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{"created":"2022-01-31T14:08:17.295677+00:00","id":"lit3573","links":{},"metadata":{"contributors":[{"name":"Br\u00fccke, Ernst W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Wien: C. Gerold & Sohn","fulltext":[{"file":"a0002.txt","language":"de","ocr_de":"Grund z\u00fc ge\nder\nPhysiologie und Systematik\nder\nSpraclilaute\nf \u00fc r\nLinguisten ,md Taobstummenlehrer '\nbearbeitet\nvon\nDr. Ernst Br\u00fccke,\nProfessor der Physiologie an der Wiener Hochschule und Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.\n(Mit einer Tafel in Steindruck, ausgeflihrt von Dr. Eifinger.)\n\nWie ii.\nDruck und Verlag von Carl Ger old's Sohn.\n1856.","page":0},{"file":"a0004.txt","language":"de","ocr_de":"Die nachfolgenden Bl\u00e4tter sind der Inhalt eines Cyclus von Vorlesungen, welche ich ira Sommer 1856 an der hiesigen Universit\u00e4t gehalten habe. Der gr\u00f6bste Theil davon Wurde zuerst gedruckt in der Zeitschrift f\u00fcr die \u00d6sterreichischen Gymnasien, Jahrgang 1856, Heft VII, VIII und IX, und erscheint hier unver\u00e4ndert wieder; nur der XII. Abschnitt, welcher von der phonetischen Schreibweise handelt , ist neu hinzugekommen, ebenso die Tafel mit der dazu geh\u00f6rigen Erkl\u00e4rung.\nWien, am 31. Juli 1856.\nErnst Br\u00fccke.","page":0},{"file":"a0006contents.txt","language":"de","ocr_de":"Inhalt\nSeit\u00ab\nVorbemerkungen.................................................. 1\nAbschnitt I. Geschichtliches.................................... 3\n\u201e\tII. Kehlkopf und Kehlkopflaute........................ 7\n\u201e\tIII. Die Vocale.......................................13\n\u201e\tIV. Die einfachen Consonanten.........................29\n\u201e\tV. R\u00fcckblick auf die einfachen Consonanten und ihr System\t51\n\u201e\tVI. Die zusammengesetzten Consonanten.................63\n\u201e\tVII. Verschmelzung eines Consonanten mit einem Vocale\t.\t70\n\u201e\tVIII. Mouillierte Laute................................\u2014\n\u201e IX. Systematik der Sprachlaute bei den Indern und Hellenen ..........................................................75\n\u201e\tX. Systematik der Sprachlaute bei den Arabern....\t93\n\u201e\tXI. Systematische Bestrebungen der neueren Zeit .\t.\t.\t102\n\u201e\tXII. Die phonetische Transscription..................119\nErkl\u00e4rung der Tafel.............................................133","page":0},{"file":"a0008.txt","language":"de","ocr_de":"Verbesserung;\u00ab*\u00ab\nSeite 38 Zeile 5 v. o. \u00bb\t47\t\u201e14\tv.\tu.\n\u00bb\t58\t\u201e\t1\tv.\tu.\n\u00bb\t72\t\u201e\t16\tv.\to.\n\u00bb\t(3\t\u201e\t12\tv.\tu.\n\u201e\t108\t\u201e\tl\u00f6\tv.\tu.\nlies d*\n\u201e es \u201e Mediae\n\u201e der zu mouillierende \u201e beim i \u201e strepitus\nstatt d\u201c\n\u201e sie \u201e Media\n\u201e der mouillierende \u201e beim Jot \u201e strepidus.","page":0},{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"Vort> ein erklingen,\nEin Mitglied der l\u00f6bl. Redaction dieser Zeitschrift forderte mich auf. f\u00fcr dieselbe einen Aufsatz zu schreiben, in welchem die Sprachlaute in ihrem nat\u00fcrlichen Zusammenh\u00e4nge nach physiologischen Grunds\u00e4tzen behandelt w\u00fcrden. Die Gr\u00fcnde , welche es mir zur angenehmen Pflicht machten, dieser Aufforderung nachzukommen, waren verschiedener Art. Ich hatte die sch\u00f6nen Abhandlungen von Rudolf von Raumer gelesen, in welchen in einer so klaren und einsichtsvollen Weise gezeigt wird, dass es, wenn wir einmal an unserer Orthographie \u00e4ndern wollen, gerathen ist, sie mehr als bisher mit der Aussprache in \u00dcbereinstimmung zu bringen, anstatt uns von diesem Ziele alles Schreibens noch weiter zu entfernen. Es schien mir deshalb an der Zeit, f\u00fcr diejenigen, welche \u00fcber unsere vaterl\u00e4ndische Schreibweise zu Gerichte sitzen, den nat\u00fcrlichen Werth und Zusammenhang der Sprachlaute und ihrer Zeichen offen darzulegen. Man kann bei Forschungen \u00fcber die Sprachlaute auf zweierlei Arten zu Werke gehen. Man kann die Art und Weise untersuchen, wie sie Nachbarlaute afficieren und von ihnen afficiert werden, und den Ver\u00e4nderungen nacbgehen, welche die Laute im Laufe der Zeiten und beim \u00dcbergange aus einer Sprache in die andere erlitten haben, um hieraus ihre Attribute herzuleiten. Dies ist der Weg des Sprachforschers. Andererseits kann man directe Beobachtungen und Versuche \u00fcber die Art und die Bedingungen ihrer Entstehung anstellen und hierdurch eine Einsicht in ihre Natur und ihre Eigenschaften gewinnen. Dies ist der Weg des Physiologen. Beide Methoden k\u00f6nnen bei richtiger Anwendung nie zu widersprechenden Resultaten f\u00fchren, wol aber zu verschiedenen, sich einander erg\u00e4nzenden, indem der Sprachforscher durch seine Untersuchungen empirisch zu einer Reihe von Gesetzen gelangt, deren Erkl\u00e4rung auf physiologischem Wege gesucht werden muss. Durch die physiologische Betrachtung lernt der Sprachforscher erst die Sprache ganz kennen; so lange er diese aufser Acht l\u00e4sst, weifs er nur das von der Sprache, was mit den Ohren geh\u00f6rt und mit den H\u00e4nden geschrieben wird; der wunderbare Mechanismus, dem der Flufs der Rede entstr\u00f6mt, bleibt f\u00fcr ihn das verborgene R\u00e4derwerk eines Automaten, und doch finden bekanntlich jene Gesetze, welche man fr\u00fcher von der Euphonie abzuleiten pflegte, viel\nE. Br\u00fccke, Physiol, u. Syst. d. Sprachlaute.\t1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nweniger ihren Grund in der R\u00fccksicht auf den Wohlklang als vielmehr in der mechanischen Einrichtung der Organe, welche die einzelnen Sprach-laute hervorbringen und nur in gewissen Verbindungen mit Leichtigkeit und Pr\u00e4cision hervorbringen k\u00f6nnen.\nEs ist zwar anzuerkennen, dass die Sprachforscher sich stets auch um die Lautbildung bek\u00fcmmert haben, aber man kann bis auf den heutigen Tag nicht sagen, dass ihnen die physiologische Betrachtungsweise recht in Fleisch und Blut \u00fcbergegangen sei; denn sonst k\u00f6nnten sie nicht Systeme von Sprachlauten aufstellen, in welchen man nicht nur recht auff\u00e4llige Verst\u00f6fse gegen die nat\u00fcrliche Verwandtschaft derselben bemerkt, sondern in denen einfache und zusammengesetzte Consonanten nicht einmal streng von einander geschieden sind. Es sind dies Dinge, deren Tragweite von Tag zu Tag w\u00e4chst, da eben jetzt die systematische Anordnung der Sprachlaute die Grundlage einer allgemeinen phonetischen Schreibweise werden soll, \u00fcber welche Sprachforscher und Missionsgesellschaften sich behufs der gleichf\u00f6rmigen Transscription fremder Sprachen unter einander zu einigen w\u00fcnschen. Streitfragen auf diesem Gebiete m\u00fcssen deshalb jetzt durch die Betheiligung aller, die dazu mitwirken k\u00f6nnen, geschlichtet werden , damit sich in die neue Schreibweise nicht M\u00e4ngel einschleichen, die sich dereinst auf empfindliche Weise f\u00fchlbar machen und dann schwerer als jetzt zu beseitigen sein m\u00f6chten.\nDies sind die Gedanken, welche mich beim Niederschreiben der folgenden Bl\u00e4tter geleitet haben. Das physiologische Material derselben ist gr\u00f6fstentheils entnommen einer Abhandlung \u00fcber die Lautbildung und das nat\u00fcrliche System der Sprachlaute, welche ich im M\u00e4rz 1849 in den Sitzungsberichten der mathematisch -naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ver\u00f6ffentlichte. Als ich die letzten Zeilen jener ersten Abhandlung schrieb, erhielt ich die Nachricht, dass in London unter dem Titel Essentials of Phonetics von Alexander John Ellis ein ausgedehntes Werk \u00fcber diesen Gegenstand mit einer fertig ausgebildeten und bereits praktisch angewendeten Pasigraphie erschienen sei. Ich habe sp\u00e4ter aus diesem Buche viel Belehrung \u00fcber die Laute fremder Sprachen gesch\u00f6pft und gesehen, dass ich in manchen Dingen zu demselben Resultate gekommen war, wie Ellis. Da. wo wir von einander abweichen, habe ich mich bis jetzt nach aufrichtiger Pr\u00fcfung nicht bewogen finden k\u00f6nnen, mein System zu \u00e4ndern, weil ich es f\u00fcr vollst\u00e4ndiger gegliedert und symmetrischer geordnet halte, ich habe ferner Purkine\u2019s Badania w praedmiocie flzfologii mowy ludzki\u00e9j benutzen k\u00f6nnen, woran ich im Jahre 1849 theils durch Unkenntnis des Polnischen verhindert wurde, theils dadurch, dass ich mir das Kwartalnik naucowy, in welchem jene Abhandlung im Jahre 1836 abgedruckt wurde, nicht zu verschaffen wusste. Da sich meine Kenntnis des Polnischen seitdem nicht gebessert hat, so lieh mir der geehrte Hr. Verb mit gewohnter Freundlichkeit eine schon fr\u00fcher von ihm selbst verfasste deutsche \u00dcbersetzung, wof\u00fcr ich ihm hier meinen herzlichen Dank sage. In R\u00fccksicht auf das","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"3\n\u2022Neue, was sonst noch hinzugekommen ist, bin ich mannigfach unterst\u00fctzt worden. Hr. Prof. Miklosich hat mir nicht nur vielf\u00e4ltige Belehrung \u00fcber die slavischen Sprachlaute und ihr Verhalten in den verschiedenen Mundarten ertheilt, sondern er hat mich auch mit der merkw\u00fcrdigen Einthei-lung der Sanskritlaute bekannt gemacht, welche in den von B\u00f6thling herausgegebenen Scholien zum Panini enthalten ist. Dies ward mir Veranlassung , mit Hilfe von Bopp ') , Benfey * *), B\u00f6thling 8) und Max M\u00fcller *) das Lautsystem des Sanskrit so weit zu studieren, als es ohne Kenntnis der Sprache selbst m\u00f6glich ist. In R\u00fccksicht auf das Altgriechische hat mir Hr. Prof. Bonitz die Stellen nachgewiesen, an denen uns Nachrichten \u00fcber Aussprache und Eintheilung der Buchstaben aufbehalten sind. \u00dcber die Aussprache des Neugriechischen habe ich Hm. Maurokordatos, in R\u00fccksicht auf das Polnische Hrn. G. Piotrowski, in R\u00fccksicht auf das Engarische Hrn. Jendrassik zu Rathe gezogen. Die Aussprache der arabischen Laute ist mir von Hrn. Anton Hassan, Professor des Vulg\u00e4rarabischen am hiesigen polytechnischen Institute, einge\u00fcbt worden, aufser-dem habe ich de Sacy\u2019s Grammatik benutzt und verdanke namentlich auch Wallin\u2019s sch\u00f6ner Abhandlung \u00fcber die Aussprache des Arabischen 5), die ich von Hrn. Prof. Miklosich erhielt, vielfache und gr\u00fcndliche Belehrung.\nX. Abschnitt.\nGeschichtliches.\nBei den Indern hatte, wie ich nach ihrer Systematik und der Ausbildung ihrer Schriftzeichen vermuthen muss, der physiologische Theil der Lautlehre schon eine hohe Vollkommenheit, weniger scheint dies bei den Griechen der Fall gewesen zu sein. Sp\u00e4ter haben die Araber sich viel und gr\u00fcndlich mit Lautlehre besch\u00e4ftigt, w\u00e4hrend das abendl\u00e4ndische Mittelalter keine phonetischen Studien aufzuweisen hat. Aber erst in der neueren Zeit wagte sich die physiologische Lautlehre aus der Studierstube in\u2019s Leben\n*) Grammatik der Sanskritsprache. Berlin, 1834.\n*) Grammatik der Sanskrilsprache. Leipzig, 1852. s) Bemerkungen zur zweiten Ausgabe von Bopp\u2019s Grammatik. Petersburg, 1845.\n*) The languages of the seat of the war in the east. London, 1855. s) \u00dcber die Aussprache der arabischen Laute und ihre Bezeichnung. Zeitschr. d. deutsch, morgen!\u00bb Gesellsch. Bd. IX, S. 1. Leipzig, 1855.\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nhinaus und legte an sich den Pr\u00fcfstein der praktischen Anwendung. Es lag noch eine weite Kluft zwischen dem Standpuncte, auf dem man \u00fcber die Sprachlaute allerlei zu schreiben wusste, und dem, wo man ihre wesentlichen Bedingungen so erkannt hatte, dass man den nicht h\u00f6renden \u00fcberdieseiben durch Gesichts- und Tastsinn belehren und ihn so der Wohlthat der Sprache theilhaftig machen konnte.\nPietro Ponce, ein spanischer Benedictinerm\u00f6nch, der als Begr\u00fcnder einer Wissenschaft und als der Wohlth\u00e4ler von vielen Tausenden von Menschen, ja als ihr Erl\u00f6ser aus der Nacht thie-rischen Stumpfsinnes genannt werden muss, war der Erfinder des Taubstummen-Unterrichtes. Er starb zu Ona im Jahre 1584, und in dem Todtenregister seines Klosters heifst es von ihm: \u00ab06-aormimt in Domino P. Petrus de Ponce hujus Omniensis dotnus benefactor, qui inter caetera\u00bb vir tut es, quae in illo maximae fuerunt, in hac praecipue floruit, ac celeberrimus toto orbe fuit habitus, scilicet mutos loqui docendi 6).\u201d\nUnter seinen tauben Eleven kennt man noch mit Bestimmtheit zwei Br\u00fcder und eine Schwester des Conn\u00e9table von Castilien, Pedro de Velasco, und den Sohn des Don Caspar de Guerra, Statthalters, oder nach anderen obersten Richters von Arragonien. Seine Leistungen m\u00fcssen, nach dem was glaubw\u00fcrdige Zeitgenossen berichten, h\u00f6chst ausgezeichnet gewesen sein, sowohl was die intellectuelle Ausbildung der Sch\u00fcler, als was ihre Fertigkeit im Sprechen anbelangte.\nEr soll eine Schrift \u00fcber seine Methode verfasst haben, die aber nicht auf uns gekommen ist.\n) Biographie universelle, Art. Ponce. Fr\u00fcher muss er in Sahagun gelebt haben, denn Feyjoo Montenegro (vgl. Theatro critico uni-versal. Madrid, \u00cf759. Bd. IV, S. 418) nennt ihn einen hijo del Real Momsterio di Sahagun-, auch soll sich im Kloster San Salvador daselbst ein Schenkungsbrief befinden, durch welche Ponce demselben Gelder vermachte, die er von wohlhabenden Z\u00f6glingen erhalten hatte (vgl. Neumann, Die Taubstummenanstalt in Paris im Jahre 1822. K\u00f6nigsberg, 1827. 8. S. 63). Ebenso nennt ihn Antonio Perez, Abt des Benedictinerklosters in Madrid, in seiner Censur \u00fcber das sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnende Werk von Bonet \u201eden Bruder Pedro Ponce von Leon,\u00ae in welcher Provinz nicht Ona. wohl aber Sa-hagun belegen ist.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Das \u00e4lteste Werk, welches wir \u00fcber den Taubstummenunterricht besitzen, ist des Juan Pablo Bonet \u00abReduction de las letras y arte para ensenar a hablar los mudos. Madrid, 1620 7).\u2019> Dieses seltene Buch befindet sich hier sowohl auf der kaiserlichen Hofbibliothek als auch auf der Universit\u00e4tsbibliothek. Der Verfasser war Secret\u00e4r des Conn\u00e9table von Castilien, dessen Bruder im Alter von zwei Jahren das Geh\u00f6r verloren hatte und deshalb taubstumm war. Dies veranlasste ihn zu den Studien, deren Fr\u00fcchte er uns hinterlassen hat.\nIm ersten Abschnitt handelt er von den spanischen Sprach-lauten, ihren Zeichen und deren Namen und von der Lautiermethode, welche er allgemein f\u00fcr den Leseunterricht empfiehlt, weil sie rascher als das Buchstabieren zum Ziele f\u00fchre.\nDer zweite Abschnitt enth\u00e4lt das unter dem Namen des spanischen bekannte Handalphabet und eine Anweisung f\u00fcr den Sprech-unlerricht mit der dazu geh\u00f6rigen physiologischen Lautlehre, welche letztere auf 15 Seiten die Stellung der Mundtheile f\u00fcr die einzelnen Buchstaben beschreibt, indem der Lautwerth derselben bereits im ersten Abschnitte abgehandelt ist.\nUnabh\u00e4ngig von den Entdeckungen der Spanier ward die physiologische Lautlehre und ihre praktische Anwendung in England begr\u00fcndet durch den ber\u00fchmten Bischof Johann Wallis, der seiner 1653 zuerst erschienenen englischen Grammatik einen Tractatus grammatico physicus de loquela vorsetzte und in den Jahren 1660 und 1661 zwei Taubstumme unterrichtete. Seine Erfolge waren nicht weniger gl\u00e4nzend als die des Ponce, und in einem Briefe an Amman, einen in Holland lebenden Schweizer, der selbst\u00e4ndig etwa 30 Jahre sp\u00e4ter den Taubstummen-Unterricht erfand, erz\u00e4hlt er, dass er einen seiner Z\u00f6glinge sogar zum Aussprechen der schwersten polnischen W\u00f6rter gebracht habe, die ihm ein polnischer Edelmann vorsagte, so dass dieser selbst den Erfolg bewunderte. Wallis konnte in seiner Lautlehre verm\u00f6gt; seiner Gelehrsamkeit nicht allein auf das Englische, sondern auch auf Lateinisch, Griechisch, Hebr\u00e4isch, Arabisch, Persisch, Deutsch, Franz\u00f6sisch, Cymrisch und G\u00e4lisch R\u00fccksicht nehmen.\n\u2019) Neumann a. a. 0. S. 61.","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"Mancher Leser mag sich wundern, dass bei der Erz\u00e4hlung von der Erfindung des Taubstummen-Unterrichtes der Name des Abb\u00e9 de l\u2019Ep\u00e9e nicht genannt wird; aber seine Verdienste beziehen sich nicht auf die Lautlehre, sondern auf die intellectuelle Ausbildung der Taubstummen und die Art, wie er das Interesse m\u00e4chtiger und einflufsreicher M\u00e4nner f\u00fcr sie zu gewinnen wusste. Als er den Taubstummen-Unterricht begann, war derselbe bereits durch Pereira einige Jahre zuvor (1745) in Frankreich eingef\u00fchrt worden und Ep\u00e9e ist im Gegentheil durch die grofse Ausdehnung, welche er der Zeichensprache einr\u00e4umte, die Veranlassung zu dem j\u00e4hen Verfalle des Sprechunterrichtes in Frankreich geworden.\nDagegen sollte die Lautlehre gegen das Ende des achtzehnten Jahrhundertes in Deutschland, und zwar in Wien, noch einen, wesentlichen Fortschritt machen durch Wolfgang von Ke mp eien, der bei seinen Bem\u00fchungen, eine sprechende Maschine zu con-struieren, darauf gef\u00fchlt wurde, nicht allein zu untersuchen, wie der Mensch die Sprachlaute bildet, sondern auch die Bedingungen, ihrer Hervorbringung \u00fcberhaupt zu erforschen. Er war dabei in, B\u00fccksicht auf die Consonanten gl\u00fccklicher als in R\u00fccksicht auf die Vocale, die erst Robert Willis (1828) auf ihre allgemeinen Bedingungen zur\u00fcckzuf\u00fchren begann und die noch immer betr\u00e4chtliche theoretische Schwierigkeiten darbieten, deren L\u00f6sung vielleicht noch, lange auf sich warten lassen wird. Im \u00fcbrigen aber kann man. sagen, dass Kempelen uns eine physiologische Lautlehre hinterlassen hat, an der freilich sp\u00e4ter mancherlei erg\u00e4nzt und bisweilen auch gebessert worden ist, die aber so fest begr\u00fcndet war, dass sie den sichersten Unterbau f\u00fcr alle ferneren Forschungen gegeben hat und geben wird. Sein Werk \u00fcber den Mechanismus der menschlichen Sprache ist eines der besten physiologischen B\u00fccher, welche ich je gelesen habe, und ich empfehle es namentlich den Sprachforschern, welche sich in den rein mechanischen Theil der Lautlehre hineinarbeiten wollen, weil es sich leicht und angenehm liest und bei seiner naiven Ausf\u00fchrlichkeit, und seinen vielen Abbildungen keine anatomische und physiologische Vorbildung voraussetzt.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"7\nII. Abschnitt.\nKehlkopf und Kehlkopflaute. (Gutturales verae.J\nNach diesem kurzen R\u00fcckblicke auf die M\u00e4nner, denen wir die Fundamente unserer Wissenschaft verdanken, muss ich zuerst von dem menschlichen Stimmorgane handeln und den verschiedenen Arten, in welchen dasselbe beim Sprechen in Th\u00e4tigkeit gesetzt werden kann.\nDas menschliche Stimmwerk, das durch einen herzf\u00f6rmigen Knorpel, den sogenannten Kehldeckel, nach oben bedeckt und so beim Schlingen vor dem Eindringen von Speisen gesch\u00fctzt werden kann, besteht aus zwei h\u00f6chst elastischen, im Kehlkopfe von vorn nach hinten ausgespannten und von aufsen nach innen leistenartig vorspringenden R\u00e4ndern, den Stimmb\u00e4ndern, welche durch die aus den Lungen hervorgetriebene Luft in Schwingungen versetzt werden und dadurch den Ton der Stimme hervorbringen, wie sie bei den Vocalen und den t\u00f6nenden Consonanten 6, d, g, w, weiches s, X consona (Jot), l, r, m, n und n nasale (n vor g und k) geh\u00f6rt wird. Sie leisten hierbei wesentlich denselben Dienst, wie die,-metallene Zunge im Rohrwerke einer Physharmonika - Pfeife. Sie hemmen, wie diese, periodisch den Durchtritt der Luft, indem sie durch den Luftstofs auseinandergedr\u00e4ngt beim R\u00fcckschw\u00fcnge den. zwischen ihnen liegenden Spalt, die Stimmritze (rima gtottidisj, nahezu verschliefsen und so die rhythmischen Luftpulsationen hervorbringen, welche, indem sie auf unser Ohr wirken, in uns die Empfindung des Tones erzeugen. \u00dcber ihnen, zwischen ihnen und dem Kehldeckel, befinden sich in einer Entfernung von 1/H Zoll zwei Hautfalten, die, weil sie den Stimmb\u00e4ndern \u00e4ufserlich \u00e4hnlich sind, fr\u00fcher als obere Stimmb\u00e4nder bezeichnet wurden; jetzt nennt man sie, da man weifs, dass sie keine T\u00f6ne geben, die falschen. Stimmb\u00e4nder.\nDie wahren Stimmb\u00e4nder schwingen und t\u00f6nen aber auch nur, wenn ihre freien gespannten R\u00e4nder einander so gen\u00e4hert sind, dass die zwischen ihnen liegende \u00d6ffnung, die Stimmritze, einen schmalen Spalt bildet. Diese Lage kann ihnen jederzeit durch die Wirkung der Muskeln des Kehlkopfes gegeben werden, aber","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"s\neben so lassen sie sich durch Muskelwirkung weit von einander entfernen, so dass sich zwischen ihnen eine weite \u00d6ffnung befindet, aus der die Luft ger\u00e4uschlos hervorstr\u00f6mt, und erst durch ihren Anfall gegen die W\u00e4nde der Rachenh\u00f6hle ein Ger\u00e4usch hervorbringt. Dieses Ger\u00e4usch, welches bei den Griechen nur durch ein Lesezeichen, den Spiritus asper, ausgedr\u00fcckt wurde, gilt bei uns als Consonant unter dem Zeichen A; es ist aber in der That zweck-m\u00e4fsig, es bei der phonetischen Untersuchung und der systematischen Anordnung der Consonanten von denselben auszuschliefsen, da es durch keine der Bedingungen entsteht, welche alle \u00fcbrigen Consonanten hervorbringen. Diese Bedingungen sind, wie wir sp\u00e4ter ausf\u00fchrlicher sehen werden, Bildung oder L\u00f6sung eines Verschlusses in der Mund- oder Rachenh\u00f6hle oder Herstellung einer Enge, wodurch beim Durchstr\u00f6men der Luft ein Reibungsger\u00e4usch erzeugt oder ein leicht beweglicher Theil, z. B. die Zunge oder das Z\u00e4pfchen in Vibration versetzt wird. Durch Eintreten von dergleichen Bedingungen bei weit offener Stimmritze wird das A unm\u00f6glich gemacht und es werden statt seiner die tonlosen Consonanten p, t, A, f, hartes s, ch u. s. w. erzeugt. Wer nur einigermafsen auf sich zu achten gewohnt ist, wird den Unterschied zwischen t\u00f6nenden und tonlosen Consonanten leicht wahrnehmen. Selbst der Taubstumme fasst ihn leicht, wenn er seine Finger an den Kehlkopf des Lehrers legt und f\u00fchlt, wie dieser beim w in Folge der in ihm erregten Schwingungen zittert, w\u00e4hrend er sich beim ^ vollkommen ruhig erh\u00e4lt. Schon die Inder theilten die Consonanten in tonlose und t\u00f6nende, sp\u00e4ter hat man an die Stelle dieser exacten Bezeichnungsweise die allegorische und ziemlich unpassende von hart und weich treten lassen.\nEs steht auch in unserer Macht, die Stimmritze weder bis zum T\u00f6nen zu verengen, noch sie so weit zu \u00f6ffnen, dass die Luft ganz frei herausstr\u00f6mt. Wir k\u00f6nnen sie so verengen, dass die Stimmb\u00e4nder zwar nicht in t\u00f6nende Schwingungen versetzt werden, aber doch die Luft, indem sie an ihnen vor\u00fcberstr\u00f6mt, ein Reibungsger\u00e4usch hervorbringt. Dieses Ger\u00e4usch ist es, durch welches wir beim Fl\u00fcstern den Ton der Stimme ersetzen, um auch beim leisen, ganz tonlosen Sprechen diejenigen Buchstaben, welche beim lauten Sprechen den Ton der Stimme haben, von denen zu unterscheiden, welchen derselbe nicht zukommt, denn auch beim Fl\u00fcstern unterscheiden wir hartes und weiches \u00ab, f und w, j und ch u. s. w.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"9\nMan kann dieses Reibungsger\u00e4usch durch kr\u00e4ftiges Hervortreiben der Luft betr\u00e4chtlich verst\u00e4rken und so den heiseren Hauch, das Ha oder Hha der Araber, hervorbringen. Schon Purkine leitet dasselbe von der Reibung ab, welche die Luft an den R\u00e4ndern der verengten Stimmritze erleidet. Je enger die \u00d6ffnung ist, durch welche die Luft ausfliefst, um so st\u00e4rker ist der Beiklang von Heiserkeit, der das Ha charakterisiert ; man muss dies sowol aus physikalischen Gr\u00fcnden schlie\u00dfen, als auch aus dem Gef\u00fchl des Druckes, das sich im Kehlkopf einstellt. In welchem Theile des Glottisraumes aber die Verengerung stattfindet und welche Gestalt er dabei annimmt, das ist noch unermittelt. Wallin s) gibt den Rath, diesen Beiklang von Heiserkeit zwar deutlich, aber nicht zu stark hervortreten zu lassen.\nAufser diesen Arten des Hauches hat, so viel ich weifs, Purkine zuerst noch eine andere, den leisen Hauch, unterschieden, von welchem er glaubt, dass er dem Aleph der alten semitischen Sprachen, dem Spiritus lenis des Griechischen, dem h non aspir\u00e9 der Franzosen und dem gelinden h am Anf\u00e4nge vieler englischen W\u00f6rter entspreche. Er bezeichnet ihn n\u00e4her als den Hauch, der jedem Vocale vorhergeht, welcher mit anfangs offener Stimmritze gesprochen wird. Beim vocalischen Anlaut kann man pl\u00f6tzlich und ohne allen vorhergehenden Hauch den Ton in seiner ganzen St\u00e4rke erscheinen lassen, oder man kann ihm durch die ge\u00f6ffnete Stimmritze das h vorhergehen lassen, den spiritus asper der Griechen, oder endlich, man kann hei sanftausfliefsender Luft den Ton allm\u00e4hlich entstehen lassen, und dann geht ihm ein sehr leises Ger\u00e4usch vorher, das die Luft beim Ausfliefsen aus der Stimmritze macht, ehe die Stimmb\u00e4nder in Schwingungen gerathen sind. Dies ist, wie mir scheint, der leise Hauch von Purkine. Als besonderes, qualitativ charakterisiertes Sprachelement f\u00fchre ich ihn deshalb nicht auf, weil er nicht f\u00fcr sich allein hervorgebracht werden kann, ohne bei rascherem Ausfluls der Luft je nach dem Zustande der Stimmritze in die Fl\u00fcsterstimme oder in das h \u00fcberzugehen.\nIch muss in diesem Abschnitte noch das nieders\u00e4chsische Kehlkopf- R und das Ain der Araber erw\u00e4hnen.\n\u2019) a. a. O. S. 31-","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"to\nWenn man einen immer tieferen und tieferen Ton zu singen sucht und dabei verm\u00f6ge der wachsenden Abspannung seiner Stimmb\u00e4nder zuletzt die untere Grenze seines Stimmumfanges \u00fcberschreitet,. so wird man bemerken, dass die Stimmb\u00e4nder nicht mehr in der geh\u00f6rigen Weise t\u00f6nen, sondern in einzeln vernehmbaren St\u00f6fsen zittern und dadurch ein Ger\u00e4usch hervorbringen,, welches, wenn man es mit der Vocalfolge oa oa oa verbindet,_ dem Quaken der Fr\u00f6sche nicht un\u00e4hnlich ist. Dieser Laut, den; ich in meiner ersten Abhandlung Zitterlaut des Kehlkopfes benannt, habe, geh\u00f6rt auch nicht den wahren Cons\u00f6nanten an, da er, wie das h, bereits im, Kehlkopfe und nicht erst in der Mund- oder Rachenh\u00f6hle gebildet wird, aber er kann einen der Consonanten, n\u00e4mlich das r, vertreten, wie dies im Plattdeutschen, wenigstens, in der Mundart von Neuvorpommern und R\u00fcgen, in den Worten \u00f6rt (Art), w\u00fcrt (Wort), d\u00fcrt (Dorothea) u. s. w. der Fall ist.\nIch. habe den Zit.terlaut des Kehlkopfes in meiner ersten Abhandlung mit dem Zeichen \u00a3 (in den Sitzungsberichten ist mehrfach f\u00e4lschlich 9 gedruckt) bezeichnet. Es ist dies, so wie alle Zeichen, die ich noch ferner aus dem griechischen Alphabet entlehnen werde, ein rein willk\u00fcrliches, bei dem man von seiner urspr\u00fcnglichen Bedeutung g\u00e4nzlich absehen muss. Ich benutzte die, griechischen Buchstaben, weil das lateinische Alphabet nicht ausreichte und ich sicher nur solche Zeichen anwenden wollte, wie sie in jeder Druckerei vorhanden sind. H\u00e4tte ich urspr\u00fcnglich, gewusst, dass meine Abhandlung in der mit Typen so reich ausgestatteten \u00f6sterreichischen Staatsdruckerei gedruckt werden w\u00fcrde,, so w\u00fcrde ich passendere gew\u00e4hlt haben. Ich bemerke deshalb hier noch einmal, wie ich es schon damals gethan habe, dass ich, weit entfernt bin, meine Bezeichnungen als f\u00fcr ein allgemeines Alphabet brauchbar zu betrachten. Meine Ansicht \u00fcber die Art,, wie man zu einem solchen gelangen k\u00f6nnte, werde ich am Schl\u00fcsse dieser Abhandlung entwickeln.\nWenn man den Zitterlaut des Kehlkopfes, das Kehlkopf-ft der Niedersachsen, hervorbringt und dann mit dem Ton der Stimme ip die H\u00f6he gebt, aber doch das Zittern beizubehalten sucht, so erzeugt man, unter dem Gef\u00fchle von leichtem Druck in der Kehle, einen harten, knarrenden Ton, fast wie das Knarren einer Th\u00fcr oder das Knarren eines Stiefels; dies ist das Ain der Araber. Dasselbe ist oft mit dem Bl\u00f6cken der K\u00e4lber verglichen worden,","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"LI\nund es liegt darin auch etwas wahres, nur darf man sich unter dem Ain keinen thierischen, f\u00fcr den Occidentalen unerh\u00f6rten Laut vorstellen. Ich habe das Ain oft genug im vocalischen Anlaute unserer deutschen Muttersprache geh\u00f6rt, theils von Personen, die in ihrer Aussprache affectieren, theils von solchen, die auf dem Katheder oder auf der B\u00fchne durch Verh\u00e4rtung des Timbre ihrer Stimme eine gr\u00f6fsere Tragweite zu geben suchen.\nDie physiologischen Bedingungen f\u00fcr die Hervorbringung des Ain lassen sich noch nicht so vollst\u00e4ndig ermitteln, wie es w\u00fcn-sehenswerth ist. Die T\u00f6ne, welche man an den ausgeschnittenen Kehlk\u00f6pfen von Leichen hervorbringen kann, sind am weichsten, wenn die Stimmb\u00e4nder einander beim R\u00fcckschw\u00fcnge nicht ber\u00fchren; sobald dies geschieht und somit die Stimmritze periodisch vollkommen geschlossen wird, verh\u00e4rtet sich der Ton, wie dies in der Natur der Sache liegt. Man k\u00f6nnte deshalb glauben, dass der erstere Zustand der gew\u00f6hnlichen Stimme, der letztere an und f\u00fcr sich schon dem Ain entspr\u00e4che ; aber es scheint , dass, um das Knarren des Ain hervorzubringen, zugleich noch eine andere Ver\u00e4nderung im Kehlkopfe ein tritt. Erstens gibt n\u00e4mlich Garcia 9>, der seine Stimmritze mittelst eines Spiegels untersuchen liess, an, dass die Stimmb\u00e4nder schon w\u00e4hrend des gew\u00f6hnlichen Singens beim R\u00fcckschw\u00fcnge zusammenschlagen, und zweitens gibt Wallin richtig an, dass, wenn man zum arabischen Ha (>-), dem heiseren Hauche, die Stimme t\u00f6nen l\u00e4sst, das Ain hervorgebracht wird. Was aber dem Ha und dem Ain gemeinsam ist, kann nicht im Zustande der wahren Stimmb\u00e4nder liegen ; denn Ain ist t\u00f6nend, Ha ist tonlos, beim Ain schwingen die wahren Stimmb\u00e4nder, beim Ha Ihun sie es nicht. Andererseits f\u00fchle ich, wenn ich den Finger bis an den Kehldeckel bringe, dass sich dieser beim Ha und' Ain zwar etwas erhebt, aber nicht \u00fcber die Stimmritze zur\u00fcckgelegt wird. Die wesentliche Ver\u00e4nderung muss also in dem Raume zwischen den wahren, d. h. unteren Stimmb\u00e4ndern und dem Kehldeckel vor sich gehen. Wahrscheinlich bezieht sich dieselbe also auf die Lage der oberen oder falschen Stimmb\u00e4nder und der beweglichen Knorpel, an welche diese wie die wahren nach r\u00fcckw\u00e4rts befestigt sind (Giefsbecken-Knorpef),\n') Observations on the human voice. Proceedings of the royal society. Vol. 17/. Nr. 13. p. 399 ff.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nIch habe mich vergebens bem\u00fcht, \u00fcber diesen Punct mittelst directer Untersuchung nach der Methode von Garcia in\u2019s Reine zu kommen. Mein Gaumensegel ist so empfindlich, dass beim Einbringen des Spiegels starkes W\u00fcrgen eintritt und ich unf\u00e4hig werde, einen bestimmten Laut hervorzubringen.\nPurkine vermuthet, dass, w\u00e4hrend beim reinen Ton nur die wahren Stimmb\u00e4nder schwingen, beim Ain dagegen die falschen aneinanderschlagen, worauf ihn das subjective Gef\u00fchl bei der Hervorbringung des Lautes f\u00fchrte. Man kann aufserdem noch daf\u00fcr geltend machen, dass man, wie ich so eben gezeigt habe, auf dem Wege des Ausschliefsens auf eine Mitwirkung der falschen Stimmb\u00e4nder bei der Hervorbringung des Ain gef\u00fchrt wird, und da der Laut, wie ich bereits erw\u00e4hnte, ein Zitterlaut ist, so liegt es nahe, anzunehmen, dass diese Mitwirkung in einer Verschliefsung der oberen oder falschen Stimmritze bestehe, so dass dieser Verschluss von dem Luftstrome periodisch durchbrochen wird, \u00e4hnlich wie dies beim Zitterlaute der Lippen mit dem Verschl\u00fcsse dieser geschieht. Auch diesen Zitterlaut kann man in ein Knarren verwandeln, wenn man die Lippen st\u00e4rker gegen einander presst. Unsere Kenntnisse von der Bewegung der oberen Stimmb\u00e4nder sind aber noch so unvollkommen, dass ich nichts Bestimmtes \u00fcber ihr Verhalten beim Ain auszusagen wage.\nPurkine sagt ferner, das Ain habe keinen eigentlichen Ton zur Begleitung, und wenn etwas dergleichen vernommen werde, so lasse sich dieses durchaus nicht mit dem reinen Vocalton vergleichen. Dies ist meiner Ansicht nach so zu verstehen, dass nicht der gew\u00f6hnliche Ton der Stimme continuierlich geh\u00f6rt wird. Das Ain ist aber deswegen keineswegs tonlos. Es besteht vielmehr selbst aus einer Reihenfolge von sehr kurzen, abgebrochenen, rasch auf einander folgenden T\u00f6nen. Ich habe es nie tonlos geh\u00f6rt und es ist mir auch nie gelungen, es tonlos hervorzubringen. Wenn ich den Ton der Stimme unterdr\u00fccke, verfalle ich sogleich in ein sehr heiseres Ha. Auch die arabischen Orthoepisten rechneten, wie wir sp\u00e4ter sehen werden, das Ain zu den t\u00f6nenden Lauten.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"III. Abschnitt.\nDie Vocale.\nA. Die einfachen Vocale.\n13\nIn der gew\u00f6hnlichen Sprache hat das \u00ab einen tieferen Ton als das i, und wenn man die Vocale in die Ordnung u, o, a, e, i bringt, so steigt der Ton allm\u00e4hlich auf. Soprans\u00e4ngerinnen k\u00f6nnen im Bereich ihrer h\u00f6chsten T\u00f6ne noch e und i, aber nicht mehr o und u hervorbringen. Dies sind merkw\u00fcrdige Erscheinungen , deren Grund wir sp\u00e4ter kennen lernen werden. Sie veran-lassten die Vorstellung, dass der wesentliche Unterschied der Vocale in der Tonh\u00f6he liege. Auch Kempelen war, als er die erste Sprechmaschine baute, dieser Ansicht, aber er \u00fcberzeugte sich bald vom Gegentheile. \u00abEine jede Pfeife,\u201d sagt er, \u00abgrofs und klein, die ich nur immer ansprechen liefs, gab immer ein a, nur dass es nach Verh\u00e4ltnis der Pfeifengr\u00f6fse in einem bald h\u00f6heren bald tieferen musikalischen Tone lautete, aber best\u00e4ndig ein a blieb.\u201d Es gelang ihm sp\u00e4ter einigermafsen Vocale hervorzubringen, indem er an sein Stimmwerk einen Kautschuktrichter ansetzte, dessen vordere \u00d6ffnung er durch die in verschiedener Weise vorgehaltene Hand theilweise verschlofs.\nUngef\u00e4hr zu derselben Zeit gelang es Kratzenstein 10) die verschiedenen Vocale hervorzubringen, indem er an ein Zungenwerk verschieden gestaltete Ans\u00e4tze befestigte. Er bediente sich hierbei zuerst einer Zunge, die nicht, wie dies bei der sogenannten Vox humana, einem mit wenig Recht der Menschenstimme verglichenen System von Zungenpfeifen an den Orgeln, der Fall war, an den Rahmen anschlug, sondern frei in demselben hin und her schwang, weil er fand, dass der Ton derselben weicher und\n,0) Tentamen resolvendi problema ab academia scientiarum Petro-polilana ad annum i780 publice propositum: 1. Qualis sil natura et character sonorum litterarum vocalium a, e, i, o, u tarn insigniter Mer se diversorum, 2. Amon comtrui queant instrumenta ordini tuborum organicorum, sub termino rods humanae noto simitia, guae litterarum vocalium a, e, i, o, u sonos exprimant. Petropoli, t78i.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nder menschlichen Stimme \u00e4hnlicher war; eine Erfindung, die sp\u00e4ter von Verfertigern musikalischer Instrumente angewendet worden ist.\nDamit war man wohl zur praktischen, aber nicht, was in diesem Falle wichtiger war, zur theoretischen L\u00f6sung des Problems gelangt. Es war einem Engl\u00e4nder, R. Willis, Vorbehalten, uns diesem Ziele n\u00e4her zu bringen. Er fand, dass eine Uhrfeder, welche die Z\u00e4hne eines sich drehenden Zahnrades ber\u00fchrte, bei einer gewissen L\u00e4nge den Vocal a gebe. Spannte er sie k\u00fcrzer ein, so gieng dieser Vocal in e und i \u00fcber, spannte er sie l\u00e4nger ein, in o und u. Wurde das Rad schneller oder langsamer gedreht, so erh\u00f6hte und vertiefte sich der Ton, aber der Vocal gieng nicht in einen andern \u00fcber. Betrachten wir, was hier geschah. Jedesmal, wenn die Uhrfeder von einem Zahne absprang, gab sie der Luft einen Impuls, der auf unser Ohr \u00fcbertragen wurde. Diese Impulse heifsen bei Willis die prim\u00e4ren, und von der Geschwindigkeit, mit welcher sie einander folgen, h\u00e4ngt die H\u00f6he des Tones ab; wird also das Rad schneller gedreht, so erh\u00f6ht sich der Ton, wird das Rad langsamer gedreht, so vertieft er sich. Nachdem aber die Feder von einem Zahn abgeglitten ist, so kommt sie nicht sofort zur Ruhe, sondern sie schwingt wie jeder angestofsene elastische K\u00f6rper um ihre Gleichgewichtslage hin und her. Diese Schwingungen erzeugen die von Willis sogenannten secund\u00e4ren Impulse. Letztere folgen einander rascher, wenn die Feder kurz eingespannt ist, langsamer, wenn dieselbe Feder l\u00e4nger ein gespannt wird. Man kann sich hiervon \u00fcberzeugen, wenn man die eingespannte Feder einfach mit dem Daumennagel aus ihrer Gleichgewichtslage bringt und sie dann zur\u00fcckschwingen l\u00e4sst. Hier h\u00f6rt man den sogenannten eigenen Ton der Feder, der bei derselben Feder um so h\u00f6her ausf\u00e4llt, je k\u00fcrzer sie eingespannt ist. Beim Drehen des Rades wird er offenbar so oft wiederholt, als die Feder von einem Zahne abschnappt. Dieser eigene Ton der Feder ist es also, dessen H\u00f6he nach Willis den Vocalcharakter bedingt. Eine gewisse H\u00f6he desselben gibt i, eine geringere e, eine noch geringere a, eine noch geringere o und eine noch geringere u.\nHieraus erkl\u00e4rt sich zugleich, weshalb beim Erh\u00f6hen des Tones die Vocale von u angefangen nach einander unm\u00f6glich werden; denn der eigene Ton der Feder muss, wenn er einen Vocal","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"ts\nerzeugen soll, immer h\u00f6her sein als der, welcher durch die prim\u00e4ren Pulsationen bedingt wird, weil die Feder sonst nicht Zeit hat, zwischen den Z\u00e4hnen des Rades hin und her zu schwingen. Denke ich mir, die Feder sei so eingespannt, dass sie bei langsamer Drehung des Rades u erzeugt, denke ich mir dann das Rad so rasch gedreht, dass die prim\u00e4ren und secund\u00e4ren Impulse gleich rasch aufeinander folgen, so werden sie einander decken, und damit wird die akustische Ursache der Vocalbildung aufgehoben sein.\nBeim Sprechen und Singen werden die Vocale durch Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung und anderweitige Gestaltver\u00e4nderung des Ansatzrohres hervorgebracht, welche dem menschlichen Stimmwerke, dem Kehlkopfe, in Gestalt der Rachen- und Mundh\u00f6hle mitgegeben sind. Demgem\u00e4fs hat Willis gezeigt, dass man auch durch Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung eines k\u00fcnstlichen Ansatzrohres die Vocale 4, e, \u00bb, \u00bb, u erhalten kann, wenn man dasselbe an ein Stimmwerk mit frei durchschlagender Zunge ansetzt. Wie vorher ein einzelner Stofs gegen die Uhrfeder schon einen musikalischen Ton repr\u00e4sentierte, so repr\u00e4sentiert hier ein einzelner Impuls der metallenen Zunge bereits einen musikalischen Ton, indem die Luftwellen in der L\u00e4ngsrichtung der R\u00f6hre hin und her reflectiert werden und dadurch die secund\u00e4ren Pulsationen entstehen, die bei der Uhrfeder von den Schwingungen repr\u00e4sentiert wurden, durch welche sie in ihre Ruhelage zur\u00fcckkehrt. Wie vorhin die H\u00f6he des durch sie gegebenen Tones und somit der Vocallaut von der L\u00e4nge der Uhrfeder abhieng, so h\u00e4ngt er jetzt von der L\u00e4nge der R\u00f6hre ab, denn diese bestimmt die Geschwindigkeit, mit der die secund\u00e4ren Pulsationen einander folgen. So weit die Theorie von Willis. In der That erkl\u00e4rt sich nach ihr, dass in den hohen T\u00f6nen des Soprans kein u mehr hervorgebracht werden kann, weil die Periode der prim\u00e4ren Pulsationen f\u00fcr dasselbe zu kurz wird im Vergleich zur Periode der secund\u00e4ren Pulsationen. Es erkl\u00e4rt sich auch, weshalb in der gew\u00f6hnlichen Sprache der Ton, mit dem die Stimme beim * t\u00f6nt, etwas h\u00f6her ist, als der, womit sie beim u t\u00f6nt; denn es ist bekannt, dass bei allen Zungenpfeifen der eigene Ton des Ansatzrohres auf das Rohrwerk zur\u00fcckwirkt und die Schwingungsdauer der Zunge modifi-ciert. Man k\u00f6nnte auf den ersten Anblick einwenden, dass ja zur Hervorbringung der Vocale gar kein Ton nothwendig ist, dass man sie auch ohne Ton der Stimme, beim Fl\u00fcstern, eben so gut","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nunterscheidet wie beim lauten Sprechen ; aber dieser Einwand zerfallt bei n\u00e4herer Betrachtung in nichts. Beim Ger\u00e4usche sind so gut Impulse vorhanden wie beim Ton, sie folgen nur nicht wie bei diesem in gleichm\u00e4fsigen Intervallen, ja \u00fcberhaupt nicht nach einer bestimmten Periode auf einander. Von dieser Periode der prim\u00e4ren Impulse ist aber auch nach Willis nur die Tonh\u00f6he abh\u00e4ngig, nicht die Natur des Vocals. F\u00fcr diese letztere ist es also auch ganz gleichgiltig, ob \u00fcberhaupt ein Rhythmus in den prim\u00e4ren Pulsationen ist oder nicht; sie h\u00e4ngt lediglich ab von dem Echo, welches die prim\u00e4ren Pulsationen in der Mundh\u00f6hle finden, von der Periode der secund\u00e4ren Pulsationen, die von jeder einzelnen prim\u00e4ren Pulsation nach unwandelbaren Gesetzen hervorgerufen werden und von dem Vorhandensein einer Periodicit\u00e4t in den prim\u00e4ren Pulsationen vollkommen unabh\u00e4ngig sind.\nIch habe die Fundamentalversuche von Willis wiederholt. Mit der Uhrfeder und dem Savart\u2019schen Rade habe ich keine erkennbaren Vocale erhalten, wohl aber durch Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung eines mit einem Zungenwerke verbundenen Ansatzrohres. Sie sind zwar im Vergleiche zu denen der Sprache sehr undeutlich, indessen glaube ich doch, dass Willis einen wesentlichen Punct der Sache getroffen hat; denn bei der Hervorbringung der Vocale mit der Menschenstimme ist der Einflufs der Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung des Ansatzrohres, d. h. des Rachen- und Mundcanals von der Stimmritze an gerechnet bis zur Mund\u00f6ffnung, h\u00f6chst auffallend. Wir werden dies sp\u00e4ter bei der Betrachtung der einzelnen Vocale sehen. Die gr\u00f6fscre Deutlichkeit der nat\u00fcrlichen Vocale scheint mir auf verschiedenen Ursachen zu beruhen. Erstens darauf, dass der Ton der Menschenstimme mehr geeignet ist, Unterschiede der Vocale hervortreten zu lassen, als der aller bisher construierten Zungenwerke. Zweitens darauf, dass die festen Theile bei verschiedenen Vocalen verschieden mitschwingen und dadurch den Timbre ver\u00e4ndern. So machte michHr. Deutsch, Director des hiesigen israelitischen Taubst ummen-Institutes, darauf aufmerksam, dass beim i die Sch\u00e4delknochen st\u00e4rker als bei jedem anderen Vocale mitschwingen, w\u00e4hrend beim a die Resonanz der festen Theile am geringsten ist. Endlich drittens muss bemerkt werden, dass wir die Vocale beim Sprechen nicht allein durch Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung des Ansatzrohres hervorbringen, sondern dass wir dasselbe bei einzelnen Vocallauten auch in sei-","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"17\nnem Verlaufe oder an seinem Ende verengern. Dass dies von sehr wesentlichem Einfl\u00fcsse sei, zeigt nicht nur die Beobachtung am lebenden Menschen, sondern auch das physikalische Experiment. Als Willis die Versuche von Ke mp eien widerholte und ab\u00e4nderte, fand er, dass ein an das Stimmwerk angesetzter Holztrichter von V2 Zoll Tiefe und 2% Zoll Durchmesser die Vocale i, e, a, o, u gibt, wenn man ihn durch ein vorgeschobenes Bret in verschiedenen Graden verschliefst, so dass er bei u bis auf einen kleinen Rest seiner \u00d6ffnung gedeckt ist.\nIch habe auch diesen Versuch widerholt und finde, dass die so erzeugten Vocale nicht schlechter sind, als diejenigen, welche durch Verl\u00e4ngern eines Ansatzrohres erzeugt werden, im Gegen-theile etwas besser. Man kann kaum zweifeln, dass sie auch hier durch mehrfache Reflexion der Schallwellen erzeugt werden, aber die Bedingungen des Versuches bieten der mathematischen Analyse desselben, die, so viel ich weifs, bis jetzt noch nicht unternommen ist, eigenth\u00fcmliche Schwierigkeiten dar. Im Allgemeinen ist auch dieser Versuch der Grundidee von Willis g\u00fcnstig, da vom i zum u die Ausflufs\u00f6ffnung immer mehr verengert wird und man weifs, dass Verengerung der Ausflufs\u00f6ffnung stets den Grundton eines als Ansatz- oder Pfeifenrohr dienenden Hohlk\u00f6rpers vertieft.\nNach diesen Vorbemerkungen kann ich zur Hervorbringung der Vocale durch die Sprachwerkzeuge des Menschen \u00fcbergehen. Nehmen wir zuv\u00f6rderst an, dass sie m\u00f6glichst deutlich und klingend, mit sogenannter heller Resonanz hervorgebracht werden sollen, und beginnen wir beim u.\nU.\nHier ist das Ansatzrohr am meisten verl\u00e4ngert, indem sich der Kehlkopf nach abw\u00e4rts senkt und die Mundwinkel sammt den Lippen vorgeschoben werden. Zugleich ist die Mund\u00f6ffnung, also das offene Ende des Ansatzrohres verengt. Wir k\u00f6nnen zwar auch, wie schon Purkihe bemerkt, bei der gew\u00f6hnlichen Stellung der Lippen und m\u00e4fsiger \u00d6ffnung des Mundes ein \u00ab hervorbringen, aber dann muss der Kehlkopf noch tiefer gesenkt werden, weil die vordere Verl\u00e4ngerung des Ansatzrohres wegf\u00e4llt, und doch erh\u00e4lt das u nicht jene klangvolle Deutlichkeit wie vorher. Ich will\nE. Br\u00fccke, Physiot. u. Syst. d. Sprachlautc*\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\ndas auf die letztere Art gebildete w als das unvollkommen gebildete bezeichnen.\nH\u00e4lt man den Mund auch nur m\u00e4fsig ge\u00f6ffnet und zerrt mit den Fingern die Mundwinkel gegen die Ohren hin, so l\u00e4sst sich gar kein u mehr hervorbringen, weil dadurch das Ansatzrohr vorn so viel an L\u00e4nge verliert, dass dies nicht mehr durch weiteres Senken des Kehlkopfes eingebracht werden kann. N\u00e4hert man aber Kiefer und Lippen einander, so dass nur noch neben den in die Mundwinkel gebrachten Fingern oder auch nur neben einem derselben eine \u00d6ffnung bleibt, so kann man wieder ein u sprechen. Hier ersetzt also die Verengerung der Ausflufs\u00f6ffnung die mangelnde Verl\u00e4ngerung des Ansatzrohres, gerade so wie wir dies fr\u00fcher bei den Versuchen mit Holztrichtern gesehen haben.\nBeim u wird stets die Zungenwurzel den hinteren Gaumenb\u00f6gen gen\u00e4hert; dies ist aber eine nothwendige Folge des Herabsinkens des Kehlkopfes, und es muss desshalb zweifelhaft bleiben, ob es an und f\u00fcr sich wesentlich zur Erzeugung des Vocallautes beitr\u00e4gt.\nI.\nBeim i ist das Ansatzrohr am k\u00fcrzesten, indem der Kehlkopf am h\u00f6chsten steht und durch Verbreiterung der Mundwinkel auch nach vorn zu eine Verk\u00fcrzung eintritt. Zugleich aber ist der Theil des Mundcanals, der zwischen dem Zungenr\u00fccken und dem harten Gaumen liegt, stark verengt, indem die Zunge sich zu beiden Seiten an den Gaumen anlegt und nur in der Mitte eine Rinne f\u00fcr die durchstr\u00f6mende Luft bildet. Welchen Einflufs diese Verengerung des Mundcanals auf die Reflexion der Schallwellen hat, ist bis jetzt noch nicht er\u00f6rtert worden; dass sie es aber ist, welche die st\u00e4rkere Resonanz der Kopfknochen beim i bedingt, kann wohl mit grofser Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt werden.\nWenn man die Lippen wie zum u vorschiebt und zurundet, so ist es unm\u00f6glich ein i zu sprechen; man erh\u00e4lt stets nur ein \u00fc. Ebenso macht ein tiefer Stand des Kehlkopfes das helle vollkommene i unm\u00f6glich; man kann zwar durch Verengerung des Mundcanals, welche in diesem Falle weiter nach hinten liegt, noch ein * hervorbringen, dasselbe hat aber immer einen dumpfen Klang, der dem eigentlichen i durchaus fremd ist. Man kann dieses i das unvollkommen gebildete nennen, wie ich das vorher beschrie-","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"1!)\nlene dumpfe w als unvollkommen gebildet bezeichnet habe : denn bei ihm fehlt die Bedingung, welcher das gew\u00f6hnliche * die helle Resonanz verdankt. Es ist wegen seines dumpfen Klanges auch schon fr\u00fcher als das dumpfe oder tiefe i bezeichnet worden. Man findet es h\u00e4ufig bei Taubstummen, deren Sprache es dann in hohem Grade entstellt; es r\u00fchrt davon her, dass man sie beim ersten Unterrichte nicht angewiesen hat, den Kehlkopf bei der Hervorbringung des i kr\u00e4ftig zu heben.\nA.\nBeim a ist das Ansatzrohr k\u00fcrzer als beim u und l\u00e4nger als beim indem die Lippen weder vorgeschoben sind, noch die Mundspalte in der Quere erweitert, und indem der Kehlkopf h\u00f6her steht als beim u und tiefer als beim i. Beim a hat das Zungenbein dieselbe Stellung wie in der Ruhe, aber der Kehlkopf ist ihm st\u00e4rker gen\u00e4hert und dadurch etwas gehoben; geht man von a in i \u00fcber, so behalten Kehlkopf und Zungenbein ihre gegenseitige Lage, aber steigen mit einander in die H\u00f6he; geht man von a in u \u00fcber, so entfernt sich der Kehlkopf so weit er kann vom Zungenbein, um sich nach abw\u00e4rts zu senken. Das Zungenbein bewegt sich dabei etwas nach vorne, wahrscheinlich wegen der Lagenver\u00e4nderung, welche die Zungenwurzel durch das Herabtreten des Kehlkopfes erleidet.\nDer Mundcanal ist beim a in seiner ganzen L\u00e4nge offen, weder in der Mitte verengt wie beim i, noch am Ende verengt wie beim u. Beides w\u00fcrde die Hervorbringung des reinen hellen a unm\u00f6glich machen; \u00fcbrigens aber kann das a bei sehr verschiedener Weite des Mundcanals hervorgebracht werden.\ni, a und u sind die drei Grundpfeiler des Yocalsystems: dies lehrt die Entwicklungsgeschichte der indo-europ\u00e4ischen und der semitischen Sprachen.in \u00dcbereinstimmung mit der Physiologie. Die \u00fcbrigen Vocale sind alle nur Zwischenlaute, von denen wir zuerst die der nat\u00fcrlichen Vocalreihe betrachten wollen, das heifst die, welche zwischen i und a und zwischen a und u liegen.\nGehen wir von der Stellung f\u00fcr das a, als von der urspr\u00fcnglichen aus, so werden die Zwischenlaute gegen das i hin gebildet durch stufenweise Verk\u00fcrzung des Ansatzrohres und Verengerung\n2 *","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\ndesselben in der Mitte. Purkine hat zuerst richtig- beobachtet, dass sich beim \u00dcbergange von a zu e der sogenannte Kehlraum, d. h. der Raum zwischen Kehlkopf, hinterer Rachenwand, Gaumensegel und Zungenwurzel erweitert und die Erweiterung auch beim i bleibt. Diese Erweiterung scheint mir eine nolhwendige Folge der Muskelwirkungen zu sein, durch die der Zungenr\u00fccken dem Gaumen gen\u00e4hert und Zungenbein und Kehlkopf gehoben werden, ebenso wie wir vorhin gesehen haben, dass beim u, wo der Kehlkopf und das Zungenbein am tiefsten steht, der Kehlraum am engsten ist. Eine besondere Einwirkung des Kehldeckels auf den Vocallaut habe ich nicht finden k\u00f6nnen: denn wenn ich den Zeigefinger in den Rachen brachte, so machte es f\u00fcr die Hervorbringung der verschiedenen Vocale keinen Unterschied, ob ich ihn frei neben den Kehldeckel legte, oder ob ich den Kehldeckel durch ihn fixierte.\nDie Zwischenlaute gegen das u hin werden hervorgebracht durch stufenweise Verl\u00e4ngerung des Ansatzrohres und stufenweise Verengerung der Ausflufs\u00f6ffnung. Auf die Frage, wie viel Zwischenlaute man zwischen \u00bb und a und a und u unterscheiden solle, muss ich antworten : So viele, als ein gew\u00f6hnliches Ohr ohne besondere \u00dcbung zu unterscheiden vermag. Sogenannte feine Unterscheidungen, die von einzelnen, die sich auf ihr bevorzugtes Geh\u00f6r berufen, gemacht werden, haben f\u00fcr die Lautlehre keine Bedeutung und beruhen oft mehr in der Einbildung als in der Natur der Sache. Jede Aussprache hat ihre gewisse Breite der Richtigkeit, die eben das Resultat des gemeinen Geh\u00f6res und der gemeinen Sprachgeschicklichkeit ist. Was sich in engere Grenzen zw\u00e4ngt, ist individuell, es geh\u00f6rt nicht mehr dem Volke und somit auch nicht mehr der Sprache als Ganzem an. Ich rathe hiernach drei Vocale zwischen i und a und drei andere zwischen a und \u00ab zu unterscheiden. Es bleibt mir noch \u00fcbrig, die drei Hauptvocale und die Zwischenlaute durch Beispiele und Zeichen n\u00e4her zu bestimmen. Ich mache den Anfang mit dem i, um mit u zu schliefsen, und erhalte somit neun Vocale in folgender Reihe:\n1.\tDas i der Deutschen und Italiener und das ee der Engl\u00e4nder, z. B. dtsch. wider, it. giro, engl, wheel; ich bezeichne es mit i.\n2.\tDas \u00e9 der Franzosen. Es ist das hohe \u00e8 im ungarischen s%\u00e9p (pulcher) und im neuslowenischen bei (albus). Im","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"21\nDeutschen wird es lang geh\u00f6rt in: ewig, selig, kurz in: werden.\n3.\tDas \u00e8 der Franzosen und das e der Deutschen in: Hehl, ehrlich, echt u. s. w., welches ich ea bezeichnen werde.\n4.\tDas \u00ea der Franzosen oder \u00e4 der Deutschen, welches ich ae bezeichnen werde. Englisch man, fat, Ungar, fekete (niger).\n5.\tDas reine oder italienische a in ballare, cantare u. s. w.\n6.\tDas tiefe a der Deutschen in Wahl, Arm u. s. w., welches auch im Ungarischen h\u00e4ufig geh\u00f6rt wird, z. B. bal (miser) und welches ich mit a\u00b0 bezeichnen will.\n7.\tDer Zwischenlaut zwischen a und o, der im englischen lord, scorn und im franz\u00f6sischen encore geh\u00f6rt wird. Ich bezeichne ihn oa.\n8.\tDas reine o, wie wir es in Oper, Woge u. s. w. und in den lateinischen W\u00f6rtern bonus, nomen u. s. w. sprechen; kurz wird es geh\u00f6rt im deutschen Ordnung und im lateinischen orbis, nach der jetzigen Aussprache. Ich bezeichne es mit o.\n9.\tDas u der Deutschen in Math, Duldung, oder das ou der Franzosen. Ich bezeichne es mit u.\nF\u00fcr diese neun Vocale haben wir im Deutschen sechs Zeichen, indem nur i, ae und u ihr eigenth\u00fcmliches Zeichen mit n\u00e4herungsweise constantem Lautwerthe haben, dagegen e und ea beide mit e, a und a\u00b0 beide mit a, und oa und o beide mit o bezeichnet werden.\nIndem wir die Verl\u00e4ngerung oder Verk\u00fcrzung des Ansalzrohres und die theilweise Verengerung desselben gleichzeitig anwenden, stehen uns noch Vocale zu Gebote, die in der so eben beschriebenen Reihe i, e, ea, a\", a, a\u00b0, oa, o, u nicht enthalten sind.\nBringen wir ein * hervor und suchen aus demselben allm\u00e4hlich, ohne in e \u00fcberzugehen, zum u zu gelangen, indem wir zun\u00e4chst die Mund\u00f6ffnung verengen, dann zur Verl\u00e4ngerung des Ansatzrohres nach vorne vorschieben und endlich die Zunge und das Zungenbein mit dem Kehlkopfe sinken lassen, so bringen w ir eine Vocalreihe hervor, welche analog der vorigen bezeichnet werden kann,\ni, i\u201c, u\u2018, u.\nDas \u00bb\u201c ist das Ypsilon nach norddeutscher Aussprache z. B. in Myrte und Physik, das u' ist das \u00fc der Schriftsprache in W\u00fcrde,","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\n\u00fcber u. s. w., das u der Franzosen. Diese Yocalreihe, welche Willis ganz aufser Acht l\u00e4sst, ist f\u00fcr seine Theorie von wesentlichem Interesse. Schon Purkine, der die Arbeit von Willis noch nicht kannte, bemerkt, dass der Ton, mit welchem die Luft bei weit offener Stimmritze und verschiedenen Stellungen der Mund-theile durch die Mundh\u00f6hle streiche, mit der Yocalbildung Zusammenh\u00e4nge und dass an der unteren Grenze der Skala der T\u00f6ne des Mundpfeifens beim Mitt\u00f6nen der Stimme ein o oder w erzeugt werde. Der Ton aber, welcher beim Mundpfeifen unter schwachem Anblasen erzeugt wird, ist der Grundton des Ansatzrohres, und dieser bedingt ja eben nach Willis die Natur des Vocals. Wenn man nun einen m\u00f6glichst tiefen Ton zu pfeifen sucht, so bemerkt man, dass alle Theile von den Lippen bis zum Kehlkopf vollst\u00e4ndig wie zum u gestellt werden, und sucht man den Ton zu erh\u00f6hen, ohne dass man dabei st\u00e4rker bl\u00e4st, so wird man bemerken, dass man in Stellungen f\u00fcr verschiedene Abstufungen des \u00fc \u00fcbergeht, die sich mit steigender Tonh\u00f6he der f\u00fcr i immer mehr n\u00e4hern, dieselbe aber nie erreichen, da f\u00fcr das reine i sich die Mund\u00f6ffnung erweitern muss, womit das Pfeifen aufh\u00f6rt.\nMan kann ferner beim \u00dcbergange aus e in o die Vocalreihe e, e\u00b0, oe, o\nbilden. Das oe ist das deutsche \u00f6 in \u00d6l und h\u00f6lzern, das e\" ist im Deutschen ziemlich selten, am meisten wird es begreiflicherweise noch geh\u00f6rt in W\u00f6rtern, bei denen unsere Orthographie zwischen e und \u00f6 schwankt, z. B. in zw\u00f6lf (plattdeutsch twelw).\nEben so kann man aus ea in oa \u00fcbergehen, ohne die dazwischen liegenden Laute ae, a und a\u00b0 zu ber\u00fchren, und erh\u00e4lt dadurch neue Vocallaute. Unterscheidet man zwischen ea und oa nur einen Zwischenlaut, so ist dies der Vocal in den franz\u00f6sischen W\u00f6rtern veuve und soeur, welchem Chladni bereits die richtige Stelle angewiesen hat * *) : man kann indessen auch mehrere unterscheiden, obgleich ihre Nuancierung nicht ohne Schwierigkeit ist und wohl kaum noch ein praktisches Interesse darbietet, da e\u201c und oa in der nat\u00fcrlichen Vocalreihe einander bereits n\u00e4her stehen als i und m und als e und o.\n\u201c) \u00dcber die Hervorbringung der menschlichen Sprachlaute, in Gilbert\u2019s Annalen der Physik und Chemie, \u00dfd. 76, S. 187.","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"23\nDie bis jetzt besprochenen Vocale lassen sich am besten in folgender Weise anordnen:\na\nae a\u00b0\nea aoe 0a\ne e\u00b0 Oe O i\tu\u2018 u\nMan k\u00f6nnte der Symmetrie halber noch einen Vocal zwischen *\u201c und ul unterscheiden, aber ich kenne keine Sprache und keinen Dialekt, der in seiner Aussprache so streng w\u00e4re, dass ein Zeichen f\u00fcr jenen Zwischenlaut erfordert w\u00fcrde.\nAlle die bisher besprochenen Vocale sind vollkommen gebildete, das heifst, es wird vorausgesetzt, dass dabei alle Mittel in Gebrauch gezogen werden, welche die menschlichen Sprach-werkzeuge darbieten, um den Vocallaut deutlich unterscheidbar und klangvoll hervortreten zu lassen. Es gibt aber, wie ich bereits angedeutet habe, auch unvollkommen gebildete Vocale , das heifst solche, bei denen dieses nicht geschieht.\nWir haben gesehen, dass das u die helle Resonanz verliert, wenn die Mund\u00f6ffnung nicht hinreichend verengt ist, und ebenso das i, wenn der Kehlkopf nicht hinreichend gehoben wird. Bringt man alle Vocale nacheinander mit der dumpfen Resonanz hervor, so wird man bemerken, dass die Bewegungen beim \u00dcbergang von einem zum anderen weniger ausgedehnt sind, als es zur Hervorbringung der hellen Resonanz n\u00f6thig ist. Namentlich \u00e4ndert sich die Mund\u00f6ffnung wenig oder gar nicht, und auch der Spielraum, innerhalb dessen sich der Kehlkopf auf und ab bewegt, ist kleiner. Beim dumpfen u wird er freilich tief hinabgezogen, daf\u00fcr steht er aber auch beim dumpfen i viel niedriger als beim hellen. Ich werde als Zeichen f\u00fcr die dumpfe Resonanz, oder wie ich es auch sonst genannt habe, die unvollkommene Bildung, ein nach links offenes H\u00e4kchen unter dem Vocal gebrauchen. Die unvollkommen gebildeten Vocale sind namentlich h\u00e4ufig im Englischen, z. B. o in not, hot, cough; 11 in could, should; ge in done, son, sun; i in pin u. s. w. Sie sind eben wegen ihrer unvollkommenen Bildung weniger scharf und charakteristisch von einander unterschieden als die Vocale mit heller Resonanz und es kann deshalb, namentlich wo sie kurz sind, Schwierigkeiten machen, ihren eigentlichen Charakter festzustellen. Ein solcher schwer zu","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nbestimmender Vocal ist das y der Polen. Ich h\u00f6re es als ein unvollkommen gebildetes u\u2018 und eben so auch Herr Piotrowski, der es mir in verschiedenen Verbindungen vorsprach.\nEs ist hier der Ort von dem Laute zu sprechen, welchen Lepsius (Das allgemeine linguistische Alphabet. Berlin, 1855. S. 24.) als den unbestimmten Vocal bezeichnet. Eine sorgf\u00e4ltige Untersuchung der Sprachen wird gewiss das Verbreitungsgebiet, welches man diesem Laute anweist, immer mehr einschr\u00e4nken; denn bald erkennt man in einem solchen scheinbar ganz unbestimmten Laute, bei dem Versuche ihn nachzubilden, ein kurzes e\u00b0, bald ein unvollkommen gebildetes o\", oder ein unvollkommen gebildetes oa oder aoe. In manchen F\u00e4llen, die f\u00fcr den unbestimmten Vocal angef\u00fchrt werden, ist gar keiner vorhanden, sondern die Consonanten werden einfach aneinander gereiht. Dies l\u00e4sst sich am schlagendsten nachweisen an der deutschen Infinitivendung era, wenn derselben ein d oder t vorhergeht, denn dann wird zwischen d oder t und n die Zunge , wie schon Purkine richtig angibt, nicht aus ihrer Lage gebracht, was vollkommen unm\u00f6glich w\u00e4re, wenn zwischen beiden Consonanten ein wie immer gearteter Vocallaut l\u00e4ge, da die Zunge in eben dieser Lage den Mundcanal verschliefst. In der gebundenen Rede, wenn der Vocal wirklich gesprochen wird, erkennt man ein kurzes accentioses e. Derselbe Vocalmangel l\u00e4sst sich an der englischen Endsilbe ora? z. B. in mutton, beobachten. Da es aber oft genug Vorkommen wird, dass ein Vocallaut so unbestimmt ist, dass man ihn wirklich nicht classificieren kann, so wird es praktisch n\u00fctzlich sein, f\u00fcr diesen Fall in der phonetischen Schreibweise ein eigenes Zeichen zu haben, wie denn Ludolf, Isenberg und andere s gebrauchen, w\u00e4hrend Lepsius e vorschl\u00e4gt. Die wesentlichsten Momente, um einen Vocal undeutlich werden zu lassen, sind die K\u00fcrze und der Mangel des Accents. Es f\u00fchrt mich dies zu einer anderen Bemerkung, die ich nicht unterdr\u00fccken kann, da sie sich gerade auf die Abhandlung von R. v. Raumer bezieht, von der ich im Eing\u00e4nge gesprochen habe.\nHerr R. v. Raumer sagt, indem er von den einfachen Vo-calen zu sprechen anhebt: \u00abMan pflegt die einfachen Vocale in kurze und lange einzutheilen und die langen als die Dehnung der kurzen zu bezeichnen. Die langen Vocale w\u00fcrden sich darnach von den kurzen nur dadurch unterscheiden, dass sie eine l\u00e4ngere","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"25\nZeitdauer in Anspruch nehmen, qualitativ w\u00e4ren sie identisch. Wenn man auf dem a des Wortes Bande etwas l\u00e4nger verweilte, so erhielte man das a von klare und schlafen, und ebenso w\u00fcrde aus dem i von binden oder wirken das von Bienen oder Stiere, aus dem e von lernen das von Ehre. Diese Ansicht ist unrichtig. Die Vocale der zweiten Art sind nicht blos quantitativ durch die Zeitdauer von denen der ersten unterschieden, sondern auch qualitativ durch die Art der Hervorbringung und ihren Klang. Man \u00fcberzeugt sich davon sofort, wenn man die kurzen Vocale wirklich unver\u00e4ndert l\u00e4ngere Zeit fortt\u00f6nen l\u00e4sst. Man halte z. B. eine halbe Note auf dem Vocal der ersten Sylbe von binden und man wird leicht gewahr werden, dass der Vocal trotz seiner Zeitdauer ein anderer bleibt als der von Bienen. Und will man beobachten, in wie fern die Stellung der Lautwerkzeuge bei dem zweiten Vocal eine andere ist als bei dem ersten, so halte man einen halben Tact auf dem * von binden und gehe in der zweiten H\u00e4lfte des Tactes auf das i von Bienen \u00fcber. Am deutlichsten wird man sowohl die Verschiedenheit der beiden Laute als die Ver\u00e4nderung in der Stellung der Lautwerkzeuge beobachten, wenn man den Versuch in leiser Sprache (vox clandestina) macht. \u00c4hnlich aber verh\u00e4lt es sich mit dem kurzen und langen a, e u. s. w. Wir finden bei genauerer Beobachtung \u00fcberall nicht blos einen quantitativen Unterschied, sondern auch einen qualitativen im Klang und in der Art der Hervorbringung.\u00bb\nBei dem Mangel aller Terminologie f\u00fcr die verschiedenen Arten des Klanges kann es nicht wohl von Herrn von Raumer verlangt werden, die Art jener qualitativen Verschiedenheit n\u00e4her zu bezeichnen, wohl aber h\u00e4tte er dies in R\u00fccksicht auf die Art der Hervorbringung thun m\u00fcssen. Wo hier wirklich Unterschiede vorhanden sind, da lassen sie sich auch beschreiben.\nEs wird nach dem, was oben \u00fcber die Genesis der Vocale laute gesagt ist, dem Leser wohl bereits klar sein, dass der Vocallaut als solcher durch die Zeit, w\u00e4hrend welcher er andauert, nicht ver\u00e4ndert, das heifst in einen andern umgewandelt werden kann, und dass mithin seine Qualit\u00e4t von seiner Quantit\u00e4t in diesem Sinne v\u00f6llig unabh\u00e4ngig ist. Wird ein langer Vocal mehr und mehr verk\u00fcrzt, so geht er nicht in einen andern \u00fcber, sondern er bleibt derselbe, bis endlich seine Zeitdauer so weit beschr\u00e4nkt wird, dass es den Sprachwerkzeugen nicht mehr m\u00f6g-","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nlieh ist, vollst\u00e4ndig in die Stellung f\u00fcr den intendierten Vocal \u00fcberzugehen, und dem Ohre unm\u00f6glich ist, ihn noch zu unterscheiden. Es w\u00fcrde deshalb h\u00f6chst unrichtig sein, wenn man die Vocale im Allgemeinen in lange und kurze eintheilen wollte, von denen die einen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ von den anderen verschieden sein sollten.\nAber das will auch Herr von Raumer, wenn ich ihn anders recht verstanden habe, nicht; seine Behauptung geht nur dahin, dass, wenn wir die kurzen Vocale unserer deutschen Muttersprache continuierlich hervorbringen, nicht die gebr\u00e4uchlichen langen Vocale entstehen, sondern andere, von diesen verschiedene. Indessen ist auch diese Angabe nur theilweise richtig. Allerdings werden das kurze o, das kurze u und das kurze \u00f6 oft unvollkommen gebildet, wenigstens in der gew\u00f6hnlichen Umgangssprache und lauten somit o, u und oe, wogegen wir dieselben Vocale , wo sie gedehnt sind, stets vollkommen zu bilden pflegen. Eine \u00e4hnliche unvollkommene Bildung tritt h\u00e4ufig beim kurzen i ein, indem wir hier weniger als beim langen die Mundwinkel nach den Seiten ziehen und den Kehlkopf weniger heben. Dagegen finde ich bei e, \u00e4 und a keine Verschiedenheit der Bildung bei kurzer und langer Aussprache. Denn dass das kurze e nicht nur dem Buchstaben entsprechend als e und ea, sondern auch als e\u00b0 gelesen wird, ist nur ein Provinzialismus und auch die schwankende Aussprache des kurzen a kann nicht f\u00fcr Hrn. v. Raumer angef\u00fchrt werden, da auch das lange bald a bald a\u00b0 lautet. Ebenso wird das kurze \u00fc im Deutschen meistens vollkommen gebildet.\nIch kann es deshalb auch nicht billigen, wenn man besondere Buchstaben f\u00fcr die kurzen und f\u00fcr die langen Vocale einf\u00fchrt. Das Vocalzeichen muss dem Vocale als solchem aus-schliefslich angeh\u00f6ren. Die Quantit\u00e4t ist eine accessorische Eigenschaft, die durch ein Hilfszeichen ausgedr\u00fcckt werden muss, welches man entweder \u00fcber den Vocal setzt, oder wie es im Deutschen geschieht, demselben folgen l\u00e4sst. Es ist hier nicht der Ort, um auf den Werth der verschiedenen Dehnungs- und K\u00fcrzungszeichen einzugehen, nur das musste bemerkt werden, dass unsere deutsche Schrift im Recht ist, indem sie durch das Zeichen f\u00fcr den Vocal nicht auch zugleich dessen Quantit\u00e4t auszudr\u00fccken strebt, weil sonst jeder Vocal zwei verschiedene Zeichen f\u00fchren w\u00fcrde, was bei einer phonetischen Schreibweise immer als eine Inconsequenz","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"27\nger\u00fcgt werden muss, wenn nicht Gr\u00fcnde der Bequemlichkeit und Zeitersparnis beim Schreiben dar\u00fcber hinwegsehen lassen.\nB. Die Diphthonge.\nGeht man aus der Stellung f\u00fcr einen Vocal in die f\u00fcr einen anderen \u00fcber, und l\u00e4sst w\u00e4hrend der Bewegung und nur w\u00e4hrend derselben die Stimme lauten, so entsteht bekanntlich keiner der beiden Vocale, sondern ein neuer Laut, ein Diphihong. Wir schreiben diese Laute, indem wir den Vocal der Anfangsstellung und den der Endstellung hinter einander setzen , t\u00e4uschen uns aber mitunter \u00fcber die Natur derselben, so schreiben wir das Haus, die H\u00e4user und nicht wie wir schreiben sollten : das Haus, die H\u00e4user. Ebenso ist es aufser Zweifel, dass der Vocal der Endstellung in dem Diphthong, den wir in heute, Leute etc. h\u00f6ren, kein w, sondern ein \u00fc ist. Dem praktischen Bed\u00fcrfnisse gen\u00fcgt aber unsere Schreibweise vollkommen, weil wir keine Bezeichnung f\u00fcr einen Diphthong haben, der zugleich noch f\u00fcr einen anderen diente.\nDer Nasenton.\nAlle Vocale, sowohl die einfachen als die Diphthonge, k\u00f6nnen rein und mit dem Nasenton hervorgebracht werden. Der Nasenton beruht darauf, dass die Luft in der Nasenh\u00f6hle durch die von den Stimmb\u00e4ndern ausgehenden Schallwellen in Mitschwingungen versetzt wird, was bei den reinen Vocalen nicht der Fall ist. Dzondi stellte in seiner verdienstvollen Abhandlung \u00fcber die Functionen des weichen Gaumensla) den Satz auf, bei allen Selbstlautern bleibe das Gaumensegel unbewegt. Es hat sich hieraus bei manchen die Vorstellung gebildet, dass auch bei den gew\u00f6hnlichen oder reinen Vocalen (d. h. den Vocalen ohne Nasenton) die Luft, da der Weg durch die Choanen offen stehe, durch Mund und Nase gleichzeitig entweiche. Die Choanen oder hinteren Nasen\u00f6ffnuu-gen sind ein paar weite \u00d6ffnungen, welche aus der Rachenh\u00f6hle in die Nasenh\u00f6hle f\u00fchren, und durch welche beim Schnaufen die Luft aus der ersteren in die letztere eindringt. Sie liegen \u00fcber dem Gaumensegel und dies kann sich nicht nach hinten und oben Umschlagen, um sie zu bedecken. Wenn also der Luft der Weg\n\u201d) Halle, 1813. 4. S. 29.","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\ndurch die Nase versperrt werden soli, so kann dies nur dadurch geschehen, dass das Gaumensegel sich der hinteren Wand des Rachens n\u00e4hert und diesen dadurch in zwei Abtheilungen theilt, von denen die untere mit dem Kehlkopfe und der Mundh\u00f6hle, die obere dagegen nur mit der Nasenh\u00f6hle communiciert. Es ist beim Einblick in die Mundh\u00f6hle nicht leicht zu beurtheilen, ob die Trennung wirklich vollst\u00e4ndig sei und desshalb ward die erw\u00e4hnte Ansicht auf guten Glauben angenommen; aber ein einfacher Versuch zeigt, dass sie unrichtig ist. Man halte ein mit kleiner Flamme brennendes Licht, einen brennenden Wachsstock, so vor das Gesicht, dass die Flamme vom Hauch der Nase, aber nicht von dem des Mundes getrolfen wird, und bringe einen reinen Vocal continuierlich hervor, so wird die Flamme unbewegt bleiben, sie wird aber anfangen zu flackern, wenn man demselben Vocale den Nasenton mittheilt. Es fragt sich nun : Wie verh\u00e4lt es sich mit der Richtigkeit von Dzondi\u2019s Angabe, dass das Gaumensegel bei allen Selbstlautern unbewegt bleibe. Er f\u00fchrt als Beweise f\u00fcr dieselbe den Augenschein und die Untersuchung mit dem Finger an, aber beide zeigen, dass sie unrichtig sei. Sobald man einen-Vocal, z. B. das a rein ausspricht, so hebt sich das Gaumensegel nach oben und hinten, so dass es von dem Luftstrome nur an seiner vorderen Fl\u00e4che getroffen wird und diesen ganz in die Mundh\u00f6hle hineinleitet, und wenn man die Lippen schliefst, so dass aus dem a ein ab wird, so presst die Luft das Gaumensegel fest gegen die Hinterwand des Rachens an, so dass es der Luft den Weg in die Nasenh\u00f6hle nach Art eines Ventils hermetisch verschliefst. Sobald man aber das a mit dem Nasenton hervorbringt, h\u00e4ngt das Gaumensegel schlaff herab und der Luftstrom theilt sich zwischen Mund und Nase. Es versteht sich \u00fcbrigens von selbst, dass nicht der Ausflufs der Luft aus der Nase als solcher den Nasenton hervorbringt, sondern die Schwingungen der Luft in der Nasenh\u00f6hle, und dass man deshalb auch bei zugehaltener Nase und zwar sehr stark n\u00e4seln kann, indem durch das Zuhalten weiter nichts geschieht, als dass ein offenes Ansatzrohr in ein gedecktes verwandelt wird. Man darf auch nicht mit Segond I3), der sonst richtige Ansichten \u00fcber den\n'\u201d) Memoire sur les modifications du timbre de la voix humaine. Archives generales de medicine. 4 Serie T. XVI. p. 346.","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"29\nNasenton entwickelt, annehmen, dass beim N\u00e4seln mit offener Nase die Stimme nur in den hinteren Theilen der Nasenh\u00f6hle resoniere, da ja bekanntlich in jedem ungedeckten Ansatzrohre durch Reflexion der Schallwellen an dem offenen Ende secund\u00e4re Schwingungen erzeugt werden. Es ist nach dem Gesagten klar, dass der Nasenton in streng phonetischer Schreibweise durch ein Hilfszeichen an den Vocalen angedeutet werden m\u00fcsste, aber wir kommen im Deutschen nicht in die Lage ein solches anzuwenden, da es im Deutschen keine Nasenvocale gibt, im Franz\u00f6sischen dagegen sind sie ziemlich h\u00e4ufig. Es gelingt zwar jeden Vocal mit dem Nasenton liervorzubringen, doch macht mich H. Prof. Miklosich darauf aufmerksam, dass in allen ihm bekannten Sprachen nur a, \u00ab, o und o als Nasenvocale Vorkommen. Ebenso f\u00fchrt mein hochverehrter Lehrer Herr Joh. M\u00fcller in seinem Lehrbuche der Physiologie nur diese Nasenvocale auf, die sich in der That leichter und bequemer als die \u00fcbrigen bilden lassen. Ellis schreibt den Portugiesen nach den Mittheilungen eines Spaniers vermuthungsweise ein i nasale und den unbestimmten Vocal mit dem Nasenton zu.\nIch werde in dem Folgenden den Nasenton stets durch einen Querstrich unter dem Vocal anzeigen.\nIV. Abschnitt.\nDie Consonanten.\nDie Namen Consonanten, Mitlauter im Gegens\u00e4tze zu den Selbstlautern, k\u00f6nnten vermuthen lassen, dass nur den Vocalen ein selbstst\u00e4ndiger Laut zukommt, die Consonanten einen solchen aber erst durch die Verbindung mit einem Vocale erhalten. Diese Ansicht, welche h\u00e4ufig genug gelehrt worden, ist l\u00e4ngst widerlegt. Jeder, der den Taubstummen-Unterricht kennt oder auch nur ein Kind hat lautieren h\u00f6ren, muss von ihrer Unrichtigkeit \u00fcberzeugt sein.\nWie wir die Unterschiede der verschiedenen Vocale unter einander genetisch aufgefasst haben, so m\u00fcssen wir auch den Unterschied von Vocalen und Consonanten genetisch auffassen, nur dann warden wir auch die Stellung der sogenannten Halb-vocale richtig zu w\u00fcrdigen wissen. Hier findet es sich nun, dass bei allen Consonanten im Mundcanale entweder irgendwo","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nein Verschluss vorhanden ist oder eine Enge, welche zu einem deutlich vernehmbaren selbst\u00e4ndigen, vom Tone der Stimme unabh\u00e4ngigen Ger\u00e4usche Veranlassung gibt, w\u00e4hrend bei den Vocalen keines von beiden der Fall ist.\nBei der Eintheilung der Mitlauter muss man sich sofort klar machen, dass es sich hier ebenso wie bei den Selbstlautern nicht darum handelt, eine Anzahl von Consonanten, die man zuf\u00e4llig kennen gelernt hat, in Reihe und Glied zu stellen, sondern alle M\u00f6glichkeiten der Entstehung eines Consonanten in ersch\u00f6pfender Weise zu classificieren. Wenn morgen eine neue Sprache entdeckt w\u00fcrde, welche, wie die indo-europ\u00e4ischen und semitischen Sprachen ausschliesslich auf exspiratorischer Lautbildung beruht, so m\u00fcssten alle Laute derselben in unser System eingereiht veerden k\u00f6nnen, wir m\u00fcssten nicht n\u00f6thig haben, neue Abtheilungen zu schaffen, noch weniger die bereits geschaffenen wieder umzuwerfen.\nDie Bedingungen nun, unter welchen Consonanten entstehen k\u00f6nnen, sind folgende:\n1.\tDer Weg durch die Nase ist der Luft abgeschnitten und auch der Mundcanal ist irgendwo gesperrt. Dies sind die sogenannten MuCae, die Tenues sowohl, als die Mediae. Bei ihnen ist also, die Luft eingesperrt und tritt sobald der Verschluss im Mundcanal ge\u00f6ffnet wird, mit st\u00e4rkerem oder schw\u00e4cherem Ger\u00e4usche hervor, weshalb diese Laute auch den Namen Explo-sivae f\u00fchren. Chladni nennt sie sehr passend Verschlusslaute.\n2.\tDer Luft ist der Weg durch die Nasenh\u00f6hle abgesperrt und der Mundcanal ist an irgend einer Stelle so verengt, dass die ausstr\u00f6mende Luft an den der Enge benachbarten Theilen ein Reibungsger\u00e4usch hervorbringt. Auf diese Art entstehen eine Menge Laute, die Iheils als Aspiraten, theils als Sibilanten, theils sogar als Halbvocale bezeichnet werden. Ich will hier nur die bekanntesten nach ihrer deutschen Bezeichnung auff\u00fchren.\nf, hartes s, ch,\n\u00abj, weiches \u00bb, j.\nAn diese Reibungsger\u00e4usche schliefsen sich die L-Laute. Sie haben das mit ihnen gemein, dass sie einfach durch Herstellung einer Enge im Mundcanal gebildet werden, aber sie unterscheiden sich dadurch von ihnen, dass die Enge nicht in der Mittelebene des Mundcanals liegt, sondern zu beiden Seiten zwischen dem","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"31\nZungenrande und den Backenz\u00e4hnen, so dass die durch sie ausstr\u00f6mende Luft an der Innenseite der Backen entlang und so zum Munde hinaus streicht.\n3.\tDer Luft ist der Weg durch die Nase verschlossen und im Verlauf oder am Ende des Mundcanals ist irgend ein Theil so gestellt, dass er durch den Luftstrom in Vibrationen versetzt wird und dadurch ein Ger\u00e4usch entsteht; dies sind die B-Laute oder, wie sie Chladni passend nennt, die Zitterlaute.\n4.\tDer Weg durch den Mundcanal ist der Luft versperrt, aber der durch die Nase steht ihr offen. Dies sind die Laute, welche ich Resonant en nenne und die man sonst auch als Nasales oder Seminonales zu bezeichnen pflegt. Sie haben mit den Vocalen gemein, dass sie nicht wie die \u00fcbrigen Consonanten ein von der Stimme unabh\u00e4ngiges eigenes Ger\u00e4usch haben, sondern nur auf Resonanz beruhen, unterscheiden sich aber dadurch von den Vocalen, dass bei ihnen der Weg durch den Mundcanal verschlossen ist, und dass sie somit nicht wie jene zur Verbindung von Consonanten ben\u00fctzt werden k\u00f6nnen. Die deutsche Schrift hat nur f\u00fcr zwei derselben eigene Zeichen, f\u00fcr m und n.\n- Unter diese vier Rubriken k\u00f6nnen mit Ausschlufs der bereits fr\u00fcher besprochenen Kehlkopfiaute s\u00e4mmtliche einfache Consonanten eingereiht werden. Jede dieser Rubriken aber zerf\u00e4llt wiederum in drei Abtheilungen, je nach den Theilen, welche in der Mittelebene des Mundcanals einander gen\u00e4hert sind. In der ersten Abtheilung ist es die Unterlippe, welche mit der Oberlippe oder den oberen Schneidez\u00e4hnen Verschluss oder Enge bildet. In der zweiten Abtheilung ist es der vordere Theil der Zunge, der mit den Z\u00e4hnen oder dem Gaumen Verschluss oder Enge bildet. In der dritten Abtheilung sind es die Mitte oder der hintere Theil der Zunge, die mit dem Gaumen Verschlufs oder Enge bilden.\nHieraus entstehen drei Doppelreihen von Consonanten. Jede derselben besteht aus einer tonlosen und einer t\u00f6nenden oder, wie man sich unpassend ausdr\u00fcckt, einer harten und einer weichen. Die erste beginnt, wenn wir die Verschlusslaute voranstellen, mit p und b, die zweite mit t und d, die dritte mit k und g.\nNach diesen drei Doppelreihen, deren hergebrachte Namen ich wegen der sich daran kn\u00fcpfenden Confusionen sorgf\u00e4ltig vermeide, werde ich nun die einzelnen Consonanten dnrchgehen. Der Grund daf\u00fcr, dass ich das Articulationsgebiet zum obersten Ein-","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\ntheilungsgrunde gemacht habe, die physikalischen Bedingungen der Consonantenerzeugung zum secund\u00e4ren, ist ein praktischer, indem bei dieser Anordnung die wunderbare Symmetrie des Conso-nantensystems am schlagendsten hervortritt Eben so ist es aus praktischen Gr\u00fcnden gerechtfertigt, dass ich bei der Abgrenzung des Articulationsgebietes nur auf die Lage der Lippen und der Zunge in der Mittelebene des Mundcanals R\u00fccksicht genommen habe: denn sonst w\u00fcrden z. B. die L-Laute ganz von ihren nat\u00fcrlichen Verwandten getrennt werden. Ich gebrauche deshalb auch den Ausdruck Articulationsstelle in etwas anderem Sinne als es gew\u00f6hnlich geschieht. Ich verstehe darunter stets nur die Stelle in der Mittelebene des Mundes, an der Enge oder Verschlufs gebildet wird. So schreibe ich z. B. dem r, dem l und dem n der Deutschen ein und dieselbe Articulationsstelle zu. Wollte ich wie andere die Articulationsstelle dahin verlegen, wo die wesentlichen Bedingungen f\u00fcr die Erzeugung des consonantischen Ger\u00e4usches gegeben sind, so w\u00fcrde jeder dieser Consonanten eine andere Articulationsstelle haben, ja f\u00fcr den Resonanten n w\u00fcrde sich eine solche gar nicht mit Bestimmtheit angeben lassen. Das Princip, bei der Eintheilung nach Articulationsgebieten und Articulations-stellen immer nur die Lage der Lippen und der Zunge in der Mittelebene des Mundcanals in Betracht zu ziehen, und weder die Seiten\u00f6ffnungen, welche die L-Laute erzeugen, noch die Communication mit den Choanen, welche die Resonanten erzeugt, zu ber\u00fccksichtigen, ist schon von den Indern befolgt und nie ohne Nachtheil f\u00fcr die \u00dcbersichtlichkeit des Systems verlassen worden.\nErste Reihe.\nVerschlusslaute der ersten Reihe.\nBetrachten wir unter den Lauten dieser Art zuerst das p, so ist es bekannt, dass dasselbe gebildet wird, indem wir die Lippen schliefsen, die Mundh\u00f6hle durch das Gaumensegel gegen die Nase absperren, bei erweiterter Stimmritze die Luft durch die Exspirationsmuskeln comprimieren, und sie dann durch \u00d6ffnen der Lippen frei lassen. Wir k\u00f6nnen auch einen p-Laut hervorbringen, wenn wir bei erweiterter Stimmritze und abgesperrtem Nasencanal die Lippen pl\u00f6tzlich schliefsen, so dass dem Luftstrom sein Ausweg pl\u00f6tzlich abgeschnitten wird. Wenn wir z. B. das englische","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"Wort midshipman aussprechen, so bilden wir das p lediglich durch Herstellen des Verschlusses, nicht durch Aufheben desselben, da hier die Lippen f\u00fcr die Bildung des m geschlossen bleiben m\u00fcssen.\nWir werden sp\u00e4ter noch hinreichende Gelegenheit haben, uns zu \u00fcberzeugen, dass bei den Consonanten eben so wie bei den Vocalen, mit Ausnahme der Diphthonge, die Buchstaben niemals als Zeichen f\u00fcr eine active Bewegung der Sprachorgane aufzufassen sind, sondern als Bezeichnungen f\u00fcr gewisse Zust\u00e4nde , bestimmte Anordnungen der Mundorgane und der Stimmritze, in welchen sie sich befinden, w\u00e4hrend die Exspirationsmuskeln die Luft auszutreiben suchen. Halten wir dies auch f\u00fcr das p fest, so k\u00f6nnen wir sagen, es bezeichne abgesperrten Nasencanal und geschlossene Lippen bei erweiterter Stimmritze. Das p ist also ein stummer Consonant, eine Muta im eigentlichsten Sinne des Wortes, und der Laut, welchen wir ihm beilegen, entsteht entweder bei der Bildung oder bei der L\u00f6sung des Verschlusses oder bei beiden, je nach der Natur der Nachbarlaute.\nKempelen hat schon sehr genau und richtig auseinander gesetzt, dass das b sich vom p nur dadurch unterscheidet, dass bei ersterem die Stimme bei L\u00f6sung des Verschlusses t\u00f6nt, bei letzterem aber der Ton der Stimme immer erst beginnen kann, nachdem der Verschluss bereits eine merkliche Zeit gel\u00f6st ist, ja dass man sogar beim b die Stimme schon einen Moment vor der L\u00f6sung des Verschlusses t\u00f6nen lassen kann, indem man die Luft durch die zum T\u00f6nen verengte Stimmritze in den Blindsack, den die Mundh\u00f6hle bildet, hineintreibt, wie dieses bei den Franzosen in der That h\u00e4ufig geschieht, bei uns Deutschen aber selten. Eben so k\u00f6nnen wir ein b hervorbringen, wenn wir bei t\u00f6nender Stimmritze und gesperrten Choanen die Lippen schliefsen, und thun dies z. B. wenn wir das Wort abm\u00fchen sprechen, ohne dabei, wie es gew\u00f6hnlich geschieht, das b in ein p zu verwandeln. Wir k\u00f6nnen also demnach sagen, das Zeichen b bedeute geschlossene Lippen und gesperrten Nasencanal bei zum T\u00f6nen verengter Stimmritze, und der Laut wird, wenn ich mich so ausdr\u00fccken darf, eruptiv (explosiv) und prohibitiv gebildet, je nachdem es die Natur der Nachbarlaute mit sich bringt.\nE. Br\u00fccke, Physiol, u. Syst, d, Sprachlaute,\n3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nReibungsger\u00e4usche der ersten Reihe.\nBetrachten wir das f so ist es bekannt, dass dasselbe gebildet wird, indem wir die oberen Schneidez\u00e4hne lose auf die Unterlippen setzen und zwischen beiden die Luft hindurch streichen lassen. Wir k\u00f6nnen aber auch ein f hervorbringen, indem wir die Enge, durch welche die Luft str\u00f6men muss, um das den Consonanten darstellende Reibuugsger\u00e4usch zu erzeugen, ohne Mitwirkung der Z\u00e4hne und nur durch Ann\u00e4herung der Lippen an einander hersteilen. Dieses f ist etwas milder, als das gew\u00f6hnliche und wird von manchen Leuten da angewendet, wo wir im Deutschen ein v schreiben, w\u00e4hrend die meisten zwischen f und v gar keinen Unterschied machen. Dieses f unterscheidet sich nun, wie man leicht einsieht, vom p nur dadurch, dass bei diesem die Lippen geschlossen sind, bei dem milden f aber ein wenig ge\u00f6ffnet. Eben so ist es klar, dass man zu dem gew\u00f6hnlichen f auch das entsprechende p bilden kann, wenn man den Verschluss nicht, wie bei dem gew\u00f6hnlichen p mit beiden Lippen, sondern mit der Unterlippe und den Oberz\u00e4hnen bildet. Bezeichne ich nun das gew\u00f6hnliche p als p1, das letzere als p2, so kann ich die ihnen entsprechenden F-Laute als f1 und f2 bezeichnen, von denen also das letztere unser gew\u00f6hnliches deutsches f ist. Purkine bemerkt , dass das f in mehreren amerikanischen Sprachen und in allen echt slavischen W\u00f6rtern fehlt.\nEs ist bekannt, dass das w entsteht, wenn wir den Mund f\u00fcr das f einrichten, aber, anstatt nur die Luft herauszublasen, die Stimme t\u00f6nen lassen, und dass sich mithin das w zum f verh\u00e4lt wie das b zum p, oder dass das w in derselben Weise aus dem b entstanden gedacht werden kann wie das f aus p. Da wir aber nun zwei f haben, so m\u00fcssen wir auch dem entsprechend zwei w haben, und so ist es auch in der That, wie dies schon Joh. Wallis (Gramalica linguae Anglicanae, edilio eexta, \u00cf763, S. 19, 20 w. 3.3) wusste, wenn er auch die beiden Arten nicht ganz richtig und ersch\u00f6pfend bezeichnet hat. Wir haben beide Arten des w in der deutschen Sprache ; das w 2 ist unser gew\u00f6hnliches tp, das \u00bb der Franzosen und Engl\u00e4nder, das w 1 haben wir in den W\u00f6rtern, welche wir mit qu schreiben ; z. B. Quelle, Quirl, qu\u00e4len lautet: kw1elle, kwlirl, kwla'len. Kempelen beschreibt die Bildung dieser beiden Laute schon sehr richtig (a.a. O., S.357),","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"33\ndas te1 als w, das w* als \u00ab; er f\u00fchrt aber als Beispiele f\u00fcr das w (w1) auf : Wo, Wille. Wunde, Wahnwitz u. s. w., w\u00e4hrend es wenigstens in Norddeutschland f\u00fcr correcter gilt, das tc zu Anf\u00e4nge als \u00ae! zu sprechen.\nWir k\u00f6nnen die beiden Arten des w das labiale und das dentale nennen und ebenso unser gew\u00f6hnliches f als das dentale bezeichnen. Wir haben f\u00fcr diese drei Laute drei Zeichen, aber seltsamer Weise f\u00fcr das f eines zu viel und f\u00fcr das w eines zu wenig. W\u00fcrden wir das \u00abp1 mit w und das w2 mit v bezeichnen, so w\u00fcrden wir uns nicht nur der Schreibweise der Franzosen, Engl\u00e4nder und Italiener n\u00e4hern, sondern wir w\u00fcrden auch den Vortheil haben, dass das q in unserer Schrift entbehrlich w\u00fcrde, indem wir dann f\u00fcr qu einfach kw zu schreiben h\u00e4tten.\nZitterlaut der ersten Reihe.\nWir k\u00f6nnen ferner unsere Lippen lose an einander legen wie zum pl oder bl, und sie dann durch den hervorbrechenden Luftstrom in Schwingungen versetzen. Sie bilden hierbei ein Zungenwerk, dessen Schwingungen aber so langsam sind, dass die St\u00f6fse einzeln als solche wahrgenommen werden. Wir k\u00f6nnen dies Zungenwerk durch den blofsen Hauch oder mit t\u00f6nender Stimme aussprechen und erhalten dadurch zwei Laute, welche sich zu einander verhalten wie p zu b und f zu w. Ich will in Ermangelung eines gebr\u00e4uchlichen Zeichens f\u00fcr diese Laute vorl\u00e4ufig den tonlosen mit <p, den t\u00f6nenden mit jc bezeichnen. Bei uns im Deutschen kommen sie in der Schriftsprache nicht vor, sondern nur als Inter-jectionen der Verachtung und des Abscheues. Den t\u00f6nenden Laut h\u00f6ren wir auch von den Kutschern, wenn sie ihren Pferden Halt gebieten. Dagegen soll nach Forster (Chladni I. c., S. 213) ein Lippenzitterlaut in dem Namen einer Insel nicht weit von Neuguinea und sonst in der dortigen Sprache Vorkommen.\nResonant der ersten Reihe.\nWenn man endlich die Lippen schliefst wie zum b1 und die Luft bei t\u00f6nender Stimme zur Nase herausstr\u00f6men l\u00e4sst, so entsteht, wie bekannt, das ml. Dieser Consonant hat kein eigenes vom Kehlkopf unabh\u00e4ngiges Ger\u00e4usch, sondern er entsteht lediglich durch Resonanz der Stimme in der Mund- und Nasenh\u00f6hle; wenn man deshalb bei der Disposition der Mundorgane f\u00fcr das \u00bbt\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bb6\ndie Luft aus der erweiterten Stimmritze austreibt, so h\u00f6rt man ein blofses Schnaufen. Aus dem 62 l\u00e4sst sich nat\u00fcrlich ein m2 ableiten, welches aber nicht gebr\u00e4uchlich ist.\nZweite Reihe.\nVerschlusslaute der zweiten Reihe.\nDas t, mit dem wir die Betrachtung der Consonanten der zweiten Reihe beginnen, unterscheidet sich vom p bekanntlich nur durch den Ort, wo der Verschluss gebildet wird, und somit auch durch die Theile, welche ihn bilden. Beim t wird er hervorgebracht durch Contact des vorderen Theiles der Zunge mit dem Gaumen und den Z\u00e4hnen. Es kann dies auf sehr verschiedene Weise geschehen, und ich habe aus Gr\u00fcnden, die sp\u00e4ter einleuchten werden, vier Arten des l aufgestellt.\n1.\tMan presst die Seitenr\u00e4nder der Zunge an die oberen Backenz\u00e4hne und legt den vorderen Theil sammt der Spitze an das hintere Zahnfleisch der oberen Schneidez\u00e4hne so an, dass ein luftdichter Verschluss gebildet wird. Wegen dieses Ansteinmens an den Alveolarfortsatz des Oberkiefers, d. h. an den Theil desselben, in dem die Wurzeln der Z\u00e4hne stecken und der sich im Munde durch eine von ihm gebildete Convexit\u00e4t von dem con-caven Gaumen unterscheidet, will ich diese Bildungsweise, welche bei uns die gew\u00f6hnliche ist, als die alveolare bezeichnen. Es ist dabei gleichg\u00fcltig, ob die Zunge etwas h\u00f6her oder etwas tiefer angelegt wird, nur darf sie einerseits nicht so tief liegen, dass sie ringsum nur noch die Z\u00e4hne selbst ber\u00fchrt, andererseits nicht so hoch, dass ihre heraufgekr\u00fcmmte Spitze sich vom Alveolarfortsatze entfernt und oben am h\u00f6chsten Theile des Gaumengew\u00f6lbes anliegt.\n2.\tDiese letztere Lage, bei der die Unterseite der Zunge nach vorn convex wird und theilweise den Gaumen ber\u00fchrt, gibt eine zweite Art des t, das sogenannte linguale oder cerebrale t des Sanskrit. Die Bezeichnung lingual ist unbrauchbar, weil alle Arten des t mit der Zunge gebildet werden und aufserdem mit diesem INamen ganz andere Laute der semitischen Sprachen bezeichnet sind. Von der Bezeichnung cerebral haben Max M\u00fcller und Lepsius gezeigt, dass sie nur von einer falschen \u00dcbersetzung von Murddhanya (von murddha, caput, cacumeri) herr\u00fchrt, was","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"37\nMax M\u00fcller durch cacuminales, Lepsius durch Gaumendachbuchstaben wiedergibt. Da indessen der Ausdruck Cerebralen so allgemein verbreitet ist und bei seiner Sonderlich-keit kein Misverst\u00e4ndnis zul\u00e4sst, so werde ich mich seiner nicht ganz entschlagen k\u00f6nnen und diese Art der Bildung mit dem Namen der cerebralen oder cacuminalen belegen.\n3.\tDie dritte Art der Bildung des t werde ich als die dorsale bezeichnen. Sie besteht darin, dass man mit dem vorderen convex gemachten Theile des Zungenr\u00fcckens gegen den vorderen Theil des Gaumens schliefst, w\u00e4hrend die Zungenspitze nach abw\u00e4rts gebogen und gegen die unteren Schneidez\u00e4hne gestemmt ist. Dieses t wird im Deutschen auch gebildet von Vielen z. B. im st und Is (Zett), und muss schon deshalb besonders unterschieden werden, weil es in gewissen Combinationen, z. B. im t der Czechen als die regelrechte Form des T-Lautes erscheint.\n4.\tDie vierte Art der Bildung will ich mit dem Namen der dentalen belegen, indem es f\u00fcr sie wesentlich ist, dass die Zunge den Verschluss nur mit den Z\u00e4hnen und nicht auch mit dem Gaumen bildet. Man kann dieses t bilden, indem man die Zahnreihen ein wenig von einander entfernt und den Spalt mit dem Zungenrande verstopft, oder indem man den Rand der flach liegenden Zunge ringsum an die obere Zahnreihe anpresst, oder endlich indem man die Spitze der flachliegenden Zunge nach abw\u00e4rts biegt und hart \u00fcber derselben durch festes Aufdr\u00fccken der oberenSchneide-z\u00e4hne den Verschluss bildet. Das t dentale wird vielf\u00e4ltig f\u00fcr das alveolare gebildet, ohne dass ihm im Alphabet ein eigenes Zeichen angewiesen w\u00e4re; es musste aber hier als besondere Form unterschieden werden wegen der Eigenth\u00fcmlichkeit des ihm entsprechenden Reibungsger\u00e4usches, von dem ich sp\u00e4ter handeln werde.\nUnter diese vier Formen des t lassen sich alle T-Laute einreihen , sobald man sie von den fremdartigen Elementen befreit hat, die ihnen angeh\u00e4ngt , und mit unter ihr Zeichen gestellt sind. So ist z. B. das Tha ([->) der Araber ein ganz gew\u00f6hnliches kr\u00e4ftig ar-ticulirtes t alveolare, wenn man von ihm den Vocal entfernt, der ihm im Auslaute als sogenannter vocalischer Nachschlag anh\u00e4ngt, und von der Wirkung absieht, die das Zeichen auf den dazu geh\u00f6rigen Vocal aus\u00fcbt.\nIch bezeichne diese vier Arten des t nach der Reihenfolge, in der ich sie beschrieben habe mit tl, t2, t3, t4. Die vier entsprechenden","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"as\nArten des d verhalten sich zu ihnen genau wie b zu p, das heilst, sie sind durch nichts als die zum T\u00f6nen verengte Stimmritze von ihnen verschieden. Auf sie ist, abgesehen von der ver\u00e4nderten Art des Verschlusses, alles anwendbar was vom b gesagt wurde. Ich bezeichne sie mit d1, d2, ds, d*. Das dl ist unser gew\u00f6hnliches d, das d2 ist das d cerebrale des Sanskrit; vom Gebrauche des d3 und d* wird weiter unten gehandelt werden. Wir haben im Deutschen f\u00fcr die t- und rf-Laute die Zeichen t, th, dt und d. Die drei ersten werden in der Aussprache fac-tisch von Deutschen nicht unterschieden, obgleich man sie unterscheiden kann, wie es auch Ausl\u00e4nder, die das Deutsche nur unvollkommen erlernt haben, nicht selten thun. Vom d ist zu bemerken, dass es im Auslaute nie den Ton der Stimme beh\u00e4lt, sondern immer wie t lautet, so dass in phonetischen Transscriptionen deutscher Schriftst\u00fccke f\u00fcr d im Auslaute immer t substituiert werden m\u00fcsste.\nReibungsger\u00e4usche der zweiten Reihe.\nSuchen wir nun aus den vier Arten des t die entsprechenden Reibungsgei\u00e4usche, die sich zu ihnen wie f zu p verhalten, zu entwickeln, indem wir den Verschluss nicht vollkommen machen, sondern vorn eine kleine \u00d6ffnung lassen, aus der die Luft ausstr\u00f6men kann, so kommen wir durch das tl zu einem S- Laute, der vielfach gebraucht wird, aber im Ganzen, mit Ausnahme einer sp\u00e4ter zu beschreibenden Zusammensetzung, im Deutschen nicht f\u00fcr den normalen gilt. Er ist dagegen, nach den Angaben der von Wallin citierten arabischen Orthoepisten , sowohl das Sin als das Sud der Araber und auch ich habe beide nach diesem Typus bilden sehen.\nAus dem t2 erh\u00e4lt man gleichfalls einen S - Laut, aber er ist weniger scharf und zischend als der vorige, mehr rauschend. Er sollte der Zischlaut der Cerebralreihe des Sanskrit sein, aber nach der jetzigen Aussprache kommt in der Cerebralreihe nur ein Zischlaut vor und dieser wird wie sch gesprochen.\nDas t3 gibt das deutsche harte (tonlose) s, wie es an heisss, liesz, dasz, das u. s. w. normal gebildet wird und wie auch der Engl\u00e4nder sein scharfes (sharp hissing) s bildet.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"39\nDas t* endlich gibt uns als entsprechendes Reibungsger\u00e4usch das ff der Neugriechen, das c der Spanier vor e und i, das scharfe th der Engl\u00e4nder und das Cj (Tsa ) der Araber. Alle diese Laute sind untereinander gleich und es ist von keinem Belange, ob die Zungenspitze zwischen den Z\u00e4hnen liegt oder sich an die unteren Schneidez\u00e4hne anstemmt, oder ob sie endlich dicht hinter den oberen Schneidez\u00e4hnen liegt; das Wesentliche f\u00fcr den Laut ist, dass die Zunge mit den oberen Schneidez\u00e4hnen und zwar mit ihnen allein die Enge bildet, w\u00e4hrend das charakteristische Zischen des s daraus hervorgeht, dass die Enge nicht mit den Z\u00e4hnen, sondern hinter den Z\u00e4hnen gebildet wird und der durch die Enge hervorgetriebene Luftstrom durch seinen Anfall gegen die Z\u00e4hne das Zischen hervorbringt. Deshalb musste das t4, das rein dentale t, als ein besonderer Laut unterschieden werden, da es uns als Staramlaut f\u00fcr ein von den \u00fcbrigen Sibilanten wesentlich verschiedenes Reibungsger\u00e4usch dient Im Russischen ist das griechische ff bekanntlich in f \u00fcbergegangen, und dieser Lautwechsel erscheint in der That als sehr leicht erkl\u00e4rlich, wenn man bedenkt, dass dazu weiter nichts n\u00f6thig ist, als dass der Sch\u00e4rfe der oberen Schneidez\u00e4hne, deren nat\u00fcrliche Lage zwischen Zungenspitze und Unterlippe ist, die letztere statt der ersteren gen\u00e4hert werde, um mit ihr die Enge zu bilden. Es ist ferner leicht erkl\u00e4rlich, dass ein Theil der Araber das Tsa als t spricht, indem der Zungenrand die Z\u00e4hne ringsum ber\u00fchrt und somit auch die enge \u00d6ffnung zwischen beiden, welche zur Bildung des eigentlichen Lautes des Tsa n\u00f6thig ist, verschlossen wird, w\u00e4hrend andererseits Perser und T\u00fcrken aus diesem Laute ein scharfes s machen, indem sie die Enge etwas mehr nach aufw\u00e4rts am Alveolarfortsatze bilden, so dass der durch die Enge schon gebildete Luftstrom gegen die Z\u00e4hne anf\u00e4llt.\nZu diesen vier Lauten, welche ich so eben beschrieben habe und mit \u00ab*, \u00ab*, a3, s4 bezeichnen will, muss ich durch Mitt\u00f6nen der Stimme vier entsprechende t\u00f6nende Laute entwickeln k\u00f6nnen, die sich zu ihnen wie w zu/\"verhalten und in derselben Weise aus dem d entstanden sind, wie s aus t. Ich will sie mit z1, %2, \u00ab3, z4 bezeichnen.\nEs ist klar, dass **, ss* und *3 t\u00f6nende oder wie wir uns auszudr\u00fccken pflegen, weiche S-Laute sind und zwar z3, unser","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\ngew\u00f6hnliches weiches s in Sohn, singen, dem \u00fcbrigens h\u00e4ufig genug das ziemlich gleich lautende z1 substituiert wird. Das 2* ist das weiche (t\u00f6nende) th der Engl\u00e4nder, wie es in other und with lautet, das \u00d4 der Neugriechen und das j f Dzal) der Araber. Dass ein Theil der Araber diesen Laut mit d verwechselt, w\u00e4hrend die von Maskate, so wie die Perser und T\u00fcrken es mit dem weichen s verwechseln, erkl\u00e4rt sich, so wie die Verwechselung des Tsa mit s und t.\nWenn das weiche th im Englischen ein Wort anf\u00e4ngt, so erfolgt die L\u00f6sung der Zunge von den Z\u00e4hnen oft erst, wenn die Stimme hervorbricht, so dass man kein reines \u00bb*, sondern ein d*z* h\u00f6rt. Daher r\u00fchrt der ungl\u00fcckliche Brauch das englische th mit ds zu transscribieren, den man in einzelnen in Deutschland erschienenen W\u00f6rterb\u00fcchern findet.\nWir haben im Deutschen, wie gesagt, zwei tonlose S-Laute s* und s3, die wir wegen ihrer grossen \u00c4hnlichkeit promiscue gebrauchen und zwei t\u00f6nende ssl und ss3, mit denen dasselbe geschieht. Wenn wir also ein Zeichen f\u00fcr das tonlose und eines f\u00fcr das t\u00f6nende * h\u00e4tten, so w\u00fcrde dies dem praktischen Bed\u00fcrfnisse gen\u00fcgen. Statt dessen aber haben wir drei Zeichen, die doch ihrem Zweck nicht vollst\u00e4ndig entsprechen, indem zwar sz nur f\u00fcr das tonlose s steht, dagegen f und s bald f\u00fcr das tonlose, bald f\u00fcr das t\u00f6nende gebraucht werden.\nEs ist bekanntlich streitig, ob man im Deutschen zwei Arten des tonlosen \u00bb zu unteischeiden habe, je nachdem auf go-thischer Lautstufe schon ein \u00bb oder noch ein t gefunden wird. Da unser herrschendes l das /*, das alveolare T ist, so k\u00f6nnte man glauben, dass sich aus diesem das gleichfalls alveolare s1 entwickelt und als zweiter Laut neben das urspr\u00fcngliche dorsale s3 gestellt habe. Sollte dies der Fall gewesen sein, so sind doch jedenfalls in der jetzigen Aussprache alle Spuren davon verwischt, und selbst diejenigen, denen, wie mir selbst, das Nieders\u00e4chsische, in dem sich die T-Laute erhalten haben, Muttersprache ist, bilden das S bald alveolar, bald dorsal, ganz ohne R\u00fccksicht darauf, ob der Laut im Nieders\u00e4chsischen auch * ist oder t.\nL-L aute.\nAus den vier Arten des T kann man noch eine zweite Gruppe von Reibungsger\u00e4uschen entwickeln, wenn man den Ver-","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"41\nSchluss nach vorn zu, wie beim T vollst\u00e4ndig macht, aber neben den hinteien Backenz\u00e4hnen jederseits eine \u00d6ffnung l\u00e4sst, so dass sich der Luftstrom auf der Zunge theilt und durch die besagten \u00d6ffnungen hindurch an der Innenfl\u00e4che der Backen entlang zur Mund\u00f6ffnung str\u00f6mt. Die hierdurch entstehenden Ger\u00e4usche will ich je nach der Art des T, dem sie entsprechen, mit A1, A2, A3, A4 bezeichnen. Es sind vier Arten des tonlosen Z, auf dessen Existenz im Munde der Deutschen Joh. M\u00fcller aufmerksam macht und das nach Purkine im Polnischen vorkommt. L\u00e4sst man die Stimme mitt\u00f6nen, oder, was dasselbe heifst, entwickelt man die vier analogen Laute aus d1, d2, d3 und <Z4, so kommt man auf das gew\u00f6hnliche oder t\u00f6nende Z, dessen vier Arten ich mit /*, Z3 und l4 bezeichnen will. Das Z1 ist das gew\u00f6hnliche Z der Deutschen, das Z2 ist nach B\u00f6thlingk der eigenthiimliche L-Laut des Vedendialectes, den Bopp Ira nennt 14). Nach B\u00f6thlingk ist es zugleich das polnische i. Schon Kempelen betrachtete es als solches und auch ich habe es in meiner ersten Abhandlung so dargestellt, da ein Wilnaer, der damals meinen Vorlesungen beiwohnte, es f\u00fcr richtig hielt. In neuerer Zeit wurden mir aber von Professor Miklosich Zweifel dagegen erweckt, und ich untersuchte deswegen mit einem jungen Polen, Herrn Piotrowski, die Sache auf\u2019s Neue. Er fand nun, dass er nicht nur Z2, sondern auch Z1 und Z4 abwechselnd mit dem Laute Z und mit dem Laute \u00ee hervorbringen konnte, und dass er im ersteren Falle mit dem gr\u00f6fsten Theile des Zungenrandes Verschluss bildete und zu beiden Seiten je eine kleine \u00d6ffnung liefs, im letzteren aber nur den vorderen Theil der Zunge anstemmte, so dass jederseits eine grofse l\u00e4ngliche \u00d6ffnung blieb. Man w\u00fcrde also hiernach bei der Transscription das polnische i nicht durch das blofse Zeichen f\u00fcr Z2 ausdr\u00fccken k\u00f6nnen, sondern die abweichende Bildung noch besonders anzeigen m\u00fcssen. Eine von den Angaben aller \u00fcbrigen Schriftsteller abweichende Beschreibung gibt Purkine; sie ist aber gewiss um so beachtenswerther, als dieser genaue Beobachter die polnische Sprache schreibt und spricht, wenn sie ihm auch nicht Muttersprache ist. Er gibt an, dass der Zungenr\u00fccken den Gaumen, und zwar in der Lage wie beim k und g ber\u00fchre,\n**) Bemerkungen zur zweiten Ausgabe von Bopp\u2019s Grammatik der Sanskritsprache. Petersburg, 1845.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nw\u00e4hrend die Luft zu beiden Seiten ausstr\u00f6mt. Hiernach w\u00fcrde das polnische i gar nicht in diese Reihe geh\u00f6ren, sondern der Repr\u00e4sentant der L- Laute f\u00fcr die folgende mit g und k beginnende sein, in der sonst keine L-Laute Vorkommen. Nach Purkine kommt dieser L-Laut im Polnischen auch tonlos vor, z. B. in x%edi. Das l3 ist enthalten im l mouill\u00e9, von dem ich sp\u00e4ter handeln werde, und das l4 wild namentlich von Leuten gebildet, welche lispeln. Wer \u00fcbrigens eine vollst\u00e4ndige obere Zahnreihe hat, der kann es dem ll substituieren, ohne dass es auff\u00e4llig wird. Die Sanskritgrammatiker rechnen ihr gew\u00f6hnliches l zu den Dentalen, man kann aber daraus nicht mit Bestimmtheit schliefsen, dass es ein l* war, da sie die alveolare Articulationsstelle zwischen der dentalen und cerebralen nicht besonders unterschieden, also auch ein l1 mit zu den dentalen rechnen konnten, wie sie s1 fac-tisch dazu rechneten.\nZitterlaute der zweiten Reihe.\nDer Zitterlaut dieser Reihe ist das gew\u00f6hnliche oder Zungen-r. Ich will es, wenn es wie gew\u00f6hnlich den Ton der Stimme hat, mit r, wenn es tonlos ist, mit ip bezeichnen. Die Zunge liegt dabei in der Gleichgewichtslage, von der aus sie in Vibration versetzt wird, \u00e4hnlich wie bei t1 und s1. Der Rand derselben liegt hinter den Alveolen der Oberz\u00e4hne, aber er bildet keinen festen Verschluss, wie f\u00fcr das \u00a3*, und auch keine rinnenf\u00f6rmige Enge, wie bei dem s1, sondern er ist etwas nach aufw\u00e4rts gebogen und frei beweglich, so dass der Impuls der aus den Lungen hervorgeblasenen Luft den vorderen Theil der Zunge zuerst nach abw\u00e4rts dr\u00fcckt, worauf sie wieder in ihre urspr\u00fcngliche Lage zur\u00fcckschnellt, wieder herabgedr\u00fcckt wird und so fort. Die Sanskritgrammatiker rechnen r zu den Cerebralen, und das Sanskrit-r m\u00fcsste hiernach nicht vom d* sondern vom d2 abgeleitet werden. Ich glaube aber nicht, dass es rti\u00f6glich ist, die Zunge aus der Cerebrallage in Vibrationen zu versetzen. Da die Inder die alveolare Articulationsstelle nicht unterschieden, so mussten sie r entweder zu den Dentalen oder Cerebralen z\u00e4hlen, und zogen, wahrscheinlich wegen des heraufgebogenen Zungenrandes, das letztere vor.\nResonanlen der zweiten Reihe.\nBildet man den Verschluss im Mundcanal ganz wie zum dx, d2, d3, d4, und l\u00e4sst dabei die Luft bei t\u00f6nender Stimme zur","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"43\nNase heraustreten, so bilden sich \u00bb*, \u00ab2, n3, n4, die sich also zu den entsprechenden Arten des d ganz so verhalten, wie m zu b, und sich vom m nur durch die Art des Verschlusses unterscheiden. Das nl ist das gew\u00f6hnliche n der Abendl\u00e4nder, das Noun der Araber und wahrscheinlich auch das sogenannte N dentale des Sanskrit. Das n2 ist das n cerebrale des Sanskrit, das n3 ist im n mouill\u00e9 enthalten und verh\u00e4lt sich zu ihm ganz wie das l zum l mouill\u00e9. Das n4 wird individuel f\u00fcr das n1 gebildet, ohne dass, so viel ich weifs, irgend eine Schrift es mit Bestimmtheit von demselben unterscheidet.\nDrille Reihe.\nVerschlusslaute der dritten Reihe.\nEs ist bekannt, dass sich das * vom t dadurch unterscheidet, dass hier nicht der vordere Theil der Zunge mit dem vorderen Theile des Gaumens, sondern der mittlere oder hintere Theil der Zunge mit dem mittleren oder hinteren Theile des Gaumens den Verschluss bildet. Man kann also im allgemeinen sagen, die Articulation des k beginne da, wo die f\u00fcr das t aufh\u00f6rt. Doch ist hierbei zu bemerken, dass man bei der Bildung des cacumi-nalen (cerebralen) t weit \u00fcber die vordere Grenzlinie des k hinaus nach r\u00fcckw\u00e4rts greifen kann und doch immer noch ein t hervorbringt. Wenn man dagegen das dorsale t hervorbringt, welches in R\u00fccksicht auf die Zungenlage dem k am n\u00e4chsten steht, und nun mit dem Verschl\u00fcsse langsam nach r\u00fcckw\u00e4rts fortschreitet, so lautet, nachdem man \u00fcber eine gewisse Grenze hinausgekommen ist, unvermeidlich ein k. Hierauf beruht die Methode, Taubstummen das k beizubringen, indem man sie auffordert, ein t zu sprechen, und ihnen dabei mit dem Finger oder einem Mundspatel den vorderen Theil der Zunge herabdr\u00fcckt, damit sie mit diesem den Verschluss nicht bilden k\u00f6nnen , sondern gezwungen sind, ihn mit dem hinteren Theile der Zunge zu bilden, wenn er \u00fcberhaupt zu Stande kommen soll. Es scheint bei der Unterscheidung des t und k wesentlich auf die Gr\u00f6fse des hinter dem Verschl\u00fcsse liegenden Kehlraumes anzukommen, so dass derselbe beim t betr\u00e4chtlich gr\u00f6sser ist als beim k. Daraus erkl\u00e4re ich mir, dass das tz, bei welchem, verm\u00f6ge der nach r\u00fcckw\u00e4rts concaven Gestalt der Zunge, der Raum hinter dem Verschl\u00fcsse gr\u00f6fser ist als","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nbeim t*, noch an einer Articulationsslelle gebildet werden kann, an der es unm\u00f6glich ist, ein dorsales t zu bilden. Ich habe auch beim A, wenn sich die Explosion vorbereitet, ein Gef\u00fchl von activer Spannung im weichen Gaumen, als ob derselbe sich zusam-ntenz\u00f6ge, um den Kehlraum zu verkleinern, w\u00e4hrend dies beim t nicht der Fall ist.\nMan muss zwei Arten des A unterscheiden, eine, welche am harten, und eine, welche am weichen Gaumen gebildet wird. Man f\u00fchlt die Grenze zwischen hartem und weichem Gaumen leicht, wenn man mit dem Zeigefinger, die Nagelseite nach abw\u00e4rts gewendet, am Gaumen entlang und gegen den Rachen hin gleitet. Wenn man auf diese Weise die beiden ersten Fingerglieder in den Mund gebracht hat und dann auch das dritte hineinschiebt, so f\u00fchlt man, wie der Widerstand des Knochens unter dem Finger pl\u00f6tzlich schwindet und derselbe nun gegen einen weichen nachgiebigen K\u00f6rper, den weichen Gaumen oder das Gaumensegel, palatum molle, velum palatinum, angedr\u00fcckt wird.\nIch will die beiden Arten des A mit ft1 und A2 bezeichnen und A palatale und A velare oder schlechtweg vorderes und hinteres A nennen. In beiden k\u00f6nnen, je nachdem der Verschluss weiter vorn oder weiter hinten liegt, noch Unterabtheilungen gemacht werden. Am meisten nach vorn liegt das A, welches im Italienischen mit ch, z. B. in chiesa, bezeichnet wird, an der hinteren Grenze des A1 das Caf (jJ) der Araber, unser deutsches A in wickeln steht zwischen beiden. An der vorderen Grenze des A2 liegt das deutsche A in Stock und Ruck, bei dem die Zunge gerade an der Grenze vom harten und weichen Gaumen schliefst , so dass ein in den Mund gebrachter Finger noch fest gegen den hinteren Rand des harten Gaumens angepresst wird. An der hinteren Grenze des hinteren A, also an der hinteren Grenze der s\u00e4mmtlichen Af-Laute und der Verschlussconsonanten \u00fcberhaupt, liegt das Kaf ( J) der Araber. Es fragt sich nun eben, wodurch diese hintere Grenze gesteckt sei. Wir brauchen den hintersten Theil des Gaumensegels mit den hinteren Gaumenb\u00f6gen, um den Kehlraum von der Nase abzuschliefsen, damit die Luft nicht durch diese entweicht, zugleich aber sollen wir die Zunge bis gegen das Gaumensegel erheben, um den Kehlraum gegen die Mundh\u00f6hle abzusperren, dies muss also beim Kaf so weit als m\u00f6glich nach hinten geschehen, so dass also beim Kaf der Kehlraum, in den die Luft eingepresst","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"45\nwird, kleiner ist, als bei irgend einem anderen Verscldussconso-nanten. Wir k\u00f6nnen zwar Kehlraum und Mundh\u00f6hle noch etwas weiter nach hinten von einander trennen, indem wir die Zungenwurzel mit den vorderen Gaumenb\u00f6gen und dem freien Rande des Gaumensegels in Contact bringen, aber dann wird es uns unm\u00f6glich , den Kehlraum auch gegen die Nase abzuschliefsen. Wir m\u00fcssen also mit den Fingern die Nase verschliefsen, um die Luft einzusperren und durch die dann folgende Explosion ein dem k \u00e4hnliches Knacken hervorzubringen. Ein solcher Laut kommt begreiflicherweise in keiner Sprache vor, und wir sind somit am Ende der Verschlussconsonanten angelangt, die wir, Schritt f\u00fcr Schritt fortr\u00fcckend, in ihrer tonlosen Modification vollst\u00e4ndig ersch\u00f6pft haben.\nMan kann aber den eben erw\u00e4hnten Verschluss bilden und bei t\u00f6nender Stimme die Luft durch die Nase entweichen lassen, wodurch ein Resonant entsteht, und man kann hinwider den Kehlraum durch das Gaumensegel gegen die Nase abschliefsen und dabei die vorderen Gaumenb\u00f6gen \u00fcber der Zungenwurzel einander so n\u00e4hern, dass verm\u00f6ge der durch sie gebildeten Enge ein Rei-bungsger\u00e4usch entsteht, dessen Articulationsstelle weiter nach hinten liegt als die f\u00fcr das Kaf. Ich werde deshalb die Reibungsger\u00e4usche und die Resonanlen dieser dritten Reihe unter drei Nummern bringen, w\u00e4hrend ich die Verschlusslaute nur unter zwei Nummern gebracht habe.\nDas g wird aus dem k entwickelt, indem man die weit offene Stimmritze zum T\u00f6nen verengt. Es verh\u00e4lt sich mithin das g zum k genau ebenso, wie das b zum p und das d zum t. Es gibt eben so viel Arten des ff, als es Arten des k gibt, oder richtiger gesagt, beide haben dasselbe und ein gleich grofses Articulations-gebiet. Das vorderste ff ist das italienische gh vor i, z. R. in ghirlanda ; unser deutsches g in geben liegt etwas weiter nach hinten, ist aber auch noch ein reines g palatale; dagegen liegt aber das g in Gurt und Schmuggel schon an der Grenze von hartem und weichem Gaumen.\nWir haben im Deutschen ein Zeichen, welches f\u00fcr das vordere und hintere k, und eines, welches f\u00fcr das vordere und hintere g dient. Dies ist kein Mangel, da man ein f\u00fcr alle Male weils, dass man mit e und i das vordere, mit a, o und u das hintere g zu verbinden hat, ja wenn man dies auch nicht w\u00fcsste, so","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nw\u00fcrde es sich schon von selbst ergeben. Man braucht aus der Stellung f\u00fcr e und i den mittleren Theil der Zunge nur ein wenig zu erheben, um sogleich in den Verschluss f\u00fcr das k1 und gl \u00fcberzugehen, w\u00e4hrend beim u und o schon der hintere Theil der Zunge emporgew\u00f6lbt und so die Stellung f\u00fcr g2 und k* vorbereitet ist. Vom a aus l\u00e4sst sich kz und g2 leichter bilden als k1 und g1, weil bei den f\u00fcr a ge\u00f6ffneten Kiefern der Gaumen mit dem hinteren Theile der Zunge leichter zu erreichen ist als mit dem mittleren.\nMislicher ist es, dass das g im Auslaute bisweilen geschrieben wird, wo man statt seiner allgemein einen anderen Laut spricht. Dies ist zun\u00e4chst \u00fcberall der Fall, wo es im Auslaute dem Re-sonanten folgt, indem hier stets der Lautwerth k ist, wie z. B. in Gang, welches, wenn im Auslaute \u00fcberhaupt ein Verschlusslaut geh\u00f6rt16) wird, Gank lautet.\nEs gibt Leute, welche sich die Marter anthun, dieses g als solches aussprechen zu wollen, und glauben dadurch ihre Sprache zu verbessern-, aber niemand spricht und, obgleich es doch geschrieben wird, sondern jedermann unt, und jenes g ist auch niemals gesprochen, ja nicht einmal immer geschrieben worden. Wollte man sich auf die Genitivendung berufen, so w\u00fcrde dies gerade so sein, als wenn man behaupten wollte, dass im Lateinischen nicht pes und infam, sondern ped und infant zu sprechen sei. Es ist auch leicht erkl\u00e4rlich, dass die Media im Auslaute nach dem Resonanten in die Tenuis \u00fcbergeht oder ganz verschwindet. Wenn sie in dieser Combination t\u00f6nen soll, so ist der Mundcanal bereits geschlossen; es er\u00fcbrigt also nur noch, dass der Nasencanal verschlossen wird ; dies gibt aber f\u00fcr sich allein kein einigermafsen auff\u00e4lliges Consonantenger\u00e4usch, da wegen der Elasticit\u00e4t des Gaumensegels und der Luft die letztere noch eine kurze Weile w\u00e4hrend des Verschlusses durch die zum T\u00f6nen verengte Stimmritze hervorgetrieben wird und dabei ein Summen hervorbringt, welches im ersten Momente dem Resonanten sehr \u00e4hnlich ist, und ihm um so un\u00e4hnlicher, zugleich aber auch um so schw\u00e4cher wird, je mehr sich die Luft zwischen der Stimmritze\n\") Einige unterdr\u00fccken den Verschlusslaut ganz und lauten mit dem Resonanten derselben Reihe aus, was jedoch wohl nur da zu empfehlen sein m\u00f6chte, wo die Declinationsendung e weggefallen ist.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"47\nund dom Verschl\u00fcsse verdichtet. Durch die nachfolgende Explosion kann man die Media auch nicht bemerklicher machen, denn dann m\u00fcsste sie t\u00f6nend sein und somit w\u00fcrde das Wort nicht in die Media selbst, sondern in einen ihr angeh\u00e4ngten Vocal auslauten. Will man deshalb den Verschlusslaut am Ende mit derselben Energie wie die \u00fcbrigen Consonanten hervortreten lassen, so muss man durch Er\u00f6ffnen der Stimmritze bei Bildung des Verschlusses den Ton des Resonanten pl\u00f6tzlich abbrechen und dann die Luft tonlos explodiren lassen, das heifst, man muss die Tenuis statt der Media sprechen. Die Engl\u00e4nder thun dies nicht, sondern bringen ihre Media hinter dem Resonanten so gut hervor, als es eben geht. b und d sind dabei in ihrer Aussprache noch deutlich erkennbar, nicht aber das g, und es ist sogar bewusste und allgemeine Regel, hier mit dem Ton des Resonanten auszulauten und das g der Schrift, z. B. in long, thing u. s. w. in der Aussprache vollst\u00e4ndig zu unterdr\u00fccken.\nAuch nach l und r, z. B. in Talg und Zwerg, wird das q selten mit seinem eigenen Laute, h\u00e4ufiger als k und noch h\u00e4ufiger als ch ausgesprochen, ohne dass man eine der beiden letzteren Aussprachen als die regelrechte aufstellen k\u00f6nnte. Ja viele Deutsche verwandeln jedes g im Auslaute in ein k oder ch, so wie d im Auslaute in t, h\u00e4ufig auch b in p. Es ist dies nichts willk\u00fcrliches, sondern wird einerseits bef\u00f6rdert durch die Schwierigkeit, welche die markirte Aussprache der auslautenden Media darbietet, andererseits wird sie gerechtfertigt durch die \u00e4ltere Schreibweise, indem erst im vierzehnten Jahrhundert die Media im Auslaute an die Stelle der Tenuis zu treten beginnt.\nReibungsger\u00e4usche der dritten Reihe.\nSuchen wir aus den verschiedenen Arten des k Reibungsger\u00e4usche ganz in derselben Art abzuleiten, wie wir faus p und * aus t abgeleitet haben, das heifst, indem wir den Verschluss nicht ganz vollst\u00e4ndig machen, sondern in der Mittellinie des Zungenr\u00fcckens eine Rinne bilden, durch welche die Luft ausstr\u00f6men kann, so erhalten wir eine Reihe von Reibungsger\u00e4uschen, die wir im Deutschen mit ch bezeichnen. Wie es f\u00fcr die S-Laute gemeinsam und charakteristisch war, dass der aus der Enge hervortretende Luftstrom gegen die Z\u00e4hne anf\u00e4llt, so ist es f\u00fcr die Ch-Laute charakteristisch, dass er gegen den Gaumen und nicht gegen","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\ndie Z\u00e4hne gerichtet ist. Das ft1 f\u00fchrt uns auf das ch, wie wir es nach e und i z.B. in liecht und Licht sprechen und wie das % der Neugriechen vor einem /-Laute z. B. in %siq klingt; das ft\u00ae auf das ch nach a. o und u, z. B. in Wache, Woche, Wucht. Dem hintersten ft2, dem Kaf der Araber, entspricht das % der Neugriechen, wie es vor et, o, ov und ta lautet. Schon Purkine hat auseinandergesetzt, wie das ch, welches nach a, o und u folgt, weiter nach hinten liegen muss, als das, welches auf e und i folgt, weil bei e und \u00bb die Mittelzunge dem harten Gaumen, bei a, o und \u00ab aber die Hinterzunge dem weichen Gaumen mehr gen\u00e4hert ist, und er bemerkt, dass, wo ein hinteres ch auf i folgt, dies in das tiefe (dumpfe, unvollkommen gebildete) \u00fcbergeht (wobei, wie wir gesehen haben, die Enge f\u00fcr das i weiter nach hinten r\u00fcckt), oder sich zwischen i und ch ein sehr kurzes a, ein sogenanntes a furtirmm einschiebt.\nIch habe vorhin erw\u00e4hnt, dass es ein ch gibt, welches noch weiter nach hinten liegt und dem kein ft mehr entspricht. Bei seiner Bildung wird der mittlere Theil des Gaumensegels stark nach hinten und oben gegen die hintere Rachenwand hingeschoben, die hinteren Gaumenb\u00f6gen n\u00e4hern sich von beiden Seiten, aber so dass zwischen ihnen noch ein Raum von etwa 1 % Linien Breite bleibt, die vorderen Gaumenb\u00f6gen verlieren ihre Kr\u00fcmmung, so dass sie zwei gerade Schenkel bilden, die oben in der Mittellinie des Gaumensegels in einem fast rechten Winkel zusammenlaufen, der hintere Theil der Zunge hebt sich und legt sich an die vorderen Gaumenb\u00f6gen, die Mandeln und das Z\u00e4pfchen, aber so, dass neben dem letzteren zu beiden Seiten etwas Luft hindurchstr\u00f6men kann, wodurch ein dem ch \u00e4hnlicher, aber tieferer und rauherer Laut erzeugt wird. Wir werden denselben sp\u00e4ter als Bcstandtheil eines zusammengesetzten Consonanten kennen lernen; dass er in irgend einer Sprache f\u00fcr sich allein vorkommt, ist mir nicht mit Sicherheit bekannt. Ich will ihn mit bezeichnen, indem ich das ch, das dem ft2 entspricht, mit %*, das, welches dem *' entspricht, mit x1 bezeichne.\nLassen wir zu dem letzteren die Stimme mitt\u00f6nen, so kommen wir auf das Jot, die 1 consona der Deutschen, welche ich mit yl bezeichnen will. Ebenso l\u00e4sst sich aus dem %2 ein y2 entwickeln, das im Plattdeutschen vorkommt , z. B. in dem Worte laoey2 (L\u00fcge). Diesem Laute entspricht auch das y der Neu-","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"49\ngriechen vor cc, o und tu; nur liegt es noch etwas weiter nach hinten und hat dieselbe Articulationsstelle mit dem Kaf der Araber. Sollte es also einmal n\u00f6thig erscheinen, drei Arten des k statt zwei zu unterscheiden, so w\u00fcrden dem dritten, dem Kaf, % vor \u00ab, o und er, und y vor u, o und co als tonloses und t\u00f6nendes Reibungsger\u00e4usch anzureihen sein.\nDas letztere erh\u00e4lt durch die Reflexion der Schallwellen von dem elastischen gespannten Gaumensegel etwas \u00fcberaus hartes vibrierendes, so dass es in Yocalverbindung anlautend leicht f\u00fcr einen r-Laut gehalten werden kann, wodurch schon sehr ge\u00fcbte Ohren get\u00e4uscht worden sind. Ich kann zwar nicht behaupten, dass nicht vielleicht die Uvala bisweilen wirklich mit in Vibration versetzt wird, aber ich kann den Consonanten in seiner vollen H\u00e4rte und Rauhigkeit hervorbringen, ohne die geringste Bewegung des Z\u00e4pfchens oder der Zunge.\nAus dem vorhin ausf\u00fchrlich beschriebenen %3 l\u00e4sst sich ein y3 bilden, das wir sp\u00e4ter gleichfalls als Bestandtheil eines zusammengesetzten Consonanten kennen lernen werden.\nZitterlaut der dritten Reihe.\nWenn man sich \u00e4hnlich wie zum %3 einrichtet, aber in der Mittellinie der Zunge, da wo das Z\u00e4pfchen zu liegen kommt, eine tiefe Rinne bildet, so dass sich dasselbe frei bewegen kann, und es dann durch den heraustretenden Luftstrom in Schwingungen versetzt, so erh\u00e4lt man das tonlose r gutturale, oder richiiger r uvulare, welches ich mit \u00a7 bezeichnen will, und wenn man die Stimme dazu mitt\u00f6nen l\u00e4sst, das gew\u00f6hnliche t\u00f6nende r uvulare, das proven\u00e7alisohe r der Franzosen, welches jetzt auch in Paris h\u00e4ufig genug ist. Ich finde die Bildung dieses Lautes zuerst richtig beschrieben bei du Bois-Reymond, dem Vater, w\u00e4hrend er sonst bald von einem Zittern der Zungenwurzel, bald vom Zittern des Gaumensegels hergeleitet ward. Das Zittern der Zungenwurzel ist, wo es \u00fcberhaupt vorkommt, nur secund\u00e4r und hat mit der Erzeugung des Lautes nichts zu schaffen. Das Zittern des Gaumensegels ist eben so wenig wesentlich f\u00fcr den Laut; es macht ihn nur schnarrend und unangenehm, w\u00e4hrend man gerade wenn es vollst\u00e4ndig vermieden wird, so dass nur das Z\u00e4pfchen allein vibriert, das Zungen-r am besten nachahmt.\nE. Br\u00fccke, Physiol, u. Syst. d. Sprachlaute.\n4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"8(1\nResonanten der dritten Reihe.\nWenn man den Verschluss des Mundcanals f\u00fcr g1 und g2 bildet, aber die Luft bei t\u00f6nender Stimme zur Nase herausstr\u00f6men l\u00e4sst, so erh\u00e4lt man zwei Laute, die ich mit %l und %2 bezeichnen will, und die sich zu dem entsprechenden g verhalten wie n zu d und m zu p. Das x1 ist das n in Klingel, Bengel, das st2 das in Wange, Schwung u. s. w. Da man hier nicht den Nasencanal abzusperren hat, so kann man auch ein %3 bilden, und ich habe fr\u00fcher mit Ke mp eien geglaubt, dass dies das n nasale der Franzosen in un, en, dans, ranger sei. Ich bin aber in neuerer Zeit zweifelhaft geworden, ob nicht S\u00e9gond recht hat, der angibt, dass das sogenannte n nasale der Franzosen gar kein Consonant sei, sondern nichts als der dem vorhergehenden Vocale mitgetheilte Nasenton. Es mag auf den ersten Anblick seltsam erscheinen, dass man zweifeln kann, ob in diesen so bekannten Lauten ein Resonant enthalten sei oder nicht; es wird dies aber weniger befremden, wenn wir uns daran erinnern, wodurch den Vocalen der Nasenton mitgetheilt wird. Es geschieht dies dadurch, dass sich das Gaumensegel herabsenkt, so dass es mit seinem freien Rande \u00fcber der Stimmritze schwebt und sich mithin der Luftstrom zwischen Mund und Nase theilt. Dass die Vocale in un, en, dans u. s. w. den Nasenton haben, daran zweifelt niemand; es zweifelt also auch niemand, dass das Gaumensegel herabgesenkt sei; es handelt sich nur darum, ob es noch etwas von der Zungenwurzel entfernt bleibt, oder ob es sich wirklich so weit herabsenkt, dass es dieselbe mit seinem freien Rande ber\u00fchrt und somit den Verschluss f\u00fcr x3 bildet. Ich glaube, dass dies nach der herrschenden Aussprache des Franz\u00f6sischen nicht mehr der Fall ist, wenn man auch kaum zweifeln kann, dass hier fr\u00fcher ein Resonant war, da alle jene W\u00f6rter im Lateinischen und Italienischen ein n haben, und dasselbe auch im Franz\u00f6sischen noch geschrieben wird.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"51\nV. Abschnitt.\nR\u00fcckblick auf die einfachen Consonanten und ihr System.\n(Zusammenhang von Laut und Zeichen. \u2014 Tenues und Mediae. \u2014 Aspiration und Aspiraten. \u2014 Liquidae.)\nBei den Verschlusslauten, die ich immer an die Spitze der Reihen gestellt habe, steht das Zeichen, wie ich bereits erw\u00e4hnte, f\u00fcr den Verschluss, nicht f\u00fcr die bei Durchbrechung desselben stattfmdende h\u00f6rbare Explosion; denn diese kann fehlen, wie dies immer der Fall ist, wenn auf den Verschlusslaut der ihm entsprechende Resonant folgt, indem dann der Mundcanal f\u00fcr den Reso-nanten geschlossen bleiben muss und die Luft durch den Nasencanal ausgelassen wird. Das Zeichen steht auch nicht f\u00fcr das Klappen bei der Bildung des Verschlusses, denn dies kann gleichfalls fehlen, wie dies stets der Fall ist im Anlaut und sonst wenn dem Verschlusslaute ein anderer Verschlusslaut oder ein Resonant vorangeht.\nMan k\u00f6nnte hiergegen einwenden, dass doch schwerlich die Erfinder der Zeichen p, t und k mit diesen etwas anderes als den Laut h\u00e4tten bezeichnen wollen, aber so schlagend dieser Einwand auf den ersten Anblick erscheint, so zerf\u00e4llt er doch bei n\u00e4herer Betrachtung in nichts. Die Consonantenzeichen sind urspr\u00fcnglich nicht als solche erfunden, sondern als Sylbenzeichen, und erst sp\u00e4ter sind sie durch Einf\u00fchrung eigener Zeichen f\u00fcr die mit ihnen zu Sylben verbundenen Vocale auf ihren jetzigen Lautwerth reduciert worden. Dies zeigen in verschiedener aber gleich deutlicher Weise die D\u00eavan\u00e2gir\u00ee und die semitischen Alphabete. Von der Intention des Erfinders kann also nicht mehr die Rede sein, sondern lediglich davon, in welchem Sinne sich jetzt die Zeichen consequent anwenden lassen und factisch angewendet werden. In letzterer Beziehung k\u00f6nnte man gegen die erw\u00e4hnte Ansicht geltend machen die Verdoppelung der Verschlusslautzeichen und dies um so mehr, als in der That, da wo sie einfach stehen, sehr h\u00e4ufig entweder die Explosion oder das Ger\u00e4usch der Bildung des Verschlusses unh\u00f6rbar oder doch sehr schwach werden. Man k\u00f6nnte deshalb meinen, bei Verdoppelung\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"der Zeichen stehe das eine f\u00fcr das Ger\u00e4usch der Bildung des Verschlusses, das zweite f\u00fcr die Explosion. Man w\u00fcrde aber hierdurch zu Consequenzen gef\u00fchrt werden, die nicht haltbar sind. Wir verdoppeln die Zeichen f\u00fcr die Reibungsger\u00e4usche, Zitterlaute und Resonanten nach denselben Grunds\u00e4tzen, wie die f\u00fcr die Verschlusslaute, wir m\u00fcssten also auch annehmen, dass z. B. das Zeichen s nicht die Stellung f\u00fcr das s und den bei derselben t\u00f6nenden Laut, sondern das Zustandekommen und Vergehen dieser Stellung, und das Zeichen r nicht Zittern der Zunge, sondern Anf\u00e4ngen des Zitterns und Aufh\u00f6ren des Zitterns bedeutet. Wir w\u00fcrden dies f\u00fcr alle Consonanten durchf\u00fchren m\u00fcssen und so zu der Auffassung kommen, dass die Consonantbuchstaben s\u00e4mmtlich Bewegungszeichen und nur die einfachen Vocalbuchstaben Ruhezeichen seien \u2014 eine Ansicht, die schnurstracks der der Araber entgegenlaufen w\u00fcrde, welche die letzteren als Bewegungszeichen, die ersteren als Ruhezeichen betrachten. Die Sache ist auch bereits von anderen Gelehrten dahin erhl\u00e4rt worden, dass wir durch die Verdoppelung der Consonantenzeichen etwas anzeigen wollen, was wir sonst durch Hilfszeichen ausdr\u00fccken m\u00fcssten, n\u00e4mlich dass der vorhergehende Vocal trotz des Accents, den die Sylbe tr\u00e4gt, kurz ist. Hierin vereinigen sich Orthographen von den verschiedensten Richtungen: Weinhold, der die historische Rechtschreibung vertheidigt, R. von Raumer, der sich an das Bestehende anlehnt, und Ellis * der das Bestehende zu Gunsten einer rein phonetischen Schreibweise zerst\u00f6rt wissen will. Letzterer verdoppelt niemals ein Consonantenzeichen, da er besondere Zeichen f\u00fcr die langen und kurzen Vocale eingef\u00fchrt hat. Zugleich zeigt die Verdoppelung eines Consonanten im Inlaute meistens noch an, dass die Sylbengrenze in dem Consonanten selbst und nicht vor ihm liege. Wenn ich Rip-pe schreibe, so zweifelt niemand daran, dass die erste Sylbe mit der Bildung des Verschlusses schliefst und die zweite mit der Durchbrechung desselben anf\u00e4ngt, folglich trennt der Verschluss, die Pause, w\u00e4hrend welcher kein Laut t\u00f6nt, die beiden Sylben. Der Verschluss kann aber auch unvollkommen sein, so dass w\u00e4hrend desselben etwas Luft ausstr\u00f6mt. Wenn ich z. B. Schif-fe spreche, so ist keine lautlose Pause vorhanden, es werden auch nicht zwei f gesprochen , sondern eines, welches die erste Sylbe schliefst und die zweite anf\u00e4ngt und somit als Verbindungsglied zwischen beiden","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"53\ndient. Dasselbe findet Statt, wenn der Verschluss im Mundcanal vollkommen ist, die Luft aber zur Nase heraus kann, wie in schtvim-men u. s. w. Wenn aber ein Consonant im Inlaute zwischen zwei Vocalen einfach geschrieben wird, so ist dies nicht der Fall; dann beginnt der Consonant nur die zweite Sylbe, ohne die erste zu schliefsen. Um die Mittel zu beurtheilen, durch welche in diesem Falle unter verschiedenen Umst\u00e4nden die Sylbentrennung bewirkt wird, muss man zun\u00e4chst wissen, dass die kurzen Vocale accentuierter Sylben unter einem st\u00e4rkeren Drucke hervorgebracht werden als die langen, das heifst: die Luft in der Lunge wird dabei durch eine pl\u00f6tzliche Verkleinerung des Thoraxraumes unter einen st\u00e4rkeren Druck gesetzt. Man versuche z. B. R\u00e4\u00e4m zu sprechen. Es gelingt, ohne dass der Ton der Stimme einen Augenblick aussetzt, aber man muss gegen das Ende die Exspirationsbewegung verst\u00e4i\u2019ken, um das kurze a zu markiren. Man \u00fcberzeugt sich davon noch besser, wenn man die Hand a\u00fcf die Brust legt und f\u00fchlt, dass sie nicht gleichm\u00e4fsig langsam einsinkt, sondern im Momente des kurzen a rascher. Wird nun der Effect dieses st\u00e4rkeren Impulses durch einen Verschluss im Mundcanal unterbrochen, so schliefst jedenfalls das Ger\u00e4usch bei Herstellung desselben die Sylbe. Ob der Verschlusslaut dabei als eine Media, wie in Widder, oder als eine Tenuis zum Vorscheine kommt, wie in Gewitter, h\u00e4ngt lediglich davon ab, ob die Stimmritze noch zum T\u00f6nen verengt ist oder ob sie sich unmittelbar vor der Herstellung des Verschlusses ge\u00f6ffnet hat. Statt des Verschlusses kann eine Enge gebildet werden, so dass ein Reibungsger\u00e4usch erscheint, wie in Schif-fe ; es kann der Luft der Weg durch die Nase offen bleiben, so dass ein Resonant articuliert wird, wie in nim-mer u. s. w. Stets schiebt sich der Consonant als Mittelglied zwischen die erste und zweite Sylbe. Soll dies nicht der Fall sein und soll der Consonant nur die zweite Sylbe anfangen, nicht die erste schliefsen, so muss der Effect des mehrerw\u00e4hnten Impulses zur Zeit der Bildung des Consonanten bereits aufgeh\u00f6rt haben oder seine Fortpflanzung bis in die Mundh\u00f6hle auf irgend eine Weise verhindert werden. Das erstere tritt ein bei unserer Aussprache des Altgriechischen, z. B. in o^iccdog oder \u00a3&i\u00df(ia, wo wir, um zugleich dem Accente und der Quantit\u00e4t gerecht zu werden, o und s durch einen ganz kurzen pl\u00f6tzlichen Stofs hervorbringen, dessen Wirkung ebenso rasch verschwindet:","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\ndas letztere geschieht in der arabischen Sprache durch pl\u00f6tzliches Yerschliefsen der Stimmritze und wird durch das Zeichen Eam%e angedeutet, \u00fcber das ich sp\u00e4ter ausf\u00fchrlicher sprechen werde. In beiden F\u00e4llen verliert, wenn eine Tenuis oder Media folgt, dieselbe das Ger\u00e4usch bei Herstellung des Verschlusses, da dies nur auf dem pl\u00f6tzlichen Abschneiden eines kr\u00e4ftigen Luftstromes beruht; es bleibt ihm also wie im Anlaut nur das Explosivger\u00e4usch \u00fcbrig. Im Deutschen kommen beide F\u00e4lle nicht vor, da hier alle Vocale in accentuierten Sylben, die durch keinen Consonanten geschlossen werden, gedehnt sind und somit trotz ihres sogenannten Accentes unter geringerem Drucke hervorgebracht werden. Wir trennen sie deshalb von dem folgenden Consonanten einfach dadurch, dass wir die Stimmritze leicht er\u00f6ffnen und dadurch den Ton momentan schwinden lassen. Das h erh\u00e4lt hierdurch seinen Sinn als Dehnungszeichen, indem es hier wie \u00fcberall offene Stimmritze bei vocalisch offenem, d. h. f\u00fcr die Bildung keines der Consonanten eingerichtetem Mundcanal bedeutet. Obgleich ich keineswegs behaupten will, dass das h auf diesen Grund hin mit Bewusstsein als Dehnungszeichen eingef\u00fchrt ist, so l\u00e4sst es sich doch am Sylbenende durch denselben rechtfertigen. Es ist hier ein wahres Verhauchen des Vocallautes, z. B. in ahnen, sehnen, w\u00e4hnen, das man namentlich bei der emphatischen Rede auf der Kanzel und der B\u00fchne wahrnimmt. Es liegt in ihm eine eigenth\u00fcmliche Sch\u00f6nheit der deutschen Sprache, welche sich Ausl\u00e4nder, die das Deutsche erlernen, nur schwierig aneignen. Dass das h trotz der ge\u00f6ffneten Stimmritze nicht seinen vollen Lautwerth erh\u00e4lt, liegt daran, dass die Geschwindigkeit des aus der Lunge hervorquellenden Luftstromes zu gering ist. Wenn dem gedehnten Vocal oder dem Dehnungs -h ein Verschlusslaut folgt, so verliert er hier auch eben wegen der geringen Geschwindigkeit des Luftstromes sein Verschlussger\u00e4usch, und es bleibt ihm nur das explosive, welches die folgende Sylbe anf\u00e4ngt. Hr. von Raumer bemerkt richtig, dass die Consonanten da, wo sie nach kurzen accentuierten Yocalen im Inlaut doppelt geschrieben werden, eine andere Quantit\u00e4t haben als nach langen. In der That ist das m in Sommer so lang wie das m in Rum mit dem m in Meer zusammengenommen, und er wendet dasselbe consequent auf die Verschlusslaute an, bei welchen also die Dehnung auf den Verschluss","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"53\nf\u00e4llt. Wenn wir gesagt haben, dass bei den Verschlusslauten das Zeichen f\u00fcr den Verschluss stehe, so liegt also bei p, t, k der Laut aufserhalb des Zeichens, er klebt ihm gleichsam nur \u00e4ufserlich an \\ nicht so kann dies von b, d und g gesagt werden, weil hier w\u00e4hrend des Verschlusses durch die zum T\u00f6nen verengte Stimmritze etwas Luft aus der Lunge in die Mundh\u00f6hle gepresst werden kann, welche dann nat\u00fcrlich einen dumpfen, aber deutlich vernehmbaren Ton, den von Purkine sogenannten Bl\u00e4hlaut, giebt, welcher die Pause ganz oder theilweise ausf\u00fcllt. Dies ist besonders deutlich in dem emphatischen d der Araber, dem Dhad (u*>) ; aufserdem wird es fast immer geh\u00f6rt wo im Inlaute die Media doppelt geschrieben wird, im Englischen auch im Auslaute, wo es dazu dient, den Unterschied der Media von der Tenuis auff\u00e4lliger f\u00fcr das Ohr zu machen; so sind z. B. hat (der Hut) und head (das Haupt) nicht nur durch den Vocal, sondern auch durch den auslautenden Consonanten von einander unterschieden.\nWir sind hier auf einen wichtigen Punct gef\u00fchrt worden, n\u00e4mlich auf die Unterscheidung der Mediae als t\u00f6nender Laute von den Tenues als tonlosen. In allen von Sprachforschern, die sich mit der vergleichenden Lautlehre besch\u00e4ftigen, entworfenen Systemen sind die Mediae den t\u00f6nenden Reihen einverleibt, weil sie sich sprachlich zu den t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4uschen gerade so verhalten, wie die Tenues zu den tonlosen; doch stehen manche an, sie geradezu den t\u00f6nenden Lauten beizuz\u00e4hlen, weil sie nicht dauernd mit dem Ton der Stimme hervorgebracht werden k\u00f6nnen. Hiergegen ist folgendes zu bemerken : Die Stimme t\u00f6nt, wie wir soeben gesehen haben, nicht selten wirklich w\u00e4hrend des Verschlusses, und wenn dies nicht der Fall ist, so ist doch immer die Stimmritze w\u00e4hrend des Verschlusses zum T\u00f6nen verengt, was bei den tonlosen Consonanten nie der Fall ist; wenn also der Ton nichts desto weniger pausiert, so liegt es nur daran, dass der Unterschied zwischen dem Luftdrucke in Brust- und Mundh\u00f6hle nicht grofs genug ist, um eine Str\u00f6mung zu veranlassen, durch welche die Stimmb\u00e4nder in Schwingungen versetzt werden. Sie sind bei den Mediae w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Verschlusses stets bereit, den Impuls zu empfangen, und die Stimme klingt deshalb, wenn sie ausgesetzt hatte, sofort wieder an, wenn der Verschluss durchbrochen wird. Dies ist der wesentliche Unterschied der Media von der Tenuis, und es kn\u00fcpft sich daran eine","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\ninteressante Art, die Mediae bei Mangel eines besonderen Zeichens zu umschreiben, auf die mich Prof. Miklosich aufmerksam machte. Die Neugriechen dr\u00fccken n\u00e4mlich, da \u00df und d bei ihnen das Zeichen f\u00fcr w2 und zi sind, das b durch ftjc und das d durch vt aus. Beim ft muss die Stimmritze zum T\u00f6nen verengt, der Mund geschlossen, der Nasencanal offen sein, beim % Mund-und Nasencanal geschlossen, aber die Stimmritze offen. Man soll also, nachdem man die Lippen geschlossen und die Stimme hat anklingen lassen, sofort durch weites \u00d6ffnen der Stimmritze den Ton wieder schwinden lassen, dann den Nasencanal von der Mundh\u00f6hle abschliefsen und endlich das % durch \u00d6ffnen der Lippen explodieren lassen. Je rascher man diese Acte hinter einander auszuf\u00fchren sucht, um so schwieriger wird es, sie auseinander zu halten. Zun\u00e4chst verschliefst man den Nasencanal noch, ehe man die Stimmritze erweitert hat, und dann geht das ft in den Verschluss f\u00fcr b \u00fcber; es erscheint statt des Lautes der von Pur-\u00bb kifie sogenannte Bl\u00e4hlaut, der dem b angeh\u00f6rt, und sobald sich nun bei der noch verengten Stimmritze die Lippen \u00f6ffnen, explodiert dasselbe. Das ft ist also hier das Zeichen der zum T\u00f6nen verengten Stimmritze; es soll ein jt mit zum T\u00f6nen verengter Stimmritze, das heifst ein b, gebildet werden. Ganz so verh\u00e4lt es sich mit dem vt, nur dass hier der Verschluss des Mundcanals nicht von den Lippen, sondern mittelst der Vorderzunge gebildet wird. Wahrscheinlich r\u00fchrt diese Transscription daher, dass man den Laut der Resonanten mit dem der ihnen \u00e4hnlichen Purkine\u2019schen Bl\u00e4hlaute verwechselte.\nDie zum T\u00f6nen verengte Stimmritze bildet also den wesentlichen Unterschied der Mediae von den Tenues, alle \u00fcbrigen sind \u00e4ufserliche, abgeleitete. Man hat gesagt, Tenues und Mediae unterscheiden sich durch die St\u00e4rke der Explosion, man k\u00f6nne dies wahrnehmen, wenn man die Hand dem Munde gegen\u00fcberhalte und dann abwechselnd eine Tenuis und die dazu geh\u00f6rige Media ausspreche. Dann werde die Hand bei der Tenuis von einem sehr kr\u00e4ftigen, bei der Media von einem kaum merklichen explosiven Hauche getroffen; lege man dagegen die Hand auf die Brust, so f\u00fchle man dieselbe beim Explodieren des Tenuis deutlich einsinken, bei der Media aber nicht. Dies ist alles richtig, aber die Erscheinungen sind secund\u00e4rer Natur. Bei der Media ist die Stimmritze zum T\u00f6nen verengt und somit das pl\u00f6tzliche Ausslr\u00f6-","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"57\nmen der Luft aus den Lungen auch nach Er\u00f6ffnung des Mundcanals noch gehindert, bei der Tenuis ist die Stimmritze weit offen, daher das pl\u00f6tzliche und gewaltsame Hervorbrechen der Luft bei \u00d6ffnung des Mundcanals und das correspondierende Zusammensinken des Brustkastens. Wenn Tenuis und Media sich nur durch die Explosion von einander unterschieden, so m\u00fcsste der ganze Unterschied schwinden, sobald der entsprechende Resonant folgt, weil dann die Explosion ganz verloren geht, und doch weifs jedermann, dass sich das p im englischen Worte midshipman von dem 6 im englischen Worte club-man sehr deutlich unterscheidet. Man hat endlich gesagt, der wesentliche Unterschied bestehe nur darin, dass bei der Tenuis ein festerer Verschluss gebildet werde als bei der Media. Wahr ist es, dass dies in der Regel geschieht, aber auch diese Erscheinung ist eine sc-cund\u00e4re. Bei der Tenuis steht die Stimmritze weit offen; der Luftdruck in der Mundh\u00f6hle ist somit dem in den Lungen gleich und der Verschluss im Mundcanale muss hinreichend fest sein, um eben diesem Drucke Widerstand zu leisten. Anders verh\u00e4lt es sich bei der Media ; hier ist die Stimmritze zum T\u00f6nen verengt, das heifst die Stimmb\u00e4nder sind einander bis zur Ber\u00fchrung oder doch fast zur Ber\u00fchrung gen\u00e4hert und werden erst durch den Luftstrom, der sie in Schwingungen versetzt, um ein weniges mehr von einander entfernt. Wird also hier der Verschluss gebildet, so braucht er nicht gleich fest zu sein, denn nur langsam wird die Luft durch die t\u00f6nende Stimmritze in die Mundh\u00f6hle getrieben und ihre Spannung in derselben erh\u00f6ht. Da die Dauer des Verschlusses beim Sprechen immer nur sehr kurz ist, so bedingt dies den merklichen Unterschied in der Kraft, mit der man den Verschluss bei der Tenuis und Media herstellt. Man mag aber den Verschluss noch so fest machen, wenn man ihn bei t\u00f6nender Stimmritze er\u00f6ffnet, so erscheint immer nur die Media, nie die Tenuis; man mag ihn noch so leicht machen, wenn man ihn bei weit offener Stimmritze durchbricht, erscheint immer die Tenuis, nie die Media.\nWenn auf die Tenuis ein Vocal folgt, so kann man entweder unmittelbar nach Durchbrechung des Verschlusses die Stimmritze zum T\u00f6nen verengern, so dass der Ton der Stimme sofort anklingt, oder man kann damit z\u00f6gern, so dass eine kurze Weile der Athem frei durch die offene Stimmritze zum offenen Mund-","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\ncanal hinausfliefst und erst dann die Stimme einsetzt. Im ersteren Falle t\u00f6nt die Tenuis rein, im zweiten aspiriert. Da der frei durch die offene Stimmritze und den offenen Mundcanal ausfliefsende Hauch mit h bezeichnet wird, so brauchen wir f\u00fcr die aspirierten Tenues kein besonderes Zeichen, sondern k\u00f6nnen sie ph, th und kh schreiben. Media, reine Tenuis und aspirierte Tenuis bilden eine Stufenfolge. Bei der Media ist die Stimmritze schon w\u00e4hrend des Verschlusses und w\u00e4hrend der Explosion verengt, bei der reinen Tenuis wird sie es, wenn nicht etwa ein tonloser Consonant folgt, sofort nach der Explosion, bei der aspirierten erst sp\u00e4ter. Ich mache auf diese Stufenfolge besonders aufmerksam, weil sie von Bedeutung ist f\u00fcr die Ansicht, welche man sich von der antiken Aussprache der Buchstaben (p, ff, % zu bilden hat. Man hat bisweilen die griechischen Aspiraten als Tenues aspiratae, in unserem Sinne als ph, th und kh, aufgefasst und dabei \u00df, d, y als Mediae, d. h. als 6, d, g. Dann ist der Name\nganz unverst\u00e4ndlich, denn man begreift wohl wie eine bare Tenuis ein Mittelding zwischen einer Media und einer aspirierten Tenuis genannt werden k\u00f6nne, aber nicht wie sich die Mediae zwischen Tenues und Tenues aspiratae stellen lassen.\nWenn ein Consonant auf die Tenuis folgt, so kann sie zwar auch aspiriert werden, indem man ein h zwischen ihr und dem folgenden Consonanten h\u00f6ren l\u00e4sst, aber es geschieht seltener, weil sich das h, bei dem der Mundcanal weit ge\u00f6ffnet sein muss, schlecht zwischen einen Verschlusslaut und einen anderen Consonanten einschiebt.\nWir Deutschen aspirieren vor Vocalen die Tenuis fast immer, wenn gleich nur schwach, so dass unser daran gew\u00f6hntes Ohr es gar nicht mehr bemerkt; es wird uns aber sogleich auff\u00e4llig, wenn wir die reinen Tenues h\u00f6ren, welche die Slaven beim Deutschsprechen zu bilden pflegen. Vor einem t\u00f6nenden Consonanten aspirieren wir bisweilen dadurch, dass wir mit dem Ton der Stimme erst einsetzen, wenn das eigene Ger\u00e4usch des Consonanten bereits begonnen hat, so dass das erste Moment desselben tonlos ist; so h\u00f6ren wir z. B. kllaue f\u00fcr Klaue, ktpraeu'ter f\u00fcr Kr\u00e4uter u. s. w. sprechen. Vor tonlosen Consonanten h\u00f6ren wir im Deutschen keine Aspiration.\nAus dem bisher gesagten wird wohl jedem Leser an und f\u00fcr sich klar sein, dass sich die Media nicht in dem Sinne wie","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"59\ndie Tenues aspirieren, d. h. unmittelbar mit einem h verbinden lassen. Da bei der Media die Stimmritze bei der Explosion zum t\u00f6nen verengt ist, so muss ihr immer erst ein Vocal angeh\u00e4ngt werden, ehe das h folgen kann, bei dem die Stimmritze weit olfen ist. Wenn eine Sylbe mit einer Media schliefst und die n\u00e4chstfolgende mit h anf\u00e4ngt, so ber\u00fchren sich hier zwar beide Laute einander unmittelbar, aber dies ist keine Aspiration zu nennen, denn es wird nur nur durch die Sylbentrennung m\u00f6glich. Ich muss, nachdem ich den Verschluss der Media gebildet habe, den Explosivlaut vermeiden und das Anhalten des Athems bei der Sylbentrennung dazu benutzen, zugleich die Stimmritze und den Verschluss im Mundcanal ger\u00e4uschlos zu er\u00f6ffnen und dann das h hervorstofsen. Ich muss dies hier bemerken, wegen der herrschenden Ansicht \u00fcber die Medienaspiraten des Sanskrit, von denen sp\u00e4ter die Rede sein wird.\nF\u00fcgen wir hieran einige Bemerkungen \u00fcber die Reibungsger\u00e4usche. Bis jetzt haben wir angenommen, dass sich der Verschluss der Tenuis pl\u00f6tzlich weit \u00f6ffne, so dass bei nachfolgender Aspiration (das heifst bei z\u00f6gerndem Einsatz der Stimme) diese als ein h geh\u00f6rt werde. Denken wir uns nun, dass der Verschluss nur ein wenig ge\u00f6ffnet wird, so muss der Tenuis als Aspiration das entsprechende Reibungsger\u00e4usch oder, wie sich die Sanskritgrammatiker ausdr\u00fccken, \u00abder correspondierende Wind\u00bb folgen. Wir erhalten pf, ts und k%, von denen sich ph, th und kh lediglich durch die Gr\u00f6fse der \u00d6ffnung unterscheiden, welche unmittelbar nach L\u00f6sung des Verschlusses im Mundcanal gebildet wird.\nDie Grammatik belegt bekanntermafsen auch die tonlosen Reibungsger\u00e4usche mit dem Namen Aspiraten, weil diese Benennung den Buchstaben ip, ff, % inh\u00e4riert, von denen einige glauben, dass sie tonlose Reibungsger\u00e4usche, andere, dass sie aspirierte Tenues in unserem Sinne waren.\nNennt man die tonlosen Reibungsger\u00e4usche Aspiraten der Tenues, so gibt es auch Aspiraten der Mediae, n\u00e4mlich die t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usche, die sich in R\u00fccksicht auf ihre Entstehung zu den Mediae so verhalten, wie die tonlosen zu den Tenues. Die t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usche haben indessen in gewisser Beziehung eine noch gr\u00f6fsere organische Verwandtschaft zu den Mediae als die tonlosen zu den Tenues, erstens weil bei den Mediae der Verschluss nicht so fest zu sein braucht, als bei den","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nTenues, und zweitens weil bei den Medien die Luft in der Mundh\u00f6hle nicht so stark verdichtet wird und mithin das explosive Element schw\u00e4cher ist. Daraus erkl\u00e4rt sich die Erscheinung, dass die griechischen Buchstaben \u00df, \u00f4, y von dem Lautwerthe b, d, g in die Lautwerthe w, z*. y so allm\u00e4hlich \u00dcbergiengen, dass man die Zeit des Wechsels gar nicht mehr angeben kann, ja dass beide Aussprachen wahrscheinlich lange neben einander existierten 16). Es kann uns dies kaum mehr auffallend erscheinen, wenn wir bedenken, dass wir uns mit dem g ganz in derselben Lage befinden, indem dasselbe in einem sehr grofsen Theile von Norddeutschland als Reibungsger\u00e4usch gesprochen wird. Diese n\u00e4here Verwandtschaft zwischen den Medien und den Reibungsger\u00e4uschen bewirkt sogar, dass tonlose Reibungsger\u00e4usche in die correspondierende Media statt in die correspondierende Tenuis \u00fcbergehen k\u00f6nnen. So geht im Deutschen d nicht nur parallel mit dem weichen (t\u00f6nenden) sondern auch mit dem scharfen (tonlosen) th der Engl\u00e4nder, z. B. thistle, Distel, thing, Ding u. s. w. Hierdurch ist der Name Mediae, y\u00e9tia, gerechtfertigt, er hat aber, wie gesagt, nur einen Sinn, wenn man <p, -9', % als Reibungsger\u00e4usche, nicht wenn man sie als Verschlusslaute ansieht.\nBei den Verschlusslauten wurde der Nachdruck erzielt durch die l\u00e4ngere Dauer des Verschlusses; durch diese wurde, wenn die exspiratorische Bewegung des Brustkastens einmal im Gange ist, schon an und f\u00fcr sich der Luftdruck hinter dem Verschl\u00fcsse gesteigert und so eine kr\u00e4ftigere Explosion erzielt. Auf die Reibungsger\u00e4usche wird in analoger Weise der Nachdruck gelegt, indem man sie l\u00e4nger aush\u00e4lt und die Luft mit gr\u00f6fserer Gewalt durch die Enge treibt.\nZu den Reibungsger\u00e4uschen habe ich auch die L-Laute gez\u00e4hlt und sie als Reibungsger\u00e4usche mit Ausfluss der Luft an den Seiten der Zunge bezeichnet. Ich kann dies dadurch rechtferti-\n,e) Als Cyrillus im Jahre 862 n. Chr. das nach ihm benannte Alphabet aufstellte, war er gen\u00f6thigt f\u00fcr 6 ein neues Zeichen zu erfinden, da es durch das Zeichen \u00df nicht mehr ausgedi\u00fcckt werden konnte, indem dieses schon den Lautwerth von erhalten hatte. Schon viel fr\u00fcher wird \u00df zur Transscription des r\u00f6mischen v benutzt, daneben aber auch, ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen bis zu welcher Zeit, zur Transscription des 6.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"61\ngen, dass sich das l tonlos hervorbringen l\u00e4sst und dann das Reibungsger\u00e4usch deutlich geh\u00f6rt wird; aber es ist beim t\u00f6nenden l schw\u00e4cher als bei den \u00fcbrigen t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4uschen und dieses t\u00f6nende l verdankt seine Eigenth\u00fcmlichkeit ebenso sehr der ver\u00e4nderten Resonanz der Stimme als dem mitlaulenden Reibungsger\u00e4usche. Namentlich gilt dies vom polnischen i, bei dem, wie wir gesehen haben, die Seiten\u00f6ffnungen weiter sind. Man kann deshalb nichts dagegen einwenden, wenn das l mit r und den Resonanten in die Gruppe der Liquidae gestellt wird; nur muss man immer vor Augen behalten, dass dieselbe sehr heterogene Elemente in sich vereinigt, die im Grunde physiologisch nichts mit einander gemein haben, als dass sie einfache Conso-nanten, aber doch weder Tenues noch Mediae noch Aspiratae sind.\nVon einigen werden die Resonanten mit zu den Explosiven gerechnet und von den Tenues und Mediae als Explosivae nasales unterschieden. Dies ist aber durchaus zu verwerfen. Erstens ist schon f\u00fcr die Tenues und Mediae der Name Explosivae ungeschickt, weil die Explosion f\u00fcr sie nicht wesentlich ist und unter Umst\u00e4nden ganz fehlt. Zweitens aber haben die Resonanten mit den Explosiven zwar den Verschluss im Mundcanal gemein, aber es findet bei ihnen keine Explosion statt, da wegen des offenen Nasencanals die Luft nicht comprimiert werden kann. \u00d6ffnet sich der Verschluss im Mundcanale zur Hervorbringung eines Vocales, so ist dies ein einfacher Wechsel der Luftleitung, indem nun der Nasencanal gesperrt wird; hat der Vocal den Nasenton, so bleibt auch der Nasencanal offen, so dass sich der Luftstrom zwischen Mund und Nase theilt.\nWas mein System im ganzen anlangt, so wird man sehen, dass die gegenseitige Abh\u00e4ngigkeit der symmetrisch gestellten Glieder eine durchaus unwandelbare ist; dass alle tonlosen Conso-nanten entsprechende t\u00f6nende haben, die sich von ihnen durch nichts unterscheiden als durch den Zustand der Stimmritze; dass der Verschlusslaut aus dem dazu geh\u00f6rigen Reibungsger\u00e4usche immer abgeleitet werden kann durch nichts anderes als durch v\u00f6lliges Verschliefsen der gebildeten Enge; dass der Resonant von der Media nie durch etwas anderes als den offenen Nasencanal verschieden ist, und der J-Laut aus dem entsprechenden rf-Laute nie durch etwas anderes abgeleitet wird als durch Bildung seitlicher \u00d6ffnungen zwischen Zunge und Backenz\u00e4hnen. Es kommt","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nin dieser Beziehung auch nicht die kleinste Unregelm\u00e4fsigkeit vor. Hierdurch und dadurch, dass ich Schritt f\u00fcr Schritt alle Articu-lationsstellen, zu welchen die Zunge gelangen kann, durchwandert habe, ist es allein m\u00f6glich geworden, alle einfachen Consonanten zu ersch\u00f6pfen. W\u00e4re ich diesen Weg nicht gegangen, sondern h\u00e4tte mich damit begn\u00fcgt, die mir aus der Erfahrung bekannten Laute zu ordnen, so w\u00fcrde ich in meinem Systeme nicht die Cerebralreihe des Sanskritalphabets verzeichnet gefunden haben, denn im Jahre 1848, als ich es ausarbeitete, hatte ich vom Lautsystem des Sanskrit noch nicht die allergeringste Kenntnis. Auch die Laute des Arabischen, soweit sie in der Mundh\u00f6hle gebildet werden, fanden leicht ihren Platz-, nur glaube ich, dass es, wenn man auf dieses System eine Transscriptionsmethode gr\u00fcnden will, zweckm\u00e4fsig sein wird, das Articulationsgebiet des /f2 in eine vordere und hintere Abtheilung zu bringen, so dass man f\u00fcr das deutsche k in Ruck, das der vorderen angeh\u00f6rt, und das arabische Kaf, das der hinteren an geh\u00f6rt, Sonderbezeichnungen hat. Dem Kaf w\u00fcrden sich dann aus dem Neugriechischen y und % vor a, o und ca als entsprechende Reibungsger\u00e4usche anschliefsen.\nDie Ger\u00e4usche, welche im Kehlkopfe und nicht in der Mundh\u00f6hle entstehen, habe ich aus Gr\u00fcnden, auf die ich sp\u00e4ter noch n\u00e4her eingehen werde, nicht in das System aufgenommen, sondern f\u00fcr sich ab gehandelt.\nAuf die Schnalzlaute der Negersprachen habe ich keine R\u00fccksicht nehmen k\u00f6nnen, da ich sie nur aus sparsamen m\u00fcndlichen Mittheilungen von Reisenden kenne, die mich nicht zu einer systematischen Bearbeitung derselben bef\u00e4higen.\nDa in meinem System, wie in allen fr\u00fcheren, die Articula-tionsstelle als wesentlicher Eintheilungsgrund auftritt, so muss ich auch Laute, die, wie z. B. das deutsche sch, zwei Articulations-stellen haben, gesondert abhandeln. Da ferner die Art der Entstehung der zweite wesentliche Eintheilungsgrund ist, so mussten auch diejenigen Consonanten, welche gleichzeitig Reibungsger\u00e4usch und Zitterlaut sind, f\u00fcr sich betrachtet werden. Die Elemente, durch deren Verschmelzung diese gemischten Laute entstehen, sind aber alle in dem System vorhanden, wie sich dies in dem folgenden Abschnitte, in dem ich von ihnen zu handeln habe, zeigen wird.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"TI. Abschnitt.\nVon den zusammengesetzten Consonanten.\nZusammengesetzt nenne ich die Laute, welche dadurch gebildet werden, dass die Mundtheile gleichzeitig f\u00fcr zwei verschiedene Consonanten eingerichtet sind. Ich will sie in der Weise bezeichnen, dass ich die einzelnen Consonanten hinter einander schreibe und sie durch Klammern verbinde.17)\nSolche Laute sind zun\u00e4chst das sch der Deutschen und das j der Franzosen. Das deutsche sch ist nach der obenangef\u00fchrten Bezeichnung zu schreiben [s%] und zwar nach seiner gew\u00f6hnlichen Bildung [s^2]. Ich weifs, dass alle neueren Schriftsteller, welche von der Physiologie der Sprache handeln, das sch f\u00fcr einen einfachen Laut halten, aber ihre Angaben \u00fcber dasselbe finde ich nirgends vollst\u00e4ndig und genau. Nur Heusinger h\u00e4lt sichtlich das sch f\u00fcr einen zusammengesetzten Laut, denn er sagt18) : \u00abIn manchen Gegenden Deutschlands wird das sch in seine beiden Laute s-clt zerf\u00e4llt.\u201d\nNach der gew\u00f6hnlichen Nomenclatur, welche x und z zusammengesetzte Consonanten nennt, ist sch allerdings einfach; aber x und * sind keine zusammengesetzten Consonanten, sondern einfach zwei aufeinanderfolgende Consonanten, die der Bequemlichkeit halber mit einem Zeichen geschrieben werden, und ich hielt es nicht f\u00fcr r\u00e4thlich, mich an eine Nomenclatur zu binden, die sich an einen Brauch kn\u00fcpft, der Nutzen f\u00fcr Copisten und Setzer, aber keinen f\u00fcr die Lautlehre hat. Zieht man es jedoch vor, den Namen Compositae f\u00fcr diese Lautzeichen beizubehalten, so mag man meine zusammengesetzten gemischte oder Concrelae, oder wie man sonst will, nennen; als Consonantes simplices aber darf man sie nicht bezeichnen, weil sie von diesen\n17) In meiner ersten Abhandlung habe ich die einzelnen Zeichen der zusammengesetzten Consonanten durch einen dar\u00fcber liegenden Bogen verjocht; aus typographischen R\u00fccksichten habe ich statt dessen hier Klammern angewendet.\n\"') Alagendie\u2019s Physiologie, \u00fcbersetzt von Heusinger. Eisenach, 1834. Bd. I. S. 288","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nwesentlich verschieden sind. F\u00fcr die Ansicht, dass sch ein einfacher Laut sei, kann zwar geltend gemacht werden, dass man in ihm weder ein reines s noch ein reines % h\u00f6rt, und dass, wenn einer ein s und ein anderer ein % spricht, daraus noch kein sch wird. Dies ist aber auch in R\u00fccksicht auf die Definition, welche ich von zusammengesetzten Consonanten gegeben habe, nicht noting, sondern diese verlangt nur, dass bei ihrer Bildung die Anordnung der Mundtheile gleichzeitig verschiedenen Consonanten entsprechen soll, und dies ist beim sch allerdings der Fall. Man bringe nur zuerst ein ch hervor und beuge dann, ohne irgend etwas anderes zu ver\u00e4ndern, den vorderen Theil der Zunge so weit nach aufw\u00e4rts, dass er sich zum s1 stellt, so wird in demselben Augenblicke das ch in sch verwandelt werden. Um sich noch sicherer von der Stellung der Mundtheile zu \u00fcberzeugen, lege man sich eine Bleikugel auf die Zunge und bringe sch con-tinuierlich hervor. So lange man den Kopf gerade h\u00e4lt, wird die Kugel, wenn sie nicht zu grofs ist, frei auf der Zunge liegen; wenn man den Kopf stark vorn \u00fcberneigt, so rollt sie gegen ein Hindernis, die Enge f\u00fcr das s, und wenn man den Kopf stark hinunterbeugt, so rollt sie ebenfalls gegen ein Hindernis, die Enge f\u00fcr das ch. Im j\u00fcdischen Dialect findet sich ein sch, welches [sz%3] zu schreiben ist. Eine unwesentliche Modification ist es, wenn sich hierbei die Zungenspitze fest gegen das Gaumengew\u00f6lbe stemmt, so dass die Luft nicht \u00fcber, sondern neben ihr aus zwei kleinen \u00d6ffnungen entweicht und so gegen die Z\u00e4hne anf\u00e4llt. Am meisten nach vorne von den Lauten, die [s1%2] zu schreiben sind, liegt das sch im c der Italiener vor e und i, welches t[s%] lautet, z. B. in ciceri, w\u00e4hrend das ch am Anfang und Ende des englischen church etwas weiter nach hinten, aber auch noch im Bereich von gebildet wird.19) Max M\u00fcller, indem er erw\u00e4hnt, dass zwischen diesen beiden Lauten ein Unterschied bestehe, \u00e4ufsert die Ansicht, dass den ersteren nur ein Italiener\n'\u201d) Wenn, wie ich im vorigen Abschnitte vorgeschlagen habe, im Bereich des h2 eine Cnterabtheilung gemacht wird, so dass nur das \u00c4 in fluch und Stock mit k2. aber das Iiof der Araber mit h\" bezeichnet wird, so m\u00fcssen die Nummern des ch in analoger Weise r\u00fccken, dann ist das c in ciceri zu schreiben t'[s'%2], das ch in church aber U[s\u2018z3].","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"63\nrichtig aussprechen k\u00f6nne, wie sich dies bei der sicilianischen Vesper gezeigt habe. Ich glaube indessen, dass die Franzosen damals weder an der Unf\u00e4higkeit ihrer Organe scheiterten, noch an der reellen Schwierigkeit des Lautes, sondern dass sie unter den Dolchen der Sicilianer verbluteten, weil sie nicht hinreichend an phonetische Studien gew\u00f6hnt waren, um das wesentliche der Aussprache aufzufassen; denn jener Laut geh\u00f6rt in der That nicht zu denen, welche wie das r noch Schwierigkeiten in der Ausf\u00fchrung darbieten, wenn auch ihre Mechanik bereits richtig erkannt ist. F\u00fcr die Mehrzahl der Deutschen, welche das Englische erlernt haben, k\u00f6nnte man das th dieser Sprache als Schi-boleth gebrauchen, aber nur deswegen, weil sie ungeschickte Lehrer gehabt haben, nicht weil sie an und f\u00fcr sich unf\u00e4hig w\u00e4ren, das th hervorzubringen, denn jeder, der im Besitz seiner Vorderz\u00e4hne ist, kann es bei geh\u00f6riger Unterweisung in wenigen Minuten erlernen.\nIch glaube, dass es auch einen dieser Abtheilung angeh\u00f6renden Laut gibt, der [s^1] zu schreiben ist, n\u00e4mlich das \u00bb der Polen. Nach dem Platze, welchen die vergleichende Lautlehre diesem Consonanten anweist, ist er ein mouilliertes s, d. h. nach dem Sinne des Ausdruckes, dem ich in dieser Abhandlung folge, ein k mit unmittelbar darauf folgendem %l. Herr Piotrowski sagt mir aber, dass im gew\u00f6hnlichen Verkehr der Laut so gesprochen werde, dass er in seiner Totalit\u00e4t ausgehalten, d. h. continuierlich hervorgebracht werden k\u00f6nne, was, wie wir im n\u00e4chsten Gapilel sehen werden, bei einem in unserem Sinne mouillierten nicht m\u00f6glich ist. Nach einigen mislungenen Versuchen kam ich dahin, den Laut hervorzubringen. Ich finde, dass ich dabei die Enge f\u00fcr das vorderste % bilde und zugleich den vorderen Theil der Zunge den Wurzeln der Schneidez\u00e4hne so weit n\u00e4here, dass dadurch wie beim s ein Anfall des Luftstromes gegen die Z\u00e4hne verursacht wird, der den Laut in einen Zischlaut verwandelt. Es treten hier also zwei Bedingungen der Consonanten-erzeugung gleichzeitig ein, die bei dem urspr\u00fcnglichen mouillierten s nur sehr rasch auf einander folgten.\nWenn man zum sch die Stimme mitt\u00f6nen l\u00e4sst, so entsteht das j der Franzosen in jamais: dies ist also zu schreiben [%y\\ und das englische j in joy ist zu schreiben \u00abUjV\u00ff2] , w\u00e4hrend das\t, welches dem italienischen g in gibbo entspricht,\nE. Br\u00fcckfl, Physiol, u. Syst. d. Sprachlaute,\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ab6\nsich nur dadurch unterscheidet, dass es ein weniges weiter nach vorn liegt.\nDie Vorstellung, dass deutsch sch und franz\u00f6sisch j einfache Consonanten seien, hat alle modernen Systeme in Verwirrung gebracht. Der Grund davon ist leicht einzusehen. Es gibt kein Consonantensystem, in welchem nicht die Articulationsstelle als Eintheihingsgrund auf tritt. Nun haben aber deutsch sch und franz\u00f6sisch j nicht eine Articulationsstelle, sondern zwei. Die ersten Regeln der Logik verbieten also, sie unter Laute einzureihen, die nur eine Articulationsstelle haben und nach der Lage derselben angeordnet sind.\nDie Laute , [.\u00ab%], d\\%y] und [j\u00ef\u00ff] sind in vielen indo-europ\u00e4ischen und auch in semitischen Sprachen in Worten entstanden, in denen fr\u00fcher an ihrer Stelle k, %, g und y gesprochen wurde. Ja oft sind diese Laute nicht einmal zeitlich von einander getrennt, sondern existieren neben einander. So h\u00f6rt man in Venedig neben k1idiv2e (clavis), t^s1 %2]idw2e und t\\sl%2}aiv\u2018i, so h\u00f6rt man in \u00c4gypten glim (g littera), f\u00fcr welches Lautes Alter und Urspr\u00fcnglichkeit das Hebr\u00e4ische und alte Transscriptionen aus dem Persischen20) sprechen, w\u00e4hrend im benachbarten Arabien jetzt d1^1 y2\\im gesprochen wird ; so h\u00f6rt man in England neben n'eal'\\xl y2\\r \u00c7natura) auch n1eatl%1r und nleatl%lur.\nDie Laute an sich sind so sehr verschieden, dass dieser Wandel nicht von einem Misgriff des Ohres, sondern nur von einem Misgriff der Zunge abgeleitet werden kann. In der That ist ein solcher in vielen F\u00e4llen leicht erkl\u00e4rlich, wenn man bedenkt, dass die Stelle, an der die Zunge beim i und in geringerem Grade auch beim reinen e gegen den Gaumen gehoben wird, an der vorderen Grenze des Gebietes von k und g liegt und somit statt des Verschlusses f\u00fcr diese leicht der von t und d gebildet -werden kann, und nun, da k und g selbst nicht mehr gebildet werden kann, ihr Reibungsger\u00e4usch mit dem dem factisch gebildeten Verschl\u00fcsse entsprechenden Reibungsger\u00e4usche zu [s^] oder [zy] vereinigt nachfolgt. Es kommt indessen auch, wenn gleich weniger h\u00e4ufig, vor, dass k vor a in t[s%\\ \u00fcbergeht, z. B. im englischen charm (von carmen) oder in [s^] wie im\n!0) De Sacy, Grammaire arabe. Seconde \u00e9dition, p. 18.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"franz\u00f6sischen charme. Man k\u00f6nnte diesen Wandel f\u00fcr die Ansicht geltend machen, dass [s#] und [s.\u00ff] einfache Consonanten seien, weil sie an die Stelle von einfachen Consonanten treten, aber es gibt keinen inductiven Beweis f\u00fcr ein Gesetz, welches lautete; Einfache Consonanten k\u00f6nnen nur wiederum in einfache \u00fcbergehen. Durch ein so formuliertes Gesetz w\u00fcrde man auch zu dem Schl\u00fcsse gelangen, dass t[s%\\ und rf[sy] einfache Consonanten seien, wovon ja das Gegentheil zu Tage liegt, indem sie aus zwei aufeinanderfolgenden Lauten bestehen, von denen der erste eine, der letztere aber zwei Articulationsstellen hat. Erst muss der Verschluss f\u00fcr das t gebildet werden, dann wird dieser ein weniges gel\u00f6st, wobei t explodiert, und es entsteht die Enge f\u00fcr das s; gleichzeitig aber wird die Mittelzunge f\u00fcr das % gehoben, so dass nicht s, sondern [s %] als dem t nachfolgendes Reibungsger\u00e4usch erzeugt wird.\nAufser s und %, % und y gibt es noch andere Reibungsger\u00e4usche, welche sich mit einander combinieren lassen, z. B. I und w, s und f, % und w, s und jj, 2 und q (unserer Bezeichnung), aber ich weifs nicht, ob diese Combinationen in irgend einer Sprache im Gebrauch sind. Ein t\u00f6nender und ein tonloser Consonant k\u00f6nnen begreiflicher Weise nie combiniert werden, da die Stimmritze nicht gleichzeitig weit offen und zum T\u00f6nen verengt sein kann; ebenso kann ein Resonant mit keinem anderen Consonanten verbunden werden, weil alle \u00fcbrigen einen verschlossenen Nasencanal erheischen; ebenso ungeeignet zu Combinationen sind die Verschlusslaute wegen des gesperrten Mundcanals. Aber es fragt sich, ob nicht Resonanten unter sich und Verschlusslaute unter sich combiniert werden k\u00f6nnen. Die Stellungen f\u00fcr zwei verschiedene Resonanten, z. B. m und n, k\u00f6nnen allerdings mit einander combiniert werden, aber nicht der Laut, indem nur immer der hintere Verschluss des Mundcanals, in unserem Beispiele der von n, wirksam ist, der vordere hingegen ganz werthlos. Wo also ein Wort mit mn anf\u00e4ngt, wie z. B. das griechische yvijfia, muss das m immer fr\u00fcher gebildet werden als das n ; wollte man beide gleichzeitig bilden, so w\u00fcrde das m ganz verloren gehen.\n\u00c4hnlich, jedoch etwas anders, verh\u00e4lt es sich mit den Verschlusslauten. Hier l\u00e4fst sich die Stellung combinieren und bis zu einem gewissen Grade auch der Laut. Wenn ich nzoAepog spreche und den Verschluss f\u00fcr p und t m\u00f6glichst gleichzeitig","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"l\u00f6se, so erhalte ich einen Laut, der dem t naher steht als dem p, aber doch einen gewissen Beigeschmack von dem letzteren hat. Je mehr ich das p deutlich hervortreten lassen will, um so mehr muss ich seine Explosion von der des t trennen. Der bereits fr\u00fcher besprochene Laut der Medien, welcher w\u00e4hrend des Verschlusses t\u00f6nt (Purkine\u2019s Bl\u00e4hlaut), l\u00e4sst sich eben so wenig combinieren wie der der Resonanten, indem nur immer der hintere Verschluss wirksam, dagegen der vordere unwirksam ist. Wenn ich also \u00dfdsAAa spreche, so muss ich erst den Verschluss f\u00fcr das 6 bilden und die Stimme anklingen lassen, dann erst die Zunge zur Bildung des d ei heben. Wollte ich den Verschluss f\u00fcr beide gleichzeitig herstellen, so w\u00fcrde das b ganz verloren gehen.\nIm Arabischen giebt es zwei Consonanten, die zwar an ein und derselben Articulationsstelle liegen, aber zugleich Reibungsger\u00e4usch und Zitterlaut sind. Diese sind das Kha und das G hum. Das Kha besteht aus dem und dem tonlosen r uvulare; ich will es deshalb [%3|] schreiben. Beim r uvulare schl\u00e4gt das Z\u00e4pfchen wie ein I\u00fc\u00f6pfel gegen den Gaumen; es ist also ganz nach vorn und aufw\u00e4rts gewendet, und man kann hinter ihm oder vielmehr an seiner Basis mittelst der vorderen Gaumenb\u00f6gen und der Zungenwurzel eine Enge bilden, durch welche ein Luftstrom hervortritt, der nicht nur das Z\u00e4pfchen in Schwingungen versetzt, sondern auch ein Reibungsger\u00e4usch, das des %z hervorbringt. Der so entstehende Laut, das Kha der Araber, wird passend verglichen mit dem Ger\u00e4usche, welches gemeiniglich dem Ausspeien vorhergeht und von dem der bezeichnende franz\u00f6sische Ausdruck cracher herr\u00fchrt. Wenn man zum Kha die Stimme mitt\u00f6nen l\u00e4sst, so erh\u00e4lt man das Ghain der Araber. Dieses ist also zu schreiben [y3p]. Es ist der Anfangsbuchstabe des franz\u00f6sierten Wortes razzia. Die Franzosen haben das Reibungsger\u00e4usch darin, f\u00fcr das sie kein Zeichen hatten, nicht ber\u00fccksichtigt und den Zitterlaut, in dem sie ihr proven\u00e7alisches R erkannten, durch r wiedergegeben.\nMan mag erwarten, unter diesen Lauten, die aus einem Zitterlaute und einem Reibungsger\u00e4usche zusammengesetzt sind, auch das Ersch (r) der Czechen eingereiht zu sehen, aber ich habe mich \u00fcberzeugt, dass bei demselben der Zitterlaut und das Reibungsger\u00e4usch nicht gleichzeitig sind, sondern das erstere dem letzteren vorangeht. Das f ist in einzelnen W\u00f6rtern t\u00f6nend, wie","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"69\nin Obiistoi, in anderen tonlos, wie in Pribram. Im erstercn Falle ist es also nach unserer Bezeichnungsweise zu schreiben r[sy], im letzteren ip[s%]. Auch die Aussprache r[s%\\ kann Vorkommen, da Zitterlaut und Reibungsger\u00e4usch zwar sehr rasch auf einander folgen, aber nicht gleichzeitig sind, so dass das erstere den Ton haben kann, w\u00e4hrend derselbe dem letzteren fehlt.\nPurkihe f\u00fchrt bereits an, dass das Ersch in pies und pati tonlos, dagegen in ieka und dH t\u00f6nend sei. Die Eigent\u00fcmlichkeit des Lautes besteht aber nicht allein in der raschen Aufeinanderfolge des r und [s %], sondern auch in der K\u00fcx'ze des r.\nVon drei jungen Czechen, mit welchen ich mich \u00fcber die Natur des Lautes unterhielt, wurde einer wegen seiner harten Aussprache von den anderen getadelt. Er gab dem r drei bis vier Vibrationen, w\u00e4hrend bei seinen beiden Landsleuten die Zungenspitze nur zweimal gegen den Gaumen schlug.\nNoch schw\u00e4cher wird das r in dem entsprechenden polnischen Laute rz geh\u00f6rt, so dass Purkine sagt, er betrachte das Zittern gar nicht mehr als zum Wesen des Lautes geh\u00f6rig, und in R\u00fccksicht auf den Mangel jenes Zitterns nicht nur auf die Aussprache einzelner Individuen, sondern auch auf den oberschlesischen Dialect hinweist.\nMan kann alle t\u00f6nenden Continuae mehr oder weniger leicht mit dem Zitterlaute des Kehlkopfs und seiner Modification, dem Ain verbinden, aber die so entstehenden Laute sind streng genommen nicht zusammengesetzter als die t\u00f6nenden Continuae selbst, denn die Zeichen w, l u. s. w. bezeichnen nicht nur einen bestimmten Zustand der Mundtheile, sondern auch einen bestimmten Zustand der Stimmritze, durch den sich z. B. w von f unterscheidet. \u00c4ndert sich dieser Zustand der Stimmritze, so dass der einfache Ton der Stimme in das Ain umgewandelt wird, so kann dies zwar durch ein angef\u00fcgtes Zeichen angedeutet werden, aber der Consonant wird dadurch in unserem Sinne nicht zusammengesetzt, weil wir den Kehlkopf f\u00fcr sich nicht als eigene Articulationsstelle angenommen und somit die Zeichen, welche sich lediglich auf seinen Zustand beziehen, nicht als volle Consonanten-zeichen angesehen haben.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nVII. Abschnitt.\nVerschmelzung eines Consonanten mit einem Vocal.\nDie meisten Consonanten sind von der Art, dass man die Bedingungen, durch welche sie hervorgebracht werden, nicht mit denen eines Vocals combinieren kann; es gibt hiervon aber zwei auff\u00e4llige Ausnahmen.\nWenn man ein u hervorbringt und dabei die gerundete Mund\u00f6ffnung so weit verengt, dass ein Reibungsger\u00e4usch entsteht, so entspricht dieses, vom Ton der Stimme begleitet, dem w1; der Ton der Stimme beh\u00e4lt aber dabei den Charakter des m; es werden also der Vocal u und der Consonant w1 wirklich gleichzeitig hervorgebracht. Diesen Laut will ich mit [uw1} bezeichnen ; er ist kein anderer als das englische double U wie es lautet, wenn es als Consonant gebraucht wird, z. B. in water.\nBringt man andererseits das i hervor und verengt dann den Raum zwischen Zunge und Gaumen da, wo er schon am engsten ist, noch weiter, so erzeugt man, weil eben hier die Articula-tionsstelle des yl liegt, ein Jot. Hierdurch geht der Vocallaut i nicht verloren, sondern man h\u00f6rt wirklich den Vocal i und den Consonanten Jot gleichzeitig. Ich will diesen Laut mit [iyx] bezeichnen. Das passendste Beispiel daf\u00fcr scheint mir das Wy der Engl\u00e4nder, wo es Consonant ist. Es lautet zwar, wenn noch ein /-Laut folgt, wie z. B. in year, ganz wie die J consona der Deutschen; wenn aber ein anderer Vocal folgt, so h\u00f6rt man in der Regel bei der gew\u00e4hlten Aussprache der Gebildeten vor demselben ein i leicht anlauten, was davon herr\u00fchrt, dass bei der Hervorbringung des y1 der Kehlkopf sich hebt und somit gleichzeitig die Bedingungen f\u00fcr das i hergestellt werden.\nVIII. Abschnitt.\nMouillierte Laute.\nDie bekanntesten mouillierten Laute sind das l mouill\u00e9 und das n mouill\u00e9, von denen ersteres im Italienischen durch yl, im Spanischen durch ll, im Portugiesischen durch Ih, letzteres im","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"71\nItalienischen durchs\u00ab, im Spanischen durch n (N con tilde) und im Portugiesischen durch nh ausgedr\u00fcckt wird. Man kann das Wesen dieser Laute mit wenigen Worten bezeichnen, wenn man Sagt, sie sind l und n mit unmittelbar darauf folgendem Jot. Chladni hat dies bereits vor zwei und dreifsig Jahren, wenn auch nicht ganz, doch nahezu richtig ausgedr\u00fcckt, indem er sagt, das l mouill\u00e9 sei eine Verschmelzung des l mit einem kurz d a r-auf folgenden Mitlellaute zwischen i und j. In neuerer Zeit haben aber viele Sprachforscher wieder angefangen, die mouillierten Laute als einfach zu behandeln, und es muss deshalb hier der Beweis gef\u00fchrt werden, dass sie dies nicht sind.\nDass in dem n mouill\u00e9 ein n enthalten sei, daran zweifelt niemand, es ist aber leicht zu zeigen, dass es auch ein Jot enth\u00e4lt. Man spreche campann . . indem man das n alveolar bildet und l\u00e4ngere Zeit hindurch aush\u00e4lt, so wird man bemerken, dass dies ohne alle Schwierigkeit gelingt und die Zunge dabei ganz ruhig vorn am Gaumen liegen bleibt. Man spreche nun campagne und versuche das n mouill\u00e9, mit dem dieses Wort schliefst, eben so auszuhalten, so wird man leicht bemerken, dass dies durchaus nicht gelingt, sondern dass man entweder nur ein reines n bildet, oder wenn man es bis zum Mouillieren gebracht, nun nicht mehr ein n aush\u00e4lt, sondern ein Reibungsger\u00e4usch, welches man leicht f\u00fcr ein Jot erkennt. Diejenigen, welche nicht gew\u00f6hnt sind, zu lautieren und deshalb die baren Consonanten oft schwer erkennen, m\u00f6gen dem ausgehaltenen Laute ein a anh\u00e4n-gen, sie werden dann sofort ein deutliches \u00abjay>, die deutsche Affirmation, h\u00f6ren.\nMan wird zugleich bemerken, dass in dem Augenblicke, wo man das n mouilliert, sich die Spitze der Zunge vom Gaumen entfernt und \u00fcber die letztere ein d\u00fcnner Luflstrom hinfliefst, w\u00e4hrend beim n, so lange es rein war, gar keine Luft zum Munde herausgieng. Dies ist der Luftstrom des t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usches Jot. Stellt man dieselben Versuche so an, dass man das n dorsal bildet (Typus n3), so wird man bemerken, dass sich die Zunge beim Mouillieren viel weniger bewegt, weil ihre Lage der f\u00fcr das Jot nothwendigen schon viel n\u00e4her steht; aber es wird dem aufmerksamen Beobachter doch nicht entgehen, dass im Augenblicke des Mouillierens sich der Verschluss zum n l\u00f6st und hinter demselben eine Enge behufs der Bildung des Jot ent-","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nsteht, dass ferner von diesem Augenblicke an Luft zum Munde herausfliefst, was fr\u00fcher durchaus nicht der Fall war. In dem bisherigen liegt schon der Beweis, dass beim n mouill\u00e9 von keiner Verschmelzung des n und y die Rede sein kann, denn n und Jot sind durchaus unvertr\u00e4gliche Consonanten, d. h. der eine schliefst die gleichzeiti ge Bildung des andern aus. So lange \u00ab t\u00f6nt, ist der Mundcanal geschlossen und der Nasencanal offen, und so lange kann Jot nicht t\u00f6nen, weil beim Jot der Nasencanal gesperrt, aber im Mundcanal ein Durchgang f\u00fcr die Luft sein muss. Das Jot beginnt also erst in dem Augenblick, in dem das n aufh\u00f6rt. Die irrth\u00fcmliche Vorstellung von der Verschmelzung des n und Jot hat, wie ich glaube, ihren Grund in der geringen Zeitdauer, welche ihnen meistens zukommt, so dass beide oft nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen, als unter anderen Umst\u00e4nden auf die Aussprache eines einfachen Consonanten verwendet wird. Durch diese Eile, mit der namentlich der mouillierende Laut articuli\u00bbrt wird, erkl\u00e4rt sich auch das g\u00e4nzliche Verschwinden desselben, was, wie wir in der Folge sehen werden, mehrfach beobachtet wird.\nBeim l mouill\u00e9 ist die Sache im Wesentlichen wie beim n mouill\u00e9. Der Unterschied ist folgender: Beim Mouillieren des l wird in dem Augenblick, wo sich auf der Zunge die Rinne f\u00fcr das Jot bildet, nicht der Nasencanal gesperrt, denn dieser ist beim l schon gesperrt, aber es werden die beiden seitlichen \u00d6ffnungen zwischen Zunge und Backenz\u00e4hnen geschlossen, aus denen w\u00e4hrend des l die Luft hervorstr\u00f6mte. F\u00fcr diejenigen, welche nicht gew\u00f6hnt sind, die Laute selbst physiologisch zu analysieren, sondern ihre Ansichten \u00fcber dieselben aus den Wandlungen herleiten, welche die Laute erleiden, bemerke ich noch, dass das l im l mouill\u00e9 bisweilen verschwindet und dann nur das Jot \u00fcbrig bleibt. So h\u00f6rt man ma fzlyl f\u00fcr ma f^if\u00eey1 (filleJ und hay1ga f\u00fcr hal3y1oa fhaillon). Auch geht das aus dem i entstandene Jot des l mouill\u00e9 dieselbe Wandlung in franz\u00f6sisches j ein, wie das Jot, welches als vom g1 abgeleitetes Reibungsger\u00e4usch auf-tritt. So heifst es im Venetianischen mud\\%y\\er \u00c7mulierJ f\u00fcr mo!'iy1e fmogliej. Nach demselben Principe geht das ry1 (r mouilleJ der slavischen Sprachen in einzelnen derselben in r[zy] oder i\\s%\\ (b\u00f6hmisch r) \u00fcber, so dass auch diese Laute mit unter den mouillierten aufgez\u00e4hlt werden.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"73\nEs ist von einigen behauptet worden, der mouillierende Laut sei eigentlich kein Jot, sondern ein i, von anderen, er sei ein Mittelding zwischen i und Jot\u25a0 Dass der Laut kein i ist, l\u00e4fst sich leicht beweisen, durch das italienische gli. Man kann lli, l*i, l3i und iH aussprechen, ohne dass es diesem Laute entspricht; sobald man aber l3yli oder lyyli oder l\u2019lyli spricht, so bringt man in allen drei F\u00e4llen gli richtig hervor. Ein Mittelding zwischen i und y ist mir als bestimmt charakterisierter Laut nicht bekannt, wohl aber ein i, bei dem die f\u00fcr dasselbe n\u00f6thige Verengerung des Mundcanals so \u00fcbertrieben wird, dass dadurch das Reibungsger\u00e4usch Jot anklingt. Ich habe im vorigen Capitel diesen Laut als [iy] bezeichnet und als Beispiel daf\u00fcr das englische y angef\u00fchrt. Dieser Laut scheint mir auch nicht beim Mouillieren gebildet zu werden, sondern ein blofses Jot, weil der Kehlkopf nicht so weit gehoben wird, als es zum i n\u00f6thig sein w\u00fcrde. Wenn ich z. B. das Wort houille ausspreche und dabei den Finger auf den Adamsapfel lege, so hebt sich derselbe bei dem \u00dcbergange von u durch l zu Jot nur wenig, wenn ich dagegen dem l mouill\u00e9 noch ein i anh\u00e4nge und z. B. Neuilly spreche, so hebt er sich sogleich viel st\u00e4rker. Hierin mag es aber nach Nationen und Individuen Abstufungen geben, so dass beim Mouillieren der Kehlkopf bald mehr bald weniger gehoben wird 21), ebenso wie dies beim y der Engl\u00e4nder der Fall ist, das h\u00e4ufig mit so wenig gehobenem Kehlkopfe gebildet wird, dass viele es geradezu f\u00fcr identisch halten mit dem deutschen Jot. Wichtiger ist es, dafs von den Lauten, welche ich mit y1, y2, y3 bezeichnet habe, immer nur das wahre Jot zum Mouillieren dient, das heifst das y1, dessen Articulationsstelle da liegt, wo beim Jot die Zunge dem Gaumen gen\u00e4hert wird, also das vorderste. Mit y2 darf niemals mouilliert werden, nicht einmal mit einem y1, das sich der Grenze des y2 n\u00e4hert. Je weiter man das Jot nach vorne schiebt, um so eleganter wird das l mouill\u00e9 und n mouill\u00e9.\nEs lassen sich zwar alle Arten des n mouillieren, aber nicht mit gleicher Leichtigkeit ; am schwersten das \u00ab2, am leichtesten das n3 (n dorsalej, weil bei letzterem die Zunge nur eine\n*\u2019) Herr Piotrowski sagt mir, dass bei den polnischen mouillierten Lauten der Mundcanal f\u00fcr das yl und z1 sehr stark verengt wird und dass der Kehlkopf dabei aufsteigt, wie beim i. w\u00e4hrend er beim \u00cf herabsinkt.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\n\u00e4ufserst geringe Bewegung zu machen braucht, um aus der Stellung f\u00fcr das n in die Stellung f\u00fcr das Jot \u00fcberzugehen. Dasselbe gilt vom Is, was deshalb auch vorzugsweise f\u00fcr das l mouill\u00e9 in Gebrauch gezogen wird. Hiermit h\u00e4ngt ein Irrthum von Kemp eien zusammen, der das l3 f\u00fcr das ganze l mouill\u00e9 hielt, weil er die kleine Bewegung \u00fcbersah, welche die Zunge macht, um aus der Stellung des l3 in die des y1 \u00fcberzugehen.\nAuch von den verschiedenen Arten des d, t, % und s werden vorzugsweise d3, t3, z3 und s3 mouilliert. Wenn ein tonloser Verschlusslaut mouilliert wird, so l\u00e4fst es sich, da das t bei offener Stimmritze explodieren muss, nicht vermeiden, dass der Anfang des Jot den Ton verliert. Verengt man die Stimmritze nicht so bald als m\u00f6glich, so verliert das Jot in seiner ganzen Ausdehnung den Ton und aus t3yx wird dann t3%l. Wenn man z. B. das englische Wort tube ausspricht, so verliert das Jot, welches dem u vorhergeht und mit unter seinem Zeichen steht, einen Theil seines Tones dadurch, dass ein t vorhergeht, das als tonloser Verschlusslaut bei offener Stimmritze explodiert, und es geh\u00f6rt f\u00fcr den Deutschen einige \u00dcbung dazu, um nicht geradezu t3y'\u00fcb statt t3yx\u00fcb zu lesen. Etwas geringer ist die Schwierigkeit, wenn ein tonloses Reibungsger\u00e4usch vorhergeht, z. B. in dem englischen suit. Es ist unrichtig %zyl\u00fct zu sprechen, aber fast ebenso unrichtig s3%l\u00fct, die richtige Aussprache ist s3y x\u00fct.\nEinen grofsen Reichthum an mouillierten Consonanten haben die slavischen Sprachen ; bei ihnen verliert das mouillierende Jot, wenn der zu mouillierende Consonant tonlos ist, den Ton vollst\u00e4ndig und geht in %x \u00fcber. Im mouillierten r der B\u00f6hmen und Polen (r und rz) erleiden die mouillierenden Laute %x und y1 die, wie wir fr\u00fcher gesehen haben, so h\u00e4ufige Verwandlung in [s%] und [%y]. Ich will hier eine \u00dcbersicht \u00fcber die mouillierten Laute der slavischen Sprachen geben, wie ich sie vom Hrn. Prof. Miklosich erhalten habe.\nAltslovenisch.\n0 ( '\u25a0) = l3yl- nj (Hb) = \u00bbV; rj (pt) = ry\\\nNeuslovenisch.\nIj \u2014 l3yx ; nj \u2014 n3yl.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"75\nSerbisch.\nlj (\u00e6) = /\u00bby1; nj (H,) = \u00abV1;\t(b) = d'\u00ff1\u00bb\t(/ (l>)\n= \u00abV-\nGrofsrussisch.\n(/ (jib) = /\u2018y1; \u00ab./ (hi.) = n*y*; rj (pt) = ry1; tj (Tb)\n= *V; <0\u2018 (A*) \u2014\t2Z); */ (3I>) = \u00bbV1; (Cb) = \u00bbVs\npj (nb) = pl%\\ bj (6b) = blyl\\ rj (Bb) = w2yl; mj (mb) = m1y1.\nKleinrussisch.\nlj (jib) = l3yl; nj (Hb) = nV; tj (tb) = \u00abV; (Ab) = <*V; c/W^Ay- si(CB) = ss^l5 sy (hb) = fc*y*.\nB\u00f6hmisch.\n= n3y*; r = r[\u00aby] oder\t(siehe oben bei den zu-\nsammengesetzten Lauten); \u00dc = l3xlm- dv = d3yL\nPolnisch.\nI = lzyl- n \u2014 \u00bby ; r\u00ab = r[sy] (das r kaum h\u00f6rbar); c \u2014 tVx1^ dz = rf3*^1; a = \u00abV; % = %3y1\\1 p = pVi 6 = 6\u2018y1;\t== iv2yl.\nOberlausitzisch.\n&' = ^y1; nj \u2014 \u00bbV1; r/ = ry1 ; c \u2014 \u00a33s3;f *. Niederlausitzisch.\nlj \u2014 l3y*; \u00ab7 = n*yx; rj = ry1; g = \u00abV; * = *3y\u2018; d = f3\u00ab3^1.\nIX. ATihclmitt.\nSystematik der Sprach laute bei Indern und Hellenen.\nNachdem ich dem Leser die Sprachlaute in derjenigen Zusammenstellung Yorgef\u00fchrt habe, welche ich f\u00fcr die nat\u00fcrliche und zweckm\u00e4fsige halte, wollen wir einen Blick zur\u00fcckwerfen auf die systematischen Bestrebungen \u00e4lterer und neuerer Zeit. Die \u00dcbersicht, welche ich gebe, macht keinen Anspruch auf Vollst\u00e4n-\n3>) Im Russischen werden bei tj und dj die Laute %' und yl, die zur Mouillierung dienen, schw\u00e4cher geh\u00f6rt als im Serbischen, wo sic st\u00e4rker als in anderen slavischen Sprachen hervortreten.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\ndigkeit. Ich ber\u00fccksichtige nur die vorz\u00fcglichsten derjenigen Systeme, welche wirklich eine physiologische Grundlage haben, aber selbst bei diesen wird man sich mit der Idee vertraut machen m\u00fcssen, dass die Baumeister oft die Symbole statt der Dinge classificiert und deshalb kein symmetrisches Geb\u00e4ude zu Stande gebracht haben. Eine andere Klippe, an der die Systematiker fast noch h\u00e4ufiger scheiterten, war das sch der Deutschen mit dem dazu geh\u00f6rigen t\u00f6nenden Laute, indem sie nicht bemerkten, dass dasselbe zwei Articulationsstellen hat und somit nicht den \u00fcbrigen sogenannten Sibilanten, die nur eine Articulationsstelle haben, zugeordnet werden kann, wenn die Articulationsstelle, wie dies in allen Systemen der Fall ist, mit als Eintheilungsgrund auftritt.\nBeginnen wir mit dem in den Scholien zu P\u00e4nini (herausgegeben von Otto Bo ht lingk. Bonn. 1839.) enthaltenen Systeme der Sanskrillaute, in dem dieselben nach den Articulationsstellen eingetheilt sind. Die einzelnen Laute werde ich, um die Sanskritbuchstaben zu vermeiden, nach Bo pp bezeichnen.\nKehllaute.\n9 ^ 9l H.\nWir haben fr\u00fcher gesehen, dass es unpassend ist, die Vocale wie die Consonanten nach Articulationsstellen eintheilen zu wollen, weil ihre Entstehung auf ganz anderen Principien beruht; wenn man aber diesen Misgriff einmal gemacht hat, so begeht man keinen neuen, indem man wie die Inder das a der Kehle, das i dem Gaumen und das u den Lippen zutheilt. k und g dieser Reihe sind bei ihrer Zusammenordnung mit a und h als ft\u00ae und g2 unserer Bezeichnung, also als das k in Rock und das g in Schmuggel auszusprecheu. ft' und g sind Aspiraten von k und g und sollen nach der \u00dcberlieferung wie kh und gh gelesen werden. Ich will dies vorl\u00e4ufig auf sich beruhen lassen und am Schl\u00fcsse von den Sanskritaspiraten im Zusammenh\u00e4nge sprechen. n ist das n in Wange und wanken, also der zugeh\u00f6rige Resonant, das Jt2 unserer Bezeichnung. Dass das h unter die Kehllaute versetzt wurde, ist, sobald man es \u00fcberhaupt in einem System der Consonanten unterbringen will, in der Ordnung, und der Name guttural ist offenbar passender f\u00fcr h als f\u00fcr k und g^ welche am weichen Gaumen gebildet werden. Schwer ist es, zu begreifen, weshalb die Inder bei einer anderweitigen, \u00fcbrigens","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"77\nvollkommen richtig durchgef\u00fchrten Eintheilung der Consonanten in tonlose und t\u00f6nende, das h mit zu den t\u00f6nenden rechnen. Man kann den Indern, die in R\u00fccksicht auf Sprachlaute so viel Beobachtungsgabe an den Tag legten, nicht wohl Zutrauen, dass sie den blofsen Hauch f\u00fcr t\u00f6nend hielten. Die D\u00eavan\u00e2gar\u00ee ist eine Schrift, welche durch die Inconstanz der Yocalzeichen noch deutlich die Spuren des Syllabischen an sich tr\u00e4gt, und vielleicht nahmen die Inder, als sie das h den t\u00f6nenden Lauten zuordneten, wegen der Schw\u00e4che seines consonantischen Elementes , weniger auf dieses als auf den damit verbundenen Vocal R\u00fccksicht.\nAuch Purk ine f\u00fchrt das h unter den t\u00f6nenden Lauten auf, indem er sagt, es entstehe, wenn sich der Hauchlaut mit einem gelinden dumpfen Tone verbinde. Er bemerkt sehr richtig, dass' dem h die qualitativen Verschiedenheiten der s\u00e4mmtlichen Vocale, wie allen \u00fcbrigen Kehlkopflauten mitgetheilt werden k\u00f6nne, je nach der Form, welche man dem Rachenmundcanale gibt, je nachdem man ihn f\u00fcr i, a, u u. s. w. einrichtet. Aber ich sehe hierin keinen Grund, das h als t\u00f6nend zu bezeichnen, denn gerade im Augenblicke, wo die Stimme zu t\u00f6nen beginnt, schwindet das, was f\u00fcr das h charakteristisch ist, der Hauchlaut, und man kann die Combination aha nicht aussprechen, ohne beim h einen wenn auch noch so kurzen Zeitmoment mit der Stimme auszusetzen.\n\u00dcber die alte indische Aussprache des h ist man nicht im Reinen. Benfey bemerkt, dass es in den griechischen Transscriptionen im Anlaut nie ausgedr\u00fcckt wird, woraus er schliefst, dass es nur schwach gehaucht wurde, im Inlaute konnte es durch % transscribiert und z. B. \u00df^a%iidv f\u00fcr brahman geschrieben werden; dass h im In- und Auslaute in ein hinteres % \u00fcbergeht, ist bekanntlich auch in anderen Sprachen keine seltene Erscheinung. Schon Purkine f\u00fchrt Beispiele daf\u00fcr aus dem B\u00f6hmischen an, und im Deutschen finden sich solche zwar nicht in der Schriftsprache, wohl aber in oberdeutschen Dialecten, wo es z. B. [s1\u00a32]\u00ab\u00a32 oder |V;tr]^aZ2 f\u00fcr Schuh heifst. Nach dem i geht hier das h nicht in %2, sondern in \u00fcber, z. B. du sij\u00df-st f\u00fcr du siehst. Wenn wir \u00fcbrigens die grofsen Dialectverschieden-heiten in lebenden Mundarten ber\u00fccksichtigen, so k\u00f6nnen wir leicht vermuthen, dass auch im allen Indien das h nicht \u00fcberall und zu allen Zeiten gleich gelautet habe.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nGaumenlaute.\n*5 c'? \u00abj 9i n, y, s.\nDiese Reihe ist nach der jetzigen Art zu lesen bunt durcheinander gew\u00fcrfelt. Sie enth\u00e4lt neben dem Vocal I den Conso-nanten J (deutsches Jot, oder hier wohl richtiger englisch y) und das n mouill\u00e9, w\u00e4hrend c wie t[sx] (englisch ch) und y wie d[%y] (englisch j) gesprochen wird, s soll ein Zischlaut sein, der nach Benfe y zwischen deutsch sch und a liegt.\nDa die indischen Grammatiker sonst keine Spuren von der Ideenverwirrung an den Tag gelegt haben, welche zur Construction dieser Reihe erforderlich gewesen w\u00e4re, wenn die Buchstaben damals schon ihren jetzigen Lautwerth gehabt h\u00e4tten, so hat Ellis versucht mit R\u00fccksicht auf die \u00fcbrigen im Sanskrit-Alphabet vorkommenden Laute und die Gesetze der Symmetrie die Aussprache zu restaurieren. Nach ihm wurde k' wie unser Ar1, g wie unser g1 und s wie %x ausgesprochen. F\u00fcr Ar und g ist die Sache sehr einleuchtend. Es ist schon fr\u00fcher die \u00fcberaus grofse H\u00e4ufigkeit der Verwandlung von Ar1 in t[s%\\ und von g1 in rffsy] besprochen worden. Lepsius f\u00fchrt ferner mit Recht an, dass k und g verdoppelt w\u00fcrden, was doch nicht m\u00f6glich sei, wenn sie von jeher den zusammengesetzten Lautwerth gehabt h\u00e4tten, der ihnen jetzt eigen ist. Max M\u00fcller f\u00fchrt an, dass durch die Lesart Ar1 und gl Laut\u00e4hnlichkeiten mit Schwestersprachen hervortreten, die durch die jetzige Aussprache verwischt sind. So erkennen wir nicht in t[s%]alwar, wohl aber in katwar das quatuor der R\u00f6mer und das keturi der Lithauer; nicht in rad\\%g\\a, wohl aber in raya das re\u00e6, regis des Lateinischen. Nach Benfey wird dagegen die jetzige Aussprache durch chinesische Transscriptionen gerechtfertigt. Ich bin nicht in der Lage, das Alter derselben zu beurtheilen, aber jedenfalls kann man aus ihnen nur auf die Aussprache ihrer Zeit, nicht auf eine \u00e4ltere schliefsen.\nDie von Ellis vorgeschlagene Deutung des s als %x scheint mir nicht gerechtfertigt. Nach Benfey geben die Chinesen den Laut durch [s%\\ wieder, w\u00e4hrend er andererseits in indischen Schriften mit dem einfachen s abwechselt. Vielleicht entspricht das s dem durch Mouillierung entstandenen s der Polen23) und\nJ\") Verg). den VI. Abschnitt.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"7!)\nwar erst das urspr\u00fcngliche \u00bb des Sanskrit, entsprechend dem s3, dem dorsalen \u00bb, welches, da die Zungenstellung bei demselben der f\u00fcr I consona und I vocalis so \u00e4ufserst nahe steht, leicht mit zu den Palatalen gerechnet werden konnte, und noch leichter, wenn es sp\u00e4ter mit einem %l zum polnischen s verbunden wurde. Ich sage das urspr\u00fcngliche \u00bb des Sanskrit, dann das jetzige \u00bb, das wir hei der Dentalreihe kennen lernen werden, scheint mir nicht von vornherein im Lautsystem vorhanden gewesen zu sein. Vielmehr scheint mir das Zeichen daf\u00fcr den Lautwerth des tonlosen r (ip unserer Bezeichnung) gehabt zu haben. Benfe y theilt ein System mit, in dem die Laute von den Indern in solche getheilt waren, die den Ton der Stimme hatten und solche, die ihn nicht hatten24). Dieses unterscheidet\n]. T\u00f6nende, zu denen keine entsprechende Tonlose vorhanden sind. Dies sind die Vocale, die Resonanten, das l, das y und das w% unserer Bezeichnung.\n2.\tTonlose, zu denen keine entsprechende T\u00f6nende vorhanden sind. Diese sind s der Palatalreihe, und s, welches wir in der folgenden Reihe, der Cerebralreihe, kennen lernen werden, und das seiner jetzigen Aussprache nach dem sek der Deutschen entspricht.\n3.\tT\u00f6nende und Tonlose, die einander entsprechen.\nHier stehen in der t\u00f6nenden Reihe die Medien mit ihren Aspiraten und das r, in der tonlosen die Tenues mit ihren Aspiraten und das \u00bb. Nun kann man aber doch die alten Grammatiker, welche diese \u00fcbrigens so vortrefflich durchgef\u00fchrte Einthei-lung schufen, nicht f\u00fcr stumpfsinnig genug halten, um das \u00bb f\u00fcr ein tonloses r anzusehen. Es bleibt also, so weit ich die Sache \u00fcbersehen kann, nichts \u00fcbrig, als anzunehmen, dass das Zeichen, welches jetzt f\u00fcr s stellt, fr\u00fcher f\u00fcr das tonlose r stand ; dass aber dieser Laut wegen seiner grofsen Schwierigkeit sp\u00e4ter in \u00bb\u2019 \u00fcberging. Ein solcher Wechsel scheint nicht so unm\u00f6glich, wenn man bedenkt, dass die Zungenstellung f\u00fcr das r der f\u00fcr\n3<) Vollst\u00e4ndige Grammatik der Sanskritsprache. Leipzig, 1852. S. 18. Benfey nennt diese Eintheilung eine solche in harte und weiche, wir sind aber bereits gew\u00f6hnt, diese allegorische Bezeichnung f\u00fcr tonlos und t\u00f6nend zu finden. Die Betrachtung der Laute, welche in den einzelnen Abtheilungen eingereiht sind, l\u00e4sst auch nicht den geringsten Zweifel iiher den Eintheilungsgrund aufkommen.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"so\ns1 analog ist und dass das Ausbleiben des Zitterns die Intention f\u00fcr das tonlose r leicht in s1 \u00fcberf\u00fchren kann, aber ich \u00e4ufsere diese meine Vermuthung doch nur mit Z\u00f6gern und Mistrauen und lediglich deshalb, weil mir eben jener Wechsel immer noch wahrscheinlicher vorkommt, als ein ganz unbegreiflich grofser Misgriff in einer Eintheilung, in der alles \u00fcbrige vollkommen richtig ist.\nWenn man das s der Dentalreihe als s1 und das s der Palatalreihe als ss ansieht, so w\u00fcrde es sich leicht erkl\u00e4ren, dass sie, wie Benfe y angibt, miteinander abwechseln, denn im Deutschen thun dies s* und s3 in dem Grade, dass die Schrift sie gar nicht von einander unterscheidet und vielleicht nicht hundert Menschen in Deutschland gefunden werden, die wissen, dass das s ihrer Muttersprache auf zwei verschiedene Arten gebildet wird.\nIch sehe hiernach die Noth Wendigkeit nicht ein, das s als aus einem %l entstanden zu betrachten, wie es von Ellis und Lepsius bef\u00fcrwortet wird; es gibt aber noch einen anderen Umstand, welcher gleichfalls erw\u00e4hnt zu werden verdient. Wir werden n\u00e4mlich sp\u00e4ter sehen, dass wenn wir das ft' als ft1 unserer Bezeichnung deuten, wie es Ellis und Lepsius thun, und zugleich nach den eigenen Angaben der Sanskritgrammatiker den urspr\u00fcnglichen Lautwerth der Aspiraten wiederherstellen, dass dann im Sanskritalphabet bereits ein x1 enthalten ist.\nEs scheint mir hiernach, so weit ich die Sache \u00fcbersehen kann, gerathen, dem s der Palatalreihe vorl\u00e4ufig seinen Werth als Zischlaut zu lassen. Dagegen mufs, wenn man die Gesetze der Symmetrie streng durchf\u00fchren will, das n dieser Reihe eine Ver\u00e4nderung erleiden ; es kann dann nicht als n mouill\u00e9 gesprochen werden, sondern mufs entsprechend dem n1 unserer Bezeichnung lauten, wie das n in Schwinge, Schminke, Menge, Gelenke, u. s. w. Der Grund hiervon wii d jedem klar sein, der sich an das erinnert, was fr\u00fcher \u00fcber die Resonanten der g Reihe und \u00fcber die mouillierten Laute gesagt ist.\nCerebrallaute. r, t, t, d, d, t}, r, s.\nt, d und n dieser Reihe sind das t2, dz und n2 unserer Bezeichnung- und bereits fr\u00fcher besprochen, s entspricht nach der \u00fcberlieferten Aussprache dem sch der Deutschen oder vielleicht","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"8t\nmehr dem des j\u00fcdischen Dialects, denn ich habe schon erw\u00e4hnt, dass derselbe ein sch besitzt, das\tzu schreiben ist, also\nein cerebrales s enth\u00e4lt. Dass wir das r in dieser Reihe finden, ist nicht auffallend, da die Inder es entweder zu den Dentalen oder Cerebralen z\u00e4hlen mussten, da sie unsere alveolare Zwischenstufe zwischen beiden, der das r eigentlich angeh\u00f6rt, nicht unterschieden. r steht hier als Zeichen f\u00fcr den sogenannten Vocal r. dem die Sanskritisten den syllabischen Lautwerth ri zuschreiben. Ich muss darauf aufmerksam machen, dass man in W\u00f6rtern, welche r zwischen zwei Consonanten enthalten, leicht ein kurzes i hinter dem r zu h\u00f6ren glaubt, Wo in der That gar kein V\u00f6cal vorhanden ist, und dass man noch leichter beim ungeschickten Nachsprechen dieser W\u00f6rter ein solches i hervorbringt. Sobald n\u00e4mlich die Vibrationen des r nachlassen und nicht sogleich der folgende Consonant beginnt, nimmt die in der Zwischenzeit fortt\u00f6nende Stimme wegen des gehobenen Kehlkopfs und der gehobenen Zunge den Vocallaut i an. Dass der Laut gedehnt werden kann (wobei sich seinem Zeichen ein Il\u00e4ckclien anh\u00e4ngt), weist in ihm kein vocalisches Element nach, denn jeder Consonant kann gedehnt werden, mit Ausnahme der Verschlusslaute, und selbst diese, . wenn man die Dehnung nicht auf den Laut, sondern auf den Verschluss bezieht. . Nur wenn das Zeichen f\u00fcr den entsprechenden gedehnten Laut einem r mit angeh\u00e4ngtem langem i entspr\u00e4che , so w\u00fcrde das Ohr jeder T\u00e4uschung enthoben sein.\nDentallaut e.\n1, t, t, rf, d, a, I, s.\nIn dieser Reihe haben t, d, n und l den gew\u00f6hnlichen Laut-Werth wie im Deutschen und Lateinischen. Ebenso \u00ab, nur ist es tonlos, Und hatte, Wie bereits oben erw\u00e4hnt wurde, vielleicht nicht immer seinen jetzigen Lautwerth, sondern im \u00e4ltesten Sanskrit den eines tonlosen r. t steht hier als Zeichen f\u00fcr den sogenannten Vocal l, dem der syllabische LautWerth U zugeschrieben wird. Es gilt von ihm im wesentlichen das, was \u00fcber den sogenannten Vocal r gesagt wurde.\nL a b i a 11 a u t er te, p, p, b. t>. m.\nDiese Reihe bedarf keiner weiteren Erkl\u00e4rung; ebensowenig die Bezeichnung von w2 als . Lippenzahnlaut.\nE, Fl r \u00fc c It e , Physiol, u. Syst, il, Sprachlaute*\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nDer Vocal e wird als Kehlgaumenlaut bezeichnet und o als Kehllippenlaut. Die Inder dachten sich n\u00e4mlich e allgemein als durch Verschmelzung von a und $, o allgemein als durch Verschmelzung von a und u entstanden, da e und o sich im Sanskrit in dieser Weise entwickelt haben. In den Veden findet sich endlich noch ein eigenth\u00fcmlicher L-Laut, den einige durch Ir wiedergeben, w\u00e4hrend Wilkins ihn dem ll des W\u00e4lischen \u00e4hnlich findet, Max M\u00fcller ihn f\u00fcr ein L mouill\u00e9 h\u00e4lt und B\u00f6th-lingk darin das l der Cerebralreihe, also das l2 unserer Bezeichnung sieht.\nEs liegt mir nun noch ob, von den Aspiraten zu sprechen, \u00fcber welche ich bisher hinweggegangen bin. Die Aspiraten der Tenues wurden in den obigen Reihen gem\u00e4ls der Transscription von Bopp durch die Tenues mit dar\u00fcber gesetztem Spiritus asper angedeutet, ebenso die entsprechenden t\u00f6nenden Laute durch die Medien mit dar\u00fcber gesetztem Spiritus asper. In der D\u00eavan\u00e2gar\u00ee aber haben ihre Zeichen nichts gemein mit denen der dazu geh\u00f6rigen Verschlusslaute, nur das Zeichen f\u00fcr t2 (t der Cerebralreihe) hat eine unverkennbare \u00c4hnlichkeit mit dem Seiner Aspirata. Es muss dies hier hervorgehoben werden, weil die fast vollst\u00e4ndige Zusammenhangslosigkeit der Zeichen f\u00fcr die Beurtheilung der Natur der Laute nicht ganz ohne Bedeutung ist.\nNach der jetzigen Aussprache sind die tonlosen Aspiraten nichts als aspirierte Tenues und somit unter Ber\u00fccksichtigung der mit der Palatalreihe vorgenommenen Restauration zu schreiben nach unserer phonetischen Bezeichnung: k2h, klh, l% t% plh. Dies war nach der unter den Sanskritisten allgemein verbreiteten Ansicht auch im Alterthum ihre Aussprache. Ich muss aber hiergegen auf eine Mittheilung von Max M\u00fcller, der \u00fcbrigens selbst der gangbaren Ansicht folgt, aufmerksam machen. Auf Seite XXXII seines Werkes heifst es: According to Sanskril-grammarians, if we begin to pronounce the tenuis, but in place of stopping it abruptly, allow it to come out with what they call the corresponding \u00abwind\u201d fflatus, wrongly called sibilansj we produce the aspirata, as a modified tenuis, not as a double consonant. This however, is admissible for the tenuis aspirata only and not for the media aspirata. Other grammarians, therefore, maintain that all mediae aspiratae are formed by pronouncing the media with a final 7i, the flatus lenis","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"83\nbeing considered ihdentical with the Spiritus: and they insist on this principally because the aspirated mediae could not be said to merge into, or terminate by, a hard sibilant>\nFassen wir zuerst diesen Passus in\u2019s Auge, so weit er die Tenuisaspiraten, d. h. die tonlosen Aspiraten angeht. So weit giebt er nicht dem geringsten Zweifel Raum, da Max M\u00fcller auf S. XXVII erw\u00e4hnt, dass die Reibungsger\u00e4usche von den Sanskrit-Grammatikern winds genannt werden. Es wird in ihm die Ableitung der tonlosen Reibungsger\u00e4usche aus den tonlosen Verschlusslauten beschrieben. Kein Mensch konnte eine Beschreibung von solcher Einfachheit und Wahrheit erfinden, wenn diese Reibungsger\u00e4usche nicht in der Sprache existierten. Die jetzige Aussprache der tonlosen Aspiraten ist somit nicht die urspr\u00fcngliche ; stellen wir diese nach der obigen unzweideutigen Beschreibung wieder her, so erhalten wir unter gleichzeitiger Wiederherstellung der urspr\u00fcnglichen Aussprache von c und g der Palatalreihe, nach unserer phonetischen Bezeichnungsweise X2, X1, s2, x*, f\\\ns\u00e4mmtlich Consonanten, welche dem jetzigen Laul-systeme des Sanskrit fehlen, aber mit Ausnahme des cerebralen s in seinen Schwestersprachen und den von ihnen abstammenden eine weite und reichliche Verbreitung haben. Nehmen wir aus dieser Reihe das dem Sanskrit eigenth\u00fcmliche cerebrale s fort, so stimmen die \u00fcbrigbleibenden Aspiraten, wie ich sp\u00e4ter n\u00e4her begr\u00fcnden werde, genau mit denen des Altgriechischen (p (f1), & (>4) und X (Xlm&%2) \u00fcberein. W\u00e4re es nicht auch in der That seltsam, dass die alten Inder, welche Zeichen f\u00fcr f\u00fcnf Tenues uhd ein Zeichen f\u00fcr das h hatten, bei welchen ferner die Bildung von Gruppenzeichen durch Zusammenf\u00fcgung zweier Buchstaben eine solche Ausdehnung hatte, w\u00e4re es nicht seltsam, dass diese Inder f\u00fcr die f\u00fcnf tonlosen Aspiraten neue Zeichen erfunden haben, wenn eben diese Aspiraten nichts w\u00e4ren als die correspondierenden Tenues mit an geh\u00e4ngtem h\u2018i\nGehen wir hiernach zu den Medienaspiraten \u00fcber. Auf diese soll nach Max M\u00fcller das, was \u00fcber die Tenuisaspiraten gesagt ist, keine Anwendung finden, sondern sie sollen gebildet werden dadurch, dass man der Media ein \u2019h anh\u00e4ngt. Nach Bopp und Benfe y ist dies \u2019h eben ein h, ich habe aber bereits fr\u00fcher im\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nf\u00fcnften Abschnitt in meinen allgemeinen Bemerkungen \u00fcber die Verschlusslaute gezeigt, dass eine unmittelbare Aneinanderf\u00fcgung einer Media mit h nur durch Sylbenlrennung m\u00f6glich wird, dass sich in allen andern F\u00e4llen zwischen der Media und dem h ein Vocal-laut einschiebt, da die Media bei zum t\u00f6nen verengter Stimmritze explodiert und diese erst Zeit haben muss, um sich f\u00fcr die Bildung des h zu erweitern. Sollte nun die D\u00eavan\u00e2gar\u00ee, die zwei auf einander folgende Consonanten, selbst wenn sie einander unmittelbar ber\u00fchren, abgesehen von der in ihrem Lautwerth ver\u00e4nderten Palatalreihe, nie durch ein einfaches Zeichen, sondern immer durch ein zusammengesetzles ausdr\u00fcckt, sollte die D\u00eavan\u00e2gar\u00ee f\u00fcnf Buchstaben haben, deren Lautwerth eine Media mit darauf folgendem Vocal und darauf folgendem h war? Das Unwahrscheinliche dieser Vorstellung von der Natur der Medienaspiraten tritt noch st\u00e4rker ins Licht, wenn man sieht, wie sie sich mit t\u00f6nenden Consonanten, die Resonanten nicht ausgenommen, verbinden. Nehmen wir z. B. die Verbindung gn. Wir sollen -sie nach der angef\u00fchrten Angabe sprechen ghn. Versuchen wir dies, so werden wir bemerken, dass sich sowohl dem h als dem g ein Vocal anh\u00e4ngt und die Gruppe zweisylbig wird, und doch finden wir die Zeichen von g und n so zusammengef\u00fcgt, dass die Verbindung nach den allgemeinen Regeln, welche der Anwendung der D\u00eavan\u00e2gar\u00ee zu Grunde liegen, frei von jedem Vo-callaute sein muss. Diesen Schwierigkeiten scheint Max M\u00fcller ausweichen zu wollen, indem er das h mit dem Spiritus lenis versieht (h steht an anderen Stellen des Buches f\u00fcr das g im holl\u00e4ndischen dagund im deutschen Tage). Offenbar ist hier in so weit der Kern der Sache getroffen, als dem hier angebrachten Spiritus lenis das Bewusstsein zu Grunde liegt, dass man die Media nicht in eine Aspirata verwandeln k\u00f6nne, indem man ihr einen tonlosen Laut, d. h. einen solchen anh\u00e4ngt, bei dem die Stimmritze weit ge\u00f6ffnet sein muss 25). Dem h entspricht aber kein\n\u00ee5) In der beigegebt nen Synopsis der Laute des Sanskrit, Hindostani, Persisch u. s. w. ist \u00fcbrigens die Aspiration der Medien in den Beispielen geradezu durch h wiedergegeben und die Ber\u00fchrung mit der Media durch Sylbentrennung erm\u00f6glicht, z. B. land-holder. Auch die Beispiele f\u00fcr die Tenuisaspiraten sind alle von dieser Art, z. B. lanthorn, inkhorn, church history, top-heavy. Es kann doch sicher Niemand glauben, dass diese Beispiele auf die alte","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"83\nt\u00f6nender Laut mit consonantischem Elemente, weil es selbst kein Consonant ist. Die t\u00f6nenden entstehen aus dem tonlosen einfach dadurch, dass sich die Stimmritze zum t\u00f6nen verengt, und geschieht dies beim A, so erscheint eben der reine Ton der Stimme ohne alles Nebenger\u00e4usch. Will man hierf\u00fcr ein Zeichen einf\u00fchren, so kann man dazu den Spiritus Ienis der Griechen w\u00e4hlen, aber man darf nicht glauben, an einer Media etwas \u00e4ndern zu k\u00f6nnen dadurch, dass man ihr einen t\u00f6nenden Hauch anh\u00e4ngt, der kein consonantisches Element hat, denn dieser t\u00f6nende Hauch ohne consonantisches Element ist eben die Stimme selbst, die bei jeder Media eo ipso hervortritt, sobald sich ihr Verschluss \u00f6ffnet. Wenn sich aber die Medien und ihre Aspiraten in nichts von einander unterschieden h\u00e4tten, so w\u00fcrden sie in der D\u00eavan\u00e2gar\u00ee sicher auch gemeinsame Zeichen haben.\nDa wir auf diesem Wege aus einer Unwahrscheinlichkeit in die andere verfallen, so wollen wir einmal die M\u00f6glichkeit in\u2019s Auge fassen, dass die f\u00fcnf Medienaspiraten urspr\u00fcnglich die den f\u00fcnf Medien entsprechenden t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usche gewesen seien. Wir w\u00fcrden dann erhalten :\ny2, y\\ \u00e42, %*, w\\\nf\u00fcnf Laute, die mit Ausnahme des cerebralen s2 auch in den europ\u00e4ischen Sprachen eine ausgedehnte Verbreitung haben.\nGegen diese Auffassung wendet Benfe y ein, dass in Transscriptionen der Aspiraten meist nur die Media wieder erscheint* Er f\u00fchrt als Beispiel an A\u00dfusuQrjg, in welchem Worte die Aspirate von b durch \u00df transscribiert ist. Erstens scheint mir dieses Beispiel nicht gl\u00fccklich gew\u00e4hlt, denn obgleich die griechischen Laute \u00df, \u00d4. y ihren Charakter als Verschlusslaute erst im Laufe der Zeit verloren haben, so transscribierte man doch schon im Altertliume das r\u00f6mische w (w2) durch \u00df: man schrieb Us\u00dffjQog f\u00fcr Severus und Bd\u00df\u00dfcov neben Ova\u00df\u00dfmv f\u00fcr Varro. Um so eher konnte man das w\\ durch \u00df wiedergeben. Zweitens muss ich bemerken, dass die Griechen mit den Indern zu einer Zeit in Ber\u00fchrung kamen, zu der das Sanskrit bereits seine wesentlich-\nAussprache passen, da Von derselben nach Max M\u00fcll er ausdr\u00fccklich gesagt wird, dass die Aspirate als eine modifteierte Tenuis> nicht als ein doppelter Consonant laute.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nsten Metamorphosen durehgemarhl hatte und die urspr\u00fcngliche Aussprache der Medienaspiraten vielleicht schon verloren gegangen war.\nEs l\u00e4sst sich ferner einwenden, dass von den auf diesem Wege erhaltenen Reibungsgemischen eines, n\u00e4mlich das y1, bereits im jetzigen Lautsysteme als sogenannter Semivocal der Palatalreihe vorhanden ist. Aber es muss bemerkt werden, dass die aus dem g abgeleiteten Reibungsger\u00e4usche so zahlreiche Abstufungen darbieten, dass es nicht wunderbar w\u00e4re, wenn die Inder deren drei unterschieden h\u00e4tten. Eine, die ihrem hinteren g entsprach, eine, die ihrem vorderen g entsprach, und eine, die noch mehr nach vorn lag und nicht mehr als Aspirata betrachtet wurde, weil die dazu geh\u00f6rige Media sich nicht in der gangbaren Sprache vorfand. Vielleicht enthielt der sogenannte Semivocal der Palatalreihe auch wirklich ein vocalisches Element neben dem consonantischen, da die Engl\u00e4nder ihn durch ihr y ([\u00cf;/] unserer Bezeichnung) wiedergeben. Endlich muss ber\u00fccksichtigt werden, dass wir bei der Ableitung der Reibungsger\u00e4usche von der restaurierten Palatalreihe, nicht von der jetzigen ausgegangen sind. Wenn im Laufe \"der Zeiten g1 in d[%y] iibergieng, so musste das davon abgeleitete Reibungsger\u00e4usch zun\u00e4chst in \\%y\\ \u00fcbergehen, also den Laut von franz\u00f6sisch j annehmen. Von jener Zeit an, in welcher dieser Wechsel eintrat, war also auf alle F\u00e4lle ein doppeltes Zeichen n\u00f6thig, eines f\u00fcr das y, den Semi-vocal der Palatalreihe, und eines f\u00fcr die Aspirate des g der Palatalreihe. Der Leser wird fragen, weshalb ich einer Reihe von vagen Vermuthungen Worte leihe, ohne bestimmtere Anhaltspuncte jn H\u00e4nden zu haben; aber vielleicht erhalten wir noch einmal positive Beweise daf\u00fcr, dass die Medienaspiraten urspr\u00fcnglich t\u00f6nende Reibungsger\u00e4usche waren. Ich habe mich schon oben auf ein von Renfey angef\u00fchrtes System berufen, in welchem die t\u00f6nenden Laute, zu denen entsprechende tonlose vorhanden sind, diesen gegen\u00fcber gestellt werden. Hier stehen die Medienaspiraten stets den Tenuisaspiraten ihrer Reihe gegen\u00fcber. Benfey gibt das Alter und die Quelle dieses Systems nicht an. Sollte es sich nachweisen lassen, dass dasselbe seinen Ursprung in einer Zeit hatte, in der die Tenuisaspiraten noch ihren urspr\u00fcnglichen Lautwerth als tonlose Reibungsger\u00e4usche besafsen, so w\u00fcrde ich dies","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"87\nals einen Beweis ansehen, dass die Medienaspiraten die entsprechenden t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usche waren, denn der Begr\u00fcnder jener Eintheilung hat dureh die symmetrische Zusammenordnung der Medien und Tenues zu gut gezeigt, dass er wusste, wie sich ein t\u00f6nender Laut zu dem entsprechenden tonlosen verh\u00e4lt, als dass man ihm nicht auch in R\u00fccksicht auf die Aspiraten volles Vertrauen schenken sollte.\nGehen wir hiernach zu der Lauteintheilung der alten Griechen \u00fcber.\nWas uns von derselben erhalten blieb, besteht in zerstreuten Notizen, die mit Vorsicht ben\u00fctzt werden m\u00fcssen, da wir \u00fcber die Aussprache des Altgriechischen in mehreren Puncten ungewiss sind.\nSie theilten bekanntlich die Vocale in kurze (e und o), lange 0? und ca) und unbestimmte (\u00ab, i, v). \u00dcber die Aussprache der Vocale in der Bl\u00fcthezeit der attischen Litteratur ist man trotz der zahlreichen Schriften, die dar\u00fcber existieren, nicht im Reinen. Nur einzelne Puncte sind wohl durch unzweideutige Angaben als erledigt zu betrachten, und dahin geh\u00f6rt meiner Meinung nach der Streit, ob das r\\ immer wie i ausgesprochen worden sei oder nicht, indem Henrichsen 26), wie mir scheint, der Reuch-linischen Aussprache gegen\u00fcber die Erasmische hier siegreich ver-theidigt hat. Das v\\ konnte nicht wie i ausgesprochen worden sein, denn die Alten dr\u00fcckten das Bl\u00f6cken der Schafe, in dem kein wohl organisierter Mensch ein t, sondern jeder nur ein \u00eb oder \u00e4 h\u00f6ren kann, durch \u00dfrj aus. Es kann sich nur darum handeln, ob der Laut des t] ein \u00eb oder \u00e4 war. Mir scheint f\u00fcr das erslere zu sprechen, dass bei Einf\u00fchrung des ionischen Alphabetes in Athen das 17 an Stellen trat, an denen fr\u00fcher ein s (also e) gestanden hatte, w\u00e4hrend f\u00fcr das zweite ber\u00fccksichtigt werden muss, dass ein Dialect, der dorische, f\u00fcr 17 das a einsetzte. Vielleicht entsprach das 17 dem ea unserer Bezeichnung, vielleicht kamen auch im hellenischen Munde die Vocale e, e\u201c und ae alle drei lang vor, ohne dass sie in der Schrift besonders unterschieden worden w\u00e4ren.\n3S) Die neugriechische oder sogenannte Reuchlinische Aussprache der hellenischen Sprache. Deutseh. von F ri edriehs en. Parehim und Ludwigslust, 1839.\t.,","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nUnzweifelhaft scheint es mir ferner, dass der Laut von v im Alterthume nicht wie jetzt i war; denn noch in Theodosii Grammatica p. 4. G\u00f6tti, heifst es: das v werde mit verengten Lippen ((ivovrsg x\u00e0 %\u00fcky\\) gesprochen, wie auch das o. Ebenso heifst es in den Scholien zum Dionysius Thrax, dass die Aussprache des v die Lippen zusammenziehe. So endlich Dionysius von Halikarnassos, der unter allen griechischen Schriftstellern die besten und fasslichsten Beschreibungen der Sprach-laute giebt. Nachdem er vom a> und der dabei stattfmdenden Zusammenziehung der Lippen gesprochen hat, sagt er: \u00eaaxt dh\nXjtTOV TOVTOV TO V ' Its\u00e7l yuQ CCVXK XK %\u00a3tkr] \u00dfVGTOkfjg yevopsvrjg a\u00a3,iokoyov nviytrai %ul Gxsvog exnCnxei d x]%og (de compositione mrborum c. 14). Nun ist es, wie wir fr\u00fcher gesehen haben, unm\u00f6glich, ein i mit verengten Lippen hervorzubringen. Es ist m\u00f6glich, dass das v nicht gerade dem m* unserer Bezeichnung entsprach, sondern nur dem iu ; aber ein i kann es nach dieser Beschreibung unm\u00f6glich gewesen sein.\nDionysius von Halikarnassos spricht auch unmittelbar darauf vom i, das er ganz abweichend vom v folgendermafsen beschreibt: s\u00f6^exov de jtavtcov to u' jtegl xovg o\u00f4dvxctg ts ya\u00e7 tj %Qoxr]6t,g xov nvevpaxog yCvsxca, (uxqov \u00e0voiyofisvov ruv \u00f6xoficcxog, zcd ovx siukap,7tQvv6vxcov xcov %eiktcov xov VX\u00b0v- Dm geringe Entfernung der Kiefer (fux\u00e7ov \u00e0voiyop,\u00e9vov xov Gr\u00f4fiuxog) beim i muss hier wohl unterschieden werden von der Zusammenziehung der Lippen (ij tc^q\u00ef ctvx\u00f9 x\u00e0 %eCkr\\ 0v-oxokrj) beim \u00fc. Dass das i seinen charakteristischen Laut dem Anfalle der Stimme gegen die Z\u00e4hne verdanke, ist eine Vorstellung , der man auch sp\u00e4ter \u00f6fter begegnet. Die niedrige Stufe, auf welche Dionysius das i in R\u00fccksicht auf seinen rhetorischen Werth stellt , ist den unbedingten Vertheidigern der neugriechischen Aussprache eben nicht besonders g\u00fcnstig.\nDie Aussprache von a, i, s, o und co wird nicht bezweifelt; ebenso scheint man ziemlich einig zu sein, dass ov wie u lautete. In R\u00fccksicht auf die mit doppelten Zeichen geschriebenen Vocal-laute cu, el, of, bin ich zu keiner bestimmten Ansicht gelangt.\nDagegen liegt die Aussprache der Consonanterr und ihre Eintheilung, wie mir scheint, ziemlich offen zu Tage. Die Griechen theilten sie bekanntlich in rjp\u00f9pmvu und aipcavu. Letzteres","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"8D\nwird gew\u00f6hnlich mit mutae \u00fcbersetzt, und von einigen so gedeutet, als ob diese Laute, n\u00e4mlich\nsr, t, j\u00ab,\n\u00df, s>\n9, \u25a0*,\ns\u00e4mmtlich Verschlusslaute seien.\nDies ist aber nicht nothwendig. Bleiben wir bei der unmittelbaren Bedeutung des Wortes stehen, acpcavcc sind solche Consonanten, welche den Ton der Stimme nicht haben. Es ist klar, dass dies auf sr, r, x, <p, ft, % passt, welche im Neugriechischen den Lautwerth p, t, k, f, s4, % haben. Nicht so auf \u00df, \u00f6, y. Diese lauten im Neugriechischen wie w2, (t\u00f6nendes th der Engl\u00e4nder) und y1 und y% je nach dem Vocale, der auf y folgt. Es sind also t\u00f6nende Reibungsger\u00e4usche. Aber sie haben im Laufe der Zeiten ihre Natur ver\u00e4ndert. Die Neugriechen k\u00f6nnen b nicht mehr durch \u00df und d nicht mehr mehr durch d aus-dr\u00fccken, sondern umschreiben ersteres durch yn, letzteres durch vT, die alten Griechen aber transscribierten sowohl das b als das v der R\u00f6mer durch \u00df. Man muss hieraus scldiefsen, dass \u00df, \u00f6, y, wie es auch unsere scliulm\u00e4fsige Aussprache annimmt, urspr\u00fcnglich die Verschlusslaute der t\u00f6nenden Reihen waren, und der Verschluss nur so locker und nachl\u00e4ssig gebildet wurde, dass sie eine grofse Neigung hatten, in die t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usche \u00fcberzugehen, ja vielleicht in einer Provinz schon als solche gesprochen wurden, w\u00e4hrend sie in einer andern noch ihren Charakter als Verschlusslaute behaupteten. Sieht man aber \u00df, d, y als den Lauten b, d und g entsprechend an, so liegt es nahe, dass sie die Griechen denen beiz\u00e4hlten, welche den Ton der Stimme nicht haben, denn b, d und g werden ja noch heute von vielen den Stimmlosen beigez\u00e4hlt, weil w\u00e4hrend des Verschlusses die Stimme schweigt, wenn sie nicht mit Nachdruck gesprochen werden und somit keine Luft in die abgeschlossene Mundh\u00f6hle gepresst wird. Obgleich ich, wie ich oben auseinander gesetzt habe, nicht der Ansicht bin, welche b, d und g zu den tonlosen stellt, so zeigt doch ihre grofse Verbreitung, dass sie eine naheliegende ist, und es kann uns nicht befremden, dass auch die Griechen ihr huldigten.\nMit der Auffassung, dass \u00bb, r, x, \u00df, d, y, q>, ff, % einfach die Consonanten sind, welche den Ton der Stimme nach","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nder Meinung- der alten Griechen nicht hatten, stimmt auch ihre Eintheilung gut \u00fcberein, jr, r und z sind inld, nackte, bare, solche, bei denen gar kein Wind ausgelassen wird; \u00df, S, y mittlere (fisaa) und (p, fr, % Saasa, das ist densae, solche, die mit dem dichtesten, dem reichlichsten Hauche * gesprochen werden. F\u00fcr diese Interpretation von Saasa kann ich mich auf Dionysius von Halikarnassos berufen, der geradezu (l. <?.) die Saasa solche nennt, welche tgj Ttveviiart no7.X\u00e4 gesprochen werden ; auch die Bedeutung asperae, rauhe, w\u00fcrde besser f\u00fcr Reibungsger\u00e4usche passen als f\u00fcr Verschlusslaute, denen ein h angeh\u00e4ngt ist. Die Benennung und Eintheilung der Laufe steht sonach nicht entgegen der gew\u00f6hnlichen sich auf die neugriechische Aussprache st\u00fctzenden Annahme, dass <p, fr, % alle drei tonlose Reibungsger\u00e4usche seien. <p, als vom r\u00f6mischen /verschieden und milder, war vielleicht f1, das heifst labiales f, w\u00e4hrend es bei den Neugriechen dem f *, dem gew\u00f6hnlichen dentalen, entspricht27). fr und % w\u00fcrden denselben Laut haben wie bei den Neugriechen, \u20229- den von s* (tonloses th des Engl\u00e4nder), % den von %x oder X9, je nach dem Vocal, mit dem es verbunden ist.\nDie \u00fcbrigen einfachen Consonanten X, p, v, q, a, die rpi\u00a3-<pava, w\u00fcrden solche sein, die den Ton der Stimme haben. Sicher ist dies f\u00fcr die vy\u00e7d, X, p, v, \u00e7, zweifelhaft erscheint es da-\n,r) Die Griechen transscribierten das r\u00f6mische f mit cp, die R\u00f6mer aber das tp bekanntlich durch ph, wie sie das S' durch th, das % durch ch ausdr\u00fcckten; cp erschien ihnen also dem p n\u00e4her verwandt, als ihr dentales f, was mit einiger Wahrscheinlichkeit auf das labiale f hinweist. Diese Wahrscheinlichkeit wird sehr betr\u00e4chtlich verst\u00e4rkt durch Dionysius von Halikamassos, der (a. a. \u00d4.), sagt: xpia psv uno x\u00e4v %siX\u00eacov, xb n aal to aal to \u00df, ezav xov azopazog aise&svzog zo z^o\u00dfaliofisvov in zfj:g \u00e0p-zriQias icvevjiu Xvfftj zov Ssopcbv ccvzov. Also mit den Lippen wurde cp gebildet, nicht mit der Oberlippe und den Z\u00e4hnen, von denen Dionysius gleich darauf beim r, fr und 8 spricht. Man k\u00f6nnte aus dieser Stelle sehliefsen, dass cp eigentlich p'f\u2018 gelautet habe, ebenso wie das % im Munde der Neugriechen bisweilen k% lautet, aber das wird schwer zu entscheiden sein, da p vor f so leicht verschwindet. Ist doch z. B. in Norddeutschland die Aussprache des pf so nachl\u00e4ssig, dass die Eingebornen oft das Plattdeutsche zu Rathe ziehen m\u00fcssen, um sich zu erinnern, ob sie pf oder einfaches f zu sehreiben haben.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"91\ngegen f\u00fcr G, da dies im Neugriechischen tonlos ist. Das Zeichen der Neugriechen f\u00fcr das t\u00f6nende \u00bb ist g; dies war aber im Alferthum ein Zeichen f\u00fcr zwei auf einander folgende Consonan-ten, n\u00e4mlich nach unserer Bezeichnungsweise da, und das d ist erst im Laufe der Zeiten verloren gegangen; es ist deshalb nicht unm\u00f6glich, dass fr\u00fcher a auch gebraucht wurde, um wie das s der Deutschen, Franzosen und Italiener neben dem tonlosen auch das einfache t\u00f6nende a anzuzeigen und man es deshalb mit zu den ypitpcovu rechnete. Ja es lassen sich sogar positive Zeugnisse daf\u00fcr anf\u00fchren, dass der Unterschied zwischen tonlosem und t\u00f6nendem a nicht immer streng beobachtet wurde. So sagt Aristoteles, dass in jedem der drei Laute 1g, g, f ein 0 enthalten sei (Metaph. N 6, 1093, b, 23) und Dionygius Thrax (p. 632 Bekk.) und Sextus Empiricus (adv. Gramm. L 103) sagen, dass g aus d und G bestehe. Dies w\u00fcrde aber unrichtig sein, wenn e immer tonlos sein m\u00fcsste, da dann nur die Combination t\u00ab (55ett der Deutschen), aber nicht die Combination du m\u00f6glich w\u00e4re, wie dies nach dem Fr\u00fcheren jeder sogleich ein-sehen wird. Anderseits aber rechnet Plato im Theaetet (203 B.) das G zu den \u00ab(pava, to Gtypcc, heifst es, t\u00e4v \u00e2cpmvav i&z(, ipoipog T Ls fi\u00f4vov, tuov GvQittovGvjs zi} s yk\u00e2zzrjg. Dies zeigt ganz unzweifelhaft, dass acpcova zu Plato's Zeiten die Laute waren, welchen der Ton der Stimme abgieng, nicht aber die mutae in der sp\u00e4teren Bedeutung des Wortes als Verschlusslaute, f und \u00a7 waren bekanntlich wie noch jetzt Zeichen f\u00fcr ps und ks, verdienten also ebenso wenig wie g in das System der einfachen Consonanten aufgenommen zu werden. Sic wurden demgem\u00e4fs mit g von den Griechen als Gvpqjcova \u00eamX\u00e0 bezeichnet.\nEs ist nicht schwer zu begreifen, dass der Verschlusslaut im g verloren gehen konnte, w\u00e4hrend er in tp und \u00a3 erhalten wurde. Erstens steht in ip und \u00a3 ein tonloser Verschlusslaut vor einem tonlosen Reibungsger\u00e4usche, bei welcher Combination sich das explosive Element immer st\u00e4rker geltend macht, als wenn ein t\u00f6nender Verschlusslaut vor einem t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usche steht, so dass sich das deutsche Zeit durch den Laut st\u00e4rker vom tonlosen s unterscheidet, als das griechische g sich vom t\u00f6nenden s unterschied. Ferner haben in ip und \u00a3 Verschlusslaut und Reibungsger\u00e4usch verschiedene Articulationsstellen, w\u00e4hrend","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bb2\nsie in \u00a3 eine gemeinsame hatten, wodurch das Verlorengehen des Verschlusslautes, offenbar erleichtert wird.\n.Wenn sich acpcava nicht urspr\u00fcnglich auf den Mangel der Stimme bez\u00f6ge, so h\u00e4tte es schwerlich durch das gleichbedeutende acp&oyya ersetzt werden k\u00f6nnen, und der Rest der einfachen Consonanten w\u00fcrde im Kratylus nicht bezeichnet werden als solche, die keine Vocale aber doch nicht stimmlos sind (tu cpcovrjsvTa psv ov, ov fisvtoi ys acpQ'oyyu).\nSextus Empiricus (adv. Gramm. I. 102) giebt allerdings eine andere, unserer modernen entsprechende Erkl\u00e4rung von den acpcava, indem er sagt: acpcava d\u00e9 sotc tu fiijze Ov Mafia g statt\u2019 suvra noielv dvvccusva, prfve hjycov Idc\u00d4TTjTag, uvxo de fio-vov, fisT\u00d9 xmv uMcav Ovvsxcpcavdvpsva. Zu diesen rechnet er selbst aber nur sr, r, x, \u00df, 3, y, wogegen er cp, 91, % ausdr\u00fccklich zu denen stellt, oOa di uvtc\u00f6v qol\u00c7ov rj Gcypov rf pvy fiov \u00eej t t va na q uitXiqc}co v rj%ov xav\u00e0 TTjv sxcp c\u00e2vrjGiv cxtcot s X etv nscpvx\u00d6Ta.\nEr f\u00fchrt freilich zugleich an, dass einige (tlvss, svioi) cp tt, x nicht zu den vtpCcpmva, sondern zu den acpcava rechnen, dies wird aber hinreichend durch den fr\u00fcheren Sprachgebrauch erkl\u00e4rt, nach welchem acpcava eben die Laute waren, welchen den Ton der Stimme nicht hatten, zu denen also nat\u00fcrlich auch cp, &, x gerechnet werden mussten.\nDie tonlosen Sanskritaspiraten, welche man f\u00fcr die Ansicht gellend macht, dass cp, tt, x Verschlusslaute gewesen seien, k\u00f6nnen eher gegen dieselbe sprechen, da sie ihrer urspr\u00fcnglichen Aussprache nach eben auch tonlose Reibungsger\u00e4usche waren und erst sp\u00e4ter in aspirierte Verschlusslaute umgewandelt wurden. Eben so wenig beweisend scheint mir die Art der R\u00f6mer cp, x durch ph, th und ch zu transscribieren. Nehmen wir an, diese Laute hatten den Werth von fl, s* und x- Die R\u00f6mer hatten kein %, kein si und auch kein f1, sondern nur ein f2. Sie erkannten aber, dass alle drei Laute ein \u00e4hnliches Verh\u00e4ltnis zu k, t und p hatten und . hiengen deshalb den Buchstaben dieser Laute ein h als conventionelles Zeichen an, um die fremden Laute, f\u00fcr. welche ihnen Zeichen fehlten, anzudeuten. Dies ist leicht denkbar und im nat\u00fcrlichen Lauf der Dinge. Die Griechen dagegen erkannten im f der R\u00f6mer ihr cp und transscribierten z. B. Fufius &ovcpiog. W\u00e4re dies. im nat\u00fcrlichen Laufe der Dinge, wenn cp gar kein","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Reibungsger\u00e4usch, sondern ein Verschlusslaut gewesen w\u00e4re1? W\u00e4re es im nat\u00fcrlichen Laufe der Dinge gewesen, das indische brahman mit \u00dfpccxuriv zu transscribieren, wenn % ein Verschlusslaut gewesen w\u00e4re?\nBer\u00fccksichtigen wir dies alles, so kommen wir zu dem Schl\u00fcsse, dass die \u00e4lteste griechische Eintheilung der einfachen Consonanten, die in t\u00f6nende : A, fr, v, q, und in tonlose, st, r, x, \u00df, d, y, <p, -9-, % war, w\u00e4hrend 6 bald zu den einen, bald zu den andern gerechnet wurde. Sp\u00e4ter wechselten nicht die Namen, aber die Bedeutung wurde eine andere, so dass die Eintheilung, welche Sextus Empiricus adoptierte, der modernen in Explosivae (n, t, x, \u00df, d, y) und in Continuae (A, ft, v, q, 0, <P, 9, x, zu denen Sextus ungeschickter Weise auch die Gruppenzeichen \u00c7, \u00a7 und Tp stellt), entspricht. Auch die drei Haupt\u00e4r-ticulationssteilen waren den Griechen bekannt und sie benannten sie richtiger als unsere modernen Schriftsteller, indem sie als erste die Lippen, als zweite die Z\u00e4hne und als dritte nicht die Kehle (gultur, Aapuyi), sondern den Gaumen (ovquvos) bezeichneten.\nX. Abschnitt.\nSystematik der Sprachlaute bei den Arabern.\nDas Lautsystem der Araber ist tief durch gebildet, aber f\u00fcr den Abendl\u00e4nder auf den ersten Anblick schwer verst\u00e4ndlich. Ich hoffe jedoch, dass es mir gelingen wird, den Nichtorientalisten eine Vorstellung von der Construction desselben beizubringen, so gut wie ich sie aus de Sacy\u2019s und Hezel\u2019s Grammatiken, a\u00fcs Wallin\u2019s Abhandlung \u00fcber die Laute der arabischen Spr\u00e4che28) und aus m\u00fcndlichen Besprechungen mit Hrn. Anton Hassan, Professor des Arabischen am hiesigen polytechnischen Institut\u00e9, gewonnen habe.\nDer erste Schritt hiezu ist, zu bemerken ', dass die Vocal-zeichen Fatha (0), Ke.xre (?) und Damma (u) im Sinne der Araber etwas ganz anderes sind als unsere Vocalzeichen. Die letzteren bezeichnen die Stellung , in der der Vocal t\u00f6nt, die ersteren aber den \u00dcbergang in diese Stellung, darum heifst auch der Vocal bei\n2S) Zeitschrift d. deutsche morgenl\u00e4ndischen Gesellschaft, Bd. 9, S. 1.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nden Arabern Bewegung. Aufserdem aber existieren drei Buchstaben, welche im Sinne unserer abendl\u00e4ndischen Bezeichnungsweise denselben drei Vocalen entsprechen, n\u00e4mlich29) Elif(a), Ya <<) und Watt (u). Diese Vocalzeichen waren die \u00e4lteren und ihre Stellung im System ist durch die Einf\u00fchrung der neuen einigerma\u00dfen ver\u00e4ndert worden.\nYa macht mit dem Kesr ein langes \u00bb, mit dem Fath den Diphthong ai\\ es thut also hier seinen Dienst als Vocal, dagegen dient es gerade so wie das englische Wy auch als Consonant, wovon der Grund leicht einzusehen ist, wenn man sich an das erinnert, was \u00fcber die Laute gesagt ist, die durch Verschmelzung eines Vocals mit einem Consonanten entstanden sind.\nEbenso bildet das Watt mit dem Damma ein langes m, mit dem Fatha den Diphthong au : es ist also hier durchaus Vocal. Aufserdem aber dient es wie das englische double u auch als Consonant (w1 oder besser [uw1]), was wiederum nach dem fr\u00fcher auseinandergesetzten nicht auffallen kann, da die Stellung f\u00fcr das u der f\u00fcr das to1 ebenso \u00e4hnlich ist, wie die Stellung f\u00fcr das i der f\u00fcr das y1 (I consona). \u2022\nBeim Elif (\u00ab) ist der ganze Mundcanal weit ge\u00f6ffnet; hier ist keine Enge, die in irgend einer Verbindung einen Consonanten hervorbringen k\u00f6nnte; da aber Ya und Watt einmal unter den Consonanten eingereiht sind und man nur noch die Bewegungszeichen Vocale nennt, so wird Elif mit unter die Consonanten gerechnet, obgleich dies durch die Natur des Lautes, f\u00fcr den das Zeichen steht, nach unseren Begriffen keineswegs gerechtfertigt ist.\nMan k\u00f6nnte sagen, das sogenannte consonantische Elif sei der t\u00f6nende Laut zu unserem h, das auch nicht mit unter die Consonanten geh\u00f6rt ; denn w\u00e4hrend dieses offene Stimiftritze bei vocalisch offenem Mundcanal bezeichnet, bedeutet jenes zum T\u00f6nen verengte Stimmritze bei vocalisch offenem Mundcanal. Es muss hier bemerkt werden, dass die Begriffe Vocal und Consonant \u00fcberhaupt erst von den abendl\u00e4ndischen Sprachforschern in die arabische Grammatik hineingetragen sind. Der Araber kennt nur Bewegungszeichen (Fatha, Kesre und Damma) und Sprach-elemente, welche bewegt werden oder respective ruhen. Zu ihnen\n\u201d) Die Namen dieser Zeichen und der folgenden sind nach der Orthographie von de Sacy geschrieben.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"95\ngeh\u00f6ren Elif, Ye und Wate, ganz ohne Unterschied der Verbindung, in welcher sie Vorkommen.\n\u00bb, a und u sind also im wesentlichen die Laute sowohl der ruhenden als der Bewegungsvocale; die Zwischenlaute werden im allgemeinen nicht durch neue Zeichen ausgedr\u00fcckt30), sondern durch das Zeichen des ihnen zun\u00e4chst stehenden, d. h. ihnen am n\u00e4chsten verwandten der drei Bewegungsvocale (Fatha f\u00fcr a, a\u00b0 ae, e\u00b0, Kesre f\u00fcr i und e, und Damma f\u00fcr o und u), und der dazugeh\u00f6rige Consonant ist es, welcher den Leser \u00fcber den jeweiligen Lautwerth des Vocalzeichens, wo dies \u00fcberhaupt durch die Schrift geschieht, belehrt. Hierin tr\u00e4gt die arabische Schrift noch die Spuren des syllabischen an sich; denn syllabisch war sie bis zur Einf\u00fchrung der Bewegungsvocale, da bis dahin das Consonantenzeichen nicht nur f\u00fcr den Consonanten, sondern auch f\u00fcr den damit zur Sylbe verbundenen Vocal stand. Wir d\u00fcrfen uns deshalb auch nicht wundern, wenn wir bisweilen zwei verschiedene Buchstaben finden, deren Laute sich in den wesentlichen St\u00fccken, die ihre Stellung im System bedingen, v\u00f6llig gleichen und nur durch die Manier der Articulation und die Wirkung auf den Lautwerth des dazu geh\u00f6rigen Vocalzeichens verschieden sind.\nDer zweite Punct, den wir zun\u00e4chst zu beachten haben, ist der, dass die Araber drei Consonanten besitzen, welche wir nicht als solche in unser System aufgenommen haben, n\u00e4mlich \u00a3 Ha, das ist das im zweiten Abschnitt beschriebene heisere, ger\u00e4uschvoll hervorgestofsene h, H\u00e9 4, ein leicht gehauchtes h wie im franz\u00f6sischen hameau oder im deutschen Halle, und Ain welches ebenfalls im zweiten Abschnitte beschrieben worden ist S1).\nDie \u00fcbrigen einfachen Consonanten waren nach der Aussprache des Hrn. Hassan (aus Cairo) folgende:\n80) Eine Ausnahme macht das e, das in Texten ohne Vocalzeichen (unpunctierten) durch i (A) ausgedr\u00fcckt wird.\n*') In der Synopsis der Laute des Arabischen, Persischen u. s. w., die sich in Max M filler\u2019s Werk findet, ist das ff im deutschen Tage als Beispiel f\u00fcr das Ain angef\u00fchrt. Es muss dies wohl ein Druckfehler sein, da beide Laute nicht die geringste \u00c4hnlichkeit mit einander haben. Auch in Hezel\u2019s Grammatik wird irrth\u00fcmlicher Weise dem Ain eine \u00c4hnlichkeit mit g zugeschrieben.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"90\nVerschlusslaute.\nV Ba (\u00fc1).\nO Ta und i\u00bb TA\u00ab; beide entsprechen dem (l, was die Lage der Zunge anlangt; sie unterscheiden sich aber sehr wesenllich durch die St\u00e4rke; das Ta ist ein leises, dem deutschen analoges t, nach dem der folgende Yocal den weichen Laut hat; beim Tha dagegen dauert der Verschluss l\u00e4nger, die Luft bricht gewaltsam hervor und auch im Auslaut h\u00f6rt man die zur Bildung des Tha eingefangene Luft nach L\u00f6sung des Verschlusses mit betr\u00e4chtlichem Ger\u00e4\u00fcsche herausfahren. Dies ist der sogenannte N\u00e4chschlag,' der nach Wallin beim Tha normaler Weise ein vocalisches Element hat, indem sich dem Explosivger\u00e4usche ein kurzer Vocal anh\u00e4ngt. Wenn dem Tha ein Vocal folgt, so geht der vocalische Nachschlag nat\u00fcrlich in diesem auf, dann erh\u00e4lt aber der Vocal den harten Laut. Wie mir scheint, geschieht dies dadurch, dass, w\u00e4hrend die vorher stark com-primierte Luft ausstr\u00f6mt, die Stimmritze pl\u00f6tzlich stark verengt wird und deshalb der Vocal pl\u00f6tzlich und mit hartem Timbre ant\u00f6nt , w\u00e4hrend er nach dem Ta o weicher anklingt, weil hier die Stimmb\u00e4nder von beiden Seiten her mehr allm\u00e4hlich in den unter geringerem Drucke ausfliefsenden Luftslrom hineingef\u00fchrt und einander vielleicht \u00fcberhaupt nicht so weit gen\u00e4hert werden als nach dem Tha. Beim Fl\u00fcstern ist es schwer , nach einigen Orthoepisten unm\u00f6glich, beide Consonanten von einander zu unterscheiden.\t1\nDal und Dhad entsprechen nach Hrn. Hassan\u2019s Aussprache beide dem d1 und unterscheiden sich von einander wie Ta und Tha nur durch die Wirkung auf den Laulwerth des Vocalzeichens und durch die Energie der Articulation. Dhad ist der st\u00e4rkere Laut; sein Verschluss dauert l\u00e4nger und man h\u00f6rt w\u00e4hrend desselben die Stimme t\u00f6nen' verm\u00f6ge der Luft, welche aus der Brusth\u00f6hle in die Mundh\u00f6hle hin\u00fcbergepresst wird; der ihm folgende Vocal hat immer den harten Laut. Es soll von einem Theile der Araber, so wie von Persern und T\u00fcrken theils als ss theils als d% (vielleicht z* oder\tausgesprochen wer-\nden (Hezel, de S a cy). Wahrscheinlich wegen dieser Aussprache wird Dhad zu den schwachen Buchstaben gerechnet, unter welcher Benennung die tonlosen und t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4usche","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"97\nvereinigt sind. Ebenso bezieht sich wahrscheinlich auf diese Aussprache die Angabe, dass es am Zungenrande gebildet werde.\ngj Caf und <J Kafentsprechen dem vorderen und hinteren k in der Weise, dass Caf noch ein kl ist, aber schon an der hinteren Grenze desselben liegt, w\u00e4hrend Kaf an der hinteren Grenze des fc2, also an der hinteren Grenze der Verschlusslaute \u00fcberhaupt liegt. Kaf unterscheidet sich aufserdem vom Caf durch seine Wirkung auf den Lautwerth des Vocalzeichens und wird auch von Wallin zu den Vocalexplosiven gerechnet, d. h. zu denen, die den beim Tha besprochenen vocalischen Nachschlag haben.\nDjim 7- entspricht nach der \u00e4gyptischen Aussprache dem vorderen g, und dieser Lautwerth ist auch nach alten Transscriptionen, deren de Sacy erw\u00e4hnt, der urspr\u00fcngliche. Jetzt wird es in Arabien selbst wie dx\\%lyz\\ gesprochen, hat also dieselbe Lautwandlung erlitten wie das vordere g beim \u00dcbergange aus dem Lateinischen in das Italienische: generosus = generoso.\nReibungsger\u00e4usche.\n<-> Fa entspricht dem f2.\nu* Sin und Sad entsprechen beide dem s\\ aber unterscheiden sich durch ihre Dauer und den Grad der Luftcompres-sion, in welchen beiden Puncten Sad dem Sin \u00fcberlegen ist. Auch wirken sie verschieden auf den Lautwerth des Vocalzeichens, so dass Sad sich zu Sin \u00e4hnlich verh\u00e4lt wie Tha zu Ta und Dhad zu Dal.\nj Za und Dha entsprechen beide dem a1 und unterscheiden sich wie Sin und Sad. Za ist der t\u00f6nende Laut zu Sin, das st\u00e4rkere Dha der t\u00f6nende Laut zu Sad.\nCj Tsa und j D%al entsprechen dem s4 und a4, also dem harten und dem weichen th der Engl\u00e4nder.\nHierzu kommt noch das gew\u00f6hnliche l (Lam) J , die Re-sonanten j> m und o n (Mim und Noun), der Zungenzitterlaut > r {Ra) und die zusammengesetzten Laute J* Schin, Kha und ^ Ohain. Das Schin entspricht unserem sch ; Kha ist das hinterste ch\tbei dem zugleich das Z\u00e4pfchen vibriert; da-\ndurch entsteht gleichzeitig ein tonloses R utmlare und der Laut ist mithin nach unserer Bezeichnungsweise zu schreiben [^3||: das Ghain entsteht, wenn man zum Kha die Stimme mitt\u00f6nen l\u00e4sst, es ist also zu schreiben [*/3p].\nE. Br\u00fcche, Physiol, u. Syst. d. Sprachlaute.\n7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nDie arabischen Orthoepisten theilen ihre Consonanten ein in leise und in laute, wie de Sacy \u00fcbersetzt, lettres prof\u00e9r\u00e9es \u00e0 voix basse und lettres prof\u00e9r\u00e9es \u00e0 voix haute.\nDie erstem sind: H\u00e9, Ha, Kha, Had, Sin, Schin, Tsa, Fa, Ta und Caf, die beiden letzten sind Explosivae, die andern Continuae. Alle \u00fcbrigen Consonanten werden zu den lauten gerechnet, also auch Tha und Kaf, obgleich im Augenblick, wo sie gebildet werden, weder die Stimme t\u00f6nt, noch \u00fcberhaupt die Stimmritze zum T\u00f6nen verengt ist; offenbar also lediglich wegen des vocalischen Nachschlages. Von den lauten Consonanten sind fia, Dal, Djim, Kaf und Tha als Explosivae (Verschlusslaute nach unserer Terminologie) wieder in eine Gruppe vereinigt. Das Dhad wird, wie ich erw\u00e4hnte, den Explosiven nicht bei gez\u00e4hlt. Nach de Sacy nennen die Araber das Dhad lettre d\u2019extension, w\u00e4hrend sie die f\u00fcnf erw\u00e4hnten Explosiven als lettres retentissant bezeichnen. F\u00fcnf andere derselben: Ain, Lam, Ra, Mim und Noun bilden entsprechend den Liquidis der abendl\u00e4ndischen Grammatiker eine zweite Gruppe. Die \u00fcbrigen: Ohain, Dha, Za, Dzal, Ye und Waw sind t\u00f6nende Reibungsger\u00e4usche, von denen eines, Ghain, von einem Zitterlaut begleitet ist, und die beiden letzten, wie wir gesehen haben, einen Vocal (*' und m) enthalten, zu diesen tritt noch das Elif, das, wie erw\u00e4hnt, gar kein Consonant ist, und ein Hilfszeichen, das Hamze, welches dem Spiritus lenis der Griechen verglichen wird. Schon P u r k i n e gibt an, dass das Hamze als Explosivlaut (Verschlusslaut nach unserer Terminologie) der Stimmritze gebildet werde, und in der That bedeutet das Zeichen Hamze im Sinne der Phonetik: verschlossene Stimmritze. Wird aus dieser Stellung ein Vocal angegeben, so kann demselben kein Hauch oder h vorhergehen, denn dazu m\u00fcsste die Stimmritze vorher hinreichend weit ge\u00f6ffnet sein. Es muss sogleich der Ton der Stimme erklingen und deshalb f\u00e4llt das Hamze an dem Vocale, der ein Wort beginnt mit dem Spiritus lenis zusammen. Ebenso erkl\u00e4rt sich aus der Bedeutung, \u00abverschlossene Stimmritze,\u201d das pl\u00f6tzliche Abbrechen des Vocallautes, da wo Hamze eine Sylbe endigt, und die darauf folgende Explosion, die bei Wiederer\u00f6ffnung der Stimmritze ein-tritt und dem Nachschlage der Verschlusslaute entspricht. Dieser Nachschlag ist vocalisch, das heifst t\u00f6nend, wenn die Stimmritze dabei nur sehr wenig und in Form einer ganz schmalen Spalte","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"ge\u00f6ffnet wird, tonlos, wenn die Stimmritze sogleich weit ge\u00f6ffnet wird. F\u00e4ngt die folgende Sylbe mit einem tonlosen Consonanten an, so muss begreiflicherweise der Nachschlag des Hamze seinen Ton verlieren, da er mit dem Beginne des Consonanten zeitlich zusammenf\u00e4llt, t\u00f6nend ist er dagegen, wenn der Anfangslaut der n\u00e4chsten Sylbe ein t\u00f6nender ist, kann aber begreiflicherweise von diesem nicht mehr als ein besonderes Moment unterschieden werden. Hieraus ergibt sich zugleich als Corollar, dass Hamze, wenn es zwischen zwei Vocallauten steht, das Zeichen des Hiatus ist, nur soll hier w\u00e4hrend der Pause die Stimmritze geschlossen werden, was bei unserem Hiatus nicht nothwendig ist, da wir ihn auch durch eine blofse Discontinuit\u00e4t in der tonerregenden Exspirationsbewegung hervorbringen. Wallin l\u00e4fst es unentschieden, ob die Hemmung des Luftstromes beim Harme durch eine Ann\u00e4herung der Kehlkopfr\u00e4nder (?) gegeneinander, oder durch Herabsenkung der Epiglottis \u00fcber den Kehlkopf oder ob nur durch freiwilliges Zur\u00fcckhalten des Atliems bewirkt werde. Durch die Herabsenkung der Epiglottis k\u00f6nnen wir zwar den Kehlkopf von obenher decken, so dass die Speisen w\u00e4hrend des Schlingactes nicht hineingelangen, aber wir k\u00f6nnen der Luft dadurch nicht den Ausweg versperren. Andererseits sind in Wallin\u2019s und der Orthoepisten Angaben bestimmte Anzeichen vorhanden, dass die Hemmung nicht blofs durch freiwilliges Anhalten des Athems, sondern wirklich durch Aneinanderdr\u00fccken der Stimmb\u00e4nder gegen einander erfolgt. Erstens erkl\u00e4rt sich nur daraus die Bedeutung des Hamze als Spiritus lenis, denn beim blofsen freiwilligen Anhalten des Athems, das heifst bei einer blofsen Discontinuit\u00e4t in der Exspirationsbewegung, k\u00f6nnte die Stimmritze ebenso gut offen stehen und somit dem Vocal eine Aspiration, ein A, vorhergehen. Aus demselben Grunde spricht f\u00fcr die Ann\u00e4herung der Stimmb\u00e4nder der an und f\u00fcr sich vocalische, d. h. t\u00f6nende Nachschlag, der seinen vocalischen Charakter nur durch Einwirkung anderer Laute einb\u00fcfst. Ferner hebt Wallin hervor das ganz pl\u00f6tzliche Verstummen der Stimme und ihr pl\u00f6tzliches Wiederan-klingen, was er als das \u00absch\u00e4rfste Staccato der Stimmb\u00e4nder\u201d bezeichnet, und was durch pl\u00f6tzliches Verschliefsen der Stimmritze viel vollkommener erreicht wird, als durch blofse Discontinuit\u00e4t in der Exspirationsbewegung. Endlich gibt der Adnotator der Oezeriy\u00e9 an, dass der Nachschlag des Hamze dem Laute des","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nAnsatzes zum Vomiren \u00e4hnlich sei, was gleichfalls auf geschlossene Stimmritze hinweist.\nWir haben also, wie wir im Ain und dem Kehlkopf-R der Niedersachsen Zitterlaute des Kehlkopfs hatten, hier den Verschlusslaut desselben, der sich zum Ain verh\u00e4lt wie d zu Zungen-A. Wir k\u00f6nnten noch die vox clandestine oder das Ha der Araber als Reibungsger\u00e4usch des Kehlkopfes hinzubringen, und es mag dann die Frage aufgeworfen werden, weshalb ich nicht diese Laute als besondere Consonanten aufgestellt habe, da sie doch in ihrem gegenseitigen Verh\u00e4ltnisse und in der Art, wie sie hervorgebracht werden, eine gewisse Analogie mit den \u00fcbrigen Consonanten zeigen. Aber diese \u00c4hnlichkeit ist in der That nur eine oberfl\u00e4chliche, sie sind sehr wesentlich von ihnen verschieden. Die Laute, welche ich als einfache Consonanten aufgef\u00fchrt habe, sind n\u00e4mlich im Vergleich mit den Kehlkopfger\u00e4uschen als zusammengesetzt zu betrachten. Das Zeichen f\u00fcr einen Kehlkopflaut Wie liamze und Ain zeigt nur einen Zustand des Kehlkopfs an, jedes Consonantenzeichen aber zeigt den Zustand der Mund-theile an, die den Consonanten bilden und aufserdem den Zustand der Stimmritze, ob dieselbe zum T\u00f6nen verengt sei oder weit ge\u00f6ffnet, indem wir schon durch das blofse Consonantensymbol und ohne Hilfszeichen b und p, d und t. g und k u. s. w. von einander unterscheiden.\nIch muss bei dieser Gelegenheit auf eine Ansicht von Wallin eingehen, die auch Max M\u00fcller adoptiert bat und die eines erl\u00e4uternden Commentars bedarf. Wallin f\u00fchrt n\u00e4mlich an, dass das Ain sich zum Ha verhalte w'ie das Ghain zum Kha, dass mithin Ain der t\u00f6nende Laut zu dem tonlosen Laute Ha sei. Man kann hierf\u00fcr nicht nur die Analogie der Zeichen\tC an_\nf\u00fchren, sondern Wallin gibt richtig an, dass, wenn man das Ha hervorbringe und dann die Stimme mitt\u00f6nen lasse, sogleich das Ain geh\u00f6rt werde. Man kann sich hiervon leicht \u00fcberzeugen, aber auch zugleich davon, dass beim Anklingen des Ain sofort das eigent\u00fcmliche Reibungsger\u00e4usch des Ha verschwindet, w\u00e4hrend das eigene Ger\u00e4usch jedes anderen tonlosen Consonanten keineswegs verschwindet, wenn man durch Intonation aus ihm den entsprechenden t\u00f6nenden entwickelt. Wenn ich ein hartes S hervorbringe und darauf durch Mitt\u00f6nen der Stimme das weiche, so besteht das specifische Reibungsger\u00e4usch im vor-","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"101\nderen Theile der Mundh\u00f6hle fort trotz der Ver\u00e4nderung, welche in der Stellung der Stimmb\u00e4nder vor sich geht. Nicht so, wenn ich vom Ha in das Ain \u00fcbergehe, denn allsobald geht die wesentliche Bedingung f\u00fcr das Reibungsger\u00e4usch des Ha verloren, n\u00e4mlich die, dass die Luft zwischen den nicht schwingenden Stimmb\u00e4ndern durch die verengte Stimmritze hervorgetrieben wird.\nWenn man die Kehlkopfiaute den Lippenlauten vergleichen will, deren Bildung man am leichtesten zur unmittelbaren Anschauung bringen kann, so entspricht das Ha einem kr\u00e4ftigen fl unserer Bezeichnung, einem Blasen durch die verengten Lippen, als ob man Staub wegbliese. Das Kehlkopf-B der Niedersachsen entspricht dem gew\u00f6hnlichen Zitterlaute der Lippen und das Ain der Modification desselben, die man erh\u00e4lt, wenn man die Lippen st\u00e4rker an einander presst und die von dem t\u00f6nenden Laute zum /*, vom wl, von Grund aus verschieden ist. Das Ger\u00e4usch, welches das iia unter die Consonanten gestellt hat, ist kein Reibungsger\u00e4usch und macht auch auf das Ohr nicht den Eindruck eines solchen. Es h\u00e4ngt vielmehr ab von einer Reihe von rasch auf einander folgenden kleinen Explosionen in der Stimmritze. Deshalb kann ich auch das Am nicht als t\u00f6nendes Reibungsger\u00e4usch, sondern nur als einen Zitterlaut des Kehlkopfes betrachten und finde darin die Stellung bei den Liquidis l, m, n und r, welche ihm die arabischen Orthoepisten geben, gerechtfertigt.\nVon geringem Interesse ist es f\u00fcr uns, dass die Araber die Explosiven, zu denen sie auch das JHamz-e rechnen, als starke, die Liquidae als mittlere und die \u00fcbrigen Consonanten als schwache Laute bezeichnen. Viel wichtiger f\u00fcr uns ist das, was sie \u00fcber den Ort der Lautbildung sagen. H\u00e8, Elif, Hamz\u00eb, Ha, Ain, Ghain und Kha versetzen sie in die Kehle. Kaf und Caf versetzen sie auf zwei verschiedene Stellen der Zungenwurzel, deren Grenze sie offenbar weiter nach vorn ausdehnen, da nach unserer Art, in Vorder-, Mittel- und Hinterzunge oder Zungenwurzel zu theilen, Caf noch der Mittelzunge angeh\u00f6ren w\u00fcrde. Auf diese verlegen sie Schm, Djim und Ya. Die Bildung von Larn und merkw\u00fcrdigerweise auch die von Dhad schreiben sie dem Zungenrande zu. Die Zungenspitze bildet nach ihnen Ta, Dal und Tha gegen den vorderen Theil des Gaumens; Tsa, Dxal und Dha soll die Zungenspitze mit dem Zahnfleisch bilden, was f\u00fcr Tsa und Dxal nach der jetzigen Aussprache entschieden ungenau","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nist, da nach dieser (s4undjs4), dem harten und weichen th der Engl\u00e4nder entsprechend, die Enge, welche den Laut verursacht, einerseits von der Zunge, andererseits von den Z\u00e4hnen selbst gebildet sein muss. Noch wird angef\u00fchrt, dass Sin und Sad mit Frei schwebender Zungenspitze (dem s1 entsprechend) gebildet werden, Noun mit gebundener.\nDie Lippen haben zwei Articulationsstellen, eine f\u00fcr Mim, Ha und Waw, die andere f\u00fcr Fa.\nAlles dies ist ohne weitere Erkl\u00e4rung verst\u00e4ndlich uud es er\u00fcbrigt nur noch ein allgemeiner R\u00fcckblick auf das Lautsystem des Arabischen. Die Zahl der demselben angeh\u00f6rigen Yocallaute kann ich nicht mit Sicherheit angeben, und es m\u00f6chte dies wohl der vielen \u00dcberg\u00e4nge halber auch f\u00fcr einen Kenner der Sprache selbst Schwierigkeiten haben. Es ist mir erschienen, als ob bei denselben nicht allein der Vocallaut und sein Timbre variiere, sondern selbst die Tonh\u00f6he innerhalb weiterer Grenzen schwanke, als dies in den meisten abendl\u00e4ndischen Sprachen der Fall ist. Was die Consonanten anlangt, so finden wir, abgesehen von den Kehlkopflauten Ha, He, Ain und Harnze, als einfache Elemente die Verschlusslaute 6*, f1, d1, ft1, ft2, gl, die Reibungsger\u00e4usche f2, tc1, sl, s4, is1, is4, x2, %3, y\\ y2, y3, das l1, die Zitterlaute r, \u00a3 und q, und die Resonanten \u00abi1, n1 und n, letzteres durch Noun in gewissen Verbindungen ausgedr\u00fcckt.\nVon diesen einfachen Elementen kommen %2 und y2 nur in den Verbindungen [s1#2] und d'lz'y2] vor, %3, y3, \u00a3 und q nur in den Verbindungen [^3|] und [y3p].\nXI. Abschnitt.\nSystematische Bestrebungen der neueren Zeit.\nUnter den Systemen der neueren Zeit ist das \u00e4lteste mir bekannte das von J. Wallis, welches 1653 zuerst ver\u00f6ffentlicht wurde. 32) . Er theilt die Vocale wie die Consonanten in Gutturales, Palatinos und Labiales, und in jeder dieser Gruppen unterscheidet er wiederum je nach der Mund\u00f6ffnung drei verschiedene Vocale, so dass er im ganzen 9 z\u00e4hlt. Bei den unzurei-\n33) a. a. 0. 35.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"103\nchenden Grundlagen dieses Systems musste dasselbe nothwendig mangelhaft ausfallen und wir brauchen hier nicht n\u00e4her auf dasselbe einzugehen. Dagegen verdient sein System der Consonanten die gr\u00f6fste Aufmerksamkeit. Er hat hier ebenfalls drei Abtheilungen, Labiales, Palatinae und Gutturales, die unseren drei Doppelreihen entsprechen. In jeder Reihe unterscheidet er Muta und Semimula (tonlosen und t\u00f6nenden Verschlusslaut), Aspirata (Reibungsger\u00e4usch) subtilior und pinguior, jede von beiden tonlos und t\u00f6nend; ferner den Semivocal (Resonanten) und endlich in der Palatalreihe noch das R und das L.\nIn der Labialreihe sind demnach zusammengeordnet: p, b, f, englisch \u00ae, englisch w (als Aspirata pinguior) und m.\nIn der Palatalreihe: l, d, hartes (tonloses) s, weiches (t\u00f6nendes) s (beide als Aspirat\u00e4 subtilior), hartes th der Engl\u00e4nder, weiches th der Engl\u00e4nder (beide als Aspirata pinguior), n, l und r.\nIn der Gutturalreihe : ft, g, % {che), das Ghaf der Perser, was nach Wallis die Schotten in light und night und die Iren in logh sprechen, Jot, h (letztere beide als Aspiratae pinguiores) und das A nasale {n unserer Bezeichnung). Vom [sx\\ {sehe) wusste Wallis bereits, dass es ein zusammengesetzter Laut sei, der sich in dem System der einfachen Sprachlaute nicht unterbringen l\u00e4sst.\nWenn man davon absieht, dass das h f\u00e4lschlich an der Stelle des vorderen % eingereiht ist, so kann man nicht genug den Tiefblick bewundern, mit welchem der ber\u00fchmte Geometer und Sprachforscher die Consonanten anordnete, und man begreift kaum, wie sich, nachdem ein solches Beispiel gegeben war, die Verwirrung in unseren Grammatiken bis auf den heutigen Tag fortpflanzen konnte.\nWie wenig Wallis verstanden wurde, sehen wir unter anderem daran, dass Amman, der doch nicht wie viele andere \u00fcber die Sprachlaute schwatzte, sondern gr\u00fcndliche Studien \u00fcber sie gemacht, ja, wie er versichert, selbst\u00e4ndig den Taubstummenunterricht erfunden hatte, in einem von Amsterdam aus an ihn gerichteten Briefe sagt, er wundere sich, dass Wallis nicht bemerkt habe, dass sein sh {sehe [s %] ) nichts sei als ein st\u00e4rkeres s und keineswegs ein zusammengesetzter Laut.","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nDer gelehrte Court de Gehelin wusste mehr als hundert \u2022Jahre sp\u00e4ter die Consonanten der franz\u00f6sischen Sprache nicht besser anzuordnen als folgendermafsen 33) :\n\tStarke:\tSchwache :\n1. Labiale\tP\tb\n2. Dentale\tt\td\n3. Nasale\tn\tm\n4. Linguale\tr\tl\n5. Gutturale\tca\tgd\n6. Siflante\ts, ce\t55, t (Z\n7. Chuintante\tch\tJ-, ge\n8. Labio-dentale\tf\tV\n9. Mouill\u00e9\till\tgn\n10. Gutturale-siflante\tce\t\n11. Gutturo-labiale\tque\tgu\u00e9\nAufserdem giebt er drei analoge Tabellen \u00fcber die hebr\u00e4ischen, chinesischen und arabischen Cons\u00f6nanten.\nKempelen, der sich \u00fcber diese unlogische Einleitung mit Recht wenig g\u00fcnstig ausspricht ai), theilf die Consonanten in\n1.\tganz stumme: p, t, k;\n2.\tWindmitlauter : f, h, ch, s, sch;\n3.\tStimmmitlauter : b, d, g, l, in, n, r;\n(Die Stimmmitlauter theilt er wieder in einfache und ziisain-mengesetzte. Als letztere bezeichnet er die drei Medien, weil sich bei der Hervorbringung ihres Lautes die Lage der Mundtheile \u00e4ndert.)\n4.\tWind- und Stimmmitlauter weiches s, franz\u00f6sisch j und deutsches j.\nDiese Eintheilung hat vom Standpuncte d\u00e9s Erfinders und Erbauers einer sprechenden Maschine aus gewiss ihre volle Berechtigung; sie ist aber aufserdem dadurch interessant, dass hier Bas gegenseitige Yerh\u00e4ltn's von Stimme und eigenem Ger\u00e4usch der Consonanten als wesentlicher Einlheilungsgrund auftritt und dadurch eine Beziehung zwischen Medien und Liquiden aufgedeckt wird, die in anderen Systemen weniger zu Tage liegt.\nss) Monde primitif analys\u00e9 et compar\u00e9 avec le rnofide moderne, ou origine du, language et de V \u00e9criture. Paris , 1757. 4, Chapt. IV, p. 13t. s\u2018) a, a. O. 223.","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"105\nVocale unterschied Kempelen zw\u00f6lf. Er ordnete sie nach der Weite des Zungencanals, d. h. bei ihm des Raumes zwischen Zunge und Gaumen, folgendermafsen an: i, \u00fc, e, e, \u00f6, tiefes a der Ungarn, a der Deutschen, a des Lateinischen, \u00e4, au der Franzosen, o der Franzosen, w, ferner nach der Gr\u00f6fse der Mund\u00f6ffnung u und \u00ab , au der Franzosen und \u00f6, i und e, e, o der Franzosen, tiefes a der Ungarn, a der Deutschen, a des Lateinischen, \u00e4.\nIm Jahre 1812 ver\u00f6ffentlichte du Bois-Reymond, der Vater, in den Musen35), zwei Fragmente aus einem von ihm angek\u00fcndigten Werke \u00ab Cadmus oder allgemeine Alphabetik \u00bb, das leider nicht erschienen ist. In dem ersten dieser Fragmente, das von den Vocalen handelt, sind dieselben ihrer nat\u00fcrlichen Verwandtschaft gem\u00e4fs zusammengestellt :\ne ------ i\t\u2014\n\u2022\t*\u25a0\n\u2022 . * \u00f6------\u00fc\t-\n\u00d9-------- u\t-\nEr scheint zu dieser naturgem\u00e4fsen Anordnung nur durch eine scharfsinnige Betrachtung und richtige W\u00fcrdigung der Bewegungen der Zunge und der Lippen gef\u00fchrt worden zu sein.\nIn dem zweiten Fragmente, das von den Consonanten handelt, stellt er sieben Reihen derselben in folgender Weise tabellarisch auf:\nHemmungen.\tgeschlossene\tengoffene\t\u25a0weitoffene\ttrillernde\n/. Labiolabial.\tb\tv> (englisch)\t\tr (ironisch)\n2. Labiodental.\t\tw\t\t\n3. Linguodental.\tge (italienisch)\t2 (franz\u00f6sisch)\t3 (franz\u00f6sisch)\tr (polnisch)\n4. Lim;uopalatal ant\u00e9rieure\td\tth (englisch)\t\tr\n5. Palatale laterale\t\tl mouill\u00e9\tl\t\n6. Palatale moyenne.\tge (norddeutsch)\tJ\t\t\n7. Palatale post\u00e9rieure.\tff\t3 (spanisch)\t\tr (schnarrend)\n\u201c5) Norddeutsche Zeitschrift, redigiert von de la Alotte-Fouqu\u00e9.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nEs muss bemerkt werden, dass du Bois von seiner Tabelle die Semicocales (Resonanten) ausschloss und ebenso die tonlosen Consonanten als blofse Modificationen der entsprechenden t\u00f6nenden.\nIm Jahre 1824 erschien in Gilbert\u2019s Annalen das System von Chi ad ni36). Seine so ber\u00fchmt gewordene Vocaltafel ist nur eine Erweiterung der von du Bois zw\u00f6lf Jahre fr\u00fcher aufgestellten, ja eine \u00e4hnliche Erweiterung war bereits von du Bois selbst besprochen worden37). Die Vocaltafel lautet:\nM --- \u00dc ---- *\nEine Erkl\u00e4rung derselben ist nach dem, was ich im dritten Abschnitte \u00fcber die Vocale gesagt habe, wohl nicht n\u00f6thig.\nDie Consonanten theilte er ein:\n1.\tVerschlusslaute :\nLippenverschlusslaut : b und p,\nGaumenverschlusslaut: <Jund\u00a3,\nKehlenverschlusslaut: g und &;\n2.\tNasenlaute :\nLippennasenlaut: m,\nGaumennasenlaut: n,\nKehlennasenlaut: n (n nasale, % unserer Bezeichnung) ;\n3.\tStemmlaute :\nLippenstemmlaut: f,\nZungenstemmlaut: l,\nGaumenstemmlaut: j ;\n4.\tZischlaute :\nLippenzischlaut: w,\nZungenzischlaut: s (hart und weich),\nGaumenzischlaut : sch (hart und weich),\nKehlenzischlaut: cA;\n5.\tZitterlaute:\nLippenzitterlaut,\nZungenzitterlaut: r,\nKehlzitterlaut: r uvulare,\n6.\tHauchlaut A.\n\u2022*) Bd. 76, S. 187.\n\u201c') Biester\u2019s neue berlinische Monatsschrift. Novemberst\u00fcck von 1811-","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"107\nIn diesem System bilden die Verschlusslaute, die Nasenlaute (Resonanten) und die Zitterlaute symmetrische und vollst\u00e4ndig gegliederte Gruppen. Dagegen sind die Stemmlaute und die Zischlaute offenbar g\u00e4nzlich verfehlt.\nPurkine (1836) theilt die Sprachlaute zun\u00e4cht in tonlose und betonte (t\u00f6nende), demn\u00e4chst nach der St\u00e4rke des Luftstromes in gelinde, mittlere und starke. Nach der Einwirkung der Enge oder Verschluss bildenden Mundtheile in offene, bewegte und geschlossene. Nach der Dauer in kurze und verl\u00e4ngerte. Endlich nach dem Organe in:\nI.\tStimmritzenlaute (aoni glottidia),\nII.\tKehldeckel-Schlundlaute (epigloltido-pharyngei),\nIII.\tZungenwurzel - Gaumensegellaute (radicis linguae et veli palatini),\nIV.\tGaumensegel-Choanenlaute (choano-velales),\nV.\tZungenr\u00fccken - Hartgaumenlaute {dorai linguae et palati duri),\nVI.\tZungenrand-Gaumenlaute {marginis linguae et palati darf),\nVII.\tZungenspitz-Gaumenlaute {cuspidis linguae et palati),\nVIII.\tZungenspitz-Gaumenlaute {cuspido-denlales),\nIX.\tLippenzahnlaute {labio-dentales),\nX.\tLippenlaute {labiales).\nDie einzelnen Laute bezeichnet er dann nach der Art der Action n\u00e4her als Hauchlaute, Sauselaute, Dr\u00e4nglaute, Drucklaute, Bl\u00e4hlaute, Schn\u00fcffellaute u. s. w. Es muss zur Verst\u00e4ndigung dar\u00fcber bemerkt werden, dass die ganze Betrachtungsweise Purkine\u2019s von der, in welche ich den Leser einzuf\u00fchren gesucht habe, vollst\u00e4ndig verschieden ist. Wir haben die Laute nur in so weit betrachtet, als sie bestimmten Stellungen der Mundorgane entsprechen. Purkine aber stellt an sein Sprachelement durchaus nicht die Anforderung, dass die Mundtheile dabei in Ruhe sein sollen, sondern betrachtet den wechselnden Laut der Sprache im Zusammenh\u00e4nge mit den Bewegungen, aus denen er hervorgeht. So sind bei ihm ts und dz Dr\u00e4ngelaute, indem ein Verschluss durchbrochen und dann die Luft durch die gebildete \u00d6ffnung gewaltsam hindurch gedr\u00e4ngt wird; so sind gn, kn, ghn, kchn, dn, tn, dhn, tchn, hm, pm, bhm, pchm","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nbei ihm eigene Laute, welche durch Schliefsen und \u00d6ffnen der Gaumenklappe hervorgebracht werden; so nennt er das, was wir als m betrachtet haben, einen Nasenvocal, und sagt, dass erst durch Verbindung desselben mit der explosiven Action der Lippen der Consonant m entstehe u. s. w.\nDieser \u00fcbrigens sehr verbreiteten Auffassungsweise gegen\u00fcber habe ich die meinige schon in dem bisherigen gelegentlich au rechtfertigen gesucht und werde sp\u00e4ter, wo von der Schrift gehandelt wird, noch wiederum darauf zur\u00fcckkommen.\nMein hochverehrter Lehrer, Hr. Joh. M\u00fcller, stellt in den Untersuchungen \u00fcber die Sprache, welche er in seinem Handbuche der Physiologie niedergelegt hat, kein eigenes System der Vocale auf. Die Consonanten theilt er folgendermafsen ein:\nA)\tin Consonanten mit strepitm aei/ualis seu continuas. Diese\nsind:\n1.\tContinuae orales durch den ganz offenen Mundcanal ; einziger Repr\u00e4sentant das A,\n2.\tContinuae nasales durch den ganz offenen Nasencanal: m, n und n (je unserer Bezeichnung),\n3.\tContinuae orales durch klappenartige Opposition von Mundtheilen gegen einander : f, ch, sch, s (aus denen durch Mitt\u00f6nen der Stimme w, Jot, franz. je und weiches s entwickelt werden), r und l (welche letztere gleichfalls tonlos und t\u00f6nend hervorgebracht werden);\nB)\tin Consonanten mit strepidus e.cplosivus :\n1.\tExplosicae simp lices b, d, g,\n2.\tExplosicae aspiratae p, t, k.\nEiner besonderen Untersuchung m\u00fcssen wir noch das von Alexander John Ellis in seinen Essentials of phonetics nieder-gelegte System unterziehen, da dasselbe die Grundlage einer bereits mehrfach angewendeten phonetischen Schreibweise bildet.\nDie Vocaltafel von Ellis ist der von du Bois und von Chladni analog gebildet, indem 17 Vocale in drei Reihen zu einer Pyramide angeordnet sind, deren Basis die drei Vocale i, \u00fc und u bilden ; aber an der Spitze der Pyramide, noch \u00fcber den A-Lauten, steht der unbestimmte Vocal, oder, wie ihn Ellis nennt, der Ur- (Original-) Vocal.\nDies ist ein offenbarer Misgriff, denn der unbestimmte Vocal ist ebenso weit von \u00ab, wie von jedem anderen Vocale entfernt.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"109\nWill man ihn in einem figurierten Vocalsystem unterbringen, so muss die Figur k\u00f6rperlich sein. Er muss in der Spitze einer dreiseitigen Pyramide liegen, deren Basis die Yocaltafel mit den drei Ecken i, a und u bildet, so dass der unbestimmte Yocal mit steigender Deutlichkeit in jeden der bestimmten und vollkommen gebildeten Yocallaute \u00fcbergef\u00fchrt werden kann, ohne den Ort eines anderen derselben zu ber\u00fchren. In einer solchen Vocalpyramide, die sich aber auf dem Papier, d. h. in der Ebene nicht wohl darstellen l\u00e4sst, w\u00fcrden auch die fr\u00fcher von mir besprochenen unvollkommen gebildeten Vocale untergebracht werden k\u00f6nnen.\nDer MisgrifF, den unbestimmten Vocal in die Vocaltafel einzureihen, r\u00fchrt \u00fcbrigens eigentlich von Rapp 3S) her, der ihn zwischen a und \u00f6 stellte, und den Ellis, wie er selbst sagt, vielf\u00e4ltig benutzt hat.\nIn R\u00fccksicht auf Dr. Rapp\u2019s eigenes System muss ich den Leser auf dessen Werk verweisen, da es der Raum dieser Abhandlung nicht gestattet, den tabellarischen Anordnungen einen so ausf\u00fchrlichen Commentar mitzugeben, wie es n\u00f6thig sein w\u00fcrde, um den Verfasser vor einer ungerechten Beurtheilung zu sch\u00fctzen, der seine gelehrte und m\u00fchevolle Arbeit verm\u00f6ge der dunkeln und oft allegorischen Ausdrucksweise ohnehin nur zu Idcht verf\u00e4llt.\nEllis unterscheidet aufser den langen und kurzen Vocalen und den Diphthongen die Coalescenls (englich w und englisch y, welches er f\u00fcr identisch mit Jot der Deutschen h\u00e4lt), neun Hauche (1. Spiritus lenis; 2. 3. 4. 5. 6. f\u00fcnf Arten der Aspiration oder des h, darunter die Sanskritaspiration und das Ha der Araber; 7. Han\u00efze der Araber; 8. Hiatus; D. Ain der Araber) und die Consonanten, welche er wieder eintheilt in:\nExplodents;\nP, b, t, d,k, g ;\nContinuantst\nf, v, englisch hartes th und weich th, hartes s und weiches s, deutsch sch, franz\u00f6sich je, deutsch ch und einen entsprechenden weichen Laut, f\u00fcr den er das y in K\u00f6nig als Beispiel anf\u00fchrt;\nLiquidst\nr, l, m, n und n nasale (n unserer Bezeichnung).\n\u25a0**) Versuch einer Physiologie der Sprache. Stuttgart u. T\u00fcbingen, 1836.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"no\nAufserdem lheilt Ellis sowohl die Vocale als die Conso-nanten nach den Organen ein, verm\u00f6ge welcher sie gebildet werden. Bei den Vocaleti basiert dies wie im Sanskrit darauf, dass * palatal, a guttural und u labial ist. Die Zwischenlaute zwischen i und a werden als postpalatal bezeichnet, was in \u00e4hnlichem Sinne nicht unpassend erscheint; dagegen aber sehe ich nicht ein, weshalb die Zwischenlaute zwischen a und u als postlabial bezeichnet werden. N\u00e4her m\u00fcssen wir auf die nach den Organen ein-getheilten Consonanten eingehen.\nExp loden t s:\n1.\tLabial explodents: p und 6;\n2.\tDental explodents : e und d, bei denen die Zunge am Zahnfleisch der Oberz\u00e4hne schliefsen soll-,\n3.\tPalatal explodents : t und d. bei denen die Zungenspitze an der Mitte des harten Gaumens schliefsen soll; dies soll auffallender Weise das d sein, welches sich mit Jot verbindet, indem der Zungpnr\u00fccken gehoben wird, w\u00e4hrend die Zungenspitze in ihrer Lage bleibt.\nHier wird ausdr\u00fccklich das t und d des B\u00f6hmischen angef\u00fchrt, w\u00e4hrend Czech39) diese Laute als dorsal gebildet beschreibt, was nach dem, was wir \u00fcber die mouillierten Laute bereits kennen gelernt haben, auch viel nat\u00fcrlicher ist ;\n4.\tPostpalatal explodents : t und d, bei denen die Zunge nach aufw\u00e4rts umgebeugt wird, so dass sie mit ihrer unteren Fl\u00e4che den Gaumen ber\u00fchrt, entsprechend unserem t2 und ri2;\n5.\tPharyngal explodents'. c (k) und g. Ferner beschreibt Ellis unter dieser Rubrik einen tonlosen und einen t\u00f6nenden Laut, von dem er sagt, er sei halb eine Continua, indem er in den Laut von Jot oder englisch y \u00fcbergehe. Die Beschreibung der Mundstellung zeigt, dass Ellis das vordere \u00c4 und das vordere g meint, und die Beispiele, welche er anf\u00fchrt, die franz\u00f6sischen Worte quelque, qu\u00eate und queue enthalten in der That nichts von einem Jof-Laute. Ellis h\u00e4lt, wie oben erw\u00e4hnt, diese Laute f\u00fcr das c und g der Palatalreihe des Sanskrit, das heifst, er ist der Meinung, dass \u00e9 und g der Palatalreihe fr\u00fcher einmal den Lautwerth von k1 und g1 nach unserer Bezeichnung hatten.\n8') Versinnlichte Denk- und Sprachlehre. Wien, 1838. S. 88 und 92.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Ill\nContinuants:\n1.\tLabial continuants: to (englisch w in way), v (wx unserer Bezeichnung, welches Ellis irrth\u00fcmlicher Weise f\u00fcr das gew\u00f6hnliche deutsche w h\u00e4lt), at (ein Laut, den die Engl\u00e4nder f\u00e4lschlich statt des ou im franz\u00f6sischen Oui hervorbringen), f und r (f1 und w2 unserer Bezeichnung) ;\n2.\tDental continuants: das harte und weiche th der Engl\u00e4nder ;\n3.\tPalatal continuants : hartes und weiches s, bei dem die Spitze der Zunge nahe an den Z\u00e4hnen, der gerundete R\u00fccken derselben nahe am Gaumen liegt. Hier ist auch der Verbindung des s mit Jot unter dem Namen des geschw\u00e4chten s erw\u00e4hnt;\n4.\tPostpalatal continuants: deutsches sch und franz\u00f6sisches je ;\n5.\tPharyngal continuants : englisch y (den entsprechenden tonlosen Laut dazu findet Ellis in den englischen W\u00f6rtern kew und human), k und g (das ch in Milch und das g in Regierung , letzteres offenbar nach norddeutscher Aussprache, bei welcher es sich dem Jot n\u00e4hert oder in dasselbe \u00fcbergeht ; die Laute ft und g sind also %l und y1 unserer Bezeichnung), endlich ft und g, wof\u00fcr das deutsche ch in Buch (%2) und das Ohimel der Hebr\u00e4er als Beispiele angef\u00fchrt werden.\nLiquids:\nA) Oral-Liquids:\n1.\tLabial or Lip - Liquids : Zitterlaut der Lippen ;\n2.\tLateri-Lingual-Liquids: l. bei dem die Zunge gegen die Oberz\u00e4hne oder deren Zahnfleisch gestemmt ist, ist nach Ellis Meinung das i der Polen, l (gew\u00f6hnliches l der Engl\u00e4nder, bei dem die Zunge weiter oben gegen den Gaumen gestemmt ist), L mouill\u00e9 wird durch Hebung des Zungenr\u00fcckens und dadurch hervorgebrachten Jo\u00a3-Laut aus dem vorigen entwickelt ;\n3.\tTip - tongued Liquids: R linguale ; dasselbe kann mouilliert d. h. mit Jot verbunden werden. Ellis bemerkt dabei, dass er hierf\u00fcr kein Beispiel in lebenden Sprachen aufzufinden wisse; wir haben aber solche bei Gelegenheit der mouillierten Laute in slavischen Sprachen kennen gelernt. Hier wird auch die tontose und t\u00f6nende Verbindung von r und sch an-","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\ngef\u00fchrt, welche dadurch entstehen soll, dass bei der Hervor-bringung des sch oder franz\u00f6sisch je (|> %] oder [sjr]) die Zungenspitze vibriert. Es ist aber unm\u00f6glich, dass ein r linguale und ein [s%] oder [zy] wirklich gleichzeitig hervorgebracht werden k\u00f6nnen, gerade so wie es unm\u00f6glich ist, ein r linguale gleichzeitig mit einem harten oder weichen s hervorzubringen, denn der- vordere Theil der Zunge kann nicht zu gleicher Zeit als Klappe vibrieren und die Enge f\u00fcr das s bilden. Die wahre Natur dieser Laute haben wir bereits kennen gelernt, wo von den zusammengesetzten Consonanten, insonderheit vom f der Czechen gehandelt wurde; wir haben gesehen, dass der Zitterlaut dem Reibungsger\u00e4usche vorhergeht, aber bei guter Aussprache nur zwei oder drei Vibrationen hat;\n4. Root-tongued Liquids: r durch Zittern der Zungenwurzel mit oder ohne Mitwirkung des Z\u00e4pfchens, wovon Ellis zwei Arten unterscheidet, die sich zu einander wie das ft und ft seiner Bezeichnung verhalten sollen, was mir nicht vollst\u00e4ndig klar geworden ist.\nB)Nasal-Liquids:\n1.\tLabial'.\n2.\tDental', n, entsprechend dem A und l\\\n3.\tPalatal: n, gew\u00f6hnliches n, bei dem die Zungenspitze am vorderen Theile des Gaumens anliegt. Von diesem leitet Ellis das N mouill\u00e9 ab, wie er von dem entsprechenden l das L mouill\u00e9 ableitet;\n4.\tPostpalatal: n, entsprechend unserem n2 :\n5.\tPharyngal: N nasale, d. h. das n, wie es im Deutschen vor g und ft gesprochen wird (jr unserer Bezeichnung).\nVon Lepsius ist in neuerer Zeit ein allgemeines Alphabet aufgestellt worden, welches er f\u00fcr die Transscription aus fremden Sprachen empfiehlt 40). Die Vocale sind zun\u00e4chst nach dem d u Bois-Chladni\u2019schen Schema angeordnet, nur unterscheidet Lepsius zwischen i und a und a und u eine Zwischenstufe mehr als Chladni, wie ich dies in meiner 1849 publicierten Arbeit auch schon gethan habe. Zwischen \u00ab und u, e und o u. s. w. unterscheidet Lepsius wie Chladni nur je eine Zwischenstufe. Demn\u00e4chst bespricht er den sogenannten unbestimmten Vocal. Er sagt\n*\u00b0) Das allgemeine linguistische Alphabet. Berlin, 1855. 8.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"von ihm, dass er den Liquidae und den t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4uschen inh\u00e4riere und dass diese deshalb zuweilen als Sylben bildend auftreten. Hier ist aber der sogenannte unbestimmte. Vocal nichts als der Ton der Stimme selbst. Dass die Laute als Sylben bildend auftreten, beweist durchaus kein vocalisches Element in ihnen, denn man kann gewisse Combinationen aneinandergereihter Consonanten ohne Vocal mit Leichtigkeit und Sicherheit aussprechen, indem man aus der Stellung f\u00fcr jeden einzelnen Consonanten in die f\u00fcr den n\u00e4chstfolgenden \u00fcbergeht, ohne dabei die Stellung von irgend einem Vocale zu passieren. Wirkliche Verschmelzung eines Consonanten mit einem Vocal findet sich nur in den Combinationen [uw1] und \\iyx] : sucht man dagegen z. B. a mit den verschiedenen Vocalen zu verschmelzen, so bemerkt man, dass man ihm zwar durch Erhebung der Zunge und des Kehlkopfes einen helleren, durch Herabsenken des Kehlkopfes und Verschieben der verengten Mund\u00f6ffnung einen dumpferen Ton geben kann, dass aber keine wahren Vocale zu Stande kommen, weil sich deren Bedingungen in ihrer Totalit\u00e4t nicht gleichzeitig mit der Enge f\u00fcr das s hersteilen lassen, und \u00e4hnlich verh\u00e4lt es sich mit allen \u00fcbrigen t\u00f6nenden Consonanten.\nAufserdem wird die Nasalierung und die Quantit\u00e4t der Vocale besprochen.\nDie Consonanten sind in sieben Reihen getheilt: Faucales, Gutturales, Palatales, Cerebrales, Linguales, Dentales, Labiales-, die einzelnen Reihen zerfallen -wieder in Explosivae oder Dividuae (orales und nasales), Fricativae oder Continuae und Liquidae. Die Explosivae orales sind unsere Verschlusslaute, die Explosivae nasales unsere Resonanten, die Fricativae unsere Reibungsger\u00e4usche, die Liquidae unsere r- und /-Laute.\nBeginnen wir mit der Faucalreihe.\nHier sehen wir das Ain der Araber als Explosiva oralis fortis. Es kommt dadurch in eine Verticalreihe zu stehen mit den stummen Consonanten ft, t und p. Das Ain ist aber kein tonloser Laut, sondern ein t\u00f6nender. Das Ain ist ferner keine Explosiva in dem Sinne wie p, t und ft, sondern wird von den arabischen Orthoepisten unseren Liquidis angereiht und kann in der That so gut wie l und r continuierlich hervorgebracht werden, und endlich ist es kein Faucallaut, sondern ein Gutturallaut, indem es im Kehlkopf gebildet wird.\nE, Br\u00fccke, Phyaiol. u. Syst. d. Sprachlaute.\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"tu\nAls Explosiva oralis lents sehen wir den Spiritus lenis der Griechen, dem Lepsius das Elif der Araber gleichstellt. Der Spiritus lenis kommt hierdurch in eine Verticalreihe mit b, d, g und m\u00fcsste also der entsprechende t\u00f6nende Laut zu dem tonlosen Laute Ain sein, was schon deshalb nicht m\u00f6glich ist, weil Ain selbst ein t\u00f6nender Laut ist.\nAls Fricatime sen continuas, dieser Reihe werden die beiden Hauptarten des h, das Ha der Araber und das gew\u00f6hnliche h, aufgestellt.\nDie Laute der zweiten Reihe f\u00fchren bei Lepsius den Namen der Gutturalen, und hier finden wir diejenigen, welche zwischen Zungenwurzel und Gaumensegel gebildet werden. Guttur ist aber, wenn es nicht blofs den vorderen Theil des Halses, sondern ein inneres Organ bedeutet, der Kehlkopf oder auch der Kehlkopf sammt der Luftr\u00f6hre, und doch steht in dieser Reihe kein einziger Consonant, der vom Kehlkopfe ohne Reih\u00fclfe anderer Organe gebildet wird. Da sich in dieser Reihe mehrere Laute finden, welche im Isthmus faucium gebildet werden, so k\u00f6nnte man glauben, dass durch einen Druckfehler die Renennung Fau-cales vor die eiste anstatt vor die zweite und die Renennung Gutturales vor die zweite anstatt vor die erste Reihe gesetzt sei ; aber Seite 34 heifst es; \u00abEs ist leicht zu bemerken, dass wir diesen Hauch (das A) hinter dem Gutturalpuncte sprechen und zwar unmittelbar am Kehlkopfe.\u201d Es geht hieraus also hervor, dass Lepsius unter Guttur nicht den Kehlkopf und die Luftr\u00f6hre, sondern die Gegend zwischen Zunge und Gaumensegel versteht. Es ist zwar ein durch das Alter geheiligter Misbrauch, alle Laute, die nach r\u00fcckw\u00e4rts von der Mittelzunge gebildet werden, als Gutturalen zu bezeichnen, aber man sollte doch wenigstens nicht die wahren Gutturalen unter dem Namen der Faucales von ihnen abtrennen und den nun ganz unrichtigen Namen auf den \u00fcbrigen h\u00e4ngen lassen.\nWir finden in dieser zweiten Reihe das hintere k mit einer Sonderbezeichnung f\u00fcr das Kaf der Araber und das hintere g. Hiermit ist zusammengestellt das n in enge und singing ; dies ist aber ein offenbarer Misgriff, da dieser Laut in die folgende, die Palatalreihe geh\u00f6rt. Zu dem hintern k und g geh\u00f6rt das n in Schwung und im englischen monk, das jr2 unserer Rezeichnung. Als Fricatime dieser Reihe werden aufgef\u00fchrt einerseits das","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"eh in Ach, andererseits das neugriechische Gamma in ysyvQcc und das Ghain der Araber. \u00dcber das Verh\u00e4ltnis dieser beiden letzteren Laute zu einander habe ich mich bereits fr\u00fcher ausgesprochen. Als Liquida ist dieser Reihe das r uvulare zugetheilt : sie enth\u00e4lt also Laute von s\u00e4mmtlichen drei Nummern meiner K-und G-Reihe.\nDie dritte oder Palatalreihe entspricht im Allgemeinen der Nro. i meiner K- und G-Reihe, aber es fehlt dieser Reihe ihr Resonant, der f\u00e4lschlich in die vorige gesetzt ist, und an seiner Stelle ist das n in dem italienischen gnudo eingeschaltet. Dies ist das n mouill\u00e9 der Franzosen und das n con tilde der Spanier. Ich habe fr\u00fcher nachgewiesen, dass in diesem Laute n und I con-sona aneinandergef\u00fcgt sind, und er kann mithin nicht unter die einfachen Sprachlaute eingereiht werden. Eben so wenig kann ich die Einreihung des L im italienischen gli, d. h. des L mouill\u00e9, in diese Reihe billigen. F\u00fcr das t\u00f6nende Reibungsger\u00e4usch dieser Reihe ist kein Beispiel angef\u00fchrt; dagegen steht die I consona der Deutschen, identificiert mit dem y der Engl\u00e4nder, als Halb-vocal in derselben.\nDie vierte Reihe ist die der Sanskrit - Cerebralen mit Ausschluss der Aspiraten. Als t\u00f6nendes Reibungsger\u00e4usch ist das % im polnischen pozno eingeschaltet. Es ist dies der t\u00f6nende Laut zu dem s, wovon Abschnitt VI und VIII bereits gehandelt ist.\nIn dieser Reihe stellt Lepsius auch den eigenth\u00fcmlichen L-Laut des Veda-Dialects auf, worin er der von B\u00f6tlrlingk (Bemerkungen zur zweiten Auflage von Bopp\u2019s Sanskrit - Gram-\u2018matik, aus dem Bulletin historico - philologique, Tom, HI, Peersburg, 1855) ge\u00e4ufserten Ansicht gefolgt ist.\nDie Laute der f\u00fcnften Reihe nennt Lepsius die Linguales. Sie besteht aus Lauten, welche dein Arabischen entnommen sind, und beginnt mit dem Tha. Lepsius sagt Seite 39: \u00abDie Lin-gualclasse geh\u00f6rt ausschliefslich der arabischen und verwandten Sprachen an. Sie wird gebildet, indem die breite Zunge, mit nach unten gebogener Spitze den ganzen vorderen Raum des harten Gaumens bis zu den Z\u00e4hnen ber\u00fchrt oder ihm sich n\u00e4hert.\u201d Er hat unstreitig vielf\u00e4ltig Gelegenheit gehabt, sich \u00fcber die Art, wie diese Laute gebildet werden, zu belehren. Die arabischen Orthoe-pisten aber lassen das Tha ebenso wie das Ta mit gegen den vorderen Theil des Gaumens gelegter Zungenspitze, also nach\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nmeiner Bezeichnung alveolar bilden. Ich selbst habe es so bilden gesehen und mich \u00fcberzeugt, dass der Unterschied des Tha vom Ta nicht in der Articulationsstelle lag, sondern in der Dauer des Verschlusses, dem Grade der Luftcompression, dem Nachschlag und der Wirkung auf den bewegenden Vocal. Ebenso erscheinen in der Eintheilung nach den Articulationsstellen, die Wallift mittheilt (vergleiche Abschnitt X: Lautsystem der Araber) Sin und Sad an derselben Stelle, und ich habe mich \u00fcberzeugt, dass der Unterschied auch hier in der Dauer des Lautes (entsprechend der Dauer des Verschlusses beim Tha) in der St\u00e4rke der Luftcompression und in der Art liegt, wie der zugeh\u00f6rige Vocal affieiert wird. Es sind mir sonach die Gr\u00fcnde nicht klar, aus welchen Lepsius die arabischen Buchstaben Tha, Dhad, Sad und Dha (As, ui>, {jO, ii>) den abendl\u00e4ndischen T-, D- und ,S-Lauten, die er Sicht sowohl \u2014 wie es scheint \u2014 in R\u00fccksicht auf die Lage der Zunge als auf die Reibung des Hauches an den Z\u00e4hnen als dental bezeichnet, als Lingualreihe gegen\u00fcberstellt. Er hat dieser Ling\u00fcalreihe auch ein n eingef\u00fcgt, f\u00fcr welches er jedoch kein Beispiel anf\u00fchrt.\nDie nun folgende Dentalreihe enth\u00e4lt das abendl\u00e4ndische t, d, n, l und r. Das Sanskrit-H ist aber bereits in der Cerebral-reih\u00e9 der indischen Anordnung gem\u00e4fs aufgef\u00fchrt worden. Lepsius ist also der Meinung, dass es verschieden von dem abendl\u00e4ndischen articuliert worden sei. Ich weifs nicht, ob hierf\u00fcr noch andere Gr\u00fcnde als die Einf\u00fcgung in die Cerebralreihe sprechen, die ich schon bei Gelegenheit der Sanskrit-Laute zu erkl\u00e4ren gesucht habe. Dieser allein w\u00fcrde mir zu schwach erscheinen, gegen\u00fcber den Schwierigkeiten, welche sich der Bildung des B entgegenstellen ', wenn es aus einer anderen als der bei uns \u00fcblichen Zungenlage hervorgebracht werden soll.\nAls Reibungsger\u00e4usche dieser Reihe erscheinen das tonlose und das t\u00f6nende s, das harte und weiche th der Engl\u00e4nder und aufserdem sch und franz\u00f6sisch j ([s%] und [>y|). Ich habe bereits oben auseinandergesetzt, weshalb ich die Einreihung dieser Consoft\u00e4nten unter die einfachen nicht billigen kann.\nDie letzte, die Labialreihe, enth\u00e4lt p, b, m, f, franz\u00f6sisch v und als Halbvocal das englische double U.\nMax M\u00fcller hat im Jahre 1855 unter dem Titel \u00abTAc languages of the seat of war in the east>y ein nicht nur f\u00fcr","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"den Sprachforscher, sondern auch f\u00fcr den Laien eben so anziehendes und interessantes als lehrreiches Buch ver\u00f6ffentlicht. In diesem theilt er die Consonanten, wie Sextus Empiricus, in Mutae und Semivocales. Die Mutae sind die Tenues und Mediae in der gew\u00f6hnlichen Weise angeordnet. Die Semivocales zerfallen in Flatus sibilantes asperi und lenes, Liquidae und Nasales. Die Flatus asperi entsprechen unseren tonlosen, die lenes unseren t\u00f6nenden Reibungsger\u00e4uschen, die Nasales unseren Resonanten. Zu den Liquidis stellt er aufser r und l noch das englische w, das englische y und das holl\u00e4ndische g in dag. Nach den Organen wird in Labiales, Dentales und Gutturales getheilt. Als Hauche treten hinzu der Spiritus asper und der Spiritus lenis.\nIn R\u00fccksicht auf die Vocale ist zu bemerken, dass Max M\u00fcller den sogenannten unbestimmten Vocal, eben so wie Ellis und Lepsius, bisweilen an Orten sucht, an denen er gar nicht vorhanden ist, sondern an denen die Consonanten einfach aneinander gereiht werden. So f\u00fchrt er an, dass der unbestimmte Vocal nicht geschrieben, aber gesprochen werde in el-m, mar-sh, schis-m, ryth-m, und doch wird niemand in diesen Worten mehr vom unbestimmten Vocal h\u00f6ren als z. B. in written, und sich wiederum bei diesem Beispiele \u00fcberzeugen, dass hier das Vorhandensein eines Vocales zwischen t und n bare Unm\u00f6glichkeit ist, weil die Zunge zwischen t und n ihre Verschluss bildende Position nicht verl\u00e4sst, sondern dem t das n einfach durch Er\u00f6ffnen der Choanen (Rachennasencanal) angereiht wird.\nEs muss ferner bemerkt werden, dass Max M\u00fcller das e und o f\u00fcr Diphthonge h\u00e4lt, die sich von den wahren Diphthongen wie englisch 1 und ou in out nur dem Grade nach unterscheiden. Es ist kaum begreiflich, wie ein Mann von Max Muller's Geist, nachdem er die Untersuchungen von Willis gelesen hatte, noch einen solchen, wenn auch noch so verbreiteten Irrthum vertheidigen konnte. Der Grund dieses speciellen Irrthums ist, wie mir scheint, ein anderer Irrthum von gr\u00f6fserer Tragweite, den er leider mit vielen anderen Sprachforschern theilt, welche der Meinung sind, dass die Natur eines Sprachlautes ermittelt werden k\u00f6nne auf dem Wege der historischen und comparativ philologischen Forschungen, denn nur diese k\u00f6nnen hier mit der theoretical analysis gemeint sein, auf welche sich der Verfasser beruft. Diese ermittelt, wie die Laute in verschiedenen Zeiten und","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"ns\nbei verschiedenen V\u00f6lkern einer an die Stelle des anderen getreten sind; aber wenn dies auch noch nach viel unwandelbareren Gesetzen gesch\u00e4he, als es in der That geschieht, so w\u00fcrde doch die Analyse der einzelnen Laute in R\u00fccksicht auf die Bedingungen, durch welche sie zu Stande kommen, immer der directen Beobachtung und dem naturwissenschaftlichen Experimente \u00fcberlassen bleiben. Die alten Inder m\u00f6gen sagen, man erhalte e oder o, wenn auf a i oder u so rasch folge, dass der Gutturalvocal sich mit dem Palatalvocal oder mit dem Labialvocal wie Milch und Wasser mische; aber diese Behauptung bleibt unrichtig trotz ihres Alters und w\u00fcrde unrichtig sein, wenn sie auch von den Eltern des Menschengeschlechtes herr\u00fchrte. An die Stelle von a\u00ef mag ai und an die Stelle von ai e treten, aber trotzdem ist dieser Laut so wenig aus \u00ab und i zusammengesetzt, wie 2 aus 1 und 3. Wenn ich ein Pendel hin und her schwingen sehe und es eine Stunde darauf durch die Reibung seiner Bewegung beraubt in seiner Gleichgewichtslage ruhend finde, kann ich deshalb nun sagen, dass seine Gleichgewichtslage aus seinem rechten und linken Elongationsmaximum zusammengesetzt sei? Diesem Pendel sind die Kiefer der V\u00f6lker zu vergleichen, welche an die Stelle der Diphthongbewegungen au und ai das ruhende o und e gesetzt haben.\nDieser Irrthum in R\u00fccksicht auf e und o hat zur Folge, dass er auch das ou im englischen bought, das a im englischen fall u. s. w. zu den Diphthongen z\u00e4hlt.\nEher k\u00f6nnte man versucht sein, \u00f6 und \u00fc zwar nicht als Diphthonge aber als Verschmelzungen, den Consonantenverschmel-zungen [s\u00a3| und \\%y\\ analog, zu betrachten, weil in der That bei ihnen die Lippenstellung wie zum o und m, und die Zungenstellung wie zum e und i vorhanden ist ; aber auch dies hat seine Bedenken, da nicht wirklich alle Bedingungen von e und o, von * und u gleichzeitig vorhanden sind, denn die L\u00e4nge des Ansatzrohres, d. h. die Entfernung von den Stimmb\u00e4ndern bis zur Mund\u00f6ffnung ist beim \u00fc gr\u00f6fser als beim i und kleiner als beim m, beim \u00f6 gr\u00f6fser als beim e und kleiner als beim o. Max M\u00fcller stellt diese Laute, wie viele andere Sprachforscher, unter dem Namen der gebrochenen Laute (Grimm\u2019s Umlaute) in eine eigene Abtheilung, in der er ihnen das \u00e4 anreiht und ein modificiertes *, welches in tatarischen Sprachen Vorkommen und","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"119\nsich in R\u00fccksicht auf die Lautgesetze dem \u00e4, \u00f6 und \u00fc anreihen soll. Er gibt aber keine n\u00e4here Beschreibung von seiner Bildung, sondern nennt es nur softening of the i, wich is said to be like the sound of i in w i 11. Das i in will ist aber ein ganz gemeines, kurzes, unvollkommen gebildetes i. Im System f\u00fchrt er als Beispiel f\u00fcr das gebrochene i das ie in Diener an, w\u00e4hrend er f\u00fcr das gew\u00f6hnliche lange i das ea im englischen neat anf\u00fchrt. Das ea in neat ist aber von dem ie in Diener nach der jetzigen Aussprache in nichts verschieden, und der letztere Laut hat mit dem \u00e4, \u00f6 und \u00fc nichts gemein. Das Zeichen e, welches in Diener jetzt nur noch Dehnungszeichen f\u00fcr das i ist, wird freilich auch gebraucht, um den Umlaut von a, o und u anzuzeigen, indem man ae, oe, ue f\u00fcr \u00e4, \u00f6 und \u00fc schreiben kann; aber eine solche conventioneile Schreibweise, gleichviel ob alt oder neu, kann doch unm\u00f6glich zur Annahme einer organischen Lautverwandtschaft Veranlassung geben, denn ae soll ja nur den Laut bezeichnen, der zwischen a und e, oe den Laut, der zwischen o und e liegt. Die Schreibweise ue ist \u00fcberdies fehlerhaft, da man con-sequenter Weise, wie man ae und oe schreibt, nicht ue sondern ui schreiben m\u00fcsste. Weder das Ohr, noch die Untersuchung der Zungen- und Kehlkopfstellung weist in der jetzigen Aussprache von Diener etwas anderes nach als ein gew\u00f6hnliches langes i. Auch wenn das ie der Deutschen noch wie es fr\u00fcher der Fall war und zum Theil noch jetzt in einzelnen s\u00fcddeutschen Dialecten geschieht, diphthongisch gesprochen w\u00fcrde, so k\u00f6nnte dies die Anreihung an \u00fc, \u00f6 und \u00e4 nicht rechtfertigen, da diese Laute, wie ich hinreichend gezeigt zu haben glaube, keine Diphthonge sind. \u00fc, \u00f6 und \u00e4 bezeichnen ruhende Vocale, w\u00e4hrend ie, als es noch diphthongisch gesprochen wurde, eine Bewegung, den \u00dcbergang aus der Stellung f\u00fcr i in die Stellung f\u00fcr e anzeigte.\nXII. Abschnitt.\nDie phonetische Transscription.\nZum Schl\u00fcsse will ich noch kurz der Grunds\u00e4tze erw\u00e4hnen, welche uns bei der phonetischen Transscription zu leiten haben. Phonetische Transscription nenne ich mit anderen diejenige, bei welcher Laut f\u00fcr Laut transscribiert wird, nicht Buchstabe f\u00fcr","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nBuchstabe. Man strebt hier nach dem Ziele, an die Stelle der l\u00fcckenhaften conventioneilen Alphabete und ihrer unlogischen Anwendung ein vollst\u00e4ndiges Alphabet zu setzen, welches consequent in der Weise gebraucht wird, dass jedes Zeichen \u00fcberall ein und dieselbe Bedeutung hat. So lange wir uns im Kreise der indoeurop\u00e4ischen, semitischen und turanischen Sprachen bewegen, also nicht mit inspiratorischen Sprachlauten, Schnalzlauten u. s. w. zu thun haben, begegnen wir keinen Sprachelementen, welche wir nicht bereits in unserem Systeme kennen gelernt h\u00e4tten. Es w\u00fcrde sich also zun\u00e4chst darum handeln, f\u00fcr die einzelnen Glieder desselben Zeichen festzustellen und mit diesen Zeichen Laut f\u00fcr Laut zu transscribieren. Hier bieten sich aber sogleich zwei verschiedene Wege dar. Sollen wir uns an das conventioneile Zeichensystem anschliefsen und nur dessen L\u00fccken auszuf\u00fcllen suchen, oder sollen wir ein durchweg neues erfinden ? Alle, welche sich bisher mit diesem Gegenst\u00e4nde besch\u00e4ftigten, sind den ersteren Weg gegangen. Wir wollen sehen, welche Gr\u00fcnde daf\u00fcr und dawider sprechen. Die Gr\u00fcnde, welche daf\u00fcr sprechen, liegen nahe :\n1.\tEs ist leichter, sich in ein Zeichensystem hineinzufinden, welches viel mit den vorhandenen bereits bekannten gemein hat, als in ein ganz neues.\n2.\tDie Erfindung eines Alphabetes auf ganz neuen Grundlagen ist kein leichtes Unternehmen; es kann mit gr\u00f6\u00dferem oder geringerem Gl\u00fccke ausgef\u00fchrt werden, und ist als verloren zu betrachten, wenn es nicht so ausf\u00e4llt, dass es sich die allgemeine oder wenigstens eine sehr ausgedehnte Anerkennung erwirbt.\nWenn die Aufstellung eines Alphabets auf neuen Grundlagen sich als nothwendig oder doch sehr n\u00fctzlich zeigen sollte, so w\u00fcrde eben der Versuch gewagt werden m\u00fcssen; es handelt sich also nur um den ersteren der beiden Gr\u00fcnde. Die Realit\u00e4t desselben l\u00e4sst sich nicht bestreiten, aber sein Werth ist in hohem Grade zweideutig. Denn an bekannte Schriftzeichen pflegen sich manche kleinere und gr\u00f6fsere Fehler in der Aussprache zu kn\u00fcpfen, die mit dem Lautwerthe der Zeichen in der Muttersprache Zusammenh\u00e4ngen und denen man nicht ausgesetzt gewesen w\u00e4re, wenn man es von vorn herein mit rein auf physiologische Grunds\u00e4tze basierten Symbolen zu thun gehabt h\u00e4tte. Wie soll man ferner den Lautwerth der r\u00f6mischen Buchstaben fixieren, um das, was vor allem noth thut, eine Einigung der Sprachforscher ver-","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"221\nschiedener Nationen, zu erzielen, da jeder f\u00fcr die Orthographie seiner Muttersprache so viele Ankn\u00fcpfungspuncte als m\u00f6glich verlangen wird? Die divergierenden Vorschl\u00e4ge, die bis in die neueste Zeit gemacht worden sind, zeigen zur Gen\u00fcge, wie weit man davon entfernt ist, eine Einigung zu erzielen. Es fragt sich deshalb, ob man sich bei dem Bestreben, die Transscription zu vervollkommnen, durch die starren Formen der hergebrachten Alphabete noch l\u00e4nger die H\u00e4nde binden lassen soll. Was die Transscription fr\u00fcher geleistet hat, ist bekannt. Es ist bekannt, dass Deutsche, die aus B\u00fcchern so vollkommen englisch gelernt hatten, dass sie es gel\u00e4ufig und correct schrieben, auf dem Boden Albion\u2019s keine andere Antwort erhielten als: I don\u2019t understand German! Und Max M\u00fcller erz\u00e4hlt: \u00abEs hat sich ereignet, dass Reisende, welche die Dialecte der St\u00e4mme des Kaukasus und an den Grenzen von Indien sammelten, Verzeichnisse von W\u00f6rtern nach Hause brachten und ver\u00f6ffentlichten, die sie an demselben Orte und unter demselben Volk zusammengestellt hatten und die in ihrer Schreibart doch so verschieden waren, dass hinterher derselbe Dialect in ethnologischen Werken unter zwei verschiedenen Namen figurierte.\u00bb In neuerer Zeit ist freilich durch Ellis ein grofser Schritt geschehen, aber man darf sich durch die Freude \u00fcber denselben nicht verblenden lassen \u00fcber die Zukunft. Das phonetische Journal ist dem Vernehmen nach eingegangen und Lepsius und Max M\u00fcller haben sich Ellis nicht angeschlossen, sondern neue Alphabete aufgestellt, ohne dass die Sache dadurch wesentlich vorger\u00fcckt w\u00e4re. Wenn man Ellis vorwirft, dass er die Diphthonge mit einfachen Zeichen schreibt und ebenso die Consonantengruppen\td[zy], \\ly\\, dass er\nwillk\u00fcrlich gewisse Sprachelemente mit Symbolen ohne Notation schreibt und denen anderer, blofs weil sie fremden Sprachen eigenth\u00fcmlich sind, ein H\u00fclfszeichen beigibt, so treffen diese Vorw\u00fcrfe theilweise auch Max M\u00fcller und Lepsius, und weil diese das unerreichbare Ziel anstrebten, ihr Alphabet f\u00fcr die Transscription Laut bei Laut und gleichzeitig f\u00fcr die Transscription Buchstabe bei Buchstabe tauglich zu machen, so sind sie in den noch gr\u00f6fseren Fehler verfallen, einzelne Zeichen aufzustellen, die nicht einem bestimmten einfachen Sprachelemente entsprechen, sondern semitischen Consonantenzeichen mit schwankendem, ja nicht","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\neinmal auf den Consonanten selbst beschr\u00e4nktem Lautwerthe, wie dies mit den Zeichen f\u00fcr Tha, Dhad und Sad der Fall ist.\nEs ist klar, man wird sich \u00fcber kein allgemeines Alphabet einigen, das nicht vor den bisher aufgestellten wesentliche Vorz\u00fcge hat. Wenn man einmal mit Zeichen schreiben soll, welchen kein tieferer Sinn innewohnt, so liegt einem wenig daran, ob sie so oder so aussehen, und es erscheinen einem die als die besten, bei denen man am wenigsten Neues zu lernen hat. Es geht mit dem Alphabet wie mit M\u00fcnzen, Mafs und Gewicht. So lange es kein Decimalsystem gab, war keine Aussicht auf eine allgemeine Einigung, und die Kreise, welche sich bildeten, hiengen von politischen und nationalen Einfl\u00fcssen ab, nicht von der Erkenntnis des Besseren. Das Decimalsystem breitet sich unbeirrt von nationalen und politischen Sympathien und Antipathien langsamen aber sicheren Schrittes \u00fcber den civilisierten Theil der Erdoberfl\u00e4che aus.\nEs handelt sich zun\u00e4chst darum, ein m\u00f6glichst vollst\u00e4ndiges allgemeines Zeichensystem f\u00fcr die Zwecke der Sprachforschung zu haben. Wer Sprachen aus B\u00fcchern studiert, studiert sie nach Abbildungen, und wenn die Farben schlecht waren, welche dem Maler zu Gebote standen, so wird er bei aller Geschicklichkeit mit seinem Bilde so weit hinter der Natur Zur\u00fcckbleiben, dass auch die Vorstellungen, welche dem Beschauer erweckt werden, der Wirklichkeit nicht entsprechen k\u00f6nnen.\nEin Alphabet, f\u00fcr diesen Zweck bestimmt, kann nicht einfach sein durch die Einfachheit und geringe Anzahl der Zeichen, denn es wird Reichthum an Mitteln von ihm verlangt; es kann nur einfach sein verm\u00f6ge der Ordnung, welche in ihm herrscht, verm\u00f6ge der Symmetrie, welche uns mit wenig Blicken in alle Einzelnheiten hineinzusehen gestattet. Es muss mit durchsichtiger Klarheit den Gang des ganzen Sprachmechanismus zu Tage legen und kein willk\u00fcrlicher Putz oder Schn\u00f6rkel darf ihn irgendwo verdecken.\nEs ist keine Frage, dass die Lettern eines solchen Alphabetes ein bedeutendes Capital repr\u00e4sentieren w\u00fcrden und dass anfangs nur wenige Druckereien in der Lage sein m\u00f6chten, es anzuschaffen; aber wo es sich um Dinge handelt, welche auf Jahrhunderte hinaus wirken, sollte man heutzutage am wenigsten vor einer Capitalsanlage oder technischen Schwierigkeiten zur\u00fcckschrecken. Jetzt, wo man nicht allein mit Holz und Kupfer,","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"123\nSchriftmetall und Stein, sondern auch mit Zinkblech, ja mit einem gefirnissten St\u00fcck Papier druckt, wird man auch da nicht in Verlegenheit sein, eine Schrift zu vervielf\u00e4ltigen, wo es noch an beweglichen Lettern fehlt. \u00dcbrigens beh\u00e4lt das Alphabet nur so lange seine complicierte Gestalt, wie es dazu dient, Sprachen s\u00f6 abzubilden, dass auch der, welcher noch nichts von ihnen weifs, ihre Eigent\u00fcmlichkeiten erkennt. F\u00fcr die Zwecke der Missionen, welche B\u00fccher in bestimmten Sprachen drucken und zwar f\u00fcr Menschen, welche diese Sprachen bereits sprechen, vereinfacht es sich ebenso sehr wie jedes andere Alphabet und hat verm\u00f6ge der in ihm herrschenden Grundgesetze den grofsen Vorzug der \u00dcbersichtlichkeit vor allen bestehenden Alphabeten voraus.\nDas allgemeine Alphabet w\u00fcrde die wohlgeordnete Sammlung sein, aus der man die Alphabete f\u00fcr die einzelnen Missionen zusammenlesen k\u00f6nnte.\nDiese Betrachtungen waren es, welche mich bewogen, die Grunds\u00e4tze niederzuschreiben, nach welchen man meiner Meinung nach bei Aufstellung eines solchen neuen Alphabetes zu Werke gehen muss. Die Schnalzlaute der Negersprachen sind dabei noch nicht ber\u00fccksichtigt, weil sie bis jetzt zu wenig physiologisch untersucht sind, als dass ich bestimmen k\u00f6nnte, wie man bei ihrer Bezeichnung zu verfahren habe.\nDie Buchstaben.\nDie Orthographie aller gebildeten V\u00f6lker des Abendlandes beruht auf einem gemeinsamen Grundprincip, n\u00e4mlich auf dem, durch aneinander gereihte Zeichen eine Reihe von einander folgenden Stellungen der Sprachwerkzeuge anzugeben. Da es von einer Stellung zur andern nur immer einen k\u00fcrzesten Weg gibt, so ergeben sich die zu machenden Bewegungen, die Sprachbewe-gungen von selbst. Die Buchstaben sind wie eine Reihe von Merksteinen, welche der Schreiber dem Leser hinlegt, damit dessen Augen und Zunge seinen Schritten folgen k\u00f6nnen. So oft dieses Princip auch im einzelnen mit F\u00fcfsen getreten ist, so l\u00e4sst es sich im ganzen doch niemals verkennen, und die Verst\u00f6fse gegen dasselbe r\u00fchren theils davon her, dass die Aussprache sich ge\u00e4ndert hat, die Schrift aber geblieben ist, theils von dem \u00fcbel angebrachten Eifer kurzsichtiger Weltverbesserer, seltener, wie es scheint, von dem Ungeschick der urspr\u00fcnglichen Bauleute. Das","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nPrincip an und f\u00fcr sich ist so nat\u00fcrlich, so einfach und so praktisch, dass es wohl nie mehr bei Construction eines neuen Geb\u00e4udes verlassen werden wird.\nDie Buchstaben unserer conventioneilen Alphabete zeigen den Zustand des Stimmwerkes, das heifst des Kehlkopfes an, insofern wir besondere Zeichen f\u00fcr die tonlosen und f\u00fcr die t\u00f6nenden Laute haben, und aufserdem die jeweilige Gestalt des Ansatzrohres, welches sich vom Kehlkopfe bis an die Mund- und Nasen\u00f6ffnung erstreckt. Jedes Zeichen thut dies in seiner Weise, ohne dass seine Gestalt seine nat\u00fcrliche Verwandtschaft verriethe und ohne dass die Symbole f\u00fcr den Zustand des Stimmwerkes und die Gestalt des Ansatzrohres sich in ihm von einander schieden. Hierdurch wird nicht nur die Hinsicht in das Alphabet erschwert, sondern es werden auch f\u00fcr die phonetische Transscription ungeb\u00fchrlich viele Zeichen nothwendig. Suchen wir ihre Anzahl also zu reducieren.\nWenn wir \u00ab-F\u00e4lle zu bezeichnen haben, so brauchen wir nur M-l-Zeichen, indem wir einen Fall und zwar nach der goldenen Regel der Bequemlichkeit den h\u00e4ufigsten unbezeichnet lassen. Nun gibt es keinen tonlosen Consonanten, der sich nicht durch Mitt\u00f6nen der Stimme in einen entsprechenden t\u00f6nenden verwandelte; wir brauchen also nur eigene Zeichen f\u00fcr die t\u00f6nenden Laute und, wo der Ton der Stimme aussetzt, zeigen wir dies durch ein Hilfszeichen, z. B. durch einen Strich unter der Linie an. Diese Idee verfolgte offenbar schon du Bois-Reymond, der Vater, als er in seinem System der Consonanten die tonlosen g\u00e4nzlich fortliefs. Wir haben hierdurch das Consonantenzeichen ganz zum Symbol f\u00fcr die jeweilige Form des Ansatzrohres und seine Gestalt vom Zustande des Stimmwerkes unabh\u00e4ngig gemacht. Diesem letzteren haben wir ein anderes Zeichen unterhalb der Linie zugewiesen. Es ist dies ein Fortschritt in dem nat\u00fcrlichen Entwicklungsg\u00e4nge der Alphabetik. Von den Zeichen, die ganze W\u00f6rter repr\u00e4sentierten, kam man zu solchen, die Sylben repr\u00e4sentierten, und von diesen zu den Buchstaben. Aber f\u00fcr die Zwecke der Wissenschaft muss die Analyse noch weiter getrieben und das, was der einzelne Buchstabe bezeichnet, noch wiederum in seine Factoren zerlegt werden.\nDie Consonanten haben eine doppelte Verwandtschaft mit einander, erstens in R\u00fccksicht auf ihre Articulationsstelle, zweitens in R\u00fccksicht auf die Art wie sie entstehen, sofern sie Ver-","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"125\nschlusslaute, Reibungsger\u00e4usche, L-Laute, Zitterlaute oder Reso-nanten sind. Wir brauchen also zun\u00e4chst f\u00fcnf m\u00f6glichst einfache Zeichen, die folgende Bedeutung haben:\n1.\tGesperrter Mundcanal und gesperrter Nasencanal (Verschlusslaut) ;\n2.\tEnge im Mundcanal und gesperrter Nasencanal (Reibungsger\u00e4usch) ;\n3.\tIn der Mitte gesperrter, aber zwischen Zunge und Backenz\u00e4hnen ge\u00f6ffneter Mundcanal und gesperrter Nasencanal (L-Laut);\n4.\tVibrieren eines Mundtheils bei gesperrtem Nasencanal (Zitterlaut) ;\n5.\tGesperrter Mundcanal und ge\u00f6ffneter Nasencanal (Resonant).\nDiese f\u00fcnf Zeichen m\u00fcssen mit einer Reihe anderer, welche die Articulationsstelle angeben, zu den Consonantenzeichen unseres neuen Alphabetes verbunden werden.\nWenn wir, was ich f\u00fcr zweckm\u00e4fsig halte, eine eigene Articulationsstelle f\u00fcr arabisch Kaf und neugriechisch % und y vor k, o und co annehmen, so w\u00fcrde man zehn dergleichen Zeichen gebrauchen, zwei f\u00fcr die D-Reihe, vier f\u00fcr die D-Reihe und vier f\u00fcr die G -Reihe. Diese w\u00fcrden mit den f\u00fcnf anderen Zeichen f\u00fcnfzig Combinationen geben, von denen aber nur vierunddreifsig solchen Consonanten entsprechen, die nachweislich im Gebrauche sind oder doch im Gebrauche waren.\nDie Verwandtschaft in R\u00fccksicht auf die Articulationsstelle ist aber eine entferntere, insofern zwei Consonanten ein und derselben Reihe, der B-Reihe, der D - Reihe oder der Gf-Reihe angeh\u00f6ren, und eine n\u00e4here, insofern sie innerhalb dieser Reihe nach unserer bisherigen Bezeichnungsweise ein und denselben Index f\u00fchren. Jene entferntere Verwandtschaft besteht z. B. zwischen dem d cerebrale des Sanskrit, dem th der Engl\u00e4nder in these Und dem l der Deutschen, oder zwischen dem Jot der Deutschen in ja, dem n nasale der Deutschen in schwung und dem r uvulare. Die n\u00e4here Verwandtschaft besteht z. B. zwischen dem rein dentalen d und dem th der Engl\u00e4nder in these, zwischen dem gew\u00f6hnlichen alveolaren l und dem gew\u00f6hnlichen alveolaren d, dem gew\u00f6hnlichen n der Deutschen und dem r, ferner zwischen dem Jot und dem n nasale in schwingen, zwischen","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"m\ndem n nasale in Schwung und dem g in Schmuggel u. s. w. Es w\u00e4re w\u00fcnschenswert, diese n\u00e4here und entferntere Verwandtschaft im Zeichen kenntlich zu machen, so dass jedes Consonan-tenzeichen in seiner Gestalt drei charakteristische Z\u00fcge tr\u00fcge, von denen der eine die Qualit\u00e4t der Lauterzeugung, ob Reibungsger\u00e4usch, Zitterlaut, Resonant u. s. w., anzeigte, der zweite die Reihe, der der Consonant angeh\u00f6rt, und der dritte die Unterabtheilung der Reihe, welche ich in meinen bisherigen Transscriptionen durch den Index bezeichnet habe.\nDie Vortheile einer solchen gesetzm\u00e4fsigen Abh\u00e4ngigkeit der Gestalt der Zeichen von ihrer Stellung im System scheinen mir sehr bedeutend. Erstens ist es klar, dass ein geschulter und an Ordnung gew\u00f6hnter Geist sich in ein solches Zeichensystem viel leichter hineinfmden wird, als in ein anderes, bei dem die Zeichen nach Willk\u00fcr erfunden sind. Zweitens werden in der vergleichenden Lautlehre mit einem solchen Zeichensysteme gemachte Transscriptionen die Gesetze, welche man sucht, sogleich nackt und in ihrer wahren Gestalt zu Tage legen und dem Leser den phonetischen Charakter der Sprache in scharfen und markierten Z\u00fcgen zeichnen.\nDie zusammengesetzten Consonanten wie [s%\\ [zy] u. s. w. m\u00fcssen deshalb der Anschaulichkeit wegen nicht durch einfache Zeichen, sondern durch Verjochung oder Ineinanderwirkung ihrer Factoren dargestellt werden; ebenso sind einfache Zeichen f\u00fcr zwei aufeinanderfolgende Consonanten wie ts (z der Deutschen), dz (z der Italiener), ny1 (n der Spanier) in einer phonetischen Schrift sorgf\u00e4ltig zu vermeiden.\nEs handelt sich nun zun\u00e4chst darum, die Art zu bestimmen, wie die Vocalzeichen, welche ich nach abendl\u00e4ndischer Weise zwischen den Consonanten auf der Linie zu schreiben vorschlage, sich zu den Consonantenzeichen verhalten und wie sie von ihrer gegenseitigen Verwandtschaft abh\u00e4ngig sein sollen.\nBei der phonetischen Schrift kommt es mehr als bei der gew\u00f6hnlichen darauf an, dass sie sich leicht und sicher liest; denn in der gew\u00f6hnlichen Schrift lesen wir in der Regel nur W\u00f6rter, welche uns ihrer Aussprache nach schon bekannt sind, die phonetische Schrift soll uns aber auf den ersten Anblick mit der Aussprache des Wortes bekannt machen, auch wenn wir dasselbe nie gekannt haben. Hierzu ist es n\u00f6thig, dass die Vocale","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"so sehr als m\u00f6glich in die Augen falten und sich bereits in ihren Grundz\u00fcgen von den Consonanten vollst\u00e4ndig unterscheiden. Man wird sorgf\u00e4ltig erw\u00e4gen m\u00fcssen in wie weit man dieser R\u00fccksicht die Leichtigkeit, mit der die Schrift aus der Feder fliefst, aufopfern d\u00fcrfe, damit man hierin weder zu viel noch zu wenig thue.\nEs kann nicht schwierig sein, Vocalzeichen zu finden, welche den Ort des Vocales im Systeme andeuten, wenn man die pyramidale Anordnung zu Grunde legt, welche ich im ersten Theile beschrieben habe.\nDas Zeichen f\u00fcr den unbestimmten Vocal ist mit Vorsicht zu gebrauchen, und ehe man es anwendet hat man sich immer zu fragen, ob sich durch sorgf\u00e4ltige Beobachtung der scheinbar unbestimmte Vocal nicht als unvollkommene Bildung eines der bestimmten Vocale erkennen l\u00e4sst. Die unvollkommene Bildung und die Nasalierung w\u00fcrde ich rathen mittelst Hilfszeichen oder kleiner Ab\u00e4nderungen, nicht durch ganz neue Charaktere zu bezeichnen, wie dies schon im ersten Theile bei den erw\u00e4hnten Mo-dificationen besprochen ist. Die hier etwa zu verwendenden Hilfszeichen m\u00fcssten aber mit auf der Linie stehen und k\u00f6nnten vielleicht als Punct und H\u00e4kchen im und am Vocalzeichen angebracht werden. \u00dcber oder unter der Linie d\u00fcrfen sie nicht stehen, da hier der Raum eine andere Bestimmung hat.\nDie Kehlkopflaute.\nNachdem wir Vocale und Consonanten besprochen haben, m\u00fcssen wir zu denjenigen Sprachelementen \u00fcbergehen, welche wir im Systeme von beiden ausgeschlossen haben. Diesen Sprachelementen entsprachen Zeichen, die sich nur auf den Zustand des Kehlkopfes bezogen und nichts Bestimmtes \u00fcber die Stellung der Mundtheile aussagten. Die einzige Bezeichnung dieser Art, die wir bis jetzt eingef\u00fchrt haben, war ein horizontaler Strich unter der Linie, der die weit offene Stimmritze und mithin die Stimmlosigkeit der auf der Linie stehenden Consonanten bedeutet. Die Consequenz erheischt es, dass wir auch die \u00fcbrigen unter die Linie stellen. Hier bed\u00fcrfen wir zun\u00e4chst eines Zeichens f\u00fcr die vox clandestina und zweier verwandter Zeichen f\u00fcr den gew\u00f6hnlichen Zitterlaut des Kehlkopfes, wie er im Plattdeutschen statt r gebraucht wird (Kehlkopf-it der Niedersachsen), und f\u00fcr das Ain der Araber. Beide lassen sich mit Vocalen verbinden (ja auch","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"mit t\u00f6nenden Consonanten, obgleich dies, so viel ich weifs, in keiner Sprache gebr\u00e4uchlich ist), wie Purki e dies bereits allgemein f\u00fcr die in der Stimmritze gebildeten Laute bemerkt hat. Geschieht dies, so muss das Zeichen unter dem Vocalzeichen stehen. Wo dagegen der Zitterlaut nur anlautet und dann ein Vocal mit dem gew\u00f6hnlichen Tone der Stimme folgt, hat das Zeichen des ersteren vor dem Vocalzeichen, aber gleichfalls unter der Linie zu stehen. Unter die Linie m\u00fcssen ferner ebenso die Zeichen f\u00fcr das Ha der Araber und f\u00fcr das Hamze gestellt werden. Es ist nicht n\u00f6thig f\u00fcr alle diese Laute ganz neue Zeichen zu erfinden, es ist vielmehr w\u00fcnschenswerth, dass man unter Ben\u00fctzung der Factoren der Consonanlenzeichen auszudr\u00fccken sucht, dass Hamze ein Verschlusslaut ist, Ha ein Reibungsger\u00e4usch , und 4i\u00bb, wie das Kehlkopf - R der Niedersachsen, ein Zilterlaut.\nWir haben jetzt noch das gew\u00f6hnliche h zu besprechen, sein Zeichen ist aber schon gegeben ; es ist das der weit offenen Stimmritze, also der horizontale Strich unter der Linie. Scheint es unpassend, diesen isoliert stehen zu lassen, so kann man nur dar\u00fcber auf die Linie das Zeichen des unbestimmten Vocales setzen, welches man ebenso \u00fcber den Zeichen von arabisch Ha und Ain verwenden kann. Denn das Zeichen des unbestimmten Vocales bedeutet ja nichts als eine Stellung der Mundtheile, bei der der Mundcanal zwar vocalisch offen ist, aber doch so wenig charakteristisch gestaltet, dass kein bestimmt ausgepr\u00e4gter Vocal entsteht. Wird diesem Zeichen kein Nebenzeichen unter der Linie mitgegeben, so hat es, wie dies f\u00fcr alle \u00fcbrigen Zeichen auf der Linie gilt, selbstredend den Ton der Stimme und ist nun der unbestimmte Vocal; wird ihm der horizontale Strich, das Zeichen der erweiterten Stimmritze mitgegeben, so ist es A, wird ihm das Zeichen f\u00fcr Am mitgegeben, so ist es Ain \u00fc. s. w.\nDie Quantit\u00e4tszeichen.\nDie Quantit\u00e4t, von der ich hier rede, ist nicht zu verwechseln mit der metrischen. Die Metrik hat es zu thun mit der L\u00e4nge und K\u00fcrze der Sylben, wir haben es hier nur zu thun mit den Zeitr\u00e4umen, welche die einzelnen Sprachelemente in Anspruch nehmen und die summiert erst die Sylbenl\u00e4nge geben. Das gew\u00f6hnliche Dehnungszeichen, ein horizontaler Strich \u00fcber dem Buch-","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"m\nstaben, w\u00fcrde auch f\u00fcr die phonetische Schrift verwendbar und \u00fcber alle gedehnten Vocale zu setzen sein, ferner \u00fcber solche Consonanten, die eine mehr als gew\u00f6hnliche Zeitdauer in Anspruch nehmen, wie z. B. das Dhad und Sad der Araber. Aufserdem h\u00e4tte es im Inlaute \u00fcber solchen Consonanten zu stehen, deren Zeichen wir in der gew\u00f6hnlichen Orthographie verdoppeln; es wird hier aber, wie wir weiter unten sehen werden, durch methodische Sylbentrennung entbehrlich. Das Zeichen der K\u00fcrze w\u00fcrde auf Consonanten nur dann anzuwenden sein, wenn man andeuten will, dass dieselben eine so kurze Dauer haben, dass sie kaum noch wahrgenommen werden, wie dies in slavischen Sprachen bisweilen mit dem r der Fall ist, wenn es mit [\u00bby] combiniert wird oder mit dem s in der Verbindung f3*3#1. Hiernach w\u00fcrde also den Consonanten im allgemeinen wenigstens in den europ\u00e4ischen Sprachen selten ein Quantit\u00e4tszeichen mitzugeben sein. Ebenso kann man den gew\u00f6hnlichen kurzen Vocal unbe-zeiehnet lassen, und das Zeichen der K\u00fcrze w\u00fcrde somit auf vollkommen gebildete Vocale niemals Anwendung finden, denn wenn einem Vocale eine geringere Zeitdauer als die des gew\u00f6hnlichen kurzen Vocales zugemessen wird, so verliert er seine vollkommene Bildung, weil die Mundtheile nicht mehr Zeit finden, sich f\u00fcr dieselbe einzurichten.\nVom Accent.\nAlle Zeichen, Welche wir bis jetzt besprochen haben, bezogen sich auf Zust\u00e4nde der Mund- und Rachenh\u00f6hle und des Kehlkopfes. Die Zeichen, welche wir in diesem Abschnitte besprechen werden, beziehen sich auf unsere Exspirationsmuskeln.\nWenn wir eingeathmet haben und die Th\u00e4tigkeit unserer Inspirationsmuskeln nachl\u00e4sst, so treiben die vereinten elastischen Wirkungen des Brustkorbes, der Bauchwandungen und der in den Eingeweiden angesammelten Gase die Luft langsam wieder aus, und ist die Stimmritze dabei zum T\u00f6nen verengt, so wird der Ton der Stimme geh\u00f6rt. Er wird allm\u00e4hlich schw\u00e4cher in dem Grade als die Spannungsdifferenz zwischen der Luft in der Brusth\u00f6hle und der Atmosph\u00e4re sich mindert. Will man dem Ton eine gleiche St\u00e4rke erhalten, so muss man dies mittelst der Aus-athmungsmuskeln thun; eine Zusammenziehung derselben, welche den Druck f\u00fcr eine Sylbe mehr als f\u00fcr die andere verst\u00e4rkt, heifst\nJC. Br\u00fcche, Physiol, u. Syst. d. Sprachlaute.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"139\nAccent. Man unterscheidet bekanntlich nach der relativen St\u00e4rke der Muskelcontraction den Hauptaccent und den Nebenaccent, man hat sie aber in der Praxis nicht immer hinreichend von der Quantit\u00e4t unterschieden. Sylben, welche eine l\u00e4ngere Zeit in Anspruch nehmen, wiegen bei gleicher St\u00e4rke des Tones f\u00fcr das Geh\u00f6r schwerer als solche, welche nur eine kurze Zeit in Anspruch nehmen. Man schreibt deshalb oft dreisylbigen W\u00f6rtern einen Haupt- und Nebenaccent zu, bei denen zwei oder gar alle drei Sylben unter ganz gleichem Exspirationsdrucke gesprochen werden. Man sollte deshalb auch in der phonetischen Schrift nicht zu freigebig mit Accenten sein, sondern sie nur da setzen, wo man sich wirklich von ihrer Existenz \u00fcberzeugt hat und ihr Mangel zu einer unrichtigen Betonung Veranlassung geben k\u00f6nnte. Es kann ferner Vorkommen, dass der Nachdruck nicht gleichm\u00e4fsig auf der ganzen Sylbe liegt, sondern mit einem pl\u00f6tzlichen Stofse auf einen einzelnen Consonanten f\u00e4llt. Diesen Fall w\u00fcrde ich dadurch anzeigeu, dass ich den Accent nicht wie gew\u00f6hnlich \u00fcber den Vocal der Sylbe setzte, sondern \u00fcber den betreffenden Consonanten selbst.\nWas die Wahl der Zeichen anlangt, so kann der Hauptaccent in der phonetischen Schrift durch den Acut, der Nebenaccent durch den Gravis ausgedr\u00fcckt werden. Die Annahme einer dritten Art ven Accent ist nicht in der Natur begr\u00fcndet.\nIn drei- und mehrsylbigen W\u00f6rtern k\u00f6nnen zwei Sylben unter st\u00e4rkerem Exspirationsdruck gesprochen werden als die \u00fcbrigen und wiederum kann derselbe bei ihnen beiden verschieden sein, so dass man Accentlosigkeit, Hauptaccent und Nebenaccent hat. . Eine vierfache Gradation ist aber weder f\u00fcr das Ohr, noch f\u00fcr das subjective Gef\u00fchl des Sprechenden erkennbar.\nDagegen aber bed\u00fcrfen wir eines Zeichens, das Stillstand der Exspirationsbewegung anzeigt, welche die Luft zur Stimmritze heraustreibt. Dieser Stillstand hat \u00e4hnliche trennende Eigenschaften wie das Bamz-e, unterscheidet sich aber von ihm, indem er nicht mittelst pl\u00f6tzlichen Abschneidens des stimmgebenden Luftstromes trennt, sondern dadurch, dass die Triebkraft f\u00fcr denselben momentan aufgehoben wird. Da, wo dieser Stillstand zwei Vocale von einander trennt, ist er unter dem Namen des Hiatus bekannt. Er kommt aber auch in anderen Situationen vor, in denen er weniger beachtet wird. Im allgemeinen ist es Regel,","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"131\ndass, wenn ein Vocal, gleichviel ob lang oder kurz, im In- oder Auslaute steht und ihm ein Consonant vorangeht, nicht er, sondern dieser letztere, die Sylbe beginnt. Es gibt aber F\u00e4lle, bei denen es nicht so ist wie z. B. in grund-ehrlich, Schwarzammer u. s. w. Hier m\u00fcssen die Vocale e und a von den vorhergehenden Consonanten durch einen augenblicklichen Stillstand der Brustw\u00e4nde und des Zwergfells abgetrennt werden, und dies ist durch unser Zeichen anzudeuten.\nEs ist ferner Regel, dass, wenn ein kurzer accentuierter Vocal im An- oder Inlaute steht, nicht er die Sylbe endigt, sondern der ihm folgende Consonant. Soll dies nicht der Fall sein, so muss, wenn der Vocallaut nicht durch ein llamz-e abgeschnitten wird, wieder durch einen pl\u00f6tzlichen Stillstand der Brustwandungen und des Zwergfells der kurze Vocal von dem ihm folgenden Consonanten abgetrennt und dies durch ein Zeichen angedeutet werden.\nWenn ein langer Vocal im In- oder Anlaut steht, so ist es die Regel, dass er seine Sylbe schliefst, wenn ihm ein Vocal oder nur ein Consonant folgt, und nur wenn ihm mehrere Consonanten folgen, wird der erste derselben zum Abschluss der Sylbe verwendet; es gibt aber auch hiervon Ausnahmen, bei denen sich der Consonant ganz an den ihm vorhergehenden Vocal anschliefst und von dem ihm folgenden vollst\u00e4ndig getrennt ist, wie z. B. IIhr-ahn, hoch-edel u. s. w. Auch hier muss die Trennung, wenn ihr nicht ein Eamze zu Grunde liegt, durch das beregte Zeichen angedeutet werden. Was die Gestalt des Zeichens anlangt, so mag es ein senkrechter Strich, ein H\u00e4kchen in Form des Apostrophs oder ein Punkt sein; daran liegt wenig; wesentlicher ist, dass es \u00fcber der Linie stehe in einer Reihe mit den Accenten, weil es sich wie diese auf den Exspirationsdruck bezieht,\nSchlussbemerkungen.\n' Ich habe in dem Vorigen den Plan zu einem Zeichensysteme entworfen , das sich auf den ersten Anblick von den gew\u00f6hnlichen Alphabeten wenig unterscheidet, in dem aber doch die Analyse der Sprache viel weiter fortgeschritten ist. Alle Zeichen, die unter der Linie stehen, beziehen sich auf die Zust\u00e4nde des Kehl-\n9*","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nkopfes selbst, alle Zeichen auf der Linie auf die Zust\u00e4nde des Ansatzrohres. Diese letzteren Zeichen sind wiederum so gew\u00e4hlt, dass die sie zusammensetzenden Elemente bestimmten Zust\u00e4nden einzelner Organe entsprechen und dass, wenn man die Zeichen nach ihrer Gestalt classificieren wollte, sie ein System bilden w\u00fcrden, dem gleich, welches wir durch die Classification der Sprach-laute selbst erhalten haben.\nDie Zeichen \u00fcber der Linie endlich beziehen sich auf die Dauer der Zust\u00e4nde, welche auf und unter der Linie angezeigt sind und auf den Luftdruck, unter welchem w\u00e4hrend derselben die Sprachlaute selbst hervorgebracht werden.\nDer Zweck dieses Zeichensystemes ist nicht nur ein m\u00f6glichst getreues Abbild des Gesprochenen zu geben, sondern auch dem Leser den ganzen Sprachmechanismus stets vor Augen zu halten. Es soll durch die phonetische Schrift die Sprache nicht nur in die Phantasie des Geh\u00f6rs sondern auch in die Phantasie des Gesichts \u00fcbertragen werden.\nMan mag fragen, weshalb ich dem entworfenen Plane nicht einen Versuch ihn auszuf\u00fchren beigegeben habe? Ich habe mich allerdings \u00fcberzeugt, dass er auf verschiedene Art ausgef\u00fchrt werden kann, ich bin aber weit entfernt, meine Versuche vor die \u00d6ffentlichkeit zu bringen, da ich f\u00fchle, wrie weit sie hinter dem zur\u00fcckstehen, was sich mit besseren Kr\u00e4ften erreichen l\u00e4sst. Vor allem scheint mir der Rath und die Hilfe eines erfahrenen Typographen n\u00f6thig und demn\u00e4chst die Hand eines K\u00fcnstlers, der Z\u00fcge zu erfinden und zu gef\u00e4lligen Gestalten zu vereinigen weifs. Aufserdem aber scheint mir die Mitwirkung einer Anzahl productiv th\u00e4tiger Sprachforscher w\u00fcnschenswerth, damit sie auf das, was ihnen n\u00f6thig scheint, aufmerksam machen und dem neuen Alphabet die Anwendung zun\u00e4chst innerhalb eines bestimmten Kreises sichern. Sollte aber auch dieser Plan nie zur Ausf\u00fchrung kommen, so glaube ich doch, dass schon die Auseinandersetzung desselben nicht ganz ohne Nutzen f\u00fcr die Verbreitung einer klaren Einsicht in den Zusammenhang von Sprache und Schrift gewesen ist.\n\t\t","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Erkl\u00e4rung der Tafel\nIn der beiliegenden Tafel sind Stellungen der Mundtheile f\u00fcr verschiedene Sprachlaute in der Weise versinnlicht, dass die Figur gezeichnet ist, welche ein w\u00e4hrend der Hervorbringung des Lautes in der Mittelebene des Kopfes und der Mundh\u00f6hle gef\u00fchrter Schnitt darbieten w\u00fcrde. Die einzelnen Theile sind nur in der Figur f\u00fcr a bezeichnet, da sie in allen \u00fcbrigen auf dieselbe Weise wiederkehren, l ist die Grenze zwischen dem harten und dem weichen Gaumen, die man in der auf Seite 44 angegebenen Weise leicht an sich selber auffinden kann. Von l nach 2 erstreckt sich der weiche Gaumen oder das Gaumensegel, welches bei 2 die hintere Rachenwand bei\u2019\u00fchrt und so den oberen Theil der Rachenh\u00f6hle (3), der mit der Nasenh\u00f6hle communiciert, von dem unteren absperrt. Bei 2 sieht man ferner das Z\u00e4pfchen (uvula) herabh\u00e4ngen. Um dasselbe, sowie die von ihm nach rechts und links herabsteigenden vorderen und hinteren Gaumenb\u00f6gen mit den zwischen ihnen liegenden Mandeln oder Tonsillen an sich selbst zu beobachten, wendet man sich gegen ein Fenster, durch welches das Licht frei einf\u00e4llt, h\u00e4lt sich einen kleinen Handspiegel vor und bringt nun mit weitge\u00f6ffnetem Munde ein a oder h con-tinuierlich hervor. 4 ist der sogenannte Kehlraum, d. h. der Raum zwischen Kehlkopf, Zungenwurzel, Gaumensegel und hinterer Machenwand, in den die Luft, nachdem sie aus dem Kehlkopfe ausgetreten ist, zun\u00e4chst gelangt und der nach vorn in die Mundh\u00f6hle, nach hinten und unten in den Schlund \u00fcbergeht. 5 ist der Kehldeckel. Man kann ihn an sich selbst durch das Getast wahrnehmen, wenn man einen Mundwinkel mit dem Zeigefinger zur Seite dr\u00e4ngt, und diesen letzteren dann so lange auf der Zunge nach hinten und nach abw\u00e4rts schiebt, bis man mit der Spitze gegen den Rand eines elastischen, klappenartig an der Zungenwurzel hervorragenden K\u00f6rpers st\u00f6fst. 6 ist das Zungenbein ; man findet es an sich selber auf, wenn man da, wo die","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nvom Kinn nach r\u00fcckw\u00e4rts verlaufende Linie des Profils in die absteigende des Halses \u00fcbergeht, die Fingerspitzen in der Richtung von unten und vorn nach oben und hinten eindr\u00fcckt. 7 ist das wahre Stimmband ; wenig dar\u00fcber ist das falsche durch eine zweite Linie angedeutet. Der Raum zwischen beiden entspricht dem Zwischenr\u00e4ume zwischen der wahren und falschen Stimmritze, der nach beiden Seiten in taschenartige Vertiefungen, die sogenannten Morgagnischen Ventrikel, ausgeht. 8 ist der Schildknorpel; man sieht ihn an der vorderen Seite des Halses als Adamsapfel hervorragen; von vorne an diesen, nicht auf ihn, legt man die Spitze des Zeigefingers um das Auf- und Absteigen des Kehlkopfes bei der Bildung der verschiedenen Vocale zu beobachten. 9 ist der rechte der beiden Giefsbeckenknorpel, an welche die Stimmb\u00e4nder, sowohl die falschen als die wahren, nach hinten zu befestigt sind, und von deren Stellung es abh\u00e4ngt, ob die Stimm-, ritze offen oder zum T\u00f6nen verengt ist.\nZun\u00e4chst habe ich die drei Hauptvocale a, i und u abgebildet, ferner das \u00fc, um die Vermischung der Stellungen von i und u zu versinnlichen. Die Consonanten der ersten Doppelreihe habe ich ganz \u00fcbergangen, weil sich bei ihnen alles wesentliche leicht vom Munde absehen l\u00e4sst. Dagegen habe ich die vier Mo-dificationen der Verschlusslaute der zweiten Reihe und zwei Mo-dificationen der Verschlusslaute der dritten Reihe dargestellt. Um die entsprechenden Reibungsger\u00e4usche daraus abzuleiten, hat man sich nur an der Stelle des Verschlusses eine kleine \u00d6ffnung zu denken. Die L-Laute waren nicht besonders darzustellen, da sie sich nur durch die Seiten\u00f6ffnungen von den Verschlusslauten der zweiten Reihe unterscheiden. Eben so wenig sind die Zitterlaute abgebildet, da das wesentliche derselben, die Vibration, nicht ausgedr\u00fcckt werden konnte. Von den Resonanten ist beispielsweise einer, das gew\u00f6hnliche alveolare n, dargestellt, um zu zeigen, wie er sich von dem entsprechenden Verschlusslaute durch nichts als durch das herabh\u00e4ngende Gaumensegel unterscheidet. Endlich ist noch eine Figur, die letzte, dem sch der Deutschen gewidmet, um die zwei Articulationsstellen desselben zu versinnlichen.","page":134},{"file":"p0134s0001.txt","language":"de","ocr_de":"1.\nOy.\nB*triton, fflfiitger lith^.\nIC.\tU \\\nOedr. b.Reiffenstein &R\u00f6sch in Wien,","page":0}],"identifier":"lit3573","issued":"1856","language":"de","pages":"134","startpages":"134","title":"Grundz\u00fcge der Physiologie und Systematik der Sprachlaute f\u00fcr Linguisten und Taubstummenlehrer","type":"Book"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:08:17.295682+00:00"}