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Die Beurteilung der Körperrichtung

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{"created":"2022-01-31T15:58:25.689680+00:00","id":"lit35954","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Hofe, Karl vom","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 57: 174-192","fulltext":[{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Berlin.)\nDie Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\nVon\nKakl vom Hofe.\nBei meinen Versuchen \u00fcber die optische Lokalisation der Mediane1 best\u00e4tigte sich die Feststellung von Sachs , Wlassak u. a., dafs die scheinbare Kopfmediane in der Richtung der Kopf- und Augenbewegungen mitwandert. Das gleiche Verhalten, wenn auch in geringerem Mafse zeigte die scheinbare Rumpfmediane. Im Verlauf der Untersuchungen machte ich nun folgende merkw\u00fcrdige Beobachtung: Als ich im Dunkelzimmer f\u00fcr eine andere Versuchsperson den an einer beweglichen Stange befestigten zu lokalisierenden Leuchtpunkt langsam auf meinen feststehenden K\u00f6rper zu zog, trat ein Gef\u00fchl auf, als ob sich dieser letztere irgendwie bewegte. Manchmal war es auch so, als ob der ganze Raum in eine Scheinbewegung \u00fcbergegangen w\u00e4re. Bei Beobachtung des isolierten Leuchtpunktes liefs sich weder im direkten noch im indirekten Sehen irgendeine Scheinbewegung des Punktes feststellen. \u00dcberhaupt war der subjektive Eindruck schwer zu charakterisieren. Als ich den Versuch von anderen Personen wiederholen liefs, ohne sie vorher irgendwie aufzukl\u00e4ren, gaben einige an, sie glaubten, der ganze K\u00f6rper drehe sich, anderen fiel nichts auf; eine Person sagte, sie w\u00e4re \u201eunsicher und schwindelig\u201c. Ich stellte dann den Versuch so an, dafs ich im Dunkelzimmer den rechten seitw\u00e4rts erhobenen und ausgestreckten Arm mit nach vorn gerichteter Handfl\u00e4che langsam adduzierte, w\u00e4hrend der K\u00f6rper aufrecht Stillstand. Dann bekam ich das Gef\u00fchl, als ob sich mein Rumpf ebenfalls\n1 K. vom Hofe, Die optische Lokalisation der Mediane. Graefes Archiv 116, S. 270. 1925.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n175\netwas drehte und zwar gleichsinnig mit der Bewegungsrichtung des Armes. Dasselbe trat auch bei geschlossenen Augen im hellen Zimmer auf. Die Ergebnisse der an anderen Personen gemachten Untersuchungen werden weiter unten beschrieben werden. Herr Prof. Hoemann, dem ich die geschilderte Beobachtung mitteilte, veranlafste mich, die subjektive Beurteilung der eigenen K\u00f6rperrichtung unter Ausschlufs des Einflusses seitens des Gesichtssinnes genauer zu untersuchen. Diese Frage ist wichtig nicht nur f\u00fcr die Orientierung im Raum \u00fcberhaupt, sondern auch deshalb, weil sie Beziehungen zum Problem des Zeigeversuchs [aufweist, das gerade in j\u00fcngster Zeit vielfach diskutiert wird.\nDie grundlegenden auf die Orientierung im Raum bez\u00fcglichen Untersuchungen praktischer Art wurden von Yves Delage angestellt. Seine diesbez\u00fcgliche Abhandlung war mir im Original nicht zug\u00e4nglich, und ich beschr\u00e4nke mich darauf, kurz auf\n\u2022 \u2022\ndie \u00dcbersetzung von Aubert1 einzugehen, der Delages Versuche aufserdem nachpr\u00fcfte und erg\u00e4nzte. Sie gestalteten sich so, dafs die Versuchspersonen an einer west-\u00f6stlich gerichteten Wand Aufstellung nahmen, K\u00f6rper geradeaus, Nacken, R\u00fccken und Hinterkopf an die Wand gelehnt. Die Versuchspersonen hatten dann gegen Norden auf ein Merkzeichen zu blicken und einen Stab mit beiden H\u00e4nden bei geschlossenen Augen auf dieses zu richten. Dies wurde ohne grofse Fehler (3\u20144 Grad) ausgef\u00fchrt, ebenso Gehen auf das Ziel hin. Bei manchen Personen fand sich ein konstanter Fehler, der immer im selben Sinne gemacht wurde, von Aubert als \u201epers\u00f6nlicher Fehler\u201c bezeichnet. Wurde der Kopf, nachdem die Veruchsperson sich vorher orientiert hatte und die Augen wieder verbunden worden waren, um die vertikale Achse stark nach rechts gedreht, so richteten die Versuchspersonen den Stab statt nach Norden konstant 15\u00b0 weiter nach Westen, also im entgegengesetzten Sinne der Kopfdrehung. Bei Linksdrehung des Kopfes wurde der Fehler entsprechend nach Osten gemacht. Nahm man die Augenbinde ab, um die Versuchspersonen Kenntnis vom Merkzeichen nehmen\n1 H. Aubert, Physiologische Studien \u00fcber die Orientierung unter Zugrundelegung von Yves Delage, Etudes exp\u00e9rimentales sur les illusions statiques et dynamiques de direction pour servir \u00e0 d\u00e9terminer les fonctions des canaux demicirculaires de l\u2019oreille interne. T\u00fcbingen 1888.\nZeitschrift f. Sinnesphysiol. 57,\t12","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nKarl vom Hofe-\nzu lassen und hiefs sie sodann mit gedrehtem Kopfe auf dieses zugehen, so wichen sie nach der Seite ab, nach der sie den Stab gerichtet haben w\u00fcrden, um das Merkzeichen zu treffen. Diese Versuche wurden mit zahlreichen Personen ausgef\u00fchrt und Aubert formuliert aus den gewonnenen Resultaten das Gesetz: \u201eBleibende Drehung des Kopfes um seine vertikale Achse nach rechts oder nach links bewirkt eine T\u00e4uschung der Art, dafs man die Richtungen so sch\u00e4tzt, als ob der \u00e4ufsere Raum sich etwa 15 Grade um dieselbe Achse wie der Kopf, aber im entgegengesetzten Sinne gedreht h\u00e4tte.\u201c Nach Auberts Ansicht tritt diese T\u00e4uschung nur bei unvoreingenommenen oder die Eindr\u00fccke \u201eobenhin\u201c beobachtenden Versuchspersonen auf. Bei einer gewissen Aufmerksamkeit und Gew\u00f6hnung trat ein ganz anderer Eindruck in den Vordergrund, n\u00e4mlich das Gef\u00fchl, als ob nach der Kopfdrehung der K\u00f6rper sich im gleichen Sinne gedreht h\u00e4tte. Wurde versucht, den Stab rechtwinklig gegen die Brust zu richten, so wich er immer im Sinne der Kopfdrehung ab. F\u00fcr diesen Fall gilt nach Aubert das Gesetz: \u201eBleibende Drehung des Kopfes um seine senkrechte Achse bewirkt eine T\u00e4uschung derart, dafs man die Richtungen so sch\u00e4tzt, als ob der K\u00f6rper sich in demselben Sinne wie der Kopf, etwa 15\u00b0 um seine senkrechte Achse gedreht h\u00e4tte.\u201c\nLeider befinden sich im Texte der A\u00fcBERTSchen Abhandlung mehrere sinnentstellende Druckfehler, deren Korrektur aus dem Zusammenhang hervorgeht.\nAuf S. 18 Z. 22 mufs statt Osten Westen, S. 19 Z. 8 statt rechts links und Z. 9 statt links rechts eingesetzt werden, S. 20 Z. 16 mufs es statt Rand Raum heifsen.\nDelage und Aubert fanden auch, dafs nach Augenwendungen der Stab etwa 10\u00b0 in umgekehrtem Sinne vom Ziele weg gerichtet wurde. Als Erkl\u00e4rung wird folgendes angegeben: Nach einer starken Augenwendung urteilen wir so, als ob sich unser Kopf der Gewohnheit gem\u00e4fs in demselben Sinne gewendet h\u00e4tte und um dieser Drehung Rechnung zu tragen, die in Wirklichkeit nicht stattgefunden hat, richten wir den Stab nach der entgegengesetzten Seite vom Ziele.\nDie sp\u00e4teren Untersuchungen beziehen sich in der Hauptsache auf die Analyse des BiR\u00c4NYschen Zeigeversuches, bei dem man sich bekanntlich eines haptischen Erinnerungsbildes bedient. Es ist anzunehmen, dafs beim Zeigeversuch auch solche","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n177\nMomente wirksam sind, die bei der Beurteilung der K\u00f6rper-Tichtung bzw. der Richtungen im Raum eine Rolle spielen, da man sich ja vor Ausf\u00fchrung des Versuchs ein Urteil \u00fcber das Lageverh\u00e4ltnis von Ziel und K\u00f6rper auch ohne Beteiligung des Gesichtssinnes bildet. Ich mufs daher an dieser Stelle auf einige den Zeigeversuch betreffenden Beobachtungen eingehen.\nE. Wodak und M. H. Fischer1 2 3 wiederholten die von Delage und Aubert ausgef\u00fchrten Versuche. Nach der Wodak-Fischer-sehen Mitteilung konnten die Ergebnise von Aubert-Delage nicht best\u00e4tigt werden. In Wirklichkeit scheint es aber doch wenigstens teilweise der Fall zu sein, und die Differenzen fallen bei Beachtung der oben berichtigten Druckfehler in der Hauptsache weg. Nur fanden Wodak und Fischer im Gegensatz zu Aubert-Delage eine Verlagerung der K\u00f6rperf\u00fchlmediane, die ja wohl mit der scheinbaren K\u00f6rperrichtung \u00fcbereinstimmt, nach der Gegenseite der Kopfdrehung in bezug auf den vorgestellten Aufsenraum. Sollte die K\u00f6rperf\u00fchlmediane gezeigt werden, so trat anf\u00e4nglich Vorbeizeigen zur entgegengesetzten Seite der Kopf Wendung, sp\u00e4ter im Sinne derselben auf. Dieses Verhalten f\u00fchren Wodak und Fischer auf eine infolge induzierter Tonus\u00e4nderungen auftretende \u201eAbweichreaktion\u201c der Arme zur\u00fcck. Induzierte Tonus\u00e4nderungen wurden erstmalig von Magnus und de Kleyn 2 beschrieben, und man versteht darunter \u00c4nderungen des Gliedertonus durch Stellungs\u00e4nderung eines der Hauptglieder des K\u00f6rpers, in erster Linie des Kopfes. \u2014 Bez\u00fcglich des Einflusses der Augen Wendungen fanden Wodak und Fischer Vorbeizeigen im entgegengesetzten Sinne.\nReinhold 8 fand, dafs beim BlRANYschen Zeigeversuch Kopfwendungen Vorbeizeigen zur entgegengesetzten Seite verursachen. Diese Erscheinung wurde undeutlich bei \u00d6fterer Wiederholung des Versuchs, durch Ablenkung der Aufmerksamkeit jedoch wieder hervorgerufen. Als Erkl\u00e4rung nimmt Reinhold eine subkortikale Reaktion an, \u00e4hnlich den von Magnus und de Kleyn festgestellten Halsreflexen bei dezerebrierten Tieren.\n1\tE. Wodak u. M. H. Fischer, Zur Analyse des B\u00c2R\u00c2NYsehen Zeigeversuchs. Monatsschr. f. Ohrenheilk. u. Laryngo-Rhinologie. 58. Jg. 8. 404 u. 1107. 1924.\n2\tR. Magnus, K\u00f6rperstellung. Berlin 1924.\n3\tReinhold, Die Abh\u00e4ngigkeit der B\u00c2R\u00c2NYsehen Zeigereaktion von der Kopfhaltung. Dtsch. Zeitschr. f. Nervenheilk. 50, S. 158. 1914.\n12*","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nKarl vom Hofe.\n\u00df. Fischer1 beschreibt ein Vorbeizeigen zur entgegengesetzten Seite bei Blickwendung mit geschlossenen Augen. Bei Kopfdrehungen fand sich dementsprechend eine Tendenz, zur entgegengesetzten Seite vorbeizuzeigen und zwar in st\u00e4rkerem Mafse als bei einfacher Blickwendung. Neigungen des Kopfes seitw\u00e4rts bewirkten Vorbeizeigen in gleicher Richtung. Zur Deutung der Versuchsergebnisse nimmt Fischer Tonus\u00e4nderungen an auf der Grundlage einer Mitbeteiligung des Kleinhirns und unter experimentell begr\u00fcndetem Ausschlufs des peripheren Vestibul\u00e4r-\napparats.\nKiss2 3 f\u00fchrte Massenuntersuchungen aus. Bei forcierten Seitw\u00e4rtswendungen des Blicks mit offenen Augen wurde mit der gleichseitigen Hand zur selben Seite vorbeigezeigt, w\u00e4hrend die gegenseitige Hand die Originalrichtung beim Zeigen beibehielt. Im allgemeinen wurde mit der linken Hand h\u00e4ufiger vorbeigezeigt als mit der rechten. Kiss\u2019 Befunde werden von B\u00e4r\u00e4ny* best\u00e4tigt und in dem Sinne ausgelegt, dafs das Vorbeizeigen bei offenen Augen wahrscheinlich von den optischen Rindenzentrenr dasjenige bei geschlossenen Augen vom kortikalen Augenbewegungszentrum ausgeht.\nIm Anschlufs an eine von v. Weizs\u00e4cker 4, beschriebene Methode und herausgegebene Abhandlung beobachtete Oskar M\u00fcller5 6, dafs bei der haptischen Lokalisation eines median in Brusth\u00f6he vor der Versuchsperson gelegenen Punktes die Lokalisationsbewegung sich entgegen der Kopf- und Augenwendung vollzieht. Extreme Augenwendungen wirkten st\u00e4rker als Kopfwendungen. Nach M\u00fcller sind im Anschlufs an eine Kopfoder Augendrehung zwei disparate Raumvorstellungen wirksam. Eine von diesen erh\u00e4lt das \u00dcbergewicht dadurch, dafs sie an\n1\tB. Fischer, Der Einflufs der Blickrichtung und \u00c4nderung der Kopf-stellung (Halsreflex) auf den B\u00c4R\u00c4NYSchen Zeigeversuch. Wiener klin. Wochenschrift. S. 1169. 1914.\n2\tKiss, \u00dcber das Yorbeizeigen bei forciertem Seitw\u00e4rtsschauen. Zeit-sehr. f. d. ges. Neurol, u. Psychiatrie 65, S. 14. 1921.\n3\tB\u00e4r\u00e4ny, Acta oto-laryngol. 4.\t1922.\n4\tv. Weizs\u00e4cker, \u00dcber einige T\u00e4uschungen in der Raumwahrnehmung bei Erkrankung des Vestibularapparats. Dtsch. Zeitschr. f. Nervenheilkunde\n64, S. 1. 1919.\n6 Oskar M\u00fcller, \u00dcber den Einflufs der Kopf- und Augenstellung auf die Lokalisationsbewegung des Arms. Dtsch. Zeitschr. f. Nervenheilk. 78, S. 325_ 1923.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n179\ndas Lokalisationsziel gebunden ist. Dies zieht die Aufmerksamkeit auf sich, wodurch ein Impuls zur Augenwendung erteilt, ohne dafs diese ausgef\u00fchrt wird. Die Richtung des Bewegungsimpulses oder der Aufmerksamkeit ist mafsgebend f\u00fcr die Richtung der Abweichung.\nDes weiteren untersuchten Goldstein und Riese 1 den Zusammenhang zwischen Blickrichtung und Zeigeversuch. Unter dem Einflufs einer Blickwendung bei geschlossenen Augen fanden sie a) Vorbeizeigen nach der entgegengesetzten Seite der Blickwendung, b) Vorbeizeigen zur gleichen Seite, wenn der Blick auf ein seitw\u00e4rts vorgestelltes Objekt gerichtet wurde. \u2014 Blickwendung bei offenen Augen bewirkte c) gleichseitiges Vorbeizeigen beim Anblicken eines seitlich gelegenen Objektes, d) entgegengesetztes Vorbeizeigen bei blofser Augen Wendung und \u201einteresselosem Blick\u201c (Hillebrand). Das Vorbeizeigen in entgegengesetzter Richtung beziehen Goldstein und Riese auf den Einflufs motorischer Vorg\u00e4nge im Sinne der Magnus und de KLEYNschen Reflexe bzw. induzierter Tonus\u00e4nderungen, w\u00e4hrend sie das gleichseitige Vorbeizeigen als durch ver\u00e4nderte optische Einstellung der Vp. bedingt ansehen. Damit n\u00e4hern sie sich der von v. Weizs\u00e4cker und O. M\u00fcller diskutierten Annahme (s. o. !). In mehreren sp\u00e4ter erschienenen Abhandlungen verbreiten sich Goldstein und Riese ausf\u00fchrlich \u00fcber den Einflufs unbewufster Bewegungen resp. Tendenzen zu Bewegungen auf die taktile und optische Wahrnehmung unter Zugrundelegung von zahlreichen Erfahrungen an normalen und pathologischen F\u00e4llen. In Bemerkungen \u00fcber die Bedeutung der motorischen Vorg\u00e4nge f\u00fcr den Aufbau der Wahrnehmungswelt2 gelangen sie zu der Theorie, dafs jede Leistung im Organismus mit einem Gerichtetsein des ganzen Organismus zu dem Orte hin, wo die Leistung wirksam ist, verkn\u00fcpft ist. Bei jeder Wahrnehmung ist nicht nur ein Sinnesorgan, sondern der ganze K\u00f6rper dorthin gerichtet, und das Resultat ist eine bestimmte motorische \u201etonische\u201c Gestaltung des ganzen Organismus.\n1 Goldstein u. Riese, Blickrichtung und Zeigeversuch. Klin. Wochenschrift 51, S. 2338. 1923.\n1 Dieselben: \u00dcber den Einflufs unbewufster Bewegungen resp. Tendenzen zu Bewegungen auf die taktile und optische Wahrnehmung. Klin. Wochenschr. 4. Jg., N. 7, S. 294. 1925.","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nKarl vom Hofe.\nAus dem zu Anfang erw\u00e4hnten Anlafs handelte es sich f\u00fcr mich zun\u00e4chst darum, im Anschlufs an die fr\u00fcher untersuchte optische Lokalisation der scheinbaren Mediane die haptische Lokalisation derselben und damit die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung unter verschiedenen Bedingungen zu untersuchen und dadurch einen Beitrag zur Analyse des Zeigeversuchs zu liefern bzw. einen Versuch zur Aufkl\u00e4rung der sich zum Teil widersprechenden Ergebnisse und Anschauungen anderer Autoren zu machen.\nMethodik.\nDie Versuchsanordnung war m\u00f6glichst einfach. Sie schliefst sich an diejenige an, die ich in meiner Arbeit \u00fcber die optische Lokalisation der Mediane (a. a. O.) eingehend beschrieben habe. Die Vpn. safsen zwanglos auf einem Schemel. Vor ihnen lag in bestimmter Entfernung eine Skala mit Gradeinteilung etwa in Brusth\u00f6he auf einem Tisch. Der Nullpunkt der Skala entsprach der K\u00f6rpermitte. Die Vpn. drehten dann den Kopf zur Seitev so weit, wie es ohne Anstrengung m\u00f6glich war, bekamen einen langen Stab in die H\u00e4nde und wurden angewiesen, diesen senkrecht zu ihrer vermeintlichen K\u00f6rperrichtung vor sich auf den Tisch mit der Skala zu legen. Vor der endg\u00fcltigen Einstellung wurde der Stab meist mehrere Male hin und her verschoben, bis er richtig zu liegen schien und dann der Grad der Abweichung abgelesen. Bei jeder Vp. wurden mindestens drei Versuche angestellt. Bei den Versuchen, die ich zun\u00e4chst an mir selbst und Herrn Dr. Loukie durchf\u00fchrte, war der Kopf in einem Kopfhalter mit Beifsbrettchen fixiert und wurde dann um 30\u00b0 nach rechts oder links gedreht. Bei uns untersuchte ich auch den Einflufs der Blickwendung bei geschlossenen Augen. Dabei wurde der Kopf aufrecht geradeaus fixiert und bei 30\u00b0 rechts oder links ein im Dunkeln isolierter Leuchtpunkt angesehen. Dann wurde dieser gel\u00f6scht, w\u00e4hrend die Augen m\u00f6glichst in 30\u00b0 Seitw\u00e4rtswendung gehalten wurden. Da es aber Schwierigkeiten macht, bei geschlossenen Augen l\u00e4ngere Zeit zur Seite zu blicken und man keine Kontrolle \u00fcber die Augenstellung hat, begn\u00fcgte ich mich bei der Untersuchung 48 weiterer Personen mit Kopfdrehungen in der oben beschriebenen Weise. Ob die Versuche im Dunkelzimmer bei offenen oder im hellen Raum\n\u25a0r\nbei geschlossenen Augen gemacht wurden, ergab keinen grunds\u00e4tzlichen Unterschied bei den Resultaten.","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6r Verrichtung.\n181\nErgebnisse.\nIn der folgenden Tabelle sind abgerundet auf ganze Zahlen die arithmetischen Mittel aus je zehn Einstellungen eingetragen, die f\u00fcr die scheinbare K\u00f6rperrichtung gemacht wurden. Eine weitere Rubrik enth\u00e4lt die mittleren variablen Fehler. Die Zahlen bezeichnen durchweg Grade, bezogen auf die Drehachse des Kopfes. Zahlen ohne Vorzeichen bedeuten Rechtsdrehung, solche mit negativen Vorzeichen Linksdrehung bzw. scheinbare Verschiebung.\nVp.\tKopf- stellung\tscheinb. K\u00f6rper- richtung\t1 1 Fehler\tAugen- stellung\tscheinb. K\u00f6rper- richtung\tFehler\nvom Hofe\t30 \u2014 30\t10 \u2014 9\t4,2 3,0\t30 \u2014 30\t6 \u2014 6\t2,2 1,7\nLourie\t30 \u2014 30\t9 \u2014 9\t1,6 ! 1,4\t!\t30 \u2014 30\t7 \u2014 8\t2,5 2\nWie die Tabelle lehrt, zeigte es sich bei s\u00e4mtlichen Versuchen , dafs die scheinbare K\u00f6rperrichtung den Kopf- und Augendrehungen, wenn auch nicht im gleichen Mafse, so doch bis zu einem gewissen Grade folgte. Die Einstellungen waren ungenau, was aus den Werten f\u00fcr die mittleren variablen Fehler hervorgeht. Im ganzen weisen die Versuchsergebnisse eine grunds\u00e4tzliche \u00dcbereinstimmung mit den Resultaten auf, die ich bei den Untersuchungen \u00fcber die optische Lokalisation der Mediane (a. a. 0.) fand. Auch best\u00e4tigen sie die oben n\u00e4her ausgef\u00fchrte Beobachtung von Delagke und Aubert, dafs nach einer anhaltenden Kopfwendung bei aufmerksamer Betrachtung das Gef\u00fchl vorherrscht, als habe sich der Rumpf, der doch in Wirklichkeit geradeaus gerichtet ist, mitgedreht. Liefsen wir den Stab nach einem mitten vor uns auf dem Tisch befindlichen Merkzeichen richten, so trat nach einer Kopf- oder Augendrehung ein Abweichen nach der entgegengesetzten Seite auf. Diese Abweichung betrug im Durchschnitt etwa 5\u20147\u00b0.\nBei Herrn Prof. Kohlrausch, der sich liebensw\u00fcrdigerweise zu Versuchen zur Verf\u00fcgung stellte, ergab sich ein inkonstantes Verhalten der scheinbaren K\u00f6rperrichtung. W\u00e4hrend er sie in der ersten Zeit dauernd so zeigte, als ob sie sich mit dem Kopf\u00e8 bzw7. den Augen gedreht h\u00e4tte, fand sich sp\u00e4ter das Gegenteil: Abweichung nach der entgegengesetzten Seite; und zwar trat","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nKarl vom Hofe.\ndieses einige Male auf, obgleich er das Gef\u00fchl der scheinbaren Mitdrehung des Rumpfes hatte. Diese Tatsache und der Vergleich meiner Versuchsergebnisse mit denjenigen Wodaks und Fischers (s. o !) sowie die verschiedenen Angaben in der Literatur veranlafsten mich, eine gr\u00f6fsere Anzahl v\u00f6llig unbeeinflufster Personen, teils Angestellte des Instituts, teils Studenten zu untersuchen. Sie wurden nur angewiesen, bei geschlossenen Augen nach der Kopfdrehung den Stab mit beiden H\u00e4nden senkrecht zur Rumpfmitte, ohne den.K\u00f6rper zu ber\u00fchren, auf den Tisch zu legen. Mit jeder der 47 Vpn. wurden die Versuche dreimal hintereinander angestellt. Im Zimmer war immer nur eine Vp. anwesend, das Resultat wurde ihr erst am Schlufs mitgeteilt.\nDie Ergebnisse dieser Massenuntersuchung waren in keiner Weise einheitlich. Ein Teil der Vpn. zeigte die scheinbare Rumpfrichtung im Sinne der Kopfdrehung verdreht, bei einem anderen Teil fand sich gerade das Gegenteil, ganz vereinzelt wurden auch richtige Einstellungen gemacht. Besonders merkw\u00fcrdig aber war es, dafs in vielen F\u00e4llen ein und dieselbe Person widersprechende Beobachtungen machte. \u2014 Auf die Deutung dieser verschiedenen Ergebnisse wird weiter unten eingegangen werden.\nUm weiteren Auf schlufs \u00fcber die Gesetzm\u00e4fsigkeiten, denen wir bei der Orientierung im Raum unterliegen, zu erhalten, stellte ich noch, \u00e4hnlich wie Aubert und Delage, Gehversuche auf ein bestimmtes Ziel hin an. Die Vpn. \u2014 10 an der Zahl \u2014 standen zu diesem Zwecke in einer Entfernung von etwa 8 m genau gegen\u00fcber einem an einer Wand befindlichen Merkzeichen, einem Schalter der Lichtleitung, der ungef\u00e4hr in Brusth\u00f6he lag. Sie wurden dann angewiesen, sich die Richtung, in der das Merkzeichen lag, einzupr\u00e4gen, die Augen zu schliefsen, den Kopf nach rechts bzw. links zu drehen und schliefslich auf das Ziel loszumarschieren. Dabei ergab sich folgendes. Bei geschlossenen Augen und bequemer Rechts Wendung des Kopfes langten 6 Personen immer ein betr\u00e4chtliches St\u00fcck links vom Ziele an. Drei wichen deutlich zur gleichen Seite, also nach rechts ab und nur einer gelang es, das Ziel ohne nennenswerte Abweichung zu erreichen. \u2014 Ich \u00e4nderte dann den Gang der Versuche so ab, dafs ich mich etwa in der Mitte der Gehstrecke rechts oder links seitlich aufstellte. Die Vpn. mufsten dann, nachdem sie zuvor wieder genau gegen\u00fcber dem Merkzeichen Aufstellung genommen hatten, auf","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n183\ndieses zugehen und dabei wie beim milit\u00e4rischen Einzelmarsch den Kopf links oder rechts drehen und mich ansehen. Unter diesen Bedingungen wichen alle ein deutliches St\u00fcck zur Seite der Kopfdrehung und damit in diesem Falle der Blickrichtung ab und wunderten sich, dafs sie, obgleich sie sich vorher die Richtung gemerkt hatten, nicht geradeaus marschieren konnten. \u2014 Der Unterschied zwischen den Versuchen mit offenen und denen mit geschlossenen Augen ist wichtig, und es wird unten n\u00e4her darauf zur\u00fcckzukommen sein.\nZun\u00e4chst teile ich noch die Resultate mit, die ich erhielt bei den Versuchen, die eingangs schon beschriebenen Verh\u00e4ltnisse, wie sie bei der Adduktion des seitlich erhobenen Armes auftraten, n\u00e4her aufzukl\u00e4ren. Die hierher geh\u00f6rigen Versuche nahm ich aufser an mir und Herrn Dr. Loueie noch mit 7 anderen Personen vor, die ein besonders starkes Mitwandern der K\u00f6rperrichtung mit der Kopfdrehung auf wiesen. In den Vor versuchen bei Herrn Dr. Loueie und mir entstanden zun\u00e4chst Schwierigkeiten, die Verh\u00e4ltnisse augenscheinlich darzulegen. Denn man ist sehr leicht geneigt, daran zu denken, dafs der K\u00f6rper in Wirklichkeit ja ruhig sitzen oder stehen bleibt. \u00dcberliefsen wir uns aber m\u00f6glichst interesselos dem bei der Armadduktion auftretenden Gef\u00fchl und versuchten dann, den Stab in die scheinbare K\u00f6rperrichtung zu legen, so wich er fast immer in der Richtung der Armadduktion ab und zwar betrug die Abweichung im Durchschnitt etwa 4\u20145\u00b0. \u2014 Eine weitere Schwierigkeit lag darin, die 7 anderen Personen anzuweisen, worauf sie acht geben sollten, ohne sie vorher zu beeinflussen. Ich fragte sie schliefslich w\u00e4hrend des Versuchs, ob ihnen etwas in Bezug auf ihren Rumpf auffiele. 6 gaben dann an, sie h\u00e4tten das Gef\u00fchl, als drehe sich der K\u00f6rper mit. Eine Person sagte, sie werde \u201eirre\u201c \u00fcber ihre K\u00f6rperstellung und glaube, der Rumpf drehe sich entgegengesetzt der Armdrehung. \u2014 Bei zu schneller Bewegung trat die T\u00e4uschung nicht ins Bewufstsein. Liefs ich w\u00e4hrend des Versuchs den Stab in die scheinbare Rumpfrichtung legen, so wich er auch jetzt wieder h\u00e4ufig in der Bewegungsrichtung des Armes ab. \u2014 Zu Anfang erw\u00e4hnte ich schon, dafs bei den Vorversuchen, die an noch anderen als den letzthin erw\u00e4hnten Personen vorgenommen wurden, nicht alle die T\u00e4uschung bemerkten.\n_ \u2022 \u2022\nDer \u00dcbersicht halber fasse ich die mitgeteilten Ergebnisse nochmals kurz zusammen. Bei Herrn Dr. Loueie und mir liefsen","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nKarl vom Hofe.\nKopfdrehung bei geschlossenen Augen die scheinbare K\u00f6rperrichtung im gleichen Sinne mit wandern. Dasselbe war nach Augen Wendungen der Fall.\nDie Untersuchung von 48 anderen Personen ergab kein einheitliches Bild. Bei einem Teil wirkte die Kopfdrehung so wie bei uns: Scheinbares Mitgehen der K\u00f6rperrichtung im Sinne der Kopfdrehung. Bei einem anderen Teil war das Gegenteil der Fall. Die K\u00f6rperrichtung schien entgegengesetzt der Kopfdrehung verlagert. Die Versuchspersonen verhielten sich aufser-dem nicht gleichm\u00e4fsig, sondern machten zum Teil in wiederholten Versuchen widersprechende Angaben.\nBeim Gehen auf ein Ziel wichen die meisten Versuchspersonen, wenn der Kopf gedreht wurde und die Augen geschlossen waren, zur entgegengesetzten Seite der Kopfdrehung vom Ziele ab. Nur einzelne wurden zur gleichen Seite abgelenkt. Dies geschah jedoch bei allen, wenn die Augen bei gedrehtem Kopfe offen blieben und eine seitw\u00e4rts stehende Person angeblickt wurde.\nAdduktion des ausgestreckten und bis zur Horizontalen er-erhobenen Armes mit nach vorn gerichteter Handfl\u00e4che erzeugte bei einigen Personen das Gef\u00fchl der Mitdrehung des K\u00f6rpers, in einem Falle wurde Unsicherheit, in einem anderen Schwindel angegeben.\nBesprechung der Ergebnisse.\nVor allem geht eins aus s\u00e4mtlichen Beobachtungen hervor: das Gef\u00fchl f\u00fcr die K\u00f6rperrichtung ist unsicher, sobald die Symmetrieebenen von Kopf und Rumpf nicht mehr zusammenfallen oder der Blick zur Seite gewandt wird. Bei einer Massenuntersuchung findet es sich auf Schritt und Tritt, dafs in mehreren Versuchen ein und dieselbe Versuchsperson verschiedene Angaben \u00fcber ihre scheinbare K\u00f6rperrichtung macht. \u2014 Diese Unsicherheit ergibt sich ja schon aus der allt\u00e4glichen Erfahrung, wie schwer es ist, sich im Dunkeln zu orientieren, bzw. eine eingeschlagene Richtung beizubehalten. Dar\u00fcber liegen auch in der Literatur mehrere Angaben vor. So schreibt G. Darwin 1, dafs es in Nordamerika und Australien eine h\u00e4ufige Erfahrung ist, dafs verirrte Menschen sich in einem Kreise nach links bewegen*\n1 George Darwin, Moving in a circle. Nature 8, S. 6. London and NewYork, 1873. Ebenda anschliefsende Korrespondenz S. 27 u. 77.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n185\nAls Ursache wird die st\u00e4rkere Entwicklung der rechten K\u00f6rperseite, vor allem von Arm und Bein, angegeben. Darwin hat die erw\u00e4hnte Tatsache auch an sich selbst best\u00e4tigt. In einer sich an seine Mitteilung anschliefsenden Korrespondenz (a. a. O. S. 27 u. 77) schreibt ein anderer Autor, dafs er eines Abends im schneebedeckten Gel\u00e4nde, obgleich er den Weg genau kannte, einen Kreisbogen nach rechts gelaufen ist, und ein dritter hat wieder, obgleich er Linksh\u00e4nder und seine linke K\u00f6rperh\u00e4lfte besser entwickelt war, einen Kreis nach links beschrieben. Diese Angaben widersprechen sich also, lassen aber grunds\u00e4tzlich erkennen, wie schwer es ist, eine Richtung geradeaus einzuhalten, Darauf weist auch Mach1 2 3 4 mit einer kurzen Bemerkung hin. Umfangreiche Angaben werden von F. 0. Guldberg 2 gemacht. Er beobachtete, dafs die Wanderungen jungen Wildes immer kreisf\u00f6rmig sind. Als Grund gibt er asymmetrischen Bau der Bewegungsorgane an. Bei anatomischen Nachforschungen ergaben sich kleine variierende Asymmetrien, teils in der L\u00e4nge der Extremit\u00e4ten, teils in der verschiedenen Muskelkraft der beiden Seiten. Diese sollen funktionelle Asymmetrien bei Bewegungen verursachen. \u2014 Guldberg best\u00e4tigt auch die Ringwanderungen bei Menschen. Szymansky 8 liefs eine grofse Anzahl Kinder eine l\u00e4ngere Strecke geradeaus auf ein Ziel zugehen, w\u00e4hrend die Augen verbunden waren. Dabei wichen alle betr\u00e4chtlich entweder nach rechts oder nach links ab und zwar fanden sich mehr Abweichungen nach rechts als nach links. Dies wird mit einer besseren motorischen Ausbildung der rechten K\u00f6rperh\u00e4lfte in Zusammenhang gebracht, was nach Darwin (a. a. 0.) aber gerade eine Linksabweichurig bewirken soll. R. H. Kahn 4 beobachtete, dafs in einem Gel\u00e4nde ohne Anhaltspunkt f\u00fcr eine Orientierung, wenn im Nebel auch noch der Gesichtssinn f\u00fcr die Orientierung ausfiel, stets ein Abweichen nach rechts\n1\tMach, Die Analyse der Empfindungen. 2. Aufl. S. 82. Jena 1900.\n2\tF. 0. Guldberg, Die Zirkularbewegung als tierische Grundbewegung usw. Zeitschr. f. Biologie 35, S. 419. 1897.\n3\tJ. S. Szymansky, Versuche \u00fcber den Richtungssinn beim Menschen. Pfl\u00fcgers Archiv 151, S. 158. 1913. \u2014 Bei dieser Gelegenheit sei ein Versehen auf S. 610 im 2. Teil der Lehre vom Raumsinn von Prof. F. B. Hofmann korrigiert. Es soll dort (Zeile 20 von oben) heifsen : \u201edoppelt soviel Abweichungen nach rechts statt nach links\u201c.\n4\tR. H. Kahn, Zur funktionellen Asymmetrie des menschlichen K\u00f6rpers.\nPfl\u00fcgers Archiv 207, S. 431. 1925.\t<","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nKarl vom Hofe.\nvon der Marschrichtung stattfand. Nach Kahn betrifft die funktionelle Asymmetrie des K\u00f6rpers, auf der die Erscheinung beruhen soll, nicht so sehr die direkt zur Fortbewegung f\u00fchrenden Muskelinnervationen als vielmehr die subkortikalen Innervationen, welche die zweckm\u00e4fsigste Koordination der Muskeln herbeif\u00fchren. Wie man sieht, stimmen die zuletzt zitierten Angaben der verschiedenen Autoren weder hinsichtlich der Tatsachen noch auch der Auslegung \u00fcberein. Alle aber beweisen die Unsicherheit, mit der eine einmal eingeschlagene Richtung beibehalten wird.\nWir sind gewohnt, uns im Raum nach dem Kopf zu orientieren, worauf u. a. auch Wundt1 hinweist, und das Gef\u00fchl f\u00fcr die Richtung unseres K\u00f6rpers wird weitgehend von der Kopfstellung beeinflufst. Darauf deuten s\u00e4mtliche bisher gemachten Erfahrungen hin. Die Frage ist nur die: Ist diese Beeinflussung bestimmten Gesetzm\u00e4fsigkeiten unterworfen, und wie erkl\u00e4ren sich die Widerspr\u00fcche in der Literatur?\nBei s\u00e4mtlichen Versuchen, die Herr Dr. Lourde und ich an uns selbst Vornahmen, hatten wir das bestimmte Gef\u00fchl, der K\u00f6rper habe sich im Sinne der Kopfwendung gedreht. Dasselbe zeigte sich nach anhaltenden Augenwendungen: Man glaubt der ganze Kopf (vgl. auch Aubert-Delage a. a. 0.) und dann auch der Rumpf habe sich mitgedreht. \u2014 Wodak und Fischer behaupten das Gegenteil. Nun sind allerdings ihre und unsere Versuche nicht ganz unter gleichen Bedingungen gemacht worden. Wir drehten den Kopf nur um 30\u00b0, w\u00e4hrend Wodak und Fischer Kopfdrehungen von ca. 900 anwandten. Eine reine Kopfdrehung um 90\u00b0 ist aber wohl unm\u00f6glich. Bei derartig forcierten Bewegungen kommt leicht die Neigung auf, die betreffende Schulter etwas nach vorn zu nehmen und damit den K\u00f6rper in Wirklichkeit etwas nach der Gegenseite der Kopf Wendung zu drehen bzw. eine Tendenz dazu wachzurufen. Ich habe mich daher absichtlich m\u00f6glichst bequemer Stellungen bedient und alles Gezwungene vermieden. Diese Ausf\u00fchrungen sollen aber nicht etwa die Fest-stellungen Wodaks und Fischers widerlegen, denn von den untersuchten Studenten gaben einzelne wenige in der Tat an, sie h\u00e4tten das Gef\u00fchl, der K\u00f6rper habe sich entgegengesetzt dem Kopfe gedreht.\n1 Wundt, Grundrifs der Psychologie. S. 134. 7. Aufl. Leipzig 1905.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n187\nWie schon \u00f6fter angedeutet, hatten wir vor den hier zur Diskussion stehenden Versuchen solche \u00fcber die optische Lokalisation der Medianebene in grofser Zahl angestellt. Dabei fand sich stets eine Mitdrehung auch der scheinbaren Rumpfmediane entsprechend der Kopf- und Augendrehung. Dies l\u00e4fst sich jederzeit auch leicht beobachten: Nach einer Kopfdrehung glaubt man, dafs ein Gegenstand des Zimmers, der vorher, wo die Symmetrieebenen von Kopf und Rumpf zusammenfielen, gerade vor einem lag, jetzt zur entgegengesetzten Seite ger\u00fcckt ist und nicht mehr in der Mitte vor einem liegt. Es hat also eine Scheindrehung stattgefunden, von der einem allerdings nur der Erfolg zu Bewufstsein kommt und die man entweder gleichsinnig mit der Kopfdrehung auf den eigenen K\u00f6rper oder gegensinnig der Kopfdrehung auf den \u00e4ufseren Raum beziehen kann. Es ist nun denkbar, dafs wir auf Grund assoziativer Verkn\u00fcpfung die optischen Verh\u00e4ltnisse auf die haptischen einfach \u00fcbertragen und bei unseren Beobachtungen reproduziert haben. In seinen Ausf\u00fchrungen \u00fcber den Raumsinn weifst von Kries 1 nachdr\u00fccklich darauf hin, dafs wir bei der Frage nach dem Hineinspielen optischer Vorstellungen in die haptisch vermittelten r\u00e4umlichen Eindr\u00fccke nicht allein an das zu denken haben, was im Bewufstsein unmittelbar erkennbar gegeben ist, sondern auch an ein \u201eAnklingen\u201c optischen Empfindens, dessen physiologische Grundlage vielleicht in einer Einstellung, einer vorbereitenden Disposi-\n\u2022 \u2022\ntion zu erblicken ist. \u00fcberhaupt tr\u00e4gt ja die Raum Verstellung allgemein ausgesprochen optischen Charakter, und von Kries spricht auf Grund der vorliegenden Tatsachen von einer optischen direkten Fundierung des Raumsinnes. \u2014\nEinen wie grofsen Einflufs optische Vorstellungen auf haptische haben k\u00f6nnen, zeigt sehr eindringlich eine von E. Th. von Br\u00fccke 2 beschriebene T\u00e4uschung. Ritzte er unter einem Mikroskop bei etwa 80 f\u00e2cher Vergr\u00f6fserung mit einem spitzen, scharfen Skalpell ein Brettchen aus weichem Holz, so schien die Konsistenz des Holzes ganz abnorm. Die Schneide des Skalpells schien so tief in das Holz einzudringen, dafs man eine wachsweiche Masse zu schneiden glaubte. Ritzte man mit der Spitze\n1\tv. Kries, Allgemeine Sinnesphysiologie. S. 194 ff. Leipzig 1923.\n2\tE: Th. von Br\u00fccke, \u00dcber eine neue optische T\u00e4uschung. Zentralblatt /'. Physiol 20, S. 737. Nr. 22. 1907.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nKarl vom Hofe.\ndes Skalpells das Holz an, so entstand der Eindruck einer Torfplatte oder von vermodertem Holze. Nach Br\u00fcckes Ansicht zeigt die T\u00e4uschung; welchen Einflufs Erfahrungsmotive auf Empfindungen aus\u00fcben. Wie mir Herr Prof. Hofmann mitteilt, hatte er bei dem BR\u00dcCKEschen Versuch nur dann das Gef\u00fchl des abnorm Weichen, wenn er seine Aufmerksamkeit ganz dem optischen Eindruck zuwandte und das Gef\u00fchl in der Hand m\u00f6glichst unbeachtet liefs. Wandte er seine Aufmerksamkeit\naber den Sensationen von der Hand zu, dann trat sofort der\n\u2022 \u2022\nEindruck des Harten hervor. Uber die weitgehende Wirkung der Aufmerksamkeit wird weiter unten noch zu sprechen sein, auf jeden Fall aber ist die BR\u00dcCKEsche T\u00e4uschung ein Beweis daf\u00fcr, wie stark haptische Empfindungen von optischen beeinflufst werden. Es ist nach alledem nicht ausgeschlossen, dafs bei Herrn Dr. Lo\u00fcrie und mir optische Faktoren die Versuchsresultate beherrscht haben.\nAber auch bei einer grofsen Anzahl unbeeinflufster Personen wanderte der Rumpf scheinbar mit dem Kopfe mit. Einige gaben allerdings an, dafs sie kein deutliches Gef\u00fchl f\u00fcr die Rumpfmitte h\u00e4tten und einfach nach der Kopfstellung urteilten, wie wir es im praktischen Leben ja auch zu tun gewohnt sind. Zweifellos beeinflufst die \u00dcbung das Gef\u00fchl f\u00fcr die Rumpfmediane. Bei einigen Personen scheint es aber von vornherein ganz gut ausgebildet zu sein, denn eine Anzahl meiner Vpn. best\u00e4tigten die von mir und Herrn Dr. Lourie beobachtete Erscheinung, dafs man nach einer anhaltenden Kopfwendung das deutliche Gef\u00fchl der Mitdrehung des K\u00f6rpers hat. Diese Befunde stimmen auch \u00fcberein mit einer anderen von Aubert und Delage (a.a.0.) beschriebenen T\u00e4uschung: Dreht man, wenn man in einer Schaukel sitzt, den Kopf zur Seite, so glaubt man nach einiger Zeit, die Schaukelebene habe sich mitgedreht. In Analogie dazu stehen Beobachtungen von F. B. Hofmann und A. Frub\u00f6se 1, die fanden, dafs bei Neigungen des horizontal liegenden Kopfes in Brust- und Bauchlage des K\u00f6rpers, dieser in allm\u00e4hlich zunehmendem Mafse in derselben Richtung zu liegen schien wie der Kopf, obgleich sich die Rumpfrichtung objektiv nicht ge\u00e4ndert hatte. Der Kopf nahm sozusagen die\n1 F. B. Hofmann u. A. Frub\u00f6se, \u00dcber das Erkennen der Hauptrichtungen im Sehraum. Zeitschr. f. Biol. 80, S. 91. 1924.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n189\nK\u00f6rperrichtung mit sich. Dementsprechend trat subjektiv die Empfindung auf, dafs der Knickungswinkel am Halse immer weniger merklich wurde. Das Gesagte mag gen\u00fcgen, f\u00fcr die Richtigkeit der Behauptung, dafs sicher in vielen F\u00e4llen Kopfdrehungen die K\u00f6rperrichtung scheinbar mitwandern lassen. Dafs das Gegenteil ausgeschlossen ist, wird dadurch nicht bewiesen. Wie oben schon gesagt, gaben einzelne meiner Vpn. \u00c4hnliches an.\nBei einem grofsen Teil derer aber, die ihre scheinbare K\u00f6rperrichtung der Kopfdrehung entgegengesetzt einstellten, gab nicht das Gef\u00fchl der Gegendrehung den Ausschlag, sondern \u00dcberlegungen bestimmten die Einstellung. Mehrmals gaben Vpn. ungefragt schon w\u00e4hrend des Versuchs an, sie h\u00e4tten zwar den Eindruck, der Rumpf habe sich mit dem Kopfe gedreht, sie w\u00fcfsten aber, dafs das in Wirklichkeit nicht der Fall sei und zeigten deshalb zur entgegengesetzten Seite. \u00c4hnliche Spekulationen stellten andere an, die sich einfach nach der Stellung des Kopfes richteten. Alle diese Personen hatten versucht, sich die urspr\u00fcngliche K\u00f6rperrichtung zu merken und machten daher einen Fehler zur entgegengesetzten Seite der Kopfdrehung, ebenso wie es bei Herrn Dr. Lourie und mir geschah, wenn wir versuchten, die Richtung eines mitten vor uns liegenden Merkzeichens zu reproduzieren. Damit im Einklang befindet sich auch die von Aubert (a. a. O.) f\u00fcr das entgegengesetzte Vorbeizeigen bei Augendrehungen gegebene Erkl\u00e4rung. Diese wurde ja schon weiter oben mitgeteilt. Aufserdem aber gibt Aubert an, seine Vpn. h\u00e4tten es als einen \u201eEhrenpunkt\u201c angesehen, das Ziel richtig zu treffen. Der Ehrenpunkt scheint mir der springende Punkt f\u00fcr die Erkl\u00e4rung des entgegengesetztenVorbeizeigens bei Auberts\nVersuchen zu sein. Mit anderen Worten: es haben also auch _ \u2022\u2022\nseine Vpn. \u00dcberlegungen angestellt.\nPsychologisch scheint es sich bei den in Frage stehenden F\u00e4llen um Verh\u00e4ltnisse zu handeln, wie sie vorliegen, wenn zwei verschiedene Vorstellungen zugleich ins Bewufstsein treten. Diese Vorstellungen w\u00e4ren hier 1. eine rein optische, die urspr\u00fcngliche K\u00f6rperrichtung, festgelegt durch irgendein optischen Merkzeichen, z. B. einen Gegenstand im Zimmer, 2. eine haptische Vorstellung, die scheinbare Rumpfdrehung mit dem Kopfe. Nach Lipps 1 gewinnt von zwei verschiedenen gleichzeitig ins\n1 Lipps, Grundtatsachen des Seelenlebens. S. 473. Bonn 1912.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nKarl vom Hofe.\nBewufstsein tretenden Vorstellungen diejenige den Sieg, welche die gr\u00f6fste Energie oder das gr\u00f6fste Selbstbehauptungsbestreben hat. __ Mit diesen Begriffen identisch ist wohl die Eindringlichkeit von Sinneseindr\u00fccken, \u00fcber die G. E. M\u00fcller 1 eingehende Betrachtungen anstellt. Nach seiner Meinung scheint sich die Eindringlichkeit nach der Macht zu bestimmen, mit der Sinneseindr\u00fccke unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und sie k\u00f6nnte daher auch als Aufdringlichkeit bezeichnet werden. Von Fechner wird sie als der \u201eerregende Einflufs auf das Allgemeinbewufstsein, die anziehende Kraft auf die Aufmerksamkeit\u201c charakterisiert. \u2014 Abh\u00e4ngig ist die Eindringlichkeit der Sinneseindr\u00fccke a) von ihrer Intensit\u00e4t. Wachsende Intensit\u00e4t ohne \u00c4nderung der Qualit\u00e4t in erheblichen Grade steigert auch die Eindringlichkeit der Sinneseindr\u00fccke. Jedoch entspricht nicht allgemein der gr\u00f6fsten Intensit\u00e4t auch die gr\u00f6fste Eindringlichkeit; b) von der H\u00e4ufigkeit der betr. Empfindung in unserer Erfahrung und c) von ihrem Gef\u00fchlswert sowie anderen derartigen f\u00fcr die Erweckung unserer Aufmerksamkeit wichtigen Faktoren.\nIn manchem unserer F\u00e4lle handelt es sich also wohl darum, dafs die Aufmerksamkeit mehr der Nachwirkung von der optisch perzipierten urspr\u00fcnglichen K\u00f6rperrichtung zugewandt war, und diese daher entgegen dem Eindruck von der scheinbaren Mitdrehung des Rumpfes zur anderen Seite angegeben wurde. Den wichtigen Einflufs der Aufmerksamkeit deutet ja auch Aubrrt schon an, und dieser Einflufs tritt besonders deutlich zutage, in den Versuchen, wo die Personen mit gedrehtem Kopfe auf ein Ziel losgingen. Bei geschlossenen Augen wich die Mehrzahl zur Gegenseite ab. Sahen sie mich aber, w\u00e4hrend ich seitlich stand, an, so kehrten sich die Verh\u00e4ltnisse in allen F\u00e4llen um. Beim ersten Male war die Aufmerksamkeit der meisten Personen dem an der entgegengesetzten Seite der Kopfdrehung liegenden Ziele zugewandt, beim zweiten Male richtete sich die Aufmerksamkeit aller Vpn. der zur Seite der Kopfdrehung stehenden Person zu. Im Einklang damit stehen Erfahrungen beim milit\u00e4rischen Exerzieren, wo die einzelnen Leute, wenn der Kopf nach rechts oder links genommen wurde, immer zur Seite der Blickrichtung abwichen.\n1 G. E. M\u00fcller, Zur Psychophysik der Gesichtsempfindungen. Zeit-sehr. f. Psychol. 10, S. 26. 1896.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\n191\nUnd noch ein weiteres Moment mufs in Betracht gezogen werden. Bei mehreren Personen fand es sich, dafs sie, gleichg\u00fcltig, wie der Kopf gedreht war, immer nach ein und derselben Seite ihre K\u00f6rperrichtung anzeigten. Der Grund liegt wohl darin, dafs sie einen einmal gemachten Fehler hartn\u00e4ckig festhielten und ein anf\u00e4nglich aufgenommenes haptisches Erinnerungsbild mangels anderer Anhaltspunkte immer wieder reproduzierten.\nIch erw\u00e4hnte oben schon, dais von einer Vp. (Kohleausch) der Stab verschiedentlich entgengengesetzt der Kopfdrehung hingelegt wurde, obgleich das Gef\u00fchl der Mitdrehung des Rumpfes bestand und die Person den Stab auch entsprechend hinzulegen glaubte. Man ist geneigt, anzunehmen, dafs in diesem Falle induzierte Tonusver\u00e4nderungen in den Versuch hineingespiegelt haben. Im allgemeinen glaube ich jedoch, dafs bei meinen Versuchen, die s\u00e4mtlich mit beiden H\u00e4nden und teilweise unter mehrfachen Korrektionen gemacht wurden, induzierte Tonus\u00e4nderungen keinen ausschlaggebenden Einflufs ausge\u00fcbt haben. F\u00fcr das Einstellen der K\u00f6rperrichtung fallen sie meines Erachtens nicht so ins Gewicht, wie es Goldstein, Riese u. a. f\u00fcr den Zeigeversuch annehmen zu m\u00fcssen glauben. Anderseits sind f\u00fcr die Analyse desselben auch diejenigen Momente zu ber\u00fccksichtigen, wie sie bei der Beurteilung der K\u00f6rperrichtung wirksam sind und ausf\u00fchrlich er\u00f6rtert wurden. Darauf wurde ja schon einleitend andeutungsweise hingewiesen.\nWas die Erscheinungen anbetrifft, wie sie in manchen F\u00e4llen bei der Adduktion eines Armes auftraten, so scheint die Erkl\u00e4rung daf\u00fcr in der grofsen Unsicherheit des Gef\u00fchls f\u00fcr die K\u00f6rperrichtung zu liegen. Ebenso wie dieses von Kopfdrehungen weitgehend beeinflufst wird, scheinen bei manchen Personen auch Sensationen von den Muskeln und Gelenken eines Arms T\u00e4uschungen \u00fcber die Richtung des K\u00f6rpers hervorzurufen. Jedoch ist es vielleicht nicht ausgeschlossen, dafs die Ursache f\u00fcr diese zum Teil in Tonus\u00e4nderungen der entgegengesetzten Seite infolge der unsymmetrischen Armbewegung zu suchen ist. \u2014 Es ist auch m\u00f6glich, dafs in dem einen oder anderen Versuche der K\u00f6rper wirklich etwas sich gedreht hatte, jedoch wurde die Drehung dann zum mindesten \u00fcbersch\u00e4tzt.\nZeitsckr. f. Sinnespliysiol. 57.\n13","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nKarl vom Hofe, Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung.\nZusammenfassung.\nDie Beurteilung der K\u00f6rperrichtung bei Aussehlufs des Gesichtssinnes ist unsicher. Sie wird beeinflufst durch Kopfdrehungen, bei manchen Personen auch durch Adduktion eines bis zur Horizontalen erhobenen Armes, wTelche ein Gef\u00fchl der K\u00f6rperdrehung ansl\u00f6sen kann. \u2014 Nach Kopfdrehungen wird von einigen Personen einfach nach der Stellung des Kopfes ge-urteilt, weil ein bestimmtes Gef\u00fchl f\u00fcr die K\u00f6rperrichtung nicht vorhanden ist.\nBei anderen Personen wandert die scheinbare K\u00f6rperrichtung\n\u2022 \u2022\nmit Kopf- und Augendrehungen. In \u00dcbereinstimmung damit stehen von anderer Seite angestellte Versuche \u00fcber die Richtungs-lokalisation im Raume sowie eigene Beobachtungen bei der optischen Lokalisation der Mediane.\nWieder andere Personen geben die scheinbare K\u00f6rperrichtung entgegen der Kopidrehung an. Jedoch findet sich nur\nvereinzelt ein dementsprechendes subjektives Gef\u00fchl. . Die meisten\n* *\nderartigen Befunde sind das Produkt von \u00dcberlegungen und sonstigen komplizierten psychologischen Vorg\u00e4ngen.\nUnbeeinflufste Personen machen bei wiederholten Versuchen nicht immer dieselben Angaben, Dies erkl\u00e4rt sich aus der Unsicherheit und aus der Wirksamkeit zahlreicher Momente, die ausf\u00fchrlich er\u00f6rtert werden,\nVereinzeltes Hineinspielen induzierter lonus\u00e4nderungen in den Versuchsablauf mufs auf Grund eines Falles angenommen werden.","page":192}],"identifier":"lit35954","issued":"1926","language":"de","pages":"174-192","startpages":"174","title":"Die Beurteilung der K\u00f6rperrichtung","type":"Journal Article","volume":"57"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:58:25.689686+00:00"}

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