\u00fchrt worden; ausserdem liegen noch mancherlei einzelne Bestimmungen vor. Die Methode, nach welcher Schmidt den Gehalt an Chlorwasserstoff ermittelte, ist schon vorher S. 57 angegeben. Das Filtrat vom AgCI wurde nach Entfernung des \u00fcbersch\u00fcssigen Ag eingedampft, verkohlt und darin die Basen bestimmt. In anderen F\u00e4llen wurde mit Baryt alkalisch gemacht, bei vorgelegtem //67-Apparat bis zur Oeldicke destillirt, im Destillat das Ammoniak mit Platin bestimmt, der R\u00fcckstand aber verkohlt, der Baryt nach der AgCl-F\u00e4l-lung mit Schwefels\u00e4ure entfernt, dann gleich verfahren wie vorher im Filtrat vom zweiten Chlorsilber, n\u00e4mlich mit Ammoniak die alle Phosphors\u00e4ure enthaltenden Phosphate von Eisen, Kalk und Magnesia, mit kohlensaurem Ammon der \u00fcbrige Kalk gef\u00e4llt, und zuletzt im Schmelzr\u00fcckstand von KCl -f- XaCl das Kalium bestimmt. Die Quantit\u00e4t der freien S\u00e4ure wurde in separaten Portionen austitrirt; die organische Substanz in verschiedener Weise, meist durch F\u00e4llen mit Alkohol bestimmt. Die ScuMiDT\u2019schen Zahlen unter 1. sind das Mittel von 10 Magensaftanalysen von Fistelhunden nach Unterbindung der\n1\tH. Quincke, Jakresber. d. Thierchemie IV. S. 241. 1&74.\n2\tC. Stein, Ebenda VI. S. 161. 1 sT4.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nSpeicheldr\u00fcsen; die Zahlen unter 2. sind das Mittel von 3 Magensaftanalysen von Fistelhunden ohne Speichelgangunterbindung. Zu den auf menschlichen Magensaft sich beziehenden Zahlen gab das Material die S. 40 erw\u00e4hnte 35j\u00e4hrige Frau mit der Fistel.\n\t\tMensch.\tHund.\t\tSchaf.\n\t\tSchmidt. 1\tSchmidt.2\t\tSchmidt.2\n\t\t\t1.\t2.\t\nWasser . Organische\tStoffe, beson-\t994.40\t973.06\t971.17\t986.14\nders Ferment etc. .\t.\t\t3.19\t17.13\t17.34\t4.05\nHCl . .\t\t0.20\t3.34\t2.34\t1.23\nCa Ch .\t.\t\t0.06\t0.26\t1.66\t0.11\nNa CI .\t.\t\t\t1.46\t2.50\t3.15\t4.37\nKCl . .\t\t0.55\t1.12\t1.07\t1.52\nNHaCI. .\t.....\t\u2014\t0.47\t0.54\t0.47\nAmmoniak- Niederschl.3\t1 Ca3 (POi)i\\ 4 M93(POa)i\\\t0.125\t1.73 0.23\t2.29 0.32\t1,18 0.57\n\t1 te PU\\ .)\t\t0.08\t0.12\t0.33\nWie leicht verst\u00e4ndlich, ist der speichelfreie Magensaft etwas saurer als der speichelhaltige. Der Magensaft des Menschen ist nicht nur s\u00e4ure\u00e4rmer als der vom Hund oder Schaf, sondern \u00fcberhaupt sehr verd\u00fcnnt resp. wasserreich, doch steht es nach dieser einen Analyse noch dahin, ob dies allgemeiner zu fassen oder auf die individuellen Eigenschaften des ScHMiDT\u2019schen Versuchsindividuums zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Jedenfalls hat die Analyse nur den Werth eines m\u00f6glich vorkommenden Falls, aber nicht den einer Mittelzahl. \u2014 Schwefels\u00e4ure scheint im Magensaft zu fehlen; die Phosphors\u00e4ure reicht nicht aus, die gesammten Erden -j- Fe zu binden.\nRichet (eit. S. 61) hat bei den Analysen des Magensaftes von einem gastrotomirten Patienten mit Oesophagusverschluss die Methode C. Schmidts wiederholt und fand darin:\nl.\t2\na. Chlor im Ganzen\t\t2.568\t1.669 0\nb. Chlor entsprechend der Acidit\u00e4t\t1.645\t0.923\nc. Chlor an Basen gebunden .\t.\t0.989\t0.837\na \u2014 c\t\t1.579\t0.832\nb-j-c \u2014 a\t\t0.066\t0.091\n1\tSchmidt, Liebig\u2019s Ann. XCII. S. 42. 1854.\n2\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 46 ff.\n3\tDie Phosphate als Triphosphate in die Tabelle gestellt, wie Schmidt ge-than, erh\u00f6hen nat\u00fcrlich um etwas den Ansatz f\u00fcr HCl, da sie als Monophosphate CaH*(POi)i in L\u00f6sung sein m\u00fcssen. Rechnet man aber die dazu n\u00f6thige HCl weg. so bleibt immer noch die gr\u00f6ssere Menge HCl \u00fcbrig.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Analysen vom Magensaft. K\u00fcnstlicher Magensaft.\n71\nMit Ber\u00fccksichtigung von 0.355 pr. m. AAO im Magensaft stellt sich der nicht durch freie Salzs\u00e4ure gedeckte Theil der Acidit\u00e4t zu 0.421 resp. 0.446 p. m. Es bleibt daher auch hier noch ein erheblicher Ueberschuss freier Salzs\u00e4ure.\nVon anderweitigen Bestimmungen seien noch folgende erw\u00e4hnt : Lehmann 1 fand im filtrirten speichelartigen Magensaft des Hundes 1.05 bis 1.4S\u00b0,o feste B es tandthei 1 e, Berzelius beim Menschen 1.27%, Leu-ret & Lassaigne beim Hund 1.32%, Frerichs beim Pferd 1.72%, Tiedemann & Gmelin1 2 beim Hunde, dem zur Magensaftabsonderung kleine Kalksteine beigebracht worden waren, 1,95% R\u00fcckstand.\nDurch Eintrocknen des Magensaftes mit Knochen gef\u00fctterter Hunde im Vacuum und Auffangen der entweichenden HCl hat Lehmann 1 in 6 Versuchen 0.9S \u20141.32 p. m. IICl gefunden, im R\u00fcckstand aber noch 3.20 bis 5.S5 p. m. freier Milchs\u00e4ure. Durch die colorimetrische Bestimmung mittelst Rhodaneisen fand Szabo (eit. S. 60) im Mageninhalte von Menschen mit Magendilatation bis zu 3 p. m. HCl, aber dieser Magensaft war mit Wasser vermischt. Die alkalimetrisch von Schmidt austitrirten Werthe der Gesammts\u00e4ure siehe vorher S. 42. Vergleicht man die dort angegebenen S\u00e4ure werthe mit der HCl-Menge, welche aus den oben mitge-theilten Tabellen als frei % IICl hervorgeht, so ergibt sich, dass bei dem speichelfreien Magensafte im Mittel 97.9%, bei dem speichelhaltigen 94% der Gesammts\u00e4ure auf Salzs\u00e4ure k\u00e4men, Zahlen, die nat\u00fcrlich in Folge der Bildung von sauren Phosphaten noch eine Reduction erleiden m\u00fcssen. Milchs\u00e4ure war in Schmidts Objecten nicht vorhanden und scheint \u00fcberhaupt im reinen speisefreien Magensaft zu fehlen; die des speisehaltigen ist von Richet als G\u00e4hrungsmilchs\u00e4ure erkannt worden. Am gastrotomirten Marcellin R. fand Richet im Mittel sehr zahlreicher Bestimmungen 1.74 pr. m. HCl. Die Zahlen von Kretschy siehe vorher S. 40.\nIII. K\u00fcnstlicher Magensaft;\nErsatz der Salzs\u00e4ure;\nS\u00e4uregrad.\nZu den Versuchen, die ausserhalb des Organismus \u00fcber die Umwandlung der Eiweissk\u00f6rper gemacht worden sind, hat nur in den seltneren F\u00e4llen nativer Magensaft gedient. Nachdem erkannt war, dass zur Verdauung Pepsin und S\u00e4ure noth wendig sind, ersteres aber in der Dr\u00fcsenhaut des Magens selten fehlt und sich mit S\u00e4uren oder auf andere Art ausziehen l\u00e4sst, that man leichter, sich sogen, k\u00fcnstlichen Magensaft zusammenzusetzen. Als solcher wird jede Fl\u00fcssigkeit bezeichnet, die Magenferment + S\u00e4ure enth\u00e4lt und das Verm\u00f6gen besitzt, bei Brutw\u00e4rme unl\u00f6sliche Eiweissarten zu l\u00f6sen. Die verschiedenen Methoden, die S. 46 angef\u00fchrt sind, das sogenannte Pepsin abzuscheiden, sind auch brauchbar, k\u00fcnstlichen\n1\tLehmann, Zoocheinie S. 27 ff.\n2\tTiedemann & Gmelin. Verdauung S. 96.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nMagensaft darzustellen. Meist dienen vom Schl\u00e4chter bezogene, frische vom Schleime gereinigte Schweinem\u00e4gen dazu; man dr\u00fcckt durch langsames Schaben mit einem Messer Labzellenbrei heraus, w\u00e4scht und digerirt ihn mit verd\u00fcnnter HCl, oder man verd\u00fcnnt etwas WiTTiCH'sches Glycerinpr\u00e4parat mit Wasser und setzt die S\u00e4ure zu. Am h\u00e4utigsten wird so verfahren, dass man von einem Schweinemagen den an der grossen Curvatur gelegenen Theil der Mucosa abpr\u00e4parirt, etwas zerkleinert, mit fliessendem Wasser gut ausw\u00e4scht (wobei wenig Verlust erlitten wird, da Pepsin in reines Wasser schwer \u00fcbergeht), dann in eine gr\u00f6ssere Menge verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure von 1\u20142 pr. m. bringt, und bei 37\u201440\u00b0 stehen l\u00e4sst. Die ganze Haut bis auf wenige Fetzen l\u00f6st sich unter Selbstverdauung auf, und damit geht auch das enthaltene Pepsin in L\u00f6sung. Reicht das erste saure Wasser nicht aus, so giesst man ab und neue verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure von 1\u20142 pr. m. auf (oder ca. 5\u20148 C.-C. starke Salzs\u00e4ure auf 1 Liter Wasser), und event, ein drittes Mal. Je rascher der Magen zerf\u00e4llt, um so pepsinreicher ist er. Die erhaltene Fl\u00fcssigkeit wird colirt, oder wenn sie es gestattet, durch Papier filtrirt. Ein solcher k\u00fcnstlicher Magensaft (Verdauungsfl\u00fcssigkeit) wird oft angewendet, ist aber h\u00f6chst unrein, enth\u00e4lt Schleim, Leimpeptone etc., und sollte nur f\u00fcr die allergr\u00f6bsten Versuche gebraucht werden. Zu feineren Untersuchungen, z. B. wenn es sich handelt, die Umwandlungsproducte der Eiweissk\u00f6rper zu studiren, ist eine solche Br\u00fche nicht zu gebrauchen, dann muss eine der fr\u00fcher beschriebenen (S. 46) Pepsinfl\u00fcssigkeiten ben\u00fctzt werden.\nDer k\u00fcnstliche Magensaft kann auch mit anderen S\u00e4uren bereitet werden, ohne seine charakteristische Verdauungskraft einzu-blissen. Aber nicht alle S\u00e4uren sind gleich gut geeignet. Am n\u00e4chsten stehen der H CI, die Salpeters\u00e4ure, Milchs\u00e4ure und die Phosphors\u00e4ure, ohne aber die erstere zu erreichen. Schwefels\u00e4ure und Essigs\u00e4ure wirken viel langsamer l\u00f6send (Lehmann, H\u00fchnefeld), ebenso Oxals\u00e4ure und Weins\u00e4ure. Davidson & Dietrich (cit. S. 45), welche unter Anwendung der Magenschleimhaut des Frosches die verschiedenen S\u00e4uren verglichen, fanden, dass diejenigen S\u00e4uren* welche die zu verdauenden Eiweissk\u00f6rper auflockern, auch die g\u00fcnstigste Verdauung geben. Eine bestimmte Aequivalentbeziehung der einzelnen S\u00e4uren bei gleich wirkenden Mengen konnten sie nicht finden. Nicht einmal bei den Homologen der HCl scheint es zuzutreffen , denn nach Putzeys 1 k\u00f6nnen zwar IIJ und IIBr bis zu\n1 Putzeys, Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 279. 1877.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"K\u00fcnstlicher Magensaft. Verdauungsproben.\n73\neinem gewissen Grade die HCl ersetzen, aber sie wirken stets schw\u00e4-sclier verdauend als die letztere.\nBr\u00fccke (eit. S. 65) zeigte in Versuchsreihen mit Pepsinl\u00f6sung von steigendem HCl-Gehalt an Fibrinflocken, dass die schnellste Verdauung bei S\u00e4uregehalten von 0.86 und 0.88 Grm. HCl im Liter erfolgt; bei einer Steigerung auf 1.3 pr. m. nahm die Geschwindigkeit schon ab. Beim Sinken des S\u00e4uregrades nahm sie langsam ab bis 0.45, und war bei 0.22 schon sehr beeintr\u00e4chtigt. Das g\u00fcnstigste Verh\u00e4ltnis f\u00e4llt mit starker Quellung zusammen; bei verd\u00fcnnter S\u00e4ure ist letztere zu langsam, bei hohem S\u00e4uregehalt zu wenig stark. Die herk\u00f6mmlich \u00fcbliche Concentration f\u00fcr die Salzs\u00e4ure ist aber etwas gr\u00f6sser als das von Br\u00fccke gefundene Optimum, n\u00e4mlich 1.5 bis 2.0 pr. m., wohl um bei gr\u00f6sseren Mengen zu verdauender Ei-weissk\u00f6rper etwas S\u00e4ure zur Neutralisation der mitgebrachten S\u00e4uretilger (Erdphosphate etc.) \u00fcbrig zu haben. Coagulirtes H\u00fclmereiweiss braucht mehr S\u00e4ure als Fibrin, n\u00e4mlich 1.2\u20141.6 pr. m. Nach Wolff-h\u00fcgel1 wirken Salzs\u00e4ure von 4 pr. m. und Salpeters\u00e4ure von 4 pr. m. gleich stark (aber ziemlich langsam) verdauend; derselbe empfiehlt die Salpeters\u00e4ure von der genannten St\u00e4rke desshalb, um sich bei Verdauungsversuchen vor T\u00e4uschung zu sichern, weil die Salzs\u00e4ure schon f\u00fcr sich allein, d. h. ohne Pepsin, etwas Eiweissk\u00f6rper l\u00f6se und etwas Pepton bilde, w\u00e4hrend dies die Salpeters\u00e4ure nicht thue. Doch ist dagegen einzuwenden, dass die l\u00f6sende Wirksamkeit zwischen einer pepsinhaltigen und einer pepsinfreien HCi so auffallend ist, dass man darob nicht leicht in Irrung kommen kann, und ferner, dass die Salpeters\u00e4ure der genannten Concentration, welche f\u00fcr sich allerdings kaum l\u00f6send auf Eiweissk\u00f6rper wirkt, die l\u00f6sende Kraft des Pepsins herabsetzt, und dies um so mehr, je weniger Pepsin vorhanden ist (Ebstein V Gr\u00fctzner2). Mit Phosphors\u00e4ure kann man steigen bis zu 10\u00b0(o, am besten wirkt sie bei 2%; saures Natronphosphat ist ohne Wirkung.\nIV. Verdamuigs- oder Pepsinprobe; relative Bestimmung des\nVerdauuiigsverm\u00f6gens.\nDie F\u00e4higkeit einer freie S\u00e4ure und Pepsin enthaltenden Fl\u00fcssigkeit, Fibrin oder coagulirtes Eiweiss beim Digeriren bei Brutw\u00e4rme in verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig kurzer Zeit aufzul\u00f6sen, heisst Verdauungsver-m\u00f6gen. Um eine Probe nativen oder k\u00fcnstlichen Magensaftes oder\n1\tWolffhTgel, Jahresber. 4. Thierchemie III. S. 163. IS73.\n2\tEbstein V Gr\u00fctzner. Ebenda S. 169.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\neiner anderen tliierisclien (oder pflanzlichen) Fl\u00fcssigkeit oder eines Gewebes auf seine verdauende Wirksamkeit, d. k. auf einen Gehalt an Pepsin zu pr\u00fcfen, macht man die Verdauungsprobe. Ist das Object ein Gewebe, so wird es vorerst zerkleinert, mit kaltem Wasser ausgezogen und das filtrirte Extract anges\u00e4uert oder gleich mit verd\u00fcnnter HCl extrahirt, so dass der Gehalt an freier S\u00e4ure etwa 1 bis 2 pr. m. betr\u00e4gt. Nun wirft man eine st\u00e4rkere Fibrinflocke oder einen W\u00fcrfel aus gekochtem H\u00fchnereiweiss hinein, und l\u00e4sst 24 Stunden bei gew\u00f6hnlicher Temperatur oder 1\u20142 Stunden bei 36\u201440\u00b0 C. stehen. Ist nach dieser Zeit besonders unter Anwendung des leichter verdaubaren Fibrins nicht v\u00f6llige (opalisirende) L\u00f6sung oder Zerst\u00e4ubung zu leichten Fl\u00f6ckchen eingetreten, so schreibt man der gepr\u00fcften Fl\u00fcssigkeit keine verdauende Kraft zu, anderseits enth\u00e4lt sie peptoge-nes Ferment, Pepsin. Eine unter gleichen \u00e4usseren Verh\u00e4ltnissen ange-stellte Controlprobe mit S\u00e4ure allein zeigt dann in der Pegel auf das deutlichste die Wirkung dieses merkw\u00fcrdigen Fermentes. Die Fibrinprobe ist \u00fcblicher als die Eiweissprobe ; zum Zwecke der letzteren soll wenigstens bei feineren Vergleichungen das angewandte Eiweiss neu-tralisirt und dann gereinigt werden. Nach Corvisart enth\u00e4lt n\u00e4mlich das H\u00fchnereiweiss ein wenig eines pepton\u00e4hnlichen K\u00f6rpers, der als L\u00f6sung die Tr\u00f6pfchen bilden soll, die man beim Oeffnen eines hartgekochten Eies zwischen Haut und Eiweiss mitunter findet. Um diesen pepton\u00e4hnlichen K\u00f6rper zu entfernen und gleichzeitig das \u00fcbrige Alkali, versetzt man verd\u00fcnntes H\u00fchnereiweiss mit Essigs\u00e4ure bis zur violetten Lakmusreaction, coagulirt in der Hitze und w\u00e4scht aus. Solches Eiweiss (oder auch hartgekochtes Eiweiss \u00fcberhaupt) l\u00e4sst sich nach Br\u00fccke in verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure lange unver\u00e4ndert aufbewahren. Um \u00e4usserlich gleiche St\u00fccke harten Eiweisses zu bekommen, coagulirte C. Schmidt in einer Metallr\u00f6hre durch Eintauchen in heisses Wasser, stiess den Cylinder heraus und zerschnitt in gleich lange St\u00fccke. Noch gleichf\u00f6rmiger, nur bis auf einige Mgrm. differirende St\u00fccke erh\u00e4lt man, wenn man mit einem Doppelmesser d\u00fcnne Lamellen schneidet und daraus mit einem gr\u00f6sseren Korkbohrer Scheiben sticht.\nWie empfindlich die Pepsinprobe ist, resp. wie wenig Magenferment dazu n\u00f6thig ist, kann man leicht beobachten; v. Wittich verd\u00fcnnte ein Glycerinpepsin auf das 100fache mit 0.2% HCl und 1 C.-C. dieser verd\u00fcnnten Fl\u00fcssigkeit verdaute eine Fibringallerte aus ca. 3 C.-C. Fibrin und IS C.-C. S\u00e4ure bei 40\u00b0 in 15 Minuten. Die Verdauungsst\u00e4rke einer Fl\u00fcssigkeit resp. deren Pepsingehalt kann nicht an und f\u00fcr sich gemessen werden, sondern nur relativ durch Ver-","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Yerdauungsproben.\n75\ngleichung mit anderen Verdauungsl\u00f6sungen. Da f\u00fcr physiologische Untersuchungen dies h\u00e4utig von Wichtigkeit ist, so sind viele Methoden hierzu vorgeschlagen, die mehr oder weniger den Zweck erreichen. Meist gehen sie darauf hinaus, zu bestimmen, entweder wie viel von \u00fcbersch\u00fcssigem Diweiss sich in bestimmten Zeiten l\u00f6st (C. Schmidt, Schiff, Ebstein & Gr\u00fctzner), oder in welcher Zeit sich eine bestimmte Eiweissmenge verfl\u00fcssigt (Br\u00fccke). Das unzweifelhaft richtigste w\u00e4re jedoch, die Menge Pepton zu bestimmen, die in gewissen Zeiten gebildet worden ist, denn das Pepton muss als das eigentliche Verdauungsproduct des Eiweisses gelten, L\u00f6sung kann auch durch blosse Bildung von Acidalbumin stattfinden. Nur ausnahmsweise ist bisher in gr\u00f6sseren Versuchsreihen das Pepton mit der Wage quantitativ bestimmt worden. Da bei der Verdauung sowohl Temperatur, S\u00e4uregrad als auch Concentration resp. Salzgehalt von Einfluss sind, so m\u00fcssen bei vergleichenden Messungen die genannten Momente bei allen Proben gleich gemacht werden.\n1.\tMethode von Bidder & Schmidt. Von m\u00f6glichst gleichen Eiweisseylindern wird der eine zur Bestimmung seines festen R\u00fcckstandes bei 120\u00b0 getrocknet, die andern kommen in Musselins\u00e4ckchen eingen\u00e4ht in die mit den zu pr\u00fcfenden Verdauungss\u00e4ften beschickten Reagensgl\u00e4ser, bleiben darin bei 40u durch 18\u201420 Stunden, werden dann herausgenommen, ebenfalls bei 120\u00b0 getrocknet und gewogen. Berechnung: Verlust in Procenten fester Theile.\n2.\tMethode von Br\u00fccke (cit. S. 64). Man f\u00fcgt zu jeder der beiden miteinander zu vergleichenden Fl\u00fcssigkeiten so viel iTCY, dass sie davon 1 pr. m. enthalten und mischt in 7 Gl\u00e4ser nach folgendem Schema mittelst der ersten Fl\u00fcssigkeit (A) 7 Verdauungsfl\u00fcssigkeiten. Die Zahlen dr\u00fccken Vol. der Mischfl\u00fcssigkeiten in C.-C. aus.\nGlas.\tFl\u00fcssigkeit A vom S\u00e4uregrad 1=1 p. m. HCl\tWasser vom S\u00e4uregrad 1 = 1 IICl im Liter.\n\t\t\t I.\t16\t0\nII.\ts\ts\nIII.\t4\t12\nIV.\t2\t14\nV.\t1\t15\nYI.\t0.5\t15.5\nYII.\t0.25\t15.T","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76 Maly, Chemie der Verdaimngssafte u. Yerdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nIn analoger Weise werden in 7 anderen Gl\u00e4sern 7 andere Verdauungsfl\u00fcssigkeiten mit Hilfe der zweiten zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeit (B) gemischt.\nGlas.\tFl\u00fcssigkeit B wie vorher.\tWasser vom S\u00e4uregrad 1.\n1.\t16\t0\n2.\t8\ts\n3.\t4\t12\n4.\t2\t14\n5.\t1\t15\n6.\t0.5\t15-5\n7.\t0.25\t15.75\nNachdem jedes Glas gesch\u00fcttelt ist, kommt in jedes eine Fibrinflocke. Wenn die Verdauungsfl\u00fcssigkeiten einigermassen wirksam sind, so verdauen die ersten Gl\u00e4ser verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig schnell, die sp\u00e4teren langsamer. Nehmen wir an, die zweite Fl\u00fcssigkeit enthielte nur halb so viel Pepsin als\tdie erste, so\twird das Glas 1.\tso langsam verdauen wie das Glas\tII. Enth\u00e4lt\tdie Fl\u00fcssigkeit B\tnur\tden\nvierten Theil, so wird das\tGlas 1. so langsam verdauen\twie\tdas\nGlas III. u. s. w. Auf diese Weise wird\tman also, indem\tman\tdie\nGl\u00e4ser vergleicht, in denen die Verdauung gleichen Schritt h\u00e4lt, ermitteln k\u00f6nnen, um wie viel mal gr\u00f6sser das Verdauungsverm\u00f6gen der einen Fl\u00fcssigkeit gegen\u00fcber der zweiten ist, oder in \u00fcbertragenem Sinne, wo sich die gr\u00f6ssere Menge Pepsin befindet. Ergeben sich in der Vergleichung beider Reihen scheinbare Widerspr\u00fcche, so sind die Resultate, welche mit den Gl\u00e4sern der h\u00f6heren Nummern (verd\u00fcnntere L\u00f6sungen) erhalten werden, f\u00fcr die Beurtheilung vorzuziehen.\nSchiff kritisirt in seinen Le\u00e7ons II. p. 95 die Methode von Br\u00fccke dahin, dass sie nur f\u00fcr sogenannte reine Pepsinl\u00f6sungen anwendbar sei, nicht f\u00fcr die Vergleichung von Mageninfusen, die immer noch andere, den Process behindernde K\u00f6rper enthalten. Er sagt: denken wir uns 2 Magen-infuse, die eine enthaltend A Pepsin und B fremde Stoffe, die andere enthaltend 2 A Pepsin und 3 B fremde Stoffe , so ist nun doch evident, dass gleiche Volume beider Fl\u00fcssigkeiten nicht vergleichbar sind bei gleichen S\u00e4uregraden, sondern nur dann, wenn wir der 2. Fl\u00fcssigkeit wegen des Plus der behindernden Stoffe einen etwas gr\u00f6sseren S\u00e4uregrad geben, um dadurch die fremden Substanzen zu paralysiren.\n3. Die Methode von Gr\u00fcnhagen 1 l\u00e4sst sich auch einem gr\u00f6sseren Zuh\u00f6rerkreis gut zeigen. Man l\u00e4sst Fibrin in HCL von 2 pr. m. auf-\n1 Gr\u00fcnhagen, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 206. 1S72.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Yerdauungsproben. Einzelnes \u00fcber die Pepsinverdanung.\n77\nquellen, bringt es auf einen Trichter mit oder ohne Filter und setzt eine kleine gemessene Menge der zu pr\u00fcfenden Verdauungsl\u00f6sung hinzu. Nach einigen Minuten sieht man Tropfen auf Tropfen in immer schnellerer Folge fallen, indem das Fibrin verdaut wird. Bei gleich angestellten Parallelversuchen mit zwei oder mehreren Fl\u00fcssig-\ncj\to\tVJ\nkeiten kann die in der Zeiteinheit fallende Tropfenzahl als Maass f\u00fcr die Intensit\u00e4t der Pepsinwirkung benutzt werden. Bez\u00fcglich einiger Details siehe v. Wittich1 2.\n1. Die Methode von Gr\u00fctzner 2 besteht darin, feinflockiges Fibrin zu f\u00e4rben, und die Farbintensit\u00e4t der durch die Verdauung entstandenen Fl\u00fcssigkeit zu messen ; aus derselben schliesst Gr\u00fctzner auf die Menge des verdauten Fibrins und davon auf die verdauende Kraft zur\u00fcck. Die F\u00e4rbung des Fibrins soll gleichm\u00e4ssig ausfallen, indem man das zerkleinerte Fibrin ca. 20 Stunden lang in eine verd\u00fcnnte ammoniakaliscke Carminl\u00f6sung legt, worauf es gewaschen und in HCl quellen gelassen wird. Es gibt dann eine gleichf\u00f6rmig rosafarbene Gallerte. Zur Vergleichung der erhaltenen Verdauungsgemische dient eine Farbenskale von 10 Gliedern, zu deren Herstellung eine ammoniakalische Carminl\u00f6sung mit Glycerin bis zu 0.1\u00b0,o Carmin gemischt, und diese dann so verd\u00fcnnt wird, dass Nr. 1 auf 19.9 C.-C. Wasser 0.1 C.-C. Glycerincarmin, Nr. 5 auf 19,5 C.-C. Wasser 0.5 C.-C. Glycerincarmin enth\u00e4lt, u. s. f.\n5. Bei der Bestimmung des gebildeten Peptons durch die Wage kann man in Ermanglung einer besseren Methode etwa in folgender Art verfahren. Die genau neutralisirte Fl\u00fcssigkeit wird zum Kochen erhitzt, von den dabei ausfallenden Eiweissk\u00f6rpern ab-flltrirt, das Filtrat im Wasserbade eingedampft, bei 120\" getrocknet. Durch Gl\u00fchen erf\u00e4hrt man den Gehalt an Salzen, der Best w\u00e4re als Pepton in Rechnung zu setzen.\n0. Statt das gebildete Pepton zu w\u00e4gen, kann man auch (Schiff3) nach Entfernung der noch f\u00e4llbaren Eiweissk\u00f6rper auf ein bestimmtes Volum bringen und mittelst Areometer das specif. Gewicht bestimmen. Das dichtere Filtrat wird der pepsinreicheren Verdauungsfl\u00fcssigkeit entsprechen.\nV.\nEinzelnes \u00fcber die Pepsinwirkung,\nEiweiss.\nstudirt am Fibrin mul\nDiejenigen Eiweissk\u00f6rper, an denen die Einzelheiten bei der Verdauung vorwiegend studirt worden sind, sind das Ochsenbluttibrin\n1\tv. Wittich, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 207. 1S72.\n2\tGr\u00fctzner, Ebenda IV. S. 23S. 1874. Y. S. 152. 1875.\n3\tSchiff. Le\u00e7ons II. p. 402.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78 Maly, Chemie der Verdauungssafte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nund das coagulirte H\u00fcknereiweiss. Das Fibrin wird verh\u00e4ltniss-m\u00e4ssig rasch in l\u00f6sliche Producte \u00fcbergef\u00fchrt ; unter g\u00fcnstigen \u00e4usseren Umst\u00e4nden ist dazu oft nur die Zeit einiger Minuten erforderlich. Das hartgekochte H\u00fchnereiweiss braucht viel l\u00e4nger zur v\u00f6lligen Verfl\u00fcssigung, bietet aber den Vortheil, dass man es immer zur Pfand hat, und namentlich den, dass man sehr untereinander \u00e4hnliche St\u00fccke daraus schneiden kann. Bei den vielfachen Gesichtspunkten, die den Fragen vom Wesen des Pepsins, seiner Wirkung unter den verschiedensten Umst\u00e4nden, seiner Vertheilung innerhalb des Magens oder innerhalb verschiedener Thierklassen, seiner Vernichtbarkeit durch Agentien, seinem Verhalten in Krankheiten, seinem weiteren Schicksal im Organismus etc. abgewonnen werden k\u00f6nnen, sind die gegenw\u00e4rtig \u00fcber diesen Gegenstand vorliegenden Einzelheiten so zahlreich, dass eine ersch\u00f6pfende Behandlung kaum m\u00f6glich ist, und das folgende nur den Anspruch machen darf, keinen wichtigeren Gesichtspunkt unerw\u00e4hnt zu lassen.\nEin Verdauungsversuch gilt als beendigt, sobald nach dem Sch\u00fctteln der Probe alles zerst\u00e4ubt oder zur wenngleich meist tr\u00fcben Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6st ist. Die Geschwindigkeit, mit der das zu Stande kommt, h\u00e4ngt ab: 1. von der Art des Eiweissk\u00f6rpers, namentlich dessen Quellungsverm\u00f6gen, 2. von seinem Aggregatzustand, 3. von dem Gehalt der Fl\u00fcssigkeit an Pepsin, 4. von der Qualit\u00e4t und Quantit\u00e4t der vorhandenen S\u00e4ure, 5. von der herrschenden Temperatur, 6. von dem Grade der Verd\u00fcnnung.\nDie g\u00fcnstigste Temperatur liegt zwischen 35 und 50\u00b0 C. (Wittigh [cit. S. 48]). Dar\u00fcber hinaus findet Verlangsamung statt, ebenso wie bei Erniedrigung unter 35 \u00b0, aber selbst bei erheblicher Abk\u00fchlung bis etwa 10\u00b0 C. stockt die Verdauung nicht ganz, erst bei 0\u00b0. Wird Magensaft, der auf 0\u00b0 abgek\u00fchlt oder durch K\u00e4lte erstarrt war, wieder auf g\u00fcnstigere Temperatur gebracht, so wirkt er wieder, wird also in seiner Verdauungskraft nicht dauernd gesch\u00e4digt, selbst dann nicht, wenn er einige Stunden lang auf \u2014 5\u00b0C. gehalten worden ist. Es kann dies, wie C. Schmidt sagt, Freunden von Gefrorenem wenigstens zu einiger Beruhigung dienen. Bez\u00fcglich des Einflusses der Temperaturerh\u00f6hung, ergeben v. Wittich\u2019s Versuche, dass derselbe \u2014 \u00e4hnlich wie beim Speichel \u2014 abh\u00e4ngig ist von dem Grade der Verd\u00fcnnung und der Dauer der Einwirkung: je verd\u00fcnnter die Pepsinl\u00f6sung ist, bei desto niedrigeren Hitzegraden erlischt ihre Wirksamkeit. Zwei Minuten langes Erhitzen auf 60\u201470\u00b0 C. wird meist noch, Erhitzung auf 80\u00b0 ausnahmsweise ertragen.\nAnders verh\u00e4lt sich das Magenferment kaltbl\u00fctiger Thiere; w\u00e4h-","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Einzelnes \u00fcber die Pepsinverdauung.\n79\nrend das'Pepsin vom Hund oder Schwein bei 0\u00b0 nicht mehr verdaut, kann man den salzsauren Auszug der Magenschleimhaut des Frosches, Plechtes und der Forelle, wenn man ihn mit Eiweissw\u00fcrfeln beschickt und bei 0\u00b0 C. stehen l\u00e4sst, noch verdauen wirken sehen. Anderseits steht das Pepsin der genannten Thiere auch bei 40\u00b0 C. an Verdauungskraft nicht hinter dem S\u00e4ugerpepsin zur\u00fcck, hat also ein gr\u00f6sseres Temperaturintervall f\u00fcr seine Wirkungs\u00e4usserung. Das Ferment der Kaltbl\u00fcter erscheint dadurch etwas verschieden von dem der Warmbl\u00fcter, Fick und Murisier. 1 Aus Ilechtmagen bereitete k\u00fcnstliche Verdauungsfl\u00fcssigkeit wirkte in Hoppe-Seyler\u2019s Versuchen am st\u00e4rksten bei etwa 20\u00b0 C. und schneller bei 15\u00b0 C. als bei 40\u00b0 C. Demnach verhalten sich die Pepsine der Warm- und Kaltbl\u00fctler zu einander \u00e4hnlich wie die Diastase des Pancreas und der gekeimten Gerste, welche gleichfalls ihre kr\u00e4ftigste Wirkung bei verschiedenen Temperaturen zu \u00e4ussern scheinen.'1 2\nDie einzelnen Eiweissk\u00f6rper werden verschieden leicht durch saure Pepsinl\u00f6sung zur Verdauung gebracht; das Casein leichter als Fibrin, dieses schneller als coagulirtes H\u00fchnereiweiss, die thierischen Eiweissk\u00f6rper im allgemeinen schneller als die pflanzlichen. Nach Mulder erfolgt die Umwandlung bei Legumin und K\u00e4sestoff am raschesten, bei H\u00fchnereiweiss und Kleber am langsamsten, w\u00e4hrend Faserstoff und Muskelmasse in der Mitte stehen. Die Ursache so verschiedenen Verhaltens ist in der verschieden starken Quellung, welche die Eiweissk\u00f6rper durch S\u00e4uren allein erleiden, zu suchen. Fibrin wird in passend verd\u00fcnnter HCl zur durchsichtigen glasigen Gallerte, die ein vielmal gr\u00f6sseres Volumen einnimmt als das weisse rohe Fibrin; die Eiweissw\u00fcrfel hingegen quellen nie durch ihre ganze Masse hindurch auf, werden nicht durchsichtig und vergr\u00f6ssern nicht merklich ihr Volumen, h\u00f6chstens die \u00e4ussersten Schichten, zumal die Kanten sieht man durchscheinend werden, und indem diese sich allm\u00e4hlich l\u00f6sen m\u00fcssen, bevor neue tiefere Schichten zur Quellung gelangen k\u00f6nnen, kommt es, dass das coagulirte Eiweiss langsamer verfl\u00fcssigt wird, als das gallertig werdende Fibrin. Die Auflockerung durch Quellung scheint ein Vorbereitungsstadium f\u00fcr die sp\u00e4tere Verfl\u00fcssigung zu sein. Ist durch mechanische Compression, indem man Fibrinstr\u00e4nge mit Bindfaden fest umwickelt, oder durch chemische Mittel, wie Zusatz von Salzen, die Quellung beeintr\u00e4chtigt, so ist bei Gegenwart von nur wenig Pepsin die Ver dauung fast oder v\u00f6llig unmerklich, bei mehr Pepsin findet sie dann wohl statt, aber von innen her. Wird z. B. zu einer in S\u00e4ure gequollenen Fibrinflocke Kochsalzl\u00f6sung bis zur Schrumpfung gesetzt, dann Pepsinl\u00f6sung zugef\u00fcgt, so quillt sie nicht mehr, wird aber in\n1\tMurisier. Jahresber. f. Thierchemie III. S. 162. 1S73.\n2\tEbenda VI. S. 169. IS76.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\ni\u20142 Tagen doch verzehrt und zwar in der Art, dass zuletzt beim Umsch\u00fctteln die Rinde als eine weisse krtimliche Masse auseinanderf\u00e4llt. Hohe S\u00e4uregrade beeintr\u00e4chtigen gleichfalls die Quellung und damit die Verfl\u00fcssigung ; eine in Salzs\u00e4ure von 18 pr. m. geworfene Fibrinflocke quillt kaum auf, zerf\u00e4llt aber doch langsam zu einer tr\u00fcben Fl\u00fcssigkeit (Br\u00fccke [cit. S. 46]).\nVon dem Einfl\u00fcsse der S\u00e4uren ist schon z. Th. S. 72 die Rede gewesen. Es existirt ein ganz bestimmter Procentgehalt f\u00fcr jede S\u00e4ure, bei der der Zerfall am leichtesten stattfindet; ein Zuwenig sowohl wie ein Zuviel an S\u00e4ure hebt die Verdauung auf, und in neutraler Fl\u00fcssigkeit findet sie nie statt. So beobachtet man. dass der neutrale oder alkalische Magenschleim, wie er von hungernden Thieren oder bei katarrhalischem Zustand der Magenschleimhaut gewonnen werden kann, entweder nichts oder nur unbedeutende Mengen Eiweiss aufl\u00f6st, w\u00e4hrend er mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure anges\u00e4uert sofort eine kr\u00e4ftig aufl\u00f6sende Wirkung erlangt. Desgleichen verdaut die am reinsten darstellbare Pepsinl\u00f6sung ohne S\u00e4ure nicht, und ebensowenig ein nat\u00fcrlicher Magensaft, wenn er genau mit Alkali neutralisirt wird. Werden mit derlei neutralen Fl\u00fcssigkeiten Eiweissk\u00f6rper im Brutofen digerirt, so tritt bald F\u00e4ulniss ein, was bei einem richtig componirten Magensaft nie stattfindet. Wird umgekehrt die S\u00e4ure \u00fcber das Optimum ihrer Wirksamkeit vermehrt, so tritt Schrumpfung des Fibrins ein und die Verdauung wird verlangsamt oder sistirt ; namentlich die Salzs\u00e4ure zeigt das ganz deutlich in von Br\u00fccke (cit. S. 65) angestellten Versuchsreihen. Z. B. in S Gl\u00e4ser kam je eine Fibrinflocke auf 20 C.-C. Fl\u00fcssigkeit mit gleichem Pepsin-, aber steigendem HCl-Gehalt. Die S\u00e4uregrade bedeuten Gramme HCl im Liter.1\nNr-\tS\u00e4uregrad.\tVerdauungszeit in Stunden.\n1.\t1.15\t0.5\n2.\t2.30\ti\n3.\t3.45\t3\n4.\t4 60\t4\n5.\t5.75\t5\n6.\t6 90\tl\n7.\tS.05\t14\nS.\t9 20\t\u00fcber 14 J\n1 Bei Phosphors\u00e4ure findet eine derartige Beeintr\u00e4chtigung viel weniger statt.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Einzelnes \u00fcber die Pepsinverdauung.\n81\nHat man Verdauungsproben vor sich, die sonst g\u00fcnstig zusammengestellt sind, bei denen aber durch zu hohen S\u00e4uregehalt oder durch einen Gehalt an Salzen die Verdauung tr\u00e4ge oder nicht abl\u00e4uft, so kann man, vorausgesetzt dass es an Pepsin nicht fehlt, solche Proben im ersten Fall durch Zusatz von Wasser, oder durch Zusatz von Verdauungss\u00e4ure im zweiten Falle wieder in Gang bringen, indem der hindernde Einfluss der Beimischungen verringert wird. Man kann daher in solchen F\u00e4llen von einem Einfl\u00fcsse des Grades der Verd\u00fcnnung sprechen. Da die Salze voraussichtlich alle mehr oder minder die Quellung sch\u00e4digen, gewisse organische Stoffe gleichfalls, und kein K\u00f6rper bekannt ist, dessen Anwesenheit das passende Verh\u00e4ltniss von S\u00e4ure und Pepsin zu unterst\u00fctzen verm\u00f6chte, so erscheint der g\u00fcnstigste, die schnellste A erdauung liefernde Fall der, bei dem die Verd\u00fcnnung die gr\u00f6sstm\u00f6gliche ist, d. h. bei dem auf den Eiweissk\u00f6rper das Pepsin in der wirksamsten IICl gel\u00f6st und nichts weiter vorhanden ist. In der Wirklichkeit wird ein solcher Fall nie zutreffen k\u00f6nnen, und selbst bei den sorgf\u00e4ltigsten k\u00fcnstlichen Verdauungsproben nur im ersten Moment des Zusammenmischens, indem alsbald sich l\u00f6sende Verdauungsproducte auftreten, die die L\u00f6sung eoncentriren. Dass die normalen Verdauungsproducte vor allem das Pepton selbst St\u00f6rer der Verdauung sind, kann man manchmal an k\u00fcnstlichen ATerdauungen beobachten, bei denen schon viel Eiweissk\u00f6rper gel\u00f6st worden sind, und die nun stille stehen, aber wieder in Gang kommen, sobald man anges\u00e4uertes Wasser hinzuf\u00fcgt. Schon Schwann berichtet von solchen Verdauungsfl\u00fcssigkeiten, welche besser wirkten, wenn vorher die H\u00e4lfte ihres Volums an saurem AVasser hinzugef\u00fcgt worden ist. Es waren dies also F\u00e4lle, bei denen genug Pepsin da war, um auch in gr\u00f6sserer Verd\u00fcnnung zu wirken, bei denen aber schon so viel verdaute Substanzen in L\u00f6sung waren, dass die Concentration eine Beeintr\u00e4chtigung bildete. Nach Br\u00fccke (eit. S. 64) scheint dies wesentlich daran zu liegen, dass die A7er-dauungsproducte durch ihre Anziehung zum Wasser dasselbe binden, so dass der Quellungsprocess weiteren Eiweisses nicht geh\u00f6rig erfolgen kann, gerade in der Art, wie bei einem Zuviel von S\u00e4ure oder Salzen. Der Fall hat seine praktische AVichtigkeit, denn es sind ohne Zweifel manche kleinere Verdauungsst\u00f6rungen bei Individuen, die daran ungewohnt einmal \u00fcberreiche Mengen von eiweissreichen Nahrungsmitteln zu sich nehmen, auf zu grosse Concentration des Speisebreies zur\u00fcckzuf\u00fchren; man kann sich vorstellen, dass wegen nicht ausreichender Resorption die gebildeten AVrdau-ungsproducte sich anh\u00e4ufen und dass trotz gen\u00fcgender Menge S\u00e4ure\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82 Maly, Chemie der Yerdaunngss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nin der concentrirten L\u00f6sung Nahrungsmittel unangegriffen liegen bleiben und den Magen ballastartig beschweren.\nBei denjenigen Eiweissk\u00f6rpern, die wir sowohl fl\u00fcssig als geronnen kennen, wie das beim H\u00fchnereiweiss der Fall ist, kommt auch der Aggregationszustand in Betracht. Man kann das Ei-weiss eigentlich in 3 Formen der Pepsinprobe unterwerfen: 1. fl\u00fcssig, wie es im rohen oder nur wenig erw\u00e4rmten Ei enthalten ist; 2. fest geronnen wie im hartgekochten Ei, und endlich 3. flockig geronnen wie es etwa in einer Suppe enthalten ist, in die vor dem letzten Aufkochen ein Ei einger\u00fchrt worden ist. Man h\u00e4lt im gew\u00f6hnlichen Leben ein hartgekochtes Ei f\u00fcr eine schwer verdauliche Speise und darum hat auch das Pepsin-Experiment dar\u00fcber eine praktische Bedeutung. Meissner, Arnold1, Fick2, Wawrinski3 haben genaue vergleichende Pr\u00fcfungen angestellt. In dem bisherigen Sinne, in welchem Verdauung mit Verfl\u00fcssigung oder L\u00f6sung gleichgesetzt wurde, kann man eigentlich gar nicht von einer Verdauung des l\u00f6slichen H\u00fchnereiweisses sprechen, denn dieses mischt sich ohne weiteres mit anges\u00e4uerter Verdauungsfl\u00fcssigkeit; wenn man aber, wie wir das in der Folge allein werden festhalten m\u00fcssen, die Verdauung' an der Menge des entstandenen Peptons abmisst, so muss von einer Verdauung des fl\u00fcssigen Eiweisses so gut die Rede sein wie von der des halb oder ganz geronnenen. Nach Meissner verwandelt sich das geronnene Eiweiss leichter in Pepton als das fl\u00fcssige, w\u00e4hrend in Fick\u2019s Versuchen ein Unterschied kaum beobachtet werden konnte, wenn einerseits fl\u00fcssiges, anderseits gleich viel flockig geronnenes Eiweiss mit je gleich viel Pepsin w\u00e4hrend derselben Zeit digerirt wurden; es waren beiderseits fast gleiche Mengen an Pepton o-ebildet worden. Die Unterschiede bei beiden Beobachtern r\u00fchren\no\ndaher, dass zum Theil unter verschiedenen Umst\u00e4nden, z. B. mit verschiedenen S\u00e4uregraden gearbeitet wurde, was in den Versuchen von Wawrinski genauer ber\u00fccksichtigt ist. Wawrinski theilte eine H\u00fchnereiweissl\u00f6sung in zwei Theile und kochte die eine; in einer dritten Portion wurde der Gehalt an Eiweiss bestimmt. Die beiden ersten Eiweissportionen wurden mit gleich viel k\u00fcnstlichem Magensaft (dessen Gehalt an festen Stoffen ebenfalls bekannt war) vermischt und in den Br\u00fctofen von 38\u201440\u00b0 C. gestellt, bis das geronnene Eiweiss vollst\u00e4ndig gel\u00f6st war.4 Dann wurden beide Proben neutra-\n1\tArnold, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1558.1. S. 38.\n2\tFick, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 191. 1871.\n3\t\"Wawrinski, Ebenda 111. S. 175. 1873.\n4\tAuf 1\u20143 Grm. Trockengewicht des Eiweisses 100\u2014150 C.-C. Magensaft.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Einzelnes \u00fcber die Pepsinverdauung.\nS3\nlisirt, der dabei entstehende Niederschlag (Syntonin) abfiltrirt und gewogen, das Filtrat wurde durch Aufkochen auf die Anwesenheit von gerinnbarem Eiweiss gepr\u00fcft und ein etwa entstehender Niederschlag ebenfalls gewogen. Das zuletzt erhaltene Filtrat wurde verdunstet, der R\u00fcckstand getrocknet, gewogen und nach Abzug der festen Stoffe des Magensaftes die Menge des Peptons und der sonstigen Verdauungsproduete berechnet. Dabei erhielt Wawrinski z. B. folgende Zahlen :\nS\u00e4uregrad.\tEiweiss.\tSyntonin.\tBeim Erhitzen gerinnendes Eiweiss.\tPepton und andere Verdau-ungsproducte.\t\n0.1% HCl\t1 Geronnenes 1 i l\u00e4ssiges\t0.1S1 Grm. 0.084\t\u201e\t0.044 Grm. 0.896\t\u201e\t2.037 Grm. 1.290\t\u201e\t\n0.2% HCl\t1 Geronnenes ( Fl\u00fcssiges\t0.299\t\u201e 0.128 .,\t0.038\t\u201e 0.151\t\u201e\t2.092 2 155\tV\n0.2% HCl\t\\ Geronnenes 1 Fl\u00fcssiges\t0.686\t\u201e 0.160\t\u201e\t0.019 \u201e 0.140\t\u201e\t1.907 2.317\t,,\n0.5% HCl\t1 Geronnenes 1 Fl\u00fcssiges\t0.545\t,, 0.164\t\u201e\t0.000\t\u201e 0.000\t\u201e\t1.293 1.679\t\n0.5% HCl\t} Geronnenes i Fl\u00fcssiges\t0.850\t\u201e 0.451\t..\t0.000 \u201e 0.071\t\u201e\t1.503 1.856\t\u00ab\nAus diesen Resultaten ergibt sich, dass capitale Unterschiede in der Schnelligkeit, mit der geronnenes und fl\u00fcssiges Eiweiss verdaut werden, nicht existiren, dass aber die angewandte S\u00e4uremenge einen deutlich bemerkbaren Unterschied immerhin aus\u00fcbt. Bei dem geringeren S\u00e4uregrade von 0.1\u00b0/'o wird geronnenes Eiweiss entschieden leichter verdaut als- fl\u00fcssiges, denn es enth\u00e4lt die L\u00f6sung des ersteren mehr Syntonin und mehr Pepton. Bei den h\u00f6heren S\u00e4uregraden schl\u00e4gt dies um; das gekochte Eiweiss liefert allerdings fortw\u00e4hrend etwas mehr Syntonin, aber gleichzeitig etwas weniger Pepton als das ungekochte, und wenn man das Pepton als das eigentliche Endproduct der Verdauung betrachtet, muss das fl\u00fcssige Eiweiss bei h\u00f6heren S\u00e4uregraden als das leichter verdauliche betrachtet werden.\nEndlich ist auf die Geschwindigkeit des Ablaufs der Pepsinverdauung der Gehalt an Pepsin selbst von Einfluss, eine Erfahrung, von der wir im umgekehrten Sinne schon Gebrauch gemacht haben, indem bei der Absch\u00e4tzung oder Bestimmung des Pepsins die Schnelligkeit der Verdauung als Maass zu Grunde gelegt wurde. Je mehr\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nPepsin einem passend anges\u00e4uerten Wasser zugesetzt wird, um so schneller verdaut es. Anschaulich zeigt das ein nach Gr\u00fcnhagen's Methode angestellter Parallel versuch : 2 in Trichter gelegte Filter von por\u00f6sem Papier werden mit anges\u00e4uertem und gequollenem Fibrin beschickt; zu 1 kommen einige Tropfen eines stark verd\u00fcnnten Glycerinpepsins, zu 2 dagegen kommen von einem unverd\u00fcnnten Auszug ebenso viele Tropfen, und beide Proben werden auf 40\u00b0 C. erhitzt. Kr. 2 beginnt fr\u00fcher zu tropfen und liefert in einer gewissen Zeit viel mehr Filtrat, als Kr. 1, bei dem der Tropfenfall viel sp\u00e4ter eintritt und sich tr\u00e4ger fortsetzt. Br\u00fccke (cit. S. 65) mischte aus B\u00fcretten eine Pepsinl\u00f6sung vom S\u00e4uregrad 1 1 mit bis zu demselben S\u00e4uregrad anges\u00e4uertem Wasser und stellte so Verdauungsfl\u00fcssigkeiten dar, in denen sich bei sonst gleichen Umst\u00e4nden der Pepsingehalt wie a?, 2a?, \\x etc. verhielt, und bekam z. B. folgende Resultate.\nGlas. :\tPepsin- gehalt.\tWirkung.\n1. !\t0\tKeine Verdauung.\n\tX\t\\ Nach 7 Stunden in 3. ein kleiner, in 2. ein gr\u00f6sserer\n3.\t2.r\tJ\tunverdauter Rest ; nach 20 Stunden alles gel\u00fcst.\n4.\t4.r\tHat in 7 Stunden verdaut.\n5.\t8*\tHat in 31 2 Stunden verdaut.\n6.\t16*\tPlat in 3 Stunden verdaut.\n7. \u00bb\t32 r\tHat in kaum 1/z Stunde verdaut.\nSo auffallend der Einfluss der Pepsinl\u00f6sung in solchen 'S ersuchs-reihen hervortritt, so gibt es doch eine obere Grenze, an der er sich verwischt. Bei Pepsinl\u00f6sungen, welche ihre Fibrinflocken bei einer Temperatur von 18\u201420\u00b0 in weniger als 30 Minuten verdauen, ist der Zeitunterschied selbst bei betr\u00e4chtlich verschiedenem Pepsingehalt so gering, dass man die Fibrinflocken kaum gleichm\u00e4ssig genug aussuchen kann, um ihn deutlich hervortreten zu lassen, und endlich verschwindet aller Unterschied, das Maximum der Pepsinwirkung ist erreicht. Also nur bis zu einem gewissen Gehalt an Pepsin nimmt die Schnelligkeit der Verdauung zu, nicht mehr dar\u00fcber hinaus. Aus dem Grunde sind bei Verdauungsproben, deren Pepsingehalt vergleichsweise gemessen werden soll (s. S. 76), die verd\u00fcnntem! immer die verl\u00e4sslicheren.\n1 d. h. Wasser, das auf 1 Liter ] Grm. S\u00e4ure enth\u00e4lt.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Wird Pepsin zerst\u00f6rt?\nS5\nMan kann die Frage aufwerfen, wie viel Fibrin oder Eiweiss kann durch die unter die g\u00fcnstigsten Wirkungsbedingungen gestellte Pepsinmenge x verdaut werden. H\u00f6rt die Verdauung, nachdem eine gewisse Menge fester Eiweissk\u00f6rper verfl\u00fcssigt worden ist, so vollst\u00e4ndig auf, dass weder durch Regelung des S\u00e4uregrades, noch der \\ erd\u00fcnnung, noch der Temperatur ein weiteres Fortschreiten beobachtet werden kann, oder wirkt d a s P e p sin ins u n b e g renzte ? Diese Fragen fallen mit j ener zusammen, ob das Pepsin bei der Verdauung zerst\u00f6rt wird oder nicht.\nIst in einer Verdauungsfl\u00fcssigkeit durch weiteres Zusetzen von Fibrin die Grenze erreicht, bei der weder prompte Quellung noch L\u00f6sung mehr eintritt, so reicht es aus, Wasser mit dem passenden S\u00e4uregrad hinzuzuf\u00fcgen, um von neuem die Verdauung in Gang zu setzen, und das l\u00e4sst sicli noch des \u00f6fteren wiederholen; aber die Wirksamkeit des Pepsins ist dann bedingt durch den S\u00e4uregrad, derart, dass nur eine etwas gr\u00f6ssere S\u00e4ureconcentration die hemmende Wirkung der in der \\ erdauungsprobe entstehenden K\u00f6rper noch aufheben kann \u2014 v. Brunn & Ebstein !. Ist man auch damit unbefriedigt und forcirt man, immer durch weiteren Zusatz von S\u00e4ure und Wasser den hemmenden Einfluss der \\ erdauungspro-ducte parirend, die Verdauung, so geht diese gleichwohl, aber immer tr\u00e4ger vor sich, was sonst in Stunden sich verfl\u00fcssigt, bewirken jetzt kaum mehr Tage und allm\u00e4hlich tritt, falls nicht neues Pepsin hinzukommt, ein Zustand ein, von dem man nicht mehr wird behaupten wollen, dass er noch Verdauung zu nennen ist, aber auch nicht wird behaupten k\u00f6nnen, dass eine absolute Grenze erreicht ist. Was zu dem Zustand f\u00fchrt, ist 1. der immer relativ (und vielleicht absolut) geringer werdende Pepsingehalt, 2. die nicht vollst\u00e4ndig compensirbare Behinderung durch die Verdauungsproducte. Indem aber die eigentliche Pepsinverdauung sich allm\u00e4hlich verwischt, macht sich die l\u00f6sende oder umwandelnde Wirkung der grossen Menge sauren Wassers allein geltend und so spielen beide Vorg\u00e4nge in einander. Es hat desshalb keinen Zweck, die absolute Menge Fibrin oder Eiweiss bestimmen zu wollen, die die Pepsinmenge x peptonisirt, keinen theoretischen Zweck, weil der Process sich selbst beeintr\u00e4chtigende Fehler birgt und keinen praktischen Zweck, weil der Organismus nicht mit beschr\u00e4nkter Pepsinmenge arbeitet. Gleichwohl versuchte Momz Schiff - die vollst\u00e4ndig verdauende Kraft des Magens entwickeln zu k\u00f6nnen, indem er in Parallelversuchen bei gleichbleibendem S\u00e4uregehalt mit der W assermenge stieg. Bei seinen Versuchen mit der Magenmucosa der Katzen stieg die Verdauung bis zu der Wassermenge von 20\u201430 Liter. In solcher \\ erd\u00fcnnung konnte ein Katzenmageninfus bis zu 2000 Grm. Albumin verdauen. Die Magenschleimhaut eines Hundes brauchte 200 Liter Wasser, um vollst\u00e4ndig extrahirt zu werden, konnte dann aber die colossale Menge von 60 bis 7 5 Kilo Albumin verdauen; jedoch wuchs bei diesen Versuchen auch die Zeit zur Beendigung eines Versuchs auf 10\u201415 Tage! Das stimmt zu dem vorher Gesagten, denn dergleichen ist keine Pepsinverdauung mehr, am wenigsten eine physiologische \\ erdauung und Schiff selbst gibt dies\n1\tBrunn \u00e0 Ebstein. Jahrcsber. \u00fcber d. Fortschr. d. ges. Med. IST 1. I. S. 97.\n2\tSchiff. Jahresber. d. Thierchemie II. S. 221. 1S72.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"156 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nauch zu, indem er in seinen Le\u00e7ons sagt, dass im lebenden Magen weder die Wassermenge vorhanden sein kann, noch der Aufenthalt der Speisen zu \u00e4hnlichen extremen Erfolgen hinreicht.\nEher schon ist es von Interesse, die Menge Eiweiss oder Fibrin zu suchen, die von einem gewissen Volumen nativen, dem Organismus entnommenen Magensaftes ohne weitere Verd\u00fcnnung bei Brutw\u00e4rme gel\u00f6st wird. Lehmann 1 und Andere besonders C. Schmidt 2 haben solche Versuche ausgef\u00fchrt. Nach Lehmann l\u00f6sen 100 Grm. frischen milchs\u00e4ure-und speichelhaltigen Magensaftes vom Hunde im Mittel von S Versuchen 5 Grm. geronnenen Albumins auf. C. Schmidt gelangte ebenfalls mit H\u00fchnereiweiss zu weit geringeren Zahlen; im Mittel von 27 Beobachtungen zeigte sich, dass 100 Grm. Magensaft nur 2.2 Grm. trockenes Albumin aufl\u00f6sten. Schmidt benutzte milchs\u00e4urefreien Hundemagensaft, schliesst aber mit Biddek, dass, da im Magen viel g\u00fcnstigere Bedingungen f\u00fcr die Aufl\u00f6sung der Eiweissk\u00f6rper herrschen als ausserhalb, der Magensaft mehr eiweissartige Stoffe zu l\u00f6sen verm\u00f6ge, als die Versuche ausserhalb des K\u00f6rpers ergeben k\u00f6nnen.\nWenn wir nun die allm\u00e4hlich aufh\u00f6rende Pepsinwirkung in der Verringerung des Pepsingehaltes und in der Masse der fremden Wasser- und Peptonmolek\u00fcle, welche, indem sie sich zwischen die Eiweiss- und Pepsinmolek\u00fcle lagern, und deren Aufeinanderwirkung mechanisch behindern, erkennen, so muss etwas Pepsin doch noch als solches vorhanden und nachweisbar, es darf nicht verschwunden, resp. bei dem Acte der Verdauung v e r braucht worden sein. Mag immerhin eine gewisse Menge dieses Agens durch secund\u00e4re Processe oder sonst wie verloren gehen, wor\u00fcber wir nichts wissen, so scheint sich doch aus mehreren Erfahrungen zu ergeben, dass ein gewisser Tlieil erhalten bleibt.\nZun\u00e4chst ist ein Versuch Br\u00fccke\u2019s hierher zu ziehen; Br\u00fccke sagt, wenn bei der Verdauung Pepsin verbraucht wird, so wird eine kleine Pepsinmenge, die eine Fibrinflocke langsam aber noch verdaut, nicht mehr eine viel gr\u00f6ssere Fibrinmenge verdauen k\u00f6nnen. Eine gr\u00f6ssere Menge in HCl (0.1 \u00b0,o) gequelltes Fibrin kam mit derselben S\u00e4ure \u00fcberdeckt in Glas 1, w\u00e4hrend ein dieser Masse gleiches Volum HCl mit nur einer Fibrinflocke in Glas 2 kam. Beide wurden mit derselben Menge verd\u00fcnnter Pepsinl\u00f6sung versetzt und stehen gelassen. Zur Aufl\u00f6sung der einen Fibrinflocke bedurfte es der Zeit von 1 St. 10 M. und in dieser Zeit war auch die ganze Fibrinmasse des Glases 1 gel\u00f6st. Da nun die angewandten Pepsinmengen sehr klein genommen waren und beide Proben gleichen Schritt hielten, trotz der (hier unmerklichen ?) Behinderung durch die Verdauungsproducte in 1, so k\u00f6nne man nicht annehmen, dass Pepsin als solches verbraucht wird. Auch Gr\u00fctzner (eit. S. 7 7) und besonders Schiff (Le\u00e7ons II. p. 104 ff.) haben sich ausf\u00fchrlich mit diesem Versuche besch\u00e4ftigt; Gr\u00fctzner widerspricht demselben, indem er fand, dass die gr\u00f6ssere Fibrinmenge oder Eiweissmenge auch l\u00e4ngere Zeit zur L\u00f6sung bedurfte als die kleinere. Schiff best\u00e4tigt zwar das B\u00df\u00fcCKE\u2019sehe Resultat bei dessen Versuchsanordnung, bekam aber doch, wenn er auf eine sehr\n1\tLehmann. Pliysiol. Chemie IL S. 49.\n2\tBidder & Schmidt, Verdauungssafte S. 75.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Wird Pepsin zerst\u00f6rt ?\n87\ngrosse Masse von Fibrin Pepsin einwirken Hess 7 immer einen Rest von unverdautem obwohl vorz\u00fcglich gut gequollenem F ibrin. Die mangelnde Quellung konnte also hier die Verdauung nicht sistirt haben und doch h\u00f6rte sie auf, begann aber wieder, wenn neues Pepsin zugesetzt wurde. Wenn Schiff nach vollst\u00e4ndigem Stillst\u00e4nde der ersten Verdauung die Fl\u00fcssigkeit zum Kochen erhitzte, also das Erstlingspepsin vollst\u00e4ndig zerst\u00f6rte, so konnte in dieser Fl\u00fcssigkeit ohne weitere Aenderung durch eine sp\u00e4ter hinzugesetzte, wenngleich kleinere Quantit\u00e4t Pepsin nochmals eine kleine Verfl\u00fcssigung hervorgebracht werden. Dies k\u00f6nnte aber nicht der Fall sein, wenn das Erstlingspepsin bloss durch Pepton behindert w\u00e4re 5 Schiff meint daher, das Pepsin werde durch die \\erdauung nicht \u201eparalys\u00e9e\u201c, sondern \u201emorte\u201c d. h. zerst\u00f6rt.\nAnderseits wird angegeben, dass aus einer Pepsinl\u00f6sung, in der schon verdaut wurde, oder die mit \\ erdauungsproducten ges\u00e4ttigt ist, das Pepsin wieder abgeschieden werden kann mit H\u00fclfe seiner Eigenschaft, sich festen K\u00f6rpern oder feinen Niederschl\u00e4gen anzuheften. Sogar das Fibrin selbst ist dazu geeignet. Wittich (cit. S. 77) hat in einen energisch wirkenden neutralen Glycerinauszug ausgewaschenes Fibrin gelegt, nach 24 St. abgegossen, von neuem Fibrin hineingelegt und so fort. Nach Verlauf dieser Zeit hatte das Glycerin seine peptische Wirksamkeit vollst\u00e4ndig verloren, w\u00e4hrend das Fibrin nach sorgf\u00e4ltigem Auswaschen in 0.2\u00b0 o S\u00e4ure gelegt in W Stunde verdaut war. Ganz \u00e4hnlich verh\u00e4lt sich eine wirkliche Verdauungsprobe; setzt man ihr so lange Fibrin zu, bis erhebliche Mengen nicht mehr gel\u00f6st werden, also die Verdauung stockt, filtrirt das Fibrin ab und w\u00e4scht es aus, so zeigt es dann, in verd\u00fcnnte S\u00e4ure gelegt, meist sehr schnelle A erdauung. Das beweist, dass das Pepsin nicht verbraucht oder zersetzt worden ist, sondern dass es sich, wenigstens zum Tlieil, in dem unverdauten Reste niederschl\u00e4gt.\nWenn dem so ist, wohin geht dann, so frug sich Br\u00fccke (cit. S. 46), das Pepsin, nachdem es im lebenden K\u00f6rper seinen Dienst getlian und mit dem Speisebrei in den D\u00fcnndarm gelangt ist ; wird es resorbirt ? Schaden kann es im K\u00f6rper nicht anrichten, denn es kommt zu deu alkalisch reagirenden S\u00e4ften und in solchen ist seine Wirkung paralysirt. Dass es wirklich in andern K\u00f6rper-Organen, wie in dem Muskelsaft und dass es auch im Harn nachgewiesen werden kann, hat Br\u00fccke gezeigt, wobei es freilich nicht bewiesen ist, dass das dort gefundene Pepsin vom Labsaft herstammendes ist. Um im Harn Pepsin nachzuweisen, nimmt man eine gr\u00f6ssere Menge, s\u00e4uert ihn mit Phosphors\u00e4ure an, f\u00e4llt mit Kalkwasser, sammelt den Niederschlag und l\u00f6st ihn in Salzs\u00e4ure oder Phosphors\u00e4ure auf; nach passender Verd\u00fcnnung bringt die Fl\u00fcssigkeit dann zwar \u00e4usserst langsam, aber doch vollst\u00e4ndig eine Fibrinflocke zur Verdauung, w\u00e4hrend in einer gleich behandelten, aber vorher gekochten Gegenprobe dies nicht geschieht. In gleicher Weise l\u00e4sst sich etwas verdauendes Agens dem Muskel abgewinnen, und \u00fcberhaupt zeigen sich Spuren peptischen Fermentes sehr verbreitet; doch begr\u00fcndet dieses Vorkommen nicht die Abstammung des Pepsins vom Magen her und noch weniger seine Unzerst\u00f6rbarkeit.","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"S8 Maly. Chemie der Yerdauimgss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nDie Pepsinverdauimg wird ausser von den schon besprochenen Momenten durch eine Reilie chemischer Agentien beeintr\u00e4chtigt oder v\u00f6llig behindert. Alle Salze der schweren Metalle, wie Bleiacetat, Kupfersulfat, Quecksilberchlorid und ebenso Alaun wirken nach Maass ihrer Quantit\u00e4t st\u00f6rend oder hemmend ; fast regelm\u00e4ssig geben sie mit den vorhandenen Eiweissk\u00f6rpern metallhaltige Niederschl\u00e4ge, die dann das Pepsin enthalten und mitreissen. Zusatz von neutralen Salzen der Alkalien oder Erden (NaCI, KJ, MgSO\u00b1, Ka-iSOJ) hemmt die Pepsinverdauung gleichfalls und mitunter schon in kleinen Dosen, wie z. B. nach Al. Schmidt das Kochsalz. Schmidt1 2 3 benutzte salzfreies Pepsin und ebenso durch Dialyse salzfrei gemachtes Serum- oder Eiereiweiss, indem nach Ausf\u00e4llung des Globulins durch CO-2 in der K\u00e4lte, durch Kochen unter CO-i-Durchleitung Albumin gef\u00e4llt wurde. Solches Eiweiss l\u00f6st sich im k\u00fcnstlichen Magensaft sehr leicht, manchmal iii einer nach Secunden zu bemessenden Zeit; nach Zusatz von 0.5 bis 0.6% NaCl w\u00e4chst die Aufl\u00f6sungszeit um das 3- bis 10 fache. Sehr bedeutend wird die k\u00fcnstliche Verdauung gest\u00f6rt durch die Gegenwart von Jod- und Br0mkalium (Putzeys -), und ebenso durch gr\u00f6ssere Gaben von freier Bromwasserstotfund Jodwasserstoffs\u00e4ure, besonders der letzteren. Als praktische Folgerung ergibt sich daraus, das KJ oder KBr bei therapeutischem Gebrauch einige Zeit vor der Mahlzeit zu verabfolgen.\nSchweflige S\u00e4ure soll die Verdauung aufheben, w\u00e4hrend arsenige S\u00e4ure und Blaus\u00e4ure diese heftigen Gifte der geformten Fermente verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig ohne oder von sehr geringem Einfl\u00fcsse sind. Sch\u00e4fer und B\u00f6hm 3 haben Eiweiss mit k\u00fcnstlichem Magensaft so verdaut. dass die Versuchsproben auf 34 C.-C. 0.02 bis 0.04 Gnu. As-iOs enthielten: es verlief in ihnen die Verdauung wie in der arsenfreien Parallelprobe. Auch die Blaus\u00e4ure ist auf Pepsin (wie auf die andern chemischen Fermente vom Speichel und Pancreas) relativ unempfindlich (Fiechter 4 5 6) und erst bei so grossen Dosen (%00\u2014Qioo) des Giftes wird die Fermentwirkung beeintr\u00e4chtigt, dass es fraglich erscheint, ob dieser Effect noch spe-eiell der Blaus\u00e4ure oder aber der S\u00e4ure \u00fcberhaupt zukomme.\nVon organischen Desinfectionsmitteln st\u00f6rt Gerbs\u00e4ure aus leicht begreiflichem Grunde; Car bois\u00e4ure zwar nicht in ganz kleinen Gaben, aber bei h\u00f6herer Concentration (Zapolsky), w\u00e4hrend Salicyl s\u00e4ure nach einer vergleichenden Untersuchung von J. M\u00fcller 5 st\u00e4rker die Magenverdauung beeintr\u00e4chtigen soll, was K\u00fchne0 jedoch leugnet. M\u00fcller mischte zu in pepsinhaltige IJC] von 0.2% gelegten Fibrinflocken Sali-cyls\u00e4ure resp. Carbols\u00e4ure in der Art, dass Verd\u00fcnnungen von 1 : 100 bis 1 : 2000 erzielt wurden; bei der Controlprobe ohne Zusatz war die Verdauung in 1 St. erfolgt, bei der Carbois\u00e4uremischung von 1 : 2000 nach etwa 2, bei 1 : 1000 nach 3, bei l : 500 nach 4, bei 1 : 250 nach 5, bei 1:100 nach 7 lj-2 Stunden. Bei der Salicyls\u00e4uremischung erfolgte die\n1\tAl. Schmidt. Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 23. 1876.\n2\tPutzeys, Ebenda VII. S. 279. 1877.\n3\tSch\u00e4fer & B\u00f6hm, Ebenda II. S. 363. 1872.\n4\tFiechter, Ebenda V. S. 269. 1875.\n5\tJ. M\u00fcller, Ebenda V. S. 286. 1875.\n6\tF\u00fchre, Yerhandl. d. naturhist.-med. Ver. z. Heidelberg. P S. I. S. 3.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Verkeilung des Pepsins im Magen.\n89\nL\u00f6sung\u2019 bei 1 : 2U00 nach 3, bei 1 : 1000 nach 4, bei 1 : 500 nach ol\u00ce2, bei 1 : 250 erst nach l\u00e4nger als 24 Stunden. Daraus folgt, dass Salicyl-s\u00e4ure 1 : 1000 so wirkt, wie wenn nur U des Pepsins vorhanden w\u00e4re und dass sie bei 1:250 die Verdauung aufhebt. In einem gewissen Widerspruche ist dagegen, wie M\u00fcller selbst hervorhebt, die Thatsache, dass Menschen pro Tag 0.25 \u2014 1,5 Grm. Salicyls\u00e4ure nehmen k\u00f6nnen ohne irgend eine unangenehme Wirkung, und dass solche Einverleibung selbst viele Monate hindurch dann noch vertragen wird, wenn alle genossenen Getr\u00e4nke salicylirt sind (Kolbe). In der That gibt K\u00fchne an, dass neutrale und saure Pepsinl\u00f6sung mit einem Krystallbrei von Salicyls\u00e4ure tagelang bei 40\u00b0 digerirt werden kann, ohne das Verdauungsverm\u00f6gen zu verlieren. Gegen\u00fcber den echten organisirten Fermenten ist bekanntlich Salicyls\u00e4ure ein unbeanst\u00e4ndetes sicheres Mittel der Abt\u00f6dtung.\nUeber die Vertheilung des Pepsins in den einzelnen Partien der Magenschleimhaut sind besonders mit Bezug auf die darin sich vorfindenden zweierleiartigen Dr\u00fcsen vielfache Untersuchungen gemacht worden, die als \u00fcbereinstimmend ergeben haben, dass jene Partien, welche die Labdr\u00fcsen enthalten (Fundus), viel pepsinreichere Verdauungsfl\u00fcssigkeiten liefern, als die die Schleimdr\u00fcsen beherbergende Regio pylorica \u2014 Schiff1, Ebstein2, Wittich3, Fick4 5 6. Mehrfach wurde angegeben, dass die rohe Schleimhaut des Fundus etwa eine doppelt so starke Pepsinwirkung gibt, als die des Pylorus, w\u00e4hrend Friedinger 5 fand, dass die Schleimdr\u00fcsenschichte h\u00f6chstens 132 von der im Fundus vorbildlichen Pepsinmenge enthalte. Besonders deutlich macht sich im Schweinemagen schon dem oberfl\u00e4chlichen Blick die Abgrenzung der r\u00f6theren derberen Labdr\u00fcsenschichte des Fundus von der weicheren und bl\u00e4sseren Schleimdr\u00fcsenschichte geltend, und die erstere ist allein herauszuschneiden, wenn es sich um die Gewinnung kr\u00e4ftiger Verdauungsfl\u00fcssigkeiten handelt. Die Schleimdr\u00fcsenschichte gibt mit Glycerin ein sehr z\u00e4hes, mucin-reiches hist gallertiges Pr\u00e4parat von ganz schwacher Wirkung auf Fibrin. Die Differenz l\u00e4sst sich immer beobachten, aber sie ist nur eine quantitative, denn kaum jemals ist die Wirkung des Infuses vom Pylorustheil v\u00f6llig Kuli. Gleichwohl sind die \u00fcbereinstimmend beobachteten Thatsachen verschieden gedeutet worden; die Einen namentlich vertreten durch Ebstein \u00e0 Gr\u00fctzner'3 halten daf\u00fcr, dass die\n1\tSchiff, Digestion II. p. 2$7.\n2\tEbstein, Jahresber. d. ges. Med. IST0.1. S. 99.\n3\tWittich, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 207. 1S72. III. S. 16$. I$73. IV. S. 234. 1$74.\n4\tFick, Ebenda I. S. 192. 1571.\n5\tFriedinger, Ebenda I. S. 193. 1871.\n6\tEbstein & Gr\u00fctzner, Ebenda II. S. 210. 1 $72, III. S. 169. 1873, IV. S. 236.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nin den Schleimdr\u00fcsen aufgefundene Pepsinmenge ein Product gewisser Zellen dieser Dr\u00fcsen selbst sei, die Pylorusdr\u00fcsen demnach als Pepsinbildner anzusehen seien, w\u00e4hrend Feiedinger, Wittich und Andere das Pepsin in den labdr\u00fcsenfreien Magenpartien nur als infiltrirt und mechanisch gebunden betrachten.\nF\u00fcr die Auffassung Ebstein und Gr\u00fctzner\u2019s wird geltend gemacht, dass sich das Pepsin nicht oder nur zum kleineren Theil durch Wasser ausschwemmen l\u00e4sst; dass die Schleimhaut einer lebenden Darmschlinge, wenn sie mit Mageninhalt gef\u00fcllt wird, nicht sich mit Pepsin infiltrirte, und dass man zwar allerdings mittelst Glycerin sehr wenig Pepsin aus dem Pylorustheil auszielien k\u00f6nne, dass aber durch Behandlung mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure oder mit 1 \u00b0/o iger Na CI-L\u00f6sung eine weit gr\u00f6ssere Menge daraus gewonnen werden k\u00f6nne, wonach es den Anschein gewinnt, als sei in den Dr\u00fcsenzellen des Pylorus das Pepsin in einem auf irgend eine Art gebundenen Zustande (Pepsinogen) enthalten, in dem es sich nicht so gut zur Geltung bringen k\u00f6nne als in den Labdr\u00fcsen, in welchen noch ein zweites Secret [HCl) sich vorfinde, das die Abspaltung des Pepsins mit besorgen hilft. Ferner haben Ebstein und Gr\u00fctzner narcotisirten Tliieren durch flache Schnitte von der \u00e4usseren Magenwandung her aus den tieferen Schichten des Pylorus Theilchen entnommen, die nie mit Magensaft in Ber\u00fchrung gewesen sein konnten, die sich aber doch als pepsinhaltig erwiesen. Endlich ist hier namentlich noch des Secretes zu gedenken, das nach einem eigent\u00fcmlichen Operationsverfahren aus dem Pylorustheil von Hunden von Klemensiewiz 1 und sp\u00e4ter aus permanenten Pylorusfisteln von Heidenhain - gewonnen werden konnte und das sich lebhaft verdauend erwies.\nF\u00fcr die zweite Auffassung, nach der die Pylorusdr\u00fcsen keine selbstst\u00e4ndigen Pepsinbildner sind, kommt folgendes in Betracht. Macht man die parallelen Yersuchsproben mit reinlich hergestelltem Fundus- und Pylorusglycerin unter Anwendung von 0.4 procentiger Salpeters\u00e4ure und besorgt man die Trennung der Schleimhautpartien so, dass noch ein Theil der blassen Pars pylorica beim Fundus bleibt, so findet man f\u00fcr den Pylorustheil die Verdauung entweder ganz Kuli oder h\u00f6chst unmerklich. F\u00fcr diesen eventuellen kleinen Rest wird angenommen, dass er eingesaugt und mechanisch gebunden sei. v. Wittich macht speciell darauf aui-merksam, dass das Protoplasma des Pylorusdr\u00fcsenepithels unter dem Einfl\u00fcsse des Waschwassers gerinnend, eine ebensolche Absorptionsf\u00e4higkeit auf Pepsin aus\u00fcben d\u00fcrfte als das Fibrin; vorher S. 87. Gewisse Eiweissgerinnungen l\u00f6sen sich in verd\u00fcnnter Kochsalzl\u00f6sung auf und indem v. V it-tich dies auf das geronnene Pylorusprotoplasma \u00fcbertr\u00e4gt, erkl\u00e4rt er die Beobachtungen von Gr\u00fctzner und Ebstein befriedigend dadurch, dass mit der L\u00f6sung\u00b0 des Eiweissk\u00f6rpers auch das daran mechanisch gebundene Pepsin in die salzsaure oder kochsalzhaltige L\u00f6sung \u00fcbergeht und den Infusen Verdauungskraft verleiht, w\u00e4hrend die Annahme eines eigenen Pepsinogens dadurch v\u00f6llig \u00fcberfl\u00fcssig wird, ein Resultat, zu dem aut\n1\tKlemensiewiz. Jaliresber. d. Thierchemie V. S. 162. 1S75.\n2\tHeidenhain, Ebenda VIII. S. 245. 1878.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Pepsin in Thieren und Pflanzen. Pepsin bei Neugebornen.\n91\nanderem Wege auch Witt 1 gelangte. Nimmt man noch dazu, dass den Muskeln, dem Harn und andern thierischen Substanzen Spuren von pep-tischem Ferment abgewonnen werden, so wird man es nat\u00fcrlich finden, dass es auch in dem den Labdr\u00fcsen nahe gelegenen Pylorustheil Vorkommen muss.\nUeber die auf die Pepsinbildung von Einfluss sein sollenden sog. \u201epeptogenen\u201c Stoffe im Sinne Schiff\u2019s wird in diesem Tlieile des Handbuchs nicht eingegangen. (Siehe besonders M. Schiff, Le\u00e7ons etc. Band II. p. 203 u. f.)\nVerbreitung in den Organismen. Man hat keine Ursache, die Magenfermente der Fleisch- und Pflanzenfresser untereinander oder von denen des Menschen und Schweins verschieden zu halten. Auch der Magensaft der V\u00f6gel ist pepsinhaltig und oft stark sauer. Bei Fr\u00f6schen und Tritonen kommt gleichfalls Pepsinverdauung vor; ihr Pepsin wirkt wie das der Fische schon bei ganz niedrigen Temperaturen. Siehe vorher S. 7S. Neuestens fand Swiecicki'2, dass bei Fr\u00f6schen der Oesophagus viel mehr Pepsin enth\u00e4lt als der Magen selbst. Der Magen des Flusskrebses enth\u00e4lt einen gelbbraunen Saft von saurer Reaction, der schon bei gew\u00f6hnlicher Temperatur, bei 40\u00b0 aber in wenigen Minuten Fibrin verdaut \u2014 Hoppe-Seyler 3. Bei den Insecten ist gleichfalls Pepsin aufgefunden, so in sog. Speicheldr\u00fcsen von Blatta orientalis und bei vielen anderen. Besonders interessant ist endlich das Vorkommen eines peptischen Fermentes in Pflanzen ; Darwin hat bei mehreren Droseraarten nachgewiesen, dass auf mechanische Reizung ein saurer Saft abgesondert wird, der Eiweissk\u00f6rper aufl\u00f6st. Die betreffenden Versuche sind sehr ausf\u00fchrlich in dessen Buch \u201eDie insectenfressenden Pflanzen\u201c beschrieben. Gorup-Besanez konnte ein peptonbildendes Ferment aus Wickensamen darstellen; die gestossenen und mit Alkohol ausgezogenen Samen werden mit Glycerin digerirt und das Glycerinextract mit Alkohol gef\u00e4llt. Das so erhaltene Pr\u00e4parat verwandelte energisch Fibrin in Pepton (und auch St\u00e4rke in Zucker). Hingegen konnten Hoppe-Seyler und Herter aus den Bl\u00e4ttern von Drosera rotundifolia, mit denen Darwin so viele Reizversuche angestellt hat, weder durch verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure, noch durch Glycerin ein pepsin\u00e4hnlich wirkendes Ferment ausziehen.\nUeber das Verhalten des Magens im Foetalzustand, dann bei Neugeborenen sowie saugenden Thieren bez\u00fcglich eines Pepsingehaltes liegen Erfahrungen vor von Moriggia4, Hammarstex und Zweifel11. In der Magenmucosa neugeborener Hunde kann mittels der sorgf\u00e4ltigsten Reactionen kein Pepsin nachgewiesen werden, auch nicht oder nur in verschwindenden Spuren w\u00e4hrend der ganzen ersten Lebenswoche. Erst in der zweiten Woche\n1\tWitt, Jahresber. d. Thierchemie V. S. 160. IS75.\n2\tSwiecicki, Ebenda VI. S. 172. 1S76.\n3\tHoppe-Seyler, Ebenda S. L 70.\n4\tMoriggia. Ebenda V. S. 164 u. 166. 1S75.\n5\tHammarsten, Ebenda.\n6\tZweifel, Untersuchungen \u00fcber den Verdauungsapparat der Neugebornen. Berlin ls74.","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92 Maly, Chemie der Verclauimgss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nf\u00e4ngt das Pepsin an in merkbarer Menge aufzutreten, aber noch in der dritten Woche ist der Pepsingehalt geringer als bei erwachsenen Hunden, und erst etwa in der vierten Woche erreicht er denjenigen des erwachsenen Thiers. Je gr\u00f6sser und kr\u00e4ftiger die Thiere sind, um so fr\u00fcher scheint es aufzutreten. Wie die j\u00fcngsten saugenden Hunde Case'in verdauen, ist daher nicht klar ; Hammrsten meint, dass w\u00e4hrend der ersten Wochen die Aufgabe des zwar sauren aber pepsinfreien Magensaftes darin best\u00fcnde, die Milch nur gerinnen zu machen, und das Case'in dadurch in dem Magen zur\u00fcckzuhalten und eine Ueberanstrengung des Darms zu vermeiden. Jedenfalls ist die stufenweise Entstehung des eiweissverdauenden Fermentes sehr be-merkenswerth, und findet sich auch in \u00e4hnlicher Weise bei jungen Katzen, w\u00e4hrend im Magen der Kaninchen eine Woche fr\u00fcher Pepsin auftritt. Bei Neugeborenen und saugenden Kindern ist in der Magenschleimhaut Pepsin in nicht unbedeutender, nach Gr\u00f6sse und K\u00f6rperzustand wechselnder Menge enthalten, und Casein wird in Pepton verwandelt \u2014 Hammarsten, Zweifel. Auch Lab enth\u00e4lt der Magen des Kindes.\nIm Magen von Rindsembryonen findet man eine klare, gelbe, fadenziehende, neutrale oder schwach alkalische Fl\u00fcssigkeit (Schlossberger, Moriggia) oft in reichlicher Menge, welche die Milchgerinnung beg\u00fcnstigt und auch peptische Verdauung zeigt ; letztere scheint im dritten F\u00f6talmonate zu beginnen. Die \u00f6fter beobachtete Selbstverdauung solcher Embryonen in den MoLESCHOTT\u2019schen Essigs\u00e4uremischungen gibt einen weiteren Beweis f\u00fcr ihr Verdauungsverm\u00f6gen.\nMan hat auch von einer Pepsinverdauung resp. Peptonbildung ohne Pepsin gesprochen. Dar\u00fcber ist zu sagen, dass L\u00f6sung eines Eiweissk\u00f6rpers und Peptonbildung in der That auch ohne Labdr\u00fcsenagens stattfinden k\u00f6nne, wenn gleich nur in langsamer und beschr\u00e4nkter Weise. Macht man z. B. Parallelproben mit einer pepsin-haltigen Fl\u00fcssigkeit \u2014 Salzs\u00e4ure und mit Salzs\u00e4ure allein, so wird man zwar niemals \u00fcber den ungleichen Ausfall der Probe in Zweifel sein, aber etwas Eiweiss wird auch von der Salzs\u00e4ure allein gel\u00f6st und dieser Th eil ist in der zweiten Probe in Abzug zu bringen, um einen reineren Ausdruck f\u00fcr die Pepsinwirkung allein zu erhalten. Da die Salpeters\u00e4ure (von 0.4 Co) mit Pepsin auch gut verdaut, f\u00fcr sich allein bei 40\" C. aber weniger Eiweiss l\u00f6st als Salzs\u00e4ure gleicher Concentration, so empfahl man die erstere S\u00e4ure. L\u00e4sst man l\u00e4ngere Zeit, als zum Ablauf eigentlicher Verdauungsproben n\u00f6thig ist, also durch mehrere Stunden oder durch Tage hindurch die Salzs\u00e4ure auf Fibrin oder coagulirtes Eiweiss wirken, so wird entsprechend mehr gel\u00f6st","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Verdauung ohne Pepsin. Producte der Pepsinverdauung.\n93\nund mehr Yerdauuugsproduct gewonnen, und wenn man endlich mit der Verdauungss\u00e4ure Tage lang kocht, unter Ersatz des verdampfenden Wassers, so wird ziemlich alles in L\u00f6sung gebracht und ein Pepton daraus erhalten, das man von dem, durch eigentliche Pepsinverdauung erzeugten vorl\u00e4ufig nicht zu unterscheiden vermag. Aelin-lich wirkt auch h\u00f6chst a ndauerndes Kochen mit W a s s e r allein, oder mit Wasser bei Ueberdruck. Da bei diesen Kochprocessen eine Fermentwirkung; sicher ausgeschlossen ist, die entstandenen Producte aber keine anderen sind, so stellen sie allerdings eine Pepsinverdauung ohne Pepsin dar, und sie lehren uns, dass beide Arten der Verwandlung qualitativ gleich sind, und dass eine Spur Pepsin in sehr kurzer Zeit dasselbe zu Stande bringt, wozu man ohne Pepsin die tagelange Wirkung von S\u00e4uren oder von hoher Temperatur oder von beiden zusammen gebraucht. Der Organismus hat in den Fermenten so m\u00e4chtige Agentien als der Chemiker in hohen Hitzegraden und in den kr\u00e4ftigsten Chemikalien \u2014 H\u00fcfner1. \u2014 Koch bei einer ganz anderen Einwirkung hat man einen pepton\u00e4hnlichen K\u00f6rper aus Eiweiss entstehen sehen, n\u00e4mlich bei der Behandlung mit Ozon \u2014 Gorup-Besaxez-. Mit Kali versetzte H\u00fchnereiweissl\u00f6sung wird von Ozon erst dichroitisch, nach mehrt\u00e4giger Einwirkung schwinden die Eiweissreactionen und wird nun mit Schwefels\u00e4ure neutra-lisirt, und das Ab SCU auskrvstallisirt, so bleibt eine dicke Mutterlauge, die zu einem gummiartigen rissigen, amorfen pepton\u00e4hnlichen K\u00f6rper eintrocknet.\nYI. Producte der Magenverdauuug von Eiweiss und Fibrin.\nDie Fl\u00fcssigkeit, welche durch die Pepsinverdauung entsteht, ist nicht eine einfache L\u00f6sung, sondern enth\u00e4lt Umwandlungsproducte chemischer Art. Fibrin, Eiweiss und die \u00fcbrigen Eiweissk\u00f6rper verhalten sich dabei im Wesentlichen gleich ; die Verdauung raubt ihnen eine Eigenschaft nach der anderen (Mulder), die Coagulirbarkeit durch Hitze und die F\u00e4llbarkeit durch Beagentien gehen immer mehr verloren und das Endresultat ist eine farblose, wirkliche und leicht hltrirbare L\u00f6sung, die nicht mehr wie eine L\u00f6sung der eigentlichen Eiweissk\u00f6rper opalisirt und schwer filtrirbar ist. Das in diesen L\u00f6sungen schliesslich enthaltene Hauptproduct ist das Pepton, eine Substanz, die noch die procentische Zusammensetzung der Eiweissk\u00f6r-per hat.\n1\tHitxer. Chem. Centralbl. 1S73. Nr. 2S u. 29.\n2\tGorup-Besaxez. Ann. d. Chemie u. Pharm. GXXV. S. 2<)7.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nHistorisches. Mialhe1 hat zuerst das Product der Umwandlung der Albuminsubstanzen durch Pepsin untersucht, dasselbe Albuminose genannt und einige Eigenschaften davon beschrieben. Er stellte die Albuminose zu den Albuminsubstanzen in dasselbe Verh\u00e4ltniss wie die Glycose zu den Amylaceis: beide seien die einzigen assimilationsf\u00e4higen Bestandtheile, beide seien h\u00f6chst l\u00f6slich und k\u00f6nnen den ganzen Organismus durchdringen. Damit war die Verdauung als eine chemische Umwandlung von einer blossen L\u00f6sung unterschieden, und sogar das heute wieder modern gewordene Schlagwort \u201eHydration\u201c hat Mialhe im Zusammenh\u00e4nge mit der Bildung seiner Albuminose bereits gebraucht. Nach Lehmann2 3 4, von dem der Name Pepton (meist im Plural gebraucht als Peptone) herr\u00fchrt, sind die Umwandlungsproducte der Eiweisssubstanzen weisse, amorfe, geschmacklose, in jedem Verh\u00e4ltnisse in Wasser, nicht in Alkohol von 83 \u00b0/o l\u00f6sliche K\u00f6rper, die sich mit Basen verbinden und nur durch Gerbs\u00e4ure, Sublimat und mit NH3 versetztes Bleiacetat gef\u00e4llt werden. Von Mineralstoffen konnte Lehmann sie nicht befreien. Mulder :3 hat das qualitative Verhalten vom Pepton ziemlich vollst\u00e4ndig beschrieben, und in den Jahren 1859 \u20141862 hat besonders Meissner 4 in Verbindung mit mehreren Sch\u00fclern ausf\u00fchrliche Arbeiten \u00fcber Pepton und die Zwi-schenproducte von Pepton und Eiweiss publicirt, die ihn zur Aufstellung einer Reihe von K\u00f6rpern wie Parapepton, Metapepton, Dyspepton, \u00ab, \u00df und y Pepton gef\u00fchrt haben.\nParapepton erh\u00e4lt man nach Meissner, wenn Eiweiss, K\u00e4sestoff, Syntonin, Kleber, Fibrin verdaut und die filtrirte Verdauungsfl\u00fcssigkeit so weit neutralisirt wird, dass nur noch ein sehr geringer S\u00e4uregrad vorhanden ist, als weissflockigen Niederschlag. Meissner's Parapeptone sind f\u00fcr sich in Wasser nicht l\u00f6slich, aber l\u00f6slich sowohl in verd\u00fcnnten Alkalien als auch im geringsten Ueberschuss von S\u00e4uren. Die salzsaure Parapeptonl\u00f6sung wird von einer L\u00f6sung von NaCl oder KCl gef\u00e4llt und dieser flockige Niederschlag l\u00f6st sich wieder in reinem Wasser auf; er wird als salzsaures Parapepton betrachtet. Die Parapeptone der verschiedenen Eiweissk\u00f6rper scheinen ungleiche Mengen von Alkalien zur Zersetzung ihrer salzsauren Verbindungen n\u00f6tliig zu haben. Das vom Parapepton erhaltene Filtrat gibt mitunter, namentlich nach der Verdauung von Muskel-syntonin und von Fibrin nach dem Wiederans\u00e4uern mit Salz- oder Essigs\u00e4ure (so dass die Fl\u00fcssigkeit 0.04 bis h\u00f6chstens 0.1 \u00b0/o davon enth\u00e4lt) neuerdings etwas Niederschlag in feinen fast k\u00f6rnigen Flocken, und dieser Eiweissk\u00f6rper ist das Metapepton Meissner\u2019s. Metapepton ist unl\u00f6slich in sehr verd\u00fcnnten S\u00e4uren (von 0.1%), in mehr S\u00e4ure l\u00f6slich und durch noch mehr S\u00e4ure vvieder f\u00e4llbar. Das Filtrat vom Metapepton ist v\u00f6llig klar, nicht mehr opalisirend, \u00e4ndert sich nicht mehr durch Neutralisation oder in Folge Zusatzes von S\u00e4uren, und enth\u00e4lt nun nur mehr die eigentlichen Peptone resp. die w, \u00df, y Peptone Meissner\u2019s, \u201eso-ferne deren Character darin besteht, dass sie sowohl in reinem Wasser\n1\tMialhe, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1S46. S. 163.\n2\tLehmann, Physiol. Chemie IL S. 318.\n3\tMulder, Arch. f. d. holl\u00e4nd. Beitr. II. 1858.\n4\tMeissner, Ztschr. f. rat. Med. VIL, VIII., X., XIV.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Producte der Pepsinverdauung. Xeutralisationspr\u00e4eipitat.\n95\nlieiss oder kalt, als auch in saurem Wasser und verd\u00fcnnten S\u00e4uren, sowie in Alkalien leicht l\u00f6slich sind\u201c. So weit stimmen auch die Resultate anderer Untersucher mit denen Meissners \u00fcberein, was aber nicht mehr von dem folgenden gilt. Nach Meissner befinden sich n\u00e4mlich zu allen Zeiten der Verdauung Parapepton und Pepton in gleichem Verh\u00e4ltnis in L\u00f6sung, so dass die Summe beider (das Metapepton betr\u00e4gt nur wenig) nahezu mit der Menge des verdauten Eiweisses \u00fcbereinstimmt. Bei H\u00fchnereiweissw\u00fcrfeln oder Fleisch soll sich Parapepton zu Pepton wie 1 : 2 verhalten ; Syntonin g\u00e4be 45% Pepton -j- Metapepton und 18% Parapepton. Demnach stellt sieh Meissner vor, dass die Eiweissk\u00f6rper in Parapepton und Pepton gespalten werden und behauptet, dass das Parapepton (gleichwie das Pepton) ein Endproduct der Verdauung darstelle, und dass es durch fortgesetzte Einwirkung des Magensaftes nicht mehr weiter, d. h. nicht in Pepton verwandelt werden k\u00f6nne. Die drei in der para- und metapeptonfreien Peptonl\u00f6sung angenommenen einzelnen \u00ab, \u00df und y Peptone unterscheidet Meissner durch ihr Verhalten zu einigen Reagentien, namentlich zu Blutlaugensalz und Essigs\u00e4ure. Dyspepton nannte endlich Meissner einen bei der Verdauung von Case'in bleibenden Rest, der sich nicht in verd\u00fcnnten S\u00e4uren, aber zum Tlieile in verd\u00fcnnten Alkalien l\u00f6st. Derselbe ist kein Verdauungsproduct, sondern besteht zum Tlieile wenigstens wie sein grosser Phosphorgehalt ergibt, aus Nuclein \u2014 Luba-vin L Auch beim Zerfall von Fibrin mit HCl allein soll es erhalten werden.\nDass aus den Fl\u00fcssigkeiten, in denen (geronnene) Eiweissk\u00f6rper verdaut worden sind, ausser dem Pepton, welches das Endproduct vorstellt, noch andere K\u00f6rper vorhanden sind, und namentlich Einer, der sich durch v\u00f6lliges oder ann\u00e4herndes Abstumpfen der S\u00e4ure als Niederschlag herausbegibt (Xeutralisationspr\u00e4eipitat), haben schon Th. Schwann und ebenso Mulder beobachtet, aber Meissner allein schrieb dem Xeutralisationspr\u00e4eipitat, seinem Parapepton die Eigenschaft zu, etwas Unver\u00e4nderliches zu sein und von den Agentien der Verdauungsfl\u00fcssigkeit nicht mehr weiter angegriffen zu werden. Dieser Umstand, mit dem Meissner in Widerspruch zu Mulder gekommen war, ist wichtig, denn auf das nicht mehr verdaubare Neutra-lisationspr\u00e4cipitat (Meissner\u2019s Parapepton) ist die Lehre von der Spaltung des Eiweissk\u00f6rpers in Parapepton und Pepton gegr\u00fcndet worden. Br\u00fccke (cit. S. 65) ist dieser Lehre zuerst erfolgreich entgegengetreten, Sch\u00f6ffer, Hammarsten -, Finkler1 2 3, sowie Andere haben sich ihm angeschlossen, und jetzt kann es als ausgemacht gelten, dass das Neutralisationsproduct oder Parapepton nicht ein unverdaubares Endproduct, sondern dass es ein noch weiter verdaubares in Pepton\n1\tLubavin, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 195. IST !.\n2\tHammarsten, Jahresber. \u00fcber d. Fortscbr. d. ges. Med. 1807.1.\n3\tFinkler, Jahresber. d. Thierchemie V. S. 163. 1875.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\n\u00fcberf\u00fclirbares Zwischenproduct darstellt. Nur ist es, um eiue v\u00f6llige Verdauung zu erreichen, noth wendig, eine kr\u00e4ftige Pepsinl\u00f6sung anzuwenden und sie bei Brutw\u00e4rme wirken zu lassen, denn nimmt man eine schwache Verdauungsfl\u00fcssigkeit und verdaut bei gew\u00f6hnlicher Temperatur, so erh\u00e4lt sich allerdings sehr lange, oft Tage lang der durch Neutralisation f\u00e4llbare Eiweissk\u00f6rper, und dies kann den Eindruck machen, dass er \u00fcberhaupt nicht mehr verdaubar sei. Hammarsten und Finkler stimmen auch darin tiberein, dass aus frischem Schweinemagen dargestelltes Pepsin coagulirtes H\u00fchnereiweiss v\u00f6llig zu Pepton verdaue, w\u00e4hrend manche k\u00e4ufliche mit Amylum versetzte Pr\u00e4parate auch bei beliebig lange fortgesetzter Verdauung immer noch Meissner's Parapepton geben. Meissner\u2019s Angaben sind also in Bezug auf schlechtes k\u00e4ufliches Pepsin und niedrige Temperatur richtig, aber sie dr\u00fccken nicht die volle Pepsinwirkung aus.1 Um letztere zu beobachten, coagulire man mit S\u00e4ure neutralisirtes fl\u00fcssiges H\u00fchnereiweiss bei 100\u00b0, bringe den Flockenbrei zu guter Ver-dauungsfl\u00fcssigkeit von 0.1% HCl und digerire bei Lufttemperatur; eine filtrirte Probe gibt jetzt mit Kali ein starkes Neutralisations-pr\u00e4cipitat. Nun setze man bei Brutw\u00e4rme die Digestion fort: von Zeit zu Zeit genommene Proben zeigen, dass das Neutralisations-pr\u00e4cipitat abnimmt und nach einigen Stunden wird es gar nicht mehr erhalten. Jetzt f\u00e4llen auch KCl und XaCl die salzsaure Fl\u00fcssigkeit nicht mehr. Dasselbe wird erreicht, wenn man das Neutralisations-pr\u00e4cipitat abfiltrirt und mit neuer Verdauungsfl\u00fcssigkeit weiter verdaut.\nDas Neutralisationspr\u00e4cipitat (Parapepton) ist also das erste Product der Einwirkung des Magensaftes; es bleibt l\u00e4nger bestehen in pepsinarmem Magensaft als in pepsinreichem, von dem es weiter ver\u00e4ndert und in, durch S\u00e4uren, Basen und Salze nicht mehr f\u00e4llbares Pepton verwandelt wird. Welcher Natur dieses Zwischenproduct ist, dar\u00fcber geben Versuche Aufschluss, wenn man die Eiweissk\u00f6rper gar nicht mit Pepsin, wenn man sie nur mit der Verdauungss\u00e4ure allein behandelt: man erh\u00e4lt dann die Erscheinungen genau so wie bei Anwendung von pepsinhaltiger S\u00e4ure in den ersten Stadien. L\u00e4sst man durch tagelanges Digeriren frisches Blutfibrin in ITC! von 0.1 % zerfallen, und filtrirt, so erh\u00e4lt man durch Abstumpfen der S\u00e4ure ein reichliches Neutralisationspr\u00e4cipitat. Dasselbe gelingt mit fl\u00fcssigem H\u00fchnereiweiss: wenn man neutralisirt, verd\u00fcnnt, von den Flocken trennt, auf den S\u00e4uregrad 1 bringt und ohne Pepsin digerirt, wird\n1 M. Schiff h\u00e4lt noch in neuerer Zeit (Le\u00e7ons etc. I. p. 407) die Meissner -sehe Meinung aufrecht.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Neutralisationspr\u00e4cipitat. Verdauung von gekochtem und ungekochtem Eiweiss. 97\nman nach einiger Zeit, viel rascher nach Erhitzen zum Kochen durch Abstumpfung der S\u00e4ure einen Niederschlag erhalten von Parapepton. Die Umwandlung zu Parapepton wird also nicht durch den Factor Pepsin hervorgebracht, sie ist eine reine S\u00e4ure Wirkung und nur eine solche, denn wenn man Eiweiss einerseits mit der verd\u00fcnnten Salzs\u00e4ure allein, andrerseits mit einer Verdauungsfl\u00fcssigkeit von gleichem S\u00e4uregrade mischt, so geht die Umwandlung in das durch Abstumpfung der S\u00e4ure f\u00e4llbare Product oder Meissner\u2019s Parapepton in der zweiten Probe nicht schneller von Statten als in der ersten. Das Neutralisationspr\u00e4cipitat dieser nie mit Pepsin in Ber\u00fchrung gekommenen Fl\u00fcssigkeiten hat endlich dieselben Eigenschaften wie das aus Verdauungsfl\u00fcssigkeiten gef\u00e4llte1; es wird von schwacher HCl gel\u00f6st, durch st\u00e4rkere gef\u00e4llt, durch noch concentrirtere wieder gel\u00f6st, und die urspr\u00fcnglichen noch nicht neutralisirten also salzsauren L\u00f6sungen geben Niederschl\u00e4ge mit KCl und Na CI \u2014 Br\u00fccke. Daraus folgt, dass das Parapepton nichts anderes ist als das Umwand-lungsproduct der Eiweissk\u00f6rper durch S\u00e4uren: sogenanntes Synto-nin oder Acidalbumin, mit dem es in allen St\u00fccken \u00fcbereinstimmt; es ist ein Uebergangsglied f\u00fcr die eigentliche Peptonbildung, aber noch ein Eiweissk\u00f6rper im engeren Sinne. Die Menge des in einem bestimmten Momente in einer Verdauungsfl\u00fcssigkeit enthaltenen Acid-albumins gibt eine ziemlich gute Vorstellung vom Gange der Verdauung; je mehr Acidalbumin vorhanden ist d. h. je gr\u00f6sser das Neutralisationspr\u00e4cipitat ist, um so weniger weit ist die eigentliche Verdauung vorgeschritten, um so weniger Pepton wird noch vorhanden sein und umgekehrt.\nDenken wir uns aus einer Verdauungsfl\u00fcssigkeit das Acidalbumin durch Neutralisation ausgef\u00e4llt, so zeigt sich in dem Filtrate noch ein kleiner Unterschied, je nachdem 1. rohes Fibrin und rohes Eiweiss oder 2. gekochtes Fibrin und coagulirtes Eiweiss verdaut wurde \u2014 Br\u00fccke. Im ersteren Falle ist noch eine kleinere oder gr\u00f6ssere Menge sog. nativen d. h. durch Hitze gerinnbaren Eiweisses vorhanden, und das (neutrale) Filtrat vom Acidalbumin wird sich beim Aufkochen tr\u00fcben oder eine F\u00e4llung von coagu-\n1 Ausser der weiteren Unverdaulichkeit li\u00e2t Meissner noch eine Reaction angegeben, durch die sich das Parapepton, d. h. das Neutralisationspr\u00e4cipitat aus sauren pepsinhaltigen Verdauungsfl\u00fcssigkeiten von dem Syntonin. d. h. dem durch reine S\u00e4urewirkung aus Albumin entstandenen K\u00f6rper unterscheiden soll, und Schiff (Digestion II. p. 15) schloss sich ihm an. Wenn n\u00e4mlich die nahezu neu-tralisirte Verdauungsfl\u00fcssigkeit mit Alkohol versetzt wird, so bleibt sie klar und gibt erst einen Niederschlag aut Zusatz von \u00e4therhaltigem Alkohol (Parapepton), w\u00e4hrend das Umwandlungsproduct von Albumin durch verd\u00fcnnte S\u00e4ure schon von Alkohol allein gef\u00e4llt werden soll (Syntonin).\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4ffce u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nlirtem Eiweiss geben; im zweiten Falle bleibt das Filtrat vom Acid-albumin beim Koeben klar, oder gibt nur einige Flocken.\n1.\tEiweiss. Folgender Versuch versinnlicht den Unterschied im Verhalten des rohen und coagulirten Eiweisses. Man neutralisire H\u00fchnereiweissl\u00f6sung mit HCl, coagulire die eine H\u00e4lfte (a) im Wasserbade, die andere (b) nicht. Dann versetze man beide mit gleich viel Pepsin, bringe sie auf den gleichen, aber einen geringen S\u00e4uregrad und digerire bei derselben Temperatur. Nachdem das Eiweiss in a gel\u00f6st ist, wird man finden, dass diese Probe (\u00ab) ein starkes Neutralisationspr\u00e4cipitat gibt, die andere {b), welche vom nichtgeronnenen Eiweiss herr\u00fchrt, keines oder nur ein sehr schwaches. Anderseits aber wird man finden, dass eine Probe der neutralisirten Fl\u00fcssigkeit b beim Kochen einen Niederschlag gibt, weil sie noch einen Rest nat\u00fcrlichen Eiweisses enth\u00e4lt, w\u00e4hrend das Filtrat vom Neutralisationspr\u00e4cipitat in a sich beim Kochen nur sehr wenig tr\u00fcbt. Die F\u00e4llung durch Neutralisation und die durch darauf folgendes Kochen stehen zu einander in ann\u00e4hernd umgekehrtem Verh\u00e4ltniss. Dabei ist aber wohl zu bemerken, dass das nur f\u00fcr geringe S\u00e4uregrade gilt; bei h\u00f6heren S\u00e4uregraden bei 0.2\u20140.5% HCl findet viel rascher und vollst\u00e4ndiger Acidalbuminbildung statt, und dann geben auch die Verdauungsproben mit rohem H\u00fchnereiweiss, nachdem vom Acidalbumin abfiltrirt worden ist, keine F\u00e4llung durch Kochen, weil kein nat\u00fcrliches Eiweiss mehr vorhanden ist. Um vieles besser, als es Worte verm\u00f6gen, geben \u00fcber diese Verh\u00e4ltnisse die Versuchstabellen von Wawrinski (cit. S. 83) Aufschluss, von denen ich schon fr\u00fcher eine mitzutheilen Gelegenheit hatte.\n2.\tFibrin. In \u00e4hnlicher Art unterscheidet sich auch die Verdauung von rohem und von vorher gesottenem Fibrin; beide geben in einem gewissen nicht zu weit gediehenen Stadium der Verdauung ein Neutralisationspr\u00e4cipitat; aber nur in dem Filtrate, das vom rohen Fibrin herr\u00fchrt, ist durch Kochen noch etwas Eiweiss f\u00e4llbar, im andern nicht.\nHat man aus einer Verdauungsfl\u00fcssigkeit alles Acidalbumin durch S\u00e4uretilgung und alles Eiweiss, das noch nicht zu Acidalbumin geworden ist, durch Kochen entfernt, so hat man im Filtrat keinen eigentlichen Eiweissk\u00f6rper mehr und das zeigt sich abgesehen von zu er\u00f6rternden chemischen Reactionen durch die Klarheit der L\u00f6sung. Jede Verdauungsfl\u00fcssigkeit, so lange sie Acidalbumin enth\u00e4lt, ist auch nach dem Filtriren tr\u00fcblich oder doch opalisirend - Meissner. L\u00e4sst man die Verdauung bei gew\u00f6hnlicher Temperatur vor sich gehen, so dass eine gr\u00f6ssere Menge Acidalbumin erhalten bleibt, und leitet mit einer Sammellinse einen Kegel Sonnenlicht hinein, so sieht man den Weg des Lichtkegels, und die Beobachtung mittelst eines vor dem Auge sich langsam drehenden Nikols ergibt, dass das Licht polarisirt ist, Es m\u00fcssen also reflectirende Partikeln \u2014 Eiweisspartikelchen \u2014 vorhanden sein ; stumpft man die S\u00e4ure ab, so schrumpfen sie, wie eine ganze in S\u00e4ure gequollene Fibrinflocke, die Opalescenz","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Pepton.\n99\nwird zur Tr\u00fcbung, endlich zum Niederschlag \u2014 Br\u00fccke. Das Opali-siren ist verschwunden, die Fl\u00fcssigkeit v\u00f6llig klar, sobald die eben genannten K\u00f6rper entfernt sind. Die nun resultirende Fl\u00fcssigkeit gibt keine F\u00e4llung mehr mit S\u00e4uren oder Alkalien, keine mit Neutralsalzen der Alkalien, keine mit Salpeters\u00e4ure, keine mit den meisten Salzen der schweren Metalle und was f\u00fcr besonders charakteristisch gehalten wird, auch keine mehr mit gelbem Blutlaugensalz nach vorherigem Ans\u00e4uern, sie enth\u00e4lt nur mehr das Endproduct der Verdauung, das Pepton nebst Asehebestandtheilen und kleine Mengen sogenannter Extractivstoffe. Die Reihe der Verdauungsproducte stellen wir also gegenw\u00e4rtig so vor:\nEiweiss oder Fibrin\nAcidalbumin (= Parapepton)\nI\nPepton.\nPepton.\nDie Schwierigkeiten f\u00fcr die Darstellung reinen Peptons liegen nicht bloss darin, dass es weder krystallisirt noch sich destilliren l\u00e4sst, sondern \u00fcberhaupt darin, dass seine Eigenschaften fast nur negative sind. Es bleibt nur der Weg, die s\u00e4mmtlichen anderen Substanzen der Verdauungsfl\u00fcssigkeit zu entfernen und das Pepton gleichsam als noch Uebrigbleibendes zu fassen. Neutralisation und Kochen entfernt die Eiweissk\u00f6rper; nun bleiben noch eventuell gebildete Extractivstoffe1 und endlich die anorganischen Salze, sowohl die, welche mit den Eiweissk\u00f6rpern hineingebracht worden sind, als auch die, welche durch die Neutralisation der urspr\u00fcnglichen Verdauungss\u00e4ure entstanden sind.\nLehmann (cit. S. 94) hat zur Darstellung seines Peptons (resp. seiner Peptone) die saure Verdauungsfl\u00fcssigkeit gekocht, filtrirt, zur Ilonigconsi-stenz eingeengt und durch Zusatz von Alkohol (83%) pr\u00e4cipitirt. Das Pr\u00e4cipitat, welches an der Luft hygroskopisch war und eiweiss\u00e4hnlich zusammentrat, betrachtete Lehmann als Peptonkalkverbindung. Aermer an Mineralstoffen erhielt Lehmann die Peptone, wenn deren Barytverbindungen durch Schwefels\u00e4ure vorsichtig zersetzt wurden. Warum Lehmann immer von Peptonen im Plural spricht, ist unklar. \u2014 Thiry (unter Meissner's Leitung [cit. S. 941) sah sich gezwungen, die Darstellung von mittelst Pepsin erhaltenen Peptons ganz zu umgehen, und zwar deshalb, weil bei dem Versuch, das Pepton mit Alkohol auszuf\u00e4llen, nicht nur Pepsin und\n1 Bei reinen Materialien jedenfalls sehr wenig.","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte ii Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\ndie Verunreinigungen des k\u00fcnstlichen Pepsins, sondern auch Chloralkalien bis zu 50\u00b0/o des Pr\u00e4cipitats mitfielen. Thiry hat deshalb zu seinen Analysen Neutralisationspr\u00e4cipitat Tage lang mit Wasser gekocht, die Fl\u00fcssigkeit mit ein wenig verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure versetzt, filtrirt, mit BaCOz digerirt, filtrirt und mit Alkohol eine Barytpeptonverbindung gef\u00e4llt; diese wurde analvsirt. M\u00f6hlenfeld1 undKossEL2 haben mit aufgel\u00f6sten Schweinem\u00e4gen verdaut; ihre Pr\u00e4parate waren weder von Verunreinigungen frei, noch unzersetzt. Adamkiewicz 3 hat nach der gew\u00f6hnlichen Methode, aber in grossen Quantit\u00e4ten Pepton dargestellt.\nWie sonst ist auch bei dem Versuch der Darstellung eines reinen Peptons die Reinheit der Materialien maassgebend ; es muss desshalb das Eiweiss oder Fibrin durch Behandlung mit Aether und Alcohol sowie mit verd\u00fcnnter S\u00e4ure ersch\u00f6pft sein, und als Pepsinl\u00f6sung darf nicht, wie das wohl bei etlichen der eben erw\u00e4hnten Versuche ge-schehen ist, die L\u00f6sung eines ganzen verdauten Schweinemagens oder auch nicht rohes Pepsinglycerin angewandt werden, sondern es muss eine nach Br\u00fccke oder Krasilnikoff oder nach der combinirten Methode gereinigte Pepsinfl\u00fcssigkeit ben\u00fctzt werden. Zur Entfernung der Asckebestandtkeile, namentlich der durch Neutralisation der Verdauungsfl\u00fcssigkeit mit kohlensaurem Kali, Natron, Baryt, Kalk oder den entsprechenden Hydroxyden entstandenen Chloride habe ich1 4 die Dialyse zu h\u00e4ufig gewechselten Wasser bei niedriger Temperatur empfohlen, und dabei gute Resultate erhalten. Man hat zwar vor l\u00e4ngerer Zeit aufmerksam gemacht (Funke), dass zwischen den eigentlichen Eiweissk\u00f6rpern und dem Pepton der Unterschied bestehe, dass das letztere leichter Membranen passire als das Eiweiss, aber dieser Unterschied ist bei Abwesenheit von S\u00e4ure nicht sehr gross (v. Wit-tich5 6), und gegen Salze zumal kehrt sich das Verh\u00e4ltniss um, gegen diese ist das Pepton relativ sehr schwer diffundirend. Hat man also durch Neutralisation mit CaCOz oder Na2 COs und Aufkochen die Eiweissreste entfernt , und bringt man nach einigem Einengen auf den Dialysator, so geht in den ersten 24 Stunden viel CaCh oder Na CI, aber nur wenig Pepton in die Aussenfl\u00fcssigkeit \u00fcber. Durch Einbringen von etwas HCl ins Innere der Zellefi, kann man dann auch solche Basis entfernen, die an Pepton selbst gebunden war, und sobald im Aussenwasser die Chlorreaction h\u00f6chst schwach geworden ist, so ist die Peptonl\u00f6sung sehr aschearm und die allenfalls vorhan-\n1\tM\u00f6hlenfeld, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 17. 1872.\n2\tKossel, Ebenda VI. S. 34. IS76.\n3\tAdamkiewicz, Natur und N\u00e4hrwerth des Peptons. Berlin l s77. A. Hirsehwald.\n4\tMaly. Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 23. 1874.\n5\tv. WiTTiCH, Ebenda II. S. 19. 1872.\n6\tDabei ist aber dann starker Peptonverlust zu gew\u00e4rtigen, denn salzsaures Pepton diffundirt leichter.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Darstellung von Pepton. Eigenschaften und Zusammensetzung von Pepton. 101\ndenen krystalloiden Spaltungsproducte sind ebenfalls entfernt. Nach dem Herausnehmen aus dem Dialysator wird eingedampft, und aus dem Syrup mit starkem Alcohol Pepton gef\u00e4llt; es hat dann 0.5 bis h\u00f6chstens 1.0% Asche, absolut aschefrei ist es nicht zu erhalten. Um an diesem Pr\u00e4parat zu demonstriren, dass es im Wesentlichen ein einziges chemisches Individuum ist, habe ich zuerst1 2 3 die fr actio nirte F\u00e4llung des wieder in Wasser gel\u00f6sten Peptons mit Alcohol benutzt ; traut man dann nicht der ersten und letzten, so wird man doch die mittleren Fractionen als rein erkennen m\u00fcssen, wenn sie gleiche Elementarzusammensetzung unter einander haben. Ausser von mir am Fibrinpepton ist diese allein maassgebende frac-tionirie Behandlungsweise noch am Eiweisspepton von Herth 2 angewandt worden, welcher auch eine neue Darstellung einf\u00fchrte \u2014 die Phosphors\u00e4ure - Bleimethode, durch die man der Entfernung der Chlormetalle v\u00f6llig enthoben ist. Herth digerirt das fein zerriebene coagulirte Eiweiss mit Phosphors\u00e4ure von 1 %, um die nat\u00fcrlichen Salze m\u00f6glichst auszuziehen, w\u00e4scht mit Wasser und verdaut mit reinem Pepsin und Phosphors\u00e4ure von 0.65 \u00b0/o. In die fl\u00fcssig gewordene und heiss gemachte L\u00f6sung wird frisch gef\u00e4lltes Bleicarbonat bis zur Neutralreaction eingetragen und durch Filtration die Verdauungss\u00e4ure als unl\u00f6sliches Pbz(PO\\}i v\u00f6llig entfernt. Das im Filtrat enthaltene Pepton wird zuerst wiederholt mit Alcohol gef\u00e4llt, sp\u00e4ter fractionirt. Henninger 3 hat mit Schwefels\u00e4ure verdaut, und die Schwefels\u00e4ure mit Barythydrat genau entfernt.\nEi gen sch\u00e4fte n. Durch starken Alcohol gef\u00e4llt, ist das Pepton ein v\u00f6llig weisser, schwerflockiger, amorfer K\u00f6rper, getrocknet eine gelblich weisse, br\u00f6ckliche Masse. Am Platinblech erhitzt, verh\u00e4lt e> sich wie ein anderer Eiweissk\u00f6rper, in Wasser ist es ausserordentlich leicht l\u00f6slich, die L\u00f6sungen geben beim Abdampfen H\u00e4ute, werden syrup\u00f6s, sind in der W\u00e4rme d\u00fcnn-, in der K\u00e4lte dickfl\u00fcssig und scheiden auch bei weiterer Concentration nichts aus, sondern trocknen zu einer durchsichtigen, weissgelben, spr\u00f6den, rissigen, gummi\u00e4hnlichen Masse ein. Es ist sehr hygroskopisch und wenn sein Wassergehalt einigermassen betr\u00e4chtlich ist, wird es wieder in der W\u00e4rme weich, oder wie Adamkiewicz sagt, \u201ees schmilzt\u201c; im ganz trockenen Zustande erweicht es aber durch Erhitzen nicht mehr, sondern bleibt spr\u00f6de. Die verd\u00fcnnte w\u00e4sserige L\u00f6sung wird von wenig Alcohol getr\u00fcbt, von viel Alcohol flockig gef\u00e4llt, aber nur in neutralem\n1\tMaly. Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 23. 1S74.\n2\tHerth, Ebenda VU. S. 25. IS77.\n3\tHenninger, Ebenda VIII. S. 23. 187S.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102 Maly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nZustande, nicht bei Gegenwart von Salzs\u00e4ure. Ferner werden in ihr noch Niederschl\u00e4ge erhalten mit Sublimat, Gerbs\u00e4ure, Bleiacetat -f- Ammoniak, Phosphorwolframs\u00e4ure, Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure, Jodquecksilberjodkalium und MiLLOx\u2019schem Reagens.\nGelbes Blutlaugensalz in Verbindung mit Essigs\u00e4ure gibt keinen Niederschlag und das wird gew\u00f6hnlich als Differenzreagens zu den eigentlichen Eiweissk\u00f6rpern betrachtet, die dadurch gef\u00e4llt werden, doch l\u00e4sst sich h\u00e4ufig in sehr sorgf\u00e4ltig dargestelltem Fibrinpepton noch ein kleiner Niederschlag erhalten, nicht im Eiweisspepton. Zweitens geben neutrale Salze z. B. NaCl, Na-iSOi in den mit Essigs\u00e4ure an ge s\u00e4uerten Peptonl\u00f6sungen nichts; drittens gibt Salpeters\u00e4ure keine F\u00e4llung und viertens ebenso wenig Erhitzen zum Kochen, gleichg\u00fcltig wie die Reaction dabei ist. Das sind die herk\u00f6mmlich accreditirten Unterschiede von Pepton und Eiweissl\u00f6sungen, aber sie gelten wie Adamkiewicz 1 ausf\u00fchrlich gezeigt hat, nur f\u00fcr geringe Concentrationen.\nIn concentrirter L\u00f6sung verschwinden alle Unterschiede zum Eiweiss bis auf die Nichtf\u00e4llbarkeit des Peptons durch Kochen \u2014 Adamkiewicz; wenn man n\u00e4mlich trockenes Albuminpepton mit Wasser sch\u00fcttelt, so zeigt die anf\u00e4nglich noch verd\u00fcnnte L\u00f6sung nur durch Schaumbildung und die Biuretreaction an, dass sich etwas gel\u00f6st hat, sowie aber die Fl\u00fcssigkeit concentrirter geworden ist, tritt auch Tr\u00fcbung auf Zusatz von Essigs\u00e4ure -f- Blutlaugensalz, sp\u00e4ter auch auf Zusatz von NaCl -f- Essigs\u00e4ure und endlich auch ein Niederschlag auf Zusatz von Salpeters\u00e4ure ein. Die in solchen stark concentrirten Peptonl\u00f6sungen durch die beiden letzten Reagentien (NaCl -j- A und Salpeters\u00e4ure) hervorgerufenen volumin\u00f6sen weissen Niederschl\u00e4ge zeigen das eigen -th\u00fcmliclie, dem unver\u00e4nderten Eiweiss nicht zukommende Verhalten, dass sie sich in der W\u00e4rme mit grosser Leichtigkeit v\u00f6llig klar l\u00f6sen, die L\u00f6sungen selbst beim Kochen klar bleiben, dass aber sowie die I Rissigkeiten erkalten, sich das Pepton in der ganzen Masse wieder niederschl\u00e4gt. Es w\u00e4re also in dieser Reaction und in dem Klar bleiben der reinen w\u00e4sserigen Pepton l\u00f6s ung beim Kochen noch die Differenz zu den Eiweissk\u00f6rpern im engeren Sinne zu suchen \u2014 Adamkiewicz\nDie Peptonl\u00f6sungen drehen die Polarisationsebene stark links ; in \u00e4therischen Fl\u00fcssigkeiten und Kohlenwasserstoffen ist Pepton unl\u00f6slich. Beim Kochen mit bleioxydhaltigen Aetzalkalien wird PbS gebildet. Electro-1 y tische Versuche an sauren Peptonl\u00f6sungen hat v. Wittich angestellt.1 2 3\n1\tAdamkiewicz. Natur und N\u00e4hrwerth des Peptons. Berlin 1877 ; Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 21. 1878.\n2\tNach einer Privatmittheilung von Herth gilt dieses interessante von Adamkiewicz beschriebene Verhalten nur f\u00fcr Fibrinpepton, nicht f\u00fcr Eiweisspepton.\n3\tv. Wittich. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1862. II.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Eigenschaften und Zusammensetzung vom Pepton.\n103\nF\u00e4rb eure action en gibt Pepton folgende: 1. die Biuretreac-tion, die darin besteht, dass eine verd\u00fcnnte L\u00f6sung mit Kali- oder Natronlauge und ein paar Tropfen einer h\u00f6chst verd\u00fcnnten Kupfervitrioll\u00f6sung versetzt, eine sch\u00f6n rosenrothe F\u00e4rbung gibt, w\u00e4hrend die eigentlichen Eiweissk\u00f6rper in gleicher Weise behandelt, violette oder blau gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeiten geben; 2. mit starker Salpeters\u00e4ure in der W\u00e4rme dunkelgelbe Fl\u00fcssigkeit ; 3. die Reaction von Adamkiewicz1 2; man l\u00f6st in Eisessig und f\u00fcgt concentrirte Schwefels\u00e4ure hinzu, worauf eine sch\u00f6n violette schwach fluorescirende Fl\u00fcssigkeit entsteht, die bei geeigneter Concentration im Spectrum ein dem Hydro-bilirubin \u00e4hnliches Band zeigt ; 4. die MiLLON\u2019sche Reaction. Diese Reactionen kommen mit Ausnahme von 1. auch den \u00fcbrigen eigentlichen Eiweissk\u00f6rpern zu.\nDie Zusammensetzung des Peptons ergibt sich aus folgenden unter einander \u00fcbereinstimmenden Mittelzahlen.\nIIerth\nAdamkiewicz (cit. S. 100).\nHexxixger (cit. S. 101).\n17.34\nVon diesen Zahlen sind alle mit Ausnahme der von Henninger aschefrei berechnet. Die von mir sind das Mittel von mehreren untereinander sein- \u00e4hnlich zusammengesetzten Alkoholfractionen, die von Herth gelten f\u00fcr ein Pr\u00e4parat, das sich ebenfalls durch Alkohol in vier gleich zusammengesetzte Fractionen zerlegen liess. An diese Zahlen schliessen sich noch die numerisch nicht mitgetheilten Resultate Lehmann\u2019s (cit. S. 9 4), der nur angibt, Eiweiss und Peptone seien gleich zusammengesetzt und die nur wenig abweichenden Zahlen von Thiry, die aber insofern nicht strenge hierhergeh\u00f6ren, als sie sich nicht auf ein durch Verdauung erhaltenes Pr\u00e4parat beziehen. Die abweichenden Ergebnisse von M\u00f6hlen-feld und Kossel sind durch die Darstellung ihrer Pr\u00e4parate werthlos.\nMan kann daher gegenw\u00e4rtig sagen : 1. das Pepton von H\u00fch-nereiweiss und Fibrin ist ein einheitlicher K\u00f6rper, man hat kein Recht von zwei oder mehreren Peptonen zu sprechen; 2. das\n1\tAdamkiewicz. Jakresber. d. Thiercbemie V. S.29. 1S75. IV. S. 10. 1S74.\n2\tHier sind die WRTz\u2019schen Eiweisszahlen eingesetzt.","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nPepton hat noch ganz oder nahe die procentische Zusammensetzung des Mutterk\u00f6rpers. Ob doch eine kleine Zusammensetzungs\u00e4nderung stattfindet, oder ob Eiweiss und Pepton wirklich isomer (Thiry) oder polymer (Herth) sind, ist bei der H\u00f6he der Moleciile, um die es sich hier handelt, schwer zu entscheiden. Dass weder CO-i noch y Hz noch H-iS bei der Peptonbildung austreten, ist sicher, ob aber, wie man gerne annimmt, Wasser in das Eiweissmolectil eintritt, so dass sich Pepton und urspr\u00fcngliches Eiweiss wie Hydrat und Anhydrid verhalten, muss unbestimmt bleiben. Zwar zeigen die Peptonanalysen meist einen kleineren (7-Gehalt, aber sie zeigen keinen gr\u00f6sseren //-Gehalt als die Muttersubstanz und da gerade alle //-Zahlen sehr gut zusammenstimmen und die //-Bestimmungen \u00fcberhaupt die genauesten zu sein pflegen, so ist eine Wasserbindung bei der Peptonisirung nicht ohne Weiteres anzunehmen. Wie k\u00fcnftig sich der Zusammenhang auch l\u00f6sen mag, so viel steht fest, dass der Gesammtcomplex der Elemente im Eiweissmolectil nicht eingreifend sich alterirt, wenn es zu Pepton wird, dass vielmehr das letztere noch ein Glied der langen Reihe der Modifi-cationen der Eiweissk\u00f6rper darstellt : die Peptonzahlen sind von denen des E i w e i s s e s nicht verschiedener, als die Zahlen anderer Eiweissk\u00f6rper unter einander. Damit steht in Uebereinstimmung, dass man mit Pepton bei Ausschluss anderen Eiweisses ein Thier noch ern\u00e4hren und am /-Gleichgewichte erhalten kann.\nVerbindungen von Pepton existiren, sind aber nicht oder kaum untersucht; eine ///'/-haltige Peptonl\u00f6sung wird nicht mehr von Alkohol gef\u00e4llt, man k\u00f6nnte also darin ein in Alkohol l\u00f6sliches Peptonchlorhydrat annehmen. Dass Pepton sich mit Basen verbindet, hat schon Lehmann (cit. S. 94) angegeben, und gerade diese Eigenschaft hat es h\u00e4ufig erschwert, aschearme Pr\u00e4parate zu bekommen. Aus Baryum- oder Calciumcarbonat treibt Peptonl\u00f6sung CO2 aus und l\u00f6st Ba resp. Ca auf, die aber durch Zusatz von Ammon und kohlensaurem Ammon wieder als Carbonate ausgef\u00e4llt werden \u2014 Hoppe-Seyler. In der Biuretprobe ist vielleicht eine /\u00ab-Verbindung enthalten, und Verbindungen mit H<j und Pb werden als m\u00e4chtige weisse F\u00e4llungen durch Hg CO resp. Bleizucker mit NHz niedergeschlagen. F\u00e4llt man eine /\u00ab//-haltige Peptonl\u00f6sung mit starkem Alkohol, so sollte man meinen, dass das in Weingeist l\u00f6sliche CaCh in L\u00f6sung bliebe, das ist aber nicht der Fall, sondern das gef\u00e4llte Pepton enth\u00e4lt dann sowmhl Ca als //, die jedoch nicht im \u00e4quivalenten Verh\u00e4ltniss stehen sollen.\nDie R\u00fcckverwandlung von Pepton in Eiwreiss, ein Vorgang, wie er voraussichtlich im Organismus stattfindet, ist ein viel ersehntes chemisches Problem. Henninger (cit. S. 101) hat mitgetheilt, dass durch Einwirkung von Essigs\u00e4ureanhydrid auf Pepton eine syntonin-\u00e4hnliche Sub-","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Verdauung verschiedener N\u00e4hrstoffe.\n105\nstanz entstehe, und Hofmeister 1 hat beim Erhitzen von Pepton auf 140 bis 170 unter beginnender Zersetzung eines Theiles die Bildung einer in Wasser unl\u00f6slichen, in sehr verd\u00fcnnter Sodal\u00f6sung l\u00f6slichen Substanz beobachtet, die gewisse Eiweissreactionen wiedergab.\nVII. Verdauung anderer N\u00e4hrstoffe.\nCasein. Entfettetes Casern ist in Verdauungsfl\u00fcssigkeit oder auch in HCl von 0.1% allein vollst\u00e4ndig l\u00f6slich, und durch Neutralisation anf\u00e4nglich daraus f\u00e4llbar; bei fortgesetzter Verdauung wird das Ganze gallertig, verfl\u00fcssigt sich sp\u00e4ter und l\u00e4sst endlich einen unverdaubaren kleister\u00e4hnlichen Theil (Dyspepton Meissner\u2019s), der sich mit Sodal\u00f6sung in 2 Theile trennen l\u00e4sst, einen darin l\u00f6slichen 4.6 \u00b0/o P enthaltenden (Nucle\u00efn) und in einen darin unl\u00f6slichen phos-ph orfreien K\u00f6rper, der noch die allgemeinen Eigenschaften eines Eiweissk\u00f6rpers besitzt \u2014 Lubavin (cit. S. 95). In der L\u00f6sung ist neben etwas Acidalbumin reichlich Pepton vorhanden. Casein gilt als sehr leicht verdaulich; 'Meissner erhielt vom sog. Dvspepton 20%, vom Xeutralisationspr\u00e4cipitat 2 % und Pepton 78 %. Analysen von Case\u00efnpepton vorher S. 103. \u2014 Syntonin aus Muskel verh\u00e4lt sich bei der Verdauung den andern Eiweissk\u00f6rpern \u00e4hnlich. Oxyh\u00e4moglobin wird von Magensaft unter Bildung von Acidalbumin und H\u00e4matin zersetzt, von denen ersteres weiter zu Pepton wird, w\u00e4hrend letzteres unangegriffen bleibt. Blut aus zerrissenen Gef\u00e4ssen oder mit der Nahrung in den Magen gelangt, nimmt desshalb hier schnell schwarzbraune F\u00e4rbung an \u2014 Hoppe-Seyler. Die Pflanzenei weissstoffe verhalten sich den thierischen \u00e4hnlich oder bieten wenigstens keine auffallenden Abweichungen bei der Verdauung. Sie sind darauf von Koopmans1 2, Meissner & de Bary3 und Fl\u00fcgge4 untersucht. Der gekochte Kleber wird von verd\u00fcnnter HCl nicht angegriffen, l\u00f6st sich aber leicht in pepsinhaltiger S\u00e4ure und wird schon bei geringeren S\u00e4uregraden als Eiweiss unter Peptonbildung verdaut; aus der verdauten Fl\u00fcssigkeit f\u00e4llt nach der Neutralisation nichts. Aus Pflanzenalbumin soll sich nach Meissner & de Bary kein Pepton bilden. Das aus dem frischen Wasserauszug der Erbsen gef\u00e4llte Legumin braucht zur Peptonisirung einen hohen S\u00e4uregrad.\nLeim und leim g eben des Gewebe. Wird gelatinirende Leiml\u00f6sung bei Brutw\u00e4rme mit etwas Salzs\u00e4ure einige Stunden di-\n1\tHofmeister. Jahresber. \u00fc. Thierchemie VIII. S. 26. 1S78.\n2\tKoopmans. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1857.1.\n3\tMeissner & de Bary. Ztschr. f. rat. Med. XIV. S. 303.\n4\tFl\u00fcgge, Jahresber. f. d. ges. Med. l^GO. I.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\ngerirt, so zeigt sich bald an einer herausgenommenen Probe, dass der Leim sein Gelatinirungsverm\u00f6gen beim Abk\u00fchlen eingeb\u00fcsst hat; schon geringe S\u00e4uremengen (z. B. einige CC. HCl von 0.2 \u00b0o) gen\u00fcgen hierzu. Bei mehr S\u00e4ure geht die Ver\u00e4nderung noch leichter vor sich, und eine S\u00e4ure mit 4 % HCl soll am besten wirken. Pepsinhaltige Salzs\u00e4ure veranlasst die gleiche Ver\u00e4nderung wie HCl allein, und wie es scheint noch schneller, aber immer h\u00e4ngt die Zeit, in der die Erstarrbarkeit aufgehoben wird, auch noch von der Sorte des Leims ab, mancher ver\u00e4ndert sich leichter, anderer schwieriger. Ist die Masse so weit d\u00fcnn geworden, dass sie auch bei gew\u00f6hnlicher Temperatur fl\u00fcssig bleibt (18\u201448 Stunden), so gibt sie in beiden F\u00e4llen bei und ohne Anwendung von Pepsin die gleichen Reactionen. Ausser dem Verlust der Gelatinirbarkeit hat der verdaute Leim noch die Eigenschaft erhalten, durch Membranen diffundirbar zu sein, und wird dann als Leimpepton bezeichnet (Metzler & Eckhard1, Tatarinoff 2, Uffelmann3). Man weiss nur wenig von diesem K\u00f6rper. Seine Bildung findet auch beim Erhitzen des Glutins mit Wasser in zugeschmolzenen R\u00f6hren bei 120\u00b0 oder bei anhaltendem 'Kochen mit ganz verd\u00fcnnten S\u00e4uren oder Alkalien und endlich bei der F\u00e4ulniss des Glutins statt. Auch die Behandlung mit Pancreas-infus erzeugt ein Leimpepton, dessen Reactionen Schwerer4 n\u00e4her beschrieben hat. Man sieht, dass die Umwandlung des erstarrenden Leims zu in der K\u00e4lte l\u00f6slichem Leimpepton denselben Bedingungen gehorcht, als die Peptonbildung aus Eiweiss. Leimpepton (mittelst Pepsin) zeigt saure Reaction, zerlegt Carbonate und geht mit alkalischen Erden Verbindungen ein, die alkalisch reagiren \u2014 Tatarinoff. Im lebenden Magen eines gastrotomirten Knaben konnte Uffelmann3 die Bildung von Leimpepton aus Gelatine beobachten: schon nach etwa V2 St. war die Gelatinirf\u00e4higkeit zum Theil verloren gegangen, v\u00f6llig nach 1 St. Dann war die aus dem Magen genommene Masse d\u00fcnnfl\u00fcssig, stark sauer und liess nach 5\u20146 st\u00fcndiger Diffusion mit Sicherheit die Glutinreactionen im Aussenwasser (Leimpepton) con-statiren. Das Diffus\u00e2t wurde gef\u00e4llt von Chlor, Gerbs\u00e4ure, Quecksilbernitrat, Sublimat, Chlorplatin; nur Blutlaugensalz scheint etwas anders auf den diffundirten Leim zu wirken. Bei protrahirter Digestion mit Magensaft wird Leimpepton weiter zersetzt; trocken stellt es eine amorfe Masse dar.\n1\tMetzler & Eckhard, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1861.1.\n2\tTatarinoff. Jahresber. d. Thierchemie VIL S. 270. 1S77.\n3\tUffelmann, Ebenda VII. S. 273. 1877.\n4\tSchwerer. Jahresber. \u00fcb. d. Fortschr. d. ges. Med. 1867.1","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Verdauung verschiedener N\u00e4hrstoffe. Vorg\u00e4nge im lebenden Magen. 107\nFrische, nicht gekochte Sehnen werden binnen S Tagen von verd\u00fcnnter FICI (0.3 %) mir ganz wenig angegriffen, aber schon nach 3 Tagen von pepsinhaltiger S\u00e4ure unter vorhergehendem Zerfall fast vollst\u00e4ndig zu einer Fl\u00fcssigkeit aufgel\u00f6st, die beim Einengen keine Gallerte gibt. Aehnlick verhalten sich die Knochen. Verd\u00fcnnte S\u00e4uren allein l\u00f6sen daraus die Kalksalze allm\u00e4hlich auf und lassen die organische Substanz, den Knochenknorpel, zur\u00fcck. Die pepsinhaltige S\u00e4ure aber oder der Magensaft greifen gleichzeitig und vorwiegend die organische Substanz an, so dass die schon von Blondot erw\u00e4hnten eigent\u00fcmlichen Rauhigkeiten und Prominenzen am Knochen entstehen und die Kalksalze sich zu einem weissen kreidigen Pulver desaggregiren, das den Knochen zum Tlieil bedeckt, zum Theil sich als erdiger Detritus absetzt. Es war das wesentlich die Grundlage f\u00fcr die Meinung von Blondot, dass der Magensaft nicht HCl, sondern saures Phosphat enthalte. Aber die Erscheinung erkl\u00e4rt sich dadurch, dass das saure Pepsin rascher den Knochenknorpel als die S\u00e4ure das Tripkosphat aufl\u00f6st. Ist der Magensaft von vorneherein stark sauer, so wird zuerst und vorwiegend das Kalkskelett gel\u00f6st. Schliesslich geht das gesammte Gewebe in L\u00f6sung, und in dieser L\u00f6sung verdauten Knochens befindet sich kein erstarrender Leim mehr.\nSogar elastisches Gewebe (Ligamentum nuchae) zerf\u00e4llt und l\u00f6st sich nach einigen Tagen in Magensaft \u2014 Etzinger. Die fr\u00fcher als chondrinliefernd angesehenen Gewebe sollen bei der Behandlung in der Brutw\u00e4rme mit 0.2\u00b0/oiger HCl ausser einer glutinartigen Substanz auch Traubenzucker geben \u2014 Friedleben, Meissner und Kirchner (cit. S. 94). Bez\u00fcglich Schleim gibt K\u00fchne1 2 an, dass sich der aus der Maxillardr\u00fcse dargestellte weder in HCl von 0.3 \u2014 0.4\u00b0/o, noch in Magensaft aufl\u00f6se, und Schiff - ist jedenfalls der gleichen Ansicht, denn er h\u00e4lt den Schleim f\u00fcr jenes Schutzmittel, das die lebende Magenhaut vor der Selbstverdauung bewahrt. Chitin wird nicht angegriffen und K\u00e4ferfi\u00fcgeldecken findet man daher unverdaut; wenn es richtig ist, dass Staare, die mit Mehlw\u00fcrmern gef\u00fcttert wurden, nicht alles Chitin der letzteren mit dem Kotlie wieder abschieden (Gerlach), so kann hier die feinere Vertheilung des Chitins von Einfluss sein, oder es wird im Darm gel\u00f6st.\nEpidermoidalgebilde, Amyloid und Nuclein werden von reinem Magensafte nicht ver\u00e4ndert und das gleiche gilt von der St\u00e4rke, dem arabischen Gummi, dem Fett und den Wachsarten. Rohrzucker wird nicht invertirt.\nVIII. Verdauung im lebenden Magen.\nMit dem bisher Vorgebrachten ist die wissenschaftliche Kennt-niss der Magenverdauung so gut wie ersch\u00f6pft ; man k\u00f6nnte freilich\n1\tK\u00fchne. Physiol. Chemie S. 50.\n2\tSchiff. Le\u00e7ons II.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108 Maly, Chemie der Yerclauimgss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\ndagegen einwenden, weder wir, noch irgend welche Thiere n\u00e4hren sich ausschliesslich von Eiweiss und ausgewaschenem Fibrin, sondern von viel complicirteren Gemischen, und daher m\u00fcsse der Inhalt des lebenden Magens zu jeder Zeit sich ganz anders pr\u00e4sentiren, als der Inhalt eines Becherkolbens mit der einfachen Verdauungsprobe, in der wir ausser unver\u00e4ndertem Eiweissk\u00f6rper, Acidalbumin und Pepton nichts mehr in gr\u00f6sserer Menge auflinden k\u00f6nnen. Namentlich von dem Standpunkt des Arztes aus, der z. B. in einem einfachen Migr\u00e4nevomitus sich ein Bild von dem Inhalt eines verdauenden Magens macht, und nun diesem vielfarbigen, bei dem einen Menschen so, bei dem andern anders aussehenden, bald d\u00fcnnen, bald dickfl\u00fcssigen Brei den sauberen physiologischen Verdauungsversuch gegen\u00fcber h\u00e4lt, muss ein solcher Einwand gewiss berechtigt erscheinen. Allein trotzdem ist hier festzuhalten, dass, indem andere auf specielle Nahrungsmittel bez\u00fcgliche Erfahrungen fehlen, der physiologische Versuch das maassgebendste bleiben muss \u00fcber die Kenntnisse .der wirklichen Magenverdauung, und mancherlei im Experiment er\u00f6rterte Einzelheiten werden mutatis mutandis und mit Bedacht auf den verdauenden Organismus \u00fcbertragen, auch hier ein Verst\u00e4ndnis einzuleiten verm\u00f6gen. Es ist wesentlich ein Begriff, ein Wort, in das sich das Bed\u00fcrfnis des Arztes und des seiner bed\u00fcrftigen Menschen in der Verdauungslehre kleidet, und das ist \u201eVerdaulichkeit\u201c. Was versteht man aber unter Verdaulichkeit? Wir wollen mit Lehmann 1 antworten : am einfachsten wird sich dieser Begriff fassen lassen, wenn man darunter die Leichtigkeit versteht, mit welcher die Verdauungss\u00e4fte den Stoff zur Resorption vorbereiten, oder die K\u00fcrze der Zeit, nach welcher der fragliche Stoff der Resorption anheimf\u00e4llt, also aus dem Magen resp. dem Darmtractus verschwindet. Wie hat man aber die Leichtigkeit und Schnelligkeit der Umwandlung fr\u00fcher zu ermitteln versucht? Der Kranke oder Reconvalescent war es selber, der nach seinem subjectiven Gef\u00fchl dar\u00fcber Aufschluss geben musste ; was darauf zu halten ist, kann nicht zweifelhaft sein, dem einen wird das leichter und behaglicher Vorkommen, dem anderen etwas anders, und am Gesunden ist eine solche Beobachtung v\u00f6llig gegenstandslos, da er von dem schnelleren oder langsameren Ablauf der Verdauung keine Empfindung hat. Daher wurden seiner Zeit die Versuche wohl beachtet, die Gosse an sich selbst angestellt hat; derselbe besass das Verm\u00f6gen, auf harmlose Art Brechbewegungen hervorzurufen, und konnte verschiedene Zeiten nach eingenom-\nt Lehmann, Physiol. Chemie ITT. S. 271.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Vorg\u00e4nge im lebenden Magen.\n109\nmener Mahlzeit die noch im Magen weilenden Speisen wieder ausbrechen. Das meiste Material \u00fcber Beobachtungen am Mageninhalt gaben dann die F\u00e4lle mit den Magenfisteln, an der Spitze jener so gr\u00fcndlich studirte von Beaumont (eit. S. 39), dessen wir schon fr\u00fcher n\u00e4her gedachten, und die \u00fcbrigen S. 40 erw\u00e4hnten. So verdienstlich Beaumont und die andern Beobachter die F\u00e4lle ben\u00fctzten, so sind doch dadurch Resultate \u00fcber den Magenchemismus nicht ann\u00e4hernd in dem Maasse gewonnen worden, als durch die Verdauungsproben der reinen Eiweissstoffe im Laboratorium. Denn meist handelte es sich nur darum, zu constatiren, wann nach Einnahme der Nahrung die zerkauten Bissen zu einem d\u00fcnneren Brei zergangen waren und man keine Brocken mehr erkennen konnte, oder wann der Magen bis auf etliche Reste oder ganz leer geworden war. Bei in Contribution gesetzten Duodenalfisteln wurde das Eintreten von Speiseresten in diese Fistel ebenso beobachtet; es hat sich also zumeist um die Dauer des Aufenthaltes gewisser Speisen im Magen gehandelt. Aber abgesehen davon, dass dieser Aufenthalt keines w e g s proportional ist, dem Zerfall der Speisen zu gleichf\u00f6rmigem Brei (Chymus), haben schon lange Lehmann (1. c.) und Andere beobachtet, dass das ^ erweilen der Speisen im Magen wenigstens an Fistelhunden ausserordentlich verschieden ist, selbst f\u00fcr eine und dieselbe Speise. Es h\u00e4ngt dabei sehr viel ab von der auf einmal aufgenommenen Menge, von dem Grade des Hungers etc. Ja Blondlot hat auf Beobachtungen an seinen Fistelhunden hin die Ansicht ausgesprochen, die r Verdaulichkeit\u201c eines Nahrungsmittels h\u00e4nge lediglich von der augenblicklichen Stimmung des Magens ab, und es sei reine Zeitverschwendung, sich mit der Ermittlung der Verdaulichkeit einzelner Nahrungsmittel abzum\u00fchen.1 Um beispielsweise doch ein paar Zahlen \u00fcber die Zeiten anzuf\u00fchren, w\u00e4hrend welcher Nahrungsmittel im Magen verweilen k\u00f6nnen, sei erw\u00e4hnt, dass K\u00fchne aus einer Duodenalfistel beim Menschen nach 10 Minuten schon ungeronnene Milch und kleine Fleischst\u00fcckchen hervortreten sah, w\u00e4hrend Beaumont den Magen seines Patienten je nach Qualit\u00e4t und Quantit\u00e4t der Nahrung nach i 12\u2014512 Stunden leer fand; die mittlere Zeit mag etwa 3\u20145 Stunden sein, darnach ist der Magen von einer Mahlzeit wieder geleert. Was soll man aber zu Angaben sagen wie die: gekochtes Rindfleisch verschwindet in 23 4 Stunden aus dem Magen, ger\u00f6stetes Rindfleisch in 3 Stunden, oder gar zu folgender: ger\u00f6stetes Schweinefleisch verlor sich erst nach 612 Stunden aus dem Magen, w\u00e4hrend gebrate-\n1 Lehma NX. Phvsiol. Chemie III. S. 271.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nnes denselben schon nach 3l/4 Stunden verliess. Sammelt man mehrlei Angaben der Art, so findet sich selten Uebereinstimmung, w\u00e4hrend sie wohl einander auf heben. Diese sogenannten Versuche \u00fcber Verdaulichkeit im lebenden Magen k\u00f6nnen eben nichts Exactes ergeben, denn die Verh\u00e4ltnisse des Magens sind zu mannigfaltig und zu einflussreich; weiss doch Jedermann an sich selbst, welch kleine Indispositionen physischer und psychischer Art sich hierbei Geltung verschaffen, und wie m\u00f6gen sich diese steigern bei den Fisteltr\u00e4gern oder den maltr\u00e4tirten Hunden. Was als Zeitdifferenz herauskommt, wird zu Ungunsten einer bestimmten Fleischqualit\u00e4t geschrieben, aber die Natur des Fleisches ist daran unschuldig oder jedenfalls weniger betheiligt als die \u00fcbrigen Einfl\u00fcsse, unter denen der Magen eben steht.\nDie Entleerung des Magens ergibt f\u00fcr die Verdauung der Fleischsorten und der der Pepsinverdauung unterliegenden Nahrungsmittel aber besonders desshalb nichts, weil sie keinen bestimmten Grad der Peptonisirung ja nicht einmal den mechanischen Zerfall bedeutet. Denn einerseits gehen gr\u00f6ssere oder kleinere Fleischbrocken in das Duodenum \u00fcber, anderseits setzt sich aber, wor\u00fcber sp\u00e4ter noch mehr zu handeln sein wird, die Eiweissverdauung resp. Peptonbildimg im Darm als Pancreas Verdauung weiter fort. Wird also einmal der Magen zeitlich entleert, so bleibt der eiweissverdauenden Wirkung der Darms\u00e4fte noch mehr zu tlmn \u00fcbrig, w\u00e4hrend bei l\u00e4ngerem Aufenthalte im Magen schon dort die Bildung resorptionsf\u00e4higer Substanzen reichlicher stattfinden wird. Der Speisebrei im Magen reagirt immer sauer und liefert filtrirt ein tr\u00fcbliches Filtrat, das besonders, wenn man es ans\u00e4uert, noch auf hineingelegte Fibrinflocken wirkt und meist eine m\u00e4chtige F\u00e4llung auf vorsichtigen Zusatz von Alkalien gibt, also damit seinen Gehalt an Acidalbumin anzeigt, w\u00e4hrend im Filtrat davon eine kleinere, selten gr\u00f6ssere Menge Pepton gefunden werden kann. Manchmal scheint aber im verdauenden Magen auch das Syntonin zu fehlen oder nur in kleiner Menge vorhanden zu sein; so hat Hammarsten1 im Erbrochenen, das in ausgekochtem Wasser aufgefangen wurde, unter 5 F\u00e4llen 1 mal keine Spur und 4 mal nur \u00e4usserst wenig eines durch Neutralisation f\u00e4llbaren K\u00f6rpers gefunden. Er yermuthet, es m\u00f6chte der Zutritt einer geringen Menge Galle das Syntonin vorher schon ausgef\u00e4llt haben. Sonach scheint es nach den bisherigen Erfahrungen nie so weit zu kommen, dass alles genossene Eiweiss sich im Magen in Pepton verwandelt, ja nicht einmal in die nothwendige\n1 Hammarsten, Jahresber. d. ges. Med. 1567.1. S. 154.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Vorg\u00e4nge im lebenden Magen.\n111\nDurch gangs stufe des Acitlalbumins, und das gilt nat\u00fcrlich f\u00fcr alles, was noch ungel\u00f6st und nur mechanisch beigemischt den Mageninhalt zum Brei macht, und in diesem Zustande in den Darm weiter r\u00fcckt. Der Organismus scheint gleichsam seinen Magen nicht auszun\u00fctzen, oder mit andern Worten, der Magen wird entleert zu einer Zeit, in der er noch das bei weitem nicht geleistet hat, was man von seinem Verdauungssfift bez\u00fcglich der Wirkung auf Eiweissk\u00f6rper erwarten k\u00f6nnte. Es muss das un\u00f6konomisch erscheinen, da die Peptonisirung im Magen gegen\u00fcber der im Becherglase das eine voraus hat, dass die aufgeh\u00e4uften Peptone und die andern die L\u00f6sung concentrirenden Substanzen, welche bei der k\u00fcnstlichen Verdauung eine Hemmung bilden, durch Resorption entfernt werden k\u00f6nnen.\nDas Maass der Verdaulichkeit einer Eleischsorte oder eines andern eiweissreichen Nahrungsmittels k\u00f6nnten wir nach dem Gesagten daher nur wieder durch Versuche ausser dem Organismus bestimmen, etwa so, wie Wawrinski unter IIammarsten\u2019s Leitung S. S3 die Verdaulichkeit von fl\u00fcssigem und geronnenem Eiweiss bestimmt hat. Solche systematische Versuche liegen nicht vor. Das Folgende betrifft einige Einzelheiten \u00fcber die ersten Ver\u00e4nderungen von thierischen Nahrungsmitteln im Magen.\nAn nach Fleischf\u00fctterung get\u00f6dteten Hunden hat G. Weber1, an seinem gastrotomirten Knaben hat UffeLmann (cit. S. 40) die Ver\u00e4nderungen beobachtet, die Fleisch im Magen erleidet. Es quillt zuerst auf, erweicht, wird blass oder gelblich, fahl, gallertig oder erh\u00e4lt das Ansehen eines zerzupften Gewebes. Die Muskelfasern sondern sich durch Einrisse in l\u00e4ngere oder k\u00fcrzere Bruchst\u00fccke. Einzelne Fasern trennen sich der L\u00e4nge nach, aber das Zerfallen in die Quere geht der Sonderung in die L\u00e4ngendimension gr\u00f6sstentheils voran. Uebrigens sollen die Gewebsele-mente mikroskopische Verschiedenheiten bei der Aufl\u00f6sung zeigen, auf die hier nicht weiter einzugehen ist. Bei der Pepsinprobe l\u00f6st sich Fleisch schliesslich nahezu vollst\u00e4ndig auf. S\u00e4ure allein greift das Fleisch wenig an; Schiff hat Magensaft in 2 Theile getheilt, den einen mit Fleisch digerirt, den andern aufgekocht, um das Pepsin zu zerst\u00f6ren und dann auch mit Fleisch digerirt. I war nach 4\u20145 Stunden v\u00f6llig gel\u00f6st und zum Theil in Pepton verwandelt, 2 zeigte nach dieser Zeit erst beginnende Quellung. Rohes Fleisch soll langsamer verdaut werden, als gekochtes, was wahrscheinlich, wie bei der Vergleichung von rohem und gekochtem Eiweiss darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, dass bei kleineren S\u00e4uregraden sich das geronnene Eiweiss des gekochten Fleisches leichter in Acidalbumin verwandelt. Aber auch die Auflockerung resp. Verwandlung zu Leim, welche das zwischen den Muskelfasern vertheilte Bindegewebe beim Kochen erleidet, mag dabei von Einfluss sein, namentlich dann, wenn bei der Zubereitung etwas Essig ins Spiel gekommen ist. Kleingeschnittenes oder geschabtes Fleisch l\u00f6st sich rascher auf, als das Fleisch in St\u00fccken, das Fleisch junger Thiere schneller, als das von alten. Fettes Fleisch\n1 G. Vf EBER, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. IS57.1.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112 Maly. Chemie der Yerdauimgss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nwird unbedingt schwerer angegriffen, da das geschmolzene Fett die Fasern umh\u00fcllt. Fischfleisch gilt als schwerverdaulich, die Ursache davon ist unbekannt.\nMilch gerinnt im Magen, wenn dessen Inhalt bereits sauer ist, in Folge der S\u00e4ure, andernfalls durch das Lab S. 49. Das ausgeschiedene Casein wird bald gel\u00f6st, w\u00e4hrend das Fett zu grossen Tropfen zusammen-fliesst. Die Schwerverdaulichkeit der Kuhmilch f\u00fcr saugende Kinder r\u00fchrt nicht daher, weil sie caseinreicher ist als Frauenmilch, sondern daher, weil das Casein der Frauenmilch von dem der Ku h m i 1 c h qualitativ verschieden ist \u2014 Biedert1. Menschenmilch wird n\u00e4mlich durch S\u00e4uren gar nicht oder unvollkommen gef\u00e4llt, auch durch Salze sehr wenig, worauf die grosse Schwierigkeit beruht, das Case'in der Frauenmilch quantitativ zu bestimmen ; w\u00e4hrend Kuhmilch durch S\u00e4ure rasch gef\u00e4llt wird. Magensaft gibt mit Frauenmilch eine feine schmiegsame Coagulation, die sich im Saft\u00fcberschusse wieder vollst\u00e4ndig l\u00f6st, w\u00e4hrend noch zweifach verd\u00fcnnte Kuhmilch mit Magensaft ein zusammenh\u00e4ngendes, derbes Coagulum bildet, das sich im Saft\u00fcberschusse nicht l\u00f6st.\nFettgewebe mit Magensaft bei Brutw\u00e4rme digerirt, gibt Fett ab, das erst grosse Tropfen, dann eine aufschwimmende Fettschichte gibt, indem sich die Membranen der Fettzellen auf l\u00f6sen. Ueber das Verhalten der als Nahrungsmittel dienenden Dr\u00fcsen u. dgl. zu Magensaft ist nichts Sicheres bekannt.\nBei der Er\u00f6rterung der Vorg\u00e4nge im lebenden Magen muss noch die \u00f6fter aufgeworfene Frage ventilirt werden, wie es komme, dass dem Ma gen safte, der doch Fleisch und andere Gewebe corrodirt und l\u00f6st, die Mag en w\u00e4nde selbst Widerstand zu leisten verm\u00f6gen. Zun\u00e4chst ist wahrscheinlich, dass dieser Widerstand zwar gross und jedenfalls sehr beachtenswerth, dass er aber keinesfalls absolut ist, denn das oft beobachtete Vorkommen von Pepton in normalem Magensafte zeigt, dass wenigstens einige Elemente, und zwar wahrscheinlich die oberfl\u00e4chlichsten Labzellen (K\u00fchne) nach und nach aufgel\u00f6st werden. Ist der Magen herausgenommen, so verdaut er sich vollst\u00e4ndig, sobald gen\u00fcgend S\u00e4ure zugef\u00fchrt wird, denn auf diese Art machen wir unsere rohen Verdauungsfl\u00fcssigkeiten, und auch im Tliiere selbst, wenn es w\u00e4hrend der Verdauung, also mit saurem Mageninhalt get\u00f6dtet worden ist, und dann bei Bruttemperatur liegen gelassen wird, zeigt sich der Eingriff auf die Magenwand sehr deutlich, sie wird mehr oder weniger stark, oft noch nebst anliegenden Organen verdaut. Bei Leichen, die nichts im Magen haben, also auch keinen sauren Inhalt, und die in niedriger Temperatur aufbewahrt werden, kann eine Verdauung nicht stattfinden. F\u00fcr die nicht oder nur minimal stattfindende Verdauung im Magen des lebenden Organismus hat man den Schutz durch Schleim (Schiff) in An-\n1 Btepert. Jahresber. fl. Thierchemie IA . S. 163. 1ST4.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Selbstverdauung des Magens. Verhalten der St\u00e4rke im Magen.\n113\nsprach genommen and richtiger den, des Magen aaskleidenden Epithels. Jedenfalls sind die dem Cavnm des Magens zugekehrten morphoti-schen Elemente der Magenschleimhaut bis zu einem gewissen Grade sch\u00fctzend ; fehlen sie, so kann wie im perforirenden Magengeschw\u00fcr die Magenwand bis in die Tiefe oder ganz durchge\u00e4tzt werden. Aber das Fehlen der Epithelialschicht muss noch nicht nothwendig ein Tiefergreifen der Verdauung veranlassen, wie die Erfahrungen der Aerzte mit der Schlundsonde lehren, und wie Sciitff1 und Pavy2 direct best\u00e4tigt haben, indem sie an einem Magenfistelhund die Epithelialschichte der Schleimhaut abkratzten. Die Hauptursache, welche die lebende Magenwand vor Zerfall und Aufl\u00f6sung sch\u00fctzt, wird vielmehr seit Pavy auf die Durchsp\u00fclung der ganzen Schleimhaut mit Blut zur\u00fcckgef\u00fchrt. Was von abdiffundirter S\u00e4ure aus der Magenh\u00f6hle zur\u00fcck in die Mucosa kommt, passirt den feinvertheilten Blutstrom, und wird neutralisirt. Unterbindet man beim Fistelhund ein hervorgezogenes St\u00fcck der Hinterwand, so wird es durch den Magensaft wie ein Nahrungsmittel verdaut, denn hier fehlt die durchsp\u00fclende Blutmasse. Aus gleichem Grunde wird auch der Schenkel eines lebenden Frosches verdaut, wenn er, am Bauche des Hundes fixirt, in dessen Magenfistel eingef\u00fchrt wird (Bernard), denn die kleine Blutmasse des Frosches kann die S\u00e4ure im Hundemagen nicht tilgen.\nDie Kohlenhydrate hei der Magenverdauung.\nW\u00e4hrend alles bisherige der Umwandlung der Eiweissk\u00f6rper gewidmet war, sind noch, da die Fette im Magen nicht angegriffen werden, die Schicksale der Kohlenhydrate im Verlaufe der Magenverdauung zu betrachten und vor allem jene des St\u00e4rkemehls. Dabei ist auf die Metamorphosen zur\u00fcckzukommen, welche das dia-statische Ferment des Speichels auf die St\u00e4rke aus\u00fcbt, denn dieser Theil der Verdauung ist eigentlich nur die Fortsetzung der Speichelwirkung selbst. Das Speichelferment wird im Magen nicht ver\u00e4ndert oder verdaut, denn Coiinfieim hat seine Wirksamkeit selbst nach tagelanger Digestion mit Magensaft wiederkehren gesehen, sobald die S\u00e4ure abgestumpft war; es kann sich sogar, sofern dem nicht ein zu hoher S\u00e4uregrad entgegensteht, im Magen mit mehr Musse \u00e4ussern, als w\u00e4hrend der kurzen Zeit des Kauens und Sehlingens. Daher sind im Magen alle jene Umwandlungsproducte zu erwarten, welche\n1\tSchiff. Digestion II. p. 303.\n2\tPavy. Canstatt\u2019s Jahresber. cl. Med. 1SG3. I.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\ns","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\ndas diastatische Ferment aus St\u00e4rke erzeugt. Fr\u00fcher als man sich diese Umwandlung noch viel einfacher dachte, war der ziemlich einzige Gesichtspunkt den man hatte, der, nachzusehen, oh sich Zucker und wie viel etwa nachweisen lasse, wenn eine zuckerfreie st\u00e4rkehaltige Nahrung dein Thiere gegeben worden war. Fast immer ergab sich, dass im Magen, zumal dem des Hundes, dessen Speichel von sehr geringer cliastatischer Wirkung ist, nur sehr wenig Zucker auf-tritt, dass die Kohlenhydratverdauung im Magen \u00fcberhaupt nicht weit vorschreitet, dass sie vielmehr zum gr\u00f6sseren Theil dem D\u00fcnndarm und Pancreassaft \u00fcberlassen bleibt. Dasselbe best\u00e4tigte auch in neuerer Zeit Br\u00fccke 1, dessen Arbeit fast die einzige ist, welche den Gang der St\u00e4rkever\u00e4nderung im Magen n\u00e4her verfolgt. Br\u00fccke f\u00fctterte Hunde mit einem Brei von St\u00e4rkekleister, der mit ein wenig Fett und Salz nehmbarer gemacht war, und t\u00f6dtete die Thiere in Zeiten von 1-5 Stunden nach der Nahrungseinnahme; nie fanden sich durch die gew\u00f6hnlichen Zuckerproben gr\u00f6ssere Zuckermengen im Mageninhalte, in der Regel nur Spuren, ausgenommen nat\u00fcrlich den Fall, dass Zucker schon in der Nahrung enthalten war, ein Verhalten, das durchaus auffallend erscheinen muss. Doch erkl\u00e4rt sich der That-bestand genugsam, wenn man bedenkt, dass 1. der Hundespeichel wenig diastatisch wirkt, 2. die Hunde den Kleister in grossen Bissen rasch hinabschlingen, 3. die S\u00e4ure des stark sauren Hundemagensaftes eine Hemmung f\u00fcr die Leistung des diastatischen Fermentes bedeutet (bez\u00fcglich welchen Punktes schon S. 33 ausf\u00fchrlich gehandelt worden ist), und endlich 4. dass der gebildete Zucker direct resorptionsf\u00e4hig ist. Bei Kaninchen, bei denen der Bestand im Magen ein \u00e4hnlicher ist, verweilt allerdings die St\u00e4rke l\u00e4nger im Munde, aber bei ihnen handelt es sich um rohe St\u00e4rke, die sich viel langsamer ver\u00e4ndert (vorher S. 36).\nIn viel gr\u00f6sserer Menge als Zucker fand Br\u00fccke l\u00f6sliche St\u00e4rke und E ry t h r o d e x tri n. Bez\u00fcglich der Bildung der ersteren ist die saure Beschaffenheit des Magensaftes von wesentlicher Bedeutung, denn wird St\u00e4rkekleister mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure allein (0.5 bis 4 Grm. im Liter) bei 38\u00b0 digerirt, so sondert er eine obere klare Schichte ab, die sich mit Jod stark blau f\u00e4rbt, also reichlich l\u00f6sliche St\u00e4rke enth\u00e4lt. Hingegen entsteht das Erythrodextrin nicht durch S\u00e4ureeinwirkung, sondern dann, wenn auf den Kleister zuerst eine Weile Speichel und hinterher S\u00e4ure einwirkt. Br\u00fccke zeigte ferner, dass das Erythrodextrin auch im Verlaufe der Milchs\u00e4ure-\n1 Br\u00fccke, Sitzungsber. d. Wiener Acad. 3. Abth. LXV. April 1872.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Verhalten der St\u00e4rke im Magen. Milchs\u00e4ure im Magen.\n115\ng\u00e4hrung auftreten k\u00f6nne, und da das Milchs\u00e4ureferment, wie es z. B. in einem sauer gewordenen Kleister enthalten ist, noch bei Gegenwart von S\u00e4uregraden wirkt, bei denen der Speichel versagt, so scheint darin eine weitere und vorwiegende Quelle f\u00fcr die Bildung des Jod rotli f\u00e4rbenden Dextrins zu sein. Mit der Bildung beider Substanzen ist wenigstens beim Hund die Magenst\u00e4rkeverdauung ersch\u00f6pft; sie geht bis dahin, dass das Filtrat des mit Wasser verd\u00fcnnten Mageninhaltes sich mit Jodl\u00f6sung nicht mehr blau, sondern purpurroth f\u00e4rbt. Dann schon, wenn noch lange nicht alle St\u00e4rke in Zucker oder gar in Milchs\u00e4ure umgewandelt ist, geht der Mageninhalt in den D\u00fcnndarm \u00fcber. F\u00fcr den Menschen sind Erfahrungen so reiner Art nicht vorhanden, und auf ihn daher das beim Hunde Beobachtete nicht ohne weiteres \u00fcbertragbar, da der menschliche Speichel viel kr\u00e4ftiger diastatisch wirkt.\nDie letzte Ver\u00e4nderung, welche die St\u00e4rke im Magen erleiden kann, welche sie aber jedenfalls auch nur partiell durchmacht, ist die zu Milchs\u00e4ure. Die Versuche, welche in Mageninhalt von Hunden und Wiederk\u00e4uern, im Erbrochenen von Menschen, ja im Magensafte selbst (Lehmann), wenn Kohlenhydrate genossen worden sind, Milchs\u00e4ure nachgewiesen haben, sind schon des \u00f6fteren erw\u00e4hnt, so dass hier nicht weiter darauf einzugehen ist. Nach dem Ans\u00e4uern mit Schwefels\u00e4ure sch\u00fcttelt der Aether sie aus. Heintz hat schon 1849 an dem Mageninhalt einer an Dyspepsie leidenden Frau durch die Analyse des Zinksalzes gezeigt, dass die ausgesch\u00fcttelte S\u00e4ure die gew\u00f6hnliche oder G\u00e4hrungsmilchs\u00e4ure ist. Wie hoch der pro-centische Gehalt eines st\u00e4rke- resp. zuckerhaltigen Chymus an Milchs\u00e4ure normal zu steigen pflegt, ist nicht bekannt, auch nicht bei welchem percentualen Gehalte Sodbrennen sich einstellt.\nEin Milchs\u00e4ureferment ist in der Milch enthalten, oder entsteht leicht darin, denn an einem lauen Orte stehen bleibende Milch s\u00e4uert regelm\u00e4ssig; setzt man ihr dann L\u00f6sungen anderer Kohlenhydrate (Zuckerarten oder Dextrin) zu, so werden sie mit in den Process hineingerissen, und wenn man die entstandene Milchs\u00e4ure mit Kreide oder Zink s\u00e4ttigt, so geht die Lactatbildung beliebig weiter. In dieser Masse findet man als Tr\u00e4ger des Fermentes die d\u00fcnnst\u00e4bchenf\u00f6rmigen Milchs\u00e4urebacterien, die zuerst Pasteur beschrieben und abgebildet hat. Aber die Milch ist lange nicht das einzige Material, aus dem man das lebende Milehs\u00e4ureferment z\u00fcchten kann; St\u00fccke von Magen- oder Darmschleimhaut und andere Gewebe wirken auf Zuckerl\u00f6sungen ebenso energisch ein (S. 65). L\u00e4sst man d\u00fcnnen Kleister oder Weizenmehlbrei stehen, so macht er den gleichen","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 2. Cap. Magensaft etc.\nProcess durch und wird langsam sauer, ohne dass man ihm ein Ferment zuzusetzen braucht. Man hat daher vermuthet, dass hier ein ungemein verbreitetes Ferment im Spiele sei, und dass es gen\u00fcgt, wenn man die zuckerhaltigen Massen nur eben nicht vor demselben k\u00fcnstlich sch\u00fctzt. Dass ein solches verbreitetes Ferment immer auch in gr\u00f6sserer und geringerer Menge im menschlichen Magen, der ja nie so vollkommen gereinigt wird, enthalten ist, nimmt Br\u00fccke an, und er vermuthet auch, dass dieses Ferment es sei, welches, bevor es Milchs\u00e4ure bilde, als Uebergangsstadium das Erythrodextrin erzeuge, das sich in den sp\u00e4teren Stadien im Magen des st\u00e4rkeverdauenden Hundes findet.\nDabei handelt es sich aber wahrscheinlich nicht um das organische Ferment, die Pasteur sehen St\u00e4bchen, sondern um ein zweites, ein ungeformtes Milchs\u00e4ureferment (s. S. 55). Ein solches hat Hammarsten1 unter den H\u00e4nden gehabt. Er sagt, Pepsin und Labferment sind ganz ohne Wirkung auf Milchzucker, der Labschleim des Magens oder das neutralisirte Infusum wirken dagegen entschieden darauf ein. Da die beiden Fermente Pepsin und Lab durch verd\u00fcnnte Natronlauge zerst\u00f6rt werden, der mit verd\u00fcnnter Lauge behandelte Magenschleim aber noch mit ziemlicher Energie Milchzucker in Milchs\u00e4ure \u00fcberf\u00fchrt, so gibt es daher in der Magenschleimhaut ein l\u00f6sliches Milchs\u00e4ure bildendes F e r m e n t. Die Behandlung mit verd\u00fcnnter Lauge schliesst dabei die Bact\u00e9rien aus. Ob dieses Ferment dasjenige ist, welchem in der normalen Amylumverdauung eine gewisse Rolle zukommt, ist mit Sicherheit nicht ermittelt. Nach beil\u00e4ufigen Erfahrungen m\u00f6chte es nicht unwahrscheinlich sein, dass der gesunde Organismus f\u00fcr gew\u00f6hnlich mit dem Labschleim sein Auslaugen findet, und dass nur bei sog. dyspeptischen Zust\u00e4nden eine reiche Cultur von Milchs\u00e4urebacterien intervenirt. Sichere Kenntnisse sind aber \u00fcber die meisten dieser Verh\u00e4ltnisse erst zu schaffen.\nRohrzucker wird weder von k\u00fcnstlichem Magensaft, noch im Magen selbst2 invertirt, d. h. nicht in reducirenden Zucker umgewandelt, K\u00fchne hat zwar, wenn er Hunden durch die Fistel Rohrzuckerl\u00f6sungen einf\u00fchrte, nach einigen Stunden deutlich Traubenzucker nachweisen k\u00f6nnen, aber das bezieht sich jedenfalls nur auf einen kleinen Antheil, denn Drosdoff konnte noch unver\u00e4ndert resorbirten Rohrzucker im Blute finden. Gummi3 wird nicht ver\u00e4ndert. Inulin verh\u00e4lt sich wie St\u00e4rke. Cellulose wird vom Magensaft nicht aufgel\u00f6st, da aber junge Cellulose selbst beim Menschen in den F\u00e4ces nicht v\u00f6llig wieder erscheint (Weiske und Andere), so muss sie auf irgend eine Weise, aber unbekannt wo\n1\tHammarsten, Jahresber. d. Thierchemie IL S. 124. 1872.\n2\tK\u00f6bner, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1859.1. S. 31.\n3\tLehmann, Phvsiol. Chemie III. S. 239.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Pathologisches.\n117\nund durch welches Ferment verfl\u00fcssigt werden. Aeltere Cellulose, wie die von Weizenstroh oder Heu erscheint, wenn sie vorher mit 1 */2\u00b0/o Schwefels\u00e4ure und darauf mit 11 2/2 % Kalilauge behandelt worden war, beim Menschen und Hunde vollst\u00e4ndig im Kothe wieder \u2014 Voit und Hoffmann '.\nPathologisches und abnorme Bestandtheile.\nDie Agentien des Magensaftes m\u00fcssen bei guter Verdauung in einem gewissen relativen Verh\u00e4ltnisse zu einander stehen. Wir k\u00f6nnen daher in einem Plus oder Minus des einen oder anderen Bestandteils die Ursache mancher pathologischen Zust\u00e4nde erblicken. Ein Ueberscliuss von S\u00e4ure tritt h\u00e4ufig im Verlaufe leichterer Magenst\u00f6rungen nach dem reichlichen Genuss von Bier, Wein, mit Hefe bereiteter Mehlspeisen, Obst, sehr s\u00fcssen und stark fetten Speisen ein, und die S\u00e4uren, die dabei auf-treten, k\u00f6nnen Milchs\u00e4ure, Essigs\u00e4ure, vielleicht auch Fetts\u00e4uren, besonders Butters\u00e4ure, sein. Ein abnorm hoher Gehalt von Labs\u00e4ure allein, ohne die Gegenwart der anderen G\u00e4hrungss\u00e4uren, ist meines Wissens nie constatirt worden. H\u00e4ufiger scheint es, namentlich im Verlaufe fiebriger Krankheiten vorzukommen, dass zu wenig oder keine S\u00e4ure mehr abgesondert wird. Experimentell hat das Manassein 2 an Hunden gezeigt, nachdem schon mancherlei andere Erfahrungen dar\u00fcber Vorgelegen haben. Manassein hat an seinen Thieren durch Jaucheeinspritzungen Fieber erzeugt und andere durch mehrfache Aderl\u00e4sse an\u00e4misch gemacht. Einbringen von Schw\u00e4mmen durch eine Oesophaguswunde lieferte von beiden Arten von Thieren Magensaft ; derselbe verdaute schlecht, schlechter als normales Secret, w\u00e4hrend seine verdauende Kraft mehr als bei normalem Secrete gef\u00f6rdert wurde, sobald man etwas HCl hinzuf\u00fcgte. Es fehlte daher bei den fiebernden und geschw\u00e4chten Thieren nicht an Pepsin, wohl aber an S\u00e4ure; ihre Magenschleimh\u00e4ute, mit salzs\u00e4urehaltigem Wasser behandelt, lieferten gut verdauende L\u00f6siTngen.\nBei der Beurtheilung eines S\u00e4uremangels im Mageninhalt verdauender Menschen ist, wie K\u00fclz (cit. S. 40) gezeigt hat, sehr vorsichtig zu Werke zu gehen. K\u00fclz hob mit der Sonde aus dem Magen einer diabetischen Frau, die vorher Kalbsbraten gegessen hatte, Mageninhalt, filtrirte ihn und fand, dass er zwar sauer reagirte, aber f\u00fcr sich Eiweissw\u00fcrfel gar nicht oder nur minimal verdaute; erst nach Zusatz von 2 Tropfen HCl verdaute derselbe und doch zeichnete sich diese Patientin durch eine vorz\u00fcgliche Verdauungskraft aus. Ganz dasselbe ergab sich auch an zwei gesunden jungen Medicinern. Dabei ist freilich die Verd\u00fcnnung durch das in den Magen eingef\u00fchrte Wasser in Betracht zu ziehen, aber auch unverd\u00fcnnt gewonnener Mageninhalt verdaute besser, nachdem etwas HCl hinzugef\u00fcgt worden war. Ein Fehlen von Pepsin derart, dass auch verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure aus der Magenmucosa keine verdauende Fl\u00fcssigkeit auszieht, ist nie beobachtet worden.\nVon abnormen Bestandtheilen kommen im Magen vor Harnstoff und kohlensaures Ammonium, beide bei ur\u00e4mischen Zust\u00e4nden.\n1\tVoit & Hoffmann, Jabresber. f. d. ges. Med. 1869.1. S. 101.\n2\tManassein. Jabresber. d. Tbiercbemie I. S. 322. 1ST 1, II. S. 214. 1872.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nMaly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nDRITTES CAPITEL.\nChemie der Galle.\n\u201eWenn man bedenkt, dass ein so bedeutendes Organ wie die Leber zur Gallenbereitung dient, und wenn man siebt, wie die Natur f\u00fcr die Ansammlung dieses Secretes so gut gesorgt hat, so muss man es von einem auch noch so gem\u00e4ssigten teleologischen Standpunkte aus, mindestens sehr unwahrscheinlich linden, dass dieser ganze Ap-parat zu weiter nichts dienen solle, als dazu ein Secret zu schaffen.u (Gorup-Besanez.) Da die Galle sich in den Verdaucanal ergiesst, unweit von Stellen, an welchen S\u00e4fte hineingelangen, wie Magensaft und Pancreassaft, deren verdauende Wirkung notorisch ist, so lag es nahe, auch sie als einen Verdauungssaft zu betrachten. Dass sie ausschliesslich ein solcher ist, hat sich jedoch, trotz vieler Bem\u00fchungen, nicht v\u00f6llig plausibel machen lassen, denn es ist schwer, die allenfalls \u00fcber die Emulgirung und Resorption von Fett beobachteten Wirkungen als im Verh\u00e4ltnis stehend zu betrachten zu der Reichlichkeit des Secretes, seiner ganz specifischen Zusammensetzung oder gar dem massigen und complicirten Dr\u00fcsenapparate, dem die Lieferung desselben obliegt. So weit sich die Leistung der Galle bis jetzt \u00fcbersehen l\u00e4sst, scheint ihre Bedeutung zum Theil auch darin zu liegen, dass sie eine Reihe sch\u00e4dlicher secund\u00e4rer Processe in Etwas zu corrigiren vermag, die innerhalb des Darms an dem Materiale der Eiweiss- oder Leimk\u00f6rper sich abspielen.\nNormale menschliche Galle ist f\u00fcr gew\u00f6hnlich nicht zu erhalten, das Material, das diesbez\u00fcglich zu Gebote stand, bezog sich auf die Gallen Hingerichteter und Fisteltr\u00e4ger. Von Thieren ist Galle zu erhalten, wenn sie ein eigenes Reservoir daf\u00fcr, eine Gallenblase besitzen, was f\u00fcr viele Schlachtthiere zutrifft, so f\u00fcr das Rind, Schwein, Schaf. Auch Katze, Hund, Kaninchen und viele Fische haben Gallenblasen. Andere Thiere haben aber keine Gallenblase, wie die Einhufer, von Zweihufern die Hirsche und Kameele, von Vielhufern die meisten Dickh\u00e4uter, wie z. B. der Elefant, viele Nager, wie Hamster, Biber, Maus, von V\u00f6geln Taube, Papagei, Kukuek, Strauss etc. In allen diesen F\u00e4llen l\u00e4sst sich Galle nicht in gen\u00fcgender Menge gewinnen und ihre Zusammensetzung daher nicht feststellen.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Eigenschaften und Verhalten der Galle.\n119\nI. Eigenschaften und chemisches Verhalten der Galle.\nDie menschliche Galle, wie sie 0. Jacobsen1 von einem kr\u00e4ftigen Manne erhielt, dem sie in Zwischenr\u00e4umen von wenigen Tagen aus einer mehrere Wochen lang ge\u00f6ffneten Gallenfistel entnommen wurde, war klar, gr\u00fcnlich braungelb, neutral von 1.01 spec. Gew. Nach Frericiis2 ist die gesunde Menschengalle constant braun, in d\u00fcnnen Schichten br\u00e4unlich gelb, d\u00fcnnfl\u00fcssig, nur die letzten Tropfen sind durch st\u00e4rkere Beimengung von Schleim z\u00e4he und fadenziehend ; spec. Gew. 1.03\u20141.04. Hiervon macht jedoch die Galle Neugeborner eine Ausnahme, welche durchaus viscid ist. Gorup-Besanez fand die Galle eines hingerichteten Mannes dunkelgr\u00fcn braun dickfl\u00fcssig, neutral, die eines Weibes ebenfalls dickfl\u00fcssig, gr\u00fcnlich braun und kaum alkalisch. Daraus geht hervor, dass schon innerhalb ann\u00e4hernd physiologischen Verh\u00e4ltnissen die Eigenschaften stark variiren k\u00f6nnen. Die Galle, wie sie aus menschlichen Leichen erhalten wird, zeigt alle N\u00fcancen von gelb, braun, gr\u00fcnbraun bis zum schwarzen und alle Consistenzgrade von der einer seifenwasserartig sch\u00e4umenden Fl\u00fcssigkeit bis zur theerartigen Masse, und meist ekelkait kotkartigen Geruch. Auch farblose Galle kommt mitunter vor (Ritter).\nGanz \u00e4hnliche Eigenschaften, aber mit weniger Schwankungen, zeigt die Galle der verschiedenen Thiere; selbst bis zu den niedersten Wirbelthieren herab bleibt der Galle ein gewisser allgemeiner Typus erhalten, zu dessen A ervollst\u00e4ndigung hier noch einige Angaben folgen, w\u00e4hrend das, was \u00fcber die Galle der einzelnen Thierspecies ermittelt ist, sp\u00e4ter mit den analytischen Details zusammengestellt werden wird. Der Geruch ist, wenn Leichenerscheinungen ausgeschlossen sind, nicht widerlich, h\u00f6chstens fade beim Menschen, charakteristisch bitterlich, fast aromatisch bei der Ocksen-o-alle die deich anderen Gallen (und Gallensteinen) oft deutlich nach Moschus riecht. Der Geschmack ist immer stark und nachhaltend bitter, mitunter s\u00fcsslick bitter, die Reaction nie sauer, zumeist neutral oder auch alkalisch 3, und darauf beruht ihre Verwendung analog dem Seifenwasser zum Waschen und Putzen. Thieriscke Galle, ob sie direct aus der Leber kommt oder aus der Blase genommen wird, ist unter normalen Verh\u00e4ltnissen in der Regel voll-\n1\t0. Jacobses, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 193. 1ST3.\n2\tFrerichs. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1845. S. 347.\n3\tNach Bidder & Schmidt ist nur der z\u00e4he Gallenblaseninhalt Ursache der alkalischen Reaction und nach Pr\u00e4cipitation des Schleims stellt sich die neutrale Reaction wieder her.","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nMaly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nkommen klar und wenigstens in d\u00fcnnen Schichten durchsichtig. Nur wenn, wie dies z. B. bei Hunden mit Gallenblasenfisteln der Fall ist, katailhalische Zust\u00e4nde dei Blase statthaben, erscheinen abgestossene Epithelzellen dei Gallenblase und Galleng\u00e4nge und Schleimpfr\u00f6pfe. Auch Flittei odei Sedimente von Cholesterin geh\u00f6ren normaler Menschen- wie Thiergalle nicht an. Die Farbe der Thiergallen zeigt ebenfalls die 2 Hauptt\u00f6ne, goldgelb bis gelbbraun (z. B. Schwein, Hund, Katze, Kr\u00e4he), gras- bis olivengr\u00fcn (Kaninchen, Gans, Schaf) oder die Mittelfarbe braungr\u00fcn (Rind).\nBidder & Schmidt 1 meinen, die Abstufungen des Gelb scheinen den vorzugsweise von animalischer Kost lebenden S\u00e4ugern und V\u00f6geln, die Modificationen des Gr\u00fcn den Herbivoren zuzukommen. Indess geben sie selbst zu, dass in der Nahrung keinesfalls der alleinige Grund der Farbe liege, denn eine frisch aufgefangene Galle vom reinsten Gelb wird bei ungehindertem Zutritt von atmosph\u00e4rischer Luft oft in kurzer Zeit gr\u00fcnlich oder gr\u00fcn, und bei einige Zeit n\u00fcchternen Thieren fanden Bidder & Schmidt, wenn die stark gef\u00fcllte Blase aut l\u00e4ngeres Verweilen ihres Inhaltes in derselben hinwies, die Galle immer dunkelgr\u00fcn, aber 2\u00c72 bis 3 Stunden nach der Mahlzeit, wenn der fr\u00fchere Gallenblasenvorrath durch neues Lebersecret ersetzt war, war wenigstens bei Hunden und Katzen die Blase mit hellgelber Galle erf\u00fcllt.\nDie Galle l\u00e4sst sich ohne Tr\u00fcbung mit Wasser verd\u00fcnnen und ertheilt dem Wasser noch in kleinen Mengen die Eigenschaft zu sch\u00e4umen. Beim Kochen bleibt sie ebenfalls klar, wird sie aber in einer offenen Schale eingedampft, so bildet sich wie auf der Milch eine Haut, die sich immer wieder erneut. Bei weiterem Einengen,\n__\to /\nschliesslich am Wasserbade bleibt eine in der K\u00e4lte spr\u00f6de amorfe. in der W\u00e4rme z\u00e4he klebrige Masse von dunkler Farbe, welche, wenn Ochsengalle dazu gedient hat, das veraltete pharmazeutische Pr\u00e4parat: Fel tauri inspissatum darstellt. Behandelt man ein solches Gal-lenextract mit Alkohol, so l\u00f6st sich Alles bis auf zur\u00fcckbleibenden Schleim, der nun durch Filtration getrennt werden kann. Im alkoholischen Filtrat sind die eigentlichen Gallenbestandtheile enthalten ; wird dasselbe mit gut wirkender Thierkohle gesch\u00fcttelt und digerirt, so gehen die Farbstoffe mehr oder weniger vollst\u00e4ndig an die Kohle, und die alkoholische Gallenl\u00f6sung l\u00e4uft entweder farblos oder br\u00e4unlich (nicht mehr gr\u00fcn oder gelb) ab. Durch Zusatz von gen\u00fcgend Aether f\u00e4llt darauf aus der alkoholischen L\u00f6sung eine feine Suspension oder ein pechartiger Niederschlag, der nach einigem Stehen in kugel- oder sternf\u00f6rmig gruppirte Nadeln oder B\u00fcscheln sich umwandelt. Das\n1 Bidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 213.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Eigenschaften und Verhalten der Galle.\n121\nist die sog-, krystallisirte Galle, sie bestellt aus den betreffenden in der Galle enthaltenen gallensauren Salzen. Dampft man aber, ohne mit Aether zu versetzen, die entf\u00e4rbte alkoholische Gallenl\u00f6sung zur Trockne, so bleibt ein weisser oder gelblicher, amorfer, z\u00e4her R\u00fcckstand, der in Wasser vollkommen l\u00f6slich ist, an Aether nur etwas Fett und Cholesterin abgibt, und wenn er bei 110\u2014120\u00b0 C. getrocknet worden ist, beim Uebergiessen mit Aether nach einiger Zeit sich ebenfalls in seidengl\u00e4nzende Krystallnadeln verwandelt (Gorup-Besanez).\nWird die frische Galle mit Essigs\u00e4ure versetzt, so f\u00e4llt der enthaltene Schleim in durch Farbestoff tingirten Flocken nieder, die auch phosphorsaures Eisenoxyd enthalten. Die von Schleim mittelst Alkohol befreite, abgedampfte und wieder in Wasser gel\u00f6ste Galle wird in der Regel von Essigs\u00e4ure so wie \u00fcberhaupt von verd\u00fcnnten S\u00e4uren nicht gef\u00e4llt; mitunter wird sie aber dadurch gef\u00e4llt, und dies beobachtet man, wenn die Galle bei geringem Gehalte an Tauro-ehols\u00e4ure sehr viel Glycochols\u00e4ure enth\u00e4lt. Solche Galle kommt z. B. regelm\u00e4ssig beim Schwein, und bisweilen beim Rind, Hasen, Kanin-eben, K\u00e4nguruh und Eichh\u00f6rnchen vor (Hammarsten). Versetzt man frische oder entschleimte w\u00e4ssrige Rindsgalle mit einer st\u00e4rkeren Mineral- (Salz- oder Schwefel-) s\u00e4ure, so scheidet sich eine harzige, meist aus Glycochols\u00e4ure bestehende Masse aus; schichtet man in einem engen Cylinder vor dem S\u00e4urezusatz etwas Aether auf die Galle, so wird die anfangs milchige Tr\u00fcbung mitunter zu einer kry-stallinischen oft die Fl\u00fcssigkeit erstarrend machenden Ausscheidung von Gallens\u00e4uren.\nVersetzt man Galle mit Bleizuckerl\u00f6sung, so entsteht ein durch Pigmente gef\u00e4rbter, anfangs schleimhaltiger, grobflockiger Niederschlag in reichlicher Menge; im Filtrat gibt basisches Bleiacetat einen \u00e4hnlichen sich bald pflasterartig zusammenballenden Niederschlag, der durch Ammonzusatz noch vermehrt wird. In der von diesem Niederschlag abgegossenen Fl\u00fcssigkeit befindet sich nur mehr eine geringe Menge organischer Substanzen. Andere Metallsalze f\u00e4llen die Galle ebenfalls. Wird Galle mit st\u00e4rkeren Mineralsalzen gekocht, so werden deren Gallens\u00e4uren in sp\u00e4ter zu beschreibender Weise zersetzt, und es scheiden sich harzige Massen aus. Sch\u00fcttelt man Galle mit Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzol etc., so gehen gelbe und braune Farbstoffe in diese Fl\u00fcssigkeit \u00fcber.\nLeitet man durch Galle einen Strom ozonhaltigen Sauerstoffs, so entf\u00e4rbt sie sich, aber die Gallens\u00e4uren werden nicht angegriffen; setzt man noch Alkali hinzu, so wird das Ozon begierig aufgenom-","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nMaly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nmen und als Verbrennungsproducte werden Kohlens\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure erhalten, die specifischen Gallens\u00e4uren also vollst\u00e4ndig zersetzt. Was aus dem Stickstoff der Galle dabei wird, konnte nicht ermittelt werden (Gorup-Besanez 1).\nGallenf\u00e4ulniss. Bleibt Galle bei mittlerer Temperatur sich selbst \u00fcberlassen, so erleidet sie eine Reihe von Zersetzungen, die besonders von Berzelius, Gorup-Besanez2 3 4, Strecker 3 und Thudichum 4 an der Ochsengalle studirt worden sind. Nach 2\u20143 Tagen bilden sich H\u00e4ute, die Galle wird missfarbig, Pigmentk\u00f6rnchen, pilz\u00e4hnliche Granulationen, Kochsalzkrystalle und Vibrionen erscheinen. Dabei wird die urspr\u00fcnglich neutrale Fl\u00fcssigkeit alkalisch, faulig stinkend, und indem die Vibrionen wieder absterben, scheiden sich Erdphosphate, phosphorsaure Ammonmagnesia, fettsaurer Kalk aus, w\u00e4hrend die Fl\u00fcssigkeit kohlensaures und schwefligsaures Ammon enth\u00e4lt. In diesem Stadium ist die Galle durch S\u00e4uren f\u00e4llbar ; sie enth\u00e4lt cholsaures Natron neben zum Theil noch nicht weiter zersetztem Glycocoll und Taurin. In einem weiteren F\u00e4ulniss-stadium tritt saure Reaction ein, Chols\u00e4ure oder Choloidins\u00e4ure durch mitgerissene Pigmente gef\u00e4rbt, fallen nieder, ebenso fette S\u00e4uren und krystallinische Erdphosphate. Die saure Reaction nimmt dann weiter zu, wie es scheint auf Kosten der Zersetzung vom Taurin, denn das Taurin verschwindet bei l\u00e4ngerer F\u00e4ulnissdauer und man erh\u00e4lt auf Alkoholzusatz Krystalle von schwefelsaurem Natron, w\u00e4hrend Schwefels\u00e4ure in der frischen Galle kaum nachweisbar ist. Die Schwefels\u00e4ure stammt also, wie die schweflige S\u00e4ure, vom Taurin \u2014 Buchner 5.\nGanz \u00e4hnliche Erscheinungen wie bei der F\u00e4ulniss der rohen Galle zeigen sich, wenn man gereinigte schleimfreie Galle mit Darmschleim versetzt stehen l\u00e4sst; auch dann wird nach 10\u201412 Tagen die Galle sauer, Essigs\u00e4ure f\u00e4llt pflasterartige Gallens\u00e4uren und aus dem Filtrat davon kann beim Eindampfen Taurin erhalten werden. Jedenfalls ist der Schleim das die Zersetzung einleitende Agens; v\u00f6llig schleimfreie Galle ist nicht f\u00e4ulnissf\u00e4hig. Dampft man faule alkalische Galle ein, so zeigt sich mitunter ein intensiver Geruch nach Trimethylamin, einem Producte, das unter dem Einfl\u00fcsse der F\u00e4ulniss aus Lecithin entsteht; auch anhaltendes Kochen von Galle mit Barythydrat erzeugt Trimethylamin \u2014 Jacobson 6, Mauthner 7.\nDemnach sind die F\u00e4ulnissproducte der Galle : Kohlens\u00e4ure, schweflige und Schwefels\u00e4ure, fl\u00fcchtige und feste Fetts\u00e4uren, Erdphosphate, Ammoniak, Trimethylamin.\n1\tGorup-Besanez, Ann. d. Chemie CXXV. S. 207. 1863, CX. S. 86. 1859.\n2\tDerselbe, Untersuchungen \u00fcber die Galle. Erlangen 1846 und Ann. d. Chemie LIX. S. 129. 1846.\n3\tStrecker, Ann. d. Chemie LXVII. S. 1. 1848, LXX. S. 166. 1849. Auch Gme-lin-Kraut, VII. (3) S. 2048.\n4\tThudichum, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1S64. IL S. 96.\n5\tBuchner, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1849. S. 246.\n6\tJacobson, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 197. 1873.\n7\tMauthner, Ebenda III. S. 59. 1873.","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle; Mucin.\n123\nII. Die Bestandteile der Galle.\nDie Galle nimmt durch ihre Bestandtheile eine ganz ausnahmsweise Stellung unter allen thierischen Fl\u00fcssigkeiten ein 5 w\u00e4hrend die anderen Verdauungss\u00e4fte, zumal Speichel, Pancreas- und Darmsaft keinerlei f\u00fcr sie specitische als chemische Individuen fassbare K\u00f6rper enthalten, sind in der Galle 2 Gruppen gut darstellbarer und schon einigermaassen studirter Substanzen enthalten, die durch ihr regelm\u00e4ssig gemeinschaftliches Auftreten f\u00fcr dieses Secret aller bisher untersuchten Wierbelthiere charakteristisch sind, und die in anderen Thierfl\u00fcssigkeiten und Geweben nicht oder nur in Spuren Vorkommen. Da ferner die einzelnen Glieder dieser beiden Gruppen von Substanzen: der Gallens\u00e4uren und der Ga 11 en f\u00e4rb stoff e durch sehr empfindliche und bunte chemische Reactionen ausgezeichnet sind, so ist es dadurch m\u00f6glich, was sonst kaum mehr in der Thierchemie Geltung hat, an einem einzigen Tropfen Galle die Diagnose des Secrets mit Sicherheit durchzuf\u00fchren.\nAusser den Gruppen echter Gallensubstanzen k\u00f6nnen als regelm\u00e4ssige oder doch h\u00e4ufig gefundene Bestandtheile der Gallenfl\u00fcssigkeit angesehen werden : Fette, Seifen (palmitinsaure, stearinsaure und \u00f6lsaure Alkalien), Cholesterin, Lecithin1 2, Mucin, Spuren von Harnstoff (Picard, Popp), die anorgani sehen Salze, worunter die Natronsalze beiweitem vorwiegen und endlich Kohlens\u00e4ure.\nDas von Strecker aus Ochsen- und Schweinegalle dargestellte Cholin (Neurin) ist nicht als Bestandtlieil der Galle, sondern als Zersetzungs-product des Lecithins zu betrachten.\nMucin, Schleim kommt nur als Secret der Schleimdr\u00fcsen, der Galle beigemischt vor, die bei gr\u00f6sserem Gehalte daran lange F\u00e4den zieht. Man kann das Mucin daraus durch F\u00e4llung mit Alkohol und Waschen mit Weingeist darstellen, aber immer bleibt Farbstoff daran h\u00e4ngen. Auch Essigs\u00e4ure f\u00e4llt Mucin aus, gleichfalls farbstoffhaltig, aber frei von phosphorsauren Erden. Nach Berzelius 2 enth\u00e4lt der mit S\u00e4ure gef\u00e4llte Schleim die S\u00e4ure in chemischer Verbindung und reagirt daher auf Lakmuspapier. Dieselbe Verbindung soll der blos striemig aufgequollene und abfiltrirte Gallenschleim mit S\u00e4uren bilden, wobei er seine Schleimigkeit verliert. Von kohlensaurem Alkali wird ihm die S\u00e4ure entzogen, ohne dass die Masse schleimig wird, aber durch kaustische Alkalien wird er nach einer\n1\tDie K\u00f6rper der Lecithingruppe werden nach Uebereinkunft mit der Redaction nicht im Folgenden, sondern im Zusammenh\u00e4nge mit der Gehirnchemie bearbeitet werden.\n2\tBerzelius, Chemie S. 2S8.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nMaly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nWeile wieder schleimig-, von mehr zu einem in F\u00e4den fliessenden Liquidum gel\u00f6st. Auch Kalkwasser l\u00f6st Mucin auf und wenn man die L\u00f6sung filtrirt, so bleiben das vorhandene Eisenphosphat und die Erdphosphate zur\u00fcck, und man erh\u00e4lt auf neue F\u00e4llung mit Essigs\u00e4ure den Schleim frei davon. Den anhaftenden gr\u00fcnen Gallenfarbstoff zieht Berzelius mit kohlensaurem Ammon aus. Durch Alkohol gef\u00e4llt ist das Mucin nicht mehr schleimig, wird es aber wieder beim Auswaschen mit Wasser; mit sehr starkem Alkohol behandelt, verliert es ganz das Verm\u00f6gen, schleimig zu werden. Beim Trocknen wird es durchscheinend gelblich, zerreiblich, ist dann selbst in Wasser unl\u00f6slich, oder quillt darin doch nur auf; in diesem Zustande geht es bald in stinkende F\u00e4ulniss \u00fcber. Im Gallenblasenschleim aus Menschengalle fand Gorup-Besanez 1 51.63 F, 7.06 Hy 13.22 N, 23.04 0.\nMit dem Schleim der Galle in den meisten Eigenschaften \u00fcbereinstimmend ist auch der in den Verdauungs- und Luftwegen enthaltene, der aus dem Speichel gewmnnene (vorher S. 17) und aus Dr\u00fcsenb\u00e4lgen, Sehnen, und Synovia abgeschiedene Schleim. Bessere chemische Kenntnisse fehlen \u00fcber ihn; seine Zusammensetzung ist nicht zu sehr von der der Eiweiss-korper verschieden, doch scheint er F und N \u00e4rmer zu sein. N\u00e4here Angaben liegen \u00fcber den Schleim aus den Weinbergschnecken von Eichwald 1 2, \u00fcber den aus einer menschlichen Cystengeschwulst von Scherer 3 gewonnenen Schleim vor. Folgende Angaben \u00fcber das Mucin sind etwa noch erw\u00e4hnenswertli. Es diffundirt nicht durch Pergamentpapier, auch nicht in alkalischer L\u00f6sung. Die L\u00f6sung in Kalkwasser oder Alkalien wird durch alle S\u00e4uren gef\u00e4llt, und die F\u00e4llung l\u00f6st sich wieder in \u00fcbersch\u00fcssigen Minerals\u00e4uren, nicht aber in \u00fcbersch\u00fcssiger Essigs\u00e4ure. Durch Metallsalze werden die thunlichst neutralen L\u00f6sungen von Schleim in Alkalien nicht gef\u00e4llt, aber Bleiessig macht Flocken. Millon\u2019s Reagens und starke Salpeters\u00e4ure verhalten sich wie zu Eiweiss. Saure L\u00f6sungen werden von Blutlaugensalz oder Gerbs\u00e4ure nicht gef\u00e4llt. Beim Kochen mit verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren soll sich Mucin in Acidalbumin und Traubenzucker zerlegen oder doch wenigstens in einen zucker\u00e4hnlichen reduci-renden K\u00f6rper, was aber noch n\u00e4her zu studiren ist.\n1. Die Gallens\u00e4uren.\nDie Gallens\u00e4uren sind nie frei, sondern als Alkalisalze (meist Natron seltener Kali) in der Galle enthalten. Und wenngleich alle durch \u00e4hnliche Reactionen ihre Verwandtschaft beurkunden, so exi-stiren doch nachweislich bei verschiedenen Thieren verschiedene Gallens\u00e4uren. Sehr h\u00e4ufig sind in ein und derselben Galle gleichzeitig zwei Gallens\u00e4uren vorhanden, von denen die eine Glycocoll-gallens\u00e4ure, die andere schwefelhaltige eine Tauringallens\u00e4ure ist,\n1\tGorup-Besaxez, Ann. d. Chemie CX. S. 86.\n2\tEichwald, Ebenda CXXXIV. S. 177. 1865.\n3\tScherer, Ebenda LVII. S. 196. 1846.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle : Gallens\u00e4uren.\n125\nd. li. die eine spaltet beim Koclien mit S\u00e4uren, Glycocoll die andere Taurin ab. Das zweite Spaltungsproduct, das die eigentliche charakteristische Gallens\u00e4ure darstellt, ist in der Galle eines und desselben Thiers immer das gleiche. Die S\u00e4uren der Rindsgalle sind die bei weitem am besten untersuchten ; sie werden allein sp\u00e4ter genauer beschrieben werden.\nHistorisches. Die Chemie der Gallens\u00e4uren hat eine lange Geschichte, oft und vielfach hat die Anzahl der K\u00f6rper gewechselt, die man darin annahm. Um 1792 schreibt Chaptal in seinen Anfangsgr\u00fcnden der Chemie (\u00fcbersetzt von Wolff, 3. Band, K\u00f6nigsberg): \u201edie Galle ist eine Seife, die durch die Vereinigung des Mineralalkalis mit einer harzigen und einer lymphatischen Substanz gebildet wird. Der harzige Bestand-theil unterscheidet sich von den vegetabilischen Harzen durch folgende Eigenschaften: 1. bilden diese mit den fixen Alkalien keine Seifen, 2. sind sie sch\u00e4rfer und entz\u00fcndbarer, 3. schmilzt das thierische Harz bei einer Temperatur von 40 Graden und erh\u00e4lt eine dem Fette \u00e4hnliche Fl\u00fcssigkeit, von dem es sich aber doch dadurch unterscheidet, dass es im Weingeist auf l\u00f6slich ist.\u201c \u201e Die Bestandteile der Galle sind also Wasser, ein herrschender Geist, eine lymphatische Substanz, ein harziges Oel und ein Mineralalkali. \u201c Das sind die Anf\u00e4nge der Gallenchemie ; aus dem harzigen Oel sind unsere heutigen Gallens\u00e4uren geworden, aber erst nach langer M\u00fche, denn ihre Neigung, beim Eindampfen und raschen Ausf\u00e4llen immer pechartige Massen zu geben und die Farbstoffe mitzuf\u00e4llen, hat ihre Individualit\u00e4t auch dort, wo sie etwa sich geltend machte, verdeckt. Thenard unterschied 1806 in der Rindsgalle, welche f\u00fcr fast alle folgenden Arbeiten das Material abgab, 2 Bestandteile, das durch essigsaures Blei f\u00e4llbare Gallen harz und das bitterstisse gel\u00f6st bleibende Picromel (jTiy.ong und //f\u00c2/); er vermischte Galle mit etwas Salpeters\u00e4ure, f\u00e4llte mit neutralem und basischem Bleiacetat und zog aus dem erhaltenen Niederschlag das Bleioxyd mit Salpeters\u00e4ure aus. Der zur\u00fcckbleibende gr\u00fcne harzartige K\u00f6rper war seine R\u00e9sin\u00e9 de la bile, sie entspricht etwa durch Choloidins\u00e4ure etc. verunreinigter Glycochols\u00e4ure. Das Filtrat davon gab ihm mit viel Bleiessig versetzt einen gelben pflaster\u00e4hnlichen K\u00f6rper, der mit HiS zerlegt das l\u00f6sliche extractartige (unreiner Tau-rochols\u00e4ure entsprechende) Picromel darstellte; beide K\u00f6rper zusammengemischt gaben regenerirte Galle. Thexard\u2019s Angaben waren lange herrschend. Ausser der genannten Art die Galle mittelst Bleisalzen zu zerlegen, versuchte Berzelius schon 1 SO7 durch Behandlung mit Schwefels\u00e4ure einen reinen K\u00f6rper \u2014 den Gallenstoff \u2014 zu f\u00e4llen. Zwanzig Jahre sp\u00e4ter, 1826, erschien eine sorgf\u00e4ltige Arbeit Gmelins \u201edie Verdauung nach Versuchen\u201c, in der 22 verschiedene Gallenstoffe, darunter auch The-kard\u2019s K\u00f6rper angef\u00fchrt wurden, nebst Chols\u00e4ure, die krystallinisch erhalten 'wurde (unsere heutige Glycochols\u00e4ure), Cholesterin und Taurin (Gallenasparagin), dessen Entdecker Gmelin ist, das er aber fertig gebildet in der Galle annahm und dessen V-G eh alt er nicht kannte.\nNochmals 10 Jahre sp\u00e4ter hat sich durch Demarcay 1838 die Zusammensetzung der Galle wieder einfacher gestaltet und sie n\u00e4hert sich","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nnun schon den heute g\u00fcltigen Anschauungen; Demarcay 1 nimmt als Haupt-bestandtheil der Galle nur eine S\u00e4ure an, seine Cholems\u00e4ure, acide chol\u00e9ique, die er als Natronsalz vorhanden erkannte und die durch heisse S\u00e4uren in Cholo'idins\u00e4ure (Gallenharz) und Taurin, durch Alkalien in Ammoniak und die ATfreie Chols\u00e4ure zerlegt werden sollte. Demarcay\u2019s Cholems\u00e4ure entspricht also unreiner Taurochols\u00e4ure, seine Chols\u00e4ure heisst heute noch ebenso oder Cliolals\u00e4ure. W\u00e4hrend durch diese Untersuchung von Demarcay schon dem sp\u00e4ter als richtig erkannten Ziel zugesteuert wurde, hat Berzelius zur selben Zeit in Liebig\u2019s Annalen und in seiner Thier-cliemie Versuche mitgetheilt, die ihn wieder zur Annahme einer grossen Zahl von Gallenk\u00f6rpern f\u00fchrte, die wir hier nur nominell anf\u00fchren k\u00f6nnen. Er z\u00e4hlt auf als Hauptbestandtheil: sein Bilin, einen neutralen K\u00f6rper, dann Fellins\u00e4ure, Cholins\u00e4ure, Dyslysin, Chols\u00e4ure (wobei er aber die Chols\u00e4ure Gmelin\u2019s mit der von Demarcay zu verwechseln scheint), Fellans\u00e4ure, Cholans\u00e4ure, Taurin, Schleim etc. Berzelius\u2019 auf Grund umst\u00e4ndlicher Methoden erhaltene K\u00f6rper fanden keinen Anklang ; Kemp, sowie auch Theyer und Schlosser1 2 3, 1843/4, behaupteten bestimmt, dass es keinen neutralen Stoff in der Galle (Bilin) gebe, dass dieselbe in ihrer Hauptmasse ein Va-Salz von constanter Zusammensetzung sei, denn, wenn sie mit Bleiessig ausf\u00e4llten, diesen Niederschlag mit Soda zersetzten, so erhielten sie ganz dieselbe Masse, wie die reine entf\u00e4rbte Galle sie darstellte und auch die freie S\u00e4ure erhielten sie durch Zerlegung der alkoholischen Bleisalzl\u00f6sung mit HiS. 1844 entdeckte Pettexkofer die nach ihm benannte Gallens\u00e4urereaction, und Platner :3 gelang es, durch Aether-zusatz zum alkoholischen Extract und durch geduldiges Stehenlassen das \u201egallensaure\u201c Natron krystallisirt zu erhalten, womit f\u00fcr alle weiteren Isolirversuche das Eis gebrochen war. 1846 entdeckte Redtenbacher 4, dass das Taurin beim Schmelzen mit Soda und Salpeter Schwefels\u00e4ure gibt, also \u00a3 haltig ist, und dass der Scharfblick von Berzelius das Richtige getroffen hat, indem er den bisher angenommenen hohen G-Gehalt vom Taurin verd\u00e4chtig fand; aus Oi (= 32) wurde S (= 32) oder aus C-iH-NOb wurde C-iH-NSCh. Verdeil5 stellte die PLATTXER\u2019sche krystallisirte Galle reiner zur Analyse dar, indem er sie vom beigemischten, durch Aetherzusatz gefallenen Kochsalz dadurch trennte, dass er sie in mittelst K\u00e4ltemischung erzeugter niederer Temperatur mit Alkohol behandelte, wobei NaCl zur\u00fcckblieb. Bei 100\u00b0 getrocknet fand er C44//40ANO9.NaO (alte Atome), welche Formel nat\u00fcrlich keinem chemischen Individuum, sondern einem Gemenge der Gallennatronsalze entsprach, die aber noch erw\u00e4hnenswerth ist als Zusammensetzung des Mittels der gef\u00e4llten Natronsalze resp. der sog. krystallisirten Galle. Durch Zerkochen seines reinen Pr\u00e4parates mit HCl, bewies Plattner, dass das Taurin ein Spaltungsproduct und nicht urspr\u00fcnglich in der Galle fertig ist. Plattner verbesserte dann noch 6 die Darstellung der krystallisirten Galle, ihr\n1\tDemarcay, Ann. d. Chemie XXVII. S. 270. 1838.\n2\tTheyer & Schlosser, Ebenda XLVIII. S. 77. 1843 u. L. S. 235. 1844.\n3\tPlatner, Ebenda LI. S. 105. 1844.\n4\tRedtenbacher, Ebenda LVII. S. 170. 1846.\n5\tVerdeil, Ebenda LIX. S. 311. 1846.\n6\tPlattner, Erdm. Journ. XL. S. 129. 1847.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle; Gallens\u00e4uren.\n127\ndie Vereinfachung gebend, wie sie noch heute \u00fcblich ist; er l\u00f6ste die eingedampfte, nicht entf\u00e4rbte Galle in absolutem Alkohol in der TV arme, filtrirte nach einigem Stehen, versetzte mit Aether, bis ein Theil der Galle anfing, als braune schmierige Masse zu fallen, liess absetzen, goss ab, stellte die abgegossene L\u00f6sung in die K\u00e4lte und f\u00fcgte neue Portionen Aether hinzu. Die oft erst nach langem Stehen abgeschiedenen sternf\u00f6rmig gruppirten Krystallnadeln presst man zwischen Papier ab, nachdem man sie durch starkes Sch\u00fctteln von den W\u00e4nden losgel\u00f6st und mit einem Oemisch von Alkohol mit 1/io Aether gewaschen li\u00e2t. Nach 24 st\u00e4ndigem Trocknen \u00fcber Schwefels\u00e4ure zerfliessen sie nicht mehr an der Luft, wohl aber wenn sie \u00e4therhaltig an der Luft liegen bleiben. Ihr Kochsalzgehalt ist dann sehr gering. Strecker fand darin 60.5\u00b0/o C, S.65% H, 2.5\u20142.7% S und 2.8% N. Bei dieser Gelegenheit sei noch erw\u00e4hnt, da wir auf die krystallisirte Galle als Ganzes nicht mehr weiter zur\u00fcckkommen, dass nach St\u00e4deler 1 zur Krystallisation der Galle eine gewisse Menge Wasser nothwendig ist, und dass, wenn man die weingeistige L\u00f6sung des gallensauren Salzes mit so viel Aether versetzt, dass eine sehr starke milchige Tr\u00fcbung entsteht, und dann unter Umsch\u00fctteln so viel Wasser hinzuf\u00fcgt, dass die Tr\u00fcbung eben wieder verschwindet, sich schon nach wenigen Minuten das Salz (glycocholsaures Natrium) in sch\u00f6nen sternf\u00f6rmig gruppirten Nadeln abscheidet.\nW\u00e4hrend dies alles f\u00fcr die Ochsengalle gilt, hat Strecker im Vereine mit Gundelach im Jahre 1847 2 3 die Schweinegalle untersucht, wor\u00fcber bei dieser die Rede sein wird, dann aber in den Jahren 1848 und 1849 in einer Reihe von Abhandlungen allein, unter guter Benutzung der bisher namentlich in den vorangehenden Jahren gemachten Erfahrungen jene wichtigen und fundamentalen Untersuchungen an der Ochsengalle angestellt, die f\u00fcr uns heute noch maassgebend und die Grundlage geworden sind zur Gallenuntersuchung an anderen Thieren. Da die StreckER Schen Resultate in der folgenden Specialbeschreibung der einzelnen Gallens\u00e4uren den Hauptkern ausmachen, und das sp\u00e4ter Entdeckte darin verwoben werden wird, so sei hier der Faden der historischen Betrachtung abgebrochen und nur noch erw\u00e4hnt, dass wir Strecker den Nachweis verdanken, dass die krystallisirte Galle aus den Natronsalzen von zwei S\u00e4uren besteht, einer S freien, die er Chols\u00e4ure nannte, die mit der Chols\u00e4ure von Gmelin \u00fcbereinstimmt und von der Strecker nachwies, dass sie durch Kochen mit S\u00e4uren Glycocoll abspaltet, und aus einer zweiten schwefelhaltigen, die er Cholei'ns\u00e4ure nannte (= Chole\u00efn-s\u00e4ure von Demarcay) und als Muttersubstanz des beim Kochen mit S\u00e4uren sich abspaltenden Taurins erkannte. Die erstere f\u00fchrt jetzt den von Lehmann eingef\u00fcl . ten, jede Verwechslung ausschliessenden Namen Gly-cochols\u00e4ure, die zweite heisst jetzt Taurochols\u00e4ure. Das gemeinschaftliche Spaltungsproduct beider ist Streckers Cholals\u00e4ure, unsere heutige Chols\u00e4ure.:t\n1\tSt\u00e4deler, Erdm. Journ. LXXII. S. 257. 1S57.\n2\tGundelach, Ann. d. Chemie LXII. S. 205. 1847.\n3\tEine ausf\u00fchrliche Darstellung der alten Arbeiten \u00fcber die Galle befindet sich in Berzelius\u2019 Thierchemie IX. seines Lehrb. d. Chemie; bez\u00fcglich des Stand-","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nMaly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nErkennung der Gail en s\u00e4ur en. Hierzu dient als ausgezeichnete qualitative, wie es scheint f\u00fcr alle Gallens\u00e4uren und ihre n\u00e4chsten Abk\u00f6mmlinge g\u00fcltige Reaction die von Pettenkofer. Zu ihrer Ausf\u00fchrung giesst man eine Probe der zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeit, nachdem man durch Coagulation das Eiweiss entfernt hat, in ein Porzellansch\u00e4lchen, setzt vorsichtig etwa 2,3 des Volums concen-trirter Schwefels\u00e4ure und darauf einige Tropfen einer lOprocentigen Rohrzuckerl\u00f6sung hinzu, worauf alsbald eine pr\u00e4chtig dunkel-p'urpur-rothe (purpurviolette) Fl\u00fcssigkeit entsteht. Der Schwefels\u00e4urezusatz soll so gehalten werden, dass die Temperatur beil\u00e4ufig 70\u00b0 C. betr\u00e4gt. Die Reaction versagt in reinen L\u00f6sungen auch dann nicht leicht, wenn die Vorschrift weniger genau eingehalten wird. Anstatt Rohrzucker k\u00f6nnen Traubenzucker und Amvlum verwendet werden, wie Petten-kofer1 selbst schon angab, und K\u00fclz2 fand, dass mit Fruchtzucker die Reaction zwar am schnellsten eintritt, dass er aber sonst vor dem dazu \u00fcblichen Rohrzucker nichts voraus hat. Die auftretende F\u00e4rbung ist sehr best\u00e4ndig und h\u00e4lt sich Tage lang, bis sie an Farbenintensit\u00e4t einbiisst. Jedoch beeintr\u00e4chtigen manche K\u00f6rper die Pet-TEXKOFERSche Reaction, namentlich die oxydirenden Substanzen, zumal Nitrate (Huppert), und alle jene organischen Stoffe, die, wie z. B. Eiweissk\u00f6rper, Pigmente etc. von der concentrirten Schwefels\u00e4ure unter Bildung von braunen oder kohligen Producten zerst\u00f6rt werden.\nUebrigens ist zu erw\u00e4hnen, dass es ausser Gallens\u00e4ure noch andere K\u00f6rper gibt3, die mit concentrirter Schwefels\u00e4ure Rothf\u00e4rbmig geben. So l\u00f6st sich in concentrirter Schwefels\u00e4ure (oder in einem Gemenge von Schwefel- und Essigs\u00e4ure) Eiweiss mit je nach dem Verh\u00e4ltniss von S\u00e4ure und Eiweiss verschiedenen Farben, unter denen aber auch Roth und Violett auftreten, daher hier eine T\u00e4uschung wohl stattfinden k\u00f6nnte. Die dabei auftretende Reihenfolge von Farben ist genau von Adamkiewicz4, nach dem man die Reaction benennt, studirt worden. Auch Amylalkohol und Oels\u00e4ure r\u00f6then sich stark mit den PETTENKOFER\u2019schen Reagentien und Cholesterin gibt mit concentrirter Schwefels\u00e4ure allein rothbraune F\u00e4rbung.\nAn Empfindlichkeit stellen bei der Reaction aber die Gallens\u00e4uren\npunktes der einschl\u00e4gigen Kenntnisse zu Beginn der 40 er Jahre siehe auch J. Fr. Simon, Handb. d. angew. med. Chemie I. Berlin 1840.\n1\tPettenkofer, Canstatt\u2019s Jahresher. d. Pharm. 1844.\n2\tK\u00fclz, Jahresher. d. Thierchemie V. S. ISO. 1875.\n3\tSiehe Bischoff, Ztschr. f. rat. Med. (3) XXI. S. 126 und M. S. Schulze, Ann. d. Chemie LXXI. S. 266, letztere Abhandlung besonders auch in Bezug auf mikrochemische Diagnose. Die meisten Eiweissk\u00f6rper, Kuhmilch, Muskelfaser, Globulin. Olein, die Masse der Nervenfasern und Ganglienkugeln zeigen die Reaction, aber mit den Leimarten wird sie nicht erhalten.\n4\tAdamkiewicz, Jahresher. d. Thierchemie IV. S. 10. 1874.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle; Gallens\u00e4uren.\n129\nvoran, denn einige Tropfen einer 0.4 procent. Chols\u00e4urel\u00f6sung geben noch sch\u00f6n purpurviolette F\u00e4rbung, ebensoviel einer 0.1 procent. L\u00f6sung noch deutlich purpurrothe F\u00e4rbung und selbst in einer L\u00f6sung von V25 \u00b0/o ist noch weinrothe F\u00e4rbung zu erkennen. Glycochols\u00e4ure gibt bei gleicher Concentration eine etwas schw\u00e4chere F\u00e4rbung. Nach Neukomm 1 lassen sich die Keactionsgrenzen noch erweitern: man bringt ein paar Tropfen der Gallens\u00e4urel\u00f6sung in ein Sch\u00e4lchen, setzt einen Tropfen verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure (1:4) und dann eine Spur Zuckerl\u00f6sung hinzu und erw\u00e4rmt unter Schwenken \u00fcber einer kleinen Flamme. Noch 6/ioo Milligr. Gallens\u00e4ure lassen sich in der Art scharf nachweisen. Diese Modification geben nur die Gallens\u00e4uren und einige Harze, nicht aber Albuminstoff und Fette. Bogomoloff 2 gibt eine andere modificirte Gallens\u00e4ureprobe an; man isolirt die Gallens\u00e4uren nach den \u00fcblichen Methoden, dampft in einem Sch\u00e4lchen ab, breitet den letzten Rest der Fl\u00fcssigkeit darin aus, bringt 1 oder 2 Tropfen Schwefels\u00e4ure auf eine Stelle der R\u00fcckstandschicht und vorsichtig einen oder ein paar Tropfen Weingeist. Es bilden sich um diesen Fleck als Centrum Regenbogenfarben, in der Mitte gelb, dann orange, rotli, violett, indigo, blau. Nach einigen Stunden wird alles blau, sp\u00e4ter schmutzig gr\u00fcn.\nDie bei \u00e4hnlichen Reactionen mit den anderen Substanzen (Oels\u00e4ure etc.) eintretenden Roth- und Purpurfarben hat man mehrfach durch das Spectro-skop zu unterscheiden versucht. Bogomoloff 1. c. und Schenk 3 haben derlei Unterschiede angegeben. Die bei der eigentlichen Gallens\u00e4ureprobe erhaltene purpurrothe Fl\u00fcssigkeit gibt passend mit Alkohol verd\u00fcnnt einen Absorptionsstreif zwischen D und E neben letzterer Linie und einen zweiten vor F. Die verschiedenen Gallens\u00e4uren verhalten sich dabei gleich. Die mittelst Oels\u00e4ure und Eiweissstoffen erhaltenen rothen L\u00f6sungen geben diese Streifen nicht, sondern andere different liegende. So fand Adamkiewicz 1. c., dass alle Nuancen der Albumin-Schwefels\u00e4ure-reaction nur einen breiten Streifen geben, der zwischen den Linien E und F, also gerade innerhalb der beiden constantesten Absorptionsb\u00e4nder der PettenkofERseben Gallens\u00e4ureprobe liegt und diesen Zwischenraum meist ganz ausf\u00fcllt; seine Breite \u00e4ndert sich in unbedeutenden Grenzen mit der Farbe der Albuminl\u00f6sung.\nEin anderes allgemeines Verhalten zeigen die Gallens\u00e4uren durch ihre polar i si rende Eigenschaft, und zwar drehen sowohl die freien S\u00e4uren als auch ihre Natronsalze rechts, und nur die Hyo-glycochols\u00e4ure dreht als Salz nicht; die meisten Beobachtungen und Messungen dar\u00fcber r\u00fchren von Hoppe-Seyler lier, auf dessen Arbeiten verwiesen wird.4\nDem Organismus einverleibt, zeigen sich die gallensauren Salze (bei Hunden) als m\u00e4chtige Erregungsmittel der Peristaltik, sie bewirken Brechen und Durchfall (Scii\u00fclein 5).\n1\tNeukomm, Chem. Centralbl. 1861. S. 61.\n2\tBogomoloff, Jahresber. d. ges. Med. 1869. I. S. 87.\n3\tSchenk, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 232. 1872.\n4\tArch. f. pathol. Anat. XII. S. 4SU u. XV. S. 126.\n5\tSch\u00fclein. Jahresber. d. Thierchemie ATI. S. 285. 1877.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nMaly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nG1 y c o c h o 1 s \u00e4 u r e, C\u00eeqH.43 NO\u00fc.\nGleichbedeutend mit der Chols\u00e4ure von Gmelin, der sie entdeckte und mit der Chols\u00e4ure von Strecker, nicht aber mit der Chols\u00e4ure von Demarcay und nicht mit der von Berzelius.\nFindet sich reichlich als Natronsalz in der Rindsgalle, in geringer Menge in der Galle der Fleischfresser. Aus ersterer wird sie nach folgenden Methoden dargestellt.\n1.\tDie w\u00e4ssrige L\u00f6sung der krvstallisirten Galle (siehe vorher) mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure bis zur Tr\u00fcbung versetzt, scheidet nach einigen Stunden Nadelgruppen ab mit Oeltr\u00f6pfchen dazwischen. Nach 12 Stunden ist die ganze Fl\u00fcssigkeit eine weisse Masse; sie wird am Filter gewaschen, wobei sich die Oeltr\u00f6pfchen aufl\u00f6sen und eine schneeweisse volumin\u00f6se Krystallmasse zur\u00fcckbleibt, die zwischen Papier gepresst sehr an Volum abnimmt. Aus kochendem Wasser umkrystallisirt, bildet sie feine weisse Nadeln, die beim Trocknen das Papier wie ein gl\u00e4nzendes Blatt bedecken (Strecker 1 ).\n2.\tMan f\u00e4llt frische Rindsgalle mit Bleizuckerl\u00f6sung, sammelt den gr\u00fcnlichgelben grobflockigen Niederschlag, w\u00e4scht mit Wasser, l\u00f6st ihn in Alkohol, zerlegt mit H-iS, erw\u00e4rmt, und versetzt das Filtrat vom Schwefelblei mit Wasser bis zur Tr\u00fcbung. Nach 12 Stunden scheiden sich viele sternf\u00f6rmig gruppirte Nadeln von Glycochol-s\u00e4ure (mit etwas beigemischter Paraglycochols\u00e4ure) ab, welche beim Aufl\u00f6sen in kochendem Wasser die Paraglycochols\u00e4ure zur\u00fccklassen, w\u00e4hrend aus dem Filtrate beim Stehen und Abdunsten die Glyco-chols\u00e4ure krystallisirt. Die Ausbeute ist ergiebiger als die aus kry-stallisirter Galle; 10 Rindsgallen geben 13.5 Grm. S\u00e4uren. Zugleich gibt diese Methode den Beleg, dass die Glycochols\u00e4ure schon als solche in der Galle enthalten ist (Strecker 1).\n3.\tOchsengalle wird verdunstet, der R\u00fcckstand mit Weingeist von 90% extrahirt, der Alkohol verjagt und der n\u00f6thigenfalls mit Wasser noch verd\u00fcnnte R\u00fcckstand mit Kalkmilch versetzt; man erw\u00e4rmt gelinde, wobei sich Pigment niederschl\u00e4gt und filtrirt. Das weingelbe Filtrat versetzt man nach dem Erkalten vorsichtig mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure bis zur beginnenden Tr\u00fcbung und stellt hin. Nach wenigen Stunden ist die ganze Fl\u00fcssigkeit zu einem Brei von Glycochols\u00e4ure erstarrt. Man bringt auf ein Filter, w\u00e4scht aus und presst zwischen Papier ab. Zur weiteren Reinigung kann man das Behandeln mit Kalkwasser und F\u00e4llen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure wiederholen (Gorup-Besanez 2).\n1\tStrecker, Ann. d. Chemie LXY. S. 1. 1848.\n2\tGorup-Besanez, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 225. 1871.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle ; Glycochols\u00e4ure.\n131\n4. Versetzt mau Kindsgalle mit einer st\u00e4rkeren Minerals\u00e4ure, so scheidet sich eine harzige Masse aus, schichtet man aber in einem Cylinder vor dem S\u00e4urezusatz etwas Aether auf die Galle (5 C.-C. auf 100 C.-C. Galle), so wird die; anfangs milchige Tr\u00fcbung bald krystallinisch und erstarrt mitunter schon nach wenigen Minuten zu einer festen Masse. Man giesst den (gef\u00e4rbten) Aether ab, r\u00fchrt den Rest mit viel Wasser an, sch\u00fcttelt t\u00fcchtig durch, bringt auf ein grosses Filter, w\u00e4scht mit Wasser und erh\u00e4lt nun eine reichliche, dicht verfilzte, grau gr\u00fcnliche Krystallmasse, die man nur einmal aus siedendem Wasser umzukrystallisiren braucht, um sie weiss und rein zu erhalten. Die Ausbeute ist reichlich bei manchen Gallen, w\u00e4hrend wieder bei anderen, ohne bekannten Grund die Methode v\u00f6llig versagt (H\u00fcfner1).\nDie Glycochols\u00e4ure ist im nassen Zustande sehr volumin\u00f6s, und l\u00e4sst bei 300 maliger Vergr\u00f6sserung die Nadeln noch haarf\u00f6rmig d\u00fcnn erscheinen. Abgepresst oder am Filter getrocknet bildet sie eine lockere, seidenartig gl\u00e4nzende schneeweisse Masse. Sie schmeckt anf\u00e4nglich s\u00fcss, hinterher intensiv und andauernd bitter und r\u00f6thet Lakmus. Bei 100\u00b0 schmilzt sie unter Wasserabgabe zu farbloser Glycocholons\u00e4ure. In kaltem Wasser l\u00f6st sie sich wenig (3.3 Theile in 1000), bedeutend leichter in heissem, von dem 1000 Theile S.3 S\u00e4ure aufnehmen. Die heisse w\u00e4ssrige L\u00f6sung liefert beim Erkalten eine Kristallisation. Alkohol und Essigs\u00e4ure l\u00f6sen sie leicht, Aether schwierig. Die alkoholische L\u00f6sung tr\u00fcbt sich mit Wasser zuerst milchig und setzt nach einigen Stunden die S\u00e4ure krystallisirt ab. Auch ein Ueberschuss von Aether scheidet aus der alkoholischen L\u00f6sung die S\u00e4ure ab. Glycerin l\u00f6st gleichfalls auf. Sowohl die S\u00e4ure als ihre Salze besitzen rechtseitiges Drehungsverm\u00f6gen. Die specif. Drehungen der alkoholischen L\u00f6sungen f\u00fcr gelbes Licht sind f\u00fcr die S\u00e4ure 4-29.0\u00b0 und f\u00fcr das glycochols\u00e4ure Natron 4-25.7\u00b0 (Hoppe-Seyler).\nDie kalte w\u00e4ssrige L\u00f6sung der S\u00e4ure gibt keine F\u00e4llung mit S\u00e4uren, Bleizucker, Sublimat, Silbernitrat; Bleiessig erzeugt einen geringen Niederschlag. Die neutralen Salze der Alkalien geben mit Erdsalzen keinen Niederschlag, mit Bleisalzen eine flockige F\u00e4llung, Silbernitrat gibt gallertartigen beim Kochen theilweise l\u00f6slichen Niederschlag. In Alkohol l\u00f6sen sich die cholsauren Salze s\u00e4mmtlich auf; wird ihre w\u00e4ssrige L\u00f6sung mit S\u00e4uren versetzt, so f\u00e4llt die S\u00e4ure als milchige Tr\u00fcbung oder Harz und verwandelt sich beim Stehen oder auf Aetherzusatz in Krystalle.\n1 H\u00fcfner. Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 301. 1874.","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nMaly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nGlycocholsaures Natron C-2&H\\i NaNO\u00a7 ist die Form, in der die S\u00e4ure in der Galle vorkommt. Es bildet in, aus den fr\u00fcher mitgetheilten Analysen der krystallisirten Galle zu entnehmender Menge neben taurocholsaurem Natrium die Hauptmasse der Gallensalze. Zur Darstellung wird Glycochols\u00e4ure in kohlensaurem Natron gel\u00f6st, die L\u00f6sung zur Trockne verdampft, der R\u00fcckstand in absolutem Alkohol aufgenommen und mit Aether versetzt. Nach kurzer Zeit scheidet sich das Ac-Salz in den Formen ab, wie die krvstalli-sirte Galle sie darbietet. Es ist in Wasser sehr leicht l\u00f6slich ; von Alkohol nehmen 1000 Theile bei 15\u00b0 39 Theile auf. Durch Abdampfen wird es amorf erhalten. Beim Erhitzen schmilzt es, brennt und hinterl\u00e4sst leicht schmelzbare Asche, die viel Natriumcyanat enth\u00e4lt (Strecker 1. c.).\nDas Kalium salz gleicht dem Natriumsalz. Das glycochols\u00e4ure Ammonium bildet sich, wenn in eine alkoholische L\u00f6sung der S\u00e4ure NH$ eingeleitet wird nach einigem Stehen oder auf Aetherzusatz ; nadel-f\u00f6rmige Krystalle, die leicht NHs verlieren. Das Bar y um salz wird durch Aufl\u00f6sen der S\u00e4ure in Barytwasser, Einleiten von CO\u00b1, Filtriren und Abdunsten erhalten; amorfe weisse Masse, l\u00f6slich in 6.24 Th. Wasser und auch in Alkohol. Das Bleisalz bildet einen weissen flockigen Niederschlag, der in Weingeist l\u00f6slich ist und daraus durch Wasser gef\u00e4llt wird. Das Silber salz ist ein gallertartiger Niederschlag, der sich in heissem Wasser l\u00f6st, bei raschem Abk\u00fchlen wieder gallertig, bei langsamem Abk\u00fchlen auch krystallinisch sich ausscheidet.\nVon den Zersetzungen, welche die Glycochols\u00e4ure erleidet, ist die wichtigste die, dass sie bei anhaltendem Kochen mit Alkalien, Barytwasser oder S\u00e4uren sich zerlegt, in eine stickstofffreie S\u00e4ure die Chols\u00e4ure (oder Cholals\u00e4ure) und in Glycocoll, ein Process, der sich durch folgende Formeln ausdr\u00fccken l\u00e4sst:\nC-2c, Hi 3 NOa -f- Ih 0 \u2014 CiHhNOi -}- \u00f6i 4 lh o Ob und dessen Erforschung man Strecker 1 verdankt. Darnach wird die Glycochols\u00e4ure als sog. gepaarte S\u00e4ure bezeichnet, die bez\u00fcglich des einen Spaltungsproductes ihr Verwandtes in der Hippurs\u00e4ure findet. Damit ist auch die wesentliche Grenze bezeichnet, bis zu der die Erforschung der chemischen Constitution der Glycochols\u00e4ure gelangt ist; denn vom zweiten Spaltungsproduct, von dem noch zu reden sein wird, kennen wir nur die empirische Zusammensetzung und nichts \u00fcber seinen Zusammenhang mit anderen Substanzen.\nDas Glycocoll ( Amidoessigs\u00e4ure) HiN\u2014CH-i\u2014CO OH hat Strecker in Substanz abgeschieden und analysirt ; nach 8 st\u00fcndigem Kochen der Glycochols\u00e4ure mit Barytwasser wurde mit Schwefel-\n1 Strecker. Ann. cl. Chemie LXY. S. 130. 184S u. LXVII. S. 1. 1848.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle; Glycochols\u00e4ure.\n133\ns\u00e4ure die neue S\u00e4ure, so wie der Baryt gef\u00e4llt, die \u00fcberfl\u00fcssig hinzugebrachte Schwefels\u00e4ure mit Bleihydroxyd weggenommen, das aufgel\u00f6ste Blei mit H-iS entfernt und die Fl\u00fcssigkeit concentrirt. Es traten farblose prismatische Krystalle von s\u00fcssem Geschmack (Leims\u00fcss) und allen Eigenschaften des Glycocolls auf. Durch Kochen derselben mit Kupferoxyd und F\u00e4llen des Filtrates mit Alkohol wurde die sch\u00f6n blaue nadelf\u00f6rmige, charakteristische Kupferverbindung des Glycocolls (CiHaNO\u00ef)-! Cu. H-iO erhalten. 1 2\nBei der trocknen Destillation entstehen Ammoniak und brenzliche Oele; in concentrirt er Schwefels\u00e4ure und in Salzs\u00e4ure ist die Glycochols\u00e4ure l\u00f6slich und durch Wasser f\u00e4llbar, von rauchender Salpeters\u00e4ure wird sie unter Gelbf\u00e4rbung und Gasentwicklung zerlegt. Ein glycocholsaures Salz mit concentrirter Schwefels\u00e4ure vermischt b\u00e4ckt zur farblosen harzartigen Masse zusammen, die sich in der K\u00e4lte allm\u00e4hlich mit safrangelber, beim Erw\u00e4rmen feuerrother oder braunrother Farbe l\u00f6st, worauf Wasser gr\u00fcnliche oder br\u00e4unliche Flocken f\u00e4llt. Es ist sehr auffallend, welche Mannigfaltigkeit von farbigen K\u00f6rpern dabei auftreten kann \u2014 StXdeler & Frerichs - ; St\u00e4deler3 4. Hat man die urspr\u00fcngliche L\u00f6sung in concentrirter Schwefels\u00e4ure kurz erw\u00e4rmt und den Luftzutritt beschr\u00e4nkt, so sind die Flocken farblos oder gr\u00fcnlich; l\u00e4sst man die L\u00f6sung 24 Stunden stehen, so zeigt sie prachtvollen Dichroismus (br\u00e4unlich-roth und grasgr\u00fcn) und auf Wasserzusatz scheiden sich gr\u00fcnblaue Flocken aus, die nach dem Absp\u00fclen mit Wasser sich in Weingeist farblos oder gr\u00fcn aufl\u00f6sen, am Wasserbad abgedampft aber einen indigoblauen R\u00fcckstand geben. Dieser l\u00f6st sich mit gallengr\u00fcner Farbe in Weingeist, wird mit Alkalien gelb, mit S\u00e4uren wieder gr\u00fcn und mit NO2 haltiger Salpeters\u00e4ure gibt er lebhaftes Farbenspiel \u2014 St\u00e4deler. Es ist nichts verlockender, als dabei an eine Entstehung von Gallenpigmenten zu denken, aber wenige weitere Versuche zeigen schon, dass es sich um andere K\u00f6rper handelt und jeder Zusammenhang schliesst sich auch dadurch aus, dass die (Nfreie) Chols\u00e4ure dieselben Producte gibt. Casali 4 hat neuestens angegeben, dass dabei wesentlich eine Oxydation stattfinden d\u00fcrfte, denn Zinnchlorid, Antimonchlorid, Blei- und Baryumhyperoxyd, s\u00e4mmtlich unter Zusatz von Schwefels\u00e4ure, dann chlorsaure und salpetersaure Salze bringen diese Farben hervor, die sich ganz wie bei der GMELiN\u2019schen Probe aufeinander folgen sollen. Die einzelnen Farbstadien zu isoliren gelang Casali nicht.\nParaglycochols\u00e4ure, CigHmNOq (= Parachols\u00e4ure).\nIst eine der Glycochols\u00e4ure isomere (dimorphe) S\u00e4ure, die von Strecker (cit.S. 130) gelegentlich seiner Arbeiten \u00fcber die Ochsengallens\u00e4uren entdeckt\n1\tAls Nebenproducte bei dem Zerspalten mit Barythydrat fand Dogiel (Jahres-ber. d. gcs. Med. 1867.1. S. 155) etwas Essig- und Propions\u00e4ure, die nach dem Zusatz von Schwefels\u00e4ure durch Destillation des Filtrats erhalten wurden.\n2\tSt\u00e4deler & Frerichs, Jahresber. d. Chemie v. Liebig u. Kopp 1856.\n3\tSt\u00e4deler, Ann. d. Chemie CXXXII. S. 350. 1864.\n4\tCasali. Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 296. 1877.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nMaly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nwurde, und in folgender Art gewonnen wird. Wenn man glycocholsaures Natrium mit Schwefels\u00e4ure f\u00e4llt und die gef\u00e4llte S\u00e4ure durch wiederholtes Auskochen mit Wasser umkrystallisirt, so bleibt ein kleiner, darin nicht l\u00f6slicher Theil, der perlmuttergl\u00e4nzende Bl\u00e4ttchen oder sechsseitige Tafeln darstellt von mikroskopischer Gr\u00f6sse. Durch die Unl\u00f6slichkeit in kochendem Wasser unterscheidet sie sich von der Glycochols\u00e4ure, mit der sie gleiche Zusammensetzung zeigt. Bei ihrer Aufl\u00f6sung in Alkohol und F\u00e4llung mit Wasser scheiden sich wieder nadelf\u00f6rmige Krystalle der gew\u00f6hnlichen Glycochols\u00e4ure ab. Auch die Salze, welche die S\u00e4ure gibt, unterscheiden sich nicht von denen, die aus der wasserl\u00f6slichen Glycochols\u00e4ure erhalten werden; in den Salzen besteht also die Modification nicht mehr fort. Als Strecker die Glycochols\u00e4ure nach der Methode 2 darstellte, also Schwefels\u00e4ure ausschloss, war der Glycochols\u00e4ure ebenfalls Paraglycochols\u00e4ure beigemischt, woraus zu schliessen, dass sie schon als solche in der Ochsengalle enthalten ist. Nach Mulder soll bei Zerlegung eines glycocholsauren Salzes (Baryts) umsomehr Paraglycochols\u00e4ure ausfallen, je st\u00e4rker die zugesetzte S\u00e4ure war. Sie gibt die Pettenko-FER\u2019sche Reaction.\nGlycocholons\u00e4ure, Cu Hu NCh (Ch olons\u00e4ure von Mulder und Strecker).\nIst gleich der Glycochols\u00e4ure minus ih 0, also eine anhydrische Form. Sie entsteht bei Einwirkung kochender S\u00e4uren auf Glycochols\u00e4ure im ersten Stadium und ihre Bildung geht der Zerspaltung in Chols\u00e4ure und Glycocoll voraus. Sie ist von Strecker 1 entdeckt, von ihm und Mulder untersucht, von ersterem nur amorf, von letzterem auch kry-stallinisch erhalten worden. Man gewinnt sie, wenn man Glycochols\u00e4ure mit concentrirter Salz- oder Schwefels\u00e4ure (?) erw\u00e4rmt, worauf sich bald \u00f6lige Tropfen abscheiden, die beim Erkalten fest und harzartig werden. Sie ist eine schwache S\u00e4ure, schmilzt im Wasserbade, wird beim Erkalten hart und spr\u00f6de. Wird das Sieden l\u00e4nger fortgesetzt, so soll die Zusammensetzung CuH^NOx sein und bei noch l\u00e4ngerem Sieden spaltet sich Glycocoll ab und es entstehen die sp\u00e4ter zu beschreibenden A freien Gallens\u00e4urederivate. Die Cholons\u00e4ure l\u00f6st sich in Alkohol, kochendem Wasser, w\u00e4sserigen Alkalien und Ammoniak, nicht in kaltem Wasser und Aether. Ihr Barytsalz ist in Wasser nicht l\u00f6slich, das Kalksalz ebenfalls nicht.\nChologlycols\u00e4ure, Cu Ha 0-.\nVerh\u00e4lt sich zur Glycochols\u00e4ure wie die Benzoglycols\u00e4ure zur Hippurs\u00e4ure, oder wie die Milchs\u00e4ure zu den Alaninen und ist von Joh. Lang 2 entdeckt. In eine salpetersaure L\u00f6sung von Glycochols\u00e4ure von 6 \u2014 8\u00b0 C. leitet man salpetrige S\u00e4ure, s\u00e4ttigt mit Barytwasser, entfernt \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt mit CO-i und concentrirt. Auf Zusatz von Salpeters\u00e4ure f\u00e4llt die Choioglycols\u00e4ure als amorfe Masse, aus der durch Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure Glycols\u00e4ure erhalten wird. Sie gibt Salze.\n1\tStrecker. Ann. d. Chemie LXVII. S. I u. LXX. S. 166. 1849. Auch Gmelin-Kraut VII. (3) S. 2048.\n2\tLang, Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 74. 1876.","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtheile der Galle; Chols\u00e4uro.\n135\nGlycodyslysin, C26-\u00d639 A 0-1.\nEin indifferenter, in Alkohol, nicht in Wasser l\u00f6slicher K\u00f6rper, der erhalten wird, wenn ein Gemenge von Glycocoll und Chols\u00e4ure 12 bis 24 Stunden im zugeschmolzenen Rohr auf 200 0 erhitzt wird. Amorfe Glycochols\u00e4ure ebenso auf 200\u00b0 f\u00fcr sich erhitzt, gibt dieselbe Substanz \u2014 J. Lang.\nChols\u00e4ure, C24/G0 (h.\nGleich der Chols\u00e4ure von Berzelius, Demarcay, Tiieyer & Schlosser und der von Strecker, nicht der von Gmelin. Von Demarcay 1833 entdeckt, lange mit Glycochols\u00e4ure verwechselt.\nDie Chols\u00e4ure kommt nicht in der frischen Galle, aber im Darmcanal und in gefaulter Galle als solche vor und wird aus den nativen Gallens\u00e4uren bei der Behandlung mit S\u00e4uren (vorher S. 132), Alkalien oder durch Einwirkung von Fermenten erhalten. Demarcay kochte die w\u00e4ssrige L\u00f6sung vom Alkoholextract der Galle mehrere Tage mit Aetzkali, oder so lange als sich noch Ammoniak entwickelte, concentrirte und zerlegte den abgeschiedenen harzigen Klumpen mit Essigs\u00e4ure. Obwohl das Kochen mit starken S\u00e4uren gleichfalls die nat\u00fcrlichen Gallens\u00e4uren spaltet, so ist dies doch nur dann vorzuziehen, wenn es sich um die Gewinnung des Glvcocolls handelt, das bei der Alkalibehandlung verloren geht. Handelt es sich aber vorz\u00fcglich um die Gewinnung von Chols\u00e4ure, so ist es besser, so wie schon Demarcay gethan hat, mit Laugen zu kochen, denn in diesem Falle entsteht die Chols\u00e4ure allein, w\u00e4hrend die kochenden S\u00e4uren je nach der Dauer der Einwirkung erst die noch A7 haltige Cholon-s\u00e4ure (S. 134), dann aber auch anhydrische Zersetzungsproducte der Chols\u00e4ure, das Dyslysin etc, liefern. Man verf\u00e4hrt daher zur Darstellung am besten so, dass man die krystallisirte Galle mit Kalilauge 24\u201436 Stunden unter Ersatz des Wassers kocht, dann einengt, die nach dem Erkalten abgesetzte krystallinische oder harzige Masse (cholsaures Kalium) abpresst, in Wasser l\u00f6st und mit Salzs\u00e4ure zerlegt, worauf die freie Chols\u00e4ure als harzige weisse Masse niederf\u00e4llt, bald aber hart und zerreiblich wird und dann aus Alkohol oder Aetherweingeist umkrystallisirt werden kann (Strecker1)* Hat man statt Lauge Barythydrat genommen, so kann aus der Mutterlauge vom ckolsauren Baryum auch das Glycocoll erhalten werden. Durch Umkrystallisiren des Baryumsalzes und Zerlegen mit Salzs\u00e4ure erh\u00e4lt man eine sehr reine Chols\u00e4ure (Latsciiinoff). Zur Krystallisation der Chols\u00e4ure ist auch noch empfohlen worden, sie in Lauge zu l\u00f6sen, die Fl\u00fcssigkeit mit Aether zu \u00fcberschichten und nun mit S\u00e4ure\nI Strecker, Ann. d. Chemie LXVI1. S. 1. 1S4S. LXX. S. 159. 1849.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nMalt, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nzu versetzen ; oder man verf\u00e4hrt wie bei der Glycochols\u00e4ure, indem man die alkoholische L\u00f6sung bis zur beginnenden Tr\u00fcbung mit Wasser versetzt und stehen l\u00e4sst. Neuestens empfiehlt Tappeiner1 folgenden abgek\u00fcrzten Weg; nachdem man die rohe Ochsengalle mit Barytwasser 5\u20147 Tage gekocht hat, wird filtrirt, das Filtrat mit Aether und Salzs\u00e4ure versetzt. Nach 1 \u2014 3 Tagen bemerkt man an der Grenze von Fl\u00fcssigkeit und Harzkuchen weisse Nadeln, die sich bald vermehren, und nach 2\u20144 Wochen ist an Stelle des Kuchens oft ein Brei von Chols\u00e4urenadeln getreten. \u2014 Aus gefaulter Galle erhielt Gorup-Besanez ganz reihe Chols\u00e4ure.\nDie Chols\u00e4ure kennt man wasserfrei, dann mit 1 und mit 21/,2 Mol. Krystallwasser. Die wasserfreie, obiger Formel entsprechende S\u00e4ure ist entweder amorf, wenn sie durch Trocknen der wasserhaltigen S\u00e4uren erhalten ist, oder krystallisirt. Die letztere erh\u00e4lt man aus der L\u00f6sung der amorfen in Aether in 4\u20146 seitigen S\u00e4ulen mit 2 Endfl\u00e4chen. Die S\u00e4ure mit 1II2 0 wird durch F\u00e4llen des Natriumcholates mit Salzs\u00e4ure unter Aether und Stehenlassen erhalten, oder aus der weingeistigen L\u00f6sung nach Zusatz von Wasser bis zur Tr\u00fcbung ; sie bildet farblose rhombische Tafeln, die bei 140\u00b0 C. ihr Wasser (gef. 4.8%) abgeben. Die S\u00e4ure mit 2*/2 HiO ist die am meisten charakteristische Form ; sie wird sch\u00f6n krystallisirt in glasgl\u00e4nzenden quadratischen Tetraedern oder Oktaedern erhalten, wenn man eine der vorerw\u00e4hnten Chols\u00e4uren aus heissem Weingeist krystallisirt, und gibt ihren ganzen Wassergehalt (gef. 9.9%) bei niedrigerer Temperatur als die vorige, n\u00e4mlich bei 100\u00b0, ab, und wird schon an der Luft undurchsichtig. Die amorfe S\u00e4ure l\u00f6st sich kaum in Wasser, leichter in Aether, leicht in Alkohol. Die S\u00e4ure mit 24^0 l\u00f6st sich in 750 kochenden und 4000 Theilen kalten Wassers, langsam aber reichlicher in Weingeist. 1000 Theile Weingeist von 70% l\u00f6sen 48 Theile Chols\u00e4ure (trocken berechnet). Glycerin und Mandel\u00f6l l\u00f6sen ebenfalls etwas Chols\u00e4ure.2\nVon den chols\u00e4uren Salzen (Cholaten), welchen die allgemeine Formel CuH^MOb zukommt, sind die Alkalisalze krvstallisirbar und in Wasser l\u00f6slich, nicht l\u00f6slich in st\u00e4rkeren L\u00f6sungen von Alkalien, Alkalicarbonaten oder Kochsalz, l\u00f6slich aber in Alkohol. Das Bar y um -cholat {Ci\\H^Ob)2\u00dfcL bildet seidengl\u00e4nzende Krusten, l\u00f6st sich in 30 Theilen kalten und 23 Theilen kochenden Wassers, noch leichter in Weingeist. Die leichte L\u00f6slichkeit des Baryumcholates sowie auch die der\n1\tTappeiner, Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 72. 1876, VIII. S. 264. 1878.\n2\tAusf\u00fchrliche Zusammenstellung \u00fcber die Modificationen der Chols\u00e4ure und deren Eigenschaften in Gmelin-Kraut\u2019s Handb. d. organ. Chemie. Letzter Band S. 2034.","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle ; Chols\u00e4ure.\n137\nBaryumsalze der Glycochol- und Taurocholsalze ist wichtig, da sie eine Trennung von den h\u00f6heren Gliedern der Fetts\u00e4uren und der Oels\u00e4ure gestattet, deren Barymsalze unl\u00f6sliche Niederschl\u00e4ge sind. Blei gibt basische Salze ; die mit Silber, Eisen(oxyd), Kupfer und Quecksilber bilden Niederschl\u00e4ge.1 Angaben \u00fcber Ester der Chols\u00e4ure sind von Hoppe-Seyler2, Baumstark3, Tappeiner4 5 6 7 gemacht. Auch ein Cholamid C24//39G4 \u2014 Nff-i ist erhalten worden, ebenso Glyceride.\nDie Cholals\u00e4ure und ihre Salze drehen rechts; die spec. Drehung der wasserfreien krystallisirten S\u00e4ure ist -|~ 50\u00b0, die der mit 2% H<i 0 ist 4-35\u00b0 f\u00fcr gelbes Licht; die Drehung der Alkalisalze ist nur in der alkoholischen L\u00f6sung unabh\u00e4ngig von der Concentration und geringer als die der S\u00e4ure. In der alkoholischen L\u00f6sung des Na-Salzes betr\u00e4gt die spec. Drehung der Chols\u00e4ure (wasserfrei) 31.4\u00b0 \u2014 Hoppe-Seyler.\nDie Zersetzungen der Chols\u00e4ure sind oft studirt worden, aber die Constitution der S\u00e4ure ist noch nicht erkannt. In concentrirter Schwefels\u00e4ure l\u00f6st sie sich in der K\u00e4lte unter Fluorecenz aut und wird von Wasser daraus wieder unver\u00e4ndert ausgef\u00e4llt; erw\u00e4rmt man dagegen, so zeigen sich die Farbenreactionen wie sie bei der Glycochols\u00e4ure beschrieben worden sind. Kochende Salzs\u00e4ure gibt die sp\u00e4ter zu beschreibenden anhydrischen Zersetzungsproducte, die auch unter dem Einfl\u00fcsse h\u00f6herer W\u00e4rmegrade sich bilden. Bei 195\" C. schmilzt die Chols\u00e4ure unter Abgabe von % Hi 0 ; bei 300 \u00fc ist sie unter Verlust von 7.3% Wasser in Dyslysin C24//36 6G \u00fcbergegangen. Bei der trockenen Destillation entwickeln sich nicht unangenehm riechende Producte, die zum Theil zu einem gelben, mit stark russender Flamme brennenden Oele condensirbar sind. Am h\u00e4ufigsten sind die Oxydationsproducte der Chols\u00e4ure untersucht worden ; Redtenbacher 0 hat die Entdeckung gemacht, dass aus dem ersten Anhydrid der Chols\u00e4ure der Choloidins\u00e4ure bei Behandlung mit concentrirter Salpeters\u00e4ure, bis diese nicht mehr einwirkt, die gummiartige Cliolester ins\u00e4ure Cs//io 05 (die aber nach Tappeiner ein Gemisch von zwei S\u00e4uren ist) gebildet werde und dass die gleiche Cholesterins\u00e4ure auch aus dem Cholesterin bei der Salpeters\u00e4urebehandlung entsteht, so dass sich dadurch ein innerer Zusammen h a n g zwischen den Gallens\u00e4uren und dem Cholesterin zu ergeben scheint. Nebst diesem Hauptproducte erhielt Redtenbacher noch fette S\u00e4uren, von der Essigs\u00e4ure an bis zur Caprins\u00e4ure, dann zwei neue seitdem nicht untersuchte K\u00f6rper \u2014 Nitrochols\u00e4ure und Cholacrol \u2014 und endlich Oxals\u00e4ure und die sog. Choloidans\u00e4ure Gigth\\0-, deren Existenz und Tribasicit\u00e4t von L. Hermann0 best\u00e4tigt worden ist. Als Schlieper 7 dann die Chols\u00e4ure selbst der Oxydation mit Salpeters\u00e4ure unterzog, wurde nur Cholesterins\u00e4ure, aber keines der fl\u00fcchtigen Producte und auch nicht Oxals\u00e4ure erhalten. Mit Chroms\u00e4uremischung hat\n1\tSiehe die Zusammenstellung in Gmelin-Kraut's Handb. VII. S. 2035\u20142038.\n2\tHoppe-Seyler. Journ. d. prakt. Chemie LXXXIX. S. 272. 1863.\n3\tBaumstark, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 60. 1873.\n4\tTappeiker, Ebenda S. 71.\n5\tRedtenbacher, Ann. d. Chemie LVII. S. 145. 1S46.\n6\tL. Hermann, Privatmittheilung.\n7\tSchlieper, Ann. d. Chemie LVIII. S. 375. 1846.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nMaly. Chemie der Yerdauimgss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nTappeiner 1 die Chols\u00e4ure oxydirt und dabei dreierlei Substanzen erhalten: l. seine Cholesterins\u00e4ure, welche krystallisirt und die Formel C\\ o Hy e 0-hat; sie bildet sich namentlich im ersten Stadium der Oxydation. 2. Feste fette S\u00e4uren, von welchen Stearins\u00e4ure und Laurins\u00e4ure isolirt werden konnten. 3. Eine neue S\u00e4ure, die Cholans\u00e4ure. Von diesen Oxydations-producten sind namentlich die fetten S\u00e4uren von Interesse, weil das erste Mal hiermit eine Beziehung1 zwischen ihnen und den Gallens\u00e4uren, also auch zwischen der Fettbildung und den specifischen Gallenbestandtheilen nachgewiesen worden ist, was wenigstens einigen Anhalt f\u00fcr die Verfolgung dieser Gesichtspunkte geben kann. Die eben erw\u00e4hnte Cholans\u00e4ure CooHosOq2 wird aus den sauren Oxydationsfl\u00fcssigkeiten erhalten, indem man die ungel\u00f6sten Massen durch Glaswolle trennt, mit Barytwasser behandelt, wobei l\u00f6slicher cholansaurer Baryt und unl\u00f6sliche fettsaure Barytsalze entstehen, und nun das cholansaure Baryum mit HCl zerlegt, worauf die S\u00e4ure in amorfen Flocken ausf\u00e4llt. Sie ist wenig in Wasser, mehr in Alkohol und Aether l\u00f6slich, krystallisirbar und rechts drehend. Die Salze sind complicirt zusammengesetzt. Wird Chols\u00e4ure mit Kaliumpermanganat behandelt, so werden als Zersetzungspro-ducte Redtenbacher\u2019s Cholesterins\u00e4ure, Kohlens\u00e4ure und Essigs\u00e4ure erhalten \u2014 Latschinoff3 4 5. Tr\u00e4gt man Chols\u00e4ure in Phosphorchlor\u00fcr, so entweicht HCl und aus dem R\u00fcckst\u00e4nde konnte Gorup-Besanez 4 eine eigenthiimliche phosphorhaltige S\u00e4ure als weisses st\u00e4ubendes Pulver darstellen von der ann\u00e4hernden Formel C72//114P2O15. Nach einer Angabe Lehmann\u2019s in seinem Handbuche soll die Chols\u00e4ure mit schmelzendem Aetzkali neben fl\u00fcchtigen S\u00e4uren auch Palmitins\u00e4ure liefern; als aber k\u00fcrzlich Gorup-Besanez 4 den Versuch wiederholte, konnte er zwar wohl Essigs\u00e4ure und Propions\u00e4ure, von festen fetten S\u00e4uren aber keine Spur finden.\nAnhydride der Chols\u00e4ure: D y s 1 y s i n ; C h 010 i d i 11 -\ns\u00e4ure.\nDas Dyslysin C24Z/36O3 (von \u00f4v\u00e7 und Ivoi\u00e7) ist von Berzelius 5 zuerst aufgef\u00fchrt und von seiner Schwerl\u00f6slichkeit selbst in kochendem Alkohol so benannt worden. Es ist ein Hauptbestandtheil des Galleu-harzes der \u00e4lteren Chemiker und wird neben andern Producten immer dann erhalten, wenn Galle oder Gallens\u00e4uren mit starken S\u00e4uren l\u00e4ngere Zeit gekocht werden; es stellt ein Endproduct der S\u00e4ureeinwirkung dar. Theyrer & Schlosser haben es 1844 6 studirt und gaben ihm die (alte) Formel CeoAGeO? (C = 6; 0 = 8), welche mit der Formel der Chols\u00e4ure in keiner einfachen Beziehung steht. Strecker7 hat die kochende\n1\tTappeiner, Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 72. 1876, VIII. S. 264. 1878.\n2\tHat nichts gemeinsam mit der Cholans\u00e4ure die Berzelius bei der Gallen-f\u00e4ulniss erhalten zu haben angibt (dessen Thierchemie S. 270) und die vielleicht unreine Choloidins\u00e4ure war.\n3\tLatschinoff, Jahresber. d. Thierchemie VIL S. 295. 1877.\n4\tGorup-Besanez, Ebenda I. S. 223. 1871.\n5\tBerzelius, Chemie S. 255.\n6\tTheyrer & Schlosser, Ann. d. Chemie L. S. 235.\n7\tStrecker, Ebenda LXVII. S. 1. 1S48.","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle ; Dyslysin, Choloidins\u00e4ure.\n139\nHCl nicht mehr auf die Gesammtgalle, sondern auf die reinen S\u00e4uren - -Glycochols\u00e4ure und Chols\u00e4ure \u2014 einwirken lassen. Nimmt mau Glyco-ehols\u00e4ure und f\u00e4hrt man mit dem Kochen fort, bis der harz\u00e4hnliche K\u00f6rper sich ausgeschieden hat, so wird dieser nach und nach immer fester und bleibt zuletzt in der kochenden Fl\u00fcssigkeit ungeschmolzen. Dabei steigt fortw\u00e4hrend der C\u2019-Gehalt (bis auf 77\u00bb, zugleich nimmt die L\u00f6slichkeit in kaltem Alkohol ab, in Aether zu und man hat am Ende nur mehr Dyslysin. Als Zwischenproducte entstehen die noch TVhaltige Glyco-cholons\u00e4ure (vorher S. 134) und die Choloidins\u00e4ure. Zur Reinigung w\u00e4scht Strecker das Dyslysin mit heissem Wasser und Alkohol, l\u00f6st in Aether, filtrirt und f\u00e4llt mit Alkohol, wobei es flockig weiss sich ausscheidet. Das Dyslysin ist Cb4 H$\u00fc Ca zusammengesetzt1 2, daher das Resultat der Einwirkung der kochenden S\u00e4ure Wasserentziehung: Chols\u00e4ure C24ZG0G5 = 2HiO 4-Dyslysin C04//30Ga, oder das Dyslysin ein Chols\u00e4ureanhydrid. Das best\u00e4tigt sich noch weiter durch die gleichfalls von Strecker untersuchte Wirkung der W\u00e4rme auf Chols\u00e4ure. Wird n\u00e4mlich die in Tetraedern krystallisirte Chols\u00e4ure bis auf 300\u00b0 erhitzt, so wird sie unter Wasserverlust dickfl\u00fcssig und br\u00e4unlich; der R\u00fcckstand ist in kochendem Alkohol unl\u00f6slich geworden, l\u00f6slich in Aether und hat die Eigenschaften vom Dyslysin. Nach Hoppe-Seyler 2 reicht schon eine Temperatur von circa 200\u00b0 aus, Dyslysin zu bilden. Durch Ausziehen der gepulverten Schmelze mit Natronlauge kann man die nicht anhydrisch gewordene Chols\u00e4ure entziehen. Man kann auch umgekehrt den Beweis der Anhydridnatur des Dyslysins liefern; kocht man es mit alkoholischem Kali eine Stunde lang, so geht es in L\u00f6sung und beim Erkalten scheidet sich eine erstarrende Masse ab, die mit Salzs\u00e4ure zerlegt wieder Chols\u00e4ure gibt.\nDas Dyslysin ist weiss oder fast weiss, erdig, geschmacklos, indifferent, schmilzt bis 140\u00b0, brennt stark erhitzt mit missender Flamme. Es l\u00f6st sich weder in kaltem noch heissem Wasser, noch Alkohol, noch verd\u00fcnnten S\u00e4uren, noch kalten Laugen. Viel Aether l\u00f6st es und auch w\u00e4sserige L\u00f6sungen von Chols\u00e4ure oder cholsauren Salzen nehmen es auf.\nCholoidins\u00e4ure. Demarcay hat 1538 angegeben, dass seine Cholei'ns\u00e4ure (unsere Taurochols\u00e4ure) durch heisse st\u00e4rkere S\u00e4uren in Taurin und in eine andere schwerl\u00f6sliche S\u00e4ure gespalten werde, die Choloidins\u00e4ure, der er die Formel C37//30O6 (C = 6, 0 = S) gab. Theyer & Schlosser erhielten \u00e4hnliche analytische Resultate, stellten aber eine h\u00f6here Formel auf. Gorup-Besanez konnte denselben K\u00f6rper aus gefaulter Galle wieder erhalten, indem er sie, nachdem sie von Schleim und den in Aether l\u00f6slichen K\u00f6rpern befreit war, mit Essigs\u00e4ure vollst\u00e4ndig pr\u00e4cipitirte. Sie stellte dann eine weisse oder gelbliche bittere spr\u00f6de Masse dar, die ein leichtes, die Luftr\u00f6hre reizendes Pulver gab, in der W\u00e4rme teigig wurde, erst \u00fcber 100\u00b0 schmolz, in Wasser und Aether fast unl\u00f6slich, aber leicht l\u00f6slich mit saurer Reaction in Alkohol war. Strecker, der sie mit den gleichen Eigenschaften bei S\u00e4ureeinwirkung auf Glycochols\u00e4ure erhielt, brachte sie in einen ungezwungenen Zusammenhang mit\n1\tAnalysen von Mulder, Theyer & Schlosser und von Strecker in Gmelin-Kraut\u2019s Handb. VII. (3) S. 2022.\n2\tHoppe-Seyler, Chem. Centralbl. 1863. S. 757.","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nden \u00fcbrigen bei der Zersetzung durch S\u00e4uren entstehenden K\u00f6rpern. Nach ihm wird zuerst Cholons\u00e4ure (siehe fr\u00fcher S. 134) gebildet, dann die Nfreie Chols\u00e4ure und endlich bei intensiver S\u00e4ureeinwirkung die zwischen der Chols\u00e4ure und dem Dyslysin in der Mitte stehende Choloidins\u00e4ure. In der That l\u00e4sst sich f\u00fcr die Choloidins\u00e4ure, die mit gut zusammenstimmen-dem Resultate von Demarcay, Dumas, Theyer & Schlosser, Gorup-Besanez und von Strecker analysirt worden istl 2, eine Formel ableiten: C24//39G412 (oder alt\t\u00d69), nach welcher sie als Chols\u00e4ure minus (2Hi 0 er-\nscheint oder auch als Dyslysin plus \\{J^HiO. In den meisten B\u00fcchern ist auf Anlass von Gerhardt der unpaaren resp. halben Atomzahlen wiegen die Formel auf\tabgerundet worden.\nDie STRECKER\u2019sche Choloidins\u00e4ure ist durch F\u00e4llen der weingeistigen L\u00f6sung mit Aether, Aufl\u00f6sen in Weingeist und F\u00e4llen mit Wasser gereinigt worden. Sie bildet ein amorfes Pulver, das beim Erhitzen erweicht, bei 150\u00b0 schmilzt, sich nicht in Wasser, wenig in Aether, leichter in Weingeist l\u00f6st. Sie neutralisirt die Basen, zerlegt Carbonate und geht durch st\u00e4rkere S\u00e4ure- oder Hitzeeinwirkung in Dyslysin \u00fcber. Bei der Unkrystallisirbarkeit der S\u00e4ure und ihrer Salze ist ihre Untersuchung schwierig und Hoppe-Seyler 2 leugnet ihre Existenz v\u00f6llig, indem er annimmt, sie sei ein Gemenge von Chols\u00e4ure und Dyslysin und die cho-loidinsauren Salze seien nichts anderes als chols\u00e4ure Salze. Wirklich wurden die sog. choloidinsauren Salze angenommen als\t. MO\n(alte Formel mit 0 = 8) und k\u00f6nnen daher keine Salze der S\u00e4ure CxsffwO\u00e7 sein. Ferner hebt Hoppe-Seyler hervor, dass die L\u00f6slichkeit des Dyslvsins in der Chols\u00e4ure eine Trennung dieser K\u00f6rper vorl\u00e4ufig nicht zulasse.\nTaurochols\u00e4ure, C26HxbNSO-.\nDemarcay\u2019s Cholems\u00e4ure und Strecker\u2019s Cholems\u00e4ure.\nDie Taurochols\u00e4ure ist als Natronsalz neben Glycocholat in der Rindsgalle, aber nur in kleiner Menge enthalten, w\u00e4hrend sie in der Galle der Carnivoren und Fische vorherrscht. Das Picromel von Thenard ist im wesentlichen Taurochols\u00e4ure. Gmelin hat 1826 das Spaltungsproduct der Taurochols\u00e4ure, das Taurin, entdeckt, aber den Zusammenhang zum Picromel nicht erkannt, sondern es neben letzterem als fertigen Gallenbestandtheil aufgef\u00fchrt, aber Demarcay hat aus seiner Cholems\u00e4ure, die er f\u00fcr die einzige S\u00e4ure der Galle hielt, durch Kochen mit st\u00e4rkeren S\u00e4uren Choloidins\u00e4ure neben Taurin erhalten. Nach Entdeckung des Schwefels im Taurin und der dadurch erleichterten Unterscheidung der S freien Glycochols\u00e4ure von der *S haltigen Taurochols\u00e4ure erschloss Strecker3 ihre Constitution aus den Zersetzungsproducten: Chols\u00e4ure und Taurin nach der Ana-\n1\tEine vollst\u00e4ndige Zusammenstellung der analytischen Resultate und das N\u00e4here \u00fcber die Salze etc. siehe in Gmelin-Kraut\u2019s Handb. VII. (3) S. 2039.\n2\tHoppe-Seyler, Chem. Centralbl. 1863. S. 757.\n3\tStrecker, Ann. d. Chemie LXV. S. 130, LXVII. S. 1 u. 16, LXX. S. 159.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle; Taurochols\u00e4ure und Taurin.\n141\nlogie bei der Glycochols\u00e4ure. Hingegen ist die Reindarstellung der Taurochols\u00e4ure noch bis heute zur\u00fcckgeblieben und man vermag sie nicht in der Menge und Reinheit zu gewinnen, wie die Glycochols\u00e4ure.\nGew\u00f6hnlich dient zur Ab sch eidun g aus Ochsengalle das Verhalten zu den Bleiacetaten. Durch neutrales Bleiacetat wird vorwiegend Glycochols\u00e4ure gef\u00e4llt, worauf Zusatz von basischem Bleiacetat zum Filtrat noch etwas Glycochols\u00e4ure zusammen mit der Taurochols\u00e4ure ausf\u00e4llt. Strecker konnte beide Bleisalze nicht weiter trennen, zerlegte sie daher mit kochendem Barytwasser und studirte sie aus den Zersetzungsproducten. Lieberk\u00fchn 1 vervollkommnte die Isolirung durch Anwendung der von Heintz empfohlenen fractionirten F\u00e4llung. Nach Entfernung des durch neutrales essigsaures Blei erzeugten Niederschlags setzt man basisches Bleiacetat unter Umr\u00fchren zum Filtrat, bis der Niederschlag anf\u00e4ngt, sich klebrig zu ballen, beseitigt diesen wieder und setzt nochmals Bleiessig hinzu. Der nun erhaltene dritte Niederschlag setzt sich sofort als pflasterartige Masse am Boden ab und ist wesentlich tau-rocholsaures Blei. Man l\u00f6st in siedendem Alkohol, filtrirt heiss in Wasser hinein, reinigt die sich absetzende Substanz durch Kneten, trocknet, l\u00f6st in wenig Alkohol, zerlegt mit IJ-iS und verdunstet das Filtrat an der Luft, zuletzt im Vacuum, wobei ein blassgelblicher Syrup bleibt, der sich aufbl\u00e4ht und zur weisslichen zerreibbaren Masse eintrocknet. Die so erhaltene S\u00e4ure l\u00f6st sich in Wasser zur klaren sauren Fl\u00fcssigkeit, die sich aber bald tr\u00fcbt, wenn man noch Wasser hinzuf\u00fcgt. Durch Zersetzung mittelst HCt oder Barytwasser konnte Lieberk\u00fchn kein Glycocoll mehr daraus erhalten. Concentrirte Schwefels\u00e4ure l\u00f6st sie auch auf und Wasser gibt darin einen in mehr Wasser wieder l\u00f6slichen Niederschlag.\nDie an Taurochols\u00e4ure viel reichere Hundegalle hat Parke1 2 zur Darstellung derselben ben\u00fctzt. Man dampft sie ein, extrahirt mit Alkohol, entf\u00e4rbt mit Blutkohle, dampft wieder ein, l\u00f6st in absolutem Alkohol auf und versetzt mit viel Aether; die dabei sich bildende allm\u00e4hlich krystallinisch werdende Ausscheidung von tauro-cholsaurem Alkali l\u00f6st man in Wasser, f\u00e4llt mit Bleiessig und Ammoniak, filtrirt, w\u00e4scht, kocht den Niederschlag mit Alkohol aus oder suspendirt darin, zerlegt mit H-i*S, verdunstet das Filtrat vom PbS auf ein kleines Volumen und mischt mit \u00fcbersch\u00fcssigem Aether, worauf die Taurochols\u00e4ure sich als Syrup abscheidet, in dem sich\n1\tLieberk\u00fchx, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1S52. I. S. 52.\n2\tParke, T\u00fcbinger med.-chem. Unters. S. 160.\n'\to","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nMaly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nnach einigem Stehen Kryst\u00e4llchen bilden, die feine seidengl\u00e4nzende Nadeln darstellen, an der Luft aber schnell zerfliessen.\nVon den weiteren Eigenschaften der Taurochols\u00e4ure ist nur weniges zu bemerken. Sie l\u00f6st sich in Wasser und Alkohol, reagirt stark sauer, zersetzt sich schon beim Kochen oder Abdampfen der w\u00e4ssrigen L\u00f6sung zur Trockne und konnte wegen dieser grossen Zersetzlichkeit, wodurch sie sich sehr von der stabilen Glycochol-s\u00e4ure unterscheidet, nie zur Elementaranalyse gebracht werden; die Reinheit der nach den obigen Methoden dargestellten S\u00e4ure ist daher problematisch. L\u00e4ngere Zeit in Pulverform der Luft ausgesetzt, l\u00f6st sie sich nicht mehr vollkommen in Wasser; anderseits soll sie aber im trockenen Zustande eine Temperatur von 100\u00b0 aushalten k\u00f6nnen. Sie gibt die PETTENKOFER\u2019sche Reaction, dreht rechts, aber schw\u00e4cher als die Chols\u00e4ure (Lieberk\u00fchn). Noch leichter als von heissem Wasser wird sie von verd\u00fcnnten S\u00e4uren, Laugen und von Barytwasser unter Wasseraufnahme in Chols\u00e4ure und Taurin zerlegt : C'26Ha5XS0\" H'iO = CiTI-XSCh -f- CuTLoO\u00f6, aber diese Spaltung ist nicht an chemisch reiner Taurochols\u00e4ure ausgef\u00fchrt, sondern nur nach Analogie bei der Glycochols\u00e4ure aus den Zersetzungsproducten construirt worden. Dieselbe Art der Spaltung scheint sie auch bei der F\u00e4ulniss der Galle, sowie im Verlaufe der fermentativen Processe im Darmrohr zu erleiden. Uebrigens wird die Zusammensetzung der Taurochols\u00e4ure durch Analysen ihrer Salze gest\u00fctzt.\nSalze. Die m\u00f6glichst rein dargestellten Alkalitaurocholate sind neutral, stark s\u00fcss, hinterher bitter, hygroskopisch, aber nicht zer-fliesslich, leicht l\u00f6slich in Wasser und Weingeist. Die w\u00e4ssrige L\u00f6sung sch\u00e4umt, die alkoholische wird von Aether gef\u00e4llt und die F\u00e4llung verwandelt sich nach gen\u00fcgend langem Stehen unter dem Aether in gl\u00e4nzende, d\u00fcnnfaserige Krystallmassen. Die L\u00f6sungen sind best\u00e4ndiger als die der freien S\u00e4ure und lassen sich unver\u00e4ndert abdampfen. Auf Zusatz von Kalilauge zur w\u00e4ssrigen L\u00f6sung der Alkalisalze scheidet sich das Kalisalz vollst\u00e4ndig aus. Auch kohlensaures Kali f\u00e4llt, nicht schwefelsaure oder Chloralkalien. Setzt man Essigs\u00e4ure oder eine Minerals\u00e4ure zur w\u00e4ssrigen L\u00f6sung der Alkalisalze, so tritt keine Tr\u00fcbung und kein Niederschlag auf, w\u00e4hrend in den Glycocholaten hierdurch eine weisse F\u00e4llung entsteht. Diese Differenz kann jedoch verschwinden, wenn es sich um Gemenge von Salzen beider S\u00e4uren handelt, indem in ihnen bei einem gen\u00fcgsamen Vorherrschen der Taurochols\u00e4ure nun auch durch verdiinntere S\u00e4uren keine Glycochols\u00e4ure mehr gef\u00e4llt wird, ein Verhalten, das schon Strecker beobachtet und das Hammarsten bez\u00fcglich des Zuflusses","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Hestandthcile der Galle: Taurochols\u00e4ure und Taurin.\n143\nder Galle zum Chymus n\u00e4her gew\u00fcrdigt hat, worauf sp\u00e4ter einzugehen sein wird. Uebersch\u00fcssige Schwefels\u00e4ure f\u00e4llt auch die gemischten gallensauren Salze harzig wohl unter Choloidins\u00e4urebildung und der harzige Niederschlag soll noch etwas Taurochols\u00e4ure oder doch ein schwefelhaltiges Zersetzungsproduct davon enthalten. L\u00f6sungen der taurocholsauren Alkalien emulgiren und l\u00f6sen Fett, Fetts\u00e4uren, Cholesterin und jenen feink\u00f6rnigen Niederschlag, der beim Mischen von Verdauungsfl\u00fcssigkeit mit Galle dann entsteht, wenn Galle nicht im Ueberschusse vorhanden ist. Auch auf Blutk\u00f6rperchen und Eiterzellen wird ihnen ein l\u00f6sender Einfluss zugeschrieben.\nTaurocholsaures Kalium, CAIJuKXSO-, findet sich in der Galle vieler Fische, oft fast ausschliesslich. Strecker hat es aus der von Pleuronectes maximus dargestellt und obiger Formel entsprechend darin 56.8 C, 8.1 H und 8.8% KiO gefunden. Zur Darstellung l\u00f6st er die schleimfreie Fischgalle in wenig Wasser und setzt concentrirte Kalil\u00f6sung in der K\u00e4lte hinzu, wobei sich fast s\u00e4mmtliche organische Substanz verbunden mit Kali in Flocken abscheidet, die man abpresst und in absolutem Alkohol l\u00f6st. Durch Einleiten von CCh entfernt man den Kali\u00fcberschuss und f\u00e4llt das taurochols\u00e4ure Kalium durch Aether. (Die Behandlung mit Kali ist noth wendig, um ein reines Salz zu erhalten, da die native Fischgalle zwar viel Kali, aber auch Natron und Magnesia als Taurocholat enth\u00e4lt.)\nTaurochols au resNatri u m Go Hu XaXSO- kann aus Hundegalle, worin es als solches reichlich vorkommt, nach der oben beschriebenen Methode erhalten werden. Es gleicht der krystallisirten Galle. Oder man zerreibt das aus Ochsengalle erhaltene pflasterartige Bleitaurocholat mit Soda, zieht mit Alkohol aus, filtrirt, f\u00e4llt mit viel Aether und l\u00e4sst dem erst harzig ausgefallenen Niederschlag Tage oder Wochen Zeit zur Krystallisation (Lieberk\u00fchn). Es ist von Strecker nach einem Hundegallenpr\u00e4parat analysirt worden. Auch die Analyse eines gummiartigen von Schlieper aus Schlangengalle (Boa) erhaltenen Ah-Salzes stimmte genau zu taurocholsaurem Natrium. Die spec. Drehung des in Alkohol gel\u00f6sten Salzes f\u00fcr gelbes Licht ist % 24.5.\nNeutralisirt man Taurochols\u00e4ure mit Barytwasser, dampft ein, l\u00f6st in wenig Alkohol, setzt das 50fache an Aether hinzu, so erh\u00e4lt man das taurochols\u00e4ure B a r y u m in krystallinischen Nadeln ; es ist in Wasser l\u00f6slich und die L\u00f6sung wird nicht von Essigs\u00e4ure, HCl und Salpeters\u00e4ure gef\u00e4llt, auch nicht von essigsaurem Blei, bildet aber mit Bleiessig eine pflasterartige Masse von taurocholsaurem Blei. Letzteres l\u00f6st sich etwas in \u00fcbersch\u00fcssigem Bleiessig auf und daher ist auch die","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nAllsf\u00e4llung durch dieses Reagens nicht vollst\u00e4ndig. Im Filtrat vom Bleiessig erzeugt NHs wieder F\u00e4llung, aber etwas Taurochols\u00e4ure bleibt doch gel\u00f6st.\nZur Unterscheidung der Taurochols\u00e4ure von der Glycochols\u00e4ure, mit der sie die Farbenreaction theilt, dient ihr durch Schmelzen mit Soda und Salpeter auszumittelnder A-Gehalt, dessen quantitative Bestimmung auch Aufschluss \u00fcber das Verh\u00e4ltnis von Taurochol- und Glycochols\u00e4ure gibt. Ihre Trennung ist nur mittelst der Bleiacetate einigermassen durchf\u00fchrbar.\nTaurin, Gi Hi NS Os.\nDas Taurin ist von Gmelin zuerst aus Ochsengalle erhalten und in seinem mit Tiedemann zusammen herausgegebenen Werke ,, die Verdauung nach Versuchen \u201c1 2 sowohl in seinen chemischen als kry-stallographischen Eigenschaften sehr gut beschrieben worden. Gmelin nannte den K\u00f6rper Ga 1 len as p a rag in, indem ihm die \u00e4ussere Aehn-lichkeit mit dem von Vauquelin und Robiquet in den Spargeln entdeckten Asparagin auffiel, und er war zweifelhaft, ob nicht beide K\u00f6rper identisch seien, \u201e indem das Asparagin auch in den Kartoffeln gefunden worden ist, und so k\u00f6nnte es sich auch in mehreren von denjenigen Pflanzen finden, welche den Ochsen zur Nahrung dienen.u Demarcay hat das Taurin als Spaltungsproduct seiner Cholems\u00e4ure kennen gelehrt, Redtenbacher hat seine wahre Zusammensetzung ermittelt (vorher S. 126) und Strecker endlich hat durch die bereits mitgetheilten Arbeiten unsere Kenntniss \u00fcber die Form in der das Taurin in der Galle vorkommt, zum Abschluss gebracht.\nFrei ist das Taurin von Cloetta 2 in der Lunge und den Nieren des Rindes gefunden, von Gr\u00fcbler 3 aber in der Hundelunge vermisst worden. St\u00e4deler4 fand es im Blute vom Hai, in vielen Organen von Rochen. Im Darm und den Excrementen ist das Taurin als Zersetzungs-product der Taurochols\u00e4ure, aber immer nur in sehr kleinen Quantit\u00e4ten und nicht constant enthalten.\nDie Darstellung des Taurins ist bei seiner eminenten Krystal-lisationsf\u00e4higkeit leicht auszuf\u00fchren. Man kocht einige Liter Ochsengalle nach Zusatz von V3 \u2014 1/r Salzs\u00e4ure in offener Schale mehrere Stunden lang. Die abgeschiedenen Gallens\u00e4uren schwimmen als \u00f6lige durch den Farbstoffgehalt erst dunkelgr\u00fcne dann schwarzbraune Masse oben und erstarren nach dem Erkalten zu einer schwarzen harzartigen Decke. Man st\u00f6sst diese durch, zieht die darunter befindliche etwas br\u00e4unliche, saure Fl\u00fcssigkeit ab, dampft sie \u00fcber freiem\n1\tTiedemann & Gmelin, Verdauung S. 60.\n2\tCloetta, Ann. d. Chemie XCIX. S. 2S9. 1S56.\n3\tGr\u00fcbler, Jaliresber. d. Thierchemie V. S. 207. 1875.\n4\tSt\u00e4deler, Journ. f. prakt. Chemie LXXIII. S. 48. 1858.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle : Taurochols\u00e4ure und Taurin.\n145\nFeuer, indem man etwa sich nochmals ausscheidencle harzige Massen entfernt, bis auf ein geringes Volumen ein. Beim Abk\u00fchlen krystal-lisirt viel Kochsalz neben Taurins\u00e4ulen, welche man nach Gmelix mit der Pincette mechanisch trennt. Vortheilhafter ist ein dem schon von Demarcay angewandten \u00e4hnliches Verfahren; man mischt die auf ein kleines Volumen eingeengte Fl\u00fcssigkeit mit dem 6 fachen starken Weingeistes, dabei scheidet sich ein Kiystallmehl von Taurin und Kochsalz ab. Dasselbe wird mit einer zur L\u00f6sung ungen\u00fcgender Menge Wassers zum Kochen erhitzt, durch einen Heisswassertrichter filtrirt und krystallisiren gelassen. Da das Kochsalz in heis-sem Wasser kaum l\u00f6slicher als in kaltem ist, das Taurin aber bedeutend mehr, so ist hierdurch gute Trennung m\u00f6glich, und man erh\u00e4lt das Taurin in der Regel sofort farblos und nach einer Um-krystallisation v\u00f6llig rein. Auch die Gallenf\u00e4uIniss l\u00e4sst sich nach Gorup-Besaxez (cit. S. 122) zweckm\u00e4ssig zur Tauringewinnung\nVA\tO\tO\nverwertken. Man l\u00e4sst die frische, also schleimhaltige Galle bei einigen 30 Graden 3 Wochen stehen, f\u00e4llt mit Essigs\u00e4ure und verarbeitet das Filtrat wie fr\u00fcher.\nTaurin bildet glasgl\u00e4nzende lange wasserhelle S\u00e4ulen des monoklinen Systems, deren n\u00e4here Form schon Gmelix 1. c. beschrieb. Sie knirschen zwischen den Z\u00e4hnen, haben keinen ausgesprochenen Geschmack, reagiren neutral, sind luftbest\u00e4ndig und unver\u00e4nderlich bis gegen 240\" C. Leber den Schmelzpunkt hinaus erhitzt entwickelt es brenzlichen und stechenden Geruch, und gibt ein Destillat, das y Th und Essigs\u00e4ure enth\u00e4lt. Es l\u00f6st sich in 15.5 Theilen Wasser von 12\u00b0 C., sehr leicht in heissem Wasser, nicht in starkem Weingeist und auch nicht in Aether. Die w\u00e4ssrige L\u00f6sung wird von Metallsalzen nicht gef\u00e4llt. Concentrirte Schwefels\u00e4ure l\u00f6st Taurin, concentrirte selbst rauchende Salpeters\u00e4ure l\u00f6st es gleichfalls unver\u00e4ndert und ohne Gasentwicklung auf, und nach dem Abrauchen der S\u00e4ure bleibt es wieder krystallisirt zur\u00fcck. Man sieht hieraus, dass das Taurin eine ungemein stabile Verbindung ist. Auch Kochen mit K\u00f6nigswasser oder mit S\u00e4uren und chlorsaurem Kalium oxydirt es so wenig, dass die Fl\u00fcssigkeit noch nach l\u00e4ngerer Zeit den Baryt nicht f\u00e4llt. Ein Strom von Chlorgas wirkt erst, wenn er \u00fcber erhitztes Taurin geleitet wird. Beim Schmelzen mit einem Gemisch von Soda und Salpeter erh\u00e4lt man aber schwefelsaures Salz.\nConstitution. Wird Taurin mit reiner Kalilauge vorsichtig zur Trockne gebracht, so entweicht iXH.i, und wenn alles V weg ist, besteht der R\u00fcckstand aus schwefligsaurem und essigsaurem Kali. Tr\u00e4gt man hingegen das Taurin in schmelzendes Kali, so gibt der Schmelzr\u00fcckstand\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nMaly, Chemie der Yerclauimgssafte u. Yerdauung. 3. Cap. Galle.\nmit S\u00e4uren auch noch H,S und Schwefelmilch. Redtenbacher 1 meinte deshalb, Taurin sei eine Verbindung von Aldehyd-Ammoniak mit Schwefeldioxyd: C-iH-NSOz = CiHiO.NHz -f- SO, etwa \u201eso verdichtet\u201c wie das Ammoniumcyanat im Harnstoff. Aber das saure schwefligsaure Aldehydammoniak, welches Redtenbacher bei dieser Gelegenheit entdeckte, hat v\u00f6llig andere Eigenschaften. Auch das stabile Verhalten w\u00fcrde nicht zu dem stimmen, was wir heute \u00fcber die generellen Eigenschaften der schwefligsauren Aldehyd-Ammoniake wissen. Das feste Gebundensein des S im Taurin spricht vielmehr f\u00fcr eine sog. Sulfos\u00e4ure, d. h. einen K\u00f6rper, der an Kohlenwasserstoff die Gruppe SO2OH angelagert enth\u00e4lt.\nWird eine salpetersaure L\u00f6sung von Taurin mit salpetriger S\u00e4ure behandelt, so wird Is\u00e4thions\u00e4ure gebildet (Gibbs):\nC2H1NSO3 -f NHOi = HiO -f At2 + C-iH,SOx zu der es daher in naher Beziehung und etwa in dem Verh\u00e4ltniss steht, wie Glycocoll zur Glycols\u00e4ure. In die Is\u00e4thions\u00e4ure kann wie in die Glycols\u00e4ure an zwei verschiedenen Stellen die Amidgruppe statt OH ein-treten unter Bildung isomerer K\u00f6rper :\nCH,. OH\tCH,. NH,\tCH, . OH\nI\tI\nCH,. SO,. OH\tCH, .SO,. OH\tCH,. SO, NH,\nIs\u00e4thions\u00e4ure Amidois\u00e4thions\u00e4ure Is\u00e4thions\u00e4ureamid\n= Taurin\nCH,. OH\nCH2. NH,\nCH,. OH\nI\nCO OH\tCO. OH\tCO. NH,\nGlycols\u00e4ure\tAmidoessigs\u00e4ure\tGlycols\u00e4ureamid\n= Glycocoll\t= Glycolamid\nFr\u00fcher hielt man nach einer Angabe Strecker\u2019s 2 das Taurin f\u00fcr das Amid der Is\u00e4thions\u00e4ure, indem derselbe angab, es nach der \u00fcblichen Methode der Darstellung der Amide, d. h. durch Erhitzen von is\u00e4thion-saurem Ammoniak auf 220\u00b0 C. unter Wasseraustritt erhalten zu haben:\nCH,. OH\tCH,. OH\n-\t-{- H, 0\nCH,. SO,ONIh\tCH2. SO2NH2\naber schon Kolbe 1 2 3 4, sp\u00e4ter Seyberth 4 und auch Erlexmeyer 4 haben die verbreitete Angabe corrigirt. Der dabei entstehende K\u00f6rper schmilzt bei 190 \u2014 193 \u00b07 krystallisirt nur warzenf\u00f6rmig und entwickelt wie die Amide mit Kalilauge Ammoniak. Es ist nicht Taurin, sondern das damit isomere Is\u00e4thionamid. Eine wirkliche Synthese des Taurin hat Kolbe5 ausgef\u00fchrt; darnach ist das Taurin die Amidos\u00e4ure der Is\u00e4thions\u00e4ure und damit dessen analoge Constitution mit dem Glycocoll den beiden Spaltungs-producten der nativen Gallens\u00e4uren hergestellt. Aus is\u00e4thionsaurem Kali wird durch Destillation mit Phosphorchlorid Chloris\u00e4thionchlorid und aus diesem durch Kochen mit Wasser Chloris\u00e4thions\u00e4ure erhalten:\n1\tRedtenbacher, Ann. d. Chemie LXV. S. 37. 1848.\n2\tStrecker, Ebenda XCI. S. 97. 1854.\n3\tKolbe, Dessen ausf\u00fchrl. Lehrbuch II. S. 770.\n4\tJahresber. d. Thierchemie IV. S. 50 u. 51. L874.\n5\tKolbe, Ann. d. Chemie CXXII. S. 33. 1862.","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtheile der Galle; Tauroehols\u00e4ure und Taurin.\n147\nCih . CI\tUh . CI\n4- Hilf) ==\t+ HCl\ncih . SO2 \u2022 c/\tUh . SO, OH\nDie erhaltene Cliloris\u00e4thions\u00e4ure erhitzt Kolbe mit einem Ueberschuss concentrirtesten w\u00e4sserigen Ammoniaks im geschlossenen Rohr auf 140\u00b0. Die Fl\u00fcssigkeit wird hernach durch Kochen von NIh befreit und der erzeugte Salmiak durch Kochen mit Bleihydroxyd zerlegt. Nach dem Entfernen des gel\u00f6sten Bleis mit IhS krystallisirt reichlich Taurin aus, dessen Bildungsgleichung daher ist:\nUh . CI\tUh . NIh\n+ %NIh = I\t+ NHiCl\nC/h . SO2 OH\tUh . SO-2. OH\nDarnach ist die Constitution des Taurins klar und man k\u00f6nnte nur noch seine geringen sauren, ja fast indifferenten Eigenschaften gegen die Annahme der sauren Gruppe SO2 . OH geltend machen. Aber diese saure Gruppe k\u00f6nnte durch die basische Gruppe NH-i desselben oder plausibler eines zweiten Molek\u00fcls abges\u00e4ttigt sein zu einem sog. ringf\u00f6rmigen Moleciil :\tCih . Mh \u2014 0 \u2014 SO-i . Uh\ncih . SO,2.0 . NIh . Uh\nIn der That sind Verbindungen mit S\u00e4uren nicht, solche mit Basen kaum gekannt. Dass sich Taurin mit Kali verbindet, erhellt daraus, dass es aus der kalisch gemachten w\u00e4sserigen L\u00f6sung nicht mehr von Alkohol gef\u00e4llt wird. Aber Carbonate vermag es nicht zu zersetzen. Heisse Taurinl\u00f6sung nimmt Bleihydroxyd auf, das von CO-i daraus wieder gef\u00e4llt wird \u2014 Kolbe. Erw\u00e4rmt man frisch gef\u00e4lltes Quecksilberoxyd mit Taurinl\u00f6sung, so entsteht ein weisser Niederschlag, der die Zusammensetzung {NIh \u2022 C'211 \\. S0-2 0)2 Hg. Hg0 nach Engel1 haben soll, w\u00e4hrend ihn J. Lang'2 nach der Formel C\\H\\2IlgN2S2O\\s zusammengesetzt fand.\nDie Schicksale des Taurins im K\u00f6rper sind trotz vieler Untersuchungen nicht v\u00f6llig klar. Da in den Excrementen nur sehr wenig Taurin sich findet, im Harn auch nicht, so muss es aufgesaugt und weiter ver\u00e4ndert werden, und diese Ver\u00e4nderungen finden ver-muthlich in der Blutbahn statt; im Blute selbst findet man es nicht. Bei Menschen, die Taurin genommen haben, fand Salkowski3 nur einen kleinen Theil davon im Harn wieder, und beobachtete ferner, dass die Sulfate des Harns keine Steigerung erfahren, dass vielmehr eine eigenth\u00fcmliche S\u00e4ure als Folge der Taurinf\u00fctterung erscheint, die Taurocarbamins\u00e4ure. Darnach sollte die Taurocarbamins\u00e4ure auch im normalen Harn Vorkommen, worin sie jedoch bisher nicht sicher nachgewiesen werden konnte. Beim Hunde wird nach Taurineinverleibung eine viel gr\u00f6ssere Menge unver\u00e4nderten Taurins im Harn gefunden, daneben noch etwas Taurocarbamins\u00e4ure, w\u00e4hrend die Schwe-\n1\tEngel, Jahresber. d. Thier Chemie V. S. 3 IS. 1ST5.\n2\tJ. Lang, Ebenda VI. S. 74. 1S76.\n3\tSalkowski, Ebenda III. S. 14G. ls73, II. S. 144. 1S72.\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nMaly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nfels\u00e4ure des Harns gleichfalls nicht vermehrt ist. Auffallend erscheint, dass die Pflanzenfresser wenigstens das Kaninchen qualitativ verschieden auf Taurin reagiren. Wird dem Kaninchen Taurinl\u00f6sung subcutan eingespritzt, so erscheint die gr\u00f6sste Menge unver\u00e4ndert im Harn, wird das Taurin aber in den Magen des Kaninchens gebracht, so findet man nur 1 2 3 4 Taurin unangegriffen, einen andern Theil als unterschweflige S\u00e4ure, w\u00e4hrend die Hauptmasse verbrannt wird und als Schwefels\u00e4ure im Harn erscheint. Da die gebildete Schwefel-s\u00e4ure dem K\u00f6rper Alkalien entzieht, so ist vermuthlich darin die Ursache der delet\u00e4ren Taurinwirkung auf Pflanzenfresser zu suchen (Salkowski). Mit Taurin gef\u00fctterte H\u00fchner zeigen gleichfalls vermehrte Schwefels\u00e4ureausfuhr (Cech 1).\nCHi.NH.CO.XH-2\nDie Taurocarbamins\u00e4ure,\t, deren Nach -\nCHi.SOi.OH\nweis und Darstellung aus Harn wir der Harnchemie \u00fcberlassen, hat Salkowski 2 k\u00fcnstlich als Kalisalz erhalten , als er eine L\u00f6sung-gleicher Molek\u00fcle Taurin und Kaliumeyanat einengte. Zerlegen der Kaliumverbindung mit Alkohol und Schwefels\u00e4ure und Eindampfen der alkoholischen L\u00f6sung gibt die freie S\u00e4ure. Behandelt man sie mit Barytwasser bei 130\u2014140\u00b0, so zerspaltet sie sich in Taurin, Kohlens\u00e4ure und Ammoniak.\nTaurinbestimmung und Schwefelgehalt der Ga Ile. Der Nachweis des Taurin ist bei der grossen Krystallisirbarkeit und seiner Unf\u00e4llbarkeit durch Metallsalze nicht schwer zu f\u00fchren. Noch ziemlich verd\u00fcnnte neutrale w\u00e4ssrige L\u00f6sungen werden von absolutem Alkohol gef\u00e4llt, und das Mikroskop zeigt den Niederschlag aus lauter gleichf\u00f6rmigen kleinen Prismen bestehend. ( Abbildung mikro-skopischer Krystalle in Funkes Atlas. 2. Aufl. V. 1.) Vor allem wird der erst nach der Zerst\u00f6rung nachweisbare S-Gehalt die Diagnose sichern. Gl\u00fchen mit Soda und Kali gibt die Eeactionen eines Sulfids, Schmelzen mit Soda und Salpeter die eines Sulfates. Aus dem erhaltenen und gewogenen BaSO\u00b1 kann man die Menge des Taurins resp. die der Taurockols\u00e4ure berechnen. Verschmilzt man reine kry-stallisirte Galle, so ist die S-Bestimmung ein Mittel das Verk\u00e4ltniss von glycochol- und taurocholsaurem Salz zu finden. Taurocholsaures Natrium enth\u00e4lt 6, das Kaliumsalz 5.8 \u00b0/o Schwefel. Bensch ; hat den V-Gehalt vieler Thiergallen auf diese Art untersucht: die frische\n1\tCech, Jahresber. cl. Thierchemie VII. S. 235. IST\u201d.\n2\tSalkowski, Ebenda III. S. 54. 1S73.\n3\tBensch. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. S. 216. 1S4S.","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle; Taurochols\u00e4ure und Taurin; Cholesterin. 149\nGalle wurde mit Alkohol gemischt von Schleim filtrirt, verdunstet, der R\u00fcckstand gepulvert, mit absolutem Alkohol digerirt, die alkoholische L\u00f6sung eingeengt, mit etwas Wasser versetzt und mit Aether gesch\u00fcttelt, bis alles Fett weg war. Dann wurde entf\u00e4rbt, eingedampft, bis 110\u00b0 getrocknet und mit Kali und Salpeter verschmolzen. K\u00fclz 1 hat die CARius\u2019sche Methode angewandt, indem er die Galle in Glask\u00fcgelchen brachte und sie in einem zugeschmolzenen Rohre nach dem Zerschellen mit starker Salpeters\u00e4ure (von J .5) erhitzte. Da die Glask\u00fcgelchen zu wenig Galle fassen, wird es vorzuziehen sein, ein Gallenextract darzustellen und davon je nach dem beil\u00e4ufigen Schwefelgehalt i\u20143 Grm. anzuwenden.\nK\u00fclz fand in der fl\u00fcssigen frischen Ochsengalle circa 0.1% S, in der Schweinegalle 0.125 %, in der Schafgalle 0.12\u20140.18%, in der Menschengalle 0.135%; Kunkel in Hundefistelgalle 0.1 % Gesammt-schwefel. Die Schwefelbestimmungen von Bensch sind damit nicht direct vergleichbar, da sie sich auf trockene Galle beziehen. Nach ihnen sind die S-reichsten also taurochols\u00e4urereichsten Gallen die vom Hund, Fuchs, B\u00e4r, der Gans, von Fischen, Schlangen, \u00e4rmer ist die Ochsengalle, noch \u00e4rmer die Menschengalle und die vom Schwein ist die schwefel\u00e4rmste.1 2 3 Der Gehalt der frischen Galle an Sulfaten ist so gering, dass er bei diesen Bestimmungen vernachl\u00e4ssigt werden konnte.\nBez\u00fcglich der Bildungsweise des Taurins im K\u00f6rper weiss man nichts; in letzter Instanz ist sein A-Gehalt auf den des genossenen Ei-weisses zur\u00fcckzuf\u00fchren. Damit steht im Einkl\u00e4nge, dass Kunkel 3 am Gallenfistelhunde eine Vermehrung des S- Gehaltes der Galle zwei bis drei Tage nach gesteigerter Eiweisszufuhr wiederholt constatiren konnte. Umgekehrt vermindert sich die S'-Ausfuhr, wenn die Eiweisszufuhr verkleinert wird.\n2. Ch \u00f6lesterin (Cholestearin), 62g Hi 4 O und Go Hi 4 O. Hi O.\nDas Cholesterin {yoh\\ und cntag Teig, Talg) oder Gallensteinfett der Aelteren wird zuerst um 1775 in einer Jenenser Dissertation, dann 17SS von Gren n\u00e4her beschrieben und ist von da an fortlaufend zuerst in Betreff seines Vorkommens und seiner noch immer kaum endg\u00fcltig entschiedenen Zusammensetzung, in neuerer Zeit aber in Bezug auf seine chemischen Derivate Gegenstand der Untersuchung\n1\tK\u00fclz. Jahresber. d. Thierchemie II. S. 241. 1872.\n2\tDie numerischen Verh\u00e4ltnisse werden bei der Beschreibung der einzelnen Thiergallen angef\u00fchrt werden.\n3\tKunkel, Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 192 u. 193. 1876.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150 Maly. Chemie der Yerclauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\ngewesen.1 Chevreul, der Entdecker der Constitution der Fette hat es durch seine Unverseifbarkeit unterschieden und ihm den Namen gegeben, der jedoch seine Bedeutung verloren hat, denn das Cholesterin ist kein f\u00fcr die Galle specifischer K\u00f6rper, sondern eine Substanz, die weit im Thierreich verbreitet ist und auch in Pflanzen vorkommt.\nDas Cholesterin kann uns heute als eine Substanz gelten, die ein im Verlaufe des Zellenlebens entstehendes Spaltungsproduct der Eiweissk\u00f6rper ist, denn obwohl es nicht W haltig ist, l\u00e4sst sich\u2018doch eine Abstammung aus Kohlehydraten oder Fetten nicht annehmen. Es kommt vorz\u00fcglich in jungen Geweben und in solchen Organen vor, die das Nerven- oder Geschlechtsleben repr\u00e4sentiren, zusammen mit verseifbaren Fetten und den phosphorhaltigen K\u00f6rpern der Lecithingruppe. Zun\u00e4chst ist es am reichlichsten im Gehirn und Nervengewebe der h\u00f6heren Thiere enthalten, dann im Dotter der H\u00fchnereier, in den Eiern der Fische (Karpfen), der Crustaeeen (Meerspinnen), reichlich auch im Sperma der h\u00f6heren Thiere, in der Milch vom H\u00e4ring, Karpfen, Lachs, in der Galle, dann im Blute, sowohl den Blutk\u00fcgelchen (etwa 0.05%) als im Serum (0.02\u20140.23 %), in den ser\u00f6sen Fl\u00fcssigkeiten, in der Krystalllinse, der Milz, der Frauenmilch, dem Schweiss, Wollfett der Schafe, im Lebertkran, in der Vernix caseosa, und wegen seiner Unver\u00e4nderlichkeit selbstverst\u00e4ndlich im Darminhalt in den Faeces und im Meconium. Noch reichlicher tritt es pathologisch und an den verschiedensten Orten auf, so fand man es in kranken Ovarien und Hoden, in scirrh\u00f6sen und medull\u00e4ren Geschw\u00fclsten, in wucherndem Papillom, im fettig dege-nerirten Herz, im Blasenstein eines Hundes ; regelm\u00e4ssig tritt es auf in Eiter, kydropiscken Fl\u00fcssigkeiten, Ovarialcysten, Strumacysten, Talgdr\u00fcsensecreten, in Tuberkelmassen, atkeromat\u00f6s entarteten Gebilden und endlich in den Gallensteinen. Im Harn fehlt es.2 Von Interesse waren die Beobachtungen Benecke\u2019s 3, dass auch aus gew\u00f6hnlichen Erbsen Cholesterin erhalten werden k\u00f6nne, und indem er die Suche darnach weiter ausdehnte, fand er es in Bohnen, Mandeln, in Mandel\u00f6l, Oliven\u00f6l, im jungen Pflanzengr\u00fcn, in Bl\u00fctken und glaubt dasselbe in allen jenen Tkeilen vorfindlich, in denen der Lebens-process und die Entwicklung organischer Formen ihre reichste Ent-\n1\tBez\u00fcglich der \u00e4lteren Literatur, deren vollst\u00e4ndige Wiedergabe mir hier nicht n\u00f6thig erscheint, sei auf die sorgf\u00e4ltige Zusammenstellung in Gmclin-Kraut\u2019s Handln VII. (3) S. 2090 verwiesen.\n2\tJahresber. d. Thierchemie V. S. TS. 1875, VI. S. 151. 1S76.\n3\tBenecke, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1862. II. S. 35 und Jahresber. d. ges. Med. 1866.","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtheile der Galle ; Cholesterin.\n151\nfaltung haben. In den Samen nimmt nach Lindenmeyer1 der Cholesteringehalt mit der Reife zu, betr\u00e4gt z. B. in trocknen, unreifen Erbsen 0.025 \u00b0/o, in reifen, trocknen 0.055%. Auch Weizenkleber, Malzkeime, Maisk\u00f6rner, Rosenknospen, Pilze, Bierhefe enthalten nachweislich Gallenfett, so dass die Verbreitung dieses Stoffes im Pflanzenreich nicht geringer zu sein scheint als die im Thierreiche.\nZur Darstellung von Cholesterin kann man alle genannten Materialien, Gehirn (Simon2, M\u00fcller3), Eidotter, Saaterbsen und andere Samen (Benecke [cit. S. 150], Lindenmeyer ]), Strumacysteninhalt etc. ben\u00fctzen ; handelt es sich aber um gr\u00f6ssere Mengen reinen Cholesterins, so wird man kein anderes Material mit Vortheil w\u00e4hlen wie menschliche Gallensteine, und zwar die sog. Cholesterinsteine, die leicht kenntlich am geringen spec. Gewicht und am fettigen Anf\u00fchlen, ohnehin die weitaus gr\u00f6sste Menge der menschlichen Gallensteine darstellen. Man zerdr\u00fcckt sie, kocht sie in einem Kolben mit starkem Alkohol, worin sich das Cholesterin leicht l\u00f6st, filtrirt heiss durch einen Wasserbadtrichter von Schleim, Pigmentk\u00f6rpern etc. ab, und l\u00e4sst erkalten. Das auskrystallisirte Cholesterin wird abgepresst, mit etwas kalihaltigem Weingeist gekocht, nach dem Erkalten mit Wasser trewaschen und etwa noch einmal aus heissem Alkohol oder\no\naus Petroleum, Chloroform, Aether umkrystallisirt.\nDas Cholesterin ist ein Pr\u00e4parat, das verschieden zusammengesetzt ist, je nach dem L\u00f6sungsmittel, aus dem es zuletzt krystallisirt worden ist; wenn es, wie gew\u00f6hnlich, aus heissem Alkohol krystallisirt ist, so enth\u00e4lt es 4.62\u20145.2proc. = 1 Mol. im Exsiccator oder bei 100u entweichendes Wasser und seine Zusammensetzung ist Cmlh\\0 JhO. Selbst aus dem st\u00e4rksten Weingeist und auch aus Aether erh\u00e4lt man es mit Krystallwasser, und bei langsamem Verdunsten der \u00e4therischen L\u00f6sung in den sch\u00f6nsten, selbst 1 Q.-C. grossen Krystallen. Diese sind d\u00fcnne, farblose, perlmuttergl\u00e4nzende monoklinische Tafeln oder Bl\u00e4tter, bei raschem Abk\u00fchlen Schuppen. Der spitze Winkel der Tafeln betr\u00e4gt h\u00e4ufig 78\u201479\u00b0, der stumpfe 101\" und dar\u00fcber, aber die Formen wechseln sehr, die Tafeln k\u00f6nnen fast rechteckig werden und anderseits auch schmal, wetzsteinf\u00f6rmig und selbst nadelf\u00f6rmig (Virchow 4, Heintz 5).\nDas aus Petroleum oder Chloroform krystallisirte Cholesterin ist\n1\tLindenmeyer, Cliem. Centralbl. 1864. S. 413. .\n2\tSimon, Handb. d. med. Chemie I. S. 285. Berlin 1S40.\n3\t5I\u00fcller, Ann. d. Chemie C^ . S. 363. 1S5S.\n4\tVirchow, Canstatt's Jahresber. d. Thann. 1S5S. II. S. 28.\n5\tHeintz, Chem.-Pharm. Centralbl. 1850. S.5TT.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152 Malt, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nwasserfrei, bildet seidengl\u00e4nzende Nadeln, schmilzt bei etwa 137\u00b01 2 ohne Gewichtsverlust zu einem wieder krystallinisch erstarrenden farblosen Oel und enth\u00e4lt 83.7\u201484.1% C und 11.8 \u2014 12.1%//, woraus sich verschiedene Formeln von ziemlich gleicher Wahrscheinlichkeit berechnen lassen (s. Anm. 1 S. 150), von denen die am meisten mit den Derivaten \u00fcbereinstimmende Formel CksHuO nach dem Vorschlag: von Gerhardt angenommen wird. Ausser den genannten Fl\u00fcssigkeiten l\u00f6st es sich in Essig\u00e4ther, CS2, Holzgeist, Eisessig, Benzol, Toluol, Steinkohlen\u00f6l, Terpentin\u00f6l. In Wasser ist es unl\u00f6slich, ebenso in w\u00e4ssrigen verd\u00fcnnten S\u00e4uren und Alkalien. Von Chloroform braucht es bei 20\u00b0 C. 6.65 Theile zur L\u00f6sung, von absolutem Alkohol bei 15\u00b0 C. 16.5, bei 34.5\u00b0 4.9 Theile, bei Siedhitze wird es davon fast unbegrenzt aufgenommen. Verd\u00fcnnter Alkohol l\u00f6st auch in der W\u00e4rme wenig und nur Spuren in der K\u00e4lte. Wasser tr\u00fcbt die alkoholische L\u00f6sung. Von Aether sind zur L\u00f6sung 12 Theile bei 0\u00b0, 3.7 bei 15\u00b0 n\u00f6thig. Wichtig f\u00fcr das Vorkommen in thierischen Fl\u00fcssigkeiten oder Elementarorganismen ist der Umstand, dass sich das in Wasser ganz unl\u00f6sliche Cholesterin in Seifenl\u00f6sungen, mit denen es Myelinformen erzeugt, ein wenig l\u00f6st oder doch so fein darin zerquillt, dass es filtrirbare, etwas trtibliche L\u00f6sungen gibt; auch in w\u00e4ssrigen L\u00f6sungen von Gallens\u00e4uren und deren Salzen, namentlich in Taurochols\u00e4ure l\u00f6st es sich auf, ebenso in Fetten und fetten Oelen und darin gel\u00f6st ist es vermuthlich im Gehirn und Eidotter enthalten. Die L\u00f6sungen des Cholesterins drehen links und zwar ist die spec. Drehung unabh\u00e4ngig von L\u00f6sungsmittel, Concentration, Temperatur und Dauer der Aufbewahrung = \u201432\u00b0 (Hoppe - Seyler) ; f\u00fcr die Linie B 20.63\u00b0, f\u00fcr D 31.59\u00b0, f\u00fcr F 48.65\u00b0 (Lindenmeyer [cit. S. 151]).\nZur Auffindung des Cholesterins in Fl\u00fcssigkeiten oder Geweben werden diese, da das Cholesterin frei vorkommt, mit Aether ausgezogen oder ausgesch\u00fcttelt, das Aetherextract mit Kali gekocht, in wenig Wasser das Ganze aufgenommen und wieder mit Aether gesch\u00fcttelt, wobei nun nur Spuren von Seifen \u00fcbergehen, die man durch eine dritte Behandlung mit alkoholfreiem Aether zur\u00fcckhalten kann. Nur im Wollfett soll nach den Untersuchungen von E. Schulze 2 das Cholesterin als Ester der S\u00e4uren der Fettreihe und der Oels\u00e4ure zugleich neben Isocholesterin Vorkommen und zwar enth\u00e4lt der in Weingeist unl\u00f6sliche Theil des Wollfetts die genannten Ester, w\u00e4hrend in dem in Weingeist l\u00f6slichen Theil freies Cholesterin und Isocholesterin sich linden. Das ausgesch\u00fcttelte Cholesterin ist schon an seinen sch\u00f6nen d\u00fcnnen Tafeln und allenfalls an der Drehung zu erkennen, gibt aber noch eine Reihe von Farbenreactionen, die \u00fcber seine Natur nie Zweifel lassen.\n1\tDas entw\u00e4sserte, trockene bei 145\u00b0 (?).\n2\tE. Schulze, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 43. 1S73.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtheile der Galle ; Cholesterin.\n153\n1.\tPhosphor s\u00e4ure f\u00e4rbt beim starken Erhitzen rothbraun.\n2.\tMit einem Tropfen starker Salpeters\u00e4ure am Tiegeldeckel abgedampft erh\u00e4lt man einen gelben Fleck, der noch warm mit Ammoniak roth wird.\n3.\tMit einem Tropfen einer Mischung von 2 \u2014 3 Vol. concentrirter HCl (oder Schwefels\u00e4ure) und 1 Vol. massig verd\u00fcnnter Eisenchloridl\u00f6sung \u00fcber freiem Feuer zur Trockne verdampft, gibt es einen R\u00fcckstand, der sich zuerst rothviolett, dann blauviolett f\u00e4rbt \u2014 H. Schiff.\n4.\tMit concentrirter Schwefels\u00e4ure verrieben wird es schnell orangengelb, braun und pechig. Am Porzellandeckel oder Objecttr\u00e4ger mit einigen Tropfen einer Mischung von 5 Schwefels\u00e4ure und 1 Wasser erw\u00e4rmt, wird es carminroth, bei 4 Schwefels\u00e4ure : 1 Wasser ohne Erw\u00e4rmen blau, bei 3:1 violett, bei 2:1 lila \u2014 Moleschott.1 F\u00fcgt man zu dem Gemisch 1 etwas Jodtinctur, so geht das Carminroth in violett, grau, gelb-gr\u00fcn, gr\u00fcn, blau \u00fcber \u2014 Virchow.\n5.\tDie L\u00f6sung des Cholesterins in Chloroform mit dem gleichen Volum concentrirter Schwefels\u00e4ure gesch\u00fcttelt, wird schnell blutroth, kirschroth bis purpurn. Einige Tropfen der rothen Chloroforml\u00f6sung in ein Sch\u00e4lchen gegossen werden blau, gr\u00fcn, dann gelb. Die Schwefels\u00e4ure unter dem Chloroform zeigt sch\u00f6n gr\u00fcne Fluorescenz \u2014 Salkowski 2 3.\nDie Constitution des Cholesterins ist unbekannt, man weiss nur aus einer Reihe gut krystallisirter und analysirter Derivate, dass es die Hydroxylgruppe OH und diese wahrscheinlich als\u2014 CHiOH d.h. Alkoholgruppe enth\u00e4lt, denn das OH ist sowohl durch Chlor \u2014 C hol est er inch loriir C'ie H\\3 CI\u2014als auch durch die Fetts\u00e4ureradicale unter Bildung von verseifbaren Estern ersetzbar. Solche Ester, die namentlich Berthelot und Andere durch l\u00e4ngeres Erhitzen mit der S\u00e4ure bei Ueberdruck hergestellt haben, sind z. B.: Essigs\u00e4ure - Cholesterinester C-28 /Ag O-i oder C-i5H\\i . Clh . 0. C-2Ih 0, Benzoes\u00e4ure = Cholesterinester C^H^O-i oder C-25 H\\ i . CHi .O.C-Hb O2 etc. Auch durch Na ist ein // ersetzbar unter Bildung des krystallisirbaren Cholesterin-Natrium Lindenmayer\u2019s C^HnNaO. Die L\u00f6sung des Cholesterins in Eisessig enth\u00e4lt eine beim Erkalten krystallisirbare lockere Verbindung beider ohne Wasseraustritt. \u2014 Cholesterin l\u00e4sst sich aus kleinen Retorten, besser in luftverd\u00fcnnten Gelassen (etwa beim Siedepunkte des Quecksilbers) zum gr\u00f6ssten Tlieil unzersetzt in feinen Bl\u00e4ttchen sublimiren, ein Tlieil wird zu brenzlichem Gel. Offen an der Luft stark erhitzt, brennt es wie Wachs. Von Chlor wird es zersetzt, Brom absorbirt es. Mit Salpeters\u00e4ure bis zur Beendigung der Einwirkung erhitzt, entsteht neben einem Weichharze die REDTENBACHER\u2019sche Colesterins\u00e4ure Cs/AoOs, die sich auch bei der Oxydation der Chols\u00e4ure bildet, nach Tappeiner (eit. S. 137) aber ein Gemisch von 2 S\u00e4uren ist. Durch Einwirkung von Schwefels\u00e4ure von gewisser Concentration hat Zwenger 3 feste Kohlenwasserstoffe erhalten, die \u00ab, fi, y Cho leste ri lin genannt wurden und ganz unvermittelt dastehen.\n1\tMoleschott, Canstatt's Jahresber. d. Pharm. 1855. II. S. 45.\n2\tSalkowski, Jahresber. d. Thierchemie IL S. 231. 1S72.\n3\tZwenger. Ann. d. Chemie LXVI. S. 5. 1848.","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nMaly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nChroms\u00e4uremischung hat L\u00f6bisch l 2, \u00fcbermangansaures Kali Latschenoff -, Phospliorchlor\u00fcr li\u00e2t Gorup-Besaxez einwirken lassen.\nIsocholesterin 626H\\40 nennt Schulze3 ein Isomeres, das er sowohl frei als in Form von Estern im Wollfett neben gew\u00f6hnlichem Cholesterin gefunden hat. Es schmilzt bei 137 \u2014 13S und gibt weder die Re-actionen mit Chloroform und Schwefels\u00e4ure, noch die mit Eisenchlorid.\n3. Die Gallenfarbstojfe.\nHistorisches. Die lebhafte F\u00e4rbung, welche die Gallen zeigen, konnte nicht lange der Aufmerksamkeit sich entziehen, Fourcroy und Thexard haben schon ihrer Erw\u00e4hnung gethan, und Tiedemann & Gmelix 4 5 6 kannten 1S26 bereits die Eigenschaft der gelbbraunen Galle des Hundes, nach AT7-Zusatz bei abgehaltener Luft z. B. in einer mit Hg abgeschlossenen R\u00f6hre unver\u00e4ndert zu bleiben, anges\u00e4uert aber nach Zusatz von Sauerstoff allm\u00e4hlich zu ergr\u00fcnen. Dieselbe Wirkung, jedoch augenblicklich weiterschreitend, fanden sie auch an der Salpeters\u00e4ure, mit der sie in schneller Aufeinanderfolge gr\u00fcn, blau, violett, dann roth erhielten. \u201eMan versetze\u201c, sagen sie, \u201eGalle mit so viel Salpeters\u00e4ure, dass die blaue F\u00e4rbung ein-tritt, \u00fcbers\u00e4ttige mit Kali und giesse dann Vitriol\u00f6l in hinreichender Menge hinzu, so hat man ein St\u00fcck vom Regenbogen. \u201c Das ist die noch heute als GMELix\u2019sche Reaction bezeichnete Erscheinung. Berzelius 5 hat aus Ochsengalle mittelst Chlorbaryum und weitere Behandlung das Biliverdin schon einigermaassen rein dargestellt und viele seiner Eigenschaften studirt. Er sagt unter anderem aber auch, \u201ediese Eigenschaften des Biliverdins stimmen in allem mit denen des Chlorophylls \u00fcberein, so dass ich entschieden bin, dasselbe als damit identisch zu betrachten, und ich habe es aus verschiedenen Gallen in allen 3 Modifieationen des Chlorophylls erhalten.\u201c Weil vorwiegend die Herbivoren die gr\u00fcnen Gallen besitzen, so hat sich diese h\u00fcbsche Irrung lange erhalten. Scherer 6 isolirte 1S45 Gallenfarbstoff aus ikterischem Harn durch F\u00e4llen mit Chlorbaryum, Zerlegen des Niederschlags mit salzsaurem Alkohol. Sehr sorgf\u00e4ltig unter Abhaltung des ergr\u00fcnend wirkenden Luftsauerstoffs extrahirte Heintz 7 8 Gallensteine, analysirte deren braunen, von Simon und ihm Biliph\u00e4in genannten Farbstoff und f\u00fchrte ihn dann, in Soda gel\u00f6st, durch Einleiten von Sauerstoff in Biliverdin \u00fcber, das er durch HCl in dunkelgr\u00fcnen Flocken f\u00e4llte. Heintz erkannte daher das Biliverdin als Oxydations-product des braunen Farbstoffes. Sehr wesentlich war eine Beobachtung von Valentixer 8 der auf Frerichs\u2019 Veranlassung mit den Leberpigmenten Versuche anstellend, fand, dass der braune Farbstoff sich reichlich in Chloroform lose und beim Verdampfen desselben in mikroskopischen Ivry-\n1\tL\u00f6bisch, Jabresber. d. Thierchemie II. S. 229. 1872.\n2\tLatschenoff. Ebenda VII. S. 295. 1877, VIII. S. 270. 1S7S.\n3\tE. Schulze. Ebenda III. S. 43. 1873.\n4\tTiedemann & Gmelin, Verdauung S. 79.\n5\tBerzelius, Chemie S. 281.\n6\tScherer, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1845. S. 347.\n7\tHeintz. Ebenda. 1851. IL S. 59.\n8\tValentiner, Ebenda 1859. IL S. 100.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle; Gallenfarbstoffe.\n155\nstallen hinterbleibe. Er wurde aus Galle, Lebern von Ikterisclien, andern Geweben, besonders aus Gallensteinen erhalten und in seiner Krystall-form beschrieben. Auf Grundlage dieses Verhaltens lehrte Br\u00fccke 1 den braunen und gr\u00fcnen Gallenfarbstoff trennen und jetzt konnte, nachdem ein Mittel der Individualisirung gefunden war, sicherer das quantitative Studium der Gallenfarbstoffe beginnen. St\u00e4deler machte den Anfang, er setzte die Zusammensetzung des braunen, von nun an Bilirubin genannten Gallenfarbstoffs und viele seiner Eigenschaften fest. Die weiteren Untersuchungen, die in der Specialbeschreibung verwerthet sein werden, r\u00fchren von mir, von Jaffe und Anderen her. Auch jede k\u00fcnftige Arbeit wird von dem krystallisirten Bilirubin auszugehen haben.\nBilirubin, C\\gII\\sAbO3.\nUebereinstimmend mit dem amorfen Bilipli\u00e4in von Simon und Heintz, mit dem Cholepyrrhin von Hein, Berzelius und fr\u00fcherer Arbeiten von mir und vielleicht auch mit dem Bilifulvin von Berzelius. Bei Tii\u00fcdichum zum Tlieil Gholeph\u00e4in genannt.\nBilirubin findet sich in der Menschen-, Schweine-, Hundegalle und kann denselben durch Sch\u00fctteln mit Chloroform zum Theil entzogen werden, ebenso manchem ikterisclien Harn. In Kryst\u00e4llchen abgeschieden li\u00e2t man es h\u00e4ufig in alten Blutextravasaten und an anderen pathologischen Orten gefunden, aber nicht alles da Gesehene ist Bilirubin. Auf mikroskopische Befunde hin haben Virchow und Andere solche gelbe und gelbrothe Kryst\u00e4llchen als H\u00e4matoidin bezeichnet, sp\u00e4ter hat sich aber gezeigt, dass unter dieser Benennung mindestens zwei verschiedene K\u00f6rper zusammengeworfen wurden. Immer ist der farbige K\u00f6rper durch Chloroform oder C S2 oder Aether ausziehbar unter Bildung von orangen- oder flammendrothen L\u00f6sungen. Aber diese verhalten sich verschieden; einigen wird durch Sch\u00fctteln mit verd\u00fcnnter Lauge aller Farbstoff entzogen, anderen keiner. Die ersteren nur enthalten Bilirubin, die zweiten enthalten einen anderen Farbstoff, der davon ganz verschieden ist, das F\u00e4rbende im Eidotter, in den Corpora lutea darstellt und als Lute\u00efn oder H\u00e4molutein zu bezeichnen ist. H\u00e4matoidin w\u00e4re sonach zu streichen, es ist so wenig als etwa Myelin ein bestimmter K\u00f6rper, sondern nur ein Ausdruck f\u00fcr ein mikroskopisches Bild. H\u00e4ufig sind diese sog. H\u00e4matoidinkrystalle Bilirubinkrystalle. Salkowski1 2 hat sie in einer Fl\u00fcssigkeit gefunden, die durch Punction aus einer Strumacyste am Lebenden erhalten war; E. Neumann3 fand sie im Blute und in den Geweben z. B. den Fettzellen der Leichen Neugeborener, die bald\n1\tBr\u00fccke, Molesch. Unters. VI. S. 173.\n2\tSalkowski. Jakresber. d. ges. Med. 1S6S. I. S. GS.\n3\tE. Neumann. Ebenda I. S. 22S.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nMaly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Yerdauimg. 3. Cap. Galle.\nnach der Gehurt gestorben waren und auch in todtfaulen Fr\u00fcchten, und Jaffe 1 in einer apoplectischen Gehirnnarbe. Der gr\u00fcngelbe oder ambrafarbige Farbstoff des Blutserums ist zum Theil Bilirubin, wenigstens beim Pferde, wie Hammarsten1 2 ganz neuerdings fand; macht man dieses Serum mit Essigs\u00e4ure schwach sauer, so f\u00e4llt nach einiger Zeit Paraglobulin, das getrocknet an Chloroform Bilirubin mit allen seinen Eigenschaften abgibt. Im Serum vom Menschen und Piind scheint es nicht vorzukommen.\nReichlicher als irgendwo ist das Bilirubin in den Gallensteinen aufgeh\u00e4uft, die daher auch zur Darstellung dienen. Es ist nicht frei darin, sondern an Erden, namentlich an Kalk gebunden (Bramsox), so dass das Chloroform es erst reichlich auszieht, wenn man vorher mit einer S\u00e4ure behandelt hat. Ein geeignetes Material ist der R\u00fcckstand von menschlichen Gallensteinen, die zur Gewinnung des Cholesterins gedient haben. Man kocht ihn wiederholt mit Alkohol aus, entfernt die Ausz\u00fcge, trocknet das dunkle Pulver, \u00fcbergiesst es mit st\u00e4rkerer Essigs\u00e4ure oder verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, wobei COi entweicht, behandelt dann mit saurem Wasser, so lange Kalk, Magnesia oder Phosphors\u00e4ure abgegeben werden, w\u00e4scht mit Wasser, dann mit starkem Alkohol und trocknet. Der jetzt erhaltene R\u00fcckstand wird in einem Extractionsapparat mit Chloroform heiss und andauernd behandelt. Die chloroformige L\u00f6sung destillirt man auf ein kleines Volum ein, versetzt mit Alkohol, wobei Bilirubin ausf\u00e4llt, tiltrirt es von der dunkelbraunen Bilifusein enthaltenden L\u00f6sung ab, und w\u00e4scht mit Alkohol und Aether. Um es v\u00f6llig rein zu haben, muss es nochmals in heissem Chloroform gel\u00f6st und mit Alkohol gef\u00e4llt werden. Weniger rein, aber daf\u00fcr statt amorf, im krystallisirten Zustande erh\u00e4lt man es beim Abdestilliren oder Verdunstenlassen der noch unreinen chloroformigen L\u00f6sung (St\u00e4deler3). Reich ist die Ausbeute aus Menschengallensteinen selten; ein viel vorz\u00fcglicheres Material sind die Gallensteine vom Rind und Schwein. Sie enthalten kaum Cholesterin, sind durch und durch kastanienbraun, erdig, zerreiblich und enthalten, wie ich4 bei Analysen fand, bis zu 40\" o Bilirubin, als Kalkverbindung. Man verarbeitet sie so wie die menschlichen Concremente, beginnt aber gleich mit der Einwirkung der S\u00e4uren.\nDas amorfe gef\u00e4llte Bilirubin ist ein orangefarbiges Pulver, mit-\n1 Jaffe, Arch. f. pathol. Anat. XXIII. S. 192.\n1 Hammarsten, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 129. ISA.\n3\tStadeler. Ann. d. Chemie CXXXII. S. 323. 1864.\n4\tMaly, Sitzungsber. d. Wiener Acad. LVII. 2. Abth. Febr. 1S6S.","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"liestandtkeile dor Galle : Gallenfarbstoffe.\n157\nunter so lebhaft wie Schwefelantimon gef\u00e4rbt; das krystallinische ist dunkelziegelroth bis dunkelbraunrotli. Die Krystalle sind meist nur mikroskopisch, in ihrer besten Ausbildung rechteckige ziemlich l\u00e4ngliche Tafeln, denen ganz flache Pyramiden aufsitzen, die fast nur durch diagonal sich kreuzende hellere Linien angedeutet sind. Bei weniger vollkommener Ausbildung findet man rhombische Bl\u00e4ttchen, Wetzsteinformen und Nadeln. Von Chloroform sind circa 580 Theile zur L\u00f6sung nothwendig; noch weniger l\u00f6slich ist Bilirubin in CS2, heissem Fusel\u00f6l, sehr wenig in Benzol, Petroleum, Eisessig, Alkohol, Aether, Terpentin\u00f6l. Fette Oele (Mandel\u00f6l) und Glycerin f\u00e4rben sich ein wenig, H\u00fchnereiweissl\u00f6sung und Speichel l\u00f6sen es nicht. Leicht und fast in jeder Menge l\u00f6st sich Bilirubin in kalischen Fl\u00fcssigkeiten, den Alkalicarbonaten, dem Ammoniak- und selbst dem Bina-triumphosphat. Diese L\u00f6sungen sind gelb bis braunroth, enthalten Bilirubinalkaliverbindungen, haben ein sehr grosses F\u00e4rbeverm\u00f6gen und werden von S\u00e4uren flockig gef\u00e4llt; die braunen Flocken am Filter gesammelt, zeigen sich auch bei rascher Operation bald missfarbig und geben an Alkohol etwas Biliverdin ab. In solcher alkalischer L\u00f6sung ist es jedenfalls in der Galle enthalten. Versetzt man die ammoniakalische L\u00f6sung mit Chlorcalcium, so fallen rostbraune Flocken der Calciumverbindung, die wahrscheinlich (Ci r, II7N-2 (h)-2 Ca ist; sie ist in den Ochsengallensteinen reichlich enthalten. Auch andere Metallderivate lassen sich f\u00e4llen1 2 und zeigen, dass das Bilirubin den Charakter einer schwachen S\u00e4ure hat. Zur Unterscheidung von \u00e4hnlich gef\u00e4rbten Pigmenten ist wichtig, dass es seinen alkalischen L\u00f6sungen nicht durch Chloroform entzogen werden kann. Beim Erhitzen zersetzt sich Bilirubin, von concentrirter Schwefels\u00e4ure wird es anscheinend im ersten Momente unver\u00e4nderlich zur braunen Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6st. Einen Absorptionsstreifen zeigt der Farbstoff im Spectrum nicht; die Lichtabsorption nimmt vom rothen gegen das violette Ende hin ununterbrochen zu. (Maly [cit. S. 156] und besonders ViERORDT-).\nBiliverdin, C\\ g II1 s A b 0\\.\nFr\u00fcher aufgenommene Formeln: Ci\u00df/ZisA2\u00d65 (Heintz); Cig#2\u00fb A2O5 (StXdelerj; Clioleverdin (Thudichum).\nDer gr\u00fcne Gallenfarbstoff, das Biliverdin, dem die Galle der Ochsen und anderer Herbivoren, dann der Fr\u00f6sche und vieler Kalt-\n1\tWenig Vertrauen erweckende Analysen davon, Thudich\u00fcm im Journ. f. prakt. Chemie CIV. S. 401.\n2\tYierordt, Jahresber. d. Thierchemie IV. S. SO. 1874.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nMaly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nbliiter die Farbe verdankt, ist ein Oxydationsproduct des Bilirubins. Er kommt ausser in der Galle auch in dem schwarzgr\u00fcnen fettigen Ueberzug auf der Placenta der H\u00fcndinnen vor (Etti1), dann im Darminhalt, im Vomitus, vielleicht auch in gewissen Harnen Gelbs\u00fcchtiger. In Gallensteinen kommt er nicht oder nur spurenweise vor.\nAus der gr\u00fcnen Ochsengalle hat es Berzelius'2 nach Entfernung des Schleims mit Chlorbaryum gef\u00e4llt. Man erh\u00e4lt dabei einen dunkelgr\u00fcnen Niederschlag, der mit Wasser und Alkohol gewaschen, mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure zerlegt wird, wobei sich das Biliverdin in Flocken abscheidet, die man mit Aether von Fett befreit und in Alkohol l\u00f6st. Nach dem Filtriren und Verdunsten bleibt ein gl\u00e4nzender dunkelgr\u00fcner Ueberzug. Viel reiner als nach Berzelius kann man das Biliverdin auch heute nicht aus Galle gewinnen, aber von vorher gereinigtem Bilirubin ausgehend kann man reines Biliverdin erhalten. Bei Gegenwart von S\u00e4uren oder Alkalien gen\u00fcgt schon der Luftsauerstoff zur Biliverdinbildung. Schliesst man eine chloro-formige Bilirubinl\u00f6sung mit etwas Eisessig in ein Bohr so ein, dass noch ein Luftraum darin bleibt, und erhitzt im Wasserbade, so erh\u00e4lt man eine sch\u00f6n gr\u00fcne Biliverdinl\u00f6sung, aber man kann daraus den Farbstoff nicht gut mit Wasser ausf\u00e4llen. Aehnlich wirken andere S\u00e4uren, die schweflige ausgenommen. Sehr rasch wirkend fand ich die Monochloressigs\u00e4ure.3 Man verfl\u00fcssigt etwas dieser bei 62\" schmelzenden S\u00e4ure, tr\u00e4gt das gepulverte Bilirubin ein, digerirt an der Luft unter zeitweiser Erw\u00e4rmung einige Tage. Wasserzusatz gibt dann einen reichlichen Niederschlag von Biliverdin, von dem die saure nur wenig gr\u00fcne L\u00f6sung abfiltrirt wird. Alkalische L\u00f6sungen von Bilirubin z. B. in Soda oder verd\u00fcnntem Kali ergr\u00fcnen im offenen Gef\u00e4ss, oder wenn man Sauerstoff einleitet, im Laufe von ein paar Tagen, worauf man zur Gewinnung von Biliverdin mit verd\u00fcnnter S\u00e4ure f\u00e4llt, ausw\u00e4scht, in starkem Alkohol l\u00f6st, von etwa unangegriffenem Bilirubin abfiltrirt und die L\u00f6sung mit Wasser pr\u00e4cipi-tirt. Auf diese Art hat schon Heintz erfahren und ich habe mit zugeschmolzenen R\u00f6hren arbeitend, nach deren Oeftnung den verminderten Druck constatiren k\u00f6nnen, der die 0-Absorption beweist. Andere Oxydationsmittel bilden schneller Biliverdin, so z. B. Salpeters\u00e4ure, bei der sich jedoch die Einwirkung nicht beherrschen l\u00e4sst, und besser Bleisuperoxyd4). R\u00fchrt man in die alkalische\n1\tEtti, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 233. 1 ST 1.\n2\tBerzelius, Chemie S. 281.\n3\tJahresber. d. Thierchemie IV. S. 302. 1874.\n4\tMaly, Sitzungsber. d. Wiener Acad. LT II. 2. Abth. Febr. 1868.","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Bcstandtheile der Galle ; Gallenfarbstoffe.\n159\nBilirubinl\u00f6sung etwas PbOi, so wird binnen ein paar Minuten die Fl\u00fcssigkeit gr\u00fcnbraun, worauf man schwach mit Essigs\u00e4ure \u00fcbers\u00e4ttigt, das niederfallende Biliverdinblei mit schwefels\u00e4urehaltigem Alkohol zerlegt, die alkoholische L\u00f6sung in Wasser giesst und die Flocken sammelt. Es gibt also zahlreiche Mittel Bilirubin in Biliverdin umzuwandeln.\nDas Biliverdin ist dunkel- bis schwarzgr\u00fcn und amorf. Beim Verdampfen einer L\u00f6sung in Eisessig soll man kleine rhombische Pl\u00e4ttchen mit abgestumpften Ecken erhalten, was aber sicher nicht immer gelingt. Es l\u00f6st sich gar nicht in Wasser, nicht in Aether, reinem Chloroform, CS-2, Benzol, leicht in Weingeist, Holzgeist, Eisessig und auch in Chloroform, wenn es mit Weingeist oder Eisessig gemischt ist. In concentrirter Schwefels\u00e4ure l\u00f6st es sich zu einer durch Wasser f\u00e4llbaren Fl\u00fcssigkeit. Starke Salzs\u00e4ure nimmt auch etwas auf. Die sauren Biliverdinl\u00f6sungen z. B. die in Eisessig sind prachtvoll feuriggr\u00fcn, die alkoholische im anges\u00e4uerten Zustande ebenso, im neutralen saftgr\u00fcn, die L\u00f6sungen in Alkalien sind gelb- bis braungr\u00fcn, und durch S\u00e4uren f\u00e4llbar. Kalk- und Barytwasser geben mit weingeistigem Biliverdin dunkle Flocken einer Ba- und ^/-Verbindung. Die Biliverdinl\u00f6sungen geben keine Spektralstreifen, die Absorption nimmt vom rotken zum violetten Ende zu, z. B. das \u00e4usserste Roth wird 16 mal weniger absorbirt als Violett zwischen G und II (Vierordt cit. S. 157).\nFormel des Biliverdins. Die von St\u00e4deler in seiner Abhandlung feit. S. 156) auf Grund einer \u00e4lteren Analyse von Heintz gegebene und in viele B\u00fccher \u00fcbergegangene Formel Ci^IhoNi O\u00fc, nach welcher die Bildung unler Wasseraufnahme verlaufen w\u00fcrde (Cio/Zis V2 O3 -p Ih 0 -f- 0), ist jedenfalls unrichtig; die Analysen der reinsten Biliverdinpr\u00e4parate stimmen darin \u00fcberein, dass nur \u00dc aufgenommen wird, also C\\_\u00a7H[%N-i(h 1 oder, wie Thudichum (cit. S. 157) vorgibt, Cs Ih NO-i, was auf dasselbe hinauskommt. F\u00fcr diese Formel stimmt auch die bei der Bildung von Biliverdin aus analysirtem Bilirubin von mir gefundene Gewichtszunahme 2. Nur die Annahme w\u00e4re noch zul\u00e4ssig, nach welcher die Formel 632 Ih%N\\ Oq ist. Das sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnende Brombilirubin fand ich n\u00e4mlich3 C32 #33 Br% Ah Oq , eine Formel, die nicht theilbar ist wegen des Bromgehaltes ; nun l\u00e4sst sich aber daraus mit Kalilauge durch 24 st\u00e4ndiges Stehen das Brom herausl\u00f6sen, und es resultirt ein K\u00f6rper von den Eigenschaften und der Zusammensetzung des Biliverdins, was nur so zu deuten ist, dass die 3 Br durch 3 Hydroxyle ersetzt w\u00fcrden: C^IhiBr-iNxO^ -p 3A7/D = 3\u00c47?r -j-C32/C33( OII):i A4 0[\\. Jedenfalls sind die fraglichen Schwankungen, um die\n1\tMaly. Jahresber. d. Thierchemie TV . S. 3u2. 1874.\n2\tEbenda III. S. 43. LS73.\n3\tMaly, Ebenda V. S. 193. 1875.","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nMaly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nes sich noch handelt, sehr gering, entweder: C\\6H\\%N%Oz -J- 0 oder C\\q N'2 Os -f- 11 22 0. Falsch ist die Angabe, dass die Biliverdinbildung aus Bilirubin von einer CO2 -Abspaltung begleitet w\u00e4re; es spaltet sicli nichts ab.\nBilifuscin. Ein kaum gekannter, mit diesem Namen belegter, dunkel bis schwarzbrauner Farbstoff, geht bei der Darstellung des Bilirubins mit diesem in die Chloroforml\u00f6sung. Wird letztere eingeengt und mit Alkohol das Bilirubin gef\u00e4llt, so bleibt der dunkle Farbstoff im alkoholischen Filtrat zugleich mit noch etwas Cholesterin und h\u00f6heren fetten S\u00e4uren. Durch Behandlung mit Aether kann man die letzteren und nachdem diese entfernt sind, mit Chloroform etwa noch vorhandenes Bilirubin ausziehen. Die nun bleibende schwarze, zum dunkelolivenfarbigen Pulver zerreibliche Masse nannte StXdeler Bilifuscin und gab ihr auf Grund einer unvollst\u00e4ndigen Analyse die fragliche Formel C16//20-V2 \u00d64 K St\u00e4deler\u2019s Bilifuscin soll noch die Gmelix\u2019scIic Reaction geben. Br\u00fccke hingegen, der auf \u00e4hnliche Weise diesen Farbstoff abgeschieden hat, betont gerade das Nichteintreten der genannten Reaction und will zum Unterschiede von Bilirubin und Biliverdin nur das Gallenpigment als Bilifuscin bezeichnet wissen, welches die GMELix\u2019sche Reaction nicht gibt. Bilifuscin l\u00f6st sich mit schwarzbrauner Farbe in Alkohol, Eisessig und Alkalien, im reineren Zustande kaum in Aether und Chloroform. Sein genetischer Zusammenhang zum Bilirubin ist unbekannt. Es d\u00fcrfte der Farbstoff sein, welcher den ikterischen Harn und die Leichengalle dunkel f\u00e4rbt; aus letzterer hat es Simoxy 2 darzustellen versucht.\nBiliprasin nannte St\u00e4deler einen dunkelgr\u00fcnen, in Alkalien mit gr\u00fcnbrauner Farbe l\u00f6slichen Stoff der Gallensteine, den man, nachdem mit Chloroform Bilirubin + Bilifuscin ausgezogen worden ist, durch Behandlung des R\u00fcckstandpulvers mit Alkohol soll extrahiren k\u00f6nnen. Es fehlt jeder Grund zur Annahme des Biliprasins, das wahrscheinlich nur unreines, Bilifuscin haltiges Biliverdin ist. Bililiumin ist der Name der schwarzen Masse, die aus dem, mit allen \u00fcbrigen L\u00f6sungsmitteln ersch\u00f6pften Gallensteinpulver von concentrirtem w\u00e4sserigen Ammoniak extra-hirt wird.\nBilirubin und Biliverdin bezeugen ihre n\u00e4chste Verwandtschaft durch ein ziemlich \u00fcbereinstimmendes Verhalten gegen auf sie einwirkende Reagentien, so dass beide diesbez\u00fcglich gemeinsam be-handelt werden k\u00f6nnen. Mit nascirendem Wasserstoff geben sie Hydrobilirubin, mit salpetriger oder Salpeters\u00e4ure entsteht jene Reihe von farbigen Oxydationsprodueten, die bei gleichzeitigem Auftreten die sog. G-MELiN\u2019sche Probe darstellt, und bei Einwirkung von Brom entsteht gleichfalls eine Reihe ebenso gef\u00e4rbter K\u00f6rper, die aber nicht Oxydationsproducte, sondern bromirte Substanzen sind.\n1\tSt\u00e4deler. Ann. d. Chemie CXXXII. S. 323.\n2\tSimoxy, Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 75. 1876.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Gallenfarbstoffe.\n161\nHydrobilirubin, Ck%H^N\\0-.\nIm Fieberharn ist von Jaff\u00e9 1 ein Farbstoff mit sehr auffallenden Eigenschaften entdeckt worden, den er Urobilin nannte. Es war das erste Mal damit ein gut charakterisirter K\u00f6rper unter den Harnfarbstoffen gefunden. Von mir1 2 ist dann das Urobilin k\u00fcnstlich durch eine glatte Reaction aus Bilirubin erhalten und Hydrobilirubin genannt worden.\nAlkalische Bilirubinl\u00f6sung wird mit Natriumamalgain stehen gelassen, vom Quecksilber abgegossen und die hellbraun gewordene Fl\u00fcssigkeit mit Salzs\u00e4ure versetzt. Durch den S\u00e4urezusatz wird das ganze wieder dunkler, dunkelrotkbraune Flocken von Hydrobilirubin scheiden sich reichlich ab, und lassen sich von dem granatrothen noch von demselben Farbstoff enthaltenden Filtrat leicht trennen. Man l\u00f6st nochmals in Ammoniak, f\u00e4llt wieder mit S\u00e4ure und w\u00e4scht mit Wasser. Nach dem Wegwaschen der Salze ist das Pigment weniger in Wasser l\u00f6slich. Getrocknet ist es ein dunkelrothbraunes Pulver, das sich leicht in Alkohol und Aetheralkohol, weniger in Aether l\u00f6st. Die concentrirten L\u00f6sungen sind braunroth, die verd\u00fcnnten rosafarbig. Chloroform l\u00f6st mit gelbrother Farbe und gibt das Pigment an alkalische Fl\u00fcssigkeiten ab. Die verd\u00fcnnten L\u00f6sungen in Alkalien sind gelb wie Harn, auf S\u00e4urezusatz werden sie roth ; letzteres ist daher die Farbe des im freien Zustande eine schwache S\u00e4ure darstellenden Pigmentes, die gelbe Farbe die der Alkaliverbindungen. Die Baryumverbindung ist ebenfalls l\u00f6slich, die mit Zink bildet einen dunkelrothen Niederschlag. Ausser dem Farbenwechsel auf Zusatz von S\u00e4uren und Alkalien ist die Lichtabsorption f\u00fcr die L\u00f6sungen charakteristisch. W\u00e4hrend Bilirubin und Biliverdin keine deutlichen Streifen zeigen, geben die rothen also \u00absauren Hydrobili-rubinl\u00f6sungen ein dunkles Band zwischen b und Ft das auf Zusatz von Ammoniak verblasst, aber wieder intensiv und ein wenig nach links ger\u00fcckt, auflebt, wenn zu der ammoniakalischen L\u00f6sung ein paar Tropfen Chlorzink gesetzt werden. In dieser L\u00f6sung ist das Band am dunkelsten, in der ammoniakalischen ohne Zink am wenigsten deutlich. Sehr genau hat Vierordt die Lichtabsorptionsverh\u00e4ltnisse des Hydrobilirubins gemessen ; das Absorptionsmaximum liegt bei der ammoniakalischen L\u00f6sung zwischen E18 F\u2014E63F7 bei der spiritu\u00f6sen zwischen E63F\u2014U.3 Charakteristisch ist auch die\n1\tJaff\u00e9, Arch. f. pathol. Anat. XCVII. S. 4U5.\n2\tMaly. Jahresber. d. Thierchemie II. S. 232. 1ST2.\n3\tVierordt. Jahresber. d. Thierchemie III. S. 62. 1ST3. Siehe auch Vierordt's Monographien : Die Anwendung des Spectralapparates zur Photometrie der Absorp-tionsspeetren. T\u00fcbingen 1ST3 und besonders: Die quantitative Spectralanalyse in ihrer Anwendung auf Physiologie. Physik. Chemie und Technologie. T\u00fcbingen 1876.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nammoniakalische zinkhaltige Pigmentl\u00f6sung durch ihre Rosenfarbe und ihre sch\u00f6ngr\u00fcne Fluorescenz; die L\u00f6sung des frisch gef\u00e4llten Hydrobilirubinsilbers in Ammoniak zeigt lebhaft die Farben tr\u00fcber Medien. \u2014 Bez\u00fcglich der Abscheidung des Urobilins aus dem Harn nach Jaffe muss auf die Harnchemie verwiesen werden.\nDie k\u00fcnstliche Darstellung des Hydrobilirubins aus Bilirubin hat das Pigment in genetischen Zusammenhang mit den Gallenfarbstoffen (es entsteht auch aus Biliverdin) gebracht, und mag dessen Namen um so mehr rechtfertigen, als es kaum einem Zweifel unterliegen wird, dass auch innerhalb des Darmcanals das mit der Galle abgesonderte Bilirubin durch nascirenden Wasserstoff zu Hydrobilirubin reducirt wird. Nach amylumreicher Nahrung finden wir im D\u00fcnndarm Milchs\u00e4ure und Butters\u00e4ure, die Butters\u00e4ureg\u00e4hrung geht aber unter Entwicklung von Wasserstoff vor sich. Freier Wasserstoff, der doch nur im Darm selbst entstanden sein kann, findet sich darin bis zu 50 Vol.-Proc. und dar\u00fcber (Magendie & Cheveeul, R\u00fcge), namentlich nach Milchkost. Man k\u00f6nnte fast bestimmt voraus sagen, dass unter solchen Umst\u00e4nden im Darm die Gallenfarbstoffe hydro-genisirt werden m\u00fcssen. Schon lange ist bekannt, dass die Gallenpigmente der Faeces die GMELix\u2019sche Reaction nicht mehr zeigen, das Hydrobilirubin zeigt sie auch nicht mehr oder doch nicht in der gew\u00f6hnlichen Weise. Jedenfalls ist dabei ein Theil zu Hydrobilirubin geworden, das man im Inhalte des Dickdarms oder in den Faeces selbst leicht nachweisen kann. Es gen\u00fcgt dazu Extraction mit verd\u00fcnntem Weingeist, Eindunsten und Aufnehmen in st\u00e4rkerem Weingeist. Die Lichtabsorption und die andern markirten Eigenschaften lassen dann leicht das Hydrobilirubin erkennen. Vanlair & Masius 1 2 nannten es Stercobilin, Jaff\u00e9 2 hat es mit seinem Urobilin als identisch erkannt, von mir ist auf dessen Bildungsvorgang im Darm hingewiesen worden. Es geht nach subcutaner Injection in den Harn und scheint mir im Ochsenblutserum vorhanden zu sein.3 In frischer Menschengalle kommt es neben Bilirubin vor.\nDas Hydrobilirubin ist das einzige Mittelglied, durch das sich ein chemisch nachweisbarer Zusammenhang der Gallenfarbstoffe mit dem Blutroth ergibt; Hoppe - Seyler 4 hat n\u00e4mlich bei der Behandlung von H\u00e4matin mit Zinn und Salzs\u00e4ure einen braunrothen, allerdings chlorhaltigen K\u00f6rper erhalten, den er aber sp\u00e4ter als unreines Hydrobilirubin erkannt hat. Selbst H\u00e4moglobin gibt bei\n1\tVanlair & Masius, Jahresbcr. d. Thierchemie I. S. 229. 1871.\n2\tJaff\u00e9, Ebenda. 3 Maly, Ebenda II. S. 232. 1872.\n4 Hoppe-Seyler, Ebenda I. S. 80. 1871, IV. S. 209. 1874.\n\u00ab","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandteile der Galle: Gallenfarbstoffe.\n163\ngleicher Behandlung noch den Farbstoff, ebenso auch Biliverdin, Chotelin und Brombilirubin.\nEinwirkung von Salpeters\u00e4ure: GMELiN\u2019sche Probe.\nDie Umwandlung von Bilirubin zu Biliverdin ist nur das erste Stadium eines Oxydationsprocesses, der unter dem Einfl\u00fcsse mancher Agentien, besonders der salpetrigen und Salpeters\u00e4ure leicht weiter schreitet und eine Reihe von farbigen K\u00f6rpern bildet, die durch die bestimmte \u00f6rtliche oder zeitliche Aufeinanderfolge eine untr\u00fcgliche Erkennungsreaction f\u00fcr Bilirubin und Biliverdin gestatten. Dieselbe ist als GMELm\u2019sche Probe bekannt (vorher S. 154) und wird so ausgef\u00fchrt, dass man in ein Proberohr ein paar C.-C. st\u00e4rkerer (gelber) Salpeters\u00e4ure bringt und die Gallenfarbstoffl\u00f6sung darauf schichtet, oder dass man die Farbstoffl\u00f6sung mit einem Alkalinitrat mischt und in sie etliche Tropfen concentrirter Schwefels\u00e4ure mit der Vorsicht hinabfliessen l\u00e4sst, dass nicht sofort Mischung eintritt. Der chromatische Wechsel tritt bald ein, wird aber erst nach kurzem Stehen sch\u00f6n und zeigt dann von oben nach abw\u00e4rts der S\u00e4ure sich n\u00e4hernd gr\u00fcn, blau, violett, roth und endlich gelb. Gewisse Harne geben die GMELiN\u2019sche Reaction meist sch\u00f6ner als die reinen Pigmentl\u00f6sungen. Am besten wendet man f\u00fcr den letzteren Fall alkalische Bilirubinl\u00f6sungen an, die vor dem S\u00e4urezusatz mit dem gleichen Volumen Weingeist vermischt wurden, wobei allerdings prachtvolle Farben-reaction eintritt, auch dann, wenn die Salpeters\u00e4ure frei von salpetriger S\u00e4ure war. Die Farben sind gleichzeitig \u00fcbereinander sichtbar und bilden ein oder mehrere Mm. hohe Ringe. Bei Biliverdin f\u00e4ngt die Reaction nat\u00fcrlich erst mit Blau an, das aber in der Regel am wenigsten ausgesprochen ist. Roth und Gelb allein bezeugen noch keinen Gallenfarbstoff, Gr\u00fcn und Violett m\u00fcssen immer deutlich sein f\u00fcr die Diagnose. V-t Milligrm. Bilirubin in 4 C.-C. L\u00f6sung bringt noch ein sch\u00f6nes Farbenspiel hervor; die Grenze der Reaction mag etwa bei 70\u201480000 f\u00e2cher Verd\u00fcnnung liegen.\nSoferne das Biliverdin schon gew\u00fcrdigt worden ist, hat die n\u00e4here Schilderung der GMELiN\u2019schen Reaction beim blauen K\u00f6rper, \u2014 wir wollen ihn mit Heynsius & Campbell Bilicyanin nennen, an-zukn\u00fcpfen, dann zum violetten Product \u00fcberzugehen. Dieser violette Ring ist wahrscheinlich nur ein Gemisch vom blauen und dem darunter folgenden rothen K\u00f6rper. Den Schluss der Salpeters\u00e4urereac-tion macht der gelbe (gelbr\u00f6thliche) Ring, er entspricht dem Chole-telin, auf das die Salpeters\u00e4ure nicht weiter einwirkt. Bevor wir zur Beschreibung dieser K\u00f6rper \u00fcbergehen, ist noch die Natur der Einwirkung zu er\u00f6rtern.\nli*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164 Maly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nDie Salpeter- resp. salpetrige S\u00e4ure kann oxydiren, nitriren, Iso-merien bilden (Elaidins\u00e4ure), sie kann spalten, die Amidgruppe gegen die Hydroxylgruppe ausl\u00f6sen (Alanine), Amidos\u00e4uren in Diazoverbindungen \u00fcberf\u00fchren etc., so dass nicht ohne Weiteres die Natur der GMELiN\u2019schen Farben vom Biliverdin hinab klar wird. Die Analyse des Choletelins jedoch l\u00f6st die Frage:\n\tKohlenstoff.\tSauerstoff.\tStickstoff.\nBilirubin enth\u00e4lt 67.1%\t\t16.8%\t9.8%\nBiliverdin \u201e\t68.6\t2 1.2\t9.3\nCholetelin \u201e\t55.5\t30.0\t9.1\nin dem Sinne, dass kein\tStickstoff aus\tgel\u00f6st wird,\tdass vielmehr nur\neinfache fortschreitende Oxydation stattfindet (Maly [cit. S. 165]). Es ist daher kein bedenklicher Schluss, dass auch die noch nicht einmal ann\u00e4hernd isolirten Zwischenproducte der blaue und rothe K\u00f6rper intermedi\u00e4re Oxydationsproduete sind.\nCholecyanin oder Bilicyanin, das blaue resp. violette Stadium der Oxydation auf Bilirubin ist sehr oft beobachtet und in seinen Spectral-erscheinungen beschrieben, aber nie ann\u00e4hernd als reiner K\u00f6rper erhalten worden. Das liegt in der ungemein grossen Schwierigkeit das Stadium festzuhalten ; die Oxydation geht bald weiter oder es treten sonst Ver\u00e4nderungen ein, so dass oft ein paar Stunden Stehen ohne weiteres Zuthun gen\u00fcgen, die Farbe zu ver\u00e4ndern. Eine sch\u00f6n blaue L\u00f6sung erh\u00e4lt man oft, wenn man eine chloroformige Bilirubinl\u00f6sung mit wenig Salpeters\u00e4ure sch\u00fcttelt und sobald violett eingetreten ist, Weingeist hinzumischt; die L\u00f6sung wird tief blau und h\u00e4lt sich einige Zeit. Auch das Verfahren wird empfohlen: man vermischt eine ammoniakalisclie Bilirubinl\u00f6sung mit stark gelber Salpeters\u00e4ure, beseitigt von Zeit zu Zeit den meisten S\u00e4ure\u00fcberschuss mit Ammoniak, wobei man einen dunklen flockigen Niederschlag erh\u00e4lt, dem man Biliverdin durch Alkohol entziehen kann, w\u00e4hrend ein tief schwarzblaues Pulver zur\u00fcckbleibt. Jaff\u00e9 1 hat zuerst beobachtet, dass, wenn man zu weingeistigem Biliverdin oder zu einer weingeistigen ammoniakalischen L\u00f6sung von Bilirubin salpetrige Salpeters\u00e4ure bringt, dann, sobald sich die Farbe des Gemisches dem Blau n\u00e4hert, ein vor D beginnender zwischen D und E endigender Absorptionsstreifen auftritt, der beim Verd\u00fcnnen in zwei verwaschene Streifen a und \u00df zerf\u00e4llt; sie geh\u00f6ren dem blauen (resp. violetten) Oxydations-product an. Beim Weitergehen der Reaction tritt ein dritter Streifen zwischen b und F auf (er ist y genannt), w\u00e4hrend die ersten beiden schw\u00e4cher werden. Dieser dritte Streifen geh\u00f6rt nicht mehr dem Cholecyanin, sondern dem Choletelin an. Von zahlreichen Autoren, Fuda-kowski -, Stokvis 1 2 3, Bogomoloff (cit. S. 129) und besonders von Heynsius\nund Campbell4 ist diese Spectralerscheinung best\u00e4tigt worden, aber durch\n\u00ab\n1\tJaff\u00e9, Jahresber. d. ges. Med. 1868.1. S. 85.\n2\tF\u00fcdakowski, Ebenda 1869.\n3\tStokvis, Jabresber. d. Tbiercbemie II. S. 239. 1872.\n4\tHeynsius & Campbell. Ebenda I. S. 225. 1871.","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtheile der Galle : Gallenfarbstoffe.\n165\ndie Einseitigkeit der Beobachtungen sind mannigfaltige Verwirrungen unterlaufen. So sind die damit zusammengeworfenen am blauen durch Bromeinwirkung erhaltenen Producte beobachteten Erscheinungen als nicht hierhergeh\u00f6rig zu trennen. Dazu kommt noch die complicirende Schwierigkeit, dass unter verschiedenen Umst\u00e4nden dem K\u00f6rper verschiedene Farben zuzukommen scheinen. Die neutralen L\u00f6sungen werden als blaugr\u00fcn, stahlblau oder violett angegeben, die sauren sind rein und feurigblau, die alkalischen gr\u00fcn. Der K\u00f6rper l\u00f6st sich in Alkohol und in Chloroform mit blauer oder violetter Farbe. Mittelst letzterem L\u00f6sungsmittel hat Jaff\u00e9 eine Isolirung versucht; wenn die salpetrige S\u00e4ure so lange eingewirkt hat, dass die Streifen u und \u00df deutlich sichtbar sind, wird die saure alkoholische Fl\u00fcssigkeit mit Wasser gemischt und mit Chloroform gesch\u00fcttelt; es geht dann das Bilicyanin in Chloroform \u00fcber, aus dem man es nach dem Abwaschen der S\u00e4ure als dunkelvioletten R\u00fcckstand erh\u00e4lt, der mit S\u00e4uren sch\u00f6n blau wird. Dass der dritte Streifen y dem Choletelin angeh\u00f6rt, haben Heynsius & Campbell erkannt, deren \u00d6riginal-abhandlung zahlreiche Spectralbilder beigef\u00fcgt sind; der erste sch\u00e4rfere Streifen liegt hinter C, der zweite schwache bei D. \u2014 Kocht man von Cholesterin befreite Gallensteine mit Salzs\u00e4ure aus, so wird h\u00e4ufig ein violettes Filtrat erhalten; der so gef\u00e4rbte K\u00f6rper entsteht also in kleiner Menge schon unter dem Einfl\u00fcsse des Luftsauerstoffs. Hierher geh\u00f6rt wohl auch die Beobachtung Ritters1 von der blauen Galle: wenn man Galle mit Chloroform, die gelbe Chloroforml\u00f6sung mit Sodal\u00f6sung sch\u00fcttelt und dann mit Salzs\u00e4ure behandelt, so erh\u00e4lt man 2 Schichten, in deren einer ein blauer Farbstoff suspendirt ist.\nDas n\u00e4chste dunkelrothe Oxvdationsproduct Bilipurpurin ist noch weniger bisher isolirt oder n\u00e4her untersucht worden.\nCholetelin, von mir'2 entdeckt, ist das letzte Product der bei der G.MELiN\u2019sehen Reaction (von r\u00e9 log Ende) erhaltenen K\u00f6rper, es entspricht dem untersten gelben Ringe. Um es in gr\u00f6sserer Menge zu gewinnen, wird Bilirubin in Alkohol suspendirt und mit den braunen D\u00e4mpfen von salpetriger S\u00e4ure behandelt, die man beim Erhitzen von weissem Arsenik mit Salpeters\u00e4ure erh\u00e4lt. Die Fl\u00fcssigkeit macht die ganze Farbenreihe durch, das Bilirubin l\u00f6st sich und man erh\u00e4lt eine helle, gelbr\u00f6thliche Fl\u00fcssigkeit von geringer f\u00e4rbender Kraft, die man in Wasser giesst, worauf sich Choletelin in eisenoxydfarbigen Flocken abscheidet, die trocken ein braunes Pulver bilden. Es ist nicht krystallisirbar, vermuthlich Gg //is AT2 zusammengesetzt, in Alkalien l\u00f6slich, durch S\u00e4uren daraus f\u00e4llbar, auch l\u00f6slich in Chloroform, Alkohol, Aether und Essigs\u00e4ure. Die Silberverbindung stellt braune Flocken dar. Heynsius & Campbell (cit. S. 164) machten aufmerksam, dass das Choletelin (aber nur in saurer L\u00f6sung),\n1\tChem. Centralbl. 1ST0. S. 277.\n2\tMaly. Sitzungsber. d. Wiener Acad. LVII. 2. Abth. Febr. 1S6S, LIX. 2. Abth. April 1869.","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nbesonders gut in der frisch bereiteten, noch salpetrige D\u00e4mpfe enthaltenden L\u00f6sung einen blassen Absorptionsstreifen zeigt, der zwischen b und F liegt und dass der Streifen y von Jaff\u00e9 eben dieser Choletelinstreifen ist. In der neutralen alkoholischen L\u00f6sung ist nichts davon zu sehen, in dieser nimmt vielmehr nach den genauen Messungen von Vierordt die Absorption vom Both zum Violett ohne Unterbrechung zu (eit. S. 157). So unbedeutend die erw\u00e4hnte Spectral erscheinung des Choletelins ist, so hat sie doch zu Verwechslungen gef\u00fchrt, soferne Heynsius & Campbell, dann St\u00fckvis1 darauf hin die Identit\u00e4t des Choletelins und Hydrobilirubins glaubten aussprechen zu m\u00fcssen, was bei zwei auf geradezu entgegengesetzten Wegen erhaltenen Substanzen schon von vorneherein unwahrscheinlich war und dem Entdecker beider kaum entgangen sein k\u00f6nnte. Die Meinung, dass es sich in beiden F\u00e4llen um Spaltungsproducte handle, hat L. Liebermann'2 beseitigt, indem er zeigte, dass Bilirubin circa 95 % Hydrobilirubin bei der Behandlung mit Wasserstoff und circa 72% Choletelin bei der Oxydation liefert. Durch Xa-Amalgam geht aber Choletelin in Hydrobilirubin \u00fcber.\nDie Unterschiede zeisrt noch folgende Uebersicht.\nAus Bilirubin Im Spectrum der alkoholischen L\u00f6sung Die saure L\u00f6sung Die alkalische L\u00f6sung Die ammoniakalische zinkhaltige L\u00f6sung Gibt mit einem Tropfen conc. Schwefels\u00e4ure und einem winzigen K\u00f6rnchen Salpeter\nIl y d r o b i 1 i r u b i n durch Reduction Band Fq 3 F\u2014F: das mit NH) verschwindet rothbraun \u2014 rosenrot! 1 wird braungelb\u2014gelb\nfluorescirt gr\u00fcn\ndie bunte Marmorirung der GMELix\u2019sclien Farben\nCholetelin durch Oxydation\nkein Band gelb\nbleibt gelb fluorescirt nicht\nnichts.\nEinwirkung von Brom. Die Halogene wirken lebhaft auf Bilirubin ; Chlor erzeugt zu in Wasser suspendirtem Farbstoff geleitet, weissgelbliche Flocken, die nicht krystallisiren. Brom erzeugt eine Reihe merkw\u00fcrdiger Ver\u00e4nderungen. Bringt man Bilirubin unter eine Glocke, die Bromd\u00e4mpfe enth\u00e4lt, so werden diese absorbirt, das Bilirubin schmilzt zu einer dunklen gl\u00e4nzenden Masse zusammen, die sich nun nicht mehr in Chloroform, aber wohl in Weingeist, je nach der Einwirkung mit gr\u00fcner, blauer oder violetter Farbe l\u00f6st. Viel sch\u00f6ner l\u00e4sst sich die Einwirkung so zeigen, dass man zu einer chloroformigen Bilirubinl\u00f6sung eine gleichfalls chloroformige verd\u00fcnnte Broml\u00f6sung allm\u00e4hlich hinzusetzt; die Fl\u00fcssigkeit macht bei passend geregeltem Bromzusatz alle Farben der\n1\tSt\u00fckvis, Jahresber. d. Tliiercliemie III. S. 200. 1S73.\n2\tLiebermann. Ebenda V. S. 19S. 1S75.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtheile der Galle: Gallenfarbstolle.\n167\nGMELiN\u2019sclien Probe in der lebhaftesten Weise durch. Wenn man die zugetr\u00f6pfelte Brommenge quantitativ bestimmt, so findet man, dass bestimmten proportionalen Brommengen bestimmte Farben entsprechen; setzt man die Brommenge, die n\u00f6thig ist, um die orange Bilirubinl\u00f6sung, gelb-gr\u00fcn zu f\u00e4rben = 1, dann betr\u00e4gt die Brommenge zur Hervorbringung :\nder rein gr\u00fcnen Farbe 2 \u201e\t\u201e blauen \u201e\t3\n\u201e\tkirsclirothen \u201e\t4\n\u201e\tgelben Endfarbe\t5\nWegen\tder\tLeichtigkeit, mit der diese\tbrillant\tgef\u00e4rbten .L\u00f6sungen\nerhalten\twerden\tk\u00f6nnen,\tschien mir 1 lange\tZeit die\tBromreaction\tals\tbe-\nsonders g\u00fcnstig, die bei der GMELiN\u2019schen Probe so fl\u00fcchtigen Faiben-stadien zu fixiren, und auch Heynsius und Andere haben die Salpetei-s\u00e4ure- und Bromreaction identificirt, denn dass Brom bei Gegenwart von Feuchtigkeit oxydirend wirkt, Br2 -j- H-iO = 2BrH -\\- 0, ist gegen\u00fcbei leicht oxydirbaren K\u00f6rpern oft genug zu beobachten. Aber trotzdem bei beiden Reactionen dieselben farbigen K\u00f6rper und i n d e r s.e 1 b e n Reihenfolge auf treten, so sind sie doch v\u00f6llig verschieden; ein Fall, der gewiss einzig in der Chemie dastelit. Der gr\u00fcne K\u00f6rper der Bromreaction ist nicht Biliverdin, sondern ein Gemisch von gelbem Bilirubin und dem n\u00e4chsten blauen K\u00f6rper, der blaue aber und der rothe sind Bromsubstitutionsproducte; der letzte gelbe.wahrscheinlich auch, doch dies ist zu untersuchen. Mancherlei Angaben in der Literatur \u00fcber das \u201eblaue Oxydationsproduct\u201c, so z. B. in den Arbeiten von Heynsius und Anderen sind in diesem Sinne zu sichten, da sie unter der sicher verzeihlichen Meinung verfasst wurden, dass das blaue Product der Salpeters\u00e4urewirkung und das unter dem Einfl\u00fcsse von Biom Entstandene identisch seien.\nDas blaue Bromproduct, Tribrombilirubin l\u00e4sst sich am leichtesten isoliren. Thudichum2 spricht von einem Monobrombilirubin3, nach meinen Untersuchungen4 ist es h\u00f6chst wahrscheinlich CsiHnBrsNiOs und entsteht aus 2 Bilirubin und 3 Mol. Brom nach der Gleichung: 2CmH\\%N%0$ -I- 3\u00dfr-2 = CnffMBr*m 0G + 3H\u00dfr. Zu seiner Darstellung wird Bilirubin in alkoholfreiem Chloroform vertheilt, eine ebensolche L\u00f6sung von Brom hinzugef\u00fcgt und gesch\u00fcttelt. Es scheidet sich die Verbindung als dunkles Netzwerk ab, das den Glasw\u00e4nden anhaftet; man giesst das Chloroform ab und reinigt durch Aufl\u00f6sen in Alkohol und F\u00e4llen mit Wasser. Schwarz-blaues Pulver, das bei 100\u00b0 HBr abgibt, unl\u00f6slich in Wasser, leicht mit dunkelblauer Farbe in Alkohol oder Aether und alkoholhaltigem Chloroform l\u00f6slich, mit besonders feuriger Farbe bei Gegenwart von S\u00e4ure oder in Essigs\u00e4ure selbst. Concentrirte Schwefels\u00e4ure l\u00f6st mit gr\u00fcner Farbe. Krysta\u00dcisirt unter Umst\u00e4nden. Mit Laugen zersetzt es sich unter Abspaltung des Broms und Bildung\u2019 eines mit Bili\\ erdin \u00fcbereinstimmenden K\u00f6rpers. Siehe vorher S. 159. Das Absorptionsspectrum vom Tribrom-\n1\tMaly, Sitzungsber. d. V iener Acad. LIA. 2. Abth. Apiil 1509.\n2\tThudichum. Jahresber. d. Thierchemie V. S. 192. 1S75.\n3\tThudichum\u2019s Formel CvHsBrNCh gebt von einer unrichtigen Zusammensetzung des Bilirubins aus.\n4\" Maly. Jahresber. d. Thierchemie V. S. 193. 1S75.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nMaly, Chemie der Verdauung u. Verdauungss\u00e4fte. 3. Cap. Galle.\nbilirubin bat Vierordt genau untersucht1; es zeigt Absorptionsb\u00e4nder, die bei zunehmender Verd\u00fcnnung ziemlich fr\u00fche verschwinden.\nUeber den Zusammenhang der Gallenpigmente mit andern Stoffen und \u00fcber deren chemische Constitution ist sehr wenig bekannt. Vermuthungsweise k\u00f6nnte man sagen, dass sic den aromatischen K\u00f6rpern angeh\u00f6ren, obwohl in dem Tlieer, den eine kleine Menge Bilirubin beim Erhitzen mit Natronkalk gab, sich weder Anilin noch Carbol-s\u00e4ure nach weisen liess. Einige Aehnliehkeit in den empirischen Formeln zeigen die K\u00f6rper der Indigogruppe ; so ist Bilirubin Cie ZAsW CG, Biliverdin C16\u00c2\u00cf8A2\u00d44, Indigoblau C^H^NiO-i, Isatin Ci\u00a7H\\qNiO\\, Dioxindol C16Z/14A2\u00d64 etc. Als n\u00e4chste Muttersubstanz des Bilirubins im Organismus wird der Blutfarbstoff\u2019 angesehen, aber auch mit diesem ist ein bestimmter, durch ein chemisches Schema ausdriickbarer Zusammenhang noch nicht aufgefunden, obwohl die Zusammensetzung beider Substanzen ein \u00e4hnliches Verh\u00e4ltnis von C, H und X ergibt: Ci\u00df//is Y2\u00d64 = Bilirubin; CsiffsoAzFeOb \u2014 H\u00e4matin. Maassgebender ist die vorher erw\u00e4hnte Ueber-f\u00fchrung cies Blutfarbstoffs in Hydrobilirubin, was den einzigen chemischen Beweis der Zusammengeh\u00f6rigkeit bildet. Von Erfahrungen anderer Art, wor\u00fcber wir das N\u00e4here aber der Secretionslehre \u00fcberlassen, w\u00e4re zu erw\u00e4hnen die Auffindung von Bilirubinkryst\u00e4llchem in Extravasaten und an andern Orten, wo Blutk\u00f6rperchen zu Grunde gingen, und das Auftreten von Gallenfarbstoff im Harn nach der Injection von Substanzen ins Blut, die das Plasma roth f\u00e4rben. Entsteht Gallenfarbstoff aus dem H\u00e4matin , so muss nebenbei eine Eisenverbindung abgespalten werden \u2014 Young1, Kunkel2 3; aber \u00fcber die Art, wie das im H\u00e4matin fest gebundene Eisen herausgeholt wird, hat man keine Vermuthung. Thats\u00e4chlich ist die Galle verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig eisenreich, jedoch nicht so reich, als sie sein m\u00fcsste, wenn alles Eisen, das dem Blutfarbstoff' entspricht, in der Galle zum Austritt k\u00e4me. Nach Kunkel kommen auf 100 Theile Bilirubin beim Hunde etwa 1.5 Theile Eisen zur Ausscheidung. Beim Menschen entspricht nach Young die in 100 Grm. Galle enthaltene Eisenmenge im Mittel 1.598 Grm. H\u00e4moglobin.\nDie Mineralbestand theile der Galle sind noch weniger als die anderer thierischer Fl\u00fcssigkeiten durch Ein\u00e4scherung richtig zu bestimmen; die Metalle hinterbleiben allerdings, aber der P des Lecithins und der S des Taurins werden zu S\u00e4uren, die dem Bestand der Galle nicht angeh\u00f6rten. Bei taurochols\u00e4urereichen Gallen kann die gebildete Schwefels\u00e4ure selbst vorhandenes Kochsalz zerlegen, wenn das aus dem Glycocholat beim Ein\u00e4schern entstehende Alkalicarbonat zu ihrer S\u00e4ttigung nicht hinreicht. Ueber die Salze der fl\u00fcssigen Galle ist daher auf trocknem Wege nichts zu erfahren. Chlor und Schwefels\u00e4ure m\u00fcssen direct aus der Galle gef\u00e4llt werden. So viel bekannt, sind Sulfate nur in h\u00f6chst geringer Menge in der\n1\tViERORDT, Die quantitative Spectralanalyse in ihrer Anwendung etc. S. 64.\n2\tYoung, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 220. 1871.\n3\tKunkel, Ebenda VI. S. 194. 1876.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtlieile der Galle ; Mineralstoffe. Gallenanalysen.\n169\nGalle oder fehlen ganz. Chlornatrium ist reichlich vorhanden; es macht mit der Soda aus dem Glycocholat die Hauptmasse der anorganischen Bestandtheile aus. Kalium tritt sehr zur\u00fcck, ausser bei der Galle der Seefische.\nDie vorhandenen Aschenanalysen werden bei den einzelnen zugeh\u00f6rigen Gallen ausgef\u00fchrt werden. Das Eisen der Galle ist durch Aufl\u00f6sen der Gallenasche in Salzs\u00e4ure oder Schwefels\u00e4ure, Reduction mit Zink und Titrirung mit Cham\u00e4leon von Young (cit. S. 168) und Kunkel (cit. S. 168) bestimmt worden; ob es als Phosphat oder in anderer Form enthalten ist, ist unbekannt.\nMenscheimalle enth\u00e4lt in 100 Theilen 0.004\u20140.0115\t\t\tEisen (Young)\n\t\u201e \u201e 100\t\u201e 0.006\t\u201e (Hoppe-Seyler)\nHundegalle\t\u201e \u201e 100\t\u201e 0.016\t\u201e (Young)\n\t\u201e \u201e 100\t\u201e\t0.0063\u20140.0078\t\u201e (Hoppe-Seyler)\n\t\u201e ,, 100\t\u201e\t0.0036\u20140.0093\t\u201e (Kunkel)\nOchsengalle\t\u201e \u201e 100\t\u201e\t0.003 \u2014 0.006\t\u201e (Young)\nEin h\u00e4ufig in kleiner Menge in der Galle v\u00f6rkommendes Metall ist das Kupfer, das durch Benutzung kupferhaltiger Ger\u00e4the in den K\u00f6rper kommend, in der Galle sich anh\u00e4uft. Bertozzi 1 hat es zuerst in Gallensteinen vom Menschen, namentlich in den stark gef\u00e4rbten gefunden und Gorup-Besanez konnte es auch in der Galle selbst, und zwar in dem durch Alkohol aus etwa 15 Gallen pr\u00e4cipitirten gef\u00e4rbten Blasenschleim nachweisen. Seitdem ist der Befund von Kupferspuren sehr h\u00e4ufig gemacht worden, ebenso wie nicht selten der von Zink. Mangan hat Weidenbusch angegeben.\nIII. Zusammensetzung der Galle.\nMenschengalle.\nRelativ normale Menschengalle ist nicht h\u00e4ufig zur Disposition gestanden. Frerichs (cit. S. 119) hat in 2 F\u00e4llen von pl\u00f6tzlichem Tode aus traumatischer Ursache die Galle analysirt, und Gorup-Besanez - hat die Galle von zwei enthaupteten Personen untersucht.\nFrerichs\u2019 Gang der Analyse war folgender: Trocknen bei 110\u2014120\u00b0, Extraction des R\u00fcckstandes mit Aether zur Entfernung von Fett und Cholesterin, Auskochen des entfetteten R\u00fcckstandes mit wasserfreiem Alkohol, Abdampfen des alkoholischen Auszuges und Trocknen bei 120\u00b0 (= gallensaure Salze -f- etwas Farbstoff). Die Asche dieses Auszugs enth\u00e4lt nebst kohlensaurem Natron stets Spuren von Kochsalz und Natriumphosphat. Was der Alkohol nicht l\u00f6st, wird als Schleim -j- Farbstoff in Rechnung gesetzt. Gorup-Besanez modificirte die Methode so, dass er den Aether-auszug nach dem Verdampfen mit verd\u00fcnntem Weingeist behandelte, den Weingeist abdunstete, den allenfalls bleibenden R\u00fcckstand von Fett -f-Cholesterin abzog und zu den gallensauren Salzen hinzuaddirte.\n1\tBertozzi, Canstatt's Jahresber. d. Pharm. 1S45. S. 266.\n2\tGorup-Besanez, Ann. d. Chemie CX. S. 86; Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1851. II. S. 38.","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nMaly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nIn 1000 Theilen Galle.\tFree tZ H tsi % Z 3 \u2022 \u2014 \u2022n^O\u00ce\tICHS. S ^ S M H i>\tc-T \u00a3 \u00b0 s % ! * ~ o\tGor\u00fcp- ci Ei, ET U o\tBesanez. 2 \"9 zi Z cs: QO\t\u2022s \u00a9 & c > 5 M H ^ . O C \u2022\u2014 t; P &\nWasser\t\t860.0\t859.2\tS22.7\t89S.1\t908.7\t828.1\nFeste Stoffe\t\t140.0\t140.8\t177.3\t101.9\t91.3\t171.9\nGallensaure Alkalien .\t.\t.\t102.2\t91.4\t107.9\t56.5\t\u2014\t\u2014\nFett\t\t3.2\t9.2\t1\tA-, O\ton n\t\u2014\t\u2014\nCholesterin\t\t1.6\t2.6\t4 ( .o\to 0.9\t\u2014\t\u2014\nSchleim und Farbstoff .\t.\t26.6\t29.8\t22.1\t14.5\t17.6\t23.9\nMineralisches\t\t6.5\t7.7\t10.S\t6.3\t\u2014\t\u2014\nund zwar: Kochsalz\t2.5\t2.0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\nphosph. Natron\t2.0\t2.5\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\nErdphosphate .\t1.8\t2.8\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\nGyps ....\t0.2\t0.4\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\nEisenoxyd . *\tSpur\tSpur\t\u2014\t\t\t\nF i s t e1ga11 e von Menschen haben Ranke 1 und besonders Jacobsen (eit. S. 119) untersucht. Ranke\u2019s Patient, an Echinococcus und einer Gallen-Bronchialfistel leidend, hat die Galle ausgehustet, die daher mit Sputis verunreinigt war; wir erw\u00e4hnen von ihr nur, dass sie 90S p. m. Wasser enthielt.\nJacobsen.\nWasser............ 977.6\t977.2\nFeste Stoffe . . .\t22.4\t22.S\nOrganische Bestandtheile in Proc. der trocknen Galle.\nIn Aether l\u00f6sl. 3.14%\n( Cholesterin............\nFett -f- \u00f6lsaures Na .\t.\n1 Lecithin aus dem P berech\nIm Alkohol- j Glycocholsaures Natron auszug } Palm, -f- stearins. Natron\n2.49%\n0.44\n0.21\n44.80\n6.40\nAsche in Proc. der trocknen Galle.\nKCl . . .\t.\t.\t1.27\u00b0/\nNa CI\t.\t.\t24.51\nCOiNa-i. .\t.\t.\t4.1S\nPO \\ A\t5.98\n[PO\u00e0)'-Cas .\t1.67\n\t37.62\u00b0\nIm Alkohol und Aether Unl\u00f6sliches\n10.00\nSpuren von Kupfer. Kiesels\u00e4ure. Eisen u. Magnesia.\nDie Gallens\u00e4uren der menschlichen Galle sind noch wenig bekannt, jedenfalls sind auch sie Paarlinge mit Glycocoll und Taurin, die bei verschiedenen Gallen in wechselnden relativen Heimen auf-\ntreten. Sch\u00e4fer1 2 konnte aus der Galle eines Hingerichteten ein Bleisalz f\u00e4llen, das nach dem Zerlegen mit JhS und Zerkochen mit HCl deutlich nachweisbares Glycocoll lieferte. Auch Jacobsen erhielt aus der analvsirten Galle Glycocoll. Nicht ebenso regelm\u00e4ssig scheint eine Tauringallens\u00e4ure beim Menschen vorzukommen, denn\n1\tRanke. Jahresber. d. Thierchemie I. S. 217. 1871.\n2\tSch\u00e4fer. Canstatfs Jahresber. d. Pharm. 1859. II.S. 76.","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Gallenanalysen. Menscliengalle.\n171\nJacobsen\u2019s Material war so schwefelfrei, dass die trockene Galle mit Kali und Salpeter verschmolzen nicht die geringste Sehwefels\u00e4ure-reaction gab, und bei 3 von 9 anderen darauf untersuchten Leichengallen war der Schwefelgehalt nur auf die Sulfate beschr\u00e4nkt (Jacobsen). In der Kegel jedoch scheint Taurin vorhanden zu sein und kann durch l\u00e4ngeres Kochen mit Barythydrat neben Glycocoll in sch\u00f6nen Krystallen erhalten werden. Jacobsen\u2019s Schwefelbestimmungen f\u00fcr die trockene Galle liegen zwischen 0.000 und 0.925%, die von E. Bisch\u00f6fe & Lossen1 zwischen 0.S3 und 2.99, woraus hervorgeht, dass das Verh\u00e4ltniss von Glvcocoll- und Taurins\u00e4ure beim Menschen in den weitesten Grenzen schwankt. Entgegen den \u00e4lteren Angaben constatirte Hammarsten'2, dass die Menschengalle sehr leicht und sch\u00f6n krystallisirt erhalten werden kann, und ferner, dass das daraus darstellbare Baryumglvcocholat bestimmt verschieden ist von dem Barvumsalz der gew\u00f6hnlichen (Kinds-) Glycochols\u00e4ure; das Ba-Salz war n\u00e4mlich in kaltem Wasser kaum l\u00f6slich, aus warmem in kleinen Kosetten krystallisirbar. Auch H. Bayer 3 gibt in einer vorl\u00e4ufigen Notiz der menschlichen Chols\u00e4ure (Cholals\u00e4ure) eine etwas andere Zusammensetzung als der vom Kind.\nVon Farbstoffen konnte in der Galle eines Hingerichteten bestimmt Bilirubin und Hydrobilirubin nachgewiesen werden (Hammarsten).\nBei Sectionen gesammelte Galle haben Trifanowsky4, Socoloff 5 und Hoppe-Seyler 11 analysirt und dabei auch nach in Hoppe-Seyler\u2019s Handbuch der Analyse nachzusehenden Methoden die relativen Mengen von Tauroehols\u00e4ure und Glycochols\u00e4ure zu bestimmen versucht.\n\tTrifanowski. 1. 2.\t\tSocoloff.\tHoppe- Seyler..\nMucin\t\t2.4S\t1.30\t1 o 79\t1.29\nAndere in Alkohol unl\u00fcsl. Stoffe\t0.45\t1.46\ti 3i\u20182\t0.14\nTauroeholsaures Salz ....\t0.75\t1.92 '\t} 6.477\t0.878\nGlvcocholsaures Salz ....\t2.10\t0.44\t\t3.03\nSeifen der Oel- und Fetts\u00e4uren .\t0.S1\t1.63\t1.46\t1.39\nCholesterin\t\t0.25\t0.33\t\u2014\t0.35\nLecithin\t\t1\tfi V)\t0.02\t\u2014\t0.53\nFette\t\t\t0.36\t\u2014\t0.73\nFeste Stoffe\t\t9.12\t8.92\t\u2014\t?\nWasser\t\t90.88\t91.08\t\u2014\t\u2014\nPhosphors. Eisen\t\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0.0166\n1\tE. Bischoff & Lossex, Ztsclir. f. rat. Med. XXI. S. 125.\n2\tHammarstex. Jahresber. d. Thiercliemie VIII. S. 263. IsTS.\n3\tH. Bayer. Ebenda VIII. S. 260. 1873.\n4\tTrifanowski, Ebenda IV. S.296. 1S74.\n5\tSocoloff, Ebenda V. S. ISS. 1S75.\t6 Hoppe-Seyler, Verdauung S. 301 ff.\n7 Darin 0.1567 tauroeholsaures Natron mit 0.092 Schwefel.\ns Darin 0.0516 Schwefel.","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nMaly, Chemie der Verdamingss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nGalle von Thier en.\nHundegalle. Ist hellgelb, alkalisch, enth\u00e4lt im gereinigten Zustande (siehe vorher Bensch S. 148) 6.2% Schwefel und auch bei verschiedener Ern\u00e4hrungsweise nur tauroeholsaures Natron, so dass Strecker1 bei der Elementaranalyse der reinen bei 120\u00b0 getrockneten Galle geradezu die Zahlen dieses Salzes erhielt. Sie gibt bei der Zersetzung keine Spur Glycocoll. Frisch secernirte Hundegalle enth\u00e4lt 3.5 bis 4.9% festen R\u00fcckstand; Blasengalle bis \u00fcber 20 %. Vollst\u00e4ndige Analysen theilt Hoppe-Seyler mit.2\n\tBlasengalle. 1. 2.\t\tFrisch secernirte Galle. 1. 2.\t\nMucin\t\t0.454\t0.245\t0.053\t0.170\nTauroeholsaures Alkali .\t11.959\t12.602\t3.460\t3.402\nCholesterin\t\t0.449\t0.133\t0.074\t0.049\nLecithin\t\t2.692\t0.930\t0.118\t0.121\nFette\t\t2.841\t0.083\t0.335\t0.239\nSeifen\t Andere in Alkohol unl\u00fcsl.\t3.155\t0.104\t0.127\t0.110\norgan. Stoffe.... Anorgan. Stoffe in Alko-\t0.973\t0.274\t0.442\t0.543\nhol nicht gel\u00f6st Hierin :\t0.199\t\t0.408\t\u2014\nK-iSCh\t\t0.004\t\u2014\t0.022\t\u2014\nNa-iSOi\t\t0.050\t\u2014\t0.046\t\nNa CI*\t\t0.015\t\u2014\t0.185\t\nATa2 CO3\t\t0.005\t\u2014\t0.056\t\u2014\nC\u00fc3(POa):\t\t0.080\t\t0.039\t\u2014\nFePO 4\t\t0.017\t\u2014\t0.021\t\u2014\nCaCO 3\t\t0.019\t\u2014\t0.030\t\nMgO\t\t0.009\t\t0.009\t\nDie Gase der Hundegalle sind von Pfl\u00fcger3 und von Bogoljubow4 aufgefangen und mit verschiedenem Resultate analysirt worden. Der Hauptbestandteil ist CO-i.\nDie Rindsgalle ist gelbgr\u00fcn oder grasgr\u00fcn, klar, besteht aus viel glycocholsaurem und wenig taurocholsaurem Natron. Sie ist das Material, das zur Erforschung der Natur der Gallens\u00e4uren gedient hat. Freie Fetts\u00e4uren fehlen darin. Popp'5 hat in der Ochsengalle (so wie auch in der Schweinegalle) Harnstoff nachgewiesen,\nt Strecker, Ann. d. Chemie LXX. S. 149. 1849.\n2\tHoppe-Seyler, Verdauung S. 302.\n* Die Hauptmenge NaCt war im Alkohol und ist nicht bestimmt worden.\n3\tPfl\u00fcger, Arch. f. d. ges. Physiol. II. 173.\n4\tBogoljubow, Centralbl. f. d. med. AViss. 1869. Nr. 42.\n5\tPopp, Ann. d. Chemie CLVI. S. 88.\n*","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Gallenanalysen. Galle von Thieren.\n173\ndoch bedarf die Untersuchung einer Wiederholung. Der alkoholische Auszug enthalt 3.58 % Schwefel. Die Asche der Ochsengalle besteht nach H. Rose aus 27.7 \u00b0o NaCl, 4.8% Kali, 36.7% Natron, 1.4% Kalk, 0.53% Magnesia, 0.23 % Eisenoxyd, 0.23 Manganoxyd, 10.45 Phosphors\u00e4ure, 6.39 Schwefels\u00e4ure, 11.26 Kohlens\u00e4ure und 0.36% Kiesels\u00e4ure.\nDie Schafgalle ist dunkelgriinbrauii, etwa wie die Ochsengalle gef\u00e4rbt, reagirt alkalisch, enth\u00e4lt im gereinigten Zustande 11.86% Asche und 5.7\u20145.3% <S und besteht aus viel taurocholsaurem und wenig glyco-cholsaurem Natron. Sie l\u00e4sst sich schwer entf\u00e4rben. Die Ziegen gall e ist hellbraun, alkalisch, gab 13.21% Asche und 5.20% S. Die alkoholische von Schleim befreite Losung war rotli, nach der Behandlung mit Kohle rosenfarbig \u2014 Bensch.\nDie Schweinegalle ist hell bis dunkelgelb, schleimreich, alkalisch, enth\u00e4lt nur 0.3 bis 0.47 % Schwefel. Sie wird im Gegensatz zu den meisten andern Gallen von verd\u00fcnnten S\u00e4uren auch Essigs\u00e4ure gef\u00e4llt, und ebenso von Glaubersalzl\u00f6sung. Diesem eigenth\u00fcmlichen Verhalten entsprechen andere, von denen der Ochsengalle verschiedene Gallens\u00e4uren, die von Gundelach & Strecker 1 und von Strecker 2 untersucht worden sind. Ihr Ilauptbestandtheil ist das Natronsalz der Hyogly e ochol -s\u00e4ure Ci-H^NOb, welches ausf\u00e4llt, wenn man die Schweinegalle mit Glaubersalz und wenig Wasser erw\u00e4rmt. Durch Waschen mit Glaubersalzl\u00f6sung, Abpressen, L\u00f6sen in absolutem Alkohol und F\u00e4llen mit Aether wird es rein erhalten, und durch verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure die Hvoglyco-chols\u00e4ure (Hyocholins\u00e4ure bei Strecker) als harzartige, leicht in Alkohol, kaum in V asser l\u00f6sliche S\u00e4ure daraus abgeschieden. Sie unterscheidet sich von der Glycochols\u00e4ure durch die Unl\u00f6slichkeit des Baryt- und Kalksalzes in Wasser und durch die F\u00e4llbarkeit ihres Natronsalzes mit Kochsalz, Salmiak oder Alkalisulfaten. Hingegen zerlegt sie sich beim Kochen mit S\u00e4uren und Alkalien in gleicher Weise wie die Ochsengallens\u00e4ure, indem sie Glycocoll abspaltet und daneben eine stickstofffreie S\u00e4ure, die H y 0 chois \u00e4 ure (Hyocholals\u00e4ure) C25//40O4 gibt. Die schwefelhaltige S\u00e4ure der Schweinegalle, die Hyotaurochols\u00e4ure, ist sehr zersetzlich und noch nicht rein erhalten. Schweinegalle gibt 10.6\u201411.8% festen R\u00fcckstand, welcher in 100 1 heilen enth\u00e4lt: Schleim 5.3%, hyocholinsaures Natron 74.8%, Fett, Cholesterin mit noch etwas kyocholinsaurem Natron 19.9% \u2014 Gundelach & Strecker. Sie soll Harnstoff enthalten.\nDie G\u00e4nsegalle ist schwach sauer, dicklich, intensiv dunkelgr\u00fcn, enth\u00e4lt 20\u00b0 0 feste I heile, und gibt mit Essigs\u00e4ure oder Salzs\u00e4ure sogleich einen Niederschlag. Die trockne schleimfreie Galle enth\u00e4lt 6.34% Schwefel und geh\u00f6rt zu den schwefelreichsten. Dem entspricht, dass in ihr fast nur eine Tauros\u00e4ure vorkommt, die von Marson 1 2 3 1849 entdeckte, von Heintz und WisLicENUs4 und von Otto 5 weiter untersuchte mit der (vermutheten)\n1\tGundelach & Strecker. Ann. d. Chemie LXII. S. 205. 1S47.\n2\tStrecker. Ebenda LXX. S. 179. 1849.\n3\tMarson, Ebenda LXXII. S. 317. 1S49.\n4\tHeintz & Wislicenus. Chem. Centralbl. 1859. S. 873.\n5\tOtto. Jahresber. d. \"es. Med. 1868.1. S. 96.","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nMaly. Chemie der Yerdauiingssafte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nHyotaurocliols\u00e4ure homologe Chenotaurochols\u00e4ure CwH^NSO\u00e7,. Zu ihrer Darstellung versetzt man die alkoholische L\u00f6sung des Gallenextractes mit Aether, der nach l\u00e4ngerem Stehen die F\u00e4llung des Natronsalzes kry-stallinisch macht. Daraus wird mit Bleiessig ein Bleisalz und aus diesem die S\u00e4ure gef\u00e4llt. Das Natronsalz der G\u00e4nsegalle verh\u00e4lt sich von dem der Ochsengalle verschieden, indem es weder von Essigs\u00e4ure, noch essigsaurem Blei gef\u00e4llt wird. Chlorcalcium und Chlorbaryum geben pflasterartige Niederschl\u00e4ge. Durch Kochen mit S\u00e4uren, Alkalien oder Barytwasser entsteht neben Taurin die stickstofffreie Chenochol\u00e4ure (Clieno-cholals\u00e4ure)\twelche harzartig ist und die Pettenkofer\u2019scIic\nReaction gibt. Ihr Barytsalz krystallisirt. Eine Glycocolls\u00e4ure fehlt. Marson fand in 100 G\u00e4nsegalle 1.35\u20142.08 anorganisches, 0.36 Fett und Cholesterin, 2.56 Schleim, 17.06 reine Galle -f- Farbstoff. Otto fand in 100 Galle 2.6 Asche, 0.3 Cholesterin, Fett und Farbstoff, 3.1 Schleim, 16.4 gallensaure Salze und 77.6 Wasser.\nGallensteine.\nDie Gallensteine bilden die wichtigste pathologische Ver\u00e4nderung der Galle, man kann beim Menschen folgende Gruppen unterscheiden :\n1.\tCholesterinsteine, a) Reine Cholesterinsteine, die fast nur daraus bestehen, weiss oder hellgelb, am Bruch gl\u00e4nzend, strahlig faserig oder grossbl\u00e4ttrig krystallinisch, durchscheinend, von geringem Pigmentgehalt, fast ganz in kochendem Alkohol l\u00f6slich, oft von bedeutender Gr\u00f6sse.\nb)\tAn Cholesterin reiche, gelbliche, br\u00e4unliche Steine mit etwas gr\u00f6sserem Pigmentgehalt, Seifen- oder Wachsglanz auf der Schnittfl\u00e4che ohne krystallinische Structur, oft mit dunkelbraunem Kern. Sie sind nebst den vorigen ein vorz\u00fcgliches Material zur Darstellung von Cholesterin.\nc)\tDunkelbraune, seifenartige, an Pigmentkalk sehr reiche oft concentrisch geschichtete Steine. Sie sind nach dem Auskochen mit Alkohol brauchbar zur Gerinnung von Bilirubin und Bilifuscin.\n2.\tBilirubinkalksteine. Sind gelbroth bis rothbraun, oft kastanienfarbig, nicht seifig oder krystallinisch, sondern groberdig, rissig oder zerkl\u00fcftet, zu einem braunen Pulver leicht zerdr\u00fcckbar, das sich nicht fettig anf\u00fchlt. Diese Gallensteine sind identisch mit den beim Rinde und Schwein regelm\u00e4ssig vorkommenden Steinen, und bilden ein vorz\u00fcgliches Material zur Darstellung von Bilirubin. Auch von Malern werden sie sehr gesucht.\n3.\tDunkelgr\u00fcne, schwarze, kleine, oft metallisch gl\u00e4nzende spr\u00f6de, verschieden gestaltete, mitunter maulbeerartige, zu schwarzem Pulver zerreibliche Steine ohne Cholesterin und ohne Bilirubin. Vielleicht Bilifuscin enthaltend.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Gallenanalysen. Gallensteine.\n175\n4. Steine aus anorganischem Material; aus koklensaurem Kalk, dann selialig concentrisch, gl\u00e4nzend, oder aus phosphorsauren Erden.\nDie 3 Arten der Cholesterinsteine sind weitaus die h\u00e4ufigsten beim Menschen und ungemein oft analysirt worden.1 Aus den Analysen ist nur zu ersehen, dass die verschiedensten Zahlen f\u00fcr Cholesterin Vorkommen k\u00f6nnen. Ritter, der \u00fcber ein Material von 6000 Gallensteinen verf\u00fcgte, theilt folgende Grenzwerthe mit:\nMaximum. Minimum.\nCholesterin................... 98.1\t64.2\nAndere organische\tSubstanzen\t27.4\t1.5\nAsche .\t-....................8.4\t0.4\nund fand, dass, je mehr ausser Cholesterin andere organische Substanz vorhanden war, um so gr\u00f6sser auch der Gehalt an Asche war, was sich daraus erkl\u00e4rt, dass die organische Substanz als Kalkverbindung zumeist auftritt. Die Steine sind immer impr\u00e4gnirt von eingetrockneter Galle, und vor der Analyse mit lauem Wasser zu ex-trahiren. Eine vollst\u00e4ndige Analyse eines Cholesterinsteins ist beispielsweise die folgende eines 60j\u00e4hrigen Selbstm\u00f6rders:\nTrockenverlust................\nt * ,1 i\t/ Cholesterin\nIn Alkohol l\u00f6slich |\n-p... i i / in NIh l\u00f6slich . R\u00fcckstand (\t^ unl\u00f6slich\nAsche.............. .\t.\t.\nIn Wasser L\u00f6sliches (Galle)\n4.89 90.S2 2.02 0.20 1.35 0.28 0.79\nDie Asche der Cholesterinsteine besteht im Mittel aus 22.2% prim\u00e4rem, 69.411 o bei der Ein\u00e4scherung entstandenem Calciumcarbonat, 1.8 \u00b0(o schwefelsaurem Kalk, 2.9% phosphorsauren Erden, 0.9% phosphorsaurem Eisen (Ritter). Die gleichzeitig in einer Blase enthaltenen Steine sind in ihrer Zusammensetzung \u00fcbereinstimmend bis auf kleinere Differenzen. Ein Bilirubinstein enthielt nach Ritter Spuren von Cholesterin, 75.2 % organische Substanzen und 24.8 % Asche. Die anorganischenSteine sind selten; Ritter fand in einem 1.36 Grm. schweren Concrement nebst kleinen Mengen der meisten \u00fcbrigen Bestandtheile 64.6 % kohlensauren Kalk, 12.3 % phosphorsauren Kalk, 3.4 % phosphorsaure Ammonmagnesia.\n1 GaUensteinanalysen : Berzelius. Chemie S. 313. \u2014 Reinsch, Canstatt\u2019s Jah-resber. d. Pharm. 1845. ill. S. 53. \u2014 Bramson. Ebenda IS46. S. 198. \u2014 Hein, Ebenda\n1847. S. 230. \u2014 Sthamer. Ebenda 1849. I. S. 207. \u2014 Plauta & Kekul\u00e9, Jahresber. d. Chemie 1853. S. 616. \u2014 Besonders Ritter, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 246. 1872 und das Original: Journ. de l\u2019anat. et de la physiol. 1872. No. 1. p. 60.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176 Maly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle\nAuch bei Thier en finden sich Gallensteine. Die vom Kind und Schwein sind ein werthvolles Material zur Bilirubingewinnung und in Ansehen und Zusammensetzung den menschlichen Bilirubinsteinen analog. Die beim Menschen so h\u00e4ufigen Cholesterinsteine kommen beim Rind nicht\nvor. Concremente vom Rind habe\nPhipson 2 analysirt:\nR i n d.\nIn Wasser l\u00f6slich ....\t18.09%\nAetherextract (Fett) ....\t5.28\nBilirubin.....................28.10\nPhosphate und an Bilirubin gebundene Erden .\t.\t.\t.\t1.41\nUnl\u00f6sliches...................47.13\nich 1, ein solches vom Schwein hat Schwein.\nWasser.......................8.00%\nCholesterin-(-Fett\t....\t1.35\nSchleim.................11.50\nIlyocholsaures Natron\t.\t.\t.\t2.75\nBilirubin...............61.36\nMineralisches...........13.65\nBez\u00fcglich der Genesis und der n\u00e4chsten Veranlassung zur Bildung der Gallensteine ist, wie Lehmann schon 1853 sagt3, ungeheuer viel geschrieben worden, aber keinesfalls ist seit diesem Ausspruche die Kennt-niss dar\u00fcber weit vorgeschritten. Da die Gallensteine der Menschen meistens aus Cholesterin bestehen, das leicht auskrystallisirt, so hat man sich vorwiegend nach einer Substanz umgesehen, die um sich herum eine solche Ausscheidung veranlassen k\u00f6nnte. F\u00fcr den fr\u00fcher in Anspruch genommenen Schleim spricht gar nichts; die Behauptung von Bramson, dass es vorwiegend der Kalkgehalt der Galle sei, der, indem er mit den Pigmenten schwerl\u00f6slichen Pigmentkalk als Niederschlag gibt, ein gallensteinbildendes Moment sei, ist das eine Fundament der Gallensteingenesis, w\u00e4hrend die zweite, von Thudichum in Anspruch genommene Ursache in der Abspaltung von Choloidins\u00e4ure, Chols\u00e4ure etc. gefunden wird. Diese festen K\u00f6rperchen k\u00f6nnten als Krystallisationspunkte dienen, wobei aber Umst\u00e4nde mitwirken m\u00fcssen, die das fortw\u00e4hrende Ausscheiden neuen Cholesterins veranlassen. Ob eine vermehrte Cholesterinbildung anzunehmen ist, oder ob die L\u00f6sungsmittel des Cholesterins in solchen Gallen vermindert sind, ist unbekannt. 100 Grm. einer 12proc. L\u00f6sung von krystalli-sirter Ochsengalle l\u00f6sen bei Bluttemperatur etwa 0.235 Grm. Cholesterin auf. In Cysten- und andern pathologischen Fl\u00fcssigkeiten sieht man oft alles von Cholesterinbl\u00e4ttchen flimmern, aber Steine bilden sich dort nicht. Man kann also auch nicht sagen, dass an der Verminderung der Cholesterinl\u00f6sungsmittel das Hauptgewicht liegt. Die Ursachen endlich f\u00fcr eine \u00fcber das Normale hinausgehende Cholesterinproduction sind noch kaum zu ahnen.\nIV. \"Wirkung der Galle auf die N\u00e4hrstoffe des Magencliynius und ihre physiologische Bedeutung.\nDa die Galle in den Darmcanal abfliesst, wurde sie f\u00fcr eine Verdauungsfl\u00fcssigkeit gehalten. Man hat zwei Wege, die Galle in dieser Richtung zu untersuchen: 1. den chemischen, indem man sie\n] Maly, Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 310. 1874.\n2\tPhipson, Chem. Centralbl. 1868. S. 266.\n3\tLehmann. Physiol. Chemie S. 62.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Wirkung der Galle auf die N\u00e4hrstoffe.\n177\nausserhalb des Organismus auf die einzelnen N\u00e4hrstoffe einwirken l\u00e4sst; und 2. den physiologischen, indem man sieht, ob ein Thier mit durch die Fistel nach aussen ablaufender Galle schlechter verdaut.\nWirkung auf die E i w e i s s k \u00f6 r p e r. Digerirt man Eiweissw\u00fcrfel, Fibrin oder Muskelst\u00fcckchen mit Galle, so beobachtet man keine l\u00f6sende Einwirkung (Gorup - Besanez) , ebenso erleidet Casein bei 38\u00b0 C. mit einer L\u00f6sung von gallensaurem Natron 20 Stunden stehen gelassen, keinen gr\u00f6sseren Gewichtsverlust als beim Digeriren mit Wasser allein, und bei Anwendung von roher Galle ist der Gewichtsverlust sogar kleiner als in Wasser (Bidder & Schmidt), wahrscheinlich , weil sich Gallens\u00e4uren auf das Eiweiss niederschlagen. Die Einflusslosigkeit der Galle bei der Eiweissverdauung haben Bidder & Schmidt auch auf dem V ege des Ausschlusses nachgewiesen; ein Gallenfistelhund bekam innerhalb 5 Tagen 3.035 Kilo animalische Nahrung mit SOG.S Grm. fester Substanz, worin 693 Grm. Albumink\u00f6rper waren. Die von diesen Tagen herr\u00fchrenden Faeces enthielten nur 124 Grm. fester Theile mit 72.2 Grm. Fett und 51.8 Grm. andern organischen und unorganischen Stoffen. Obwohl also keine Galle in den Darm kommen konnte, waren die Albuminstoffe bis auf Reste verdaut worden.\nEine Wirkung auf die Kohlehydrate l\u00e4sst sich eher nach-weisen, aber von gr\u00f6sserer Bedeutung ist sie nicht, denn wenn man in Folge des Digerirens mit Galle gelegentlich etwas Zucker zu de-monstriren vermag, so kann das nicht mehr viel an sich haben, nachdem wir Spuren von diastatischen Fermenten ungemein verbreitet linden.\nZiemlich auffallende Angaben hat H. Nasse1 2 gemacht; nach ihm wirkt auf rohe St\u00e4rke nur Schweinegalle, auf den Kleister nur Ochsengalle. ln Ochsengalle bleibt die rohe St\u00e4rke nach 20st\u00fcndigem Digeriren unver\u00e4ndert am Boden liegen, das Filtrat reagirt nicht auf Jod und enth\u00e4lt keinen Zucker. Von der Schweinegalle wird rohe St\u00e4rke reichlich gel\u00f6st, die \u00fcbrige gequollen und das Filtrat f\u00e4rbt sich mit Jod blau, besonders nach Zusatz von Salzs\u00e4ure und enth\u00e4lt auch Zucker. Durch Zusatz von etwas kohlensaurem Natron wird die Wirkung der Schweinegalle nicht aufgehoben, durch Zusatz von etwas Weins\u00e4ure wird sie vermehrt. Fmgekehrt ver\u00e4ndert Schweinegalle bei 30 0 R. in 2\u00fc Stunden dicken Kleister wenig, Ochsengalle l\u00f6st ihn bis auf einen Rest und das Filtrat enth\u00e4lt zwar keine l\u00f6sliche St\u00e4rke, aber viel Zucker. Wenn sich solche \\ erschiedenheiten best\u00e4tigen, m\u00fcssen Wiederk\u00e4uer die St\u00e4rkenahrung anders verarbeiten als Omnivoren. K\u00fchne fand bei gelegentlichen Beob- ' achtungen an Galle vom Rind, Kaninchen und Hund keine diastatische\n1\tBidder & Schmidt. Verdauungss\u00e4fte S. 21\u00fc.\n2\tH. Nasse, Canstatt's Jahresber. d. Pharm. 1S59. IL S. 33.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Ya.\n12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nMaly, Chemie der Verdanungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nWirkung, Gorup-Besanez keine l\u00f6sende Wirkung auf Kartoffelst\u00fcckchen, w\u00e4hrend J. Jacobson Zuckerbildung an den frischen Gallen zahlreicher Thiere inclusive Kaltbl\u00fcter beobachtet, angibt. In neuerer Zeit hat v. Wit-tich1 gefunden, dass Galle aus einer menschlichen Fistel zu 20\u201430 Tropfen gekochter St\u00e4rke beigemischt, nach 1 Stunde in Stubenw\u00e4rme deutliche Zuckerreaction herbeif\u00fchrte; trockner Galle k\u00f6nne das Ferment durch Glycerin entzogen werden. Faule Menschengalle liess im Stich. Alles in allem ist die diastatische Wirkung jedenfalls nur eine gelegentliche und geringe, durch Verunreinigung oder Diffusion vom Pankreas her veranlasst. Dazu stimmen auch die Ern\u00e4hrungsversuche von Bidder & Schmidt2, welche Gallenfistelhunde mit Brod f\u00fctterten und in deren Excrementen entweder kein Amylum oder nur so vereinzelte, mit Jod sich bl\u00e4uende P\u00fcnktchen fanden, wie sie nach Brodnahrung in den Faeces ganz gesunder Hunde sich zu finden pflegen.\nDie Wirkung auf Fette tritt am entschiedensten hervor3, und \u00e4ussert sich zun\u00e4chst in deutlichen Adh\u00e4sionserscheinungen; Fetttropfen breiten sich auf der Galle aus (so wie Sublimatl\u00f6sung dem Quecksilber den Meniscus benimmt), und in engen Glasr\u00f6hrchen, die innen mit Galle befeuchtet sind, stellt sich Oel h\u00f6her als in mit Wasser befeuchteten R\u00f6hrchen. Die physiologische Form dieses letzteren Versuchs ist die, dass durch gallegetr\u00e4nkte Membranen Oel leicht und ohne Druckanwendung hindurchgeht, durch wasserbenetzte aber erst bei hohem Druck, Erscheinungen, die in der Resorptionslehre ihre weitere W\u00fcrdigung finden werden. Zerseh\u00fcttelt man reines, fl\u00fcssiges Fett mit Galle, so emulgirt es sich, wie in Gummischleim, aber nicht so dauernd, denn bald scheiden sich grosse Oeltropfen aus, und nur ein ganz kleiner Theil bleibt in den oberen Schichten als feine Tr\u00fcbung, ein noch kleinerer soll in L\u00f6sung gehen. Chemisch bedeutungsvoller ist das von Bidder & Schmidt und besonders von M arcet4 studirte Verhalten der freien Oels\u00e4ure und h\u00f6heren Fetts\u00e4uren zu Galle. Reine Oels\u00e4ure mit Galle gesch\u00fcttelt und bei Blutw\u00e4rme digerirt, gibt bald 3 Schichten, unten Galle, oben Oel und in der Mitte eine weissgr\u00fcne in Wasser l\u00f6sliche Schichte, die auf Zusatz von HCl wieder in 2 Schichten zerlegt wird. In gleich leichter Weise wird in 30\u201440\u00b0 C. warme Galle eingetragene Stearinoder Palmitins\u00e4ure emulgirt, bald auch gel\u00f6st und die entstandene Fl\u00fcssigkeit zeigt saure Reaction. Dabei findet wirkliche Verseifung statt, indem die Fetts\u00e4ure mit den Alkalien der Galle sich verbindet\n1\tv. AVittich, Jakresber. d. Thierchemie IL S. 242. IS <2.\n2\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 222.\n3\tSchon von v. Haller erw\u00e4hnt.\n4\tZinn Theil nach K\u00fchne, Physiol. Chemie S. lui. Das Original mir nicht zug\u00e4nglich. Kurzes Referat Jahresber. d. Chemie 185S.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"179\nWirkung der Galle auf Fett.\nund die Gallens\u00e4uren in Freiheit setzt. Hat man l\u00e4ngere Zeit in der W\u00e4rme digerirt, so scheidet sich beim Abk\u00fchlen an der Oberfl\u00e4che ein Theil der Fetts\u00e4uren krystallinisch ab, der durch warme Digestion mit neuer Galle wieder gel\u00f6st werden kann. Die Fl\u00fcssigkeit ist schwer filtrirbar, reagirt sauer und scheidet wie die oben erw\u00e4hnte Oels\u00e4ureseife mit TICl Bl\u00e4ttchen der festen fetten S\u00e4uren ab. Marget erkannte also zuerst die Bedeutung der (durch den Pankreassaft) frei gewordenen Fetts\u00e4uren f\u00fcr die eigentliche Verdauung resp. L\u00f6slichmachung der Fette, und er vergleicht das Verhalten der gallensauren Salze zu Fetts\u00e4uren mit dem des Dinatrium-phosphats zu Fetts\u00e4uren. Tr\u00e4gt man n\u00e4mlich die festen Fetts\u00e4uren in eine warme L\u00f6sung von Xa-i IIPOa, so bildet sich sofort Emulsion und beim Sieden verschwinden die Fetttr\u00f6pfchen v\u00f6llig. Dann ist Seife in der L\u00f6sung und daneben Mononatriumphosphat. Bei 35\u201440\u00b0 enth\u00e4lt die Emulsion nur wenig Seife, der Process ist labil nach der Temperatur. Mit neutralen Fetten bildet das Natronphosphat selbst in der Siedhitze keine Emulsion, verh\u00e4lt sich also darin den gallensauren Salzen \u00e4hnlich. Die Hauptbedeutung der Gallenwirkung besteht nun aber darin, dass ein solches Gemisch von Galle und Fetts\u00e4uren, welches eine gewisse Menge Seife enth\u00e4lt, in besonders hohem Grade das Verm\u00f6gen besitzt, eigentliches Fett dauernd und h\u00f6chst fein zu einer weissen Milch zu emulgiren, w\u00e4hrend neutrales d. h. fett- und \u00f6ls\u00e4urefreies Fett nur unstabile Emulsionen gibt. Das Verm\u00f6gen ist so gross, dass 2 Theile mit Palmitins\u00e4ure behandelte Galle mit 1 Theil Oliven\u00f6l eine vollst\u00e4ndige Emulsion geben, die auch nach Tagen keine klare Oelschichte wieder absetzt. Da der pan-kreatische Saft einen Theil des Fetts spaltet, so sind im D\u00fcnndarm die f\u00fcr die Bildung der feinen und haltbaren Vertheilung n\u00f6thigen Bedingungen gegeben und f\u00fcr die Resorption vorbereitet. Br\u00fccke1 2 hat dasselbe Verhalten best\u00e4tigt, und nennt die Summe der hier ineinander spielenden Processe \u201edie physiologische Bedeutung der theil-weisen Zerlegung der Fette im D\u00fcnndarm\u201c. Nach ihm ist der Unterschied zwischen neutralem und fetts\u00e4urehaltigem Oel noch auff\u00e4lliger bei Anwendung einer verd\u00fcnnten Borax- oder Sodal\u00f6sung; das neutrale Oel bildet damit verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig grosse Tropfen, die sich stets bald vereinigen, das fetts\u00e4urehaltige Oel dagegen zerst\u00e4ubt beim ersten Sch\u00fcttelstosse zu einer weissen Milch. Gad - constatirte dann, dass es mechanischer Kr\u00e4fte gar nicht bed\u00fcrfe, dass ranziges\n1\tBr\u00fccke, Chem. Centralbl. 1570. S. 616.\n2\tGad, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 33. 1575.\n12*","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nFett schon bei blosser Ber\u00fchrung mit der alkalischen Fl\u00fcssigkeit so viel Emulsion liefert, als es \u00fcberhaupt zu liefern vermag.\nDass unter solchen Umst\u00e4nden die Galle bei der L\u00f6slich werdung der Fette mitwirkt, ist klar, und die Beobachtungen \u00fcber den Einfluss der Galleausschaltung von Bidder & Schmidt 1 geben daf\u00fcr die Best\u00e4tigung, sofern man \u00fcberhaupt einen mit einer Gallenlistel tractirten Hund als einen gesunden Hund minus Galle ansehen will. Es ergab sich, am Fettgehalt der Faeces gemessen, dass normale Hunde 2U\u2014 5 \u2014 7 mal so viel Fett resorbiren als Gallenflsteltr\u00e4ger. Endlich ist der aus dem Duct. thor. genommene Cliylus bei normalen Hunden nach Fettf\u00fctterung weiss und fettreich (32.4 Fett pro mille), der der Gallenfistelhunde unter gleichen Umst\u00e4nden bloss opalisirend oder gelblich und fettarm (1.9 pro mille).\nWirkung auf den Magenchymus. Die oben gemachten Bemerkungen \u00fcber die Nichteinwirkung der Galle auf die rohen Eiweissk\u00f6rper erledigen die Frage f\u00fcr die Vorg\u00e4nge im Magen nicht, da in Wirklichkeit die Galle gar nicht mit neutralen rohen, sondern nur mit gequollenen durchs\u00e4uerten oder mit v\u00f6llig in saure L\u00f6sung unter Syntoninbildung \u00fcbergegangenen Eiweissk\u00f6rpern zusammenkommt. Ueber die dabei stattfindende Wechselwirkung, welche zuerst Bernard n\u00e4her gew\u00fcrdigt hat'1 2, ist sp\u00e4ter noch sehr viel von Br\u00fccke3, Burkart4, Schiff5 6 7 8, Moleschott'3, Almgvist\u201c und besonders von Hammarsten s mitgetheilt worden, ohne dass aber ein v\u00f6llig-klares Verst\u00e4ndniss dar\u00fcber erreicht worden w\u00e4re. Mischt man Galle zu einer s\u00e4uern Yerdauungsfl\u00fcssigkeit, so constatirt man zweierlei: Bildung eines Niederschlags und v\u00f6lligen Stillstand der Pepsinverdauung, selbst dann, wenn das Gemisch noch sauer geblieben ist. Was zun\u00e4chst den Niederschlag betrifft, so ist derselbe nicht auf-zufassen als blosse Wirkung der S\u00e4ure auf die Galle. Die verd\u00fcnnte IICl allein f\u00e4llt nur die Schweinegalle und die L\u00f6sung von glyco-cholsaurem Natrium regelm\u00e4ssig; die Galle der meisten \u00fcbrigen Thiere wird weder von verd\u00fcnnter HCl noch von reinem Magensaft gef\u00e4llt, oder h\u00f6chstens unter Bildung einer feinen Tr\u00fcbung, was wesentlich auf den Gehalt an Taurochols\u00e4ure zu schreiben ist, die der F\u00e4llung\n1\tBidder & Schmidt, Yerdauungss\u00e4fte S. 223.\n2\tAeltere Angaben s. Berzelius, Thierchemie S. 329.\n3\tBr\u00fccke, Chem. Centralbl. 1861. S.935.\n4\tBurkart. Jahresber. d. ges. Med. 1868.1. S. 97.\n5\tSchitf, Ebenda 1870.1. S. 105.\n6\tMoleschott, .Jahresber. d. Thierchemie \\. S. 190. 1875.\n7\tAlmgvist. Ebenda IY. S. 299. 1874.\n8\tHammarsten, Jahresber. d. ges. Med. 1870.1. S. 106.","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Wirkung der Galle auf den Magenchymus.\n181\nentgegenwirkt, indem sie die freie Glycochols\u00e4ure zu l\u00f6sen vermag'. So verliert die scliwefelreicke Hundegalle bis zum S\u00e4uregrad des Hundemagensaftes auges\u00e4uert, nur einen Tkeil ihres Schleims, und gibt mit Magensaft kein weiteres Pr\u00e4cipitat. Ein Hundemagensaft kann mit Rindsgalle einen Niederschlag geben, w\u00e4hrend die Hundegalle keinen hervorruft (Schiff). Nur wenn die Concentration der I1CI mehrere Procente \u00fcbersteigt, entsteht auch in den taurochol-s\u00e4urereichsten Gallen eine F\u00e4llung.\nWenn man eine saure Pepsinl\u00f6sung, in der Fibrin oder Eiweiss verdaut worden ist, mit Galle vermischt, sieht man einen eigenth\u00fcm-lichen Niederschlag entstehen; ein gleicher bildet sich auch im Darm und heftet sich als harzig flockiger K\u00f6rper an die Darmw\u00e4nde und zwischen den Darmzotten an. Am genauesten hat ihn Hammarsten1 untersucht und diesem Forscher folgen wir auch in dem folgenden. Hamm Arsten benutzte zur Erzeugung des Niederschlags (mittelst Alkohol von Schleim befreite) Gallen, die f\u00fcr sich nicht von S\u00e4ure gef\u00e4llt werden, und andererseits mit Magensaft verdautes Htihner-eiweiss, dessen L\u00f6sung 0.2\u20140.3 % HCl enthielt. Bei Mischung beider bilden sich zweierlei Niederschl\u00e4ge : 1. ein schwerer flockiger Niederschlag, der neben etwas Gallens\u00e4uren vorz\u00fcglich Syntonin enth\u00e4lt; 2. eine feink\u00f6rnige schwer flltrirbare Tr\u00fcbung von Gallens\u00e4uren mit einer wechselnden Menge Peptom w\u00e4hrend die gr\u00f6ssere Menge Pepton gel\u00f6st bleibt. Durch Zusatz; von mehr Galle wird dann ein Theil des zuletzt entstandenen feink\u00f6rnigen Niederschlags wieder aufgel\u00f6st, trotz Erhaltung der sauren Reaction, und wenn in der L\u00f6sung nur wenig Syntonin war, so kann fast der gesammte entstandene Niederschlag vom Ueber-schuss der Galle wieder aufgel\u00f6st werden, und zwar um so leichter, je weniger sauer die urspr\u00fcngliche L\u00f6sung war. Es zeigte sich weiter, dass vorz\u00fcglich die Taurochols\u00e4ure dabei wirksam ist, denn je gr\u00f6sser der Reichthum der Galle an dieser S\u00e4ure ist, um so geringer braucht der Ueberschuss der zugesetzen Galle zu sein, um den feinen Niederschlag mit Beibehalt der sauren Reaction zu l\u00f6sen. In saurer und syntoninfreier Peptonl\u00f6sung entsteht durch Galle nur der feink\u00f6rnige aus \u00fcberwiegender Gallens\u00e4ure und Pepton bestehende in Alkohol und Gallen\u00fcberschuss l\u00f6sliche Niederschlag.\nWird zu einer sauren Peptonl\u00f6sung glycocholreiche (d. h. durch verd\u00fcnnte S\u00e4uren f\u00e4llbare) Galle bei K\u00f6rpertemperatur zugesetzt, so\n1 Hammarsten, Jahresber. d. ges. Med. 1S70.1. S. 106.","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nMaly. Chemie der Yerdaimngss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nh\u00f6rt die F\u00e4llung- bald auf, und wenn die Fl\u00fcssigkeit filtrirt und auf Zimmertemperatur gebracht wird, so entsteht durch die Abk\u00fchlung neuerdings ein Niederschlag, oft so reichlich, dass breiartige Consistenz ein-tritt. Aehnliches Verhalten zeigt die glycocholreiche Schweinegalle auf Zusatz verd\u00fcnnter S\u00e4uren allein; der bei K\u00f6rpertemperatur gel\u00f6ste, in der K\u00e4lte unl\u00f6sliche Niederschlag besteht also aus Gallens\u00e4ure. Gegen\u00fcber den Verdauungsfl\u00fcssigkeiten (d. h. sauren Syntonin-Peptonl\u00f6sungen) verh\u00e4lt sich die durch S\u00e4uren f\u00e4llbare (glycochols\u00e4urereiche) Galle wie die nicht f\u00e4llbare, sie bringt gleichfalls zweierlei Niederschl\u00e4ge hervor, von denen der eine schwer und flockig, der andere fein vertheilt ist. \u2014 Bei Gegenwart von Salzen, besonders Kochsalz, ist der Niederschlag, den Galle in saurer Peptonl\u00f6sung erzeugt, geringer oder die F\u00e4llung kann auch v\u00f6llig verhindert werden. Ob und inwiefern die angedeuteten Verh\u00e4ltnisse von Wichtigkeit sind, ist noch nicht zu durchsehen; den Vortheil der F\u00e4llung des Syntonins durch Galle sieht Hammarsten darin, dass die gef\u00e4llten Flocken sich an die Darmwandungen anheften und so verhindert werden, den Darm zu rasch zu passiren und leichter dem Pankreassaft preisgegeben w\u00fcrden. Wo m\u00f6glich noch weniger klar ist die Stellung des feinpulverigen, Pepton Gallens\u00e4ure enthaltenden Niederschlags, und in dieser Beziehung m\u00fcssen am wichtigsten diejenigen Umst\u00e4nde erscheinen, von denen die Menge des durch Galle in der sauren Peptonl\u00f6sung hervorgerufenen Niederschlags abh\u00e4ngt, n\u00e4mlich 1. der S\u00e4uregrad der Magenfl\u00fcssigkeit, 2. das Verh\u00e4ltniss von Glyeo-cliol- und Taurocliols\u00e4ure und 3. die Quantit\u00e4t der Salze, welche bei der Mischung entsteht, oder durch die Nahrung zugef\u00fchrt wurde. Hammarsten fr\u00e4gt sich, ob nicht etwa ein Zusammenhang bestehe zwischen dem weniger sauren Magensaft und der taurochols\u00e4urearmen Galle der Pflanzenfresser einerseits und zwischen dem stark sauren Mageninhalte und dem Tauro-chols\u00e4urereichthum der Galle bei den Hunden (oder Raubthieren) anderseits, und betrachtet diese Untersuchung als ein Desiderat.\nAnges\u00e4uerte Leiml\u00f6sung verh\u00e4lt sich nach Almgvist so wie eine saure Peptonl\u00f6sung, denn sie gibt mit schleimfreier Galle versetzt einen feinen, aus Leim und Gallens\u00e4uren bestehenden Niederschlag, der durchs Filter geht und in Stubenw\u00e4rme sich harzig zusammenballt. Gallen\u00fcberschuss l\u00f6st ihn wieder auf. Gelatinirende oder nicht mehr gelatinirende Leiml\u00f6sungen verhalten sich dabei gleich.\nDer zweite Punkt, der hier noch zu betrachten ist, ist der, dass eine ganz kleine Menge Galle hinreicht, um die Pepsinverdauung sofort zu vernichten. Die Galle macht, dass die Dauer der Pepsinverdauung nicht abh\u00e4ngig ist von der Reaction des Speisebreies (Br\u00fccke). Wo die Galle nicht in den Darm gelangt, geht die Magenverdauung fort, bis durch die \u00fcbrigen Secrete die S\u00e4ure genugsam abgestumpft ist; wo aber Galle hinzutritt, sistirt die Pepsinverdauung auch dann, wenn noch S\u00e4ure zugegen ist. Die Ursache dieser Sistirung scheint nach Br\u00fccke und nach Hammarsten zweierlei zu sein. Zun\u00e4chst wirkt der feine Niederschlag mechanisch, indem er wie Kohlenpulver oder Calciumphosphat das Pepsin mit sich reisst","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Wirkung der Galle auf den Magenchymus. Antiputride Wirkung der Galle. 183\nund dessen Molectilen die freie Beweglichkeit benimmt. Dann aber wirkt die Galle in auff\u00e4lliger Weise dadurch, dass sie nicht nur den Quellungsprocess aufhebt, sondern auch schon aufgequollene Substanz wieder zum Schrumpfen bringt. In sauer gemachter Galle quillt keine Fibrinflocke mehr, ja die Verdauung wird in ganz klaren sauren L\u00f6sungen, selbst in solchen behindert, die, wie die Katzen- und Hundegalle nur Taurochols\u00e4ure enthalten. Die Hauptursache ist dann nicht in einer Ausf\u00fcllung des Pepsins, sondern darin zu suchen, dass sich die Eiweissk\u00f6rper mit den Gallens\u00e4uren chemisch verbinden, zu K\u00f6rpern, die der Pepsinverdauung nicht mehr f\u00e4hig sind. Hammarsten erkannte in der That durch Versuche, dass in Galle eingebrachtes Eiweiss durch ausfallende Gallens\u00e4uren sein Gewicht vermehrt. Aus solchen Verbindungen besteht offenbar auch der oben erw\u00e4hnte in Syntoninl\u00f6sungen zuerst entstehende s c h w e r fl o c k i g e Niederschlag.\nI>ie antiputride Wirkung der Galle.\nWenn man die zuletzt geschilderte Einwirkung der Galle auf die N\u00e4hrstoffe \u00fcbersieht, so kann man nicht sagen, dass dieselbe im Verh\u00e4ltniss zu der Gr\u00f6sse des gallebereitenden Organes steht; denn der Antheil der durch die Galle bewirkten Emulsion geschmolzenen Fetts k\u00f6nnte auch durch eine einfach schleimige z. B. mucinreiche Fl\u00fcssigkeit bewirkt werden, und an der Aufl\u00f6slichkeit der auf an-derem Wege abgespaltenen Fetts\u00e4uren in der Galle zu Seifen haben die Hauptbestandtheile der Galle, die Gallens\u00e4uren, gar keinen Antheil, oder h\u00f6chstens sofern, als sie schwache S\u00e4uren sind und sich ihr Alkali leicht entreissen lassen. Wenn der Organismus am gleichen Orte ein Secret empfangen w\u00fcrde, das an Stelle der complicirten Natronsalze Phosphate oder Carbonate des Natrons enthielte, so w\u00e4re f\u00fcr die Emulgirung und Seifenbildung ebenso gut gesorgt. Nehmen wir die Ausf\u00fcllung der Magenverdauungsproducte durch die Galle, die Bildung von flockigem gallensaurem Eiweiss, wor\u00fcber wir uns die Vorstellung machen k\u00f6nnen, dass dadurch das Eiweiss an die Darmw\u00e4nde geklebt und l\u00e4nger zur\u00fcckgehalten wird, so muss man sagen, dass man dazu auf die Gallens\u00e4uren auch nicht anstehen w\u00fcrde, denn das ist wieder nur eine Alkaliwirkung. Man hat die Galle oft als weiterhin unbrauchbares Excret bezeichnet; geht man auf ihre Bestandtheile zur\u00fcck, so wird man diesen Ausspruch f\u00fcr die Gallenfarbstoffe als Producte verbrauchten Blutfarbstoffs gelten lassen k\u00f6nnen, ebenso f\u00fcr Cholesterin und Lecithin als Producte zersetzter Hirn-","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nMaly, Chemie der Verdaimngss\u00e4fte u. Verdauung. 3. Cap. Galle.\nSubstanz, die in der Galle ihren Abzug finden, aber f\u00fcr die, die Hauptmasse der Galle ausmachenden, andernorts im K\u00f6rper nicht vorfindlichen Gallens\u00e4uren muss man es mindestens h\u00f6chst unwahrscheinlich finden; die Fragen nach der Function der Galle werden daher vorwiegend Fragen nach der Bedeutung ihrer eigent\u00fcmlichen S\u00e4uren sein.\nSchwann fand, dass von IS, die Gallenfisteloperation \u00fcberlebenden Hunden sechs bald zu Grunde gingen, aber Bidder und Schmidt sowie Andere erhielten derlei Hunde l\u00e4ngere Zeit lebend, wenn sie ihnen eine gr\u00f6ssere Futterration verabreichten, als sie im gesunden Zustande zur Erhaltung des K\u00f6rpergewichts n\u00f6thig hatten. Trotzdem sind diese Thiere doch krank, im ersten Fall mehr, im zweiten weniger; sie laboriren an F\u00e4ulnissprocessen im Darm. BiDDer & Schmidt1 beschrieben das Verhalten ihrer Fistelhunde in folgender Weise: Die Verdauung schien geh\u00f6rig von Statten zu gehen, die Darmentleerungen waren tr\u00e4ge und selten. Die Faeces nahmen bald eine schmierige lehmartige Beschaffenheit an, waren grau oder gr\u00fcnlich gef\u00e4rbt und zeigten \u00fcberaus \u00fcblen oft wahrhaft aashaften Geruch, der entschieden auf F\u00e4ulniss hinwies. Daf\u00fcr sprach auch die starke Gasentwicklung im Darm, das best\u00e4ndige Kollern und Poltern im Unterleibe und der Abgang von stinkenden Flatus. Selbst der Geruch der exspirirten Luft war unangenehm, gleichg\u00fcltig, ob das Thier n\u00fcchtern war oder eben gegessen hatte. Trotz der Abmagerung erhielten1 sich die Thiere eine Zeit lang munter, waren aber sehr schwach, der Herzschlag blieb normal, und ohne st\u00fcrmische Erscheinungen erfolgte ein Erl\u00f6schen der Lebenskr\u00e4fte, ein allgemeiner Marasmus, der nach einiger Zeit den Tod herbeif\u00fchrte. In keinem einzelnen Organe war eine Beeintr\u00e4chtigung, nirgends eine ausreichende Todesursache z u fi n d e n. Bei Thieren, die ein sehr grosses Maass von Nahrung erhielten und die f\u00fcr den Ausfall des Fetts durch viel Eiweiss und Kohlehydrate widerstandsf\u00e4higer gemacht wurden, waren die Erscheinungen gemildert, aber die Gasentwicklung im Darm und die Beschaffenheit der Faeces blieben die gleichen (Bidder & Schmidt).\nDer Ausfall der Galle bewirkt also F\u00e4ulnisserscheinungen heftigster Art im Darm, ein Moment, das wohl Beachtung verdient. Schon 1846 hat Gorup-Besanez (cit. S. 122) angegeben, dass die Galle und wenigstens das gallensaure Natron unzweifelhaft antiseptische Wirkung auf die stickstoffhaltigen Nahrungsmittel aus\u00fcbt. Es\n1 Bidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 103 ff.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Antiputride Wirkung der Galle.\n185\nist nicht schwer und nicht zu fernliegend, hei Abwesenheit anderer gen\u00fcgender Existenzberechtigungen, in der antiputriden Wirkung eine solche f\u00fcr die Gallens\u00e4uren zu finden, und ich denke mir, dieselbe sei noch von einem weiteren Gesichtspuncte aus zu betrachten. Es ist von einem Physiologen die geistreiche Bemerkung ausgesprochen worden, dass die Regulirung des Stoffwechsels keine vollkommene sei, dass sich gewisse Fehler summit*en, als deren Consequenz nach l\u00e4ngerer oder k\u00fcrzerer Zeit der physiologische Tod erfolgt. W\u00fcrden solche Fehler nicht existiren, so w\u00e4re es nicht zu begreifen, wie ein Mensch, wie ein Thier, die jahrelang gleich functioniren, gleich sich ern\u00e4hren, kurz unter gleichbleibenden Verh\u00e4ltnissen leben, in ihrem Innern nicht gleich bleiben, sondern an Energie abnehmen, wie wir sagen, alt werden und endlich zu Grunde gehen. Ich glaube, dass diese Fehler der Organisation nur im Verlaufe von Functionen stattfinden k\u00f6nnen, die nicht unterlassen werden d\u00fcrfen. Eine solche Function ist die Verdauung; indem die Processe im Darmcanal aus den genossenen Eiweissk\u00f6rpern das f\u00fcr den Verbrauch des Abgen\u00fctzten bestimmte fl\u00fcssige, bewegliche und organisationsf\u00e4hige Pepton pr\u00e4-pariren. zerf\u00e4llt gleichzeitig \u2014 und das ist ein solcher Fehler, dessen Unvermeidlichkeit seine Consequenzen geltend macht \u2014 ein anderer Theil Eiweiss weiter, d. h. er verfault, denn er ist dazu unter den g\u00fcnstigsten Bedingungen. Die Eiweissf\u00e4ulnissproducte sind dem Organismus feindlich, unter ihrem Einfl\u00fcsse steht er dauernd, die endliche Folge dieser chronischen Vergiftung ist der physiologische Tod. Die Gallens\u00e4uren, so kann man sich denken, wirken corrigirend als antiputride Stoffe der F\u00e4ulniss entgegen, ohne freilich sie v\u00f6llig zu verhindern. Fliesst die Galle durch die Fistel aus, so wird die F\u00e4ulniss rapid, Gase treten massenhaft auf und die F\u00e4ulnissproducte riecht man am Athem, als Zeichen, dass sie den ganzen K\u00f6rper durchdringen; die Folge ist Marasmus und fr\u00fcherer Tod ohne Localerkrankung; die chronische Vergiftung wird acuter. Die Gallens\u00e4uren sind Des-infectionsmittel, die fast durch die ganze Darml\u00e4nge hindurchwirken, und das wird ihnen m\u00f6glich dadurch, dass sie von dem sauren Ma-genchymus niedergeschlagen als freie S\u00e4uren oder als gallensaure Eiweissk\u00f6rper der Darmwand anh\u00e4ngen. Das w\u00e4re dann die Bedeutung des r\u00e4thselhaften, fr\u00fcher ausf\u00fchrlich beschriebenen Niederschlages.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"1S6 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4 Cap. Paakreassaft etc.\nVIERTES CAPITEL.\nPankreassaft und Pankreasverdauung\u2018.\nIm Pankreassafte erreicht der Verdauungsapparat das Maximum seiner zerschmelzenden und verfl\u00fcssigenden Kraft, sowohl in cpianti-tativer Beziehung als auch in der Mannigfaltigkeit der Wirkung, so-ferne von ihm alle 3 Gruppen der Nahrungsstoffe in l\u00f6sliche, auf-saugbare Substanzen \u00fcbergef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. Die Kenntnisse \u00fcber das Secret sind bei der Schwierigkeit, gr\u00f6ssere Mengen zu gewinnen, in chemischer Beziehung nur gering. Vom Menschen zumal hat nie normaler Bauchspeichel zur Untersuchung Vorgelegen, und wenn man vermeiden wollte, die Erfahrungen an Thieren zu H\u00fclfe zu nehmen, w\u00e4re in der Physiologie des Menschen \u00fcber den Bauchspeichel ein leeres Blatt zu lassen. Von den Opfern der Vivisection haben besonders Hunde und Kaninchen einiges Beobachtungsmaterial geliefert, soferne aber wie beim Labsecret auch beim Bauchspeichel von einem k\u00fcnstlichen Saft (Infus) die Rede sein kann, so sind auch die aus den Schlachth\u00e4usern bezogenen Dr\u00fcsen Objecte f\u00fcr das Studium der Pankreasverdauung geworden.\nDie Bem\u00fchungen, \u00fcber den Bauchspeichel etwas zu erfahren, gehen bis auf etwa die Jahre 1640 und 1659 zur\u00fcck, von welcher Zeit M. Hoffmann, G. WiRsuNG und de la Boe zu nennen w\u00e4ren. In Tiedemann & Gmelin1 2, sowie in Bernard\u2019s Le\u00e7ons de physiol, sind diese \u00e4lteren Angaben ausf\u00fchrlicher zusammengestellt, und darauf soll hier verwiesen werden. Weitere Kenntnisse erlangte man, als man das Pankreassecret durch Einbinden von Can\u00fclen in den Hauptausf\u00fchrungsgang oder durch Anlegung von Pankreasfisteln gewinnen lernte. Hier wird nur vom fertigen Secrete die Rede sein.\nI. Pankreassaft.\nEigenschaften.\nDer Bauchspeichel stellt sich verschieden dar, je nachdem er bald nach der Operation (normaler oder Saft tempor\u00e4rer Fisteln) oder erst nach l\u00e4ngerer Zeit aus offen erhaltenen Fisteln (Saft permanenter Fisteln) gewonnen wird. Der pankreatische Saft vom Hunde aus tempor\u00e4ren Fisteln ist nach Bidder & Schmidt- und nach\n1\tTiedemann & Gmelin, Verdauung I. S. 25.\n2\tBidder & Schmidt. Yerdauungss\u00e4fte S. 244.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreassaft.\n187\nBernard1 2 eine vollkommen klare, wasserlielle, schleimige, in syrup-\u00e4hnlichen Tropfen fliessende und fadenziehende, beim Sch\u00fctteln sch\u00e4umende Fl\u00fcssigkeit. Sie ist nach Einigen frei von k\u00f6rperlichen Elementen, nach K\u00fchne- enth\u00e4lt sie solche regelm\u00e4ssig. Tiedemann & Gmelin3 4 sahen die ersten Portionen des ausfliessenden Saftes tr\u00fcbe, den darauf folgenden aber auch klar oder schwach opalisirend. Er schmeckt fade salzig, wie Blutserum, zeigt wahre Gerinnung unter Bildung einer Gallerte, reagirt alkalisch und gerinnt auch beim Erhitzen gleich dem H\u00fchnereiweiss zur festen, weissen Masse ; Alkalien verhindern die Gerinnung und l\u00f6sen das gebildete Gerinnsel auf. In Wasser sinkt er zu Boden und l\u00f6st sich dann unter Tr\u00fcbung. Alkohol f\u00e4llt dicke, weisse Flocken, die durch Filtration getrennt, selbst nach dem Trocknen in gelinder W\u00e4rme, wieder gr\u00f6sstentheils in Wasser l\u00f6slich sind. H\u00f6chst verd\u00fcnnte S\u00e4uren geben Tr\u00fcbung, die sich in mehr S\u00e4ure wieder aufl\u00f6st (Alkalialbuminat). Aehnlich verh\u00e4lt sich 10 procentige Kochsalzl\u00f6sung. Massig verd\u00fcnnte Essigs\u00e4ure, Milchs\u00e4ure, Salzs\u00e4ure und Phosphors\u00e4ure sind daher ohne sichtliche Einwirkung; concentrirte Minerals\u00e4uren geben aber wieder Niederschl\u00e4ge. Niederschl\u00e4ge geben noch Metallsalze, Gerbs\u00e4ure, Jodl\u00f6sung, Chlor- und Bromwasser.\nDer tempor\u00e4r abgesonderte Saft des Schafes ist wasserhell, schmeckt salzig und l\u00e4sst sich zwischen den Fingern in F\u00e4den wie Eiweiss ziehen. Die ersten Portionen reagiren schwach sauer, die sp\u00e4teren alkalisch \u2014 Bidder A Schmidt. Ganz \u00e4hnlich verh\u00e4lt sich der Pankreassaft aus dem Dr\u00fcsengang des Pferdes, des Kaninchens sowie auch der von H\u00fchnern und Tauben. Das Secret vom Kaninchen gibt beim Kochen nur eine Tr\u00fcbung und gerinnt nie ganz wie das der Hunde; durch verd\u00fcnnte Salpeters\u00e4ure tritt aber darin flockige F\u00e4llung ein, ebenso durch Alkohol.\nDas Pankreassecret permanenter, wohlverheilter Fisteln vom Hunde ist von dem beschriebenen durch seine d\u00fcnnfl\u00fcssige, w\u00e4ssrige, leicht bewegliche Beschaffenheit unterschieden. W\u00e4hrend der Saft frisch angelegter Fisteln ein spec. Gewicht von 1.03 hat, hat der permanente ein solches von 1.010\u20141.011. Im Uebrigen tritt aber keine wichtige Differenz mehr hervor. Er ist gleichfalls klar und farblos, alkalisch reagirend und laugenhaft schmeckend. Beim Sch\u00fctteln sch\u00e4umt er, beim Erhitzen tr\u00fcbt er sich und scheidet bei 72\" weisse Flocken ab. Die F\u00e4llung durch Alkohol oder Holzgeist ist gleichfalls in Wasser wieder l\u00f6slich (C. Schmidt \u25a0*). Bernard\n1\tBernard. Canstatt\u2019s Jakresber. d. Pharm. 1S49. S. 239.\n2\tK\u00fchne. Jahresber. d. Thierchemie A I. S. ITS. 1ST6.\na Tiedemann & Gmelin. Verdauung 1. S. 29.\n4 C. Schmidt. Ann. d. Chemie XCTI. S. 34. IS54.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nhat auch Pankreasfl\u00fcssigkeit von d\u00fcnner, wasserartiger Consistenz beobachtet, welche weder durch Erhitzen noch durch S\u00e4uren coaa\u2019u-\no\nlirte. Unter 0\u00b0 scheiden sich (C. Schmidt) durchsichtige, quittenschleim\u00e4hnliche Gerinnsel ab, die schw\u00e4cher alkalisch sind als die \u00fcbrige Fl\u00fcssigkeit. Auf flachen Schalen im Vacuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure trocknet das Secret zu farblosen, mundleim\u00e4hnlichen Massen ein, die in Wasser quellen und sich wieder klar l\u00f6sen.\nPankreassaft ist (wie die Dr\u00fcse selbst und deren Infus) eminent f\u00e4ulnissf\u00e4hig ; dabei nimmt er zuerst Darmgeruch an und erh\u00e4lt, wie schon Tiedemann & Gmelin angaben, die Eigenschaft, sich mit wenig Chlorwasser roth zu f\u00e4rben. Nach l\u00e4ngerem Stehen treten F\u00e4ulnissorganismen und stinkender Geruch auf, in diesem Stadium bewirkt Chlorwasser nichts mehr, rohe Salpeters\u00e4ure aber Rothf\u00e4r-bung. Letztere r\u00fchrt von Indol her, die Ursache der ersteren ist unbekannt. Beide Reactionen sind von Bernard auch an anderen thierischen Fl\u00fcssigkeiten und Geweben beobachtet worden.\nBestaiultheile und quantitative Bestimmungen.\nMit den \u00e4usseren Eigenschaften und den Eprouvettenreactionen des Bauchspeichels sind die chemischen Kenntnisse \u00fcber ihn ersch\u00f6pft. Man ist nicht im Stande einen einzigen, als chemisches Individuum einigermassen untersuchten K\u00f6rper zu nennen, der f\u00fcr diesen Saft charakteristisch w\u00e4re. Er enth\u00e4lt zun\u00e4chst eine reichliche Proportion von Eiweissk\u00f6rpern, darunter wahrscheinlich Alkalialbuminat, dann Fett nebst etwas verseiftem Fett und endlich die \u00fcblichen Salze, unter denen die Natronsalze weitaus vorherrschen.1 So weit ist daher, wenn man noch der alkalischen Reaction gedenkt, der Bauchspeichel dem Blutserum ganz \u00e4hnlich zusammengesetzt ; das, was ihm als etwas vom Blutserum doch v\u00f6llig verschiedenes zu erkennen gibt, ist seine Wirkung auf die N\u00e4hrstoffe, auf Grund welcher in ihm specifische' Fermente oder Enzyme angenommen werden, und zwar deren drei: 1. ein St\u00e4rke verfl\u00fcssigendes (eine Diastase); 2. ein in verd\u00fcnnter alkalischer L\u00f6sung Eiweiss in Pepton und Amids\u00e4ur en verwandelndes; und 3. ein Fette in Glycerin und S\u00e4uren spaltendes Ferment. Alle 3 Fermente gehen in den dicken weissen Niederschlag ein, den starker Alkohol im Pankreassaft erzeugt; sie linden sich immer alle 3 gleichzeitig, sowohl bei Fleisch- als Pflanzenfres-\n1 Frischer Saft von Hunden enth\u00e4lt kein Pepton, kein Tyrosin und nur Spuren von Leucin.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreassaft.\n139\nsera. Was \u00fcber sie und ihre merkw\u00fcrdigen Wirklingen ermittelt ist, wird sp\u00e4ter im Zusammenh\u00e4nge dargestellt werden. Da sie vorl\u00e4ufig als unw\u00e4gbare Gr\u00f6ssen uns gegen\u00fcberstehen, und sonst keine eigenth\u00fcmlichen K\u00f6rper hier zu besprechen sind, so empfiehlt es sich, schon an diesem Orte die wenigen analytischen Bestimmungen anzuschliessen, die \u00fcber den Bauchspeichel gemacht sind. Sie beziehen sich auf den Gehalt an Wasser, festen R\u00fcckstand und auf die Aschenbestandtheile seitens C. Schmidt. Das Hauptresultat ist, entsprechend den schon erw\u00e4hnten differirenden specifischen Gewichten, dass der sog. normale, frisch secernirte Saft 10\u2014ll\u00b0/o, der von l\u00e4nger unterhaltenen Fisteln 1.5\u20142.3\u00b0 o fester Bestandteile enth\u00e4lt.\nIn 1000 Theilen Pankreassaft vom Hund:\nI. Unmittelbar nach der 2. Aus permanenter Fistel Operation (C. Schmidt p.\t(C. Schmidt 2).\n\ta.\tb.\ta.\tb.\tc.\nWasser .\t900.3\t884.4\t976.8\t979.9\t984.6\nFeste Stoffe . Darin :\t99.2\t115.6\t23.2\t20.1\t15.4\nOrganisches .\t90.4\t\u2014\t16.4\t12.4\t9.2\nAsche.\t8.8\t\u2014\t6.8\t7.5\t6.1\nDie Asche von 1000 Theilen Saft bestand aus:\nNach der Operation.\nNatron.................................0.5S\nChlornatrium...........................7.35\nChlorkalium............................0.02\nPhosphorsaure Erden mit Spuren Eisen 0.53\nNa^POi............................\u2014\nKalk und Magnesia.................0.32\nvon perm. Fisteln (im Mittel von drei Analysen).\n3.31\n2.50\n0.93\n0.08\n0.01\n0.01\nAussef* den C. Schmidt\u2019s dien sind noch viele andere Trockenbestimmungen gemacht worden, die so viel lehren, dass der Gehalt an festen Stoffen grossen Schwankungen unterliegen kann. Bernard fand im tempor\u00e4ren Saft des Hundes S6\u2014100 p. m., Tiedemann & Gmelin 87 p. m. festen R\u00fcckstand (mit 78.9 p. m. Organischem und 7.2 p. m. Asche), Skrebitzki 23 \u2014 56 p. m. R\u00fcckstand. Tiedemann & Gmelin im Schafsaft 36\u201452 p. m., Weinmann im Saft permanenter Fisteln vom Hunde 21 bis 34 p. m. R\u00fcckstand. Hoppe-Seyler im Inhalt eines Pankreasdivertikels vom Pferd 982.5 p. m. Wasser, 8.88 p. m. Organisches und 8.59 p. m. Asche, Heidenhain im Kaninchensecret im Mittel von 14 Bestimmungen 17.6 p. m., in dem von Hammeln 14.3 \u2014 36.9 p. m. R\u00fcckstand.\n1\tBidder & Schmidt. Verdauungss\u00e4fte S. 244.\n2\tC. Schmidt, Ann. d. Chemie XCII. S. 34. 1854.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4 Cap. Pankreassaft etc.\nii. y ersuche \u00fcber die Fermente des Pankreas und ihre\nIsolirung.\nZur Erkl\u00e4rung der L\u00f6slichkeit und chemischen Um\u00e4nderung der N\u00e4hrstoffe im Bauchspeichel oder im Dr\u00fcseninfus hat man die vorerw\u00e4hnten 3 l\u00f6slichen Fermente oder Enzyme angenommen. Ihre Kenntniss repr\u00e4sentirt diejenige \u00fcber den Bauchspeichel, befindet sich aber in den Anf\u00e4ngen. Auf die diastatische Wirkung des Bauch-Speichels war man zuerst gekommen; da der durch K\u00e4lte oder Alkohol aus dem Safte gef\u00e4llte und in Wasser wieder l\u00f6sliche Theil diese Wirkung in h\u00f6herem Maasse besass, als die davon getrennten Fl\u00fcssigkeiten, so hat man den Al kohol nie der schlag geradezu als P an kr eas diastase bezeichnet. Sie wurde im Allgemeinen zu den Eiweissk\u00f6rpern gerechnet, gleichwohl aber vom K\u00e4sestoff, Na-tronalbuminat und Eiweiss unterschieden. Auch mit dem specitischen Speichelstoff sollte sie nicht identisch sein. Nach C. Schmidt und Bernard soll der Niederschlag Kalk, Magnesia und Natron enthalten, und Corvisart zeigte, dass der mit Alkohol gef\u00e4llte K\u00f6rper auch noch das von ihm entdeckte Verdauungsverm\u00f6gen f\u00fcr Albuminstoffe besitze.\nVersuche an Ferment angereicherte Extracte aus der Dr\u00fcse selbst zu erhalten, hat v. Wittich1 mit seiner Glycerinmethode angestellt. Das entw\u00e4sserte, getrocknete und gepulverte Gewebe wird mit Glycerin behandelt, und aus der Glycerinl\u00f6sung das Ferment mit Alkohol gef\u00e4llt; wird nach v. Wittich das Pankreas ohne weiteres mit Glycerin behandelt, so geht sowohl das Fibrin verdauende, als auch das diastatisch wirkende Ferment in das Glycerin \u00fcber; wird dagegen zun\u00e4chst durch Alkohol die Dr\u00fcsenmasse gereinigt, dann Glycerin angewendet, so wirkt der Auszug nicht mehr auf Fibrin, wohl aber auf St\u00e4rke ein. H\u00fcfner hat jedoch aus Dr\u00fcsen vom Rind, die vorher l\u00e4ngere Zeit in Alkohol gelegen hatten, ein Pr\u00e4parat erhalten, das alle 3 Fermentwirkungen zeigte, es scheint also, dass die v. WiTTicH\u2019sche Methode den Fermentbestand in Bausch und Bogen liefert. Der reichlich erhaltene K\u00f6rper ist amorf, *S und A -haltig. H\u00fcfner2 hat ihn analysirt, und seine Untersuchungen geben uns vorl\u00e4ufig wenigstens einigen Anhalt \u00fcber die elementare Zusammensetzung dieser Fermentk\u00f6rper. H\u00fcfner sagte sich, wenn das Pr\u00e4parat ein Gemenge von 3 verschiedenen Fermenten ist, so wird sich\n1\tv. Wittich, Jahresber. d. ges. Med. I860. I. S. 100.\n2\tH\u00fcfner, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 360.1872.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasfermente.\n191\nvoraussichtlich bei verschiedenen Darstellungen eine ungleiche Elementarzusammensetzung ergeben, handelt es sich aber um ein Ferment, dem gleichzeitig jene 3 F\u00e4higkeiten zukommen, so k\u00f6nnte die Zusammensetzung gleichartiger sein. Die Analysen zeigten f\u00fcr Pr\u00e4parate von 4 verschiedenen Darstellungen nur wenig schwankende Zahlen: 40.3\u201441.5 % C; 6.5\u20146.9 0 u IIund 13.3\u201413.6 0 o N. Digerirte man das Rohpr\u00e4parat neuerdings mit Glycerin und f\u00e4llte wieder mit viel Alkohol, so enthielten die jetzt gef\u00e4llten Niederschl\u00e4ge 43.1\u2014 43.5% C\\ 6.5\u20146.8% II und 13.8\u201414.0% A, nebst viel Asche wie im ersten Fall. Das reicht nun zwar nicht hin, \u00fcber die Anzahl der vorgebildeten Fermente ein Urtheil abzugeben, zeigt aber doch so viel, dass die mittelst der Glycerinmethode erhaltenen K\u00f6rper, obwohl deren w\u00e4ssrige L\u00f6sung in auffallender Weise (H\u00fcfner) die Ei-weissreactionen gibt, keineswegs ausschliesslich oder vorwiegend Eiweissk\u00f6rper sein k\u00f6nnen, wenn sie auch solche noch immerhin enthalten m\u00f6gen. Denn alle gefundenen Procentzahlen bleiben im G-G eh alt weit gegen die Eiweissk\u00f6rper zur\u00fcck und liegen anderseits um einen gewissen Mittelwerth herum. Auch aus den Analysen des Emulsins von Schmidt und besonders aus denen des Invertins aus Hefe von M. Barth2, die sich nicht zu sehr von den obigen Analysen entfernen, l\u00e4sst sich eine Berechtigung ableiten, H\u00fcfner\u2019s Zahlen hier anzuf\u00fchren. Im trocknen Zustande auf 100\u00b0 C. erhitzt, wird die Energie des Fermentpr\u00e4parates nicht zerst\u00f6rt.\nWir kommen nun zur Schilderung jener Bem\u00fchungen, bei denen Extracte von nur in einem Sinne wirkender Energie dargestellt, oder bei denen das Gesammtferment in die einzeln wirkenden Componenten zerlegt werden sollte.\nCohnheim versuchte das diastatische Ferment zu isoliren und benutzte dazu die beim Speichel beschriebene Methode. Danilewski3, welcher vermuthet, dass jede der specifischen Wirkungen einem bestimmten Ferment angeh\u00f6re, gibt an, dass zwei derselben sich im reineren Zustande gewinnen und trennen lassen. Zu diesem Behufe wird die frische Pankreasdr\u00fcse in kaltem Wasser geknetet, mit Sand zerrieben, mit Wasser bei 20\u201430\u00b0 digerirt, die colirte Fl\u00fcssigkeit zur Entfernung freier Fetts\u00e4uren mit Magnesia ges\u00e4ttigt und wieder colirt. Das jetzt erhaltene Filtrat zeigt noch zwei Wirkungen, es l\u00f6st St\u00e4rke und l\u00f6st Fibrin. Um das amylolytische vom peptischen Ferment zu trennen, soll man das letzterw\u00e4hnte ents\u00e4uerte Extract mit 14 Vol. dicken Collodiums mischen und sch\u00fctteln. Die sich bildende klebrige Masse wird beim Umr\u00fchren unter Verdampfen des Aethers k\u00f6rniger und enth\u00e4lt das F i b r i n f e r m e n t. Man\n1\tDer Kohlenstoff der Eiweissk\u00f6rper ist circa 51.5\u201452.5\u00b0 o.\n2\tM. B Arth. Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 352. 1878.\n3\tDanilewski, Canstatt's Jahresber. d. Pharm. 1 s62. IL S. 42.","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\ntrennt die Masse von der L\u00f6sung und bringt in alkoholhaltigen Aether; der die Schiessbaumwolle wieder l\u00f6st, w\u00e4hrend sich nach mehrt\u00e4gigem Stehen das Fibrinferment als gelber Bodensatz ausscheidet. Derselbe l\u00f6st sich in Wasser zumeist und die L\u00f6sung verdaut Fibrin in neutraler oder alkalischer, nicht in saurer Fl\u00fcssigkeit. Schon \u00fcber 45\u00b0 C. wird die losende Wirkung verz\u00f6gert. Aus dem Filtrate vom Collodiumniederschlag, einer klaren alkalischen Fl\u00fcssigkeit, konnte Daxilewski das diasta-tisclie Ferment so gewinnen: sie wurde unter der Luftpumpe stark verdunstet, von ausgeschiedenen Stoffen abfiltrirt, mit Alkohol versetzt, der Niederschlag in einer Mischung von 2 Theilen Wasser und 1 Tlieil Alkohol gel\u00f6st, dadurch von Eiweissstoffen getrennt und im Vacuum verdunstet. Die erhaltene Substanz verwandelte St\u00e4rke rasch in Zucker und wirkte auf Fibrin nur mehr schwach ein. Die Angaben, die Lossxitzer 1 nur theilweise best\u00e4tigen konnte, sind einer Wiederholung bed\u00fcrftig.\nEin ganz anderes Trennungsverfahren hat Paschutin2 versucht; es gr\u00fcndet sich darauf, dass L\u00f6sungen verschiedener Salze einzelne Fermente allein oder doch vorwiegend zu extrahiren verm\u00f6gen. Dabei werden frische zerriebene Pankreasdr\u00fcsen vom Ochsen in die einzelnen Salzl\u00f6sungen gebracht, diese nach 6\u201412st\u00fcndiger Einwirkung abfiltrirt und auf ihre Verdauungsenergien gepr\u00fcft. Bei an und f\u00fcr sich guter Idee leidet diese Methode an der durch sie selbst hereingebrachten Schwierigkeit, dass die Verdauungsenergie der abgegossenen L\u00f6sung ein Product des aufgenommenen Ferments und der angewandten Salzl\u00f6sung ist, die Effecte also nicht ohne weiteres vergleichbar sind 3. Beispielsweise fand Paschutin, dass Chlornatrium, Kaliumchlorat, Glaubersalz alle 3 Fermente aufl\u00f6sten, w\u00e4hrend andere Salze nur f\u00fcr einzelne Fermente ein hervorragendes L\u00f6sungsmittel abgeben. So wird das Eiweissferm ent besonders von Jodkalium, arsenigsaurem Kalium, schwefligsaurem Kalium und Seignettesalz aufgenommen; das Fett ferme nt kann haupts\u00e4chlich durch doppeltkohlensaures Natrium, dem ein wenig Sodal\u00f6sung zugesetzt ist, aufgenommen werden; das diastatische Ferment endlich soll durch arsensaures Kalium f\u00fcr sich oder nach Zusatz von Ammoniak am besten herausgezogen werden.\nAm \u00f6ftersten ist das Eiweissferment des Pankreas das Pankreatin in Extracten zu concentriren versucht worden. Allen diesen Versuchen, und das gilt auch f\u00fcr die schon beschriebenen, legt sich noch eine besondere Schwierigkeit in den Weg, die darin liegt, dass h\u00f6chst wahrscheinlich die frischen Dr\u00fcsen die \u201eGruppen in Bewegung\u201c noch nicht oder nur spurenweise enthalten, denn die Glycerinextracte frischer D r \u00fc s e n w i rk e n bei dem Fibrinverdauungsversuch nur schwach oder\n1\tLossxitzer, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1S64.\n2\tPaschutin, Jahresber. d. Thierchemie III. S. 325. 1873.\n3\tDass gewisse Salze die Fermentwirkung beeintr\u00e4chtigen, ist nach \u00e4hnlich beim Pepsin beobachteten Verhalten unschwer zu vermuthen; aber auch im positiven Sinne wirken sie. So gibt Giov. Weiss an, dass kohlensaures Kali und Ammon, Chlorammonium, schwefelsaures Natron und Kalisalpeter in geringer Menge einem wirksamen Pankreasauszug zugesetzt, dessen L\u00f6sungsverm\u00f6gen f\u00fcr Fibrin steigern; noch g\u00fcnstiger wirkt in diesem Sinne kohlensaures Natron und Chlornatrium (Heidenhain).","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasfermente.\n193\ngar ni dit, w\u00e4hrend nach 24 st\u00e4ndigem Liegen jede normale Dr\u00fcse ein in Sodal\u00f6sung auf Faserstoff wirksames Extract liefert \u2014 Heidenhain h Die ideale, durch irgend einen Process, etwa einen Spaltungs- oder Oxyda-tionsprocess, das Eiweissferment liefernde Substanz wurde Zymogen genannt. Heidenhain und dann Podolinski 2 haben eine Reihe Einwirkungen genannt, durch welche aus dem sog. Zymogen das wirksame herment entsteht. Diese Einwirkungen sind einfaches Liegen an der Luft, also die postmortale Ver\u00e4nderung, Zusatz von Wasser zur Glycerinl\u00f6sung, namentlich in der W\u00e4rme, die Einwirkung von verd\u00fcnnten S\u00e4uren auf die Dr\u00fcsensubstanz, das Durchleiten von Sauerstoff w\u00e4hrend 10 Minuten. Aelm-licli wirkt auch Wasserstoffsuperoxyd und am besten Sch\u00fctteln mit Platinmohr. Die Wirkung der blossen Verd\u00fcnnung mit Wasser, die ziemlich rasch eintritt, wird von Podolinski auf den im Wasser gel\u00f6sten Luftsauer-stoff zur\u00fcckgef\u00fchrt, denn in ausgekochtem Wasser bleibt das Zymogen 24 Stunden unwirksam. Wenn es auch nicht an widersprechenden Angaben fehlt, sofern Giov. Weiss 3 h\u00e4ufig schon die Extracte frischer Dr\u00fcsen eiweissverdauend fand, so war dies doch nicht immer der Fall und die Unwirksamkeit der frischen Dr\u00fcsen muss wenigstens f\u00fcr viele F\u00e4lle richtig gelten. Betrachtet man aber die Umst\u00e4nde, die dann Ferment erzeugen sollen, so sind es solche, die, wie W\u00e4rme, Wasser und Sauerstoff den Eiweissbestand der Dr\u00fcse oder des Extracts der Desaggregation des Molek\u00fcls, der F\u00e4ulniss entgegenf\u00fchren. Nichts kann besser, als diese Erfahrungen f\u00fcr die LiEBio\u2019sche Auffassung und gegen die Existenz von Fermenten als selbstst\u00e4ndige, best\u00e4ndige und als Individuum darstellbare K\u00f6rper sprechen.\nBei dem wie ihm wolle, so ist hier doch noch weiter der Isolirungs-versuche zu gedenken, die K\u00fchne 4 anstellte, um das Pankreatin (sein Trypsin) reiner zu erhalten. Nach K\u00fchne ist die Alkoholt\u00e4llung aus dem w\u00e4sserigen oder mit Glycerin erhaltenen Dr\u00fcsenextract, also jene Substanz, die H\u00fcfner\u2019s Analysen zu Grunde lag, ein Gemisch von Ferment und einem Eiweissk\u00f6rper und sie zersetze sich resp. verdaue sieh unter passenden Umst\u00e4nden selbst, unter Bildung der sp\u00e4ter zu besprechenden pankreatischen Verdauungsproducte. K\u00fchne operirte daher in folgender Weise: die mit Alkohol aus den frischen Driisenextracten gef\u00e4llte, in kaltem Wasser gel\u00f6ste und wieder mit absolutem Alkohol gef\u00e4llte Substanz wird in w\u00e4ssriger L\u00f6sung mit Essigs\u00e4ure (bis zu 1 Proc.) versetzt. Der dabei durch die verd\u00fcnnte Essigs\u00e4ure erhaltene Niederschlag enth\u00e4lt den zu einer harzigen Masse zusammenklebenden Eiweissk\u00f6rper, und besitzt gut ausgewaschen kein Verdauungsverm\u00f6gen. Das Filtrat davon wird mit Alkohol gef\u00e4llt, die F\u00e4llung gel\u00f6st, mit 1 \u00b0/o Essigs\u00e4ure versetzt, auf 40\u00b0 erw\u00e4rmt, von einem neuerlich ausfallenden Eiweissk\u00f6rper getrennt, mit Soda alkalisch gemacht, von dabei fallenden Erdsalzen filtrirt und die jetzt erhaltene L\u00f6sung zur Entfernung von Verdauungsproducten dialysirt und endlich mit Alkohol das Ferment daraus gef\u00e4llt. Das so\n1\tHeidenhain, Jahresber. d. Thierchemie V. S. 176. 1875.\n2\tPodolinski, Ebenda VI. S. 17 5. 1876.\n3\tGiov. Weiss, Ebenda VL S. 177. 1S76.\n4\tK\u00fchne, Verhandl. d. naturhist.-med. Ver. z. Heidelberg. N. S. I. Sep.-Abdr.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nerhaltene Eiweissferment ist in Wasser l\u00f6slich, coagulirt in saurer L\u00f6sung, ist in Glycerin unl\u00f6slich und stellt aus der L\u00f6sung bei 4 0\u00b0 abgedunstet eine strohgelbe, durchsichtige, wollig aufbr\u00f6ckelnde Masse dar. Es l\u00f6st Fibrin momentan und in so grosser Menge, dass man fast nie zum Ende kommt und zuletzt eine steife Masse erh\u00e4lt, die wesentlich aus Pepton besteht und ausserdem Leucin, Tyrosin und Antipepton enth\u00e4lt. Wird das gereinigte Trypsin einmal mit Wasser aufgekocht, so soll es nach K\u00fchne in etwa 20\u00b0 o coagulirtes Eiweiss und S0\",o Antipepton zerfallen, einen K\u00f6r per von der Zusammensetzung des Pepsinpeptons. Darnach m\u00fcsste das Trypsin selbst doch wieder etwas Eiweissartiges sein, und das schien K\u00fchne selbst weiterhin wahrscheinlich zu finden, als er beobachtete, dass sein Trypsin von Magensaft zerst\u00f6rt also verdaut wird. Leber die Natur des Ferments lehren uns daher auch die letzten Untersuchungen nichts, sondern sie beschr\u00e4nken sich nur ein Pr\u00e4parat zu gewinnen, das mehr und rascher Eiweiss in Verdauung bringt. Ab ovo usque ad mala scheint es daher noch weit, da das Ei erst ein gl\u00fccklicher Forscher zu k\u00f6pfen hat b\nIII. Pankreasverdammg.\n1. Einwirkung auf die Kohlehydrate.\nIn der viel besprochenen Wirkung auf St\u00e4rke unterscheiden sich Pankreassaft und Infus nicht von der des Speichels. Valentin hat hier zuerst die zuckerbildende Wirkung beobachtet, die dann von allen Sp\u00e4teren fast einstimmig best\u00e4tigt wurde. Dr\u00fcse und Saft sowohl von Fleischfressern als Herbivoren wirken in diesem Sinne, Bouchardat und Sandras haben die gleiche Eigenschaft auch f\u00fcr das aus dem WiRSUNG\u2019schen Gange von H\u00fchnern und G\u00e4nsen entleerte Secret gefunden. F\u00e4llt man Saft oder Infus mit Alkohol, so wirkt die w\u00e4ssrige L\u00f6sung des erhaltenen Niederschlags st\u00e4rker als das Filtrat diastatisch, daher der alte Name Pankreasdiastase f\u00fcr diesen Niederschlag. Kochen hebt das Zuckerbildungsverm\u00f6gen auf, das gleiche thun gr\u00f6ssere Mengen von Minerals\u00e4uren, Sublimat, schweflige S\u00e4ure, Kali und Ammoniak. Zusatz von Alkaloiden (Strychnin-Morphin-Cinchoninsalze), Harnstoff, Aether, Blaus\u00e4ure, Galle und Magensaft beeintr\u00e4chtigen die Wirkung nicht. Allgemein stimmen die Erfahrungen auch dar\u00fcber zusammen, dass Pankreasdr\u00fcse oder Saft viel rascher als irgend ein anderes Gewebe oder ein anderer Saft speciell auch schneller als Mundspeichel Zuckerbildung bewirken; sie findet in den meisten F\u00e4llen fast momentan unter Verfl\u00fcssigung des Kleisters statt, am schnellsten bei 37\u201440\u00b0C.,\n1 Gegen\u00fcber den bestimmten Angaben von K\u00fchne ist es wohl nur auf zuf\u00e4llig ung\u00fcnstiges Material zur\u00fcckzuf\u00fchren, dass ich bei Wiederholung der Versuche an 2 Pankreasdr\u00fcsen vom Rind ein ganz unwirksames Pr\u00e4parat erhielt.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasverdaimng der Kohlehydrate.\n195\naber auch noch kr\u00e4ftig bei Temperaturen, die weit unter der des Organismus liegen. Geringer S\u00e4uregrad soll beg\u00fcnstigend wirken. Schon die frische Dr\u00fcse enth\u00e4lt in der Regel das betreffende Ferment fertig, doch scheint auch hier wie beim Pankreatin hinterher Fermentregenerirung vorzukommen, denn es wird angegeben, dass 24 Stunden an der Luft gelegene Dr\u00fcsen diastatisch wirksamere Ausz\u00fcge geben als frische Dr\u00fcsen, und Liversidge 1 beobachtete, dass aus mit Glycerin ersch\u00f6pfend extrahirtem Pankreas, neues Ferment ausgezogen werden k\u00f6nne, wenn es einige Zeit der Luft aus-gesetzt war. \u2014 C. Schmidt (Kr\u00f6ger) bestimmte, dass 1 Grm. frischer Pancreassaft mit 0.021 Grm. Trockensubstanz bei 37\u00b0 in einer halben Stunde von \u00fcbersch\u00fcssig zugesetztem Kleister 4.67 Grm. St\u00e4rke in Zucker umgewandelt habe. Diese Beobachtung hat nat\u00fcrlich nur den Werth eines m\u00f6g\u2019lichen Falles.\nDie Froducte, welche die Pankreasdiastase aus St\u00e4rke erzeugt, wurden fr\u00fcher kurz als Dextrin und Traubenzucker bezeichnet, die in zwei aufeinander folgenden Phasen entstehen sollen ; das n\u00e4here Studium ergab, dass, wie bei der Speichelwirkung, auch hier mehrere und zwar die gleichen Stoffe entstehen, so dass die Zuckerfermente von Mund- und Bauchspeichel als identisch betrachtet werden k\u00f6nnen. Erw\u00e4rmt man eine gr\u00f6ssere Portion Kleister mit Pan-kreasinfus auf 40\u00b0 C. und hierauf 10 Stunden lang auf 15\", dampft zum Syrup ein und versetzt mit viel Alkohol und Aether, so f\u00e4llt rechts drehendes, stark redueirencles Dextrin, und auf weiteren Zusatz von viel Aether fallen Niederschl\u00e4ge, die nach Drehung und Reductionsgr\u00f6sse Maltose sind, w\u00e4hrend in den alkohol-\u00e4therischen Fl\u00fcssigkeiten auch noch ein wenig Traubenzucker vorfindlich ist. Nach Musculus & v. Merixg 1 2 3, welche diese noch weiter zu pr\u00fcfenden Angaben machen, ist demnach die Wirkung der Pflanzendiastase von der der Pankreasdiastase nicht verschieden. Bei l\u00e4nger dauernder Einwirkung von zerriebenem Dr\u00fcsengewebe auf Kohlenhydrate tritt immer Milchs\u00e4ureg\u00e4hrung ein.\nGlycogen wird wie St\u00e4rke ver\u00e4ndert; Seegexhat zuerst beobachtet, dass auch beim Glycogen die fr\u00fcher als unzweifelhaft hingestellte Thatsache der Umwandlung in Traubenzucker nicht rieh-tig sein k\u00f6nne, denn die Glycogenl\u00f6sung entsprach nach vollst\u00e4ndig abgelaufener Fermentation nur ein\u00e8m Bruchtheil des Trauben-zuckers (n\u00e4mlich nur 45\u201448%), der entstehen sollte, wenn das ganze\n1\tLiversidge. Jahresber. d. Thiercbemie III. S. 15S. 1S73.\n2\tMesculus & v. Merixg, Ebenda 4 III. S. 49. 1S7S.\n3\tSeegen, Ebenda TI. S. 56. 1S76.\n13*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"1\t96 Maly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Yerdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nGlycogen in Traubenzucker umgewandelt worden w\u00e4re. \u2014 Inulin und Rohrzucker bleiben intact.\nDem Pankreas neugeborner Kinder fehlt die diastatische Wirkung, wie Korowin 1 und Zweifel 2 fanden; vom 2. Monate an tritt sie auf und ist am Ende des 3. schon ziemlich stark.\n2. Einwirkuruj auf die Glyceride (Fette).\nDabei wird eine doppelte Einwirkung unterschieden, einmal eine mechanische, deren Resultat die Bildung einer Emulsion ist, und dann eine chemische, welche die Glyceride in fette S\u00e4uren und Glycerin spaltet. Die Bildung einer emulsiven Suspension aus geschmolzenen oder fl\u00fcssigen Fetten ist schon von Eberle 3 beobachtet worden, und Bernard 4 hat ihr eine grosse Wichtigkeit zugeschrieben. Mischt man Bauchspeichel mit Oel, Schweinefett, Butter oder Talg und setzt einer Temperatur von 35\u201440\u00b0 C. aus, so bildet sich augenblicklich unter theilweiser Yertheilung bis zu staubf\u00f6rmigem Fett, eine Emulsion, die sich 15\u201418 Stunden lang erh\u00e4lt. Neutralisation mit Magensaft \u00e4ndert nach Bernard nichts an der Wirkung, aber der Pankreassaft m\u00fcsse normal sein, krankhafter, d\u00fcnner Saft zeige die Wirkung nicht mehr, und andere thierische Fl\u00fcssigkeiten, wie Speichel, Galle, Blutserum, Cerebrospinalfl\u00fcssigkeit etc., wenn sie auch eine Emulsion geben, bewirken eine solche, die nur f\u00fcr kurze Zeit bestehen bleibt. Frerichs und Andere konnten jedoch so grosse Differenzen im Emulgirverm\u00f6gen zwischen Pankreassa 4 einerseits und den genannten Fl\u00fcssigkeiten anderseits nicht finden, als Bernard angab. Jedenfalls ist nicht anzunehmen, dass das Emulgirverm\u00f6gen irgend etwas vom Fermentbestande des Bauchspeichels Abh\u00e4ngiges sei, sondern es ist die Resultirende mehrerer Factoren, die in vorhandenen Saftproben wechseln k\u00f6nnen, so der 1. Viscosit\u00e4t (des Gehaltes an Eiweissk\u00f6rpern), 2. des Gehaltes an alkalischen Stoffen und 3. des Gehaltes an Seifen. Endlich wird die Bildung einer haltbaren feinen Emulsion noch abh\u00e4ngig davon sein, ob das dazu ben\u00fctzte Fett freie Fetts\u00e4uren enth\u00e4lt, die, indem sie sofort zur Seifenbildung Anlass geben k\u00f6nnen, einen andern An-tlieil Fett zerst\u00e4uben. Hier\u00fcber ist das bei der Galle S. 178 Gesagte zu vergleichen.\n1\tKorowin, Jahresber. d. Thierchemie IIP S. 15V 1873.\n2\tZweifel, Untersuchungen \u00fcber den Yerdauungsapparat des Neugebornen. Strassburg IS74.\n3\tEberle, Physiol, d. Yerdauung. W\u00fcrzburg 1834.\n4\tBernard, Canstatt\u2019s Jahresber. 184S u. 1849.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Fettverdaimng durch Pankreas.\n197\nF tir bei weitem wichtiger wird die chemische Zerspaltung des Fettmolectils betrachtet; sie bedeutet eine specifische Wirkung des Bauchspeichels und wird auf ein bestimmtes Ferment bezogen. Auch hierauf hat die Aufmerksamkeit Bernard (cit. S. 196) zuerst gelenkt und seine Angaben \u00fcber diesen wichtigen Befund sind mehrfach best\u00e4tigt worden. L\u00e4sst man, nachdem die Emulsion des Fettes durch den Bauchspeichel eingetreten ist, noch l\u00e4ngere Zeit bei Blut-w\u00e4rme stehen, so wird das Gemisch durch die abgespaltenen Fetts\u00e4uren sauer, Glycerin ist daneben nachweisbar, und hat man als Fett Butter genommen, so ist die freie Butters\u00e4ure an ihrem Geruch sofort zu erkennen, sofern nur normaler Bauchspeichel vorlag. Lenz hat selbst den 12 fach mit Wasser verd\u00fcnnten Bauchspeichel noch fettzerlegend gefunden. Magensaft oder Salzs\u00e4ure schw\u00e4chen oder hindern die Wirkung des Secretes, aber Galle oder Kali heben den hemmenden Einfluss wieder auf. Auch Pankreasinfus und frisches Pankreasgewebe wirken in gleicher Weise und da nach Bernard andere Gewebe die Wirkung nicht aus\u00fcben, so ist damit Gelegenheit gegeben, die Reaction auch umgekehrt zur Diagnose kleiner St\u00fcckchen Pankreasgewebe zu ben\u00fctzen, wenn man Lakmus als Indicator nimmt. Zu diesem Zwecke wird das Gewebest\u00fcckchen mit Alkohol entw\u00e4ssert, mit einer \u00e4therischen Butterfettl\u00f6sung getr\u00e4nkt, in die Vertiefung einer Glasplatte gebracht, mit etwas Lakmustinctur \u00fcbergossen und bedeckt. Nach einiger Zeit findet man die Tincturtropfen roth. Die Angabe, dass ohne Bedeckung die Lakmusl\u00f6sung nicht rotli, sondern gelb, dann farblos und endlich wieder blau werde, ist nicht verst\u00e4ndlich. Auch dem Wittich und H\u00fcFNER\u2019schen Fermente wird die fettzerspaltende Wirkung zugeschrieben. Lassaigne 1 f\u00fcgt noch hinzu, dass Oliven\u00f6l nicht bloss bei 35n, sondern schon .bei 12\u201415\u00b0 binnen einigen Stunden zerlegt werde, dass der Saft die Wirkung Tage lang behalte, dass Luft und andere Gase auf die Reaction keinen Einfluss nehmen, und dass der Pankreassaft vom Kalb die fettzerlegende Eigenschaft noch nicht besitze. Gekochter Pankreassaft ist immer unwirksam. Die Zerlegung der Fette ist auszudr\u00fccken durch :\nO.CO.CnHni\tOH\nGib\tO.CO.CnHm + v+-ZHiO = (hm\tOH+Z(HOCO.CnH-in+i\\\nO.CO.CnHin + i\tOH\nalso als eine Verseifung zu betrachten, bei der wie sonst Wasser\nl Lassaigne, Canstatt's Jahresber. d. Pharm. IS51. II. S. 30.","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"i 98 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Tankreassaft etc.\naufgenommen, die zerspaltende Wirkung des Alkalis aber durch die Fermentwirkung ersetzt ist.\nObwohl der qualitative Ablauf des Processes oder doch der Eintritt einer S\u00e4uerung als ziemlich festgestellt betrachtet werden kann, so fehlen quantitative Bestimmungen fast ganz und auch das Freiwerden fester fetter S\u00e4uren scheint erst einmal mit Sicherheit constatirt worden zu sein, so dass das Studium der Fettzerlegung im Anfang liegt. Nur Berthelot 1 2 hat an einem von ihm synthetisch dargestellten Glycerid, dem Monobutyrin, nachdem 1 Grm. desselben bei 37\u00b0 24 Stunden lang mit viel Pankreas-secret digerirt worden war, fast vollst\u00e4ndige Zerspaltung zu Glycerin und Butters\u00e4ure beobachtet. Gegen diesen viel citirten Versuch ist aber nicht nur zu bemerken, dass die nat\u00fcrlichen Fette nie Mono-, sondern immer Triglyceride sind, sondern auch, dass Berthelot 2 selbst, in demselben Jahre sich ausf\u00fchrlich \u00fcber die Zersetzbarkeit seiner k\u00fcnstlichen Glyceride aussprach, zumal der Valerine und der im h\u00f6chsten Grade leicht ver\u00e4nderlichen Butyrine; durch blosses Stehen im lose bedeckten Gef\u00e4ss trete, ohne dass merkliche Quantit\u00e4ten Sauerstoff gebunden w\u00fcrden, freie S\u00e4ure auf, unter dem alleinigen Einfl\u00fcsse von Feuchtigkeit. Neue quantitative Untersuchungen \u00fcber die Fettzerlegung durch das Ferment sind daher sehr w\u00fcnschenswerth. Lecithin wird durch Digestion mit Pankreas-infus wie durch Barytwasser gespalten \u2014 Bokay3 4 5 6 7; ob auch Alkylester, wie z. B. Aether aceticus durch das Ferment in Alkohol und S\u00e4ure zerlegt wird, ist durch die d\u00fcrftigen Versuche von Heritsch 4 nicht entschieden worden und andere liegen nicht vor. Ebenso wenig ist meines Wissens untersucht worden, ob andere Processe, bei denen Aufnahme und Tliei-lung in die V asserelemente stattfindet, wie die Zersetzung der Amide und Imide, durch den Pankreassaft bewirkt werden.\nDie Frage, ob innerhalb des Darms die Wirkungen des Bauchspeichels in der gleichen Weise sich zeigen, und ob sie zur Bildung von weissem, Fettaufnahme anzeigendem Chylus f\u00fchren, ist von Bernard \u00b0 in positivem Sinne behauptet, von Lenz 6 (C. Schmidt) und Anderen in Abrede gestellt worden ; ihre n\u00e4here Er\u00f6rterung geh\u00f6rt in das Gebiet der Resorptionslehre. Hier gen\u00fcge Folgendes anzuf\u00fchren; dass die Spaltung des Fetts im Darm nicht von Belang ist, geht aus \u00e4lteren und besonders aus den neueren Chylusunter-suchungen von Zawilski 7 hervor, nach welchen in der Lymphe des Milchbrustganges vorz\u00fcglich unverseiftes Fett, und zwar bis zu 12\u00b0 o und dar\u00fcber enthalten ist. Es bliebe also nur die einulgirende Wirkung des Bauchspeichels \u00fcbrig. Nun haben aber schon vor\n1\tBerthelot, Jahresher. d. Chemie 1S55. S. 733.\n2\tDerselbe, Chern. Centralbl. 1S55. S. 323.\n3\tBokay. Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 284. 1877.\n4\tHeritsch, Ebenda V. S. 179. 1875.\n5\tBernard, Le\u00e7oi>s I.\n6\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 248.\n7\tZawilski, Jahresber. d. Thierchemie VIT S. 50. 1877.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Fett- und Eiweissverdauung durch Pankreas.\n199\nlanger Zeit B\u00e9rard & Colin 1 Thiere, denen die Pankreasdr\u00fcsen unterbunden oder zerst\u00f6rt waren, wachsen und um das Vielfache an Gewicht zunehmen gesehen, und sp\u00e4ter hat M. Schiff 2 Hunde, bei denen durch Injection von geschmolzenem Paraffin in den Hauptpankreasgang diese Dr\u00fcse gleichsam ausgeschaltet war, noch Fett gut verdauen gesehen; von 120\u2014150 Grm. pro Tag genossenem Fett waren nur Spuren in den Excrementen zu finden. Dies illustrirt, dass der Bauchspeichel auch f\u00fcr den Uebergang zerst\u00e4ubten Fettes kein allein maassgebender Factor ist.\n3. Einwirkung auf die Eiweissk\u00f6rper.\nGegen\u00fcber den Eiweissk\u00f6rpern wird der Bauchspeichel zu einem Concurrenten des sauren Magensaftes, denn er l\u00f6st sie nicht nur bei Brutw\u00e4rme auf, sondern verwandelt sie zum Theil auch in Pepton. Purkinje und Pappenheim und dann Bernard haben diese Wirkung angedeutet, als ihr eigentlicher Entdecker muss nach der Ausf\u00fchrlichkeit, die er dem Gegenst\u00e4nde gewidmet hat, Coryisart3 betrachtet werden. Dass derselbe seine Beobachtungen immer wieder von neuem publicirte, kam daher, dass dieselben nicht nur wenig Beachtung fanden, sondern oft genug, so von Frerichs, Keferstein & Hallwachs, zum Theil von Wittich gel\u00e4ugnet wurden. Sp\u00e4ter sind aber durch Meissner4, Skrebitzki5 und besonders durch K\u00fchne6 und Andere die eiweissl\u00f6senden Eigenschaften des Bauchspeichels auf das bestimmteste best\u00e4tigt worden.\nCoryisart hat vorz\u00fcglich die durch 2st\u00fcndige Maceration mit Wasser erhaltenen Infusa der Pankreasdr\u00fcsen von Hunden und Hammeln benutzt, und konnte z. B. 40\u201450 Grm. harten Eiweisses durch das Infus je einer Dr\u00fcse binnen wenigen Stunden bei 40\u00b0 C. auf-l\u00f6sen; Magensaft wirkt nach ihm 3 mal langsamer. Wie Eiweiss verhielten sich coagulirtes Blutserum und Blutfibrin, welches letztere Coryisart noch leichter verdaubar fand. Auch wenn das w\u00e4ssrige\n\u00ee B\u00e9rard & Colin, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1S5S. I. S. 41.\n2\tM. Schiff, Jahresber. d. Thier Chemie II. S. 222. 1872.\n3\tDie erste Arbeit von Coryisart : Sur une fonction peu connue du pancreas : la digestion des aliments azot\u00e9es in Gaz. hebdom. D57. No. 15, 16, 19 und im Auszug in Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 185S. II. S. 28. Ihr folgten in den n\u00e4chsten Jahren zahlreiche erg\u00e4nzende Abhandlungen und Beitr\u00e4ge, die von Coryisart 1864 gesammelt nochmals herausgegeben worden sind als : Collection de m\u00e9moires sur une fonction m\u00e9connue du Pancreas, la digestion des aliments azot\u00e9s. Paris 1857 \u20141863. Dar\u00fcber auch die Canstatt'schen Jahresber. von 1858, 1859, 1861 u. 1864.\n4\tMeissner, Ztschr. f. rat. Med. YU. (3) S. 17.\n5\tSkrebitzki, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. I860.1. S. 121.\n6\tK\u00fchne, Jahresber. d. ges. Med. 1867.1. S. 183.","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200 Maly, Chemie der Verdaiiungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nExtract einer Driise mit Alcohol gef\u00e4llt und der Niederschlag wieder in Wasser gel\u00f6st war, konnte mit der L\u00f6sung eine Portion von 40\u201450 Grm. Albumin verfl\u00fcssigt werden, und ebenso verhielt sich die Fl\u00fcssigkeit, welche man durch F\u00e4llen mit Bleizucker und Zerlegen des aufgeschwemmten Niederschlags mit Schwefelwasserstoff erhielt. Viel ist \u00fcber die Reaction des Gemisches gesprochen worden, bei der die Verfl\u00fcssigung stattfindet. Corvisart hat bestimmt angegeben, dass die Reaction sowohl neutral als auch schwach sauer und schwach alkalisch sein d\u00fcrfe, und dasselbe hat sp\u00e4ter K\u00fchne best\u00e4tigt, w\u00e4hrend Meissner angab, dass die Pankreasinfuse vom Schwein nur wirksam seien bei saurer Reaction. Schon so geringe saure Reaction, wie sie das Infus der Dr\u00fcse bietet, und selbst dann, wenn im Duct. Wirs, der Dr\u00fcse alkalisches Secret enthalten war, reichte nach M. zur Verfl\u00fcssigung hin. Dabei wurde das anf\u00e4nglich tr\u00fcbe oder milchige Infus klar und gelblich und l\u00f6ste betr\u00e4chtliche Mengen Eiweisses. Die Eiweissw\u00fcrfel l\u00f6sen sich anders als im Magensafte, sie werden nicht gleichm\u00e4ssig angegriffen, sondern zeigen eine warzige Beschaffenheit, erscheinen wie angefressen und beim Zerdr\u00fccken fallen sie auseinander wie Conglomerate von lauter kleinen W\u00fcrfelchen. Worauf das Nichteintreten der Verfl\u00fcssigung bei alkalischer oder neutraler Reaction in Meissner\u2019s Versuchen zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, ist nicht ganz klar, aber auch nicht von Belang, sofern sie anderseits dabei oft eintreten gesehen wurde. Ja, eine gewisse Toleranz gegen die Reaction der Fl\u00fcssigkeit ist geradezu charakteristisch f\u00fcr die Pankreasverdauung gegen\u00fcber der Pepsinverdauung; w\u00e4hrend die letztere nur in saurer L\u00f6sung abl\u00e4uft, verl\u00e4uft die Pan-kreaseiweissverdauung sowohl in neutraler als alkalischer und schwach saurer Fl\u00fcssigkeit. Am k\u00fcrzesten ist die Grenze bei der sauren Fl\u00fcssigkeit gezogen, denn bei deutlichem Ans\u00e4uern mit Minerals\u00e4ure bis zu 0.5 p. m. HCl findet sie nicht mehr statt, und auch nicht bei jenem geringen S\u00e4uregrad, bei dem man Fibrin zum Quellen bringt. Die Pankreas Verdauung findet daher nie unter vorhergehendem glasigen Aufquellen des Fibrins statt, sondern durch ein Abschmelzen oder Corrodirtwerden des Albumink\u00f6rpers. Gegen\u00fcber dem Alkali ist das Pankreasferment viel best\u00e4ndiger, man kann scharf alkalisiren etwa bis zu einem Gehalt von 1 \u00b0/o Soda.\nAusser durch Dr\u00fcseninfus kann man durch ein St\u00fcck der Dr\u00fcse selbst verdauen ; K\u00fchne hat z. B. auf ein Pankreas von 50\u201460 Grm. 400 Grm. gekochtes und gepresstes Fibrin genommen, die 15 fache Menge Wasser zugesetzt und nach 3\u20146 stlindigem Erw\u00e4rmen auf 40\u201450\u00b0 C. gew\u00f6hnlich alles, Fibrin sammt Dr\u00fcse bis auf einen un-","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Eiweissverdauung durch Pankreas.\n201\nbedeutenden Rest zergangen gefunden. Dabei war die Reaction der Masse von Anfang an schwach alkalisch, und blieb es w\u00e4hrend der ganzen Verdauungszeit.\nDie reinste Nachahmung der physiologischen Pankreaswirkung ist die mit aus frisch angelegten Fisteln gewonnenem Secrete (Corvisart, K\u00fchne); der z\u00e4hfl\u00fcssige Saft ist im Stande in 1/2\u20143 Stunden bei 40 0 betr\u00e4chtliche Mengen von gekochtem Fibrin und Eiweiss ohne jegliche Spur von F\u00e4ulnisserscheinungen so aufzul\u00f6sen, dass der gr\u00f6sste Tlieil weder auf S\u00e4urezusatz noch durch Kochen mehr coagulirt. Die Reaction ist dabei die alkalische des Saftes, das Ver-dauungsproduct d\u00fcnnfl\u00fcssig von eigenth\u00fcmlichem nicht unangenehmen fleischbr\u00fch artigen Ger\u00fcche. Operirt man nicht rasch, oder l\u00e4sst man \u00fcber die zur Verfl\u00fcssigung n\u00f6thige Zeit hinaus digeriren, so tritt ein widerlicher penetranter Geruch auf, und es ist die Grenze nicht festzusetzen, bei der die Verdauung in F\u00e4ulniss \u00fcbergeht, was bei pankreatischen Fl\u00fcssigkeiten \u00fcberhaupt sehr leicht und um so leichter geschieht, je mehr dieselben alkalisch sind. Pankreassaft aus entz\u00fcndeten Dr\u00fcsen oder aus permanenten Fisteln wurde meist unwirksam gefunden, doch es fehlt nicht an entgegengesetzten Angaben, sofern Bernstein 1 auch am Saft solcher Fisteln alle drei verdauenden Einwirkungen beobachten konnte. Endlich wird die Pankreatinverdauung auch, und zum Tlieil sehr energisch durch die fr\u00fcher angef\u00fchrten, reineren Fermentpr\u00e4parate (siehe S. 208) erreicht. Im Ganzen ist jedoch das Experiment der Eiweissverdauung durch Pankreas kaum mit der Sicherheit anzustellen, wie die Pepsinprobe. Oft genug lassen die Pr\u00e4parate im Stich, wirken nur bei einer bestimmteren Reaction oder nach vorhergehender Behandlung mit S\u00e4uren; daher die zahlreichen oft sich widersprechenden Angaben. Viele davon sind dadurch aufzukl\u00e4ren, dass die frischen Dr\u00fcsen kein Ferment, sondern Zymogen enthalten, andere durch einen Umstand, auf den Corvisart sowohl als Meissner, K\u00fchne und Herzen das gr\u00f6sste Gewicht legen. Nicht jede Dr\u00fcse noch jedes Infus wirkt verdauend, sondern nur die, die von einem in Verdauung befindlichen Tliiere herr\u00fchren. Die Dr\u00fcse muss, wie man sich ausdr\u00fcckt, \u201egeladen\u201c sein. Vom Schlachthause bezogene Rinder-dr\u00fcsen, oder die, hungernder Hunde sind daher oft unwirksam. Meissner fand die Proben mit dem Pankreas vom Schwein \u00f6fter positiv und entschiedener als die vom Rind. Corvisart wiederholt immer wieder, dass der Bauchspeichel seine gr\u00f6sste Wirksamkeit zur Zeit\n1 Bernstein, Jahresber. d. ges. Med. 1S70. I. S. 102.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nder Verdauung erhalte, von der 4.-7. Stunde nach der Mahlzeit; 9\u201412 Stunden nach der Mahlzeit sei kein die L\u00f6sung fester Eiweiss-k\u00f6rper bewirkendes Ferment in der Dr\u00fcse. Man gelange daher sicher zum Ziel, wenn man einen Hund etwa in der f\u00fcnften Stunde nach reichlichem Fleischgenusse t\u00f6dtet und nun mit kaltem Wasser aus der zerriebenen Dr\u00fcse ein Infus herstellt. Uebrigens fehlt es auch nicht an der ganz entgegengesetzten wiewohl vereinzelten Angabe, dass auch das Infus der Pankreasdr\u00fcse hungernder Schweine auf Eiweiss wirke.1 2 3\nSchiff und Herzen wollen einen Zusammenhang zwischen Pankreasverdauung und Milzfunction gefunden haben, der sich zun\u00e4chst darin \u00e4ussere, dass das Infus vom Pankreas entmilzter Hunde keine eiweissverdauende Wirkung mehr habe -, und ferner, dass das Pankreas eines n\u00fcchternen Hundes, das f\u00fcr sich unverdauend ist, verdauend wird, wenn es mit einem St\u00fcck Milz von einem in der 6. \u2014 7. Stunde der Verdauung get\u00f6dteten Hunde zusammen verrieben werde. Dies bedarf sehr der Best\u00e4tigung.\nVerhindert wird die Pankreatinverdauung durch Aufkochen der Fermentsubstanz, Zusatz von st\u00e4rkeren S\u00e4uren und Alkalien. Arsenigsaure Salze, sowie kleinere Mengen von Salicyls\u00e4ure sind ohne Einfluss; letztere behindert erst, wenn sie in sehr grossem Ueberschusse bis zur Bildung eines Krystallbreies eingetragen wird \u2014 Sch\u00e4fer & B\u00f6hm, K\u00fchne.\nIm F\u00f6tus tritt nach Albertoni 3 die verdauende Wirkung des Pankreas im letzten Drittel seiner intrauterinen Existenz auf.\nIV. Die Producte der Pankreas Verdauung aus Eiweissk\u00f6rpern.\nW\u00e4hrend Pankreassaft und Infus beim Kochen gerinnen, thun sie es nach der Digestion in der W\u00e4rme nicht mehr; sie haben ihren Eiweissgehalt selbst verdaut. Eine gleiche Ver\u00e4nderung erleidet hineingebrachtes Eiweissmaterial, das nach einiger Zeit gel\u00f6st und zum gr\u00f6ssten Theil f\u00fcr Kochhitze, Minerals\u00e4uren, Bleiacetat, Kupfervitriol etc. unf\u00e4llbar wird. Schon Corvisart spricht dabei immer von Peptonbildung und betrachtet in Bezug auf die Umwandlungsproduete den Pankreassaft dem Magensaft gleich, nur viel rascher wirkend. In der That geben die sog. Peptonreagentien, Gerbs\u00e4ure, Alkohol, Bleiessig, Sublimat noch starke F\u00e4llungen. Auch die von Meissner\n1\tDie einzige mir bekannte Beobachtung am Menschen ist von Corvisart; das Infus der Dr\u00fcse eines Mannes, der 200 Grm. Milch 3 Stunden vor der t\u00f6dt-lichen Chloroformbet\u00e4ubung getrunken hatte, l\u00f6ste geronnenes Eiweiss und Faserstoff auf, mochte die urspr\u00fcnglich neutrale Reaction gelassen oder Salzs\u00e4ure oder Alkali hinzugef\u00fcgt sein.\n2\tHerzen, Jahresber. d. ges. Med. 1870. I. S. 100; Centralbl. f. d. med. Wiss. 1877. Nr. 24.\n3\tAlbertoni, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 254. 1878.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Producte der Pankreasverdauung von Eiweiss.\n203\nhervorgehobene Biuretreaction ist auf gebildetes Pepton zu beziehen und letzteres ist jedenfalls das haupts\u00e4chlichste Verdauungsproduct. Aber seine Bildung findet anders statt als bei der Pepsinverdauung, wegen fehlender S\u00e4ure ohne vorhergehende Bildung von Syntonin. Statt dessen wird unter dem Pankreatineinflusse als Uebergang zum Pepton sowohl aus Fibrin wie aus gekochtem Eiweiss zun\u00e4chst l\u00f6sliches f\u00e4llbares Eiweiss gebildet, von dem in den ersten Stunden mehr vorhanden ist, als sp\u00e4ter. Sofern etwas Alkali gegenw\u00e4rtig ist, kann auch Alkalialbuminat gebildet werden. Hat man daher in einem nicht zu vorgeschrittenen Stadium der Digestion einen etwaigen ungel\u00f6sten Rest abfiltrirt, so kann durch eine Spur S\u00e4ure Albumi-nat, und durch Kochen coagulirendes Eiweiss ausfallen. Durch k\u00fcnstliche Magenverdauung erhaltenes Parapepton wird von Pankreas-infus ebenfalls in einen peptonartigen K\u00f6rper verwandelt (Meissner), gekochtes Muskelsyntonin soll aber nur wenig davon angegriffen werden (Schwerin).\nAusser Pepton entstehen noch und zwar in gr\u00f6sseren Mengen Leucin und Tyrosin, in kleineren Mengen oder doch spurenweise Asparagins\u00e4ure, Xanthink\u00f6rper, eine aromatische S\u00e4ure (Salkowski1 2) und regelm\u00e4ssig ein K\u00f6rper, der dadurch ausgezeichnet ist, dass er der Verdauungsfl\u00fcssigkeit die Eigenschaft gibt, sich auf Zusatz von Chlor- oder Bromwasser, rosa, roth bis tiefviolett zu f\u00e4rben; er ist in der letzten syrup\u00f6sen Mutterlauge, aus der das Leucin bereits aus-krystallisirt ist, enthalten, nebst anderen unbekannten Stoffen, die fast 13 der durch die Verdauung gebildeten Masse ausmachen. Die bei der Pankreasverdauung auftretenden K\u00f6rper sind also nur zum Theil bekannt, aber von den bekannten sind alle bis auf Pepton Zerfallproducte, und darin liegt eine wichtige Differenz zur reinen Pepsinverdauung, die es so weit nicht bringt, keine Amido-s\u00e4uren etc. liefert und bei der Peptonbildung stehen bleibt. Das Auftreten von grossen Mengen Leucin hat Skrebitzki zuerst beobachtet, Tyrosin wurde von Meissner vermuthet, beide K\u00f6rper wurden als regelm\u00e4ssige Vorkommnisse von K\u00fchne 2 erkannt, und von ihm, von Schwerin und Senator bei vielen Verdauungsproben quantitativ bestimmt.\nFolgendes Beispiel aus K\u00fchne\u2019s Versuchen gibt eine beil\u00e4ufige Vorstellung von den Mengen der auftretenden Producte. Aus einem Quantum Fibrin, das 3S2 Gfrm. Trockensubstanz entsprach, wurden durch Behand-\n1\tJahresber. d. Thierchemie VIII. S. 255. 1 ST8.\n2\tK\u00fchne, Jahresber. d. ges. Med. 1867.1. S. 183.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204 Maly, Chemie der Verdauimgss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nlung mit 6 Liter Wasser und einem 55 Grm. wiegenden Pankreas (trocken = 15/2 Grm.) nach 6sttindiger Erw\u00e4rmung auf 40\u20144S\u00b0 erhalten:\n11.0 Grm. ungel\u00f6ster Rest\n42.5\t\u201e coagulirbares Albumin -f- Albuminat.\nDaher waren 343.7 Grm. in Verdauung gegangen, wovon 211.2 Grm. als Pepton (durch Alkohol gef\u00e4llt), 13.3 Grm. als Tyrosin und 31.6 Grm. als Leucin gefunden wurden.\nDas Auftreten von Leucin und Tyrosin, die maassgebendsten Zersetzungsproducte, ist nicht so aufzufassen, als seien sie gleichzeitig mit dem Pepton, also nebeneinander durch denselben Process, etwa eine Spaltung entstanden. Sie entstehen vielmehr erst con-secutiv aus fr\u00fcher gebildetem Pepton. Als Belege daf\u00fcr w\u00e4re anzuf\u00fchren: 1. dass wenigstens nach einigen Beobachtungen die Menge beider K\u00f6rper mit der Dauer der Digestion zunimmt; 2. dass nach K\u00fchne\u2019s \u00e4lteren Angaben das Pepton selbst, durch Pankreasinfus weiter verdaut, und unter Bildung von Leucin und Tyrosin schliesslich vollkommen verschwinden k\u00f6nne; 3. dass das Pankreaspepton aller Wahrscheinlichkeit nach gleich dem Pepsinpepton zusammengesetzt ist, also kein Zerfallproduct sein kann.\nK\u00fchne\u2019s neuere Angabendie noch so unfertig vorliegen, dass sie kaum befriedigen k\u00f6nnen, zumal es sich dabei um die Benennung zahlreicher nicht isolirter K\u00f6rper handelt, stehen zu obigem Punkt 2) in Widerspruch. Das wesentlichste davon ist folgendes. Das Albumin soll in 2 Arten Peptone zerfallen, von denen die eine Art (Hemipepton) weiter zersetzt wird, die andere nicht. Die Spaltung in zwei ungleich leicht zersetzbare Theil e soll auch in Sch\u00fctzenberger\u2019s Arbeiten \u00fcber die Eiweissk\u00f6rper eine St\u00fctze linden, nach denen Eiweiss beim Kochen mit Schwefels\u00e4ure einen schwer angreifbaren Theil das Hemiprotem (von K\u00fchne Antialbumid genannt) liefere, welcher Theil mit Trypsin kein Leucin oder Tyrosin mehr gibt, sondern Antipepton. Eine l\u00f6sliche Vorstufe des Antipeptons sei das Parapepton (von K\u00fchne Antialbumat genannt), es werde von Trypsin peptonisirt, g\u00e4be aber auch keine Amido-s\u00e4uren. Die Hemialbumose (ein K\u00f6rper ohne ekaracteristische Eigenschaften) sei die Vorstufe des Hemipeptons, jenes Tlieils vom Pepton, der zwar nicht durch Pepsin weiter ver\u00e4ndert werde, aber bei der Trypsinverdauung gleich weiter in Amidos\u00e4uren etc. zerlegt werde. Analytische Belege fehlen zu allen diesen Vermuthungen noch v\u00f6llig.\nInwiefern sich die Pankreasverdauung an der Bildung von Gasen betheiligt, hat H\u00fcfner1 2 genau untersucht, indem dabei durch complicirte und verl\u00e4ssliche Vorrichtungen jede Nebenzersetzung durch etwa von aussen hineingekommene Bact\u00e9rien ausgeschlossen war. Da die Dr\u00fcsensubstanz im frischen Zustande schon Bact\u00e9rien enth\u00e4lt,\n1\tK\u00fchne, Verhandl. d. med.-naturhist. Vereins zu Heidelberg I. Sep.-Abdr.\n2\tH\u00fcfner, Jahresber. d. Thierchemie IV. S. 262. 1874, V. S. 264. 1875.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Producte der Pankreasverdauung von Eiweiss.\n205\nmussten H\u00fcfner\u2019s Versuche mit dem Alkoholpr\u00e4cipitat aus Pankreasglycerin angestellt werden. Dabei zeigte sich, dass jeder Verdauungsversuch Kohlens\u00e4ure, wenn gleich in sehr wechselnder Menge lieferte, unter Verschwinden des Sauerstoffs der miteingeschlossenen Luft. Nie traten aber brennbare Gase wie Wasserstoff oder Sumpfgas auf, und die Bildung dieser im Darme h\u00e4ngt also jedenfalls mit der re inen Pankreasverdauung in keiner Weise zusammen. Aber H\u00fcfner fand weiter, dass auch die Kohlens\u00e4ure keineswegs ein Ver-dauungsproduct ist, sondern dass sie nur einer nebenbei ablaufenden Oxydation, die immer dann eintritt, wenn \u00fcberhaupt Sauerstoff vorhanden ist, ihren Ursprung verdankt; schon gekochtes Fibrin allein gibt nach 3 w\u00f6chentlichem Digeriren bei 40\u201450\u00b0 und bei Luftgegenwart Kohlens\u00e4ure. Schliesst man umgekehrt die Luft aus, indem man Fibrin, Wasser und Fermentpulver in ein Gef\u00e4ss bringt und die Luft vor dem Zuschmelzen des Gef\u00e4sses auspumpt, so zeigt sich nach einigen Tagen gleichwohl Alles verdaut bis auf kr\u00fcmliche Reste, aber Kohlens\u00e4ure fehlt. Aus diesen Versuchen folgt, dass die reine, von F\u00e4ulnissorganismen unbeeinflusste Pankreatinverdauung mit der E n t w i c k 1 u n g v o n G a s e n nichts zu t h u n h a t. Im lebenden Darm stellen sich die Verh\u00e4ltnisse allerdings ganz anders ; da tritt Kohlens\u00e4ure auf, weil Luft vom Magen herabkommt, und da treten auch brennbare Gase auf, letztere aber unter dem Einfl\u00fcsse von Bact\u00e9rien, als echte F\u00e4ulnissproducte. Auf die Beschrei-bung dieser Verh\u00e4ltnisse wird sp\u00e4ter eingegangen.\nDie Kenntniss der auftretenden Gase hat neben den sp\u00e4ter zu er\u00f6rternden Arbeiten Nencki\u2019s und K\u00fchne\u2019s besonders beigetragen, die reine Pankreasverdauung und die so leicht eintretende F \u00e4 u 1 n i s s auseinanderzuhalten. K\u00fchne 1 empfiehlt als Mittel zur Begrenzung der reinen Verdauung die Salicyls\u00e4ure, welche die Wirkung der l\u00f6slichen Fermente (Enzyme) nicht beeintr\u00e4chtigt, die F\u00e4ulnissorganismen aber nicht aufkommen l\u00e4sst, so dass durch sie die Pankreasverdauung als chemischer Process isolirt werden kann. Z. B. 800 Grm. Dr\u00fcse mit 4 Grm. Salicyls\u00e4ure und 2 Liter Wasser bei 40\" digerirt, zeigten keine Spur Bact\u00e9rien, w\u00e4hrend die Dr\u00fcse schon nach ein paar Stunden gel\u00f6st war und ein weisser Tyrosinbrei die Peptonl\u00f6sung erf\u00fcllte ; Schwefels\u00e4ure und Salzs\u00e4ure leisten dasselbe nicht, aber Essigs\u00e4ure soll wie Salicyls\u00e4ure wirken. Bedeckung mit einer Aetherschichte ist nicht zu brauchen, unter ihm leben die Bact\u00e9rien weiter. Uebrigens hat K\u00fchne gezeigt, dass man\n1 K\u00fchne, Jahresber. d. Thierchemie YI. S. 272. 1S7G.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nbei Anwendung von keimfreiem Materiale ohne Salicyls\u00e4ure aus-kommen kann, wenn durch. Papierverschluss der Staub abgehalten und die Verdauungsproben vor Bewegung gesch\u00fctzt stehen gelassen werden.\nPancreaspepton. Aus den bis %auf Corvisart zur\u00fcckreichenden Angaben, dann aus denen von Meissner1, Schwerin2, K\u00fchne3 und Senator4 5 6 geht hervor, dass das Pankreasverdauungsproduct, welches durch viel Alkohol gefallt wird, sich im \u00e4ussern Verhalten und den Reactionen nicht von dem Pepsinpepton unterscheiden l\u00e4sst, oder dass doch, wenn unbedeutende Differenzen auftreten, sie sich auf Verunreinigungen beziehen lassen. Durch F\u00e4llung mit Alkohol ist das Pepton ein harziger oder sy-rup\u00f6ser, an feuchter Luft klebrig werdender Niederschlag, dessen L\u00f6sung die MiLLON\u2019sche Reaction gibt, mit heisser Salpeters\u00e4ure sich gelb f\u00e4rbt, von Alaun, Gerbs\u00e4ure, Pikrins\u00e4ure gef\u00e4llt, von Blutlaugensalz -f Essigs\u00e4ure h\u00f6chstens getr\u00fcbt wird und durch Pergamentpapier hindurclidiffun-dirt. Verl\u00e4sslich rein, mit H\u00fclfe von fractionirter Alkoholf\u00e4llung ist Pankreaspepton noch nicht dargestellt worden; die Sorge vollst\u00e4ndiger Abtrennung des bei der Pepsinverdauung nicht auftretenden Tyrosins erschwert jedenfalls die Reindarstellung hier noch mehr. Die Zusammensetzung des Pankreaspeptons und sein Verh\u00e4ltniss zum Eiweiss ist daher unbekannt. Kistiakowsky\u2019s 5 Analysen verm\u00f6gen die L\u00fccke nicht auszuf\u00fcllen ; er fand weniger 6'% als im Pepsinpepton, aber die Wahrscheinlichkeit spricht bei den sonst stimmenden Eigenschaften f\u00fcr die Identit\u00e4t beider. Dass man endlich gar nichts weiss \u00fcber die Zusammensetzung der vermutheten, aber noch nicht fassbaren Componenten des Pankreaspepton (Antipepton und Hemipepton) braucht kaum weiter erw\u00e4hnt zu werden.\nPankreasleimpepton. Knochenleim mit Pankreasdr\u00fcse oder dessen Infus digerirt, verliert die Gelatiuirbarkeit und wird zu einem K\u00f6rper von v\u00f6llig pepton\u00e4hnlichen Eigenschaften, \u00fcber den Schweder \u00fc mehrerlei Reactionen angegeben hat. Es ist l\u00f6slich in Wasser und verd\u00fcnntem Weingeist, unl\u00f6slich in absolutem Alkohol, gibt die sog. Biuretreaction und wird durch wiederholte F\u00e4llung mit Alkohol weiss erhalten. Bei 115\u00b0 getrocknet fand Nencki 7 darin 40.16\u201441.1% C, 6.8\u20147.3% II und 15.27 bis 15.46% A, wobei aber zu bemerken ist, dass die Pr\u00e4parate Nencki\u2019s nicht durch reine Enzymwirkung, sondern gelegentlich der Untersuchungen \u00fcber die Zersetzung bei der F\u00e4ulniss mit Pankreas erhalten worden sind.\nLeucin Ce H\\ 3 NO-i.\nLeucin und Tyrosin bilden ein Geschwisterpaar, das unter den Zersetzungsproducten von Eiweiss- oder leimartigen K\u00f6rpern fast\n1\tMeissner, 1. c.\n2\tSchwerin, Jakresber. d. ges. Med. 1867.1. S. 150.\n3\tK\u00fchne, Ebenda 1867.1. S. 183.\n4\tSenator, Ebenda 1868.1. S. 94.\n5\tKistiakowsky, Jahresbcr. d. Thierchemie IY. S. 17. 1874.\n6\tSchweder, Jahresber. d.ges. Med. 1867.1. S. 152.\n7\tNencki, Jahresber. d. Thierchemie YI. S. 31. 1876.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Leucin.\n207\nregelm\u00e4ssig auftritt ? gleichg\u00fcltig ob die Zersetzung durch S\u00e4uren, Basen, Oxydationsmittel, Pankreasferment oder F\u00e4ulniss bewirkt wird. Sie sind oft die einzigen K\u00f6rper die dabei im Zustand der Reinheit erhalten werden, der Rest bildet die chemisch nicht mehr aufl\u00f6sliche Schmiere. Das Leucin hat immer die Oberhand, indem es sich regelm\u00e4ssig in gr\u00f6sserer Menge als das Tyrosin vorfindet. Im faulen K\u00e4se wurde es ISIS von Proust entdeckt und K\u00e4seoxyd auch Aposepedin genannt, Braconnot traf es bald darauf bei der Zersetzung thierischer Stoffe durch Vitriol\u00f6l, Mulder erkannte die Einer-leiheit der Stoffe von Proust & Braconnot.\nIm lebenden Organismus sind die St\u00e4tten des regsten Stoffwechsels vor allem die Dr\u00fcsen die Fundorte von Leucin, aber nicht alles Leucin das da gefunden worden, geh\u00f6rt dem Bestand des lebenden Organs an. Die Pankreasdr\u00fcse, die uns hier zun\u00e4chst in-teressirt, ist am reichsten daran. Scherer1 2 3 erhielt aus 20 Pfund Pankreas vom Ochsen ISO Grm. reinen Leucins, neben etwas Tyrosin, was 1.77 % der frischen nassen und 7.37 \u00b0(o der trockenen Dr\u00fcse entspricht. So grosse Mengen sind sp\u00e4ter nicht mehr gefunden worden und es ist wahrscheinlich, dass dabei bereits eine Selbstzersetzung stattgefunden hat. Kleinere Mengen Leucin kommen immer im Pankreas vor, was beweist, dass es kein F\u00e4ulnissproduct ist; Scherer hat die frische Pankreasdr\u00fcse eines Ochsen sofort nach dem Herausnehmen aus dem K\u00f6rper zerkleinert und in Bleizuckerl\u00f6sung legen lassen; Radziejewski2 hat die noch dampfend warmen Eingeweide unter Alcohol zerschnitten und das Extract weiter untersucht; und K\u00fchne 3 hat von einem durch Verbluten get\u00f6dteten Hunde das Pankreas herausgenommen in einem auf 100 0 erhitzten M\u00f6rser mit heissem Sande und siedendem Wasser zerrieben: in allen diesen F\u00e4llen wurde Leucin in entweder deutlich nachweisbarer oder auch in gr\u00f6sserer Menge gefunden. Es geh\u00f6rt also (nicht aber das Tyrosin) in kleiner Menge schon dem Best\u00e4nde der Dr\u00fcse an, und seine Menge vermehrt sich sehr, wenn die Dr\u00fcse nicht rasch verarbeitet wird. Leucin kommt ferner vor4 in der Milz, in den Lymphdr\u00fcsen, Speicheldr\u00fcsen, in Thymus, Schilddr\u00fcse, Leber namentlich in kranken Lebern, im\n1\tScherer. Ann. d. Chemie CXII. S. 257 : Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1859. II. S. 64.\n2\tRadzie jewski. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1866.1. S. 98.\n3\tK\u00fchne, Jahresber. d. ges. Med. 1867.1. S. 184.\n4\tDie Literatur \u00fcber die Fundstellen von Leucin und Tyrosin ist so umfassend. dass eine vollst\u00e4ndige Auff\u00fchrung weder n\u00fctzlich noch thunlich erscheint. Zahlreiche Angaben enthalten die Canstatt'schen Jahresber. d. Pharm, f\u00fcr die Jahre 1854 (II. S. 64), 1S55 (II. S. 73), ls56 (IL S. 42) und 1859 (IL S. 64 u. 91).","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"20S Maly. Chemie der Yerdauimgssafte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nGehirn, in der Lunge, in pathologischem Harn bei Leberkrankheiten, im Eiter, in leuk\u00e4mischem Blute, im Blute bei Leberatrophie, in Choleradejectionen, in Organen ur\u00e4mischer Thiere, in Exsudaten, Atheromb\u00e4lgen, im Schmutz verdickter N\u00e4gel. Bei niederen Thieren ist es gleichfalls oft gefunden worden, z. B. im Verdauungscanal von Schmetterlingspuppen, in Raupen, Spinnen, in Krebsen etc. Endlich ist es auch in Wickenkeimlingen neben Asparagins\u00e4ure und Tyrosin in kleiner Menge nachgewiesen, ebenso in fauler Hefe.\nLeucin bildet sich bei anhaltendem Kochen von Muskelfleisch, Legumin, Eiweiss, Casem, Fibrin, Horn, Wolle, Federn, Igelstacheln, elastischem Gewebe, Spongin, Schleim, Fibrom etc. mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure, beim Kochen (oder Schmelzen) derselben Materialien mit Kali, beim Erhitzen der Eiweissk\u00f6rper mit Barytwasser, beim Erhitzen mit Bromwasser in zugeschmolzenen R\u00f6hren, beim Kochen mit Salzs\u00e4ure und Zinnchlor\u00fcr u. s. f. Fast immer entsteht auch Tyrosin, oft Glycocoll und andere Amidofetts\u00e4uren dabei, und regelm\u00e4ssig eine gr\u00f6ssere Menge schmieriger Producte. Bestimmtes \u00fcber die stattfindenden Vorg\u00e4nge ist nicht bekannt, doch w\u00e4ren dar\u00fcber Sch\u00fctzenberger\u2019s 1 Arbeiten zu vergleichen.\nZur Darstellung k\u00f6nnen alle genannten Materialien ben\u00fctzt werden; meist kocht man mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure. Die einzelnen \u00e4lteren Methoden sind im GMELiN\u2019schen Handbuch Band V. S. S20. 1S52 beschrieben. Sie sind gleichzeitig Methoden zur Tyrosindarstellung. 1. Horn wird mit dem 16 fachen Gewichte verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure (1:3) 36 Stunden lang gekocht, die Fl\u00fcssigkeit mit Kalkmilch \u00fcbers\u00e4ttigt, wieder gekocht, vom Gyps befreit, das Filtrat mit Schwefels\u00e4ure neutralisirt und abgedampft. Zuerst erscheint noch Gyps in Krusten, dann Tyrosin in kugeligen Massen, sp\u00e4ter Leucin. \u2014 Hinterberger. 2\t2. Ein besonders vortkeilkaftes\nMaterial ist nach Zollikofer1 2 3 das Nackenband vom Rind, es wird nach Erlenmeyer & Sch\u00f6pfer zu 1 Theil mit 2 Theilen Schwefels\u00e4ure und 3 Theilen Wasser durch 3 Stunden gekocht. L\u00e4ngeres Kochen gibt keine gr\u00f6sseren Leucinmengen. Man verf\u00e4hrt dann wie bei 1., und l\u00e4sst nach dem Auskrvstallisiren der Hauptmasse von Gyps am k\u00fchlen Orte l\u00e4ngere Zeit stehen. Die rohen Leucinmassen werden mit kaltem Weingeist gewaschen und vom schwerer l\u00f6slichen Tyrosin durch Aufl\u00f6sen in viel Wasser und Hinstellen befreit.\nZur weiteren Reinigung krystallisirt man in allen F\u00e4llen aus heissem\n1\tSch\u00fctzenberger. Jahresber. d. Thierehemie V. S. 299. 1875.\n2\tHinterberger, Ann. d. Chemie LXXI. S. 72.\n3\tZollikofer, Ebenda LXXXII. S. 1 GS.","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Leucin.\n209\nWasser oder Weingeist, behandelt mit Kohle, digerirt mit Bleihydroxyd, filtrirt und entbleit mit Schwefelwasserstoff. StXdeler1 2 3 4 5 6 l\u00f6st in Lauge, versetzt mit Bleioxydkali, kocht, filtrirt, entbleit mit Schwefels\u00e4ure, dampft ein und zieht mit heissem Alkohol das Leucin aus. Dadurch wird ein schwefelhaltiger K\u00f6rper entfernt. Zur v\u00f6lligen Trennung vom Tyrosin haben Hlasiwetz und Habermann 2 folgendes Verfahren mit Vortheil benutzt. Das Rohpr\u00e4parat wird mit viel Wasser zum Sieden erhitzt und soviel Ammoniak zugesetzt, dass sich alles lost. Nun wird in die heisse Fl\u00fcssigkeit Bleiessig getropft, bis der anfangs braune Niederschlag weiss erscheint, filtrirt, das lichtgelbe Filtrat wieder zum Sieden erhitzt, mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure neutralisirt und abermals filtrirt. W\u00e4hrend das Filtrat verk\u00fchlt, f\u00e4llt das Tyrosin fast quantitativ aus, w\u00e4hrend das Leucin gel\u00f6st bleibt und am besten gewonnen wird, wenn man in dessen heisse L\u00f6sung Kupferhydroxyd eintr\u00e4gt und die Leucinkupferoxydverbindung zun\u00e4chst herstellt, die dann mit Schwefelwasserstoff zerlegt wird.\nDie Ausbeuten sind z. B. folgende: Erlenmeyer & Sch\u00f6ffer erhielten bei Behandlung mit Schwefels\u00e4ure aus Nackenband 36\u201445\u00b0/o, aus Blutfibrin 14%, aus Fleisch 18\u00b0yo ? aus Eiweiss 10%, aus Horn 10% Leucin. Hlasiwetz & Habermann 4 erhielten bei der Zersetzung der Protei'nstoffe bei Ueberdruck mit Brom an Rohleucin (tyrosinhaltig) aus Eieralbumin 22,6, aus Pflanzenalbumin 17,3, aus Casein 19,1, aus Legumin 1 7,9 % Leucin. Sch\u00fctzenberger 5 erhielt beim Zerkochen mit Barytwasser aus Eiweiss etwa 24 \u2014 25 % Leucin gemengt mit dessen sog. Leuce\u00efn, Nencki 6 aus reiner Gelatine mit Schwefels\u00e4ure 1.5 \u2014 2%.\nSynthese und Constitution. Leucin wird synthetisch nach den beiden f\u00fcr die Amidofetts\u00e4uren (Alanine) Cnlhn^iNO-i oder H^N \u2014 Cnlhn\u2014CO OH typischen Reactionen erhalten. Durch Kochen von Va-leraldehydammoniak mit Blaus\u00e4ure und Salzs\u00e4ure erhielt es Limpricht 7 * 9, durch 5\u20146 st\u00e4ndiges Erhitzen von Monobromcaprons\u00e4ure mit ges\u00e4ttigtem Ammoniak auf 120 \u2014 130 \u00b0 H\u00fcfner s. Entsprechend der letzteren Bildungsweise zerf\u00e4llt das native (Horn-)Leucin mit rauchender HJ auf 140\u00b0 bis 150\u00b0 im Rohr erhitzt, in Caprons\u00e4ure, Jodammonium und Jod: C5//10NH-i \u2014 COOH-j- 3HJ = C5//11COOH-j- NH\\J-1\u2014 J-i. Das Leucin ist also eine amidirte Caprons\u00e4ure (Amidocaprons\u00e4ure), ein Isomeres des Glycocolls. H\u00fcfner 9 wies ferner nach, dass das Leucin aus der Monobromcaprons\u00e4ure bestimmt, das aus dem Valeral h\u00f6chst wahrscheinlich identisch mit dem nat\u00fcrlichen Leucin ist. Da nun die zur Darstellung der Monobroms\u00e4ure benutzte Caprons\u00e4ure sog. G\u00e4hrungscaprons\u00e4ure war, wie sie sich gleichzeitig mit der G\u00e4hrungsbutters\u00e4ure bildet, Lieben10 aber nach wies, dass\n1\tSt\u00e4deler. Ann. d. Chemie CXVI. S. 57. 1860.\n2\tHlasiwetz & Habermann. Jahresber. d. Thierchemie III. S. 5. 1873.\n3\tErlenmeyer & Sch\u00f6ffer. Canstatt's Jahresber. d. Pharm. I860. IL S. 40.\n4\tHlasiwetz & Habermann, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 2. 1871.\n5\tSch\u00fctzenberger. Ebenda V. S. 310. 1875.\n6\tNencki, Ebenda VIL S. 81. 1877.\n7\tLimbricht, Ann. d. Chemie XCIY. S. 243. 1854.\nH\u00fcfner, Chem. Centralbl 1S69. S. 159.\n9 Derselbe, Journ. f. prakt. Chemie (2) I. S. 6. 1870.\n10 Lieben, Ann. d. Chemie CLXX. S. 89. 1873.\nHar.dliuch der Physiologie. Bd. Va.\n14","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\ndie G\u00e4krungscaprons\u00e4ure normal ist1, so ist die Constitution auch f\u00fcr die Gruppe HiN\u2014 \u00a35//io aufzustellen und die v\u00f6llig aufgel\u00f6ste Formel des Leucins w\u00e4re :\nH2N\u2014 Clh \u2014 CHi \u2014 cih \u2014 CHi \u2014 Cff'2 \u2014 CO OH.\nEigenschaften. Das Rohleucin, wenn es sich aus den dicken Mutterlaugen von verkochtem Horn etc. abscheidet, bildet dicke H\u00e4ute, und Krusten die unter dem Mikroskop die bekannten Leucinkugeln und Knollen zeigen, ziemlich durchsichtig und hell sind, mitunter mit feiner radi\u00e4rer Zeichnung. Abgesaugt stellt es schmutzig weisse, leichte, kreidige Massen dar. Hat man es [durch Kohle und \u00f6fteres Umkrystallisiren besonders aus heissem Alcohol gereinigt, so bildet es schneeweisse, d\u00fcnne, lebhaft perlgl\u00e4nzende, leichte, doppelt brechende, sich fettig und weich anf\u00fchlende Krystallbl\u00e4ttchen. Es l\u00f6st sich in 27 Theile Wasser von 20 \u00b0, viel leichter in heissem, in etwa 660 Theile kaltem Weingeist von 92%, in 1040 Theile von 98 0 \u00b0, viel leichter in heissem und schw\u00e4cherem Weingeist, nicht in Aether.\nO\t7\nLeucin schmilzt bei 170\u00b0 und verh\u00e4lt sich dabei characteristisch durch das lockere wollige Sublimat das ein guter Theil dabei gibt, so lange man nicht hoch \u00fcber den Schmelzpunkt erhitzt, w\u00e4hrend bei raschem Erhitzen auf 180\u2014200\u00b0 neben braunem brenzlichem Oel Kohlens\u00e4ure und Amylamin, letzteres mit seinem eigenth\u00fcmlichen Ger\u00fcche auftritt: ThN-\u2014%TT\\o \u2014 COOH= H=iN\u2014ChHu -\\~CO-i.\nAmylamin wird auch direct aus Horn erhalten, wenn man es in con-centrirter Kalilauge l\u00f6st und diese L\u00f6sung vorsichtig destillirt \u2014 Schwa-nert 2. Mit schmelzendem Kali gibt Leucin Entwicklung von Ammoniak und Wasserstoff neben valeriansaurem Kali \u2014 Liebig. Durch faulendes Fibrin wird es zu Ammoniak und Valerians\u00e4ure '\u2014 Bopp, Nencki, mit Oxydationsmitteln (Braunstein und Schwefels\u00e4ure oder Kaliumpermanganat) gibt es ebenfalls Valerians\u00e4ure (oder Valeronitril) neben Ammoniak, Kohlens\u00e4ure und Oxals\u00e4ure \u2014 Liebig, Neubauer. In Salpeters\u00e4ure gel\u00f6st, mit Stickoxyd behandelt, wird es zu Leucins\u00e4ure (homolog der Milchs\u00e4ure) \u2014 Strecker 3. Durch Ozon wird w\u00e4ssriges Leucin nicht ver\u00e4ndert, alkalihaltiges aber zu fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren, Kohlens\u00e4ure und Ammon oxydirt \u2014 Gorup-Besanez4. Concentrirte selbst rauchende Schwefels\u00e4ure l\u00f6st zur farblosen Fl\u00fcssigkeit, die noch unver\u00e4ndertes Leucin enth\u00e4lt.\nIn Ammoniak, Kalilauge und verd\u00fcnnten S\u00e4uren l\u00f6st sich Leucin leichter als in Wasser; anderseits l\u00f6st w\u00e4ssriges Leucin Kupferhydroxyd und Quecksilberoxyd auf. In beiden F\u00e4llen entstehen Verbindungen entsprechend der Doppelnatur als Amids\u00e4ure. Das salz saure L eu ein ist\n1\tAuch die durch Oxydation der Eiweissk\u00f6rper erhaltene Caprons\u00e4ure ist dieselbe.\n2\tSchwaxert, Ann. d. Chemie CIL S. 221. 1857.\n3\tStrecker, Ebenda LXVIII. S. 55. 1S4S.\n4\tGorup-Besanez, Ebenda CX. S. 96. 1859, CXXV. S. 210. 1863.","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Leucin.\n211\n(Ce//\u00ee3NO2)1.HCl und bildet weisse Bl\u00e4ttchen, das Leucinkupfer kry-stallisirt aus der dunkelblauen L\u00f6sung in blauen Warzen \u2014 Gossmann L\nZur Erkennung des Leucins dient 1. der mikroskopische Befund; 2. der vorher schon beschriebene Sublimirversuch (wolliges Sublimat und Amylamingerucli); 3. die ScHERER\u2019sche Probe1 2: man verdampft mit Salpeters\u00e4ure am Platinblech und erh\u00e4lt einen wenig oder nicht gef\u00e4rbten R\u00fcckstand, der mit ein paar Tropfen Natronlauge weiter erw\u00e4rmt eine \u00d6lige, dem Blech kaum adh\u00e4rirende Fl\u00fcssigkeit gibt, die sich oft auf einen kleinen runden Tropfen zusammenzieht; 4. salpetersaures Quecksilberoxyd gibt je nach der Concentration der L\u00f6sung des Leucins keinen oder einen weissen Niederschlag ohne R\u00f6thung der Fl\u00fcssigkeit, die Beimengung von Tyrosin anzeigen w\u00fcrde \u2014 R. Hoffmann.\nIsomeres und Verwandte des Leucins. Durch F\u00e4ulniss von mit Wasser \u00fcbergossenem Rinderpankreas bei 40\u00b0 erhielt Nencki3 4 ein von dem gew\u00f6hnlichen etwas abweichendes Leucin, sofern es sich nicht in 27, sondern erst in 43.(3 Thl. Wasser von 14.5\u00b0 l\u00f6ste, einen s\u00fcssen Geschmack besass und bei 210\u00b0 ohne zu schmelzen sublimirte, dann aber ebenfalls Amylamin (Butylamin ?) abgab. Gorup-Besanez 4 glaubt in diesem Leucin die von ihm fr\u00fcher einmal im Pankreasgewebe aufgefundene Amidoval e r i a n s \u00e4 u r e (sog. Butalanin) Cb 1NCh 5 6 wieder zu erkennen, was aber der Best\u00e4tigung bedarf. Endlich w\u00e4re hier noch der zahlreichen Amids\u00e4uren zu gedenken, die Sch\u00fctzenberger 6 aus seinem beim Zerkochen von Eiweiss mit Barytwasser erhaltenen Amidgemenge \u2014 melange amid\u00e9e theilweise isolirt hat. Sch\u00fctzenberger stellt im Gegensatz zu den Leucinen CnHin + iNOz eine Gruppe von Amidos\u00e4uren, die Leuce\u00efne CnH}7i \u2014 \\NO-i auf, die gleich seien den Leucinen minus Ih und die Amidos\u00e4uren der Acryls\u00e4urereihe darstellen. Sp\u00e4ter hat Sch\u00fctzenberger aus den Mutterlaugen vom Leucin, Tyrosin und Butalanin eine Amids\u00e4ure abgeschieden, die er T y r 01 e u c i n 67 H\\ 1 NO-i nennt, und betrachtet sein Leuce\u00efn Ca H\\ 1VCG als ein Gemenge dieses Tyroleucins mit Butalanin C-Jh\\N02. Auf das N\u00e4here aller dieser K\u00f6rper kann hier nicht eingegangen werden, ich verweise auf die angef\u00fchrte Literatur.\nDas bei der Pankreasverdauung im Darm gebildete Leucin muss im K\u00f6rper weitere Ver\u00e4nderungen erleiden, da es in den normalen Excreten nicht erscheint; einen Anhaltspunkt geben die Versuche von Schultzen & Nencki7, die nach der Verf\u00fctterung von 40 Grm. Leucin an einen Hund binnen zwei Tagen in dieser Zeit ein Plus von 6\u20147 Grm. Harnstoff im Harn fanden. Wie aber aus Leucin Harnstoff entsteht, ist uns vorl\u00e4ufig noch ganz unbekannt.\n1\tGossmann, Ann. d. Chemie XCI. S. 129. 1854.\n2\tCanstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1877. IL S. 52.\n3\tNencki, Jahresber. d. Thierchemie VI. S. 33. 1876, VIL S. 81. 1877.\n4\tGorup-Besanez. Physiol. Chemie. 4. Aufl. S 223.\n5\tGorup-Besanez. Ann. d. Chemie XCVIII. S. 15. 1856, CXLII. S. 374. 1867.\n6\tSch\u00fctzenberger, Bull, de la soc. chim. XXIII., XXIV., XXV. ; Compt. rend. LXXXI1. p. 262, LXXXIV. p. 124. Im Jahresber. d. Thierchemie V. S. 299\u2014311. 1875, VI. S. 2S u. 29. 1S76, VIL S. 52. 1877.\n7\tSchultzen & Nencki, Jahresber. d. Thierchemie IL S. 299. 1872.\n14*","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212 Maly. Chemie der Verdaimngss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nTyrosin Co Lh i NOz.\nObwohl in den meisten F\u00e4llen ein Begleiter des Leucins, ist das Tyrosin immer in bei weitem kleineren Mengen zu linden und fehlt in frischen gesunden Organen, wenn sie vor aller Selbstzersetzung bewahrt bleiben. Frerichs & St\u00e4deler, Scherer und Andere 1 haben zwar angegeben, im Pankreas von Menschen und Thieren und theilweise in der Leber Tyrosin gefunden zu haben, aber nach den sp\u00e4teren, die beginnende Selbstzersetzung v\u00f6llig ausschliessenden Versuchen von Radziejewski 1. c. und K\u00fchne sind die lebenswarmen sofort zerkochten, oder in Alcohol gebrachten Eingeweide, wie Pankreas, Milz, Lymphdr\u00fcsen, Speicheldr\u00fcsen, Thymus, Schilddr\u00fcse und Leber frei von Tyrosin. Noch ein anderer Weg, n\u00e4mlich der, die frische Pankreasdr\u00fcse mit Glaspulver und absolutem Alcohol oder heissem Wasser zu zerreiben und mittelst Pepsinverdauung in L\u00f6sung zu bringen, ergab Abwesenheit von Tyrosin (neben nur kleinen Leucinmengen in dem Dr\u00fcsenextract). Hingegen ist das Auftreten von Tyrosin sicher gestellt in vielen pathologischen Organen und Excreten, z. B. in Milz und Leber bei acuter Atrophie, Erweichung, Variola, Typhus, h\u00e4ufig im Harn bei diesen Zust\u00e4nden immer neben Leucin, dann in den Schuppen bei Pellagra, im Sputum mancher Bronchial-Rffectionen (vielleicht z. Th. die sog. Ch arc ot\u2019 sch en Kystalle bildend), in Atheromcysten etc. Von niederen Thieren ist die Cochenille reich an Tyrosin und auch im Pflanzenreich ist es nachgewiesen. Dort wo es sich findet, ist es als ein Zersetzungsproduct der Eiweissk\u00f6rper Rufzufassen. Auf mit schwachem Spiritus conservirten Leichenpr\u00e4paraten, in faulendem Eiweiss, in fauler Hefe ist es reichlich vorhanden. Seinen Namen hat es von tvoo\u00e7 K\u00e4se, bei dessen Verschmelzen mit Kali es Liebig im Jahre 1846 entdeckte. Seitdem ist es ungemein oft bei der Einwirkung der verschiedenen Reagentien (S\u00e4uren und Alkalien) auf thierische wie pflanzliche Eiweissk\u00f6rper und Horn erhalten worden, und zwar immer zusammen mit viel Leucin (Liebig, Bopp, Hinterberger, Lever & Koller, St\u00e4deler, Erlenmeyer & Sgh\u00f6ffer), so dass bez\u00fcglich des N\u00e4hern seiner Bildung, Darstellung und Trennung vom Leucin auf dieses verwiesen werden kann. Bei der Pankreasverdauung entsteht es, wie wir schon gesehen haben so reichlich, dass auch dieser Process zu seiner Darstellung dienen kann.\nSt\u00e4deler erhielt aus mit Schwefels\u00e4ure verkochtem Horn 4\u00b0 o Tyrosin, Erlenmeyer & Sch\u00f6ffer nach ihrer Methode 1. c. aus Nackenband 14,\n1 Die Literatur \u00fcber Tyrosinvorkommniss wie bei Leucin.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"T vrosin.\n213\naus Blutfibrin 2, aus Fleisch und H\u00fchnereiweiss 1, aus Horn 3,6% Tyrosin, Sch\u00fctzenberger beim Erhitzen von Eiweiss mit Barytwasser durch 4\u20146 Tage auf 160\u2014200\u00b0 C. aus Eiweiss und Pflanzenfibrin 2.0%, aus Blutfibrin 3.3%, aus Casein 4.1% Tyrosin. Die Ausbeute beider k\u00fcnstlichen Pankreasverdauung siehe S. 204.\nEigen sch aften. Das aus unreinen L\u00f6sungen sich ausscheidende Tyrosin ist unkrystallinisch und kann \u00e4hnliche Kugeln und Knollen bilden, wie unreines Leucin. Mit Thierkohle entf\u00e4rbt und aus heissem Wasser umkrystallisirt stellt es weisse aus h\u00f6chst feinen undurchsichtigen dunkeln Nadeln bestehende mikroskopische B\u00fcscheln, Garben und gekreuzte Garben, makroskopisch eine lockere weisse seidengl\u00e4nzende Masse dar. Es l\u00f6st sich erst in circa 1900 Theilen kaltem, leichter in heissem Wasser wovon 150 Theile n\u00f6thig sind, nicht in Alcohol und Aether. Beim Erhitzen gibt es Geruch nach verbrannten Haaren, sublimirt nicht unzersetzt, sondern zerf\u00e4llt bei der trockenen Destillation in Kohlens\u00e4ure und eine Base Cs/AiA O, K. Schmitt und 0. Nasse. In verd\u00fcnnten und concentrirten Mineral s\u00e4uren, dann in Ammoniak, Laugen, Erden und L\u00f6sungen von Alkalicarbonaten ist Tyrosin leicht l\u00f6slich, indem es einerseits wenig best\u00e4ndige Verbindungen mit S\u00e4uren z. B. C9A/11A ChHCl anderseits (wenig studirte) Metallderivate gibt z. B. G.JhCaXOz. Die L\u00f6sung in Ammoniak l\u00e4sst beim Verdunsten gr\u00f6ssere Krystalle zur\u00fcck; concentrirtere L\u00f6sungen in Laugen sind durch Neutralisation f\u00e4llbar.1 Die w\u00e4ssrige L\u00f6sung wird weder von Bleiacetat noch Bleiessig gef\u00e4llt, aber durch letzteres und Ammoniak.\nConstitution. Gegen die \u00e4ltere Auffassung, dass das Tyrosin von. der Salicyls\u00e4ure derivire, wozu die violette Eisenreaction der Tyrosin-schwefels\u00e4ure Anlass gab, zeigte v. Barth 1S65, dass das Tyrosin beim Schmelzen mit Kalihydrat (ebenso mit Natronhydrat, Ost) keine Salicyls\u00e4ure, sondern fast quantitativ die damit isomere Par a oxyb en zoes\u00e4ure zugleich neben Essigs\u00e4ure liefere: CuHuNOz -j- H-iO -j- 0 = C-t Ih Oz + C9//4C-2 -f- A/A, und hat darauf die plausible Vorstellung gegr\u00fcndet, das Tyrosin m\u00f6chte A e t h y 1 a m i d 0 paraoxybenzoes \u00e4 11 r e 6g H% . {NH 62II-, ). oll. COOff sein. Da aber H\u00fcfner aus Tyrosin mittelst Jodwasserstoff nicht Aethylamin, sondern nur Ammoniak abspalten konnte, hielt dieser das Tyrosin f\u00fcr das einfache Amid der Phloretins\u00e4ure C$H$ . OH. COOff, wof\u00fcr auch die Zersetzungsproducte der Kalischmelze sprachen, denn v. Barth fand, dass die Phloretins\u00e4ure gleich dem Tyrosin, Para-oxybenzoes\u00e4ure und Essigs\u00e4ure liefert. Gegen beide Auffassungen hat aber dann v. Barth selbst geltend gemacht, dass die Amidos\u00e4uren beim\n1 Bez\u00fcglich der chemischen Verh\u00e4ltnisse des Tyrosins und seiner Derivate \u2022dehe besonders : Stadelek. Chem. Centralbl. 1861. S. 49. \u2014 Wicke. Ann. d. Chemie CI. S. 314. \u2014 Pi. Hoffmann, Ann. d. Chemie LXXXYII. S. 123. \u2014 Thudichum & Wank-lyk. Chem. Centralbl. 1869. S. 64S.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nSchmelzen mit Kali nicht NH-i gegen//austauschen, sondern gegen OIL oder dass sie weiter zersetzt werden, und er hat daher in Zusammenfassung das gesammten Verhaltens es als am wahrscheinlichsten bezeichnet, dass des Tyrosin eine Oxyphenylamidopropions\u00e4ure (der Parareihe angeh\u00f6rig) Ce/Zi. OH. C-ifhiNH-i). CO OH sei, eine Auffassung, die nachtr\u00e4glich auch Beilstein & Kuhlberg ausgesprochen haben. Bei einem im Sinne dieser Formel angestellten synthetischen Versuch hat Barth auch einmal eine kleine Menge Substanz erhalten, die nach ihren qualitativen Reactionen sehr wohl Tyrosin sein konnte und namentlich die PmiAsche Reaction (siehe unten) gab. Jedenfalls ist darnach der endg\u00fcltige Entscheid \u00fcber die Constitution nahe C\nZur Erkennung des Tyrosins dienen 1. der mikroskopische Befund; 2. die Scherer sehe Probe, darin bestehend, dass man mit Salpeters\u00e4ure von 1.2 spec. Gew. am Platinblech verdampft, wobei ein gl\u00e4nzender durchsichtiger, tiefgelber R\u00fcckstand bleibt, der mit Natron befeuchtet rothgelb und dann damit verdunstet schwarzbraun wird; 3. die Reaction von Piria: bringt man Tyrosin mit 1\u20142 Tropfen concentrirter Schwefels\u00e4ure auf ein Uhrglas, verd\u00fcnnt nach einer halben Stunde mit Wasser, neutralisirt mit kohlensaurem Kalk, filtrirt und setzt zum Filtrat einen Tropfen s\u00e4urefreier Eisenchloridl\u00f6sung, so entsteht reichliche violette F\u00e4rbung, \u00e4hnlich der von Salicyls\u00e4ure hervorgebrachten. Die Reaction beruht auf der Bildung von Tyrosinschwefels\u00e4ure, deren Eisenoxydsalz violett ist; 4. h\u00f6chst empfindlich ist die zuerst von Reinhold Hoffmann1 2 angegebene Reaction, die man am besten so macht, dass man die zu pr\u00fcfende Fl\u00fcssigkeit mit nicht zu saurem salpetersauren Quecksilberoxyd versetzt, erw\u00e4rmt, dann ein wenig einer verd\u00fcnnten rothen Salpeters\u00e4ure oder der L\u00f6sung eines Nitrits hinzuf\u00fcgt und wieder erw\u00e4rmt. Es bildet sich eine dunkelrothe Fl\u00fcssigkeit und ein ebensolcher Niederschlag. Bei sehr kleinen Tyrosinmengen ist die \u00fcber dem Niederschlage stehende Fl\u00fcssigkeit rosaroth; eine L\u00f6sung mit weniger als b'iooo Tyrosin gibt noch deutliche Reaction. Eiweissk\u00f6rper in \u00e4hnlicher Weise behandelt geben rothe Coagula, die zwar mehr schmutzig roth sind, aber doch Vorsicht bei der Ty-rosinreaction empfehlen.\nDas bei der Pankreasverdauung im Darm gebildete Tyrosin scheint die Bedeutung eines Auswurfstoffes zu haben, und der es erzeugende Process un\u00f6konomisch zu sein, (Luxusconsumtion in gewissem Sinne). Vom Hund wird Tyrosin, wenn man es ihm in Gaben von 5\u201420 Grm. verabreicht, als solches durch Darm und Harn wieder unver\u00e4ndert ausgeschieden \u2014 v. Nencki3; Schultzen & Nencki4; K\u00fcstner5. Der Harn enth\u00e4lt darnach sch\u00f6n ausgebildete b\u00fcschel-\n1\tv.Barth, Chem. Centralbl. 1S65. S. 1029, 1869. S. 7(31, 1872. S. 830.\u2014H\u00fcfner, Ebenda 1869. S. 159. \u2014 Beilstein & Kuhlberg. Ebenda 1872. S. 830.\n2\tReinh. Hoffmann, Ann. d. Chemie LXXXVII. S. 123. Siehe dar\u00fcber auch Sta-deler, 1. c. ; L. Meyer, Ann. d. Chemie CXXXII. S. 156. 1864.\n3\tNencki, Chem. Centralbl. 1871. S. 341.\n4\tSchultzen & Nencki. Jahresber. d. Thierchemie II. S. 299. 1872.\n5\tK\u00fcstner. Ebenda IV. S. 225. 1874.","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Tyrosin. Asparagins\u00e4urc und Xanthink\u00f6rper.\n215\nf\u00f6rmige Tyrosinaggregate in reichlicher Menge ; entschiedene Vermehrung von Harnstoff gegen\u00fcber den tyrosinfreien Tagen liess sich nie constatiren. Beim Menschen scheint nach den neuen Versuchen von Brieger1 der Verlauf etwas anders zu sein, denn nach Gaben von 10\u201420 Grm. war weder im Harn noch in den Faeces Tyrosin wieder zu finden; daf\u00fcr zeigte der Harn eine Vermehrung der sog. gepaarten Schwefels\u00e4uren und gleichfalls eine Vermehrung von Phenol gegen die Norm.\nAsparagi n s\u00e4ure C\\IJ-XOa und Glutamins\u00e4ure CbH^NOi. Die erstere ist bei der Pankreasverdauung des Blutfibrins von Radziejewski und Salkowski2 und bei der Verdauung des Klebers von v. Knieriem3 nachgewiesen worden; sie findet sich in den Mutterlaugen vom Tyrosin und Leucin in kleiner Menge und kann am besten durch Ueberf\u00fchrung in die, in hellblauen Nadeln krystallisirende Kupferverbindung C\\ Hb CuNOx. 4 {k H\u00b1 0 erkannt werden. Als ein unter dem Einfl\u00fcsse von S\u00e4uren und anderen Keagentien aus thierischen und pflanzlichen Eiweissk\u00f6rpern auftretendes Spaltungsproduct hat man sie schon fr\u00fcher durch Ritthausen, Hlasiwetz A Habermann und durch Kreussler kennen gelernt und daher ist ihr \\ orkommen im thierischen K\u00f6rper wahrscheinlich, wenn auch noch nicht constatirt, w\u00e4hrend sie im Pflanzenk\u00f6rper (R\u00fcbensaft, Wickenkeimlinge) sicher nachgewiesen ist. Die Asparagins\u00e4ure steht zur Aepfels\u00e4ure in demselben \\ erh\u00e4ltniss wie das Glycocoll zur Glycols\u00e4ure und ist COOH. C-iH\\(Nffi). C OOH. \u2014 Die Glutamins\u00e4ure ist vorl\u00e4ufig wenigstens mit Bestimmtheit weder als Product der Pankreasverdauung, noch sonst im Thierk\u00f6rper gefunden, da sie aber aus Eiweissk\u00f6rpern jeden Ursprungs neben der Asparagins\u00e4ure und oft in reichlicher Menge sich bildet z.B. beim Zerkochen von Casein mit zinnchlor\u00fcrhaltiger Salzs\u00e4ure \u2014 Hlasiwetz & Habermann, so hat sie Anspruch hier erw\u00e4hnt zu werden. Wahrscheinlich enth\u00e4lt die von Tiiudichum aus Menschenharn abgeschiedene und von ihm \u201e Kryptophans\u00e4ure \u201c genannte Schmiere etwas Glutamins\u00e4ure. Sie ist der Asparagins\u00e4ure homolog: COOH. CsHb(NHi). COOH.\n^ on den sog. Xanthink\u00f6rpern sind durch Salomon4 Hypoxanthin (Sarkin) C5 Fh A4 0 und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Xanthin 65//4TDV2 als Producte der Einwirkung von Pankreasferment aut Blutfibrin erkannt worden. Zu ihrer Nachweisung wird die Verdauung nach 24 Stunden unterbrochen, die Fl\u00fcssigkeit aufgekocht, filtrirt, eingeengt, mit absolutem Alkohol extrahirt und die w\u00e4ssrige L\u00f6sung dieses alkoholischen Extracts nach der bekannten Methode von Neubauer mit ammoniakalischer Silberl\u00f6sung behandelt. Die Mengen der vorfindlichen Basen sind gering, dass sie aber als Producte wirklicher Verdauung und nicht bereits begonnener F\u00e4ulniss anzusehen sind, wird dadurch wahrscheinlich, dass sie schon in einem sehr fr\u00fchen Stadium der Verdauung auftreten und sp\u00e4ter wieder sich vermindern oder ganz verschwinden. Eine\n1\tBrieger, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 222. 1STS.\n2\tRadziejewski & Salkowski, Ebenda IV. S. 6S. 1ST4.\n3\tKnieriem. Ebenda V. S. 71. 1S75.\n4\tSalomon. Ebenda VIII. S. 255. 1S7S.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216 Maly. Chemie der Verdauungssafte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nbesondere Bedeutung im Verdauungsprocess haben sie wohl nicht; m\u00f6glich, dass aus ihnen im weiteren Verlaufe durch Aufnahme von Oi resp. 0 die Harns\u00e4ure C5//4V4O3 wird. Uabei ist aber nicht zu \u00fcbersehen, dass noch unter mancherlei anderen Umst\u00e4nden sowohl Hypoxanthin als Xanthin aus Eiweissk\u00f6rpern entstehen, so bei dem Digeriren von Fibrin mit Pepsinsalzs\u00e4ure oder mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure allein, bei der F\u00e4ulniss des Fibrins \u2014 Krause 1 und bei der F\u00e4ulniss der Hefe \u2014 Sch\u00fctzenberger 1 2. Im Thierk\u00f6rper selbst', namentlich in den dr\u00fcsigen Organen, sind beide Basen und auch noch Guanin C3\u00c45.V5\u00d6 h\u00e4ufig aufgefunden und als mehr weniger regelm\u00e4ssige Bestandteile der Dr\u00fcsens\u00e4fte zu betrachten.3 4\nY. Pankreassaft im Darm; Pankreasf\u00e4iilniss.\nPankreas- und Magensaft. Wenn der saure Speisebrei des Magens in den D\u00fcnndarm gelangt, werden einerseits f\u00fcr die Fortsetzung der Pepsinverdauung durch teilweise Neutralisation neue Bedingungen geschaffen und anderseits kann der Pankreassaft nicht mit der ihm eigenen Reaction zu wirken beginnen. F\u00fcr die Collision beider, unter nicht zusammenfallenden Umst\u00e4nden peptonbildenden Fermente, hat sich schon Corvisart 4 interessirt und hat Folgendes dar\u00fcber beobachtet. Wird Pankreassaft mit Magensaft gemischt, wobei ein weisser Niederschlag entsteht, so ist die l\u00f6sende Wirkung der Mischung nicht gleich der Summe der Einzelwirkungen der beiden Verdauungss\u00e4fte, sondern kleine r. Z. B. 100 Grm. Magensaft, die f\u00fcr sich 5 Grm. Albuminpepton gaben, und 100 Grm. Pankreassaft, die 8 Grm. Albuminpepton in derselben Zeit producirten, lieferten gemischt nur 5.7 Grm. Pepton. Dasselbe ergab sich bei den verschiedensten Mischungsverh\u00e4ltnissen; die Versuche konnten jedoch nicht lehren, welcher der beiden S\u00e4fte noch th\u00e4tig ist, und welcher oder ob beide geschw\u00e4cht werden. W\u00fcrde dabei die Reaction der Fl\u00fcssigkeiten genauer in Betracht gezogen worden sein, so dass man nicht in die Lage k\u00e4me, die Verdauungsst\u00e4rke ungleich saurer oder ungleich alkalischer Fl\u00fcssigkeiten zu vergleichen, so w\u00fcrden sich dabei bestimmtere Folgerungen haben ableiten lassen. Nach K\u00fchne 5 soll die Wirkung die sein, dass das Pepsin das Trypsin zerst\u00f6rt, nicht aber dieses jenes. Der Versuch ist nach ihm nur ausf\u00fchrbar mit einer\n1\tKrause, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. SO. 1S7S.\n2\tSch\u00fctzenberger, Ebenda IV. S. 51. 1874.\n3\tSiehe bez\u00fcglich Guanin. Hypoxanthin und Xanthin Gorup-Besanez, Physiol. Chemie. 4. Aufl. S. 238 ff., woselbst ausf\u00fchrliche Literaturangaben, zu denen als neuere Arbeiten noch zu f\u00fcgen w\u00e4ren die oben genannten und Salomon, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 75. 1878.\n4\tCorvisart, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1857. II. S. 33.\n5\tK\u00fchne, Jahresber. d. Thierchemie VL S. 272. 1870.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreassaft und Magenchymus.\n217\nkaum alkalischen, besser neutralen Mischung, in der das Trypsin wirken, mit einer nur 0.5 p. m. HCl enthaltenden, in der das Pepsin wirken soll, denn l\u00e4ngere Digestion selbst mit den verd\u00fcnntesten Alkalien zerst\u00f6rt das Pepsin, und f\u00fcr das Trypsin ist ein S\u00e4uregrad von 0.5 p. m. die Grenze seiner Wirksamkeit. Bestimmte Versuche sind dar\u00fcber noch nicht mitgetheilt worden. Jedenfalls w\u00fcrde f\u00fcr die vollere Wirkung beider S\u00e4fte n\u00f6tliig sein, dass sie Zeit haben iso-1 irt zu wirken, und dies wird nach Corvisart im Organismus durch mehrere Umst\u00e4nde erzielt, von denen noch folgende zwei Geltung beanspruchen k\u00f6nnen: 1. der Pylorus f\u00fcr den Magensaft und 2. die Galle f\u00fcr den Pankreassaft.\nPankreassaft im Darm. Wegen Zufluss der anderen Verdauungss\u00e4fte kann im Darm die Pankreasverdauung nicht so rein, wie sie sich im Becherglase darstellt, ablaufen. Ausgenommen sind k\u00fcnstlich hiezu geschaffene Bedingungen. Corvisart und Meissner 1 haben am Hund den Versuch angestellt, den Pankreassaft mit Ausschluss von Magensaft und Galle auf eingef\u00fchrtes Eiweiss wirken zu lassen. Das Verfahren besteht in der Unterbindung des durch lauen Wassers gereinigten Darmst\u00fcckes oberhalb und unterhalb des gr\u00f6sseren Ausf\u00fchrungsganges des Pankreas. 15 Stunden nach der Einbringung von 34 Grm. Eiweiss waren nur mehr 4 Grm. ungel\u00f6st \u00fcbrig. K\u00fchne 2 hat bei gleicher Operationsweise schon nach 4 Stunden aus Fibrin Alkalialbuminat, f\u00e4llbares Eiweiss, etwas Pepton, dann Leucin und Tvrosin entstehen sehen, woraus das selbstverst\u00e4ndliche Factum folgt, dass im Darm die Pankreasverdauung qualitativ gleich wie ausserhalb ablaufen kann. In Wirklichkeit liegen aber die Verh\u00e4ltnisse gerade im Duodenum ungemein viel complicirter. Es ergiessen sich Galle und Magenchymus hinzu. Der Einfluss, den die Gallensalze auf die Einzelnheiten der pankreatischen Verdauung haben, ist nicht n\u00e4her studirt worden; aber man weiss doch, dass im Allgemeinen die mit Pankreassaft ohne St\u00f6rung mischbare Galle die Eiweissauf-l\u00f6sumr durch den ersteren nicht hindert, und Bernard hat, die Leihe der Punctionen verfolgend, gesehen, dass Eiweissk\u00f6rper, welche mit Magensaft vor\u00fcbergehend behandelt waren, sich in Gemischen von Galle und Pankreassaft gut aufl\u00f6sten. Auch die beiden anderen En-zvmwirkuneren des Pankreassaftes werden von Galle nicht nur nicht gest\u00f6rt werden, sondern beide Fl\u00fcssigkeiten arbeiten sich hier in die H\u00e4nde, was besonders bez\u00fcglich der Emulgirung des Fettes gilt, wo-\n1\tK\u00fchne, Physiol. Chemie S. 128.\n2\tK\u00fchne, Jahresber. d. ges. Med. ISG7.1. S. 183.","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nr\u00fcber das N\u00e4here bei der Galle S. 196 schon er\u00f6rtert ist. Das Verhalten endlich aller 3 Fl\u00fcssigkeiten \u2014 Magenchymus, Galle, Pankreassaft \u2014 ergibt sich durch W\u00fcrdigung des schon S. 180 Vorgebrachten: \u00fcbersch\u00fcssige Galle l\u00f6st den durch sie im Magenchymus erzeugten Niederschlag auf, und hiebei kann auch der Pankreassaft nur unterst\u00fctzend wirken.\nP ankr e a sf \u00e4u 1 n i s s. Viel bedeutungsvoller als die Zumischung von Galle oder gar der kleinen Mengen noch zu besprechenden Darmsaftes f\u00fcr den weiteren Ablauf der Pankreasverdauung im Darm ist das regelm\u00e4ssige Auftreten von mikroskopischen Organismen oder die sog. Pankreasf\u00e4uIniss, womit der ganze Process eine v\u00f6llig neue und von der einfachen Pankreas Verdauung abweichende Richtung erh\u00e4lt. Es ist bekannt, dass sich Eiweiss- oder Leimsubstanzen, wenn sie unter g\u00fcnstigen \u00e4usseren Bedingungen der Luft und ihrem Staube ausgesetzt sind, reichlich mit Bact\u00e9rien, Vibrionen, Bacillen u. s. w. durchsetzen und faulen. Nun zeigt sich erfahrungsm\u00e4ssig nichts so eminent f\u00e4ulnissf\u00e4hig als Pankreasgewebe und dessen Saft, so dass, wenn ein Verdauungsversuch eine l\u00e4ngere Anzahl von Stunden erhalten und kein Bacteriengift hinzugef\u00fcgt wird, sich \u00fcbler Geruch und alle Erscheinungen der eigentlichen F\u00e4ulniss einstellen. In der 8. Stunde sind stets F\u00e4ulnissorganismen zu finden. Mit St\u00fcckchen der Dr\u00fcse selbst ist die reine Form der Verdauung am schwersten einzuhalten, und H\u00fcfner, der die Salicyls\u00e4ure noch nicht zu diesem Zwecke ben\u00fctzen konnte, sah sich gezwungen die reinen Verdauungsversuche mit dem Alkohol-Glycerinpr\u00e4cipitat anzustellen, da die Dr\u00fcse selbst, wie auch andere Gewebe schon im lebensfrischen Zustande die f\u00e4ulnisseinleitenden Organismen 1 enth\u00e4lt. Im Darm, in den weder ausgegl\u00fchte Luft noch bacterienfreies Material gelangt, muss sich das Bild entsprechend gestalten, in ihm wird die reine Pankreasverdauung nur vor\u00fcbergehend statthaben, sie wird, wenn auch etwas gem\u00e4ssigt durch die gallensauren Salze, alsbald in den F\u00e4ulnissprocess hin\u00fcberspielen und damit eine Reihe von Zersetzungsproducten liefern, die nur ihr eigenth\u00fcmlich, von denen der theoretischen bacterienfreien Pankreasverdauung aber verschieden sind. Es sind vor allem die classischen Arbeiten Nencki\u2019s2, denen wir die Auseinanderhaltung beider Arten von Eiweisszersetzung und das ausf\u00fchrliche Studium der bei der Pankreasf\u00e4ulniss auftretenden Zersetzungsproducte verdanken,\n1\tBesonders von Bechamp hervorgehoben und als Microcymen bezeichnet.\n2\tNencki. Jahresber. d. Thierchemie Y. S. 76. 1875 ; Ber. d. d. chem. Ges. IS76. S. 300 und besonders : Ueber die Zersetzung der Gelatine und des Eiweisses bei der F\u00e4ulniss mit Pankreas. Bern 1S76.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasf\u00e4ulniss.\n219\nnachdem bereits K\u00fchne\u2019s Untersuchungen Anhaltspunkte hief\u00fcr gegeben haben. Besonders charakteristisch f\u00fcr die Eiweisszersetzung durch Organismen ist das Indol ; es ist zum grossen Theil der Tr\u00e4ger des \u00fcblen kothartigen Geruches. Ausserdem linden wir daneben noch zahlreiche andere Producte, so Ammoniak, Kohlens\u00e4ure, Butters\u00e4ure, Valerians\u00e4ure, Essigs\u00e4ure, Leucin, Nencki\u2019s isomeres Leucin, Phenol, ferner brennbare Gase, darunter Schwefelwasserstoff, Sumpfgas und Wasserstoff. Bei Leimf\u00e4ulniss entsteht auch Glycocoll. Aber nicht bloss in der Mannigfaltigkeit der Producte, auch in der Energie mit der die Zersetzung abl\u00e4uft, besteht eine Differenz zwischen Enzym-verdauung und Zersetzung durch F\u00e4ulnissorganismen.\nDer \u00e4ussere Verlauf eines k\u00fcnstlichen Pancreasf\u00e4ulnissversuches gestaltet sich folgendermaassen : Wird Eiweiss (oder Gelatine) mit dem 10 \u201420 fachen Gewichte Wasser und frischem, zerschnittenem Pankreas bei 40 0 digerirt, so beobachtet man in der 4.\u20147. Stunde, dass die erst am Boden des Gef\u00e4sses liegenden Dr\u00fcsenst\u00fcckchen sich einzeln nacheinander an die Oberfl\u00e4che erheben, die Fl\u00fcssigkeit zeigt anfangs sp\u00e4rliche, meist kugelige, doch auch st\u00e4bchenf\u00f6rmige bewegliche Gebilde und nimmt einen fauligen mit jeder Stunde intensiver werdenden Geruch an. Gleichzeitig vermehren sich die organisirten Fermente ungeheuer; das Eiweiss l\u00f6st sich, die Fl\u00fcssigkeit wird tr\u00fcbe und lebhafte Gasentwicklung bezeugt den vollen Verlauf der F\u00e4ul-niss. Die Reaction bleibt schwach sauer (Nexcki). H\u00e4lt man bei diesem Versuche den Luftzutritt ab, so wird an der ganzen Zersetzung und den entstehenden Producten nichts ge\u00e4ndert, als dass sie viel langsamer abl\u00e4uft (Jeanneret *). Die in diesen luftfreien Mischungen auftretenden Bact\u00e9rien sind vorz\u00fcglich sog. K\u00f6pfchen -bact\u00e9rien ; sie sind Lebewesen, die ohne Sauerstoff existiren k\u00f6nnen, sog. Ana\u00f6robien, daher es f\u00fcr den Vorgang im Darm gleichg\u00fcltig ist, ob sich dort noch ein Rest Luft befindet wie im D\u00fcnndarm, oder keiner mehr wie im Dickdarm.\nEntgegen den Anschauungen von Lavoisier und von Liebig haben neuere Forscher so besonders Pasteur und dann Brefeld etc. angenommen, dass es gewisse niedere Organismen g\u00e4be, die ohne Sauerstoff leben und functioniren k\u00f6nnen. Nach Pasteur ist bei der F\u00e4ulniss der h\u00e4ufigste Fall der, dass, nachdem der gel\u00f6ste Sauerstoff verschwunden ist, die Ferment-Vibrionen, die keines Sauerstoffs bed\u00fcrfen, sich zu zeigen beginnen ; nur in seltenen F\u00e4llen h\u00f6rt die F\u00e4ulniss, nachdem der Fl\u00fcssigkeit der gel\u00f6ste Sauerstoff durch die Entwicklung von Monas crepusculum und Bacterium termo entzogen ist und diese in der Folge abgestorben sind,\n1 Jeaxneret. Jakresber. d. Thierchemie VIL S. 374. 1ST\".","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220 Maly. Chemie der Verdaimngss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nauf, n\u00e4mlich dann, wenn keine Keime der Vibrionen hinzugekommen sind. Gunning ist neuerdings gegen die anaeroben Lebensformen wieder aufgetreten , aber nach Nencki l) ist deren Th\u00e4tigkeit ohne Sauerstoff eine constatirte Thatsache 1 2 3.\nDer Pankreasf\u00e4ulnissproeess, wie er uns gegenw\u00e4rtig in seinen eigent\u00fcmlichen immerhin charakteristischen Producten vorliegt, ist gewiss kein einheitlicher Vorgang. Nencki ist mit Recht der Ansicht, dass jedes der geformten, in der F\u00e4ulnissmasse auftretenden Fermente eine verschiedene Zersetzung der Proteinsubstanzen bewirken d\u00fcrfte, wie das Pasteur ebenfalls ausgesprochen. Jedem Gebilde entspricht ein anderer Vorgang; aber indem sie Form\u00e4nderungen erleiden und gleichzeitig auftreten, ist die Untersuchung unendlich schwer, die Theilvorg\u00e4nge der F\u00e4ulniss sind nicht zu isoliren. Sobald es gelingen wird, die einzelnen Formen rein zu z\u00fcchten und sie isolirt sowohl bei Luftzutritt als Abschluss auf Eiweiss wirken zu lassen, wird sich ergeben, mit welchem Antheil jeder einzelne Process an der uns jetzt durch Nencki vorliegenden Gesammterscheinung der F\u00e4ulniss participirt. Vorl\u00e4ufig ist das bedeutsame Resultat schon gewonnen, dass es unthunlich ist, die Zersetzung des Eiweisses durch die ungeformten Fermente, speciell durch Pankreatin (Trypsin), mit der durch die geformten Fermente als gleichwerthig in ihren Spal-tungsproducten zu betrachten. Bei den formlosen Fermenten handelt es sich um die Elemente des Wassers, die aufgenommen werden (Zuckerbildung, Fettzerspaltung) und nur das Trypsin erzeugt noch neben einem Theile unangegriffenen (oder unangreifbaren Peptons) die Amids\u00e4uren als Spaltungsst\u00fccke. Bei der Organismenwirkung treten aber Oxydationsproducte (fette S\u00e4uren) sowie Reduetionspro-ducte (brennbare Gase) auf und nichts bleibt mehr vom Eiweiss \u00fcbrig. Dass diese m\u00e4chtige Organismenwirkung ganz differenter Art ist und sich nicht auf in ihnen enthaltene und extrahirbare d. h. l\u00f6sliche Fermente (Enzyme) zur\u00fcckf\u00fchren l\u00e4sst, hat im Sinne NenckTs in einer sch\u00f6nen Abhandlung K\u00fchne 3 weiter ausgef\u00fchrt. Nat\u00fcrlich musste\n1\tPrivatmittheilung.\n2\tDie bei der pankreatischen F\u00e4ulniss auftretenden Organismen in der Nencki-seben Arbeit abgebildet, sind: I. Runde-ovale lichtbrechende, vereinzelte oder kettenf\u00f6rmig aneinander gereihte K\u00fcgelchen. \u2014 Torulaform und wahrscheinlich identisch mit den als Micrococcus und Monas crepusculum bezeichneten Formen. Sie treten im Beginn der F\u00e4ulniss auf. 2. Cylindrische-st\u00e4bchenf\u00f6rmige Gebilde mit schnellender oder rotirender Bewegung \u2014 St\u00e4bchenbacterien, bact\u00e9ries articul\u00e9es, wahrscheinlich auch Bact. termo und Bact. lineola von Cohn. Sie treten sp\u00e4ter auf, zeigen mitunter am einen Ende eine Verdickung (Sporenbildung) \u2014 K\u00f6pf-chenbacterien, Bact. capitatum, Helobacterien. 3. L\u00e4ngere d\u00fcnne, fadenf\u00f6rmige Gebilde. Bacillen, Bacillus subtilis.\n3\tK\u00fchne, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 357. 187S.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasf\u00e4uliiiss.\n221\ndabei die ganze Summe der bei der F\u00e4ulniss \u2014 es war Pankreasdr\u00fcse mit Fibrin bei 30\u201440\u00b0 stehen gelassen worden \u2014 auftretenden Gebilde (als Bacterienbrei bezeichnet) verwendet werden. Die bisher bekannten formlosen Fermente sind in kaltem Wasser und in Glycerin l\u00f6slich. Die mit beiden Fl\u00fcssigkeiten gemachten Extrade des Bacterienbreies erzeugen aber an rohem wie gekochtem Fibrin nach 24 Stunden keinen Zerfall und lassen Pepsinpeptonl\u00f6sungen unver\u00e4ndert. Demnach enth\u00e4lt der Bacterienbrei weder Pankreatin, noch ein specifisches, Producte der Eiweissf\u00e4ulniss erzeugendes extrahir-bares Ferment, sondern wirkt sui generis durch seinen Lebensact. Ohne Bact\u00e9rien, durch Pankreatin allein entsteht kein Indol, kein brennbares Gas, so wenig als ein Molek\u00fcl Alkohol ohne lebende Hefenzelle, der sich auch kein alkoholbildendes Ferment entziehen l\u00e4sst. Der Beweis, dass der von Nencki studirte Process der k\u00fcnstlichen Pankreasf\u00e4ulniss ebenso im Darm abl\u00e4uft, ist darnach nicht mehr schwer, denn wir linden darin dieselbe erregende Ursache \u2014 die mikroskopischen Gebilde und ebenso die Zersetzungsproducte wieder, die sie erzeugen.\nDer mikroskopische Befund des Darminhaltes von Hunden ist nach Nencki immer ziemlich der gleiche; in den obersten Theilen vom Pylorus an sind nur wenig Gebilde und fast nur Micrococci sichtbar. Verfolgt man den Darminhalt nach unten, so werden die K\u00fcgelchen zahlreicher, St\u00e4bchen treten auf und in den unteren D\u00fcnndarmpartien vermisst man neben den St\u00e4bchen auch die l\u00e4ngeren d\u00fcnneren Bacillusf\u00e4den nie. Mit ihrer Zunahme, die das Maximum im Dickdarm erreicht, w\u00e4chst der stinkende f\u00e4cale Geruch.\nDie Frage k\u00f6nnte noch die sein, bis zu welchem Grade werden die Eiweissk\u00f6rper im lebenden Darm im Sinne der Pankreasf\u00e4ulniss zersetzt'? Eine bestimmte Antwort l\u00e4sst sich darauf nicht geben, man kann nur sagen, je mehr Eiweiss faulnissartig zerf\u00e4llt, um so mehr wird es seiner eigentlichen Bestimmung entrissen und bildet einen Verlust, denn dass die F\u00e4ulnissproducte noch einen physiologischen Werth h\u00e4tten, ist nicht anzunehmen. Von Einfluss auf die Intensit\u00e4t der pankreatischen F\u00e4ulniss im Darm werden die Dauer des Verwei-lens, die Zusammensetzung des Speisebreies, die Consistenz und andere Umst\u00e4nde sein, die noch zu erforschen sind. Am wichtigsten m\u00fcssen uns jene Umst\u00e4nde erscheinen, die Hindernisse f\u00fcr die volle Entfaltung der Bacterienwirkung bieten. Ein solches Hinderniss hat Nencki bereits angedeutet : die R e s o r p t i o n, denn sobald die l\u00f6slich, sagen wir zu Pepton gewordene N\u00e4hrsubstanz resorbirt ist, ist sie der Einwirkung der geformten Fermente entzogen. Bei Herbivoren, deren langer Darmtract stets mit Speisebrei gef\u00fcllt ist.","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222 Maly. Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Yerdauimg. 4. Caj . Pankreas saft etc.\nwird der Antheil der niederen Lebeformen am Eiweisszerfall relativ gr\u00f6sser sein. Dass ihr Darminhalt weniger f\u00e4cal riecht, spricht nicht dagegen, denn der ganze Brei ist zu sehr mit Cellulose und anderem F\u00e4ulnissunf\u00e4higen verd\u00fcnnt: dass aber der Herbivorenharn 23 mal so viel indigoliefernde Substanz enth\u00e4lt als der Menschenharn, spricht f\u00fcr die intensivere F\u00e4ulniss, denn das sog. Indican entsteht aus dem Darmindol, und das Indol ist Bacterienerzeugniss. Ein zweites Hindem iss ist der Zufluss der Galle, des nat\u00fcrlichen Darminfeetions-mittels, wor\u00fcber das S. 1 S3 Gesagte zu vergleichen ist.\nEs bleiben noch die quantitativen Verh\u00e4ltnisse, wie sie bei der k\u00fcnstlichen Pankreasf\u00e4ulniss von Xexcki erhalten worden sind, zu besprechen. Sie sind sowohl an Eiereiweiss als an Leim, welche Materialien verschieden lange Zeit mit Wasser und frischem Ochsenpankreas bei 40\u00b0 digerirt wurden, untersucht.\nDie Eiweissversuche gaben in Procenten der angewandten (trocknen.\u00bb Eiweiss- plus Dr\u00fcsensubstanz1:\nVach 9Stunden. Nach \" Tagen. Mach 14 Tagen.\nAmmoniak\t\t9.6\t11.0\tS.9\nKohlens\u00e4ure\t\t6.9\t5.4\t3.1\nButters\u00e4ure \u2014 Valerians\u00e4ure\t26.9\t32.6\t44.1\nLeucin\t\t5.5\t3.5\t3.S\nPepton\t\tunbest.\tunbest.\t\u2014\nR\u00fcckstand\t\t\u2014\t\u2014\t13.0\nBei fortdauernder F\u00e4ulniss nimmt daher die Kohlens\u00e4ure ab. die Menge der Fetts\u00e4uren zu. welche letzteren, im Maasse als sie entstehen, die erstere austreiben. Beide sind als Ammonsalze vorhanden. Von den fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren tindet sich in der ersten Zeit vorz\u00fcglich Valeri an s\u00e4ure, in der sp\u00e4teren vorz\u00fcglich oder ausschliesslich Butt er s\u00e4ure 'normale. Die zuerst entstehende Vale-rians\u00e4ure stammt aus Leucin oder dem entsprechenden Spaltungsst\u00fcck des Eiweisses: denn Leucin mit Fibrin oder Pankreas faulen gelassen, liefert Valerians\u00e4ure (Bopp, Kencki1 . Da sich sp\u00e4ter statt ihr\nvorz\u00fcglich Butters\u00e4ure zeigt, so scheint noch folgende Oxydation durch die Fermentorganismen m\u00f6glich: L\\ 11: ('\u2022:\u20143 L> = G /A '\nIButters\u00e4ure! \u2014 L '\t\u2014 Il-iO. Tyrosin wird nur in den ersten Stun-\nden der pankreatischen F\u00e4ulniss, nach 24 Stunden nie mehr gefun-\nIndol wurde ni< ht iuantitati\\ bestimmt.\n2 Parin n..>7 isomeres, s\u00f6nvor l\u00f6sliches Leucin ) Bei einem diesbez\u00fcglichen Versuch waren inn Leucin 10.5 Gnn. Valerians\u00e4ure als Ami nsa i gebildet durch die oxydirende Wirkung der Bact\u00e9rien entstanden sei -f- 2 0=\tHi)(h -f CO-:.\nragen au rden. die\n- 15 Grm. dabei nur / Mh","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasf\u00e4ulniss. Indol; Phenol.\n223\nden; ob es zu Indol wird, ist unbekannt (Nencki). Der Schwefel des Eiweisses wird theils zu Schwefels\u00e4ure, theils entweicht er als Schwefelwasserstoff. Die F\u00e4ulnissgase haben in 3 nacheinander auf-ffefansrenen, von Pankreas-Fibringemischen herr\u00fchrenden Portionen nach Kunkel 1 folgende Zusammensetzung :\n\t1.\t2.\t3.\nIhS\t1.9%\t0.4%\t0.7\nCO-2\t68.4\t56.2\t59.5\nH\t28.4\t40.8\t38.5\ncm\t1.5\t0.7\t1.1\nN\t0.0\t2.1\t0.6\nDie gleich den mit Eiweiss angestellten Gelatin f\u00e4ulniss-v er su che gaben merklich andere Resultate, z. B. aus 100 (trock-nerer) Gelatine nach 4 t\u00e4giger Pankreasf\u00e4ulniss wurden erhalten:\nAmmoniak ....\t9.5%\nFl\u00fcchtige Fetts\u00e4uren 24.2 Glycocoll .\t.\t.\t.\t12.2\nLeim-Pepton\t.\t.\t.\t19.4\nKohlens\u00e4ure\t.\t.\t.\t6.4\nLeucin tritt also nicht auf, daf\u00fcr viel Glycocoll. Die fl\u00fcchtigen S\u00e4uren bestehen aus Essigs\u00e4ure, Butters\u00e4ure und Valerians\u00e4ure. Sowohl Tyrosin als Indol fehlen, aber Nencki hat doch ein aromatisches Zersetzungsproduct auffinden k\u00f6nnen, eine fl\u00fcchtige Base von der Formel a Hn X. Daneben treten kleine Mengen von Trimetkyl (oder Propyl-) amin auf.\nindoi aux\nist von den Producten der Pankreasf\u00e4ulniss zun\u00e4chst zu beschreiben, denn es ist zwar nicht durch die Menge in der es auftritt, aber durch seinen f\u00f6tiden Geruch und durch empfindliche Reactionen ein f\u00fcr den Bacterienprocess und f\u00fcr die Faecesbildung charakteristischer K\u00f6rper. Anhaltspunkte \u00fcber seine Bildung waren in den ersten Arbeiten von K\u00fchne gegeben, der in einer l\u00e4ngere Zeit stehen gebliebenen Pankreasverdauungsprobe einen unertr\u00e4glichen Geruch, \u00e4hnlich dem des Naphtylamins oder des Indols beobachtete. Letzteres war kurz vorher von Baeyer entdeckt worden, als er Oxindol mit Zinkstaub destillirte. Dauert die Digestion des Verdauungsversuches mit der Dr\u00fcse 3\u20140 Stunden, so kann man nur minimale Spuren von Indol durch Destillation oder Aussch\u00fctteln mit Aether erhalten. Aber mit der Dauer des Versuches nimmt der \u00fcble Geruch und die Bildung\n1 Kctnkel, Jahresbcr. d. T liier Chemie IV. S. 274. 1S74.","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\nder Organismen colossal zu und nach 3\u20145 t\u00e4gigem Digeriren hei 40,j ist der H\u00f6hepunkt des F\u00e4ulnissprocesses \u00fcberschritten, die Gasentwicklung h\u00f6rt fast auf, die Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt gewinnbare Mengen Indol. Sie wird nach Nencki1 2 3 4 in folgender Weise darauf verarbeitet. Die alkalische viel Ammoniumcarbonat enthaltende Fl\u00fcssigkeit wird colirt, mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uert, destillirt, das von den Fetts\u00e4uren saure Destillat mit Natron alkalisch gemacht, mit Aether ausgesch\u00fcttelt und der Aether abdestillirt. Es hinterbleibt ein r\u00f6thliches Oel, das mit wenig Wasser versetzt nach einiger Zeit krystallinisch erstarrt und aus heissem Wasser umkrystallisirt reines bei 52 0 C. schmelzendes Indol gibt. Die Ausbeute betr\u00e4gt etwa 0.5 \u00b0,o vom angewandten Albumen ; Verl\u00e4ngerung der F\u00e4ulniss \u00fcber 4 Tage hinaus erh\u00f6ht die Menge nicht mehr. K\u00fchne 2 zeigte, dass Indol aus Eiweissk\u00f6rpern auch mittelst schmelzenden Kali\u2019s erhalten werden kann; man mengt den Albumink\u00f6rper mit dem 8 fachen Gewicht Aetzkali, erhitzt in einer eisernen Schale mit aufgesetztem Helm bis zur schwachen Bothgluth, wobei sich Indol verfl\u00fcchtigt und sich in den K\u00fchlr\u00f6hren theils in Form von benzoes\u00e4ure\u00e4hnlichen Bl\u00e4ttchen, theils als Oel verdichtet, noch verunreinigt mit Anilin, Pyrrol etc,, von denen es durch Behandlung mit verd\u00fcnnter HCl und Umkrystallisiren getrennt wird. Engler & Janecke 3 gaben an, nach dieser Methode aus verschiedenen Eiweissk\u00f6rpern 0.1\u20140.25 \u00b0/o Indol erhalten zu haben, aber Nencki4 fand, dass das Indol der Kalischmelze ein Gemisch von Indol mit Skatol ist. Leim und Horn liefern bei der Kalischmelze kein Indol oder h\u00f6chstens Spuren davon; in fauler Leber (ohne Pankreaszusatz) ist es aufgefunden.\nDas Indol bildet d\u00fcnne gl\u00e4nzende Flitter oder atlasgl\u00e4nzende Bl\u00e4tter, die bei 52\u00b0 schmelzen, beim Erkalten krystallinisch erstarren. Es ist mit Wasserd\u00e4mpfen destillirbar, l\u00f6st sich in kochendem Wasser, aus dem es beim Abk\u00fchlen erst milchig dann krystallinisch sich abscheidet, leicht in Alkohol und sehr leicht in Aether; schon in einer Spur Aetherdampf zerfliesst es. Im Quecksilberbade erhitzt, kocht es constant bei 245 \u2014 246\u00b0 und br\u00e4unt sich st\u00e4rker erhitzt. Seine Dampfdichte ist 4.3 \u2014 4.6, was zu der Formel Cs lh A (und gegen Ci e H\\ 4 AL) stimmt (Nencki5). Suspendirt man Indol in Wasser und behandelt einige Stunden mit ozonhaltiger Luft, so geht es\n1\tNencki, Jahresber. d. Thiercbemie V. S. 73. 1875,14 . S. 260. 18 *4.\n2\tK\u00fchne, Ebenda V. S. 71.\n3\tEngler & Janecke, Ber. d. d. cbem. Ges. IX. S. 1411 u. 1414.\n4\tNencki, .Tahresber. d. Thiercbemie 4 III. S. 84. 1878.\n5\tDerselbe, Ebenda Y. S. 76. 1875.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasf\u00e4ulniss. Indol; Phenol.\n225\nzum Tlieil in ein Harz, zu einem kleinen Tbeil in Indigblau \u00fcber: 2 Cs Th N-\\- 4 0= Ci g TI\\ 0 Ni Oi -f- 2 Th 0 (Nencki). Das Indol hat einen penetranten unangenehmen f\u00e4calen Geruch, \u00e4hnlich dem von Naphtylamin ; der Geruch des unteren Darminhaltes und der Excremente ist wesentlich dadurch bedingt.\nZur Erkennung des Indols dient folgendes: 1. die kirschrothe F\u00e4rbung, welche seine L\u00f6sung einem mit Salzs\u00e4ure befeuchteten Fichtenspane ertheilt \u2014 Baeyer; 2. mit Alkohol und salpetriger S\u00e4ure gibt es tief rothe L\u00f6sung; 3. in w\u00e4ssriger L\u00f6sung mit salpetriger S\u00e4ure behandelt bildet es einen rothen volumin\u00f6sen Niederschlag. Diese letztere Reaction, die besonders empfindlich und geeignet ist, in verd\u00fcnnten L\u00f6sungen Indol nachzuweisen, ist von Nencki 1. c. n\u00e4her studirt worden. Versetzt man z. B. das von einem Pankreasf\u00e4ulnissversuch herr\u00fchrende Destillat in Portionen von 200\u2014300 C.-C. mit 5\u2014S C.-C. r\u00f6thlich gelber Salpeters\u00e4ure, so f\u00e4rbt sich die Fl\u00fcssigkeit erst wie arterielles Blut und setzt nach einigen Stunden den rothen Niederschlag ab, der Salpeter sau res Nitroso-i n d o 1 Ci g //i 3(iVC)Ni NO% H ist. Durch Aufl\u00f6sen in wenig heissem absoluten Alkohol und Versetzen mit Aether erh\u00e4lt man ihn in sch\u00f6n rothen mikroskopischen Nadeln. Die rothe F\u00e4rbung zersetzten Panrkeassaftes mit roher Salpeters\u00e4ure hat schon Bernard erw\u00e4hnt; 4. bringt man Indol und Pikrins\u00e4ure, beide in Benzol gel\u00f6st, zusammen, so scheiden sich lange rothe gl\u00e4nzende Nadeln von Pikrins\u00e4ureindol ab, aus dem durch Ammoniak wieder Indol frei wird.\nF\u00fcr die Constitution des Indols sind wesentlich die Arbeiten von Baeyer 1 maassgebend. Baeyer erhielt Indol zuerst 1366 durch Erhitzen von Oxindol mit Zinkstaub, sp\u00e4ter directer aus Indigo, indem dieses mit Zinn und Salzs\u00e4ure behandelt und die entstehende Zinnverbindung mit Zinkstaub erhitzt wurde. Beide Gewinnungsweisen ergeben das Indol als die Muttersubstanz f\u00fcr die Indigogruppe. An dem auf die erste Weise erhaltenen Pr\u00e4parate wurden die Eigenschaften des Indol vorz\u00fcglich studirt. Die Synthesen aus einfacheren aromatischen Verbindungen hat Baeyer'1 2 zusammen mit Emmerling und dann mit Caro ausgef\u00fchrt. Darnach entstellt Indol beim Durchleiten der D\u00e4mpfe mancher Anilinderivate, besonders von Di\u00e4thylorthotoluidin durch mit Bimssteinst\u00fccken gef\u00fcllte gl\u00fchende R\u00f6hren; es werden Ausbeuten bis zu 5\u00b0o der angewandten Substanz erhalten. Wichtig ist auch eine zweite Synthese, die darin besteht, dass Orthonitrozimmts\u00e4ure mit \u00fcbersch\u00fcssigem Kali geschmolzen wird; der dabei stattfindende Process, den Baeyer durch die Gleichung:\nCg//4(V6L) . CH: CH. CO011= CgHi ' CH -f- CO-i + 02\nausdr\u00fcckt, ist die Grundlage f\u00fcr die Auffassung der Atomgruppirung im Indol.\nSchicksal des Indols. Es ist ohne Zweifel, dass Indol im lebenden Darme entsteht; ein Tlieil davon bildet einen Auswurfstoff,\n1\tBaeyer. Chem. Centralbl. 1S66. S. 1072, 1868. S. 945, 1870. S. 77.\n2\tDerselbe, Ebenda 1870. S. 42; Ber. d. d. chem. Ges. 1877. S. 1262.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226 Malt, Chemie der Verdauimgss\u00e4fte u. Yerdauung. 4. Cap. Pankreassaft etc.\ndenn es findet sich noch in den Faeces, deren Geruch es bedingt und aus denen Radziejewski auch ein Aetherextract darstellen konnte, das die Indolreactionen gab. Ein anderer Theil wird aufgesaugt, oxydirt, gepaart und erscheint als indigoliefernde Substanz (sog. In-dican) im Harn (JaffeJ). Zun\u00e4chst hat Jaffe gezeigt, dass nach subcutanen Indolinjectionen im Harn viel Indican erscheint, eine Beobachtung, die auch Nencki, Baumann und Masson 2 best\u00e4tigt haben. Dass sich das native Darmindol ebenso verh\u00e4lt, daf\u00fcr hat SalkowskP einen weiteren Beleg beigebracht; ein mit Fibrin gef\u00fctterter Hund liefert pro lag circa 16 Mgr. Indigo im Harn, ein hungernder oder ein mit Gelatine gef\u00fctterter 3\u20145 Mgr. Hier zeigt sich daher die Indigobildung parallel der Indolbildung bei den NENCKi\u2019schen F\u00e4ul-nissversuchen: Fibrin gibt Indol, Leim nicht. Wird Hunden der D\u00fcnndarm unterbunden, die Stagnation der Massen und die Resorption daraus vermehrt, so tritt colossale Indicanbildung im Harn auf. Dasselbe findet in Krankheiten mit Unwegsamkeit des Darms, wie bei Ileus statt, wo das Indican auf das 10\u201415 fache des Normalen vermehrt sein kann (Jaffe). Dickdarmhindernisse haben die gleiche Wirkung nicht.\nPhenol CoHoO.\nEs ist in hohem Grade auffallend, dass Phenol, eine Substanz, die der Repr\u00e4sentant der f\u00e4ulnisswidrigen Mittel ist, bei der Pan-kreasf\u00e4ulniss auftritt, wenn auch nur in kleinen Mengen. Es wurde von Baumann1 2 3 4 dabei zuerst beobachtet, zusammen mit Indol. Um beide Substanzen nebeneinander nachzuweisen, destillirt man die alkalische Fl\u00fcssigkeit, sch\u00fcttelt das Destillat mit Aether aus, verdunstet den Aether, setzt Aetzkali und Wasser zu und destillirt neuerdings ; nun verfl\u00fcchtigt sich nur Indol. Wenn davon nichts mehr \u00fcbergeht, macht man mit Schwefels\u00e4ure sauer und destillirt zum dritten Male. Das jetzt \u00fcbergehende Destillat enth\u00e4lt das Phenol und gibt mit Bromwasser versetzt seinen ganzen Phenolgehalt als krystallinischen Niederschlag von Tribromphenol Co Ho Br3 0. Beispielsweise gaben 100 Grm. frische Pankreasdr\u00fcse mit 100 Grm. nassem Fibrin faulen gelassen 0.078 Grm. Tribromphenol. Nach Odermatt5 nimmt die Phenolmenge mit der Zeit der F\u00e4ulniss zu; da umgekehrt die I11-\n1\tJaffe, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 148 11. 149. 1872, VIL S. 241. 1877.\n2\tMasson, Ebenda IV. S. 221. 1874.\n3\tSalkowski, Ebenda VI. S. 134. 1876.\n4\tBaumann, Ebenda VII. S. 201. 1877.\n5\tOdermatt, Ebenda VIII. S. 375. 1878.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Pankreasf\u00e4ulniss. Indol; Phenol.\n227\nclolmenge abnimmt, so besteht kein Parallelismus zwischen Inclolund Phenolbildung. Phenol ist erst vom sechsten Tage an nachzuweisen. Im lebenden Darm entsteht unter dem Einfl\u00fcsse der Pan-kreasf\u00e4ulniss ebenfalls ein wenig Phenol, dessen weitere Schicksale \u00e4hnlich denen des Indols sind ; ein kleiner Theil geht durch den Darm und findet sich noch unter den fl\u00fcchtigen Producten der menschlichen Excremente (Brieger), ein anderer, wie es scheint etwas gr\u00f6sserer, tritt nach Salkowski\u2019s1 Untersuchungen im Harn als phenobildende Substanz \u2014 Phenolschwefels\u00e4ure \u2014 auf. Aus normalem menschlichen Harn konnte Im. Munk '2 3 nach Destillation mit Schwefels\u00e4ure nur 4 \u2014 7 Mgr. Tribromphenol pro die erhalten. Treten aber jene Verh\u00e4ltnisse ein, die viel Indigo im Harn liefern, so ist gleichzeitig die phenolliefernde Substanz vermehrt. So erhielt Salkowski aus 1 Liter Harn eines an Peritonitis mit Darmverschluss leidenden Patienten die colossale Menge von 1.5 Grm. Tribromphenol. Wenn Salkowski an Hunden einen Darmverschluss k\u00fcnstlich durch Unterbindung herstellte, so wurde gleichfalls der vorher fast phenolfreie Harn relativ reich daran. Bildung so wie Ausscheidung von Phenol und Indol (resp. Indigo) haben also dieselbe Ursache: beide sind Darmf\u00e4ulnissproducte, erleiden Ver\u00e4nderungen in der Blutbahn und werden hierauf mit dem Harn entfernt.\nPathologisches ist \u00fcber den Pankreassaft nichts von Bedeutung zu berichten; L. Corvisart hielt daf\u00fcr, dass es eine Art von Duodenaldyspepsie g\u00e4be, die durch Mangel oder zu geringen Zufluss des Bauchspeichels bedingt werde. Der Gebrauch eines Pankreatinpr\u00e4parates w\u00e4re in dem Falle indicirt. In einem Falle von durch Narben bewirktem Verschl\u00fcsse des Pankreasganges, erweiterten G\u00e4ngen und Schwund der Dr\u00fcsensubstanz fand sich Harnstoff. Eingenommenes Jodkalium geht in den Pankreassaft \u00fcber.\n1\tSalkowski, Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 245 u. 246. 1S77.\n2\tIm. Munk, Ebenda VI. S. 137. 1S76.\n3\tSiebe dar\u00fcber auch die Arbeiten von Salkowski, Brieger, Nexcki, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 212. 1878.","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\nF\u00dcNFTES CAPITEL.\nDann, Vorg\u00e4nge darin, Excremente, Gase.\nI. Darmfeuchtigkeiten und deren Fermenthestand.\nBez\u00fcglich ihrer Lage im obersten Theil des Darms, dem Anfangst\u00fccke des Duodenums w\u00e4re der sog. BRUNNER\u2019schen Dr\u00fcsen zuerst zu gedenken. Sie sind acin\u00f6ser Structur, und werden von Gr\u00fctzner als \u00fcbereinstimmend mit den Pvlorusdr\u00fcsen des Magens\nv\to\nbetrachtet. Ein reines Secret kann man von ihnen nicht gewinnen, aber Budge und Krolow 1 haben die Dr\u00fcschen aus der Duodenum-muscularis vom Schwein, bei dem sie st\u00e4rker entwickelt sind, ab-pr\u00e4parirt und ein w\u00e4ssriges Infusum davon bereitet; dasselbe verwandelte St\u00e4rke in Dextrin und Zucker, l\u00f6ste Fibrin bei 35 \u00b0, aber nicht coagulirtes Eiweiss. Fett wurde weder emulgirt noch verseift. Costa1 2 hat die mit der Scheere isolirten BRUNNER\u2019schen Dr\u00fcsen mit Glycerin behandelt, und an dem Extract eine schwache (binnen 4 Stunden bei 400 eintretende) diastatische Wirkung, aber keine gegen Albumink\u00f6rper oder Fette beobachtet. Dagegen ist das Glycerin-extract besonders aus den Dr\u00fcsen vom Hund so dick und fadenziehend, dass Costa die BRUNNER\u2019schen Dr\u00fcsen vorz\u00fcglich als Schleim liefernde betrachtet. Essigs\u00e4ure f\u00e4llt das Glycerinextract. Gr\u00fctzner endlich gibt an, mit den BRUNNER\u2019schen Dr\u00fcsen Pepsinwirkung beobachtet zu haben.\nDen BRUNNER\u2019schen Dr\u00fcsen kann \u00fcbrigens schon wegen ihres beschr\u00e4nkten Auftretens kein maassgebender Einfluss bei der Verdauung zukommen. Die PAYER\u2019seken Dr\u00fcsen sind geschlossene Bl\u00e4schen. Es bleiben also noch die durch den D\u00fcnndarm und Dickdarm verbreiteten tubul\u00f6sen LiEBERK\u00fcHN\u2019schen Crypten. Sie participiren wahrscheinlich am meisten bei der Bildung des sog. Succus entericus. Costa 1. c. hat die Fermentwirkung derselben dadurch zu isoliren versucht, dass er nach dem Ausschneiden der BRUNNER\u2019schen Dr\u00fcsen die restirende Schleimhaut nahm, und sie mit Glycerin extrahirte; das erhaltene Glycerinextract zeigte dieselben Wirkungen wie das aus den BRUNNER\u2019schen Dr\u00fcsen, war aber ganz fl\u00fcssig und viel \u00e4rmer\n1\tIVrolow, Jahresber. d. gos. Med. 1870.1. S. 100.\n2\tCosta, Jahresber. d. Tbierehemie T. S. 225. 1871.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Darmfeuchtigkeiten.\n229\nan Mucin. Das Extract der LiEBERK\u00fciiN\u2019schen Dr\u00fcsen vom Dickdarm soll auch des diastatischen Fermentes entbehren.\nDie gesammte, aber immer nur geringe Menge von Feuchtigkeit die in einer von Nahrungsmitteln freien Darmschlinge zusammenl\u00e4uft, die also aus dem Secrete der genannten Dr\u00fcsenarten und der Ausschwitzung der Darmwand selbst besteht, heisst herk\u00f6mmlich Darm-saft oder Su ecus entericus, aber es ist schwer von einem Darmsaft zu sprechen, da immer wenig, oft nichts davon gewonnen werden konnte. Frerichs1 2 3 4 hat, um ihn kennen zu lernen, an Hunden und Katzen, die einige Zeit gehungert hatten, 4\u20148 Zoll lange Darmst\u00fccke durch vorsichtiges Streichen von etwa noch vorhandenem Darminhalt befreit, an 2 Stellen abgebunden, in die Bauchh\u00f6hle zur\u00fcckgebracht und nachdem 4-6 Stunden sp\u00e4ter die Tliiere get\u00f6dtet worden waren, den in der abgebundenen Schlinge vorfindlichen Saft genommen. Im Gegensatz zu Frerichs kamen Bidder & Schmidt (R. Zander) 2 bei dem beschriebenen Verfahren zu keinem Darmsaft, oder sie erhielten nur ein paar Tropfen, an denen h\u00f6chstens die Reaction auf Lakmus aber nichts weiter gepr\u00fcft werden konnte; desshalb versuchten sie als die Ersten durch Darmfisteln, die sie nach Art der Magenfisteln anlegten, gr\u00f6ssere Mengen von Secret zu gewinnen, konnten aber nat\u00fcrlich dabei nur ein Gemisch von Darmsaft mit Galle und Pankreassecret erhalten. In dieser Beziehung sehr viel vollkommener war die Operationsmethode die Thiry ;i unter C. Ludwig\u2019s Leitung ausdachte und ausf\u00fchrte. Nach ihr haben sp\u00e4ter noch viele Andere gearbeitet so Leube, Quincke und Paschutin, aber die Gewinnung merklicher Quantit\u00e4ten von Saft ist auch nach Thiry\u2019s Methode nicht immer gelungen.\nDem entsprechend sind die Angaben \u00fcber die Eigenschaften der Darmfeuchtigkeit verschieden, z. Th. einander entgegengesetzt. Frerichs fand den in den Darmschlingen angesammelten Saft glasig z\u00e4he, farblos, durchsichtig, von alkalischer Reaction. V\u00f6llig ebenso beschaffen fand Lehmann 4 einmal den Darmsaft aus dem Ileum eines mit mehreren Darmfisteln behafteten Mannes. Anders nimmt sich das aus, was aus TniRY\u2019schen Fisteln abtropft, am reichlichsten nach Anbringung mechanischer Reize. Thiry selbst beschreibt den Saft als d\u00fcnnfl\u00fcssig, opalisirend, hellweingelb von 1.01 spec. Gew. und stark alkalisch. Alcohol gibt darin volumin\u00f6se F\u00e4llung, ver-\n1\tFrerichs, Verdauung 111. l.Abth.\n2\tBidder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 260.\n3\tThiry, Sitzungsber. d. Wiener Acad. L. 1. Abtb. S. 77. 1865.\n4\tLehmann, Physiol. Chemie S. 97.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230 Maly, Chemie der Ycrdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Dann.\nd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure Tr\u00fcbung\u2019, die sieb in mehr S\u00e4ure l\u00f6st, bei weiterem Zusatz aber nochmals erscheint; Salpeters\u00e4ure und Essigs\u00e4ure in Verbindung mit Blutlaugensalz geben st\u00e4rkere F\u00e4llungen was auf Eiweiss zu beziehen ist; Mucin ist darin nicht vorhanden. Nach Leren 1 soll der Darmsaft sauer sein, doch hat vielleicht dabei schon Milchs\u00e4urebildung stattgefunden, lieber seine Bestandteile weiss man nur noch, dass Carbonate darin enthalten sind, da er mit S\u00e4uren aufbraust.\nThiky fand beim Hund 97.2\u201497.8 \u00b0(o Wasser also 2.8\u20142.2 % feste Stoffe, 0.7\u20141.2% Eiweiss und 0.7\u20140.9% Asche; Leube fand 0.8\u20142.7 % Eiweiss; Quincke 1.34\u20141.45 \u00b0/o feste Stoffe. Frerichs in dem nach seiner Methode erhaltenen Secret 2.27 \u00b0/o feste Stoffe und Schmidt & Zander in einem Galle und Pankreassecret haltigen Saft 3.46% feste Stoffe (Mensch). Bei der sp\u00e4ter noch zu erw\u00e4hnenden Darmfistelpatientin von Busch konnte man auf den mittelst eines Spiegels zug\u00e4nglichen W\u00e4nden nie Darmsaft an die Oberfl\u00e4che treten sehen; ein darauf gelegtes Lakmuspapier zeigte noch nach einiger Zeit trockene Stellen. An einer Probe Darmsaft dieser Frau fand Busch 3.8\u20147.4% feste Stoffe, was aber nur dadurch bestimmt werden konnte, dass Busch ein St\u00fcckchen gewogenen trockenen Schwamms durch die Fistel\u00f6ffnung einschob, einige Zeit liegen liess, ihn nun im angesaugten Zustande und dann nochmals nach dem Trocknen wog.\nDie verdauenden Wirkungen des nach Thiry erhaltenen Secretes sind von ihm und von Leube 2 mit \u00fcbereinstimmendem Resultate untersucht worden. St\u00e4rke wird nicht ver\u00e4ndert, auch nicht Kleister wenn er in das ausgeschaltete und zug\u00e4ngliche Darmst\u00fcck injicirt wird. Von Eiweissk\u00f6rpern wird rohes Fibrin im Darmsafte aufgel\u00f6st, w\u00e4hrend an Schnitten von geronnenem H\u00fchnereiweiss nicht die geringste Ver\u00e4nderung beobachtet wurde, und ebenso wenig am Muskelfleisch. Die L\u00f6sung des Fibrins geht ohne Quellung und stets langsam vor sich und das L\u00f6sungsverm\u00f6gen ist nicht unbedeutend. Neutralisirt man den Saft vorher, oder macht ihn sauer, so wird seine verdauende Kraft vernichtet; sie ist daher nicht auf Pepsin sondern auf ein pankreatinartiges Ferment zu beziehen. Das aus Fibrin gebildete Pepton fand Leube nicht wesentlich von Pepsin \u2014 oder Pankreaspepton verschieden. Leim beh\u00e4lt nach tagelanger Digestion mit Darmsaft seine Gelatinirbarkeit, und ebenso wenig ist\n1\tLerey. Jahresber. d. Tbiercbemie IV. S. 233. 1874.\n2\tIjE\u00fcbe, Jahresber. d. ges. Med. 1868.1. S. 97.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Dannfeuchtigkeiten. Fermente im Darm.\n231\neine Einwirkung auf Fette constatirbar. Rohrzucker wird invertirt und das bez\u00fcgliche Ferment scheint in den Flocken enthalten, die sich stets im Darmsafte finden; eine weitere Umwandlung zu Milchs\u00e4ure findet nicht statt. Deren will Einwirkung auf alle 3 Gruppen von Nahrungsstoffen beobachtet haben, ebenso Schiff l.\nAusser am reinen Darmsecret sind zur Feststellung des fermentativen Bestandes auch Versuche mit Glycerinausz\u00fcgen und mit w\u00e4ssrigen In fuse n zahlreich angestellt worden. Solche der er-steren Art liegen von v. Wittich und von Eichfiorst2 vor; nach ihnen zeigen die Glycerinausz\u00fcge des Kaninchendarms bei keiner Art von Reaction eine Wirkung auf Eiweissk\u00f6rper auch nicht auf Fibrin, aber eine m\u00e4ssige diastatische Wirkung kommt dem D\u00fcnndarmauszug zu, w\u00e4hrend dem Colonextract auch diese fehlt. Eine diastatische Wirkung beobachtete Paschutin3 wenn er den gewaschenen D\u00fcnndarm mit Glaspulver und Wasser zerrieb4, filtrirte und das Filtrat mit Kleister pr\u00fcfte, aber die Wirkung war nicht stark, etwa so wie die verd\u00fcnnter Speichell\u00f6sungen. Ja Paschutin hat auch bestimmt gezeigt, dass auf solche geringe diastatische Wirkungen des Darmsaftes \u00fcberhaupt kein Werth zu legen ist, denn wenn man in gleicher Weise Infusa aus der Schleimhaut der Trachea, der Harn-und Gallenblase, des Magens, Rectums und Oesofagus bereitet, so findet man sie alle mehr oder weniger wie verd\u00fcnnter Speichel wirkend, so dass die Darmmucosa vor ihnen nichts voraus hat. Selbst Gewebeinfusa zeigten sich Paschutin in diesem Sinne wirksam, und indem dies zu der von Bernard schon 1S5G ausgesprochenen, von Seegen & Kratschmer5 neuerdings wieder urgirten Ueberzeugung f\u00fchrt, dass alle eiweisshaltigen Substrate, wenn sie nur ein wenig l\u00f6sliches Eiweiss enthalten, oder sich auf einer Stufe beginnender Zersetzung befinden, wenigstens schwach diastatisch zu wirken verm\u00f6gen, so ist leicht zu ermessen, welcher Werth dem Suchen nach positiven erst nach Stunden eintretenden Zuckerproben zuzuschreiben ist. Nach Paschutin enth\u00e4lt die ganze D\u00fcnndarmschleimhaut aber nicht bei allen Thieren vom Pylorus bis zur Valvula Bauhini (an Infusen gepr\u00fcft) auch ein Ferment das Rohrzucker in Traubenzucker verwandelt. Durch F\u00e4llen des Infuses mit Collodium soll man das diastatische vom invertirenden Fermente theilweise trennen\n1\tSchiff. Jahresber. d. ges. Med. 1S6T. I. S. 155.\n2\tEichhorst. Jahresber. d. Thierchemie I. S. 198. 1S71.\n3\tPaschutin. Ebenda S. 304.\n4\tSolche Infusa hat zuerst Eberle dargestellt und gepr\u00fcft.\n5\tSeegen & Kratschmer, Jahresber. d. Thierchemie VII. S. 360. 1877.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\nk\u00f6nnen, indem das letztere vorwiegend mit dem Collodium niedergerissen wird, das erstere aber im Infuse bleibt. Noch durch eine zweite Methode hat Paschutin theilweise Trennung erreichen k\u00f6nnen ; l\u00e4sst man n\u00e4mlich durch ein nur aus Mucosa bestehendes St\u00fcck Darmrohr, von dem also die \u00e4usseren Schichten abgezogen worden sind unter einigem Druck Wasser filtriren, so zeigt sich die durchgesickerte Fl\u00fcssigkeit energisch auf Amylum nicht aber, oder nur sehr schwach auf Rohrzucker wirkend.\nAus allem geht hervor, dass die verdauenden Wirkungen der Darmfeuchtigkeiten weder nennenswerth sind, noch constant auftreten, und dass sie jedenfalls f\u00fcr das Verdauungsgesch\u00e4ft im Ganzen von sehr untergeordneter Bedeutung sind.\nII. Darmfeuclitigkeit innerhalb des Darms.\nWeniger die Secretwirkung isolirend, aber f\u00fcr den physiologischen Verdauungsvorgang lehrreicher, sind jene Versuche, bei denen nicht der aufgefangene Saft im Becherglase auf die Nahrungsmittel wirkte, sondern bei denen letztere in Darmschlingen von Thieren oder listelkranken Menschen gebracht und ihrer Ver\u00e4nderung unter-sucht wurden, nachdem daf\u00fcr gesorgt war, dass Galle und Pankreassaft ausgeschlossen waren. Abgesehen von der Bewegung ist in diesen Versuchen gegen\u00fcber denen, ausserhalb des K\u00f6rpers vor allem die Ber\u00fchrung mit der Darmwand, und der Zufluss von Schleim von Einfluss. Der Schleim kann dabei nicht v\u00f6llig ausgeschlossen werden, und er sowohl als die Schleimhaut k\u00f6nnen von fr\u00fcher her mit von oben herabgelangtem Fermente imbibirt sein, oder sie wirken vielleicht selbst als Fermente. Jedenfalls tindet dabei irgend ein die Verfl\u00fcssigung der Nahrungsstoffe beg\u00fcnstigendes Moment statt, denn die Verdauung, welche bei dieser Art von Versuchen an Kohlehydraten und besonders an Eiweissk\u00f6rpern beobachtet wurde, ist fast \u00fcbereinstimmend sehr viel bedeutender gewesen, als die am reinen Secrete TmRv\u2019scher Fisteln gefundene. Besonders (Zander) Bidder \u00e0 Schmidt1 haben in diesem Sinne experimentirt. Katzen wurde der Darm durch einen Schnitt ge\u00f6ffnet, in T\u00fclls\u00e4ckchen gef\u00fclltes und gewogenes coa-gulirtes H\u00fchnereiweiss oder frisches Fleisch\" eingef\u00fchrt und nach abw\u00e4rts geschoben, die Darm\u00f6fifnung durch Ligaturen geschlossen, die Thiere durch einige Zeit meist 6 Stunden sich \u00fcberlassen und dann get\u00f6dtet. Unterdessen waren die S\u00e4ckchen weiter, in maximo\n1 Bidder & Schmidt, Yerdauungss\u00e4fte S. 273; auch Zander, Ann. d. Chemie LXXIX. S. 313. 1851.","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Dannfeuchtigkeit innerhalb des Darms.\n233\nbis zur Mitte des D\u00fcnndarms ger\u00fcckt, und ihr Inhalt verkleinert. Das Eiweiss war \u00fcberdies weich und br\u00fcchig, das Fleisch blass und gelockert geworden, die Muskelfasern traten deutlich hervor, wie in stark gekochtem Fleische. Ohne Ausnahme zeigten die W\u00e4gungen in allen *21 Versuchen (19 an Katzen, 2 an Hunden) eine bedeutende Verringerung der Trockensubstanz, die von 18 bis 95 \u00b0/o schwankte, im Durchschnitt zwischen 60 und 70 \u00b0o betrug. Da die Thiere mindestens seit 24 Stunden n\u00fcchtern waren ; sich also in einem Zustande befanden, der f\u00fcr die Absonderung der Verdauungss\u00e4fte nicht g\u00fcnstig ist, von fr\u00fcher nur kleine Reste derselben im Darm gewesen sein k\u00f6nnen, so ist die Hauptsache der beobachteten Wirkung der Ber\u00fchrung mit der Darmwand zuzuschreiben. Dasselbe best\u00e4tigten K\u00f6lliker & M\u00fcller 1 gleichfalls nach Versuchen an Katzen. Als Bidder & Schmidt gleichgeartete Versuche mit dickem St\u00e4rkekleister anstellten, zeigte sich dieser in den Darmschlingen nach 3 Stunden in eine leichtfl\u00fcssige Masse verwandelt, in der durch Jod nur eine schwachbl\u00e4uliche F\u00e4rbung bewirkt wurde, w\u00e4hrend die TuOMMEi\u00fcsche Probe einen reichen Zuckergehalt nachwies. \u2014 Aehnliche Versuche liegen endlich noch von Schiff 2 vor.\nUnter den am Menschen durch \u00fcble Zuf\u00e4lle entstandenen und f\u00fcr das Studium der Darmvorg\u00e4nge ben\u00fctzten F\u00e4llen von D\u00fcnn-darmfisteln, ragt besonders der von Busch 3 beobachtete hervor. Eine Frau war von einem w\u00fcthenden Stier auf die H\u00f6rner genommen worden und trug eine Bauchwunde davon in der zwei Darmenden bloss lagen, das untere Ende des mit dem Magen und das obere Ende des mit dem After communicirenden St\u00fcckes. Durch die erstere rundliche Oeffnung floss der mit Galle gemischte Speisebrei des Magens mit Nakrungsbrocken vollst\u00e4ndig ab, so dass nichts davon in die durch eine Falte verschlossene zweite Oeffnung gelangen konnte, ln Folge des dadurch bewirkten Verlustes von Verdauungss\u00e4ften und der bei der hohen Lage der Fistel ungen\u00fcgenden Darmausn\u00fctzung verfiel die Kranke in einen Zustand skelettartiger Abmagerung. Um ihre Kr\u00e4fte zu heben, stopfte Busch in das untere Darmende, in das weder Magensaft, noch Galle oder Pankreassaft gelangen konnten, eiweissreiche Nahrungsmittel. Der Erfolg war \u00fcberraschend, denn von Tag zu Tag nahmen Kr\u00e4fte und K\u00f6rpervolumen zu, die Muskeln gewannen an Energie etc., und sp\u00e4ter gen\u00fcgte gew\u00f6hnliche Ern\u00e4hrung vom Munde aus. Dadurch allein schon zeigt dieser klinische Fall,\n1\tK\u00f6lliker & M\u00fcller, Canstatt's Jahresber. d. Med. 1S56. I. S. 68.\n2\tSchiff, Jahresber. d. ges. Med. 1867.1. S. 154.\n3\tBusch, Arch. f. pathol. Anat. XIV. S. 140. 1858.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\ndass innerhalb des D\u00fcnndarms Eiweissk\u00f6rper verdaut und in assi-milirbares K\u00f6rpereiweiss \u00fcbergef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. Busch hat aber auch w\u00e4hrend der Zeit, als die Ern\u00e4hrung per os eingeleitet war, die Methode von Bidder & Schmidt mit den T\u00fcllbeuteln bei jener Patientin in vielen Versuchen in Anwendung gebracht, indem durch ein Speculum das Darmende erweitert und die Beutel eingeschoben wurden. Die folgenden Zahlen bedeuten Procente der verdauten (gel\u00f6sten) Trockensubstanz.\nVon hartem Ei weis s das im Darm k\u00e4sig wurde, leicht in Kr\u00fcmeln zerstob, dabei durchdringend faulig und ammoniakalisch roch, wurden in 51 22 und 6x/2 Stunden 6.5 % und 35.4 % verdaut; von Fleisch, das matsch und weich und ebenfalls faulig geworden war, in \u00e4hnlichen Zeitr\u00e4umen 5.5 und 29.9%. Die verfl\u00fcssigte Menge differirte daher stark bei gleichen Verh\u00e4ltnissen. Von hartem bei 100\u00b0 getrocknetem Kleister wurden in 5% und 6 Stunden 38.5 und 63.5 % verfl\u00fcssigt; Busch fand den Darmsaft so stark auf St\u00e4rke wirkend, dass eine nicht zu grosse Menge der letzteren auf dem Wege von der Fistel bis zum After v\u00f6llig verschwand. Rohrzucker wurde nicht invertirt; Fett wurde nicht oder nur spurenweise zerlegt resp. resorbirt, denn auch nach kleindosiger Einbringung in die Fistel fand sich dasselbe im Stuhl in grossen Tropfen wieder.\nAndere weniger chemische Resultate liefernde Beobachtungen an menschlichen Darmfisteln sind die von Lossnitzer 1 und von Braune - an-gestellten.\nAus der Summe der vorerw\u00e4hnten Erfahrungen scheint auf den ersten Blick das Resultat hervorzugehen, dass gewisse Verdauungsvorg\u00e4nge im Darm keinesfalls zu untersch\u00e4tzen sind, ein Umstand, der wie sich an dem Falle von Busch zeigt, auch von praktischer Bedeutung werden kann. Wenn die Ausschwitzung aus den nach Thiry isolirten Darmst\u00fccken so geringe Verdauungsenergien gegen\u00fcber dem lebenden Darm selbst zeigt, so ist abgesehen von der schon erw\u00e4hnten Ber\u00fchrung mit der Mucosa vor allem daran zu er-erinnern, dass unter dem Einfl\u00fcsse der alkalischen Darmreaction sich sehr bald Eiweissf\u00e4ulniss (vorher S. 216) einstellen muss, ein Vorgang der offenbar auch in Busch\u2019s Falle beg\u00fcnstigt durch das Fehlen der Galle stattgefunden hat. Da die Eiweissf\u00e4ulniss in ihrem Anfangsstadium Pepton liefert, so muss sie auch beitragen dem K\u00f6rper Baumaterial zuzuf\u00fchren. Was dem Darmsaft daher an Fermenten fehlt, ersetzen die Bact\u00e9rien, f\u00fcr deren Entwicklung die erh\u00e4ltnisse (Fehlen des sauren Chymus) hier so g\u00fcnstig liegen. Da zu der Zeit, als Busch experimentirte, man noch nicht die sog. tryptische Verdauung von der Bacterienwirkung zu unterscheiden vermochte, so\n1\tLossnitzer, Canstatt\u2019s Jaliresber. cl. Med. 1864.1. S. 136.\n2\tBraune, Arch. f. pathol. Anat. 1860. XIX. S. 470.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Darmfeuchtigkeit innerhalb des Danus, Dickdarm.\n235\nwurde als Darmverdauung betrachtet, was nur Wirkung der Bact\u00e9rien war, die auch unter normalen Verh\u00e4ltnissen im Sinne \\on \\ eidauungs-fermenten mitwirken. Der Unterschied zwischen dem A 01 gange im normalen Darm und dem vom Zufluss der eigentlichen V erdauungs-s\u00e4fte ausgeschalteten besteht darin, dass im ersteren Enzymverdauung und Bacterienzerlegung ineinanderspielen, im letzteren die Bact\u00e9rien alles allein besorgen m\u00fcssen. In den Versuchen von Bidder & Schmidt sind F\u00e4ulnisserscheinungen im Darm nicht beobachtet woi-den, doch erkl\u00e4rt sich das Resultat dabei gen\u00fcgend aus von fr\u00fcher her in die Darmhaut imbibirten Enzymen.\nIII. Dickdarm.\nDie Verdauungskraft nimmt hier noch weiter ab und wird fast Null. Gr\u00f6ssere Mengen Saft kann man nicht gewinnen; der Glycerinauszug der Dickdarmmucosa ist wirkungslos. Durch Klystiere in den Darm von Hunden gebrachte eiweissreiche Nahrungsmittel k\u00f6nnen, wie J. Bauer 1 und Eichhorst 2 gezeigt haben, aufgesaugt werden, denn sie beobachteten Ansteigen des Harnstoffs im Harn. Dieselbe Procedur ben\u00fctzt Leube 3 zur Ern\u00e4hrung herabgekommener Kranker vom Mastdarm aus. Zwei klinische F\u00e4lle von widernat\u00fcrlichem After, die in neuerer Zeit beobachtet wurden, haben Aufschluss dar\u00fcber gegeben, welchen geringen Antheil das unterste Darmst\u00fcck f\u00fcr sich allein an den Verdauungsvorg\u00e4ngen nur noch zu nehmen vermag. Der eine von Czerny & Latschenberger 4 studirte Fall betraf einen Anus praeternat. der Flexura sigmoidea, mit vollst\u00e4ndiger Ausschaltung des bis zum nat\u00fcrlichen After circa 30 Ctm. langen nach oben hin vollst\u00e4ndig ausser Verbindung gesetzten Darmst\u00fccks; man konnte von oben her Nahrungsmittel einbringen, nach beliebiger Zeit per anum entleeren und mit Sp\u00fclwasser f\u00f6rmlich auswaschen. Ein mit coagulirtem Eiweiss gef\u00fcllter T\u00fcllbeutel der durch die Fistel-\u00f6ffnuns\u2019 eimreschoben war, aber erst nach 2 1 2 3 42 Monaten wieder zum Vorschein kam, enthielt noch das Eiweiss, das nur morsch geworden und mit Bact\u00e9rien durchsetzt war. Auch gel\u00f6stes Eiweiss zeigte nach dem Verweilen im Darm keine Ver\u00e4nderung, ebensowenig Fett. Gleich wirkungslos gegen Eiweiss und F ibrinfl\u00f6ckchen erwies sich etwas aus der Fistel gewonnener Darmschleim. Die zweite Dickdarm-\n1\tJ. Bauer, Ztscbr. f. Biologie 5 .\n2\tEichhorst. Jabresber. d. lkierehemie I. S. 201. 1 ST 1.\n3\tLeube, Ebenda IL S. 31S. 1S72.\n4\tCzerny & Latschenberger. Ebenda IV. S. 255. 1S74.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\nfistel welche M. Makkwald 1 studirte, lag* an der Uebergangsstelle des C\u00f6cums in das Colon ascend, mit ebenfalls vollst\u00e4ndiger Isolirung des unteren Darmst\u00fcckes. W\u00e4hrend nun auch der in diesem Falle gewonnene Schleim bei k\u00fcnstlichen Verdauungsversuchen vollst\u00e4ndig unwirksam auf St\u00e4rke, Fibrin und Hiihnereiweiss war, ergab die Untersuchung der Faeces, nachdem Fibrin und Eiweiss in die Oeff-nung eingestopft worden waren, neben unver\u00e4nderten Eiweissk\u00f6rpern die Bildung von Pepton, Leucin, Tyrosin, w\u00e4hrend anderseits aber auch ihr fauliger Geruch, das Auftreten von Indol und die Anwesenheit von Vibrionen auf Darmf\u00e4ulniss hinwiesen. Nach alle dem geht hervor, dass den unteren Darmabschnitten eine selbst\u00e4ndige Production von Fermenten nicht zukommt und keine Verdauung darin mehr stattfindet. Rasch den Darm von oben herab durcheilende Massen k\u00f6nnen nat\u00fcrlich ihr begonnenes Fermentirungswerk auch hier fortsetzen. Der Dickdarm seinerseits kann aber nur dadurch noch im Sinne eines Verdauungsapparates einen Antheil haben, dass Eiweiss-f\u00e4ulniss stattfindet, und damit noch eine Portion Eiweiss peptonisirt wird. Hingegen wird die Frage nach der Resorption im Mastdarm noch eine gewisse Wichtigkeit haben; sie ist von den zuletzt genannten Autoren studirt worden, aber hier nicht weiter zu er\u00f6rtern.\nIV. Darminlialt.\nDer Inhalt der oberen Darmpartien heisst Chymus; er ist ein Gemisch der Nahrungsmittel mit den Verdauungss\u00e4ften und den Ein-wirkungsproducten beider, besteht daher aus gel\u00f6sten, noch ungel\u00f6sten und unl\u00f6slichen Substanzen und aus Gasbl\u00e4schen. Die Reaction ist bald sauer, bald alkalisch, meist im Innern der Massen sauer, an der Darmwand alkalisch. Bei der complicirten und wechselnden Zusammensetzung der Massen ist ein klares chemisches Bild nicht zu geben, und Analysen davon, auch wenn sie vorl\u00e4gen, h\u00e4tten keinen Werth. Vom Magenchymus unterscheidet sich der D\u00fcnndarmchymus durch schon etwas consistentere und gleichf\u00f6rmigere Beschalfenheit, die gr\u00f6sseren Brocken verschwinden immer mehr, die Reaction wird minder sauer, die Fetttr\u00f6pfchen werden kleiner und emulgiren sich, und die Farbe wird braungelb oder gr\u00fcnbraun vom Gallenpigment.\nVon suspendirten K\u00f6rpern sind darin zu finden, gequollene Muskelfasern in verschiedenen Stadien des Zerfalls, gequollenes Bindegewebe, Knochen und Knorpelreste, leimiges Gewebe, elastische\n1 M. Markwald. Jahresber. d. Thiercbemie V. S. 169. 1875.","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Darminhalt.\n237\nFasern, Epithelien, Fetttropfen, St\u00e4rkek\u00f6rner, Chlorophyllk\u00f6rner, allerlei Pflanzengewebe, Scbleimpfr\u00f6pfe und -streifen, Galle-Eiweissniederschlag, gef\u00e4llte Fett- lind Gallens\u00e4uren, Kalkseifen, Cholesterin, G\u00e4hrungspilze und F\u00e4ulnissorganismen etc. Im w\u00e4ssrigen Auszug sind enthalten: durch Hitze und durch Essigs\u00e4ure f\u00e4llbare Ei weissk\u00f6rper, Pepton, Leim, Zuckerarten, Dextrine, Alkaliseifen, Lactate, Chloride, die Zerfallproducte der Pankreasverdauung, chol- und glyco-cholsaure Salze, Taurin, Gallenfarbstoffe, Hydrobilirubin, kohlensaure, essigsaure, buttersaure Salze, Ammonverbindungen und die S. 220 beschriebenen F\u00e4ulnissproducte der Eiweiss- und Leimsubstanzen.\nIn dem Maasse als der Darminhalt sich nach abw\u00e4rts w\u00e4lzt, wird er durch Resorption der ihn durchdringenden L\u00f6sung dickfl\u00fcssiger, breiig oder festweich, fett\u00e4rmer, in seinem Ansehen gleichf\u00f6rmiger, so dass die Verschiedenheit der verdauten Speisen immer weniger hervortritt, die alkalische Reaction nimmt zu, das Wasser-extract wird \u00e4rmer an R\u00fcckstand, der Geruch wird, indem die eigentlichen Enzymwirkungen zur\u00fcck-, die F\u00e4ulnissprocesse unter massenhafter Entwicklung von Bact\u00e9rien hervortreten, \u00fcbelriechend, faecal, und allm\u00e4hlich wird unter fortgesetzter Entziehung von Fl\u00fcssigkeit und L\u00f6slichem daraus der Koth. Sehr h\u00fcbsch hat Enderlin 1 am Hasen bez\u00fcglich der Aschenbestandtheile gezeigt, wie vom Duodenum herab durch den D\u00fcnndarm und Blinddarm zum Mastdarm die l\u00f6slichen Salze ab-, die wasserunl\u00f6slichen zunehmen.\nAus der Summe der im Darm vorgehenden, immer wieder sich gegenseitig beeinflussenden und daher als Ganzes nicht \u00fcbersehbaren Reihe von Processen l\u00e4sst sich einiges herausheben und als isolirter Process betrachten; anderseits kann man noch f\u00fcr mehrere Substanzen die entweder als Nahrungsmittel genossen, oder mit den Verdauungss\u00e4ften hinzugekommen sind, das Schicksal im Darm verfolgen.\nVieles davon ist schon fr\u00fcher an anderen Orten vorgekommen, und ich kann darauf verweisen; so 1. die Umwandlung der St\u00e4rke durch die diastatischen Fermente in l\u00f6sliche Kohlehydrate S. 21\u201431 und 113; 2. ihre Ver\u00e4nderung in der Milchs\u00e4ureg\u00e4hrung S. 115; 3. die St\u00f6rung des diastatischen Speichelfermentes durch die Magens\u00e4ure S. 33 ; 4. die Ver\u00e4nderung der Eiweissk\u00f6rper durch peptisches und trvptisches Enzym Cap. I und IV; 5. die gegenseitige Beeinflussung von Pepsin und Pankreatin und die des letzteren durch S\u00e4uren S. 216; 6. die Wirkung der Galle auf den sauren Magenchymus und das erste Schicksal der Gallens\u00e4uren S. 180; 7. die durch die Pankreasbac-\n1 Exderlin. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1S44.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\nterien bewirkte Eiweissf\u00e4ulniss und ihre Producte S. 222; die anti-f\u00e4ulnisswidrige Wirkung der Galle S. 183; 9. die Zerlegung der Fette im Darm S. 178.\nEs bleibt daher nur noch, da die Schicksale der Eiweissk\u00f6rper f\u00fcr den ganzen Darm erledigt sind, einiges \u00fcber die sp\u00e4teren Ver\u00e4nderungen der Kohlehydrate und \u00fcber die Reductionsvorg\u00e4nge im Darm zusammenzustellen.\nWenn Br\u00fccke1 Hunde mit St\u00e4rkekleister f\u00fctterte, und sie in Zeiten von 1\u20145 Stunden t\u00f6dtete, fand er im Magen sehr wenig, im D\u00fcnndarm aber immer Zucker, auch wenn kein solcher in der Nahrung enthalten war; dagegen fehlten hier l\u00f6sliche St\u00e4rke und Erythrodextrin ganz oder fast ganz, selbst dann, wenn noch betr\u00e4chtliche Mengen unver\u00e4nderter St\u00e4rke vorhanden waren. Dieser pl\u00f6tzliche Wechsel r\u00fchrt von dem Zuflusse des Pankreassecretes her, das in k\u00fcrzester Zeit die Umwandlung in Zucker (Maltose) vollbringt. Indem sp\u00e4ter auch noch die Ber\u00fchrung mit der Darmwand hinzukommt, setzt sich die Umwandlung der St\u00e4rke durch die ganze L\u00e4nge des Darmcanals fort, und handelt es sich wie beim Menschen gew\u00f6hnlich um gekochte St\u00e4rke, so sieht man sie in dem Verdauungscanal bis auf wenige Reste verschwinden; der l\u00f6sbare Inhalt der St\u00e4rkek\u00f6rner verliert sich, und die H\u00e4ute, der celluloseartige Rest geht in den Koth \u00fcber, Ayres 2. Die Verdauung der rohen St\u00e4rke z. B. bei den k\u00f6rnerfressenden V\u00f6geln kommt viel langsamer zu Stande; die St\u00e4rkek\u00f6rner zeigen straklige oder unregelm\u00e4ssige Spalten, verlieren dann ihre Reaction auf Jod. Aber selbst aus ganzen unzerkauten K\u00f6rnern werden, wenn sie den Darm passiren neben Eiweiss auch stickstofffreie N\u00e4hrstoffe also St\u00e4rke extrahirt, Weiske3. Von den gebildeten l\u00f6slichen Kohlehydraten wird ein grosser Theil, sofern er nicht fr\u00fcher zur Resorption gelangt, durch saure G\u00e4hrung in Milchs\u00e4ure resp. Lactate verwandelt, Gmelin 4, Lehmann 5 6, Riesenfeld f), eine S\u00e4ure von der vorz\u00fcglich die saure Reaction in den oberen D\u00fcnndarmpartien und auch im Innern des Dickdarminhaltes herr\u00fchrt. Lehmann hat den Duodenuminhalt frisch get\u00f6dteter gesunder Pferde in Alcohol fliessen lassen, und aus der heissflltrirten concentrirten Fl\u00fcssigkeit ein weisses k\u00f6rniges Sediment erhalten, das geradezu\n1\tBr\u00fccke, Sitzungsber. d. Wiener Acad. LXV. 1872. 3. Abth. und schon vorher S. 113.\n2\tAyres, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1855.1. S. 75.\n3\tWeiske, Jahresber. d. Thierchemie V. S. 175. 1875.\n4\tTiedemann & Gmelin, Verdauung I. S. 349.\n5\tLehmann, Physiol. Chemie S. 103.\n6\tRiesenfeld. Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1861.1. S. 120.","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Darminhalt.\n239\nmilchsaurer Kalk war, und so reichlich auftrat, dass es analysirt werden konnte. Die Milchs\u00e4urebildung geht jedenfalls durch den ganzen Darm fort und die gebildete Milchs\u00e4ure muss zu einem grossen Theil von den alkalischen Darms\u00e4ften neutralisirt werden, zumeist zu Natriumlactat ; ihr Wiedererscheinen im Dickdarm ist dort nicht als ein neuerliches Auftreten derselben zu betrachten, sondern als ein Wiedersichtbarwerden dadurch, dass die neutralisirenden alkalischen Secrete nicht mehr so reichlich wie im D\u00fcnndarm zufliessen. F\u00fcr die Bildung der Milchs\u00e4ure haben wir fr\u00fcher schon S. 116 zwei Ursachen kennen gelernt, das Labenzym Hammarsten\u2019s und das st\u00e4bchenf\u00f6rmige Milchs\u00e4ureferment Pasteur\u2019s. Sie w\u00fcrden gen\u00fcgen, denn das Milchs\u00e4ureferment scheint ungemein verbreitet und entwickelt sich rapid ; es ist schon erw\u00e4hnt, dass Magenschleimhaut mit Zuckerl\u00f6sung stehen gelassen, massenhaft Milchs\u00e4ure liefert, und Pankreas-infus \u2014 oder Dr\u00fcse s\u00e4uert, gleichfalls in kurzer Zeit den St\u00e4rkekleister. Neuestens z\u00e4hlt man auch die F\u00e4ulniss als ein Mittel auf, das die St\u00e4rke in ihren Process hineinreisst und Milchs\u00e4ure liefert; bringt man z. B. Amylum, Wasser, etwas faulendes Fibrin und kohlensauren Kalk zusammen, so wird Milchs\u00e4ure neben Butters\u00e4ure und Gasen gebildet. Falls hiebei nachweislich kein Milchs\u00e4ureferment auftritt, so w\u00e4re damit eine dritte Form f\u00fcr die Zerspaltung der Kohlenhydrate gefunden, die als Amylumf\u00e4ulniss neben die von Xexcki studirte Albuminpankreasf\u00e4ulniss zu stellen w\u00e4re. Ihre Existenz ist weiter zu pr\u00fcfen. Jedenfalls ist schon die Wirkung des Milchs\u00e4urefermentes intensiv und l\u00e4sst an Intensit\u00e4t die Eiweissf\u00e4ul-niss hinter sich, oder verhindert sie sogar. Das erscheint erw\u00e4hnens-werth. Wenn ich Magenmucosa mit Zuckerl\u00f6sung sich selbst bei Brut w\u00e4rme durch Tage \u00fcberliess, die Milchs\u00e4ure durch Soda in dem Maasse als sie entstand, s\u00e4ttigte, so ging der Process ohne Spur einer Eiweissf\u00e4ulniss so lange fort, bis aller Zucker zu Lactat ward. Nun erst zeigte sich und oft ziemlich pl\u00f6tzlich der intensive F\u00e4ul-nissgeruch, und die Zersetzung trat an die Eiweisssubstanzen und Leimk\u00f6rper der zugesetzten Haut heran. So lange der erste Process dauerte, konnte der letztere nicht aufkommen. Es ist kein Grund einzusehen, dass im lebenden Darm es nicht \u00e4hnlich sein sollte, und w\u00fcrde sich damit der Umstand erkl\u00e4ren, dass der Darminhalt der Fleischfresser ekelhafter riecht, intensivere Eiweissf\u00e4ulniss zeigt, als der der Herbivoren, welche ihr Eiweiss mit viel St\u00e4rke verd\u00fcnnt gemessen.\nEiner anderen Reihe von Processen im Darm, deren hier noch gedacht werden muss, sind die Reductions Vorg\u00e4nge. Schon","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240 Maly, Chemie der Yerdauungssafte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\ngelegentlich der Beschreibung der Pankreasf\u00e4ulniss ist vorgekommen, dass sich einerseits niedere fette S\u00e4uren also sauerstoffreiche K\u00f6rper und anderseits brennbare also sauerstofffreie Gase wie Wasserstoff und Sumpfgas bilden. Dies kann nicht anders sein, als dass, indem die Elemente des Wassers interveniren, einerseits Sauerstoff oder Hydroxyl gebunden, anderseits Wasserstoff gebunden oder frei wird. Der chemische dabei stattfindende Mechanismus bewegt sich haupts\u00e4chlich noch im Gebiete der Speculation, an der sich Hoppe-Seyler und besonders Nencki 1 betheiligt haben. Dass aber der dabei freiwerdende Wasserstoff im Momente seines Austrittes kr\u00e4ftige Reduc-tionen aus\u00fcben wird, ist selbstverst\u00e4ndlich. Ausser diesem Wasserstoff der den Albuminaten entstammt, ist noch eine zweite Quelle nasciren-den Wasserstoffs im Darm anzunehmen, und das ist die B utter-s\u00e4ureg\u00e4hrung. Unter ihr versteht man eine Art Fortsetzung, gleichsam ein zweites Stadium der Milchs\u00e4ureg\u00e4hrung. Versetzt man k\u00fcnstlich durch K\u00e4se oder ein \u00e4hnliches Ferment, Milchzucker, Rohrzucker oder ein anderes Kohlehydrat in Milchs\u00e4ureg\u00e4hrung, indem man zur Neutralisation der sich bildenden S\u00e4ure noch Kreide hinzusetzt, so gesteht nach 1\u2014IV2 Wochen die Masse zu einem krvstallini-schen Brei von Calciumlactat. Nun gen\u00fcgt ohne weiteres Hinzutluin, blosses Stehenlassen, dass sich der Brei wieder verfl\u00fcssigt, Kohlens\u00e4ure und Wasserstoff sich entwickeln und (g\u00e4krungs -) buttersaures Calcium sich bildet. Den Process pflegt man auszudr\u00fccken durch die empirische Gleichung : 2(63 Ih O3) = Ci //$ O2 -f- 2 CO2 -f- H\\.2 Pasteur hat ein Butters\u00e4ureferment beschrieben und nennt es Vibrio. Nach Fitz gibt es aber verschiedene Organismen, welche Butters\u00e4ure erzeugen. Jedenfalls ist die Berechtigung nicht von der Hand zu weisen, dass es im Darmcanal gleichfalls bei der Milchs\u00e4ureg\u00e4hrung nicht stehen bleibt, und dass die Butters\u00e4urebildung sich daran schliesst. Butters\u00e4ure selbst, dann ihre Homologen nach oben Propions\u00e4ure und Essigs\u00e4ure sind schon lange von Riesenfeld im Dick-darminhalt gefunden worden. Strenge beweisend ist das f\u00fcr die genannte Verg\u00e4hrung allerdings nicht, da dieselben S\u00e4uren auch den F\u00e4ulnissproducten des Eiweisses angeh\u00f6ren.1 2 3\nVon im Darm durch den nascirenden Wasserstoff bewirkten Re-ductionen ist die der Sulfate unter Bildung von Sulfiden und Schwe-\n1\tNencki, Jahresber. d. Thiercliemie VIII. S. 365. 1878.\n2\tPaschutin hat beide Gase nicht zu gleichem Volumen erhalten, wie es die Gleichung verlangt. Jahresber, d. Thierchemie III. S. 320. 1873.\n3\tUeber die in frischer, mit lauem Wasser bedeckter Leber stattfindende Butters\u00e4ureg\u00e4hrung siehe Liebig, Chem. Briefe. 4. Aufl. IL S. S4 und Pribram, Jahresber. d. Thierchemie VIII. S. 382. 1878.","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Excremente.\n241\nfelwasserstoff zu erw\u00e4hnen. Eine andere Reduction die uns das Verschwinden der nativen Gallenfarbstoffe, resp. der GMELiN\u2019schen Reaction im Faecesextract erkl\u00e4rt, ist die des Biliverdins und Bilirubins zu Hvdrobilirubin. Im Darme Neugeb orner, in dem noch keine Gase enthalten sind, ist auch noch kein Hvdrobilirubin vorhanden.\nY. Die Excremente.\nDie Consistenz der Excremente 1 wechselt nach der Raschheit oder Langsamkeit mit der der Darminhalt den Darmcanal durcheilt, daher die d\u00fcnnfl\u00fcssige Beschaffenheit der diarrhoischen St\u00fchle. Die normalen Menschenfaeces haben Wehsarg2 und Marcet3 untersucht. Sie sind bei gemischter Kost gelbbraun, bei Fleischkost viel dunkler bei Milchkost gelb. An der Luft wird die Farbe meist dunkler. Salpeters\u00e4ure bewirkt Rothf\u00e4rbung. Der Geruch ist je nach den Nahrungsmitteln und dem Individuum verschieden, er ist um so intensiver, je schneller die St\u00fchle erfolgen. Seine Ursache ist auf die Anwesenheit von Schwefelwasserstoff, Ammoniak und fl\u00fcchtige Basen und namentlich auch auf Indol und Skatol zu setzen. Bei Galleabschluss ist der Geruch ekelkaft aasartig. Die Reaction wechselt, ist aber oft sauer. Die Menge der in 24 St. entleerten Excremente betr\u00e4gt beim Menschen im Mittel 130 Grm. und ist nat\u00fcrlich grossen Schwankungen unterworfen.\nDie mikroskopische Untersuchung ergibt alle die schon beim Darminhalt erw\u00e4hnten morphologischen Elemente in weiter ver\u00e4ndertem oft wenig kenntlichem Zustande. Ebenso ist darin eine Collection jener Substanzen enthalten, die als Bestandtheile des Darminhaltes nachweisbar sind, nur mit der Modification, dass die l\u00f6slichen aufsaugbaren Stoffe in relativ geringerer Menge sich vorfinden. Substanzen, die nicht auch im Dickdarminhalte vork\u00e4men, finden sich in den Faeces nicht. Wenn wir daher von fr\u00fcher nicht besprochenen und hier erst n\u00e4her zu w\u00fcrdigenden Bestandtheilen Skatol und Excretin anf\u00fchren, so kommt dies daher, dass beide vorz\u00fcglich an den schon entleerten Excrementen sfudirt wurden.\nBehandelt man die Excremente mit Wasser, so erh\u00e4lt man roth-braune schwierig und tr\u00fcbe durchs Filter laufende Ausz\u00fcge, welche die Filter bald verstopfen und sich weiter unter Tr\u00fcbung zersetzen,\n1\tBez\u00fcglich der \u00e4lteren Angaben siehe Berzelius, Chemie S. 340; Lehmann, Physiol. Chemiell. S. 100.\n2\tWehsarg, Canstatt's Jahresber. d. Pharm. 1S53. II. S. 57.\n3\tMarcet, Ebenda 1S5S. II. S. 62.\t*\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\t16","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"212 Maly, Chemie der Verdauung u. Verdauungss\u00e4fte. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\nso dass der Gehalt an l\u00f6slichen Stoffen schwierig genau sich feststellen l\u00e4sst; Schleim ist immer, etwas Eiweiss mitunter darin enthalten, dann noch die l\u00f6slichen organischen und anorganischen Salze und Taurin. Extracte mit Alkohol und Aether lassen sich leichter hersteilen, von ihnen enth\u00e4lt das erstere Excretin, Farbstoffe und die f\u00e4culent riechenden Stoffe, der Aetherauszug vorz\u00fcglich Fett, Cholesterin, Indol.\nVon Gallens\u00e4uren ist im w\u00e4ssrigen Extract normaler Menschenfaeces durch die Pettexkofer sehe Reaction, wenn die Massen nicht zu schnell den Darm durcheilen, gew\u00f6hnlich nichts mehr zu finden. Aber im Hundekoth konnte Hoppe-Seyler1 Chols\u00e4ure nackweisen, die zwar in den meisten Eigenschaften mit der durch k\u00fcnstliche Spaltung aus Glycochols\u00e4ure erhaltenen \u00fcbereinstimmte, aber ein anderes Drehungsverm\u00f6gen besass. Sie stammt von der leicht zersetzbaren Taurochols\u00e4ure, die allein in der Hundegalle enthalten ist. Aus Kuhkoth konnte neben Chols\u00e4ure auch noch etwas unver\u00e4nderte Glycochols\u00e4ure extrahirt werden. Jedenfalls erscheint aber, wie Bidder & Schmidt am Hundekoth zeigten, \u00fcberhaupt nur ein kleiner Theil der Gallens\u00e4uren in den Faeces wieder.2 Das bei der Darmf\u00e4ulniss abgespaltene Taurin w\u00e4re bei seiner ausserordentlichen Widerstandsf\u00e4higkeit unver\u00e4ndert in den Excrementen zu erwarten, doch findet sich nur wenig davon vor, wahrscheinlich weil der Rest resorbirt wird, siehe S. 147. Drechsel3 suchte dessen Menge in den eigenen Faeces dadurch zu bestimmen, dass er eine Portion mit Salzs\u00e4ure und chlorsaurem Kali 10\u201412 Stunden kochte und die Fl\u00fcssigkeit mit Chlorbaryum f\u00e4llte, und eine zweite Portion mit Salpeter und kohlensaurem Kalium verschmolz und darin ebenfalls die Schwefels\u00e4ure bestimmte. Das Plus an Schwefels\u00e4ure in der zweiten Portion wurde auf Kosten des Taurinschwefels gesetzt. Aus Dressler\u2019s Zahlen ergab sich, dass im Mittel t\u00e4glich 0.32 Grm. Taurin durch den Stuhl entleert wurden. \u2014 Glycocoll ist meines Wissens in den Faeces nicht gefunden worden.\nGallenfarbstoffe, wenigstens Bilirubin und Biliverdin sind, wie das Versagen der GMELiN\u2019schen Reaction zeigt, in den Faeces meist nicht mehr enthalten, aber ausnahmsweise ist wenigstens Biliverdin darin zu beobachten (Lehmann4). Der meiste Gallenfarbstoff tritt beim Menschen in Hydrobilirubin umgewandelt auf; Vanlair &\n1\tHoppe-Seyler, Arch. f. pathol. Anat. XXVI. S. 519. 1863.\n2\tBilder & Schmidt, Verdauungss\u00e4fte S. 217.\n3\tDrechsel, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1865.1. S. 227.\n4\tLehmann, Physiol. Chemie II. S. 119.","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Excremente.\n243\nMasius1 zeigten zuerst, dass im verd\u00fcnnten Alkokolextract der Faeces ein dunkler Absorptionsstreifen zwischen I) und F erscheint und nannten die Ursache desselben Stercobilin; Jaff\u00e92 erkannte, dass das Stercobilin nichts anderes als Urobilin (Hydrobilirubin) ist, und ich3 habe dasselbe best\u00e4tigt und seine directe Abstammung vom Bilirubin durch den nascirenden Wasserstoff im Darm verst\u00e4ndlich gemacht. Siehe auch vorher S. 161.\nCholesterin scheint stets enthalten zu sein, und stammt theils von dem mit der Galle ausgeschiedenen, theils von dem mit den Nahrungsmitteln in den Darm gebrachten Cholesterin. Dass es daselbst eine Ver\u00e4nderung erleidet ist bei seiner chemischen Indifferenz unwahrscheinlich. Flint\u2019s4 5 angeblich im Darm gefundenes Stercorin ist wohl auch nur Cholesterin.\nFett ist im Aetherauszug der Faeces zu finden, aber nicht rein und frei von Faecalstoffen darzustellen. Bei fettreicher Nahrung findet es sich reichlicher als bei fettarmer, aber das extrahirbare Fett ist dem genossenen nicht identisch, denn Ole'm ist verdaulicher, wird also zur\u00fccktreten gegen\u00fcber Palmitin und Stearin, doch fehlen dar\u00fcber bestimmte \u2019Untersuchungen. Die Faeces s\u00e4ugender Kinder sind fettreicher als die Erwachsener. F\u00fcr manche Krankheiten, so Con-sumptionskrankheiten und f\u00fcr Diabetes ist auch reichlicherer Fettgehalt der Faeces besonders an einem mehr margarin\u00e4hnlichen festen Fett angegeben worden, soll aber nach Lehmann nicht constant sein. Berthe 5 schied im t\u00e4glichen Koth, wenn er 350 Grm. Fleisch, 500 Brot, 400 Wein, 60 Fett und 100 Grm. Fr\u00fcchte ass, 7\u20148 Grm. Fett aus. Wenn er ausserdem noch ein Fett in t\u00e4glichen Dosen von 30 bis 60 Grm. zusetzte, stieg die ausgeschiedene Fettmenge allm\u00e4hlich an, betrug z. B. nach dem Genuss von 60 Grm. Fischthran am 1. Tage noch 8, am 7. Tage 12, am 12. Tage 18, am 20. Tage 22, am 30. Tage 49 Grm. Bei l\u00e4ngerem Fettgenuss liess also die Assimilation nach und der Fettgehalt der Faeces stieg.\u2014 Erdsalze der fetten S\u00e4uren sind immer vorhanden; wenn man die trockenen Faeces mit Alkohol und Aether ersch\u00f6pft hat und dann mit anges\u00e4uertem Alkohol heiss behandelt, gehen die gebunden gewesenen Fetts\u00e4uren in ihn \u00fcber. \u2014 Lecithin scheint h\u00f6chstens in Spuren vorhanden zu sein.\n1\tVaxlair & Masius, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 229. 1871.\n2\tJaff\u00e9, Ebenda I. S. 230. 1871.\n3\tMalt, Ebenda IL S. 237. 1872.\n4\tFlint, Jahresber. d. ges. Med. 1S6S. I. S. 97.\n5\tBerthe, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1850.1. S. 69.\n16*","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\nDie fl\u00fcchtigen Bestancltheile der Menschenexcremente hat Brieger1 2 untersucht; destillirt man nach Zusatz von etwas Schwefels\u00e4ure und neutralisirt das Destillat mit Soda, so schiesst bei einiger Concentration essigsaures Natron an; die Mutterlauge davon gibt mit Schwefels\u00e4ure versetzt \u00f6lige Fetts\u00e4uren, unter denen Isobutt er s\u00e4ure bestimmt nachgewiesen werden konnte. Von nichtsauren K\u00f6rpern sind im Destillate noch Indol und Skatol enthalten; beide gehen, wenn man mit Essigs\u00e4ure destillirt und das Destillat mit Soda s\u00e4ttigt, beim Sch\u00fctteln mit Aether in diesen \u00fcber.\nChlorophyll hat Chautard 2 spectroskopisch in den Faeces gefunden.\nVon anorganischen Bestandtheilen machen die Hauptmasse die phosphorsauren Erden aus, w\u00e4hrend die l\u00f6slichen Salze sehr zur\u00fcck treten. Phosphorsaure Ammonium-Magnesia ist in Kry-st\u00e4llchen nachweisbar.\nDie Faeces der S\u00e4uglinge fand Wegscheider3 sauer, eigelb bis gr\u00fcngelb. Pepton war wenig, eigentliches Eiweiss nicht vorhanden. Aus dem Fett konnten Oels\u00e4ure und feste Fetts\u00e4uren mit den Schmelzpunkten 37\u201447\u00b0 erhalten werden. Unver\u00e4nderte Gallenfarbstoffe, Hydrobilirubin und Cholals\u00e4ure waren vorhanden, Leucin und Tyrosin konnten nicht gefunden werden. Die saure Reaction war durch Milchs\u00e4ure und fl\u00fcchtige Fetts\u00e4uren bedingt.\nSkatol.\nIst von Brieger4 und Nencki5 entdeckt und macht neben dem ihm \u00e4hnlichen Indol einen characteristischen Riechstoff der Faeces aus. Zur Darstellung werden 5\u20146 Kilo Faeces mit 8 Liter Wasser und 200 C.-C. Essigs\u00e4ure destillirt, das Destillat mit Natron neutralisirt, mit Aether gesch\u00fcttelt und der Aether verdunstet, wobei ein geringer \u00f6liger R\u00fcckstand bleibt, der beim Stehen an der Luft meist krystalli-nisch erstarrt. Mit wenig Wasser gekocht und erkalten gelassen, krystallisirt das Skatol {to o/cnog Koth) sckneeweiss aus. Vortheil-haft und frei von Indol l\u00e4sst sich Skatol auch durch Pankreasf\u00e4ul-niss gewinnen; man l\u00e4sst 2 Kilo Pankreas und V2 Kilo Fleisch mit 8 Liter Wasser 5 Monate lang faulen, setzt dann Essigs\u00e4ure zu, destillirt und f\u00e4llt das mit den Wasserd\u00e4mpfen ins Destillat \u00fcbergehende\n1\tBrieger, Jahresber. d. ThierclieiiLie VII. S. 287. 1877.\n2\tChautard, Ebenda III. S. 179. 1879.\n3\tWegscheider, Ebenda VI. S. 182. 1876.\n4\tBrieger, Ebenda VIL S. 287. 1S77.\n5\tNencki, Ebenda VIII. S. 84 u. 257. 1S7S","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Excremente ; Skatol und Excretin.\n245\nSkatol nach dem Ans\u00e4uern mit Salzs\u00e4ure mittelst Pikrins\u00e4ure aus. Die abfiltrirten sch\u00f6n rothen Nadeln der Pikrins\u00e4ure-Verbindung werden mit Ammoniak der Destillation unterworfen, wobei das Skatol \u00fcbergeht. Obige Materialmengen gaben Nencki 0.3 Grm. chemisch reines Pr\u00e4parat; Indol fehlt bei so langer F\u00e4ulnissdauer, w\u00e4hrend umgekehrt wenn die F\u00e4ulniss nur 4\u20145 Tage dauert, bloss Indol und kein Skatol erhalten wird, siehe auch vorher S. 224. Ferner hat Nencki noch gezeigt, dass beim Verschmelzen der Eiweissk\u00f6rper mit Kalihydrat, wobei die Temperatur nicht zu hoch steigen darf (260 bis 290 0 C.) neben Indol ebenfalls Skatol sich bildet. Durch mehrfaches Umkrystallisiren kann man das in Wasser leichter l\u00f6sliche Indol vom Skatol, jedoch unter Verlust trennen. Die Ausbeute ist in allen F\u00e4llen gering.\nDas aus kochendem Wasser beim Erkalten sich ausscheidende Skatol bildet unregelm\u00e4ssig gez\u00e4hnelte, gl\u00e4nzende indol\u00e4hnliche Bl\u00e4ttchen, besitzt einen sehr \u00fcblen f\u00e4calen Geruch, schmilzt bei 93.5 bis 95 0 C. l\u00f6st sich in Wasser etwas schwerer als Indol und unterscheidet sich von diesem dadurch, dass es von Chlorwasser nicht gef\u00e4rbt wird und mit rauchender Salpeters\u00e4ure keinen rothen Niederschlag, sondern eine weisse Tr\u00fcbung bildet. Vom ebenfalls \u00e4hnlich duftenden Naphtylamin unterscheidet es sich durch Schmelzpunkt, Krystallform und den Mangel einer Reaction mit Silbernitrat. Das Skatol ist stickstoffhaltig, seine Formel wahrscheinlich Co/AkV.\nHundefaeces geben kein Skatol, auch in Typhusst\u00fchlen war es nicht zu linden. Kaninchen unter die Haut gespritzt, geht es als farbstoffliefernde Substanz in den Harn \u00fcber; schon 5 Stunden nach der Injection gibt der Harn mit roher Salzs\u00e4ure eine violettrothe Farbe\nExcretin.\nEinen eigenthitmlichen Stoff, dessen chemische Verh\u00e4ltnisse noch sehr unklar sind, hat Marcet 1 aus Menschenexcrementen abgeschieden und Excretin genannt. Seine Darstellung wird wie folgt beschrieben : man zieht die frischen Excremente mit siedendem Alkohol wiederholt aus, giesst den Alkohol ab, l\u00e4sst ihn zur Kl\u00e4rung 12 Stunden stehen, decantirt von dem aus Erdseifen bestehenden Niederschlag, setzt nun zur alkoholischen Fl\u00fcssigkeit etwas dicke Kalkmilch und ein der Fl\u00fcssigkeit gleiches Volumen Wasser und sch\u00fcttelt durch. Nach einigen Stunden filtrirt man den Niederschlag, w\u00e4scht, trocknet und extrahirt ihn mit \u00e4therhaltigem Alkohol wiederholte\n1 M\\rcet, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1S54. II. S. 51, 1S58. II. S. 61.","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm\nMale. Aus den so erhaltenen vereinigten L\u00f6sungen krystallisirt das Exeretin binnen 1\u20142 Tagen in Bl\u00e4ttchen oder zu B\u00fcscheln vereinigten Nadeln. Es ist unl\u00f6slich in kaltem und keissem Wasser, gibt beim Kochen mit Wasser eine gelblich harzige Masse, l\u00f6st sich leicht in heissem Alkohol, sehr leicht in heissem und kaltem Aether und reagirt neutral. Am Platinblech verbrennt es mit aromatischem Geruch. Die Krystalle schmelzen zwischen 92 und 96 0 C. Laugen, selbst kochende, und S\u00e4uren greifen es nicht an, aber Salpeters\u00e4ure oxydirt es. Demnach hat das Exeretin einige Aehnlichkeiten mit Stearin und mit Cholesterin. In anderen als menschlichen Excrementen konnte Marcet den K\u00f6rper nicht finden, ebenso wenig in thierischen Geweben. Marcet hielt das Exeretin auch f\u00fcr S- und A-haltig und gab ihm die Formel GsT/is\u00dfAG, aber Hinterberger1 bekam nach 4\u20145 maligem Umkrystallisiren des nach Marcet dargestellten K\u00f6rpers aus Alkohol von 95% und nach Zusatz von Thierkohle ein Schwefel- und stickstofffreies Pr\u00e4parat, dessen Elementarzusammensetzung zu Go TAe 0 stimmte , was der des Cholesterins ziemlich nahe steht. Doch unterscheidet es sich von letzterem durch geringere L\u00f6slichkeit in Eisessig und die Krystallgestalt, denn das Exeretin bildet kugelige Massen. Durch Behandlung mit Brom erhielt Hinterberger Dibromexcretin GoH^Br-i0. Der F\u00e4ulniss scheint Exeretin sehr zu widerstehen; seine Herkunft ist v\u00f6llig unbekannt.\nExcreto lins\u00e4 ure nennt Marcet einen \u00f6lartigen Stoff von F\u00e4cal-geruch, der gleichfalls im oben beschriebenen Kalkniederschlag enthalten sein soll. Es ist dar\u00fcber nichts sicheres bekannt.\nAnalysen der Faeces in Bausch und Bogen haben kaum einen Werth, denn je nach der Nahrung, dem Zufluss der Verdauungss\u00e4fte und der Dauer des Aufenthalts im Darm muss die Zusammensetzung so wechseln, dass man nur f\u00fcr dasselbe Individuum bei derselben Kost allenfalls brauchbare Mittelwerthe, im Allgemeinen aber auch diese nicht erhalten kann. Folgende Maxima und Minima hat Wehsarg bei zahlreichen Bestimmungen gefunden:\nWasser und andere bei 120\u00b0 fl\u00fcchtige Stoffe 82.6\u201468.3 %\nBei 120\u00b0 getrockneter R\u00fcckstand .... 17.4\u201431.7 %\nDie absolute Quantit\u00e4t der in 24 Stunden entleerten festen Stoffe betr\u00e4gt circa 30 Grm., und schwankt von 16 \u2014 57 Grm.; die Menge der im Stuhl enthaltenen unverdauten Stoffe zwischen 0.8 und 8.2 Grm. Auf den trockenen Faecesr\u00fcckstand berechnet betrug:\ndas Aetherextract (vorz\u00fcglich Fett) im Mittel 11.5%2\n\u201e Alkoholextract.................\u00bb\t\u00bb\t15.6%\n\u201e Wasserextract..................\u201e\tn\t20.0 %\n1\tHinterberger. Jahresber. d. Thierchemie II. S.40. 1872.\n2\tMinimum 8.5%, Maximum 58.2%.","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Excremente ; Skatol und Excretin.\n247\nBerzelius fand bei einer von ihm 1 ausgef\u00fchrten Analyse auch 0.9 % Albumin. In den Faeces von S\u00e4uglingen, die mit menschlicher Milch gen\u00e4hrt waren, fand Wegscheider Wasser .\t.85.1\nOrganisches. 13.7 Asche. .\t.\t1.1\nWegscheider\u2019s Arbeit enth\u00e4lt auch analytisches Material \u00fcber die organischen Stoffe der Kinderfaeces worauf ich verweise.2\nDie anorganischen Bestandtlieile der Faeces sind nach Enderlin 3 :\nf 1.37 Kochsalz u. Schwefels. Na in Wasser\tl\u00f6slich\tj\t2.63\tphosphorsaures Na\n/\t80.37\tphosphorsaure Erden\nI\t2.09\tphosphorsaures Eisen\nin Wasser\tunl\u00f6sl.\t.\t4.53\tschwefelsaurer\tKalk\n\\\t7.94\tKiesels\u00e4ure\nZwei weitere Aschenanalysen sind von Porter4 5 und Fleitmann0. Ersterer fand in den Faeces im Mittel 6.7 % Asche; die Asche der Faeces von 4 Tagen wog 11.47 Grm. Beide zeigen, dass die normalen festen Ex-cremente nur wenig l\u00f6sliche Salze enthalten.\nPorter. Fleitmann.\n18.49 \u00b0/o 0.75 21.36 10.67 2.09 30.9S 1.13 1.05 0.58\nKali\t\t\t6.10 \u00b0/o\nNatron\t\t5.07\nKalk\t\t26.46\nAlagnesia\t\t10.54\nEisenoxyd\t\t2.50\n,\tj Phosphors\u00e4ure . ? %\t< Schwefels\u00e4ure . Anhvdr-\\ Kohlens\u00e4ure .\t36.03\n\t3.13 5.07\nKochsalz\t\t4.33\nKiesels\u00e4ure\t\t\u2014\nSand\t\t\u2014\n4.00\n94.93\nDie Faecesasche von s\u00e4ugenden Kindern enth\u00e4lt Kohlens\u00e4ure, Schwefels\u00e4ure und Chloralkalien, aber wenig Erdphosphate. \u2014 -\nMeconium. Der von neugebornen Kindern vor dem ersten S\u00e4ugen ausgestossene Darminhalt enth\u00e4lt vielfach mikroskopische Elemente, die J. Davy6 7 beschreibt; die Analyse ergab ihm 72.7 Wasser, 23.6 Schleim und Epithelien, 0.7 Cholesterin und Margarin, 3.0 Gallenstoffe und Olein. Zweifel 7 fand 80 Wasser, 1 Asche, 0.77 Fett, 0,79 Cholesterin. Die Asche des Meconiums ist reich an Eisenoxyd, mitunter davon r\u00f6thlich\n1\tBerzelius. Chemie S. 345.\n2\tJahresber. d. Thierchemie AT. S. 183. 1876.\n3\tEnderlin, Ann. d. Chemie XLIX. S. 335. 1844.\n4\tPorter, Ebenda LXXI. S. 109. 1849.\n5\tFleitmann, Ann. d. Physik LXXA I. S. 356.\n6\tJ. Davy, Canstatt's Jahresber. d. Med. 1844.1. S. 124.\n7\tZweifel, Arch. f. Gyn\u00e4kol. A II. S. 474. 1875.","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248 Malt, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Dann.\ngef\u00e4rbt, ausserdem enth\u00e4lt sie viele Schwefels\u00e4ure Salze (bald als Gyps, bald als Natriumsulfat). Wesentlich das Meconium von den Faeces unterscheidend ist des ersteren grosser Gehalt an unver\u00e4nderten Gallenstoffen, sowohl Gallens\u00e4uren als Gallenfarbstoffen, ein Vorkommen, das auch bei der gerichtlich - chemischen Constatirung von Meconiumflecken von Belang ist. So ist noch unver\u00e4nderte Taurochols\u00e4ure darin gefunden worden, dann Bilirubin so wie Biliverdin, w\u00e4hrend Hydrobilirubin nach Zweifel darin fehlt, was insoferne wichtig ist, als es anzeigt, dass jene reducirenden G\u00e4hrungs- oder F\u00e4ulnissprocesse, welche im Darm des Nahrungsmittel zu sich nehmenden Menschen Vorkommen, dem des Foetus noch fehlen. Hoppe-Seyler fand das Meconium sogar so reich an Bilirubin, dass er es zur Gewinnung von Farbstoff benutzen konnte, und erhielt aus Kalbsmeconium ungef\u00e4hr 1 \u00b0,o Bilirubin durch F\u00e4llen des Chloroformauszugs mit Alkohol. Auch Biliverdin ist reichlich vorhanden. Daher gibt das Meconium immer die GMELm\u2019sche Reaction, was bei den Faeces in der Regel nicht der Fall ist. Ausserdem sind noch gefunden Cholesterin, eine in Aether schwerer l\u00f6sliche damit \u00e4hnliche Substanz, fluchtige und nicht fl\u00fcchtige Fetts\u00e4uren.\nVon den Excrem en ten der Thier e sind die besonders der Haus-s\u00e4ugethiere zum Zwecke der Erforschung der Futterausn\u00fctzung von Seite landwirtschaftlicher Chemiker ungemein oft Gegenstand der Analyse gewesen, worauf aber hier nicht einzugehen ist. Die Kothasche der Herbi-voren ist in Folge des Kiesels\u00e4uregehaltes der Gramineen sehr reich an Kiesels\u00e4ure (bis \u00fcber 62 0 o der Asche), aber \u00e4rmer an Phosphors\u00e4ure und Erden als die der Menschen. Ausf\u00fchrliche Aschenanalysen liegen von Rogers 1 und Anderen vor. Hundekothanalysen enthalten an manchen Stellen die in der Zeitschrift f\u00fcr Biologie niedergelegten Stoffwechselversuche; die Faeces der Flederm\u00e4use sind von Popp'1 2, die des Schweins von Heiden und Voigt3 untersucht worden.\nPathologisches. Was \u00fcber die Dejectionen von Kranken namentlich in fr\u00fcheren Jahren publicirt wurde, ist dem Volumen nach nicht unbedeutend, kann aber hier gleichfalls nur cursorisch behandelt werden.4 Ueber Cholerast\u00fchle und jene bei Diarrhoe handeln besonders C. Schmidt 5, dann Simon (1. c.), G\u00fcterbock 6 7 8, Ihering 7 und \u00fcber jene nach dem Gebrauch von Purgantien RadziejewskiS Abgesehen vom grossen Wassergehalt finden sich in solchen St\u00fchlen die Salze vermehrt (Kochsalz sowohl als auch Kaliverbindungen), Eiweiss tritt in wechselnder bei Dysenterie reichlicher Menge auf, Epithelien finden sich oft massenhaft. Die Cholerast\u00fchle f\u00e4rben sich mit Salpeters\u00e4ure rosenroth. Die Typhusst\u00fchle sind oft sehr\n1\tRogers, Ann. d. Chemie LXV. S. 85.1848.\n2\tPopp, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 206. 1871.\n3\tVoigt, Ebenda VI. S. 185. 1876.\n4\tSiehe unter anderem Simon, Handb. d. med. Chemie II. S. 491. Berlin 1842, und Lehmann, Physiol. Chemie II. S. 118\u2014 124.\n5\tC. Schmidt, Charakteristik der epidemischen Cholera etc. Leipzig u. Mitau\n1850.\n6\tG\u00fcterbock, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1849. S. 198.\n7\tIhering, Ebenda 1853. IL S. 82.\n8\tRadziejewski. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1870. S. 43.","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Excremente ; Skatol und Excretin. Gase.\n249\nreich an krystallinischer phosphorsaurer Ammonmagnesia (bis zu 14 % des trockenen Kotlis) Simon1 2. Nach dem Gebrauch von Eisenpr\u00e4paraten erscheinen die Faeces schw\u00e4rzlich von gebildetem Schwefeleisen, nach dem Gebrauche von Calomel gr\u00fcn, welche F\u00e4rbung sowohl durch Beimischung des schwarzen Quecksilbersulftirs zum braunen Stuhl als auch durch Biliverdin bedingt zu sein scheint (Lehmann 1. c., Gold. Bird\nDarmconcremente sind beim Menschen seltener, beim Pferde h\u00e4ufiger und oft mehrere Kilo schwer. Der Hauptbestandtheil der letzteren ist Ammoniummagnesiumphosphat. In solchen von Menschen ist auch noch Calciumphosphat, Pflanzenzellstoff und Fett in grossem Proportionen gefunden worden. Einige Analysen sind zusammengestellt in Gorup-Besanez 3, andere neuere sind von Stark4, Kre\u00fcsler5 6 7 8, K\u00f6nig0, Roster \".\nVI. Die Gase des Verdauungssclilauclies.\nDie im Verdauungscanal enthaltenen Gase setzen sich zusammen aus der verschluckten oder aspirirten Luft und den darin selbst durch G\u00e4hrungsprocesse und F\u00e4ulniss erzeugten Gasen. Je weiter nach abw\u00e4rts, um so mehr verschwindet der Sauerstoff und im D\u00fcnndarm ist sein Gehalt schon sehr gering, im Dickdarm fehlt er ganz. Entsprechend w\u00e4chst der Gehalt an Kohlens\u00e4ure und den brennbaren Gasen. Sumpfgas kommt nur in den Darmgasen des Menschen, nicht denen der Thiere vor. Im Darmcanal todtgebomer Kinder sind noch keine Gase enthalten.\nUnsere Kenntnisse \u00fcber die Zusammensetzung der Darmgase beschr\u00e4nken sich vorz\u00fcglich auf die von Planer s und die von R\u00fcge 9 10 angef\u00fchrten Analysen L0, Ersterer hat Hunde mit einer bestimmten Nahrung gef\u00fcttert, sie get\u00f6dtet, einzelne Darmabschnitte abgebunden und das enthaltene Gas \u00fcber Quecksilber aufgefangen. Gleichzeitig wurden mit dem breiigen Inhalte der Darmst\u00fccke durch Stehenlassen am lauen Orte G\u00e4hrungsversuche angestellt. Die Tabelle enth\u00e4lt die Ergebnisse.\n1\tSimon, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Med. 1843.1. S. 132.\n2\tBird, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1845. S. 267.\n3\tv. Gorup-Besanez, Physiol. Chemie S. 549.\n4\tStark, Jahresber. d. Thierchemie I. S. 206. 1871.\n5\tKre\u00fcsler, Ebenda Y. S. 175. 1875.\n6\tK\u00f6nig, Ebenda VIII. S. 230. 1878.\n7\tRoster, Ebenda VIII. S. 254. 1878.\n8\tPlaner, Canstatt\u2019s Jahresber. d. Pharm. 1860. II. S. 64.\n9\tR\u00fcge, Chem. Centralbl. 1S62. S. 347.\n10\tDie \u00e4lteren Angaben sind hier nicht ber\u00fccksichtigt; sie sind zusammengestellt : Berzelius, Chemie S. 338 und Lehmann, Physiol. Chemie II. S. 105.","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250 Maly. Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. \"\\ org\u00e4nge im Darm.\n\tMagengase \u00b0/o\t\t\tD\u00fcnndarmgase \u00b0/o\t\t\t\tDickdarmgase\t\t\u00b0/o\n\tCO2\t0\tN\tCO2\tH\tO\tN\tCO2, 11\tThS\tN\n1. Hund. Fleischkost. 5 St.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t23\nnach der Mahlzeit . Dickdarminhalt entwickelt\t25.2\t6.1\t68.7\t40.0\t13.8\t\t45.5\t74.2 1.0\t0.7\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nnach St\u00e4gigem Digeriren unter der Glocke .\t\t\t\t\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t98.7 \u2014\t1.3\t\u2014\n2 Hund. Fleischkost. 3 St.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t13.3\nnach der Mahlzeit .\t.\t. D\u00fcnndarm- u. Dickdarm-\t\t\u2014\t\u2014\t28.6\t\u2014\t\t67.4\t84.0 2.4\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ninhalt ausser dem Darm entwickelt nach 24 St. .\t\t\u2014\t\u2014\t80.7\t19\t\u2014\t\u2014\t99.0 \u2014\t1.0\t\u2014\n, 3. Brodf\u00fctterung. 5 St. nach\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nder Mahlzeit\t\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t38.8\t6.3\t\u2014\t54.2\t\t\u2014\t~\n4. H\u00fclsenfr\u00fcchte. 5 St. nach\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nder Mahlzeit\t Gase aus D\u00fcnn- und Dick-\t32.9\t0.8\t66.3\t47\t48.7\t\t3.9\t65\t29\t\t6\ndarminkalt entwickelt n. 24 Stunden ....\t\t\t\t\t\t66\t33\t\t\t\u2014\t98.1 j 1.9\t\u2014\t\u2014\n3 Wochen\t\t\t\t\t73\t27\t\t\t100 1\t\t\nIm Magen ist meist nur wenig Gas, dasselbe besteht aus CO 2, .V und einem Rest Luft; H ist darin normal nicht. Im Diinn- und Dickdarm werden anfangs sowohl bei Fleisch- als Pflanzenkost CO2 und H gebildet, beim Eintritt in den Dickdarm aber nur CO2. Schwefelwasserstoff bildet sich nur bei Fleisch-, nicht bei Pflanzenkost; auch die G\u00e4hrungsgase enthalten in letzterem Falle nichts davon. Daraus folgt, dass der Schwefelwasserstoff nicht von den Gallenbe-standtheilen herr\u00fchrt. Ein anderer Unterschied ist der, dass bei Fleischnahrung die Gasentwicklung im D\u00fcnndarm h\u00f6chst unbedeutend ist, w\u00e4hrend bei Pflanzenkost sich ganz bedeutende Gemengen anh\u00e4ufen; im Dickdarm hingegen verwischt sich dieser Unterschied. Sumpfgas findet sich im Darmcanal und im hiatus dei Hunde nie \u2014 Planer, R\u00fcge \u2014 und ebenso wenig in dem der Kaninchen \u2014 K. B. Hofmann h Da beim Menschen Sumpfgas oft reichlich sich bildet, so liegt hier eine vorl\u00e4ufig unerkl\u00e4rte Differenz zwischen den Darmvorg\u00e4ngen des Menschen und denen dei unteisuchten Phieie vor, ein Umstand, der noch weiter dadurch beachtenswert!] wird, weil er beweist, dass selbst die chemischen Verh\u00e4ltnisse des Fleischfressers nicht immer ohne weiteres auf den Menschen \u00fcbeitiagoui sind.\n1 K. B. Hofmann, Jahresber. d. Thierchemie II. S. 226. 1872.","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"Gase.\n251\nBesonders wichtig sind die im KoLBE\u2019schen Laboratorium von Buge ausgef\u00fchrten Analysen der Dick darin-(Mast dann-) Gase des Menschen unter normalen Bedingungen und bei verschiedener Kost. Zur Gewinnung der Gase wird das eine Ende eines mit ausgekochtem Wasser gef\u00fcllten R\u00f6hrensystems in den Anus der auf einem durchl\u00f6cherten Stuhle sitzenden Versuchsperson eingef\u00fchrt, das andere Ende bleibt in Wasser eingetaucht. Die Wassers\u00e4ule wirkt wie ein gelinder Aspirator und saugt die Gase aus dem Rectum in das Sammelrohr, das dann an vorher passend verengten Stellen zugeschmolzen wird. Die Bestandtheile des so erhaltenen Gasgemisches sind CO2, Ar, H, CIL, w\u00e4hrend Aethylen und Sauerstoff nicht gefunden wurden und Schwefelwasserstoff auch in stark riechenden Gasen nur in so kleinen Mengen auftritt, dass er durch die volumetrischen Methoden kaum bestimmbar ist. Die Absorption durch eine Kalikugel mit nachfolgender Jodtitrirung gab in einem Falle 1 0.006 Vol.-I h\u2019oc. ILS. Die Mengen der vier \u00fcbrigen Hauptgase sind bei gemischter, unbeeinflusster Kost auch bei demselben Individuum grossen Schwankungen unterworfen, so z. B. war die Zusammensetzung des von derselben Person an verschiedenen Tagen aber zur\ngleichen Tageszeit erhaltenen\t\tGases :\t\t\n\tl.\t2.\t3.\t4.\nCO-2\t14.9\t40.5\t21.S\t12.S\nN\t45.3\t17.5\t44.4\t43.1\nCHa\t39.7\t19.S\t32.9\t44.1\nII\t\u2014\t22.2\tO.S\t\u2014\nSehr bestimmte\tResultate\tergeben\tsich\taber, wie\nhat, wenn die Mastdarmgase von Personen untersucht werden, die\nnicht\ngemischte Kost\nsondern durch die Dauer des Versuches nur eine bestimmte einseitige Kost, nur Milchspeisen, nur Leguminosen oder nur Fleisch gemessen. Folgende Tabelle enth\u00e4lt die Zusammen-\nsetzung solcher Gase in Vol.-Proc.\n\tMilch.\t\t\tLeguminosen.\t\t\tFleisch.\t\n\t1.\t2.\t1.\t2.\t3.\t4.\t5.\t1. 2.\t3.\nCO2\t16.S\t9.1\t34.0\t38.4\t21.0\t35.4\t17.6\t13.6\t12.5\t8.4\nN\t38.4\t36.7\t19.1\t10.7\t19.0\t21.8 32.2\t46.0 57.9\t64.4\nCH4\t0.9\t\u2014\t44.5\t49.4\t56.0\t42.8 50.2\t37.4 27.6\t26.4\nII\t43.9\t54.2\t2.3\t1.6\t4.0\t\u2014 \u2014\t3.0\t2.1\t0.7\nBei ausschliesslicher Milchkost enthalten die Flatus nur wenig oder kein Sumpfgas, dagegen sehr viel Wasserstoff und ziemlich wenig Kohlens\u00e4ure; bei dem Gen\u00fcsse von Leguminosen ist die Gasbildung sehr reichlich und das Gas enth\u00e4lt nun auffallend viel Sumpf-\n] Nach dem Gen\u00fcsse von S Grm. Schwefelmilch.","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252 Maly, Chemie der Yerdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Dann.\ngas und sehr wenig oder keinen Wasserstoff ; bei Fleisch nah rung endlich wiegt der Stickstoff vor, w\u00e4hrend Kohlens\u00e4ure und noch mehr Wasserstoff zur\u00fccktreten.\nDie Mastdarmgase des Hundes (in gleicher Weise wie die vom Menschen aufgefangen) enthalten ebensowenig wie die D\u00fcnndarmgase des Hundes Sumpfgas. R\u00fcge fand:\ni.\t2.\nC\u00dc2\t27.2\t15.7\n3\t65.3\t84.3\nH\t7.0\t\u2014\nBei einem an Magenerweiterung leidenden Kranken beobachtete Ewald 1 Ructus von angez\u00fcndet mit gelber Flamme brennbaren Gasen, die so reich ansgestossen wurden, dass sie sich auch gelegentlich des Ansteckens einer Cigarre entz\u00fcndeten. Sie enthielten circa 21 % Wasserstoff und neben Kohlens\u00e4ure und Luft auch Grubengas (einmal 2.7, ein andermal 10.7 %). Der Vomitus des Kranken enthielt Sarcine, Mycoder-mavegetationen, Butters\u00e4ure und Milchs\u00e4ure. Andere Analysen von Magengasen kranker Menschen haben Carius und Popoff angestellt.\nBez\u00fcglich der Fragen, welchen Processen die 4 Hauptbestandteile des menschlichen Darmgases ihren Ursprung verdanken, sind unsere Kenntnisse noch nicht abgeschlossen. Zun\u00e4chst weiss man, dass die eigentlichen Verdauungsprocesse, d. h. die reinen Enzymwirkungen keine Gase entwickeln, oder dass wenigstens Gasentwicklung kein sie nothwendig begleitender Vorgang ist. F\u00fcr die Einwirkungen der diastatischen Fermente und des Pepsins ist dies l\u00e4ngst klar, f\u00fcr die Wirkung des Pankreasfermentes auf Fibrin hat H\u00fcfner den Beweis geliefert (wor\u00fcber auch S. 205 zu vergleichen ist) und gezeigt, dass brennbare Gase sich dabei gar nicht entwickeln, wenn das reine Fermentpr\u00e4parat genommen wird und Bacterienbil-dung ausgeschlossen ist. Kohlens\u00e4ure bildet sich dabei zwar wohl, aber diese entsteht schon, wenn Fibrin allein mit Luft bei Brutw\u00e4rme digerirt wird, ist daher kein Product der Fermentwirkung, sondern ein Verwesungs- resp. einfaches Oxydationsproduct, Dass im Darmcanal dasselbe stattfindet, ergibt sich schon daraus, dass von oben nach abw\u00e4rts der Sauerstoffgehalt kleiner wird und in den Flatus v\u00f6llig fehlt. Damit ist ein Th eil der Darmkohlens\u00e4ure auf ihre Entstehung zur\u00fcckgef\u00fchrt; in diesem Theil ist der Sauerstoff der verschluckten resp. aspirirten Luft enthalten. Ein anderer Theil Kohlens\u00e4ure entsteht unabh\u00e4ngig vom vorhandenen Luftsauerstoff durch einen G\u00e4h-rungs- resp. F\u00e4ulnissprocess. In dieser Beziehung stimmen zahlreiche Erfahrungen zusammen; wenn menschliche Faeces mit Wasser zerr\u00fchrt\n1 Ewald, Jabresber. cl. Tbiercbemie IV. S. 253. 1874.","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Gase.\n253\nder Bruttemperatur ausgesetzt werden, so entwickelt sich nach wenigen Stunden schon reichlich Gas, dessen sp\u00e4tere Antheile immer reicher an Kohlens\u00e4ure werden und schliesslich fast nur daraus bestehen, wenn auch schon alle Luft vorher ausgetrieben worden ist. Der reichlichen Entwicklung von Kohlens\u00e4ure bei der Pankreasf\u00e4ul-niss ist schon fr\u00fcher gedacht worden S. 222. Kunkel \u2019, der die dabei auftretenden Gase analysirte, fand ebenfalls nicht nur reichlichen Gehalt daran, sondern auch ein Zunehmen derselben mit der Dauer des Versuches. Weitere Bildungsst\u00e4tten f\u00fcr die Kohlens\u00e4ure sind endlich der Butters\u00e4ureprocess vorher S. 240 und vielleicht auch jener Vorgang durch den Sumpfgas (siehe S. 254) sich bildet.\nDer Stickstoff der Darmgase ist jedenfalls zum gr\u00f6ssten Theile, vielleicht ausschliesslich entsauerstoffte Luft. Wir kennen dermalen keinen F\u00e4ulnissprocess, bei dem sich freier Stickstoff abspalten w\u00fcrde. Buge hat speciell darnach gesucht, und zu diesem Zwecke mit Wasser zerr\u00fchrte Faeces in einem Kolben g\u00e4hren gelassen, in der Art, dass der Raum \u00fcber der Fl\u00fcssigkeit statt mit Luft mit Kohlens\u00e4ure gef\u00fcllt war ; die G\u00e4hrung trat bald ein und verlief ganz wie im luftgef\u00fcllten Gef\u00e4sse; aber mehrere zu verschiedenen Zeiten genommene Gasproben erwiesen sich als Kohlens\u00e4ure mit Spuren von Schwefelwasserstoff und frei von Stickstoff. Kunkel hingegen hat bei seinen Pankreasf\u00e4ulnissversuchen nicht die Ueberzeugung gewinnen k\u00f6nnen, dass die, in den sp\u00e4ter genommenen Gasproben vorfindliche kleine Menge Stickstoff noch von Luft herr\u00fchren k\u00f6nne, da gerade die sp\u00e4teren etwas mehr davon enthielten als die fr\u00fcheren. N\u00e4here W\u00fcrdigung dieser Verh\u00e4ltnisse ist daher h\u00f6chst w\u00fcnsche ns werth, wenn es sich auch nur um einen kleinen Antheil durch G\u00e4hrung frei werdenden Stickstoffs handeln k\u00f6nnte. Wie sehr so entbundener Stickstoff unsere Bilanzen vom Stickstoffgleichgewicht beeinflussen und modificiren w\u00fcrde, ist hier nicht n\u00e4her auszuf\u00fchren. Erw\u00e4hnt m\u00fcssen aber doch die bestimmten Angaben von Seegen & Nowak2 werden, nach denen eine kleine Menge freien Stickstoffs vom Thierleibe selbst abgegeben wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, wenn auch nicht bewiesen, dass der Stickstoff, um den es sich bei den SEEGEN-NowAK\u2019schen Versuchen handelte, aus dem Darm stammte.\nF\u00fcr den Wasserstoff sind mindestens zwei verschiedene Entstehungsarten anzunehmen: 1. Die Butters\u00e4ureg\u00e4hrung, \u00fcber welche schon S. 240 gesprochen wurde und 2. die Bildung aus Eiweisssubstanzen bei der F\u00e4ulniss. Als Kunkel Fibrin mit Pankreasdr\u00fcsen-\n1\tKunkel, Jahresber. \u00fc. Thierchemie IV. S. 274. 1S74.\n2\tSeegen & Nowak. Ebenda V. S. 210. 1S75.","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254 Maly, Chemie der Verdauungss\u00e4fte u. Verdauung. 5. Cap. Vorg\u00e4nge im Darm.\nSubstanz sich selbst \u00fcberliess, wurden Gasgemische ausgegeben von z. B. folgender Zusammensetzung:\nms\t1.9\t0.7\nCO-2\t68.4\t59.5\nH\t28.5\t38.5\nCH\\\t1.5\t1.1\nEbenso scheint das Sumpfgas sich sowohl aus Eiweisssubstanzen als aus Kohlehydraten bilden zu k\u00f6nnen, und von beiden Bildungsarten an der Zusammensetzung der Darmgase zu participiren. F\u00fcr die Bildung aus Eiweissk\u00f6rpern sprechen die oben angef\u00fchrten Analysen der Pankreasf\u00e4ulnissgase. Doch sind die Sumpfgasmengen dabei gering und treten erst zu Ende des Versuches auf. Bei der G\u00e4hrung der Excremente mit Wasser hat man in einigen F\u00e4llen Gase erhalten, die eine kleine Menge Sumpfgas beigemischt enthielten 0.1\u20140.2 \u00b0,o, in anderen F\u00e4llen fehlte es aber ganz. \\ iel reichlicher d\u00fcrften jene Antheile Sumpfgas sein, die von Kohlehydraten stammend, einer eigent\u00fcmlichen \u2014 Sumpfgasg\u00e4hrung \u2014 genannten Zersetzung ihren Ursprung verdanken. Das aus S\u00fcmpfen und aus an faulenden Vegetabilien reichen T\u00fcmpeln sich entwickelnde Sumpfgas kennt man lange. Popoff1 hat den Process k\u00fcnstlich nachzuahmen versucht und bei der Verg\u00e4hrung von Substanzen, die reich an Cellulose sind (wie Heu und Ochsenmageninhalt) mit Kloakenschlamm, viel Sumpfgas neben Kohlens\u00e4ure erhalten. Wenn es sich best\u00e4tigen sollte, dass die Cellulose bei einem gewissen Zerfallprocesse, f\u00fcr den das einleitende Agens \u00fcbrigens noch v\u00f6llig unbekannt ist, Sumpfgas so reichlich liefert, so w\u00e4re damit ein Beginn f\u00fcr Verst\u00e4ndniss seiues Vorkommens im Darm geliefert. Gleichzeitig w\u00e4re auch erkl\u00e4rt, dass nach dem Genuss von Leguminosen so viel, und nach dem Genuss von Milch so wenig Sumpfgas in Ruge\u2019s Analysen aufgef\u00fchrt ist, aber es bliebe doch noch der Widerspruch, dass auch nach ausschliesslicher Fleischf\u00fctterung also beim Fehlen aller Cellulose noch ziemlich viel Sumpfgas in den Flatus auftritt.\n1 Popoff, Jahresber. cl. Thierchemie V. S. 273. 1875.","page":254}],"identifier":"lit34","issued":"1881","language":"de","pages":"1-254","startpages":"1","title":"Zweiter Theil: Chemie der Verdauungss\u00e4fte und der Verdauung","type":"Book Section","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:53:39.738090+00:00"}

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