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{"created":"2022-01-31T16:49:55.055208+00:00","id":"lit35902","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kiesow","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 29: 452-454","fulltext":[{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452\nLitera turbericht.\nTendenz eigent\u00fcmlich. Die holistische Tendenz \u00e4ufsert sich in einem lustbetonten Streben nach Vollst\u00e4ndigkeit, Ganzheit, Unversehrtheit, Wider-spruchslosigkeit und erreicht ihren Gipfelpunkt im Wissens- und Erkenntnifs-triebe, in der Wahrheitsliebe, in der Gr\u00fcndlichkeitsmaxime und im Cau-salit\u00e4tsbed\u00fcrfnisse. Eine oligistische Tendenz d. h. ein Streben nach Vereinfachung, Uebersichtlichkeit, Zusammenfassung liegt in der Verallgemeinerungsneigung der speculativen Philosophen aber auch in jeder anderen Systematisirungsarbeit (welche stets auf Zusammenstellung und Scheidung gerichtet ist). Einseitig entwickelt erscheinen die beiden Tendenzen in den principiell descriptiven und principiell systematischen Wissenschaften.\nDer Artikel ist gewandt geschrieben und enth\u00e4lt beachtenswerthe Hinweise. Leider fehlt darin eine specielle W\u00fcrdigung des wissenschaftlichen Oekonomieprincips in den Fassungen von Mach und von Avenarius.\nKreibi\u00f6 (Wien).\nB. Hessler. Redreaming Dreams. Psychol. Review 8 (6), 606\u2014609. 1901.\nVerf. berichtet zwei F\u00e4lle wiederholten Tr\u00e4umens, die durch einen Zeitraum von etwa 2 Jahren getrennt waren. In beiden F\u00e4llen befand er sich in einem fieberischen Zustand und unter dem Einflufs einer starken Dosis Salol. Im ersten Falle tr\u00e4umte er einen und denselben Traum etwa 20 mal, dann einen anderen Traum 12 oder 15 mal, und dann einen dritten Traum 6 oder 8 mal. Nach jedem Traum wachte er auf; dieses wiederholte Aufwachen schreibt er dem krankhaften Zustande zu. Im zweiten Falle tr\u00e4umte er, dafs er ein neues Spiel erfunden h\u00e4tte, mit dessen Ver\u00f6ffentlichung er Hunderte von Dollars verdienen werde. Dieser Traum wiederholte sich w\u00e4hrend der Nacht eine ganze Anzahl von Malen, und hinter-liefs jedesmal einen angenehmen Eindruck.\nMax Meyer (Columbia, Missouri).\nM. Brahn. Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Gef\u00fcMslehre. 1. Theil: Die Richtungen des Gef\u00fchls. Philos. Studien 18 (1), 127\u2014187. 1901.\nDer Verf. stellt sich die Aufgabe, die Dichtigkeit der neuen Gef\u00fchlslehre Wundt\u2019s einer experimentellen Pr\u00fcfung zu unterziehen.\nIm 1. Capitel \u2014 Die Entstehung des Problems der Gef\u00fchlsrichtungen \u2014 wird kurz der Nachweis gef\u00fchrt, dafs sich die Annahme von nur zwei Gef\u00fchlskategorien (Lust\u2014Unlust) f\u00fcr die Behandlung des subjectiven Inhaltes des Bewufstseins seit Kant und bei ihm selbst eigentlich nie als ausreichend erwiesen habe, ein Mangel, der sowohl bei der Beschreibung pathologischer F\u00e4lle, wie namentlich in der Lehre von den Affecten und vom Willen deutlich genug zu Tage trete, dafs aber erst Wundt, gest\u00fctzt auf die physiologischen Ver\u00e4nderungen, die beim Ablauf der Gef\u00fchle auf treten, das Verst\u00e4ndnifs dahin erweiterte, dafs er neben der bisher angenommenen Gef\u00fchlsrichtung Lust\u2014Unlust, zwei weitere Dichtungen der Elementargef\u00fchle, die der Erregung\u2014Beruhigung und der Spannung\u2014L\u00f6sung erkannte.\nIm 2. Capitel \u2014 Die psychologischen Methoden der Untersuchung \u2014 werden zun\u00e4chst zwei Methoden empfohlen, die der \\rerf. als","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturb ericht.\n453\nReizvergleicliung und Reizausgleichung bezeichnet. Im ersten Falle wurden Gef\u00fchlswirkungen mit einander verglichen, die an verschiedene Empfindungen gebunden waren. Die zweite Methode beschreibt der Yerf. selbst folgendermaafsen : \u201eIst n\u00e4mlich bei einem Reiz ein Zweifel dar\u00fcber vorhanden, welcher Richtung das von ihm erzeugte Gef\u00fchl angeh\u00f6rt, so sucht man die ihm m\u00f6glicherweise entgegengesetzten Gef\u00fchle zu erzeugen und sieht zu, ob dadurch eine Schw\u00e4chung des einen der beiden Gef\u00fchle, resp. die v\u00f6llige Verdr\u00e4ngung des schw\u00e4cheren, entgegengesetzten m\u00f6glich ist. Man kann so bei richtiger Einstellung der Intensit\u00e4ten durch Mischung eines lust- und unlustbetonten Eindrucks einen v\u00f6llig gleichg\u00fcltigen hervorbringen .... Wir konnten oft feststellen, wie sich in der That nur unter Annahme der Gef\u00fchlsrichtungen Lust\u2014Unlust und Erregung \u2014 Beruhigung diese Gef\u00fchlsausgleichungen erkl\u00e4ren lassen.\u201c Diese beiden Methoden reichen, wie der Yerf. weiter angiebt, aber nicht aus, um Spannungs- und L\u00f6sungsgef\u00fchle hervorzurufen. Er empfiehlt hierf\u00fcr einfache Reactionsversuche, sowie die Verwendung von Metronomschl\u00e4gen. Einen durchgreifenden Unterschied zwischen dem Spannungs- und Erregungsgef\u00fchl sieht Bk. in der Thatsache, \u201edafs nur das letztere andauert, w\u00e4hrend es in der Natur des ersteren liegt, periodisch zu sein, d. h. an- und abzuschwellen\u201c. \u201eEs ist ferner die Erregung ein ganz schnell und sofort in voller Intensit\u00e4t auftretendes Gef\u00fchl, die Spannung ein allm\u00e4hlich anwachsendes : bei sehr schneller Aufeinanderfolge von Metronomschl\u00e4gen kann sich das Gef\u00fchl der Spannung gar nicht zur H\u00f6he ausbilden, es kommt dann zu einem unangenehmen Erregungsgef\u00fchl.\u201c\nIm 3. Capitel \u2014 Die Ausdrucksbewegungen \u2014 behandelt der Verf. die Diagnostik der Gef\u00fchle, das Gemeingef\u00fchl und die Organgef\u00fchlstheorie, im 4. \u2014 Experimentelles \u00fcber den vasomotorischen Ausdruck der Gef\u00fchlsrichtungen \u2014, dem Haupt-theil der Abhandlung, werden zun\u00e4chst die vielverwandten Apparate, der Sphygmograph und der Plethysmograph in ihrer Brauchbarkeit f\u00fcr den vorliegenden Zweck einem Vergleich unterzogen, sodann die nach dem Verf. wichtigeren bisher auf diesem Gebiet erschienenen Arbeiten besprochen und schliefslich die von ihm selbst verwandte Methode und die damit gewonnenen Ergebnisse mitgetheilt. Wir heben aus diesem Capitel hervor, dafs der Verf. f\u00fcr seine Zwecke dem Sphygmographen gegen\u00fcber dem Plethysmographen den Vorzug gab und beschr\u00e4nken uns im Uebrigen auf die Wiedergabe der Hauptresultate der Arbeit, wie der Verf. sie am Schlufs selbst zusammengestellt hat:\n\u201e1. Die psychologische Beobachtung zeigt, dafs die W\u00fcNDT\u2019sche Ein-theilung der Gef\u00fchle in drei Gef\u00fchlsrichtungen, der Lust\u2014Unlust, Erregung\u2014Beruhigung, Spannung\u2014L\u00f6sung v\u00f6llig berechtigt ist.\n2.\tSchon untermerkliche Reize k\u00f6nnen eine Puls\u00e4nderung erzeugen und zwar eine kleine Verl\u00e4ngerung des Pulses.\n3.\tEs liefsen sich unter dem Einflufs der verschiedenartigsten Reize stets nur drei Formen paarweiser Pulsver\u00e4nderungen feststellen. Sie entsprechen genau den drei Gef\u00fchlsformen, so dafs man an-","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\nLiteraturbericht.\nnehmen kann, es seien damit auch wirklich die bestehenden Gef\u00fchlsrichtungen ersch\u00f6pft.\n4.\tDer Lust entspricht Verl\u00e4ngerung und Erh\u00f6hung, der Unlust Verk\u00fcrzung und Erniedrigung des Pulses.\nDer Erregung entspricht Erh\u00f6hung, der Beruhigung Erniedrigung des Pulses.\nDer Spannung entspricht Verk\u00fcrzung, der L\u00f6sung Verl\u00e4ngerung des Pulses; beiden aufserdem gegens\u00e4tzliche Ver\u00e4nderungen in der Dicrotie.\n5.\tDie drei Gef\u00fchlsrichtungen unterscheiden sich in ihren Pulswirkungen so, dafs zuerst die Wirkungen von Erregung\u2014Beruhigung, dann diejenigen von Lust\u2014Unlust, zuletzt die von Spannung\u2014L\u00f6sung auftreten.\n6.\tIn vielen F\u00e4llen entspricht die St\u00e4rke der Puls\u00e4nderungen der Intensit\u00e4t des begleitenden Gef\u00fchls.\n7.\tDie Erscheinungen des Spannungsgef\u00fchls zeigen ein periodisches St\u00e4rker- und Schw\u00e4cherwerden, welches den Schwankungen der Aufmerksamkeit entspricht.\u201c\nAuf zwei Tafeln sind der Arbeit aufserdem einige Curven beigegehen.\nKiesow (Turin).\nE. Petrini. lieber die M\u00f6glichkeit der sympathischen Gef\u00fchle. Archiv f\u00fcr system. Philosophie 8 (1), 71\u2014102. 1902.\nDie M\u00f6glichkeit an Zust\u00e4nden fremder Subjecte gef\u00fchlsm\u00e4fsig Antheil zu nehmen, ist bisher entweder durch die Associationstheorie (Association des Gef\u00fchls aus einer selbsterlebten Situation an die Vorstellung einer gleichen fremden Situation) oder durch die Motivverschiebungs - Theorie (die zun\u00e4chst egoistischen Gef\u00fchle f\u00fcr Andere werden allm\u00e4hlich un-interessirt), oder endlich durch F. C. Sibberns ontologische Erkl\u00e4rung (der Mensch f\u00fchlt als Glied des unendlichen Ganzen oder wenigstens einer socialen Einheit) begr\u00fcndet worden. Der Verf. lehnt diese Begr\u00fcndungen ab und sucht zu erweisen, dafs die Sympathie ein Gef\u00fchl \u201ef\u00fcr ein Wesen um seiner selbstwillen\u201c sei. \u201eAls Einheit in und von seiner Mannigfaltigkeit existirt das Ich als \u00e4sthetisch th\u00e4tiges : Das Ich geniefst. das Harmonieoder Totalit\u00e4tsverh\u00e4ltnifs, in dem es zu den Dingen steht.\u201c (S. 90.) Das Mitgef\u00fchl im eigentlichen Sinne soll danach jenes sein, welches \u201eauf einer Totalit\u00e4tsrelation zwischen dem Mitf\u00fchlenden und dem Wesen, das das Gef\u00fchl veranlafst\u201c, beruht. (S. 98).\tKreibig (Wien).\nL. Dugas. Psychologie du rire. Paris, Alcan. 1902. 178 S. Fr. 2,50.\nDer Verf. dieser \u201ePsychologie des Lachens\u201c dem wir bereits ein verdienstliches Buch \u00fcber die antike Freundschaft verdanken, kn\u00fcpft an Ribot (nicht an Bergson) an. Ribot war in seiner Psychologie des sentiments zu dem Ergebnifs gekommen, dafs sich eine geschlossene Theorie des Lachens nicht geben lasse, da es unthunlich sei, die verschiedenartigen fallweisen Ursachen desselben auf eine gemeinsame Grundquelle zu reduciren. Dasselbe Resultat erzielt Dugas, indem er am Schl\u00fcsse seiner Schrift (S. 165) erkl\u00e4rt: Das Lachen ist ein Begleitph\u00e4nomen, in dem die Individualit\u00e4t","page":454}],"identifier":"lit35902","issued":"1902","language":"de","pages":"452-454","startpages":"452","title":"M. Brahn: Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Gef\u00fchlslehre. 1. Theil: Die Richtungen des Gef\u00fchls. Philos Studien 18 (1), 127-187. 1901","type":"Journal Article","volume":"29"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:49:55.055214+00:00"}