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R. Gaetschenberger: Grundzüge einer Psychologie des Zeichens. Diss. Würzburg 1901. 132 S

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{"created":"2022-01-31T15:09:22.240350+00:00","id":"lit35886","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 29: 375-377","fulltext":[{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n375\nA. zu reden, falls das Wort Punkt w\u00f6rtlich genommen ist. Die A. wendet sich vielmehr jedem vorhandenen Bewufstseinsinhalt zu. Selbst die ge-wohnheitsm\u00e4fsig ablaufenden Handlungen vollziehen sich nicht ohne sie. Es ist nur eine ungen\u00fcgende Beobachtung, wenn man glaubt und behauptet, gewohnheitsm\u00e4fsige Handlungen werden durch Zuwendung der A. beeintr\u00e4chtigt. Das gilt lediglich f\u00fcr die ersten F\u00e4lle; sp\u00e4ter stellt sich die alte Sicherheit wieder ein und bleibt selbst bei der aufmerksamsten Betrachtung. Das eigenth\u00fcmliche Gef\u00fchl, das wenigstens jedes angestrengte Aufmerken begleitet, zur Classe der Denkgef\u00fchle geh\u00f6rend, ist kein brauchbares Maafs f\u00fcr die A. selbst. Es ist viel zu sehr mitbestimmt von Stimmung, k\u00f6rperlichem Befinden u. dgl. Einen besseren Maafsstab erhofft Sp. von der Physiologie, freilich von einer fortgeschritteneren als von der heutigen. Nach einer Aufz\u00e4hlung der die A. f\u00f6rdernden und hemmenden Umst\u00e4nde, einigen Andeutungen \u00fcber die Erziehung zur A. und einem zusammenfassenden Ueberblick \u00fcber das Ganze schliefst die anregende Arbeit.\tM. Offner (M\u00fcnchen).\nR. Gaetschenberger. Grundz\u00fcge einer Psychologie des Zeichens. Diss. W\u00fcrzburg 1901. 132 S.\nDer Verf., ein Sch\u00fcler von O. K\u00fclpe, stellt sich zur Aufgabe, den Begriff des Zeichens und seine verschiedenen Arten sowie die bei seiner Anwendung in uns sich abspielenden psychischen Vorg\u00e4nge zu untersuchen. Voraus schickt er eine Feststellung der von ihm gebrauchten Begriffe Wahrnehmung, Vorstellung, Bereitstellung (unbewufste Vorstellung), Begriff und Urtheil. \u2014 I. Zuerst liefert Verf. eine Reihe sehr verschiedener Beispiele von Zeichen oder Zeichenurtheilen, welche alle darin \u00fcbereinstimmen, dafs in ihnen das Wort \u201eZeichen\u201c gewohnheitsm\u00e4fsig verwendet wird. \u2014 II. An diesen Beispielen nat\u00fcrlicher Zeichen finden sich nun zwei gemeinsame Kennzeichen. \u201eDas erste Gemeinsame ist logischei Art. Es stehen die Urtheile, welche das Dasein oder Bestehen des Zeichens behaupten, zu den Urtheilen, welche das Dasein oder Bestehen des Be-zeichneten behaupten, im Verh\u00e4ltnifs der Pr\u00e4misse zur Conclusion, deren zweite Pr\u00e4misse eine Wahrscheinlichkeits- oder Noth Wendigkeitsbeziehung ausdr\u00fcckt\u201c. (S. 45.) Verf. giebt danach als logische Definition des Zeichens: Z. ist der \u201eGegenstand der Pr\u00e4misse eines enthymematischen Schlusses, dessen verschwiegene, zweite Pr\u00e4misse eine Wahrscheinlichkeitsoder Nothwendigkeitsbeziehung zwischen dem Gegenstand der ersten Pr\u00e4misse und dem Gegenstand der Conclusion ausdr\u00fcckt\u201c: (S. 45.) \u201eDas zweite Gemeinsame besteht darin, dafs das Dasein oder Bestehen des Zeichens Erkenntnifsgrund f\u00fcr das Dasein oder Bestehen des Bezeichneten ist\u201c. (S. 50.) \u2014 III. Einen Einblick in das Wesen des Zeichens giebt aber erst die psychologische Definition. Zun\u00e4chst ist, was die physikalischen und geometrischen Zeichen (z. B. der nahe Blitz ein Zeichen f\u00fcr baldigen Donner und gleiche Seiten in einem Dreiecke Zeichen f\u00fcr gleiche Winkel) betrifft, die Function des Wissens vom Zeichen, was die psychologischen (z. B. ein Erinnerungsbild, Zeichen f\u00fcr die entsprechende Wahrnehmung) betrifft, die Function des Bewufstseinsinhaltes als Zeichen fest-","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nLiteraturbericht.\nzustellen. Als allgemeinste Bestimmung dieser Function ergiebt sich, dafs das Wissen vom Zeichen bezw. der Bewufstseinsinhalt als Zeichen das Reproductionsmotiv ist f\u00fcr irgendwelche Vorstellungen. Umgekehrt ist aber nicht jedes Reproductionsmotiv auch schon ein solch bezeichnender Bewufstseinsinhalt. (S. 53.) Die reproducirten Vorstellungen sind Vorstellungen eines Bezeichneten, werden aber nur auf r\u00e4umlich und zeitlich bestimmtes Wirkliches oder wenigstens f\u00fcr wirklich Gehaltenes bezogen (S. 54 f.). Sie stehen nach dem Daf\u00fcrhalten des Vorstehenden in noth-wendiger Verkn\u00fcpfung mit der Anwendung oder wenigstens Vorstellung eines Mittels zur Best\u00e4tigung des Vorgestellten, solange eben als das Reproductionsmotiv im Bewufstsein wirksam ist (S. 65). G. giebt nun vom Standpunkt des seiner naiven Erkenntnifstheorie sich bewufsten naiven Realisten folgende Definition des Zeichens, in die wir des leichteren Verst\u00e4ndnisses wegen ein Beispiel einflechten: \u201eEin sicheres nat\u00fcrliches Zeichen ist das naiv angenommene Reale (der physische Vorgang des Blitzens) oder eine Bestimmung an ihm (seine N\u00e4he), worauf ein Bewufstseinsinhalt (die Wahrnehmung des nahen Blitzes) bezogen wird, der Reproductionsmotiv f\u00fcr Vorstellungen (des Donners) ist, deren Verkn\u00fcpfung mit der Vorstellung bezw. Anwendung eines Mittels zur Best\u00e4tigung (vorgestelltes bezw. wirkliches Abwarten) zur Best\u00e4tigung des Vorgestellten (des erwarteten Donners) nach dem Daf\u00fcrhalten des Vorstehenden noth-wendig ist, solange das Reproductionsmotiv (die Wahrnehmung des nahen Blitzes) im Bewufstsein wirksam ist\u201c. (S. 68.) Ausgehend von dieser Definition des sicheren Zeichens, dessen wichtigster Begriff der der Nothwendigkeit ist, bestimmt Verf. als das charakteristische Merkmal des unsicheren Zeichens den Mangel an sicheren Zeichen f\u00fcr den Aus-schlufs anderer Eventualit\u00e4ten (S. 71). \u2014 IV. Damit ist denn auch das Verst\u00e4ndnifs des conventioneilen Zeichens gewonnen. \u201eDie Wahrnehmung (z. B. durch den Leser) eines jeden conventionellen Zeichens (z. B. der Schriftworte : Ich habe Kopfweh) ist ein nat\u00fcrliches, wenn auch meist unsicheres Zeichen f\u00fcr denjenigen vergangenen oder noch gegenw\u00e4rtigen Bewufstseinsinhalt (Kopfschmerz) des Zeichengebenden (des Schreibers), der als Reproductionsmotiv f\u00fcr die Vorstellung des conventionellen Zeichens (dieser Schriftworte bei allen eben dieser Schrift und Sprache sich Bedienenden) gilt\u201c. (S. 75.)\nDieses conventioneile Zeichen ist also im Grunde nichts anderes als Benennung im weitesten Sinne als durch Worte, Abk\u00fcrzungen, verabredete Handlungen, Bilderschrift, Formeln. Mit Benennung hat aber das nat\u00fcrliche Zeichen nichts gemein. Darum kann es nur durch einen Bedeutungswandel auf Grund eines Fehlschlusses geschehen sein, dafs ihm das conventioneile Zeichen eoordinirt wurde (S. 77). Beide lassen sich leicht dadurch unterscheiden, dafs dem conventionellen Zeichen gegen\u00fcber der Gedanke an ein Mittel zur Best\u00e4tigung des Bezeichneten absurd ist (S. 82).\nV. Gegen\u00fcber der h\u00e4ufigen Ansicht, dafs ein wesentliches Merkmal des nat\u00fcrlichen Zeichens in der Aehnlichkeitsbeziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem liege, weist G. nach, dafs die Aehnlichkeit der Glieder kein wesentliches Merkmal des Zeichenverh\u00e4ltnisses ist, ja eher und h\u00e4ufiger die Un\u00e4hnlichkeit (S. 79). \u2014 VI. Das Zeichen verst\u00e4ndnifs ist gegeben,","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n377\n\u201ewenn die auf das Bezeiehnete bezogenen Vorstellungen mehr oder weniger deutlich im Bewufstsein sind\u201c. (S. 102.) \u201eDas Verst\u00e4ndnifs kann auch da sein, wenn jene Vorstellungen an der Schwelle des Bewufstseins bereitstehen d. h. wenn ihre Analogie im Unbewufsten, die Bereitstellungen wirksam sind\u201c (S. 102), ja wenn \u201eg\u00e4nzlich unbewufste Dispositionen f\u00fcr Vorstellungen\u201c wirken. \u2014 VII. Der Begriff Nothwendigkeit, der die Grundlage der Sicherheit eines Zeichens ist, veranlafst den Verf. schliefslich noch zu einer sehr interessanten Untersuchung \u00fcber die Psychologie der Nothwendigkeit. \u201eDas F\u00fcrnothwendighalten einer Vorstellungsverkn\u00fcpfung besteht \u2014 so fafst G. sein Ergebnifs zusammen \u2014 aus dem regelm\u00e4fsigen Scheitern des Versuches, die Vorstellung des contradietorischen Gegentheiles, der Nicht-Verkn\u00fcpfung, zu bilden, als Anfangsglied einer unendlichen Reihe, in der jedes sp\u00e4tere Glied das regel-m\u00e4fsige Scheitern des Versuches, die Vorstellung des contradietorischen Gegentheils des vorangegangenen Gliedes zu bilden, darstellt\u201c. (S. 112.) Und die Nothwendigkeit selbst ist alsdann das zu jenem Wissen von einer Nothwendigkeit postulirte Correlat (S. 125). Lipps (Logik S. 83) giebt eine \u00e4hnliche, aber viel einfachere Definition, wenn er sagt: \u201eNothwendigkeit eines Thatbestandes ist die Unm\u00f6glichkeit d. h. die erfolglose Bem\u00fchung, ihn aufzuheben\u201c. \u2014 Das sind die Ergebnisse dieser ebenso gr\u00fcndlichen wie umfassenden Untersuchung, welche dem Lehrer wie dem Sch\u00fcler zu gleicher Ehre gereicht. Wenn wir beim Studium dieser Arbeit einen Wunsch hatten, so war es der, dafs die Literatur \u00fcber die Psychologie des Zeichens mehr in Betrachtung gezogen und auch der Begriff des Symbols besprochen worden w\u00e4re.\tM. Offner (M\u00fcnchen).\nF. H. Bradley. Some Remarks on Conation. Mind N. S. 10 (40), 437\u2014454.\n1901.\nBr. legt sich die Frage vor: Was sind diejenigen unerl\u00e4fslichen psychischen Elemente, welche jenes psychische Erlebnifs bilden, das wir als Versuch bezeichnen. Er constatirt zuerst das Bewufstsein eines Nicht-Ich und des Ich, welches von jenen sich behindert f\u00fchlt. Ich bin mir be-wufst, dafs ich bin, etwas bin, aber doch nicht das bin, was ich sein m\u00f6chte \u2014 und zwar wTegen eines Nicht-Ich, wegen eines bestimmten, so und nicht anders gearteten Objectes. Gleichzeitig mit diesen zwei Inhalten oder Vorstellungen habe ich noch einen dritten Inhalt, und zwar die Vorstellung von eben diesem jetzt mich behindernden Nicht-Ich in einer anderen Gestaltung, in einer Um\u00e4nderung, welche jenes Gef\u00fchl des Behindertseins nicht in mir erzeugen w\u00fcrde. Diese dritte Vorstellung giebt das Endziel des Versuches. Sie braucht keineswegs immer klar und deutlich zu sein. Es gen\u00fcgt schon, wenn das Ziel tr\u00fcb und vag dem Bewufstsein vorschwebt. Aber fehlen darf sie nicht, so wenig wie eine der beiden anderen. Vielmehr m\u00fcssen alle drei Elemente zugleich gegeben sein, wenn das Bewufstsein, einen Versuch zu machen oder nach einem Ziel zu streben, was ja im Grunde sich deckt, vorhanden sein soll. Diese auf die einfachste psychologische Erfahrung sich st\u00fctzende Auffassung vertheidigt Br. im weiteren Verlauf seiner Arbeit gegen m\u00f6gliche Einw\u00e4nde und Mifsverst\u00e4ndnisse.\tM. Offner (M\u00fcnchen).","page":377}],"identifier":"lit35886","issued":"1902","language":"de","pages":"375-377","startpages":"375","title":"R. Gaetschenberger: Grundz\u00fcge einer Psychologie des Zeichens. Diss. W\u00fcrzburg 1901. 132 S","type":"Journal Article","volume":"29"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:09:22.240360+00:00"}

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