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Über den Farbenkontrast und die sog. Berücksichtigung der farbigen Beleuchtung

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{"created":"2022-01-31T14:42:59.412733+00:00","id":"lit35929","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Jaensch, E. R.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 52: 165-180","fulltext":[{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem Physiologischen Institut der Universit\u00e4t Strafsburg.)\n-\u2022 \u2022\nUber den Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung.\nVon\nE. R. Jaensch.\n1. Farbenkontrast und Farbentransformation.\nE. Heeing hat mit Nachdruck auf die angen\u00e4herte Farbenkonstanz der Sehdinge hingewiesen. Die Dinge erscheinen durchaus nicht immer so, wie ihr physikalischer Lichtwert erwarten l\u00e4fst. Ein Blatt weifses Papier scheint ann\u00e4hernd weifs zu bleiben, wenn wir es im Schatten betrachten, ebenso bei Gaslicht oder unter dem Laubdach eines Waldes, wo es doch in Wahrheit farbiges Licht ins Auge sendet.\nWie die Beschattung, so wird auch eine farbige Beleuchtung \u201ein Abzug gebracht\u201c; so l\u00e4fst sich der Tatbestand beschreiben. Eine Theorie darf aus dieser Beschreibung nicht herausgelesen werden; insbesondere ist die durch den Wortlaut nahegelegte Auffassung abzuwehren, dafs \u201eunbewufste Schl\u00fcsse\u201c oder Abstraktionsprozesse im Sinne der Psychologie den Grund der Erscheinung darstellen. Den Grund des Tatbestandes kann erst die Untersuchung auf weisen. Dafs Beschreibungen von Tatbest\u00e4nden der Empfindungen so leicht als Erkl\u00e4rungen dieser Tatbest\u00e4nde mifsdeutet werden k\u00f6nnen, hat seinen Grund in der Eigenart und den logischen M\u00e4ngeln der Ausdr\u00fccke, die die Sprache zur Beschreibung von Empfindungstatbest\u00e4nden besitzt. Der wissenschaftlichen Psychologie geht eine popul\u00e4re voraus, deren Ansichten in den Worten der Sprache niedergelegt sind. Darum suggerieren die Worte, deren wir uns bei der Beschreibung bedienen, leicht schon die popul\u00e4re psychologische\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 52.\t12","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nE. B. Jaensch.\nDeutung der beschriebenen Tatbest\u00e4nde, in unserem Falle die Ansicht, dafs der \u201eAbzug der Beleuchtung\u201c Folge eines psycho* logischen Abstraktionsvorgangs sei.\nHier aber geht uns zun\u00e4chst nur die Tatsache, nicht ihre Deutung an. G\u00e4be es diese Tatsache einer \u201eBer\u00fccksichtigung der Beleuchtung\u201c nicht, so \u201ew\u00fcrde eine unter gr\u00fcnem Laubdach gesehene weifse Blume dieselbe Farbe zeigen wie ein gr\u00fcnes Baumblatt unter freiem Himmel, und ein bei Tageslicht weifser Zwirnkn\u00e4uel m\u00fcfste bei Gaslicht die Farbe einer Orange zeigen\u201c. (Hering, Grundz\u00fcge der Lehre vom Lichtsinn, S. 16.)\nUm theoretisch unverbindliche Ausdr\u00fccke zu verwenden, wollen wir die gew\u00f6hnlich sog. \u201eBer\u00fccksichtigung des Schattens\u201c als \u201eHelligkeitstransformation\u201c, die sog. \u201eBer\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung\u201c als \u201eFarbentransformation\u201c bezeichnen.\nSehr eindringlich kann man nach Hering die Erscheinung mit Hilfe eines einfachen Photometers zeigen (a. a. O. S. 15). Man bedeckt die eine Kathetenfl\u00e4che des rechtwinkligen Holzprismas mit einem passend ausgew\u00e4hlten nicht gl\u00e4nzenden braunen, die andere mit einem ebensolchen ultramarinblauen Papier. Das braune Papier wird mittels eines Spiegels durch das Licht der weifsen Himmelsfl\u00e4che, das blaue durch eine Gasflamme be* leuchtet. Durch das vertikale Rohr des Photometers betrachtet, erscheinen bei passend gew\u00e4hlter Intensit\u00e4t beide Papiere gleich, n\u00e4mlich braun; bei dieser Anordnung werden beide Fl\u00e4chen gem\u00e4fs dem von ihnen reflektierten Strahlengemisch gesehen. Betrachtet man nun das blaue Papier bei freier Einwirkung des Gaslichtes und bei Sichtbarkeit der Beleuchtungsart, indem man etwa die Fenster schliefst und den Photometerkasten \u00f6ffnet, so erscheint es blau, also ganz \u00e4hnlich, wie es bei Tageslicht erscheinen w\u00fcrde. \u2014 Hering war geneigt, die Farbentransformation durch Umstimmung infolge der bekannten physiologischen Adaptation an die farbige Beleuchtung zu erkl\u00e4ren. Dafs diese Deutung nicht zutrifft, hat bereits Katz 1 durch sinnreiche Versuche dargetan. Derselbe Forscher wies darauf hin, dafs eine gleich starke Farbentransformation, wie sie bei farbiger Beleuchtung auftritt, durch den Umgebungs* kontrast niemals erzielt werden kann, und dafs es darum nicht angeht, die Transformation durch farbige Beleuchtung als eine Wirkung des Umgebungskontrastes zu betrachten. Es lag ja\n1 Die Erscheinungsweisen der Farben. Leipzig 1911. S. 270.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung. 167\nimmerhin nahe, diese Hypothese aufznstellen und sie durch folgende Erw\u00e4gung zu st\u00fctzen: Setzt man eine blaue Fl\u00e4che gelber Beleuchtung aus, so dafs sie \u201ebraunes\u201c (d. h. objektiv gelbes) Licht reflektiert, dann f\u00e4rbt sich auch die Umgebung gelb; infolgedessen wird am Ort unserer Fl\u00e4che selbst die Gegenfarbe, also Blau erregt werden.\nAuch aus anderen Gr\u00fcnden ist die Zur\u00fcckf\u00fchrung der Farbentransformation auf den Farbenkonirast unstatthaft. Die hier behandelten Erscheinungen der Farbentransformation sind denen der Helligkeitstransformation1 vollkommen analog. Helligkeitstransformation und Farbentransformation folgen ganz analogen Gesetzen. Im Falle der Helligkeitstransformation aber konnten wir (a. a. O.) mit Strenge nachweisen, dafs die Erkl\u00e4rung mit Hilfe des Kontrasts unzutreffend ist. Ist nun der Helligkeitskontrast nicht die Ursache der Helligkeitstransformation, dann kann wegen der strengen Analogie von Farbentransformation und Helligkeitstransformation auch der Farbenkontrast nicht die Ursache der Farbentransformation sein.\nObwohl es also nicht angeht, die Farbentransformation auf den Farbenkontrast zur\u00fcckzuf\u00fchren, so besteht doch zwischen beiden Erscheinungsgebieten eine enge Beziehung. E. R. Jaensch und E. A. M\u00fcller untersuchten nebeneinander Helligkeitskontrast und Helligkeitstransformation und fanden zwischen beiden Gebieten eine Beziehung, die sich in folgendem \u201e\u00dcberf\u00fchrungssatz\u201c ausdr\u00fcckt.\n\u201eInfeld\u201c nennen wir bei den Kontrastversuchen das kontrastleidende Feld, bei den Transformations versuchen das transformationsleidende Feld, d. h. die Scheibe, die der abnormen Beleuchtung (Beschattung, farbigen Beleuchtung) ausgesetzt ist. Der Kontrasterreger heilst \u201eUmfeld\u201c, der Transformationserreger heilst \u201ebeleuchteter Raum\u201c ; je nachdem eine beschattete oder farbig beleuchtete Scheibe vorgelegt ist, \u201edunkel-, \u201erot-, \u201egr\u00fcn-usw. beleuchteter Raum\u201c. Alsdann gilt nach den experimentellen\n1 Ihre Gesetze entwickeln: E. R. Jaensch und E. A. M\u00fcller, Zeitschr. f. Psychologie 83, S. 266. \u2014 Die gegenw\u00e4rtige Untersuchung wurde 1911 im Physiologischen Institut zu Strafsburg durchgef\u00fchrt. Eine ganz knappe Mitteilung und Diskussion des Hauptergebnisses gab ich in einem Vortrag des Naturwissenschaftlich-Medizinischen Vereins zu Strafsburg (Ber. \u00fcber die Sitzung vom 12. Mai 1912. M\u00fcnchn. med. Wochenschr. 59, 2, 1912) und im Bericht \u00fcber den V. und den VI. Kongrefs d. Ges. f. exp. Psychologie (Leipzig 1912 und 1914).\n12*","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nE. R. Jaensch.\nUntersuchungen von E. R. Jaensch und E. A. M\u00fcller f\u00fcr Helligkeitskontrast und Helligkeitstransformation der \u201e\u00dcberf\u00fchrungssatz\u201c : Die quantitativen Gesetze des (Helligkeits-) Kontrastes gehen \u00fcber in die Gesetze der (Helligkeits-) Transformation, wenn man in den Kontrastgesetzen den Terminus \u201eUmfeld\u201c ersetzt durch den Terminus \u201ebeleuchteter Raum\u201c. Gesetze, die in dieser Weise Zusammenh\u00e4ngen, wurden \u201eParallelgesetze\u201c genannt. Unterzieht man nun die F a rb en transformation und den F a r b e n kontrast in \u00e4hnlicher Weise einer vergleichenden Untersuchung, so ergibt sich auch f\u00fcr diese beiden Gebiete die G\u00fcltigkeit des \u00dcberf\u00fchrungssatzes. Die in seiner obigen Formulierung in Klammern hinzugef\u00fcgte Einschr\u00e4nkung, welche seine G\u00fcltigkeit auf \u201eHelligkeits\u201c kontrast und -transformation einschr\u00e4nkte, darf also nun wegbleiben. Wie Helligkeitskontrast und Helligkeitstransformation, so sind auch Farbenkontrast und Farbentransformation \u201eParallelgesetze\u201c.\nDamit ist die Frage der \u201eFarbenkonstanz\u201c und des Kontrastes gegen\u00fcber ihrer letzten Phase, die durch das KATzsche Werk bezeichnet wird, in ein v\u00f6llig neues Stadium getreten. Katz hatte richtig erkannt und nachgewiesen, dafs die sog. Farbenkonstanz nicht auf den Kontrast zur\u00fcckf\u00fchrbar ist. Auf dieser Einsicht fufsend, ging Katz dazu \u00fcber, beide Erscheinungen aufs sch\u00e4rfste zu trennen und ganz verschiedenen Gebieten zuzuweisen, indem er die angen\u00e4herte Farbenkonstanz psychologisch (bzw. zentral) erkl\u00e4rte, den Kontrast dagegen, ganz im Sinne von Hering, auf die physiologische Wechselwirkung der Sehfeldstellen bzw. ihrer materiellen Korrelate zur\u00fcckf\u00fchrte. Unsere Untersuchungen zeigen, dafs zwischen beiden Gebieten nun doch ein enger Zusammenhang besteht, wenn auch von anderer Art als die Theorie annahm, welche die \u201eFarbenkonstanz\u201c auf den L Kontrast zur\u00fcckf\u00fchrte.\n2. Anwendung desPrinzips der Parallelversuche auf\nFarbenkontrast und Farbentransformation.\nDie Parallelgesetze von Helligkeitskontrast und Helligkeitstransformation ergaben sich, als wir in beiden Erscheinungsgebieten die Versuchsbedingungen in analoger Weise ab\u00e4nderten, in beiden also analoge quantitative Versuche ausf\u00fchrten. Nunmehr m\u00fcssen f\u00fcr Farbenkontrast und Farbentransformation entsprechende quantitative Versuche durchgef\u00fchrt werden. Dabei\nV","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung. 169\nk\u00f6nnen wir, wie dort beim Helligkeitskontrast, so hier beim Farbenkontrast an die klassischen Untersuchungen der Hering-schen Schule ankn\u00fcpfen. Waren dort zu den Untersuchungen \u00fcber Helligkeitskontrast die parallelen Versuche \u00fcber Helligkeitstransformation anzustellen, so sind hier in strenger Analogie zu den Farbenkontrastversuchen Paralleluntersuchungen \u00fcber Farbentransformation vorzunehmen.\nDie wichtigsten quantitativen Gesetze des Farbenkontrastes sind der Arbeit von Pretori und Sachs1 zu entnehmen. Die Autoren gehen davon aus, dafs der Grad der Kontrastwirkung von der Weifsvalenz des Infelds abh\u00e4ngt. Man lasse das kontrasterregende farbige Umfeld konstant und ver\u00e4ndere die Helligkeit, d. h. die Weifsvalenz des auf der Kreiselscheibe angebrachten ringf\u00f6rmigen Infelds, das durch einen weifsen und schwarzen Sektor gebildet wird, also objektiv neutralgrau ist. Ist im Infeld nur Schwarz eingestellt, so erscheint der tiefschwarze mittlere Ring in der Farbe des Umfelds, allerdings nur sehr schwach gef\u00e4rbt. Nun wird dem Infeld allm\u00e4hlich Weifs zugesetzt. Alsdann nimmt die mit dem Umfeld gleiche F\u00e4rbung des Ringes ab; er erscheint schliefslich dunkelgrau, um bei weiterem Zusatz die Kontrastfarbe anzunehmen, die dann innerhalb gewisser Grenzen um so lebhafter hervortritt, je gr\u00f6fser der Weifszusatz war. In einem konkreten Falle: das Umfeld sei rot; der zun\u00e4chst aus Schwarz bestehende Ring erscheint r\u00f6tlich, um bei bestimmtem Wbifszusatz farblos und bei weiterem Weifszusatz in steigendem Mafse gr\u00fcn zu werden. Jede F\u00e4rbung aber l\u00e4fst sich durch einen Zusatz gegenfarbigen Lichtes wieder aufheben. So kann die gr\u00fcne Kontrastfarbe des Infelds im obigen Beispiel durch einen Zusatz von Rot neutralisiert werden. Die Gr\u00f6fse des hierzu erforderlichen Zusatzes wechselt mit der Helligkeit, d. h. der Weifsvalenz des Ringes. Es erhebt sich die Frage, wie die Gr\u00f6fse des neutralisierenden F\u00e4rb-Zusatzes wachsen mufs, wenn die Weifsvalenz des Ringes w\u00e4chst. Die Antwort mufs sich in einer graphischen Darstellung geben lassen. Als Abszissen (x) eines rechtwinkligen Koordinatensystems werden die Weifsvalenzen, als Ordinaten (y) die neutralisierenden Farbvalenzen auf getragen. Die Frage lautet dann:\n1 Messende Untersuchungen des farbigen Simultankontrastes. Pfl \u00fcgers Archiv 60, S. 71. 1895.","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nE. R. Jaensch.\nwelches Kurvenbild ergibt sich? M. a. W. : die neutralisierenden F\u00e4rb Valenzen (y) sind eine Funktion der Weifsvalenzen (x), also y = f (x); welche Form hat f (x)? Die Beantwortung der Frage bereitet keine Schwierigkeiten. Die Weifsvalenz des Reizes wird durch die Gr\u00f6fse des Weifssektors 1 gemessen, seine Farbvalenz durch die Gr\u00f6fse des farbigen Sektors. Als Abszissen sind also die weifsen Sektoren aufzutragen, als Ordinaten die farbigen, die das Infeld eben gerade neutralisieren.\nDie graphische Darstellung der Resultate ergibt, welches auch die Farbe des Umfeldes sei, schr\u00e4ge gerade Linien, die in der Richtung der Abszissenachse ansteigen ; m. a. W. : y und x wachsen proportional. Das unter dem Einflufs eines bestimmten kontrasterregenden Umfelds grau erscheinende Infeld bleibt grau, wenn seine weifse und farbige Valenzen proportional wachsen. (1. Satz von Pretori und Sachs.) Die zugesetzte Farbe ist hierbei immer die des Umfelds.\n3. Die Methode der normalbeleuchteten \u00c4quivalenzscheiben\nZu diesen Kontrastversuchen von Pretori und Sachs ist nun der Parallel versuch bei den Transformationsfarben anzustellen. Das allgemeine Prinzip der Parallelversuche verlangt, dafs die \u201eBeleuchtung\u201c bei den Transformationsfarben in analoger Weise variiert wird, wie die Farbe des \u201eUmfelds\u201c bei den Kontrastversuchen, und dafs das \u201eInfeld\u201c bei der Transformation in analoger Weise variiert wird wie beim Kontrast (vgl. Jaensch und M\u00fcller a. a. 0.). Das Umfeld blieb im Kontrastversuche unge\u00e4ndert; also ist im Parallelversuche die Beleuchtung konstant zu halten. Die Weifsvalenz des Infelds wurde beim Kontrastversuch gesteigert; also ist auch beim Parallelversuche die Weifsvalenz des Infelds zu steigern.\nDie Durchf\u00fchrung der so umgrenzten Aufgabe st\u00f6fst jedoch auf eine technische Schwierigkeit. Wir brauchen hier, wie bei den Kontrastversuchen, ein Mafs f\u00fcr die weifsen und farbigen Valenzen. Bei den Kontrastversuchen, die bei Tagesbeleuchtung angestellt werden, war dieses Mafs gegeben durch die Gr\u00f6fse des weifsen und des farbigen Sektors. Die gegenw\u00e4rtigen Versuche\n1 Wobei der Weifswert des in Wahrheit ja nicht lichtlosen, sondern dunkelgranen Schwarzsektors, und ebenso der Weifswert des farbigen Sektors mit in Rechnung zu setzen ist (1\u00b0 Tuchschwarz == 1/Q0\u00b0 Weifs, nach Hess).","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung. 171\nerfolgen unter farbiger Beleuchtung. Darum ist die Gr\u00f6fse der farbigen Valenzen jetzt nicht mehr in ebenso einfacher Weise anzugeben. Der weifse Sektor eines gelbbeleuchteten Infelds z. B. ist nicht mehr als reine Weifsvalenz in Rechnung zu s tzen, da er gelbes Licht reflektiert. Er gibt ebensowenig ein Mafs f\u00fcr \u25a0die Weifsvalenz, wie die Gr\u00f6fse des gelbbeleuchteten Blausektors die Blauvalenz anzeigt.\nIndessen ist durch einen einfachen Kunstgriff die Schwierigkeit zu umgehen und die bei den Kontrastversuchen ge\u00fcbte Mafstechnik auf die neuen Versuche zu \u00fcbertragen. Erfahrungen des t\u00e4glichen Lebens weisen den Weg. Stecke ich in der Morgend\u00e4mmerung die elektrische Gl\u00fchlampe meines Zimmers an, w\u00e4hrend die L\u00e4den noch geschlossen sind, so erscheinen die durch die Ritzen sichtbaren Ausschnitte des B\u00fcrgersteigs sofort in ges\u00e4ttigt-gr\u00fcnblauer Farbe. Unerl\u00e4fsliche Vorbedingung ist, dafs der Ausschnitt klein und das durch ihn Sichtbare eine optisch-homogene Fl\u00e4che sei, Einzelheiten also nicht erkennbar sind. Ist die letztere Bedingung unerf\u00fcllt, sind etwa hinter dem Ausschnitt nicht die homogenen Fl\u00e4chen grofser Steinplatten des B\u00fcrgersteigs sichtbar, sondern die kleinen Pflastersteine des Fahrdamms, dann f\u00e4llt die F\u00e4rbung sofort hinweg. Die Einzelheiten, die im Gegensatz zu vorhin nun sichtbar sind, lassen die Art der Beleuchtung erkennen. Man sieht nun, auch bei sehr kleinem Ausschnitt, dafs die Strafse unter Tagesbeleuchtung steht, und sofort kommt jede Buntf\u00e4rbung in Wegfall; das durch den Ausschnitt Gesehene erscheint jetzt ebenso neutral, wie man die Strafse sieht, wenn man sie draufsenstehend betrachtet. Sind aber die genannten Bedingungen erf\u00fcllt, ist der Ausschnitt klein, sein Inhalt homogen, dann erscheint dieser Inhalt in ges\u00e4ttigtgr\u00fcnblauer F\u00e4rbung, w\u00e4hrend seine Valenz objektiv ja die weifse ist. Angenommen nun, wir b\u00f6ten bei rotgelber Beleuchtung eine weifsvalente Scheibe dar, also eine (farbige) Scheibe, die dasselbe Lichtgemisch reflektiert wie eine neutrale bei Tageslicht, so w\u00fcrde diese Scheibe unter dem Einflufs der Farbentransformation gr\u00fcnblau erscheinen. Kehren wir zu unserer Beobachtung an den Roll\u00e4den zur\u00fcck, so wird hier ein normalbeleuchtetes neutrales Feld gr\u00fcnblau gesehen, also jedenfalls in \u00e4hnlicher, vielleicht in gleicher Weise transformiert wie ein Feld, das sich in dem farbig beleuchteten Raum selbst befindet und dieselbe Valenz besitzt \u2014 immer bei Erf\u00fcllung der genannten","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nE. R. Jaensch.\nbeiden Voraussetzungen. Ob die Transformation nur eine \u00e4hnliche oder eine streng gleiche ist, war zun\u00e4chst durch einen Hilf s-versuch zu entscheiden.\nDieser Hilfsversuch bringt die oben geschilderte Beobachtung in eine exakte Form. Die einen farbig beleuchteten Baum Rf abschliefsende Wand besitzt einen kleinen Ausschnitt A nach einem normal beleuchteten Raum Rn hin, in dem ein Farbenkreisel Kn so aufgestellt wird, dafs er dem in Rf befindlichen Beobachter durch den Ausschnitt A hindurch sichtbar ist. Dabei sind die angegebenen Vorsichtsmafsregeln zu beobachten: Kleinheit des Ausschnitts und optische Homogenit\u00e4t des darin sichtbaren Feldes. Ein zweiter Farbenkreisel Kf wird in dem farbig be-\nFigur 1.\nleuchteten Raum selbst aufgestellt. Der Hilfsversuch hat zu entscheiden, ob Kn unter dem Einflufs der farbigen Beleuchtung* genau ebenso transformiert wird wie Kf, m. a. W : ob Kn und Kf genau gleich erscheinen, wenn sie genau gleiche Valenzen besitzen. Scheiben, welche gleiche Valenzen besitzen, sollen \u201e\u00e4quivalent\u201c heifsen. Zufolge der Ergebnisse des Hilfsversuchs, der an einer ganzen Reihe von Vpn. angestellt wurde, erscheinen \u00e4quivalente Scheiben tats\u00e4chlich gleich. \u00c4quivalente Scheiben auf Kn und Kf werden also in gleicher Weise transformiert. Wir k\u00f6nnen somit, ohne einen Fehler zu begehen, die Gesetze der Transformation auch an Kn ermitteln statt an Kf, d. h. wir d\u00fcrfen in unseren Untersuchungen die farbig beleuchtete Scheibe durch eine \u00e4quivalente normalbeleuchtete Scheibe ersetzen. Wir schlagen diesen Weg ein und bezeichnen ihn als \u201eMethode der normalbeleuchteten \u00c4qui-","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung. 173,\nvalenz sch eiben\u201c. Diese Methode umgeht die eingangs erw\u00e4hnte technische Schwierigkeit, die Valenzen farbig beleuchteter Scheiben zu messen; unsere Methode arbeitet nur mit normalbeleuchteten Scheiben, also durchweg mit bequem mefsbaren Valenzen.\nDie Hilfsversuche werden an derselben Anordnung durchgef\u00fchrt,, die sp\u00e4ter auch den Hauptversuchen diente. Durch ausgedehnte Papierschirme (S), die auf Holzrahmen aufgespannt sind und einen \u00dcberzug von homogenem Papier tragen, sind im Versuchszimmer zwei R\u00e4ume Rn, Rf abgegrenzt. Diese Anordnung bewirkt, dafs Rn das Licht nur vom Fenster aus erh\u00e4lt, also unter normaler Tagesbeleuchtung steht, w\u00e4hrend Rf zugleich von dem diffusen Tageslicht und der farbigen Lichtquelle Rf beleuchtet wird. Als solche dient bei den Versuchen mit gelber Beleuchtung eine Gaslampe, bei Versuchen mit andersfarbiger Beleuchtung ein Projektionsapparat mit automatisch regulierender Bogenlampe 1, in dessen Strahlengang farbige Glasplatten gebracht werden. Das Objektiv des Projektionsapparats ist abgenommen; der vom Kollektor erzeugte Lichtkegel besitzt an den in Betracht kommenden Stellen hinreichenden Querschnitt, um die ganze Versuchsanordnung zu beleuchten. In der dem Beobachter gegen\u00fcberliegenden Wand S2 ist ein ganz scharfrandiger quadratischer Ausschnitt A angebracht \u2014 bei einigen Versuchen 1,5 cm2, bei anderen 2 cm2 grofs \u2014 hinter dem der normalbeleuchtete Kreisel Kn aufgestellt wird, so dafs seine Scheibe schr\u00e4g sowohl gegen das durch das Fenster F einfallende Licht wie gegen die Visierlinie des Beobachters orientiert ist. Da der farbig beleuchtete Raum Rf nach dem normalbeleuchteten Raum Rn hin durch Schirme abgeschlossen ist, so k\u00f6nnte nur durch den Ausschnitt farbiges Licht auf die Scheibe Kn gelangen, die ja aus-schliefslich unter normaler Beleuchtung stehen soll. Durch geeignete Aufstellung der Lichtquelle Lf und des Kreisels Kn wird daf\u00fcr Sorge getragen, dafs weder direktes noch reflektiertes farbiges Licht in physiologisch relevanter Menge die Scheibe Kn treffen kann. Die farbige Lichtquelle wird so aufgestellt, dafs der von Lf durch den Ausschnitt A hindurchgesandte Lichtkegel die Kreiselscheibe nirgends schneidet; direkte farbige Be-\n1 Die Einstellungsbewegung, w\u00e4hrend der sich das Licht intensiv \u00e4nderte, verriet sich durch ein Ger\u00e4usch. Beobachtet wurde nur, w\u00e4hrend\ndie Lampe ruhig \u2014 und dann mit befriedigender Konstanz \u2014 brannte.","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nE. R. Jaensch.\nStrahlung von Kn ist dann ausgeschlossen. Die Stelle der Wand, an der der Strahlenkegel im Raum Rn auff\u00e4llt, ist zur Vermeidung von Reflexionen und diffuser Ausbreitung farbigen Lichtes geschw\u00e4rzt. Ob durch den Schirm S2 und die Zimmerwand keine in Betracht kommenden Lichtmengen in den Ausschnitt reflektiert wurden, kontrollierte ich durch Verschiebung eines Spiegels l\u00e4ngs dieser Ebenen. Die Lichtquelle Lf und der Kreisel Kn sind so aufzustellen, dafs der vom Spiegel entworfene Reflex den durch den Ausschnitt sichtbaren Teil der Kreiselscheibe nirgends trifft. Etwaige Reflexe der Wand werden durch Anbringung des Spiegels aufserordentlich verst\u00e4rkt. Ist der Spiegelreflex nicht sichtbar, also physiologisch unwirksam, so mufs dies erst recht der Wandreflex sein.\nMit dieser Anordnung, die dann auch der Hauptversuchsreihe diente, wird zun\u00e4chst der Hilfsversuch angestellt, der entscheiden soll, ob die normalbeleuchtete Scheibe Kn unter dem Einflufs der in Rf herrschenden farbigen Beleuchtung genau in derselben Weise transformiert wird, wie eine \u201e\u00e4quivalente\u201c Scheibe, die in dem farbig beleuchteten Raum Rf selbst steht. Zu dem Behuf wird ein zweiter Kreisel Kf in Rf selbst aufgestellt, m\u00f6glichst dicht unterhalb des Ausschnittes A, also so, dafs die untere Quadratseite von A eine (verdeckte) Sehne der Kreisperipherie von Kf ist. Die Ersetzbarkeit von Kf und Kn kann nun auf zweifache Art bewiesen werden; entweder Kf und Kn wird die gleiche Valenz erteilt und dann gezeigt, dafs sie in diesem Falle auch gleich erscheinen, oder die Scheiben werden zun\u00e4chst auf scheinbare Gleichheit eingestellt, dann auf ihre Valenzen gepr\u00fcft und untersucht, ob ihre Valenzen bei jener Einstellung gleich sind. Die Einstellung auf scheinbare Gleichheit hat bei freiem \u00dcberblick \u00fcber die ganze Versuchsanordnung zu erfolgen. Die Einstellung von Kn und Kf auf gleiche Valenz erfolgt wieder mit Hilfe eines Reduktionsschirmes Sch, der von beiden Scheiben je nur einen kleinen Ausschnitt sehen l\u00e4fst, darum jede \u201eBer\u00fccksichtigung der Beleuchtung ausschliefst und die Vergleichung der objektiven Lichtwerte (Valenzen) gestattet\u201c (vgl. Jaensch und M\u00fclleb a. a. 0.). Die Gleichheitseinstellung der Valenzen ist aber an unserer Anordnung (wegen der Kleinheit der Felder bei Sch) nicht mit derselben Genauigkeit zu vollziehen wie die Einstellung auf scheinbare Gleichheit. Darum empfiehlt es sich, zuerst auf scheinbare Gleichheit einzustellen und dann mittels des","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung. 175\nReduktionsschirms zu pr\u00fcfen, ob bei dieser Einstellung auch Valenzgleichheit besteht; unzweckm\u00e4fsig dagegen w\u00e4re das umgekehrte Verfahren, von der Einstellung auf Valenzgleichheit uuszugehen und dann die Frage der Erscheinungsweise zu untersuchen. Verf\u00e4hrt man auf letztere Art und erschienen hierbei in der 2. Versuchsphase die \u201e\u00e4quivalenten\u201c Scheiben nicht gleich, dann k\u00f6nnte das auch darauf beruhen, dafs die Gleichheit der Valenzen nicht mit derselben Genauigkeit festgestellt werden konnte wie die scheinbare Gleichheit. Dem wird vorgebeugt, wenn man zun\u00e4chst auf scheinbare Gleichheit einstellt und dann die Valenzen pr\u00fcft. Der an einer Reihe von Vpn. angestellte Hilfsversuch ergab \u00fcbereinstimmend, dafs Kn und Kf, wenn sie auf gleiche Erscheinuogsweise eingestellt sind, auch die gleichen Valenzen haben (\u201e\u00e4quivalent\u201c sind), und umgekehrt. Da somit eine farbigbeleuchtete Kreiselscheibe Kf, die die gleiche Valenz hat wie eine normalbeleuchtete Kn, auch genau so erscheint wie Kn, so ist bei unseren Versuchen die farbig beleuchtete Scheibe durch eine normalbeleuchtete ersetzbar. Die Valenz dieser aber kann in einfacher Weise bestimmt werden.\n\u2014 Das ist das in unseren Arbeiten noch mehrfach verwandte\n\u2022 \u2022\nPrinzip der \u201enormalbeleuchteten Aquivalenzscheiben\u201c.\nEs ist der Einwand m\u00f6glich, die gleiche Erscheinungsweise der \u00e4quivalenten Scheiben r\u00fchre nur daher, dafs sie beide im Gesichtsfeld unmittelbar aneinanderstofsen, darum mit einem Akte der Aufmerksamkeit erfafst w\u00fcrden und f\u00fcr den Vergleich besonders g\u00fcnstige Bedingungen b\u00f6ten. Eine unter dem Einflufs der Farbentransformation im allgemeinen auftretende Verschiedenheit k\u00f6nnte vielleicht dadurch zum Verschwinden gebracht worden sein, dafs sich wegen der r\u00e4umlichen Benachbarung die Gleichheit der Lichtgemische trotz des Vorhandenseins der bunten Beleuchtung unmittelbar auf dr\u00e4ngt. Tatsachen der Raum Wahrnehmung legen diesen Einwand nahe. Der Finger, den ich unmittelbar vor das Antlitz halte, wird kleiner gesehen als ein ferner Baum, der unter demselben Gesichtswinkel erscheint. Man kann sich aber den Eindruck der Gleichheit verschaffen, wenn man beide Objekte im Gesichtsfeld zur Deckung oder nahe aneinander bringt (Hering). Eine durch Verschiedenheit des subjektiven Mafsstabs bedingte Ungleichheit ist hier durch Einf\u00fchrung von Versuchsbedingungen, die zu einer Vergleichung der Netzhaut, bilder herausfordern, verdeckt worden.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nE. B. Jaensch.\nEs l\u00e4fst sich unschwer zeigen, dafs dieser Einwand nicht zutrifft. 1. bleibt die Gleichung zwischen den Feldern Kn und Kf auch dann bestehen, wenn man durch Versetzung der Scheibe Kf den Abstand zwischen Kn und Kf vergr\u00f6fsert, wofern dabei Kf keine nennenswerte \u00c4nderung seiner objektiven Beleuchtung erf\u00e4hrt; 2. \u00e4ndert keines der Felder seine Erscheinung in nennenswerter Weise, wenn das andere verdeckt oder entfernt wird, vorausgesetzt, dafs hierbei keine erhebliche Ver\u00e4nderung des Umgebungskontrastes eintritt.\nDer Grund, weshalb die \u00e4quivalenten Scheiben Kn und Kf trotz ihrer verschiedenen Beleuchtung in gleicher Weise transformiert werden, ist bei den Versuchen unschwer zu erkennen. Ist der Versuch ordnungsgem\u00e4fs durchgef\u00fchrt, der Ausschnitt also hinreichend klein und scharfrandig hergestellt, so hat man den Eindruck, eine in der Wandebene selbst gelegene andersfarbige Fl\u00e4che zu sehen, nicht aber durch einen Ausschnitt hindurch zu blicken. Oft entfernt sich der Eindruck noch weiter von dem eines Ausschnitts. Nicht selten gaben die Vpn. an, dafs sie die andersfarbige Fl\u00e4che nicht nur in der Wandebene s\u00e4hen, sondern etwas erhaben, wie wenn sie als ein Blatt andersfarbigen Kartons auf die Wandfl\u00e4che aufgeklebt w\u00e4re. Das durch den Ausschnitt gesehene Feld scheint also geradezu im Innern des farbig beleuchteten Raumes zu liegen. Die Erscheinung ist nur bei ein\u00e4ugiger Betrachtung deutlich und besonders dann, wenn die R\u00e4nder des Ausschnitts zuf\u00e4llig einmal nicht ganz scharf, glatt und nach hinten zu abgeschr\u00e4gt sind, so dafs man den Querschnitt des Papiers sehen kann. Es liegt also einer der von Ewald und Gross beschriebenen pseudoskopischen Effekte vor, bei denen das Hintere vorn, das Vordere hinten gesehen wird {Pfl\u00fcgers Archiv 115. 1906). In unserem Fall scheint der Querschnitt nicht von der Papierebene aus in der Tiefe zu gehen, sondern auf dem Papiere zu liegen, wie der Querschnitt eines aufgeklebten Kartonblatts. Das von Kn herr\u00fchrende Feld erscheint also entweder in der Wandebene oder vor ihr, beide Male also innerhalb des farbigbeleuchteten Raumes; darum ist verst\u00e4ndlich, dafs Kn genau in derselben Weise transformiert wird wie eine Fl\u00e4che Kf, die nicht nur scheinbar, sondern wirklich in dem farbigbeleuchteten Raum liegt.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung. 177\nBei einem der \u00fcberzeugendsten der von Ewald und Gross angegeb\u00e8nen Versuche (Ph\u00e4nomen der durchbrochenen Platte) wird die Fixation eines vor dem Objekt gelegenen Punktes und zugleich die sorgf\u00e4ltige Auswahl der Beleuchtung gefordert. Bei einem anderen Versuch (Versuch mit Umkehr der den beiden Augen gelieferten Ansichten) wird durch Anbringung von Spiegeln eine ungew\u00f6hnliche Beleuchtung eingef\u00fchrt und der pseudoskopische Effekt dadurch gesteigert. Wir lassen dahingestellt, ob der pseudoskopische Effekt auch in unserem Falle dadurch bef\u00f6rdert wird, dafs bei unserem Hauptversuch die Fixation im Beginn der kurzdauernden Beobachtung auf Einern vorn gelegenen Punkte ruht, und dafs die Beleuchtung von zwei Seiten her, also auf ungew\u00f6hnliche Art erfolgt.\n4. Die Hauptversuche.\nDie Hauptversuche, vor deren Beginn Kf entfernt wird, so dafs nur das homogene Feld mit dem Ausschnitt sichtbar ist, gehen folgendermafsen vor sich. Auf der Scheibe Kn wird ein farbiger Sektor, ann\u00e4hernd von dem Ton der farbigen Beleuchtung, fest eingestellt, z. B. bei Gaslicht ein bestimmtes Gelb. Aufser diesem farbigen enth\u00e4lt die Scheibe noch einen weifsen und schwarzen Sektor. Es wird nun diejenige Weifsvalenz, also dasjenige Verh\u00e4ltnis von Weifs- und Schwarzsektor ermittelt, bei dem der Ausschnitt neutral erscheint. Darauf wird ein g r \u00f6 f s e r e r farbiger Sektor fest eingestellt und auch hier wieder durch Zusatz von Weifs die anf\u00e4ngliche Gelbf\u00e4rbung beseitigt, bis die neutralgraue Farbe erreicht ist. Wurde bisher im engen Anschlufs an Pretori und Sachs der farbige Sektor festgehalten und die neutralisierende Weifsvalenz ermittelt, so haben wir bei den sp\u00e4teren Versuchen umgekehrt den Weifssektor konstant gelassen und dann den farbigen Sektor aut Kosten des schwarzen verschoben, bis die neutralgraue Erscheinungsweise erreicht war; beides ist gleichbedeutend, wofern nur bei der Verrechnung die Weifsvalenzen aller drei Sektoren Ber\u00fccksichtigung finden. \u2014 Im einzelnen lehnt sich die Versuchsmethode m\u00f6glichst eng an das von Pretori und Sachs bei den analogen Kontrastversuchen beobachtete Verfahren an. Um Sukzessivkontrast auszuschliefsen, hatten Pretori und Sachs die Versuchsanordnung immer nur f\u00fcr kurze Momente exponiert und dabei die Grenzlinie zwischen Infeld und Umfeld fixieren lassen. Dem entsprechend wird auch unsere Anordnung durch Hochhebung eines neutralgrauen Kartons, der selbst von dem farbigen Licht nicht getroffen wird, immer nur f\u00fcr kurze Momente freigegeben. Die zur Betrachtung geeignete kurze Expositionszeit, f\u00fcr jede Vp. besonders ermittelt","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nE. R. Jaensch.\nund dann festgehalten, wird durch die Schl\u00e4ge eines Metronoms angegeben. Um schon vor der Exposition richtige Fixationsstellung zu erm\u00f6glichen, ist zwischen dem neutralgrauen Karton und der Vp. ein Fadenkreuz angebracht; sein Schnittpunkt liegt f\u00fcr das Auge des Beobachters, dessen Kopf durch Kinnst\u00fctze fixiert ist, genau vor dem beim Versuch zu fixierenden Punkt, also vor der Mitte des unteren Randes im Ausschnitt. Um farbige Umstimmung zu vermeiden, wird der Blick zwischen den Einstellungen auf eine ausschliefslich von Tageslicht getroffene neutralgraue Wand gerichtet.\nDie Versuche, zu denen sich die Herren stud. phil. Amslee^ Haag (Vp. H.), Heitz, Hubekt, Kintz (Vp. K.), Kosic, Manstetten freundlichst zur Verf\u00fcgung stellten, lieferten bei allen Beobachtern in der wesentlichen Hinsicht das gleiche Ergebnis, weshalb die tabellarische und graphische Wiedergabe einiger Beispiele gen\u00fcgen wird.\nBeispiel: Farbe der Beleuchtung und des eingestellten F\u00e4rb-Sektors: Orange. \u2014 Die Zahlen geben die Valenzen an.\nVp. Kintz:\nOrange\tNeutralisierendes Weifs (undj Schwarz\t\tWeifsvalenz des Orange\tWeifs valenz des Schwarz\tGesamte neutralisierende Weifsvalenz\n15\t32\t313\t6,4\t5,2\t43,6\n30\t69\t261\t12,8\t4,3\t86,1\n50\t95\t215\t21,3\t3,6\t119,9\n70\t125\t165\t29,8\t2,7\t157,5\n90\t162\t108\t38,8\t1,8\t202,1\n110\t195\t55\t46,8\t0,9\t242,7\n130\t228\t2\t55,3\t0,0\t283,3\n\t\tVp.\tHaag:\t\t\n15\t18\t327\t6,4\t5,4\t29,8\n30\t22\t308\t12,8\t5,1\t39,9\n50\t30\t280\t21,3\t4,6\t55,0\n70\t40\t250\t29,8\t4,1\t73,9\n90\t48\t222\t38,3\t3,7\t90,0\n110\t60\t190\t46,8\t3,2\t110.0\n130\t70\t160\t55,3\t2,7\t128,0\n150\t80\t130\t63,8\t2,2\t146,0\n170\t88\t102\t72,3\t1,7\t162,0\n190\t98\t72\t80,8\t1,2\t180,0\n210\t103\t47\t89,3\t0,8\t193,1\n230\t115\t15\t97,8\t0,3\t213,1","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung. 179\nGenau entsprechende Versuche wurden mit blauer, roter und gr\u00fcner Beleuchtung angestellt.\nTragen wir die Farbsektoren als Abszissen auf, die neutralisierenden Weifssektoren als Ordinaten, so ergeben sich durch Verbindung der Ordinatenendpunkte wieder Gerade (Fig. 2)^ ganz wie bei den Versuchen von Pretori und Sachs, von denen wir ein Beispiel in unserer graphischen Darstellung mitwiedergeben (P.-S.). Die im allgemeinen gr\u00f6fseren Ordinatenwerte unserer Geraden bringen die Tatsache zum Ausdruck, dafs die*\nFarben\u00e4nderung bei der Transformation st\u00e4rker zu sein pflegt als beim Kontrast. Reihen, die mit verschiedenen Vpn. unter genau \u00fcbereinstimmenden Bedingungen gewonnen sind, liefern im allgemeinen Gerade mit verschieden hohen Ordinatenwerten. Hieraus folgt, dafs der Grad der Transformation individuell verschieden ist. \u2014 In Worten dr\u00fcckt sich das Ergebnis der Tabellen und graphischen Darstellungen folgendermafsen aus: Das unter dem Einflufs einer farbigen Beleuchtung (eines \u201efarbigbeleuchteten Raumes\u201c) neutral erscheinende Infeld bleibt neutral, wenn seine farbige und seine weifse Valenz proportional wachsen.","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nE. R. Jaensch.\nDieses Gesetz ist im oben dargelegten Sinn \u201eParallelgesetz\u201c zu dem Satze von Pretori und Sachs, nicht aber etwa, wie noch einmal ausdr\u00fccklich hervorgehoben werden mag, nur eine spezielle Anwendung dieses letzteren Satzes; denn es ist nicht ang\u00e4ngig, die Farbentransformation auf den Farbenkontrast zur\u00fcckzuf\u00fchren und als einen Spezialfall desselben zu betrachten. Hierzu kommt vor allem, dafs das eben bewiesene Transformationsgesetz einen sehr wohl verst\u00e4ndlichen Sinn erh\u00e4lt, wenn man die \u201eBer\u00fccksichtigung der Beleuchtung\u201c, nicht aber den Kontrast als prim\u00e4r und urspr\u00fcnglich ansieht. Das eben entwickelte Transformationsgesetz dr\u00fcckt n\u00e4mlich in der physiologischen Sprache der Valenzen nichts anderes als die Tatsache aus, dafs die Beleuchtung \u201eber\u00fccksichtigt\u201c wird, wie ich andernorts durch U m Schreibung und Diskussion der Formeln gezeigt habe.1 Diese Tatsache der sog. \u201eBer\u00fccksichtigung der Beleuchtung\u201c erfuhr im Fortgang unserer Untersuchungen eine einfache und voll befriedigende Aufkl\u00e4rung, die jedoch in keiner Weise auf den Kontrast gegr\u00fcndet werden kann, wie ja auch schon Katz richtig erkannt hat. Da somit die Transformation kein Abk\u00f6mmling des Kontrastes ist, bei dem strengen Gesetzesparallelismus aber ein enger Zusammenhang zwischen beiden Gebieten bestehen mufs, so wird umgekehrt der Kontrast ein Abk\u00f6mmling der sog. Ber\u00fccksichtigung der Beleuchtung sein, ein Sehlufs, der im weiteren Fortgang unserer Untersuchung seine volle Best\u00e4tigung erfahren hat. \u2014\nAm Schl\u00fcsse dieser Arbeit, die wohl als letzte aus dem Physiologischen Institut der deutschen Universit\u00e4t zu Strafsburg erscheint, danke ich Herrn Geheimrat Ewald und Herrn Professor Gildemeister daf\u00fcr, dafs sie mir in jenem Institut, dessen Karne in der Wissenschaftsgeschichte bewahrt bleibt, Gastrecht gew\u00e4hrten.\n1 Ber. \u00fcb. d. VI. Kongr. d. Ges. f. exp. Psychologie. Leipzig. 1914.","page":180}],"identifier":"lit35929","issued":"1921","language":"de","pages":"165-180","startpages":"165","title":"\u00dcber den Farbenkontrast und die sog. Ber\u00fccksichtigung der farbigen Beleuchtung","type":"Journal Article","volume":"52"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:42:59.412739+00:00"}

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