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Über einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung

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{"created":"2022-01-31T13:16:17.897352+00:00","id":"lit35957","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Bohnenberger, Fritz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 57: 224-246","fulltext":[{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\n\u2022 \u00dcber einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\nVon\nDr. med. Fritz Bohnenberger f.\nMit 2 Abbildungen im Text.\nDen Anlafs zn der folgenden Ver\u00f6ffentlichung geben mir die Arbeiten K. Mieschers, die k\u00fcrzlich in dieser Zeitschrift erschienen sind.1 Miescher findet einige von mir fr\u00fcher2 vorgebrachten Einw\u00e4nde gegen das OsTWALDsche Farbensystem unberechtigt; es handelt sich dabei haupts\u00e4chlich um die Teilung des Farbenkreises, die Unterscheidung der bezogenen und unbezogenen Farben, und die Lehre vom \u201eF\u00e4rb en halb\u201c. Da diesen Fragen f\u00fcr die praktische Farbenmessung einige Wichtigkeit zukommt, scheint mir eine nochmalige Er\u00f6rterung nicht \u00fcberfl\u00fcssig; auf die Polemik Mieschers werde ich dabei nicht n\u00e4her eingehen, da er in den genannten Punkten einfach die Thesen Ostwalds \u00fcbernommen hat.3 Die OsTWALDsche Lehre selbst wird, wie ich hoffe, nur\n1\tK. Miescher, Beitr\u00e4ge zur Farbenlehre. Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 57, 46 ff., insbes. 122 ff. 1925.\n2\tF. Bohnenberger, Die Bedeutung der OsTWAL\u00fcschen Farbenlehre. T\u00fcbinger Nat.-Wiss. Abhandlungen. H. 7. 1924.\n3\tNur auf eine der MiESCHERschen Bemerkungen m\u00f6chte ich hier gleich erwidern. Wenn M. mit Bezug auf Prof. Pulfrich schreibt, es sei \u201enur zu hoffen, dafs sich dieser ausgezeichnete Forscher auch dem Bau eigentlicher Mefsapparate zuwendet\u201c (S. 122), so war dieser Wunsch erf\u00fcllt, bevor er ge\u00e4ufsert wurde. Pulfrich hat in den letzten Jahren zwei Instrumente f\u00fcr praktische und wissenschaftliche Farbmessung konstruiert und beschrieben. Vgl. C. Pulfrich, Zeitschr. f. Instrumentenkunde 45, 1925, S. 35ff.; ferner die Druckschriften Mess 430 u. 431 der Firma C. Zeiss.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n225\ngef\u00f6rdert werden durch Klarstellung einiger Unstimmigkeiten, die von Ostwald wie von seinen Kritikern bisher unbeachtet gelassen worden sind.\n1. Zur Teilung des Farbenkreises.1\nDie bunten Farbenempfindungen bilden eine in sich geschlossene, stetige Qualit\u00e4tenreihe. Nimmt man den Kreis, als die einfachste geschlossene Kurve, zur geometrischen Darstellung dieses Continuums, so ist damit die Reihenfolge der Farben im Farbenkreis bestimmt; es bedarf jedoch einer weiteren Bestimmung dar\u00fcber, welche Ausdehnung bzw. welcher Abstand den einzelnen unterscheidbaren Farben auf dem Kreisumfang zukommen soll. Die Farben k\u00f6nnten z. B. in derjenigen Verteilung, wie sie ein Spektrum zeigt, auf dem Kreis angeordnet werden; dabei w\u00fcrde f\u00fcr ein Dispersionsspektrum und f\u00fcr ein Normalspektrum je ein ganz verschiedener Farbkreis resultieren, und bei beiden w\u00e4re eine L\u00fccke von willk\u00fcrlicher Gr\u00f6fse f\u00fcr die im Spektrum nicht vertretenen Purpurfarben freizulassen. Als Beispiel f\u00fcr eine willk\u00fcrliche Ordnung ist auch der Newton-sche Farbkreis anzuf\u00fchren, insofern er ein von den musikalischen Intervallen \u00fcbernommenes Prinzip auf ,die Farben \u00fcbertr\u00e4gt. Eine rationelle, aus den Eigenschaften der Farben selbst gewonnene Teilung l\u00e4fst sich nach zwei Grunds\u00e4tzen durchf\u00fchren : entweder werden gewisse ausgezeichnete Farben an geometrisch ausgezeichnete Kreispunkte gestellt (TeilungnachKardinal-farben); oder es wird der Unterschied zweier benachbarter Farben als Mafs ihres r\u00e4umlichen Abstandes genommen, so dafs im ganzen Kreis der Unterschiedsschwelle f\u00fcr Farbton\u00e4nderung \u00fcberall ein gleicher geometrischer Schritt entspricht (Gleich-abst\u00e4ndige Teilung). Beide Grunds\u00e4tze f\u00fchren zu einer Unterbrechung des Continuums, d. h. zur Aufteilung des Kreises in einen Ring von \u201eFarbpunkten\u201c. Die wichtigsten bisher versuchten Farbkreisteilungen sind in Tabelle 1 zusammengestellt\nBei der Teilung nach Kardinalfarben bleibt \u00fcbrigens noch zu bestimmen, wie die Strecken zwischen den \u201eKardinalpunkten\u201c einzuteilen sind ; zumeist wird daf\u00fcr die gleichabst\u00e4ndige Teilung gew\u00e4hlt, so dafs die unter A aufgef\u00fchrten Kreise aufser dem ersten z. T. auch noch das zweite Teilungsprinzip enthalten.\n1 Unter Farbenkreis wird im folgenden stets der Kreis der reinen Buntfarben verstanden.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nFritz Bohnenberger.\nTabelle 1.\nTeilung des Farbenkreises.\nTeilungsprinzip\nAutor\nA. Teilung nach Kardinalpunkten.\nAusgezeichnete Farben an ausgezeichnete Kreispunkte gestellt.\n1. nach Grund- oder Haupt f\u00e4rben:\na)\tDrittelung des Kreises durch Rot, Blau, Gelb\nMalerischer Farbenkreis (z. B. Runge l, Chevreul 2)\nb)\tVierteilung des Kreises durch die 4 Urfarben\n2. nach Gegenfarben:\na)\tdiametrale Kompensationsfarben\nb)\tdiametrale Kontrastfarben\nB. Gleichabst\u00e4ndige Teilung.\nZwei benachbarte Farbt\u00f6ne um ein konstantes Vielfaches der Unterschiedsschwelle verschieden.\na)\tnach Augenmafs\nb)\tdurch anteilige Mischung (Ostwald)\nc)\tauf Grund spektraler Schwellenwertmessung\nHering 3\nOstwald, Br\u00fccke 7 Goethe4, Schopenhauer5, Tschermak-Krause 6, eigener Versuch (s. S. 235.)\n(Br\u00fccke)\nEigener Versuch (s. S. 231 ff.)\nIm folgenden sollen die verschiedenen Teilungsmodi untereinander und besonders mit dem OsTWALDschen Farbkreis, als dem bis heute wichtigsten, verglichen werden.\n1. Teilung des OsTWALDschen Farbkreises.\nDer OsTWALDsche Farbkreis ist ein Gegenfarbkreis, d. h. er enth\u00e4lt durchweg diametral gestellt solche Farbenpaare, die\n1\tPh. 0. Runge, Die Farbenkugel usw. Hamburg 1809.\n2\tChevreul, Des Couleurs. Paris 1864 (S. 14).\n3\tE. Hering, Grundz\u00fcge der Lehre vom Lichtsinn, Handb. der ges. Augenheilkunde. 2. Auf!., 1905. \u2014 Je zwei der HERiNGSchen Urfarben sind zugleich als Gegenfarben bestimmt (s. u. S. 238).\n4\tGoethe, Didakt. Farbenlehre. T\u00fcbingen 1810.\t\u00a7 50.\n5\tSchopenhauer, \u00dcber das Sehn und die Farben. 2. Aufl., 1854. \u00a7 5.\n6\tA. v. Tschermak, ArGrsPh 117, 473 ff. 1907.\n7\tE. Br\u00fccke, Die Physiologie der Farben f\u00fcr die Zwecke der Kunstgewerbe. 2. Aufl. Leipzig 1887.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n227\nsich bei optischer Mischung zu neutralem Grau kompensieren. Die benachbarten Farbpunkte sind dagegen in ihm nicht gleichabst\u00e4ndig angeordnet, m. a. W., der empfindungsm\u00e4fsige Abstand zweier aufeinanderfolgender Farben ist kein konstantes Vielfaches der Unterschiedsschwelle. Dies lehrt schon das Augen-mafs; die Messung mit feineren Methoden best\u00e4tigt das Urteil:\na)\tIm Kreis pa des Farbnormenatlasses finde ich die auff\u00e4lligsten \u201eSpr\u00fcnge\u201c bei 46/50, 50/54, 83/88, 96/00; dagegen stehen die Farbt\u00f6ne von 58 bis 75 so eng, dafs sie aus einem buntgemischten Spiel der 24 K\u00e4rtchen nur m\u00fchsam sofort in der richtigen Reihenfolge herausgelesen werden k\u00f6nnen.\nb)\tMischt man mittels einer Polarisationsvorrichtung (\u201ePomi\u201c Ostwald *) zwei benachbarte Farbt\u00f6ne F\u00b1 und F2 derart, dafs man von Fx ausgehend durch Drehung des Analysators im einen Halbfeld F2 zumischt, bis ein eben merklicher Farbtonunterschied auftritt, so ergibt sich daraus ein Mafs f\u00fcr den empfin-dungsm\u00e4fsigen Abstand von Fj und F2 : je gr\u00f6fser dieser ist, um desto weniger braucht der Analysator gedreht zu werden, bis die Felder ungleich erscheinen und umgekehrt; f\u00fcr eine bestimmte Versuchsanordnung ergab sich so\nFi\t13\t67\t50\t96\nFa\t17\t63\t46\t00\na\t43\u00b0\t63,5\u00b0\t30\u00b0\t32\u00b0\nIm Intervall 63/67 mufs also der Analysator um einen mehr als doppelt so grofsen Winkel gedreht werden als im Intervall 46/50, bis die Mischfarbe (Ft -f- F2) von F\u00b1 eben merklich verschieden erscheint. Bei Drehung um a\u00b0 aus der Nullstellung heraus berechnet sich der Anteil von F2 und Fx in der Mischfarbe zu sin1 2\u00ab bzw. cos2\u00ab. Das Verh\u00e4ltnis F2IF1 in der von F\u00b1 eben unterscheidbaren Mischung war also im vorstehenden Fall f\u00fcr Ft 67 = 3.2 : 1, f\u00fcr Fx 50 \u2014 0.33 : 1; in einem gleichabst\u00e4ndigen Farbenkreis m\u00fcfste beide Male ^a = 45\u00b0, F2/Fj = 1:1 gefunden werden.\nc)\tEine weitere Best\u00e4tigung der augenf\u00e4lligen Differenzen liefert der Vergleich des OsTWALD-Kreises mit den mehrfach vorliegenden Messungen der Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr Farb-\n1 Ostwald, Beitr\u00e4ge zur Farbenlehre. Abh. d. S\u00e4chs. Ges. d. Wies. Math. Natw. Kl. 84. 1917. S. 502 ff.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 57,\n16","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle\n228\nFritz Bohnenberger\nIl \u00b0\u00b0\t1 r\u00d6\t05 1 1 oc\t\u00ab ^ OD r* rH rH rH\t\n1\tt>*\tMittlere Unterschiedsempfindlichkeit (nach Laurens 8) A PP\tCM D- CM \u2022N\t** r-t th CM\tC\u2014 r\u20141 H H\t\n!\tDifferenz d PP\tO CM O TH\tT\u20141\tT\u20141\t2,5 2,2 2,7\t\n1 ^\tZugeh\u00f6rige spektrale Wellenl\u00e4nge (eigene Messung) PP\t05 05 tH '\u00bb\u2014I O- 00 O th \u00bbo *o to <x>\tco oo o r\u00bb *\\ *> *\\ ^ t- O N ^ D\u2014 1\u2014 CO CO rtf\t^\t\n1\tT3 . ...\t41 52 26\t15 8 6\t\n1\tCO\tMittleres Mafs der Unterschiedsempfindlichkeit (n. K\u00f6nig2) PP\t0,27 0,44 0,95\t0,34 0,30 0,29\t\nI cd\tDifferenz zweier folgender Nummern d fifi\t11 23 25\tCM^ iG~ io cm\" th\t\n!\ttH\tZugeh\u00f6rige spektrale Wellenl\u00e4nge (nach Ostwald 1) PP\tCM CO CO -H CO C5 H rd io io co co\t475,4 480,6 483.1 484,8\t\n1\t11 Nummer im Ostwald- schen Farbkreis\tQO CO r- iH O rH tH CI\tCC C# l\u00bb H W5 CO co\t\nco\nOstwald, Physikalische Farbenlehre. S. 110. 1919.\nK\u00f6nig und Dibthhici, Wiedemanns Ann. 22, 585. 1884. \u2014 Archiv f. Ophth. BO (2), 179. 1884. Laurens und Hamilton, AmJourn. of Physiol. 65, 547 ff. 1923.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n229\nton\u00e4nderung im Spektrum. Ostwald selbst hat einen derartigen Vergleich mit den von K\u00f6nig und Dieterici1 im Jahr 1884 publizierten Messungen vorgenommen und fand bei graphischer Darstellung der beiderseitigen Werte v\u00f6llige \u00dcbereinstimmung der Kurvenz\u00fcge.2 3 Die n\u00e4here Pr\u00fcfung ergibt aber, dafs wohl die Lage, nicht aber die Gr\u00f6fse der Maxima und Minima in beiden Reihen \u00fcbereinstimmen. Da auch Miescher auf diesen Vergleich von Ostwald mit K\u00f6nig und Dieterici zur\u00fcckgekommen ist und darin einen Beweis f\u00fcr die Gleichabst\u00e4ndig-keit des OsTWALD-Kreises erblickt, so lege ich den zahlenm\u00e4fsigen Vergleich f\u00fcr zwei Gebiete des Farbkreises, n\u00e4mlich f\u00fcr das blaugr\u00fcne von 58 bis 71 und f\u00fcr das komplement\u00e4re gelbrote von 08 bis 21 hier vor (s. Tab. 2).\nIn Stab 1 bis 4 der Tabelle sind die Werte von Ostwald und K\u00f6nig verglichen; Stab 4 enth\u00e4lt die Quotienten aus Stab 2 und 3, die Zahlen geben ein Mafs daf\u00fcr, wieviele eben unterscheidbare Farben in dem Intervall 08/13, 13/17 usw. Platz haben. Es ergibt sich, dafs die Quotienten im blaugr\u00fcnen Bezirk zwei-bis sechsmal kleiner sind (je f\u00fcr komplement\u00e4re Intervalle) als im gelbroten Bezirk. Um sicher zu gehen, habe ich die gleiche Rechnung mit ganz anderen Werten in Stab 5\u20148 wiederholt: verglichen sind hier eigene spektrale Bestimmungen der Ost-wALDschen Farbnormen mit den vorz\u00fcglichen Messungen der Unterschiedsempfindlichkeit von Laurens.8 Die Quotienten in Stab 8 ergeben wiederum f\u00fcr den gelbroten Bezirk eine 2,5 bis 6mal gr\u00f6fsere Breite der Intervalle als f\u00fcr den blaugr\u00fcnen Bezirk.4 * * *\n1\tK\u00f6nig und Dieterici, Wiedem. Ann. (N. Folge), 22; 579. 1884.\n2\tOstwald, Physikal. Fl, 113ff.\n3\tLaurens und Hamilton, AmJPh 65, 547 ff. 1923.\n4\tDie verschiedenen absoluten Werte in Stab 4 und Stab 8 erkl\u00e4ren sich z. T. daraus, dafs K\u00f6nig den mittleren Fehler bei Einstellung spektraler Gleichung bestimmte und diesen als Mafs f\u00fcr die Unterschiedsempfindlichkeit in verschiedenen Regionen des Spektrums nahm, w\u00e4hrend Laurens und Hamilton die Unterschiedsschwelle selbst mafsen. Die Zahl der im Spektrum unterscheidbaren Farbt\u00f6ne wurde von K\u00f6nig auf 160 gesch\u00e4tzt (zit. n. K\u00f6llner, St\u00f6rungen des Farbensinnes, Berlin 1912, S. 8); Laurens und Hamilton fanden in dem Spektralbezirk von 400\u2014700 /ifi 161 (L) bzwT. 207 (H) unterscheidbare Stufen. Der Vergleich von Stab 8 (Tab. 2) mit der weiterhin zu besprechenden Abbildung 1 ergibt gute \u00dcbereinstimmung.\nDie spektrale Ausmessung der OsTWALD-Normen nahm ich mittelst eines\nAsuERSchen Spektrometers vor (beschrieben Verhandlungen der Deutschen\nphysikal. Ges. V. Jahrgang. Heft 18/19. 1903). Das eine Auge sah das\n16*","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nFritz Bohnenberger.\n2. Berechnung eines gleichabst\u00e4ndig geteilten\nFarbenkreises.\nBr\u00fccke berichtet gelegentlich, dafs er sich einen gleichstufig geteilten Farbenkreis nach Augenmafs hergestellt habe.1 Eine exakte Methode hat erst Ostwald angegeben ; es ist die von ihm sogenannte Teilung nach dem Prinzip der inneren Symmetrie.2 Mischt man zwei nicht zu weit voneinander verschiedene Farben Ft und F3 auf optischem Weg, z. B. mittels des \u201ePomi\u201c, so gibt es eine Mischfarbe F2, in welcher gleiche Anteile Ft und Fs ver-\nspektral erleuchtete Farbfeld, das andere Auge, unter genau gleichen Bedingungen die OSTWALD-Farbe. Von den vier Collimatorspalten des Instruments wurde nur der eine untere benutzt: die Spektralfarbe erschien also in einem halbkreisf\u00f6rmigen oberen Feld von 5 Grad scheinbarem Durchmesser. Neben dem Okularrobr des Spektrometers war in Augendistanz ein zweites Okularrohr angebracht, dessen Ende eine halbkreisf\u00f6rmige Blenden\u00f6ffnung von gleicher scheinbarer Gr\u00f6fse, jodoch spiegelverkehrt zu derjenigen des Spektroskops, enthielt, bei beid\u00e4ugiger Betrachtung erschienen also beide Felder \u00fcbereinander ^ in lichtloser Umgebung und\ndurch einen schmalen, dunklen Steg getrennt; die Mitte dieses Stegs war Fixierpunkt. Die OsTWALD-Farbe war in einem dunklen K\u00e4stchen befestigt und von diffusem, an weifsem Karton reflektiertem Tageslicht beleuchtet. Zur Erzeugung des Spektrums diente eine 300 Watt Osram Nitra Opal Lampe. Spaltbreite 150 Tstr. der Skala (= 1,5 mm). 1 mm Spaltverschiebung entsprach 5,5 fifi (Normalspektrum!). Um Gleichheit der beiden Halbfelder zu erhalten, erwies es sich im Gelbgr\u00fcn, Gelb und Orange als n\u00f6tig, die Beleuchtung der OsTWALD-Farben stark zu d\u00e4mpfen (grauer statt weifser reflektierender Schirm) ; dadurch wurde bei den gelben Farben der Farbton merklich nach dem Gr\u00fcngelb verschoben. Eine fehlerfreie Vermessung von Pigmentfarben durch spektrale Lichter erforderte einen technischen Apparat, der mir nicht zur Verf\u00fcgung stand: am besten ein Okular mit Lummer-BRODHUNSchem W\u00fcrfel im Infeld die Spektralfarbe und diese so lichtstark, dafs im Umfeld die Pigmentfarbe in voller unged\u00e4mpfter Tagesbeleuchtung gezeigt werden k\u00f6nnte. \u2014 Das von Ostwald zur Gewinnung der in Stab 1 der Tab. 2 stehenden Werte benutzte Verfahren (Physikal. Farbenl. S. 104 ff.), wobei das Pigmentt\u00e4felchen neben das Fernrohr gehalten und \u201emit einer geringen Augenbewegung abwechselnd\u201c der Aufstrich und die Spektralfarbe betrachtet wurde, erscheint noch weniger einwandfrei, als das von mir angewandte. F\u00fcr den hier zu f\u00fchrenden Beweis sind jedoch beide Messungsreihen verwertbar. \u2014 Die Werte von Stab 7 sind durch graphische Rechnung aus den von Laurens mitgeteilten Minimal- und Maximalwerten (discontinuous method, II. apparatus) gewonnen worden.\n1\tVgl. Tab. 1, Anm. 7.\n2\tOstwald, Mathet. Farbenlehre. S. 66.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farhenmessung.\n231\ntreten sind; dies ist der Fall bei Drehung des Analysators um 45\u00b0 aus der Nullstellung heraus; denn dann sind die Helligkeiten des ordin\u00e4ren und des extraordin\u00e4ren Bildes im Verein 2\nh\u00e4ltnis \u20149 45\u00b0 = 1:1. Die so bestimmte Farbe F9 wird als mitt-cos2\nlere d. h. von Fj wie Fs gleich weit abst\u00e4ndige Farben bestimmt. Durch Extrapolation l\u00e4fst sich die Reihe durch den ganzen Farbenkreis, bis zur Ausgangsfarbe zur\u00fcck, fortsetzen und durch verh\u00e4ltnism\u00e4fsige Umrechnung f\u00fcr jeden Abstand der Winkel-wert im Kreis berechnen.\nOffenbar kann man aber auch von einem beliebig geteilten realen Farbkreis ausgehen, in diesem mit derselben Methode das Verh\u00e4ltnis je zweier aufeinanderfolgender Intervalle messen (wobei, nach Vollendung des Zirkels, das erste Glied der ersten Proportion als zweites Glied der letzten Proportion wieder erscheinen mufs), und die so ermittelte Reihe mit einer gleichstufigen Reihe in Beziehung setzen. Dies soll an einem Beispiel gezeigt werden.\nAusgegangen wurde von dem OsTWALD-Kreis pa des Farb-normenatlasses. F\u00fcr jede Farbe (F2) wurde mit dem Pomi bestimmt, aus welchen Anteilen ihrer Nachbarfarben (Fi und F3) sie optisch ermischt werden kann. Um z. B. 04 aus 00 und 08 zu mischen, mufste der Analysator des Pomi aus der Nullstellung, in welcher das reine (00) erschien, um a = 41\u00b0 verdreht wterden. Das Mischungsverh\u00e4ltnis F3 : F1 (08 : 00) war somit\nsm a __\t/ _ 4^o\\ <}. ^ rund 0,8 : 1,0. Daraus l\u00e4fst sich\ncos2 a o \\\tJi\t5\nfolgern, dals 04 n\u00e4her bei 00 als bei 08 gelegen ist, und dals die (empfindungsm\u00e4fsigen) Abst\u00e4nde 00\u201404 : 04\u201408 sich verhalten wie 0,8 : 1,0.\nDurch derartige Ausmessung der 24 Intervalle im Kreis pa ergaben sich die in Tabelle 3 stehenden Werte (Mittelwerte aus 6\u201410 Bestimmungen bei Beleuchtung vom Nordhimmel an verschiedenen Tagen, mit wechselnder Himmelsbedeckung).\nIn Stab 2 der Tabelle sind die Drehungswinkel a des Analysators angegeben, in Stab 3 die Winkelwerte cp, die den jeweiligen Intervallen F2\u2014F3 zukommen. Im gleichabst\u00e4ndigen\nKreis m\u00fcfste \u00fcberall cc = 45\u00b0, cp = 15\u00b0 l-gj-J se^n* Abb. 1","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nFritz Bohnenberger.\nist das Rechnungsergebnis graphisch dargestellt, der \u00e4ufsere, stark gezeichnete Kreis stellt einen Farbkreis vor, in dem die OsTWALDschen Normen pa nach den Werten der Tabelle 3 verteilt sind. Das Resultat stimmt mit dem Urteil des Auges gut \u00fcberein, sowohl was die grofsen Spr\u00fcnge bei 46/50, 50/54 und 96/00 betrifft, als in der dichten Zusammendr\u00e4ngung der sechs Intervalle 58 bis 83, die zusammen nur einen Bogen von 25\u00b0 einnehmen.\nTabelle 3.\nBerechnung der empfindungsrn\u00e4fsigen Abst\u00e4nde im OsTWALDschen Normkreis pa (ausgedr\u00fcckt in Winkelwerten <p).\n1\t\t\t2\t3\n\t-f2-\t-f3\ta\tfp (F2/F3)\n96\t00\t04\t56\t17,5\n00\t04\t08\t41\t23,5\n04\t08\t13\t42,5\t28\n08\t13\t17\t52,5\t16,5\n13\t17\t21\t53,5\t9\n17\t21\t25\t45\t9\n21\t25\t29\t46\t8,5\n25\t29\t33\t33,5\t19\n29\t33\t38\t48,5\t15\n33\t38\t42\t46\t14\n38\t42\t46\t42\t17\n42\t46\t50\t36\t32\n46\t50\t54\t44\t34,5\n50\t54\t58\t59\t8\n54\t58\t63\t59\t4,5\n58\t63\t67\t44\t5\n63\t67\t71\t45\t5\n67\t71\t75\t47\t4,5\n71\t75\t78\t44\t5,5\n75\t79\t83\t43\t5\n79\t83\t88\t34\t11,5\n83\t88\t92\t48\t9,5\n88\t92\t96\t35\t19\n92\t96\t00\t35\t39","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\nUm einen gleichstufig geteilten Farbkreis zu erhalten, ist es nur n\u00f6tig, den eben diskutierten Kreis mit einem geometrisch in 24 gleiche Teile geteilten zu verbinden. In Abbildung 1 ist ein solcher dem \u00e4ufseren Kreis einbeschrieben; beide Teilungen fallen (willk\u00fcrlich) im Nullpunkt zusammen. F\u00fcr jeden Teilpunkt des inneren Kreises kann nun leicht abgemessen werden, aus welchen Anteilen der Nachbarfarben im \u00e4ufseren Kreis er zu mischen ist, und die betreffende Farbe kann am Pomi eingestellt und mit Pigmenten kopiert werden.\nAbbildung 1. Verteilung der 24 Farbnormen pa nach empfindungsrn\u00e4fsigen Abst\u00e4nden (\u00e4ufserer Ring; vgl. Tab. 3). Zum Vergleich ist der innere Ring in 24 gleiche Teile (von je 15\u00b0 Winkelwert) eingeteilt.\nEs bedarf, kaum des Hinweises darauf, dafs die Zahlen der Tabelle 3 bzw. die Mafse der Abbildung 1 keine endg\u00fcltigen sein k\u00f6nnen. Sie gelten zun\u00e4chst f\u00fcr mein f\u00e4rb en t\u00fcchtiges Auge ; um einen \u201enormalen\u201c gleichabst\u00e4ndigen Farbkreis zu schaffen, w\u00e4re ihre Sicherung durch vielfach wiederholte Messungen verschiedener (auch verschieden stark pigmentierter) jugendlicher Augen zu fordern. Zur Kontrolle w\u00e4re ferner eine Ausmessung","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nFritz Bohnenberger.\ndes Spektrums \u201emit der Unterschiedsschwelle als Schrittmafs\u201c heranzuziehen; eine derartige Messung ist von Laurens und Hamilton (a. a. O.) ausgef\u00fchrt, jedoch nicht im einzelnen publiziert worden. F\u00fcr die Purpurstrecke bleibt das Pomiverfahren mafsgebend. Die oben mitgeteilten Ergebnisse k\u00f6nnen als N\u00e4herungswerte gelten; sie geben eine Vorstellung davon, wo die Farbt\u00f6ne eines gleich abst\u00e4ndig geteilten Farbkreises zu suchen sind, und wie weit der OsTWALDsche Farbkreis in seiner jetzigen Normierung von der Gleichabst\u00e4ndigkeit sieh entfernt.\n3. Modifizierte OsTWALDsche Kreise.\nWie schon erw\u00e4hnt, bleibt bei der Teilung nach Kardinalfarben noch eine Unbestimmtheit, die entweder den gegenseitigen Abstand dieser Farben, oder dessen Ausf\u00fcllung durch die dazwischen liegenden Farben betrifft. Denkt man sich in einem OsTWALDschen Farbkreis die 12 Verbindungslinien zwischen je einem Paar komplement\u00e4rer Farben (00\u201450, 04\u201454 usw.) als starre um den Kreismittelpunkt drehbare Diameter, so bleibt offenbar die Ordnung dieser Diameter innerhalb einer H\u00e4lfte des Kreises frei bestimmbar ; d. h. zwischen zwei Komplement\u00e4rfarben k\u00f6nnen elf weitere Farben im halben Kreis noch beliebig verteilt werden. Die n\u00e4chstliegende Anordnung ist die nach gleichen Empfindungsstufen. Ein Blick auf Abbildung 1 zeigt, dafs f\u00fcr den OsTWALDschen Kreis diese Forderung nicht erf\u00fcllt ist. W\u00e4hlt man (willk\u00fcrlich) die H\u00e4lfte des Farbkreises von 00 \u00fcber 25 bis 50 und teilt diese, nach der im vorigen Abschnitt gezeigten Methode, in 12 empfindungsgleiche Stufen, so werden dadurch die jetzt vorhandenen \u201eSpr\u00fcnge\u201c bei 08/13 und besonders bei 46/50 ausgeglichen; zusammen mit letzterem aber, infolge der Forderung diametraler Gegenfarben, auch der Sprung bei 96/00. Die Anh\u00e4ufung der Stufen zwischen 58 und 83 wird dagegen nicht verbessert, ebensowenig der Sprung bei 50/54. \u00dcberhaupt l\u00e4fst es sich durch keine der 2 mal 12 m\u00f6glichen Modifikationen erreichen, die Forderung der diametralen Gegenfarben mit der Forderung der Gleichabst\u00e4ndigkeit zu vereinigen. Der Grund daf\u00fcr hegt im Sehorgan selbst, n\u00e4mlich darin, dafs f\u00fcr komplement\u00e4rfarbige Gebiete die Unterschiedsempfindlichkeit nicht gleich ist.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenniessung.\n235\n4. Unterschied der Kompensations- und Kontrastfarben.\nAuf Veranlassung von Tschermak hat Krause durch Versuche am Farbenkreisel nachgewiesen1, was als Erscheinung schon fr\u00fcheren Beobachtern aufgefallen war: dafs die Farbe negativer Nachbilder (\u201eKontrastfarbe\u201c) von der zum Vorbild komplement\u00e4ren Farbe (\u201eKompensationsfarbe\u201c) abweicht, und zwar, wenn die Versuche bei Tageslicht vorgenommen wurden, \u201eim Sinne von Addition einer bestimmten Quantit\u00e4t von Rot und von Blau\u201c.\nUm einen Begriff von der Gr\u00f6fse dieser Abweichung zu erhalten (was aus den KRAusEschen Protokollen mir nicht gelang), habe ich die Versuche mit etwas anderer Anordnung wiederholt. Dabei wurden als Reizfarbe wie als reagierendes Grau Ostwald-sche Normfarben verwendet.2 Die Bestimmung der Nachbildfarbe geschah durch Vergleich mit der Farbtonkarte von Bau-mann-Prase3; die so bestimmten Farben wurden nachtr\u00e4glich durch Vergleich mit dem Normenatlas in OsTWALDschen Kennziffern definiert.\nZur Erzeugung deutlicher Nachbilder erwies sich die in Abbildung 2 skizzierte Anordnung als zweckm\u00e4fsig. Der Beobachter blickte von oben durch ein innen geschw\u00e4rztes, das Auge vor Seitenlicht sch\u00fctzendes Okularrohr (0) auf einen neutralgrauen Blendenrahmen (R) mit zwei quadratischen \u00d6ffnungen (B1? B2). Die Mitte des schmalen Stegs zwischen Bx und B2 trug den Fixationspunkt; das Blendenfeld (= der Bx und B2 umbeschriebene Kreisbezirk) erschien unter einem Winkel von 5\u00b0. Unter diesem Rahmen war der horizontale, um eine senkrechte Achse zwischen zwei Anschl\u00e4gen drehbare Farbtr\u00e4ger (F) montiert; auf ihm konnten drei Farbt\u00e4feichen (V, Gx, G2) befestigt werden. G2 war in allen Versuchen neutrales Grau e; in der einen Endstellung von F f\u00fcllte es B1? w\u00e4hrend in B2 daneben die Reizfarbe V er-\n1\ts. Tab. 1, Anm. 6.\n2\tHerr Geh.-Rat Ostwald hatte die G\u00fcte, mir die dazu n\u00f6tigen Farbenpapiere aus seinem Privatlaboratorium zur Verf\u00fcgung zu stellen, wof\u00fcr ich auch hier meinen Dank aussprechen m\u00f6chte.\n3\tBaumanns neue Farbentonkarte, System Prase. Verl. P. Baumann, Aue i. Sa. 1912. (Enth\u00e4lt 1359 Farbt\u00f6ne.) \u2014 Der OsTWALDsche Normenatlas war damals noch nicht erschienen.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nFritz Bohnenberger.\nschien. Durch passende Neigung von R gegen das Fenster konnte R und Gx v\u00f6llig gleich gemacht werden, so dafs die Konturen von Bx verschwanden. Bei dieser Einstellung wurde 20 bis 30 Sek. lang die Mitte von Bx und B2 fixiert. Jetzt wurde mit einem Ruck der sektorf\u00f6rmige Farbtr\u00e4ger F in seine andere Endstellung (II) gedreht. Dadurch r\u00fcckte an Stelle von V das \u201ereagierende\u201c Graut\u00e4felchen G2 \u2014 es wurden die Graustufen a, e,\nAbbildung 2. Versuchsanordnung zur Farbtonbestimmung\nnegativer Nachbilder.\nLinks: Schematischer Yertikalschnitt. (Der Blendenschirm R mit den \u00d6ffnungen Bt und B2 ist um die horizontale Achse gedreht zu denken!)\nRechts: Farbtr\u00e4ger F und Blendenschirm R, von oben.\nj \u2014 Stellung w\u00e4hrend der Fixation der \\ orbildfarbe V.\nH _\t\u201e\tNachbildbeobachtung.","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n237\nn verwendet \u2014, an Stelle von Gt ein Ausschnitt in F, durch welchen die noch tiefer auf dem Tisch liegende Farbtonleiter M durch die \u00d6ffnung hindurch gesehen werden konnte. Auf dem in B2 erscheinenden G2 entwickelte sich ein sehr lebhaftes, etwa 10 Sek. deutlich bleibendes negatives Nachbild, dessen Farbe nun, durch Vergleich mit M, \u00fcberraschend genau bestimmt werden konnte.\nDas Ergebnis der im Fr\u00fchsommer 1924 unternommenen Versuche ist in Tabelle 4 kurz zusammengestellt. Beobachtet wurde an einem hochgelegenen, gegen den freien Nordhimmel gerichteten Fenster; die meisten der Messungen wurden durch einige Wochen h\u00e4ufig wiederholt; dabei ergaben sich nur geringe Schwankungen, trotz verschiedener Tageszeit und Witterung.\nTabelle 4.\nKontrastfarben.\nReag.\t\t\t\t\t\t\tReizfarbe\t\t(n\ta)\t\t\t\t\nGrau\t04\t\t17\t\t29\t\t42\t\t\t54\t\t67\t79\t92\na\t52\tea\t58\u201459 d a\t\t\t\t\t\t15\tea\t\t19 da\t\t\ne\t49\tea\t57\u201458 e a\t79-\t-80\tga\t93-94\tga\t17\tea\t\t23 ea\t27 ea\t36\u201437 ea\nn\t51\tpe\t58 ne\t\t\t\t\t\t19-\t-20\tng\t27 lg\t\t\nIn dem st\u00e4rker umrahmten Feld sind die Kontrastfarben (Nachbildfarben) f\u00fcr die 3 reagierenden Graustufen a, e, n eingetragen (die Kompensationsfarben im OsTWALDSchen Kreis sind je um 50 Nummern unterschieden).\nDas Ergebnis stimmt zun\u00e4chst mit demjenigen von Tscheb-mak darin \u00fcberein, dafs die Nachbilder von Gelb (04), Orange (17), Blau (54), und Blaugr\u00fcn (67) s\u00e4mtlich in der Richtung gegen Rot hin abweichen, w\u00e4hrend Violett (42) und Gelbgr\u00fcn (92) eine sehr geringf\u00fcgige gleichsinnige, Rot (29) und Gr\u00fcn (79) keine sichere Abweichung der Kontrastfarbe von der Kompensationsfarbe zeigen. Um die Gr\u00f6fse der Abweichung zu beurteilen, mufs die ungleiche Stufung des OsTW'ALDschen Kreises ber\u00fccksichtigt werden (vgl. oben Abbildung 1): die Abweichung des Nachbildes von 04 um 5 Einheiten (49 statt 54) bedeutet halb so viel, wie die Abweichung des Nachbildes von 54 um 13 Einheiten (17 statt 04). Trotzdem bleibt die auffallende Ungleichheit bestehen, dafs die Abweichung der Kontrastfarbe von","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nFritz Bohnenberger.\n54 doppelt so grofs ist als diejenige der unter ganz gleichen Bedingungen erzeugten Kontrastfarbe von 04; ferner stimmt es nicht, dafs 17 die Kontrastfarbe 57\u201458 fordert, selbst aber als Kontrastfarbe von 54 auftritt. Bei der Umrechnung der viel feiner gestuften BAUMANNschen Farbenskala in OsTWAimsche Normen waren Ungenauigkeiten nicht zu vermeiden; eine Wiederholung und weitere Ausdehnung der zeitraubenden und erm\u00fcdenden Versuche erschien jedoch nicht lohnend. Die mitgeteilten Werte gestatten n\u00e4herungsweise anzugeben, wie ein Kontrastfarbenkreis aussehen m\u00fcfste, in dem die einander im negativen Nachbild fordernden Farben gegen\u00fcberliegen: er w\u00fcrde diametral gestellt Grelb 04 und Violett 49, Blau 54 und Orange 17, Rot 29 und Gr\u00fcn 79 enthalten.1 \u00dcber die gegenseitige Lage dieser drei Diameter kann dabei noch frei verf\u00fcgt werden ; ordnet man sie symmetrisch um je 60\u00b0 verdreht an, so erh\u00e4lt man ungef\u00e4hr den alten \u201emalerischen\u201c Farbenkreis mit Gelb, Rot, Blau als Drittelpunkten des Umfangs, wie er von Runge, Goethe, Schopenhauer und Chevreul als selbstverst\u00e4ndlich richtig empfunden wurde.\n5. DerUrfarbenkreis.\ni\nBekanntlich hat Hering die vier urfarbigen Qualit\u00e4ten rein psychologisch abgeleitet nnd definiert.2 3 Aus seiner Ableitung ergab sich von selbst die Gegenfarbigkeit von Urrot und Urgr\u00fcn einerseits, Urgelb und Urblau andererseits, sowie die Anordnung der vier gleichwertigen Qualit\u00e4ten an den Quadrantpunkten des Farbenzirkels. Eine Feststellung auf bestimmte urfarbige Lichter im Spektrum scheint Hering, der den best\u00e4ndigen Wechsel innerhalb der lebenden Substanz so unerm\u00fcdlich betonte, mit Absicht vermieden zu haben; und die sp\u00e4teren Versuche in dieser Hinsicht ergaben in der Tat sehr grofse Schwankungen. L\u00e4fst man in einem 24teiligen OsTWALD-Kreis die Urfarben als Wahlfarben bestimmen, so wird als \u201ereines\u201c Gelb gew\u00f6hnlich 00 oder 04, als Rot 25, als Blau 54, als Gr\u00fcn 83 oder 88 gew\u00e4hlt (eigene\n1\tDies w\u00fcrde allerdings nur f\u00fcr das reagierende Grau e gelten !\n2\tHering a. a. O. S. 41 ff.\n3\tVgl. Westphal, Zeitschrift f. Sinnesphysiologie 44, 182. 1910, ferner L. v. Kries und E. Schottelius, ebenda 42, 197; Donders, Dubois*Reym. Arch. Physiolog. Abt. 1884. 533 (Urgelb) ; Goldmann, Archiv f. d. ges. Physiol. 210,\n114. 1925.","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n239\nVersuche; das gleiche Ergebnis finde ich bei Kern und Sch\u00f6ne).1 2 Nun ist 25 gleich der Farbe des langwelligen Spektralendes, also nach dem Urteil der meisten Forscher gelbstichig; 83 ist ein deutliches Gelbgr\u00fcn; mit R\u00fccksicht darauf kann man die vier OsTWALD-Normen 04, 29, 54, 79 als ungef\u00e4hre Urfarben im HERiNGschen Sinn gelten lassen, zumal sie paarweise Komplement\u00e4rfarben und auch im OsTWALnschen Kreis Quadrantfarben sind. Die Abweichung des freigew\u00e4hlten Urgr\u00fcns und auch Urrots scheint mir aus der Annahme Wundts 2 zu erkl\u00e4ren, die den Begriff und die Benennung der vier Urfarben aus vier besonders eindrucksvollen Naturfarben, n\u00e4mlich Blutrot, Himmelblau, Pflanzengr\u00fcn und W\u00fcsten- oder Steppengelb herleitet. Bei orientierenden Messungen fand ich den Himmel an Sommertagen vom Farbton 53\u201454, Blut (arterialisiertes Operationsblut) genau \u2014 25, Laubgr\u00fcn im Hochsommer um 96, Chlorophyll in alkoholischer L\u00f6sung \u2014 93\u201494. Das Pflanzengr\u00fcn, als gr\u00fcne Hauptfarbe der primitiven Erfahrung, ist demnach ausgesprochenes Gelbgr\u00fcn ; dadurch scheint das Urteil auch dann noch beeinflufst zu sein, wenn durch abstrahierende Analyse das Gr\u00fcn, \u201edas weder zu Blau noch zu Gelb hinneigt\u201c, ausgew\u00e4hlt wTerden soll.\n6. Folgerungen.\nStellen wir jetzt die Frage nach dem richtigen Farbenkreis, so mufs die Antwort offenbar lauten: es gibt nicht einen, sondern mehrere richtige Farbkreise, je nach dem gew\u00e4hlten Einteilungsprinzip; anders gewendet: keine geometrische Teilung des Kreises vermag die haupts\u00e4chlichen Beziehungen der Farben untereinander vollst\u00e4ndig wiederzugeben. Die Frage kann also schliefslich nur lauten : welches ist der zweckm\u00e4fsigste Farbenkreis? und je nach dem vorliegenden Zweck wird die Antwort verschieden ausfallen.\nF\u00fcr die praktische Farbmessung, d. h. f\u00fcr alle die Zwecke, denen ein Farbenatlas vorwiegend dienen soll, mufs zweifellos die gleichabst\u00e4ndige Teilung allen andern vorgezogen werden. Eine n\u00e4herungsweise Messung ist zwar auch mit jeder andern Farbenskala m\u00f6glich, falls die Stufen nur konstant und nicht\n1\tKern und Sch\u00f6ne, Sonderstellung gewisser Farbt\u00f6ne und Heilbehandlung von Farbenschw\u00e4che. Arb. aus dem Gebiet der Psychotherapie u. mediz. Psychologie. Heft 2. 1925. (S. 83.)\n2\tW\u00fcndt, Grundz\u00fcge der physiolog. Psychologie. Bd. 2, S. 239. 5. Aufl.","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nFritz Bohnenberger.\nallzuweit voneinander entfernt sind. Im OsTWALDschen Normenkreis ist die praktisch erforderliche Feinheit der Abstufung im Violett, Blau und Gelbgr\u00fcn nicht erreicht; sie l\u00e4fst sich auch durch die (Abschn. 3) gezeigten Modifikationen nicht durchweg erreichen. Der k\u00fcnftige Ausbau der von Ostwald inaugurierten Farbnormung wird deshalb zur Herstellung gleichstufiger Kreise zur\u00fcckkehren m\u00fcssen.\nEine andere Frage ist die, welcher Farbkreis f\u00fcr die Zwecke der Anschauung, des Unterrichts und der \u00e4sthetischen Farbenlehre den Vorzug verdient? Hier konkurriert mit dem gleichstufigen Kreis der Kompensationsfarbkreis Ostwalds, der ja zugleich die Urfarben Herings ann\u00e4hernd zur Anschauung bringt, und der aufserdem den Zusammenhang mit dem didaktisch so \u00fcberaus gl\u00fccklichen System des OsTWALDschen Farbk\u00f6rpers wahrt. Der Kontrastfarbenkreis, der die Beziehung der \u201egeforderten\u201c Farben veranschaulicht, mufs daneben f\u00fcr die \u00e4sthetische Farbenwirkung besonders wichtig erscheinen; und keinesfalls kann auf den OsTWALDschen Kreis in seiner jetzigen Normierung als auf einen unter mehreren m\u00f6glichen Farbkreisen ein allgemein g\u00fcltiges System der Farbenharmonie begr\u00fcndet werden.\n2. Gibt es \u201ebezogene\u201c und \u201eunbezogene\u201c Farben?\nDie OsTWALDsche Einteilung der Farben in die beiden Gruppen der bezogenen und unbezogenen Farben ist durch den scheinbaren Widerspruch zwischen den reinen Farben ann\u00e4hernd homogener Lichter im Spektroskop, und den reinen K\u00f6rperfarben mit breitem Remissions- bzw. Durchlafsbezirk veranlafst worden. Bei Versuchen mit gelben Pigmenten und deren L\u00f6sungen fand Ostwald, dafs diese niemals unrein, d. h. br\u00e4unlich oder olivstichig, aus-sehen, wenn man sie durch ein alles Nebenlicht ausschliefsendes Dunkelrohr betrachte; umgekehrt m\u00fcsse das Licht des gelben Spektralbezirks \u00e4ufserst lichtschwach, ja unterschwellig werden, sobald es nicht im Gesichtsfeld des Spektroskops, sondern unter gew\u00f6hnlichen Bedingungen des Sehens erscheine. Auf die hieran gekn\u00fcpften polemischen Auslassungen Ostwalds gegen Helmholtz werde ich nicht eingehen, sondern nur auf die Folgerung, dafs mit Spektrallichtern keine schw\u00e4rzlichen bzw. grauhaltigen Farben herzustellen seien. W\u00e4re dies richtig, so w\u00e4re damit auch die spektrale Normung dieser Farben, der praktisch wichtigsten","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n241\nund h\u00e4ufigsten von allen, f\u00fcr unm\u00f6glich erkl\u00e4rt und damit eine Normung sensu strictiori \u00fcberhaupt. In Wirklichkeit ist sie m\u00f6glich, hingegen die grunds\u00e4tzliche Trennung von spektralen und K\u00f6rperfarben, von schwarzfreien und schwarzhaltigen, un-bezogenen und bezogenen Farben im Sinne Ostwalds nicht durchf\u00fchrbar.\nBezogene Farben nennt Ostwald die K\u00f6rperfarben, \u201ewie wir sie mit R\u00fccksicht auf die Natur der Beleuchtung auf fassen\u201c. Neben diesen, die \u00fcberwiegende Mehrheit aller Farbeneindr\u00fccke bildenden Farben gebe es eine besondere Gruppe, \u201ebei denen die Bezugnahme auf die Beleuchtung nicht stattfinde, weil die Ursachen dazu entweder nicht bestehen, oder dem Beobachter nicht bekannt werden\u201c, das sind die unbezogenen Farben.\nAus der weiteren Erl\u00e4uterung Ostwalds geht hervor, dafs mit der Beziehung, von der hier die Rede ist, das Urteil \u00fcber die herrschende Beleuchtung gemeint ist. Die bezogenen Farben sind also offenbar dasselbe, was seit Heeing mit dem Begriff der Ged\u00e4chtnisfarben bezeichnet wird. Als Hauptvertreter der unbezogenen Farben nennt O. \u201egleichf\u00f6rmig gef\u00e4rbte Felder in einer lichtlosen Umgebung\u201c, wie man sie in Mikro-und Spektroskopen, \u00fcberhaupt in den meisten optischen Ger\u00e4ten erblickt. Solche Farbenfelder sollen nun durch das Fehlen des Schwarzgehalts ausgezeichnet sein ; sie geh\u00f6ren demnach ex definitione zu den hellklaren Farben desOsTWALDschen Systems. Insbesondere soll es unm\u00f6glich sein, mit Spektralfarben irgendwelche grauverh\u00fcllten oder schw\u00e4rzlichen Farben darzustellen, und in der Verkennung dieser Unm\u00f6glichkeit wird ein \u201efolgenreicher Irrtum\u201c von Helmholtz erblickt.\nIn Wirklichkeit gibt es auch bei der Betrachtung durch ein Dunkelrohr unter gewissen Bedingungen schwarzhaltige Farben. Die relative Schwarzarmut solcher Dunkelrohrfarben r\u00fchrt nicht von einem falschen oder fehlenden psychologischen Urteil her (n\u00e4mlich von der \u201eUnkenntnis der herrschenden Beleuchtung\u201c), sondern von den physiologischen Wirkungen des Kontrastes und der Adaptation ; die \u201eBezogenheit\u201c ist also von ganz anderer Art als im Fall der Ged\u00e4chtnisfarben.\nZur Begr\u00fcndung wird der Hinweis auf bekannte Erfahrungen gen\u00fcgen. Setzt man in einem \u201eDunkelrohrfeld\u201c die objektive Lichtst\u00e4rke gen\u00fcgend herab, so erscheint das Farbenfeld eben","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nFritz Bohnenberger.\ngrauverh\u00fcllt und nicht weifs oder hellklar ; so sieht bei gen\u00fcgend engem Collimatorspalt homogenes Natriumlicht im Spektroskop braun und nicht gelb aus, desgleichen gelbe Farbl\u00f6sungen bei gen\u00fcgender Dicke der absorbierenden Schicht. Auch die Erscheinung der \u201eGrauglut\u201c geh\u00f6rt in diesen Zusammenhang. Die relativ grofse Helligkeit einer solchen \u201eDunkelrohrfarbe verglichen mit der Helligkeit des gleichen Reizlichts unter gew\u00f6hnlichen Bedingungen des Sehens \u2014 r\u00fchrt her erstens von dem induzierten Helligkeitszuwachs (durch Simultankontrast), zweitens von einer \u00c4nderung der Adaptation infolge der Verdunkelung des peripheren Gesichtsfelds, einer \u00c4nderung, die zwar quantitativ kaum angebbar ist, in ihrer Wirkung jedoch jedenfalls eine Steigerung der Lichtempfindlichkeit bedeutet. Von den klassischen Versuchen Herings \u00fcber Simultankontrast sei hier nur auf den einen, von Ostwald zitierten, kurz eingegangen. Blickt man auf eine m\u00e4fsig stark beleuchtete gelbe Fl\u00e4che durch das Loch eines hellbeleuchteten weifsen Schirms, so erscheint das Gelb sehr tr\u00fcbe, grauverh\u00fcllt und olivgr\u00fcn mit einem Stich ins Gelb. O. nimmt diesen Versuch als Beispiel f\u00fcr eine (psychologisch) \u201ebezogene\u201c Farbe.1 Es handelt sich jedoch um genau dieselbe physiologische Kontrastwirkung, wie im Dunkelrohrfeld, nur mit umgekehrtem Vorzeichen: an Stelle der Erhellung im Dunkelrohr tritt jetzt die Verdunkelung durch die helle Blende. Man m\u00fcfste im einen Fall von \u201edunkelbezogenen\u201c, im andern von \u201ehellbezogenen\u201c Farben reden.2 3 Dafs es sich dabei um eine physiologische Be-zogenheit handelt, die durch die Kenntnis oder Unkenntnis der herrschenden Beleuchtung gar nicht beeinflufst wird, hat gleichfalls Hering in besonderen Versuchen bewiesen.0 Die psycho-\n1\tEinf\u00fchrung in die Farbenlehre (Reclam). S. 15.\n2\tDer Ausdruck \u201eunbezogene\u201c Farbe scheint nur zutreffend f\u00fcr einen das ganze Gesichtsfeld gleichm\u00e4fsig erf\u00fcllenden Farbeneindruck, wie man ihn etwa beim Blick in den wolkenlosen blauen Himmel empf\u00e4ngt.\n3\tGrundz\u00fcge der Lehre von Lichtsinn S. 49. Ein \u00e4hnlicher Versuch l\u00e4fst sich improvisieren, wenn man im Zimmer zurzeit der D\u00e4mmerung, solange draufsen vor dem Fenster die Farben noch \u00fcberschwellig erscheinen, pl\u00f6tzlich das elektrische Licht andreht: augenblicklich wird der ganze Fensterausschnitt tief grau, das induzierte Schwarz verschluckt die Farben. Durch rasches Aus- und Wiederandrehen des Lichts l\u00e4fst sich dieser Wechsel hin und her wiederholen, wobei man doch genau weifs, wie jeweils innen und draufsen die \u201ewirkliche\u201c Beleuchtung ist.","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n243\nlogische Beziehung im Fall der Ged\u00e4chtnisfarben ist dagegen durch eine darauf gerichtete Bem\u00fchung leicht zu l\u00f6sen ; die ganze Entwicklung des malerischen Sehens von van Eyck bis zu den Impressionisten war, optisch betrachtet, Emanzipation von der \u201eLokalfarbe\u201c zugunsten der reinen Farbenerscheinung\nGibt es aber schwarzhaltige Spektralfarben, so ist damit die M\u00f6glichkeit einer spektralen Normung der ganzen Farbenmannigfaltigkeit grunds\u00e4tzlich gegeben. Auf die Wichtigkeit dieser Tatsache habe ich schon an anderer Stelle hingewiesen.1 Geht man, im Sinn Herings und auch Ostwalds, von der Farbe als Empfindung aus, so l\u00e4fst sich diese Empfindung erfassen als Funktion einesteils des Reizes, andernteils des zur Zeit der Reizeinwirkung gegebenen Zustands im Sehorgan; symbolisch ausgedr\u00fcckt :\nF = f (Reiz, Auge)\nwo unter \u201eAuge\u201c die gesamte jeweilige physiologische und psychologische Verfassung des Sehorgans zu verstehen ist: insbesondere der individuelle Farben- und Lichtsinn des Beobachters, sein Adaptationszustand, die Gr\u00f6fse des gereizten und die \u201eStimmung\u201c des gesamten Sehfelds. Jede Farbenmessung durch physikalische Bestimmung des Reizlichts hat zur Voraussetzung, dafs in der obigen Gleichung das \u201eAuge\u201c einen bekannten und f\u00fcr die Dauer der Messung konstanten Faktor darstellt.2\nEine v\u00f6llige Bestimmung dieses Faktors ist zwar nicht m\u00f6glich (weil durch die Reizeinwirkung selbst der Augenzustand\n1\ta. a. O. S. 11 ff.\n2\tEine eindringende Analyse der Anteile, die dem Reiz und der \u201ePers\u00f6nlichkeit\u201c in jeder optischen Empfindung zukommen, hat E. R. Jaensch gegeben (Zeitschr. f. Psychol. 93, 129 ff. 1923; bes. S. 140\u2014156). Welche Rolle die von v. Kries so genannten \u201eakzessorischen Bedingungen\u201c des Behakts spielen, geht schon aus der grofsen Verschiedenheit der mit gleicher Methodik gewonnenen Messungsergebnisse verschiedener Beobachter hervor; siehe z. B. die oben angef\u00fchrten Messungen von Laurens und Hamilton, sowie der 12 Vpn. 0. Steindlers (Sitzungsber. d. Wien, Akad. d. Wissensch. 115, 39 ff. 1906). Den Einflufs der feineren Stoffwechselvorg\u00e4nge auf den Behakt haben neuerdings W\u00f6lfflin (Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 69, 205. 1922) und Boehmig {ebenda 70, 397. 1923, ferner M\u00fcnch, med. Wochenschr. 69, $62. 1922) nachgewiesen.\nZeitschr. f. Sinnespliysiol. 57.\n17","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nFritz Bohnenberger.\nver\u00e4ndert werden kann); auf seiner angen\u00e4herten Bestimmung: beruht die Verl\u00e4fslichkeit jeder physiologisch-optischen Messung.\nF\u00fcr die Frage des \u201eSchwarzgehalts\u201c folgt aus dieser \u00dcberlegung, dafs auch das Schwarz als Empfindungsinhalt von den beiden Faktoren \u201eReiz\u201c und \u201eAuge\u201c abh\u00e4ngt. Da nun von K\u00f6rperfarben remittiertes Licht durch ein spektrales Lichtgemisch vollst\u00e4ndig substituiert werden kann \u2014 Ostwald hat in seiner Theorie der Schluckz\u00fcge den Weg dazu gezeigt \u2014 so mufs der den K\u00f6rperfarben eignende Schwarzgehalt auch an den Spektralfarben erscheinen, sofern nur die gleichen Bedingungen f\u00fcr das Auge gegeben sind. Setzt man einen bestimmten Augenzustand als Norm, so geh\u00f6rt zur vollst\u00e4ndigen Kennzeichnung einer Farbe nur die Bestimmung des Lichtreizes: die Ausdehnung seines Spektrums und die Helligkeit (Energieverteilung) in demselben (in praxi: die Angabe der Lichtquelle).. Durch vollst\u00e4ndige Abwandelung dieser beiden Bestimmungsst\u00fccke k\u00f6nnen s\u00e4mmtliche f\u00fcr den vorausgesetzten Augenzustand m\u00f6glichen Farbenempfindungen durch weitere Abwandlung auch des Augenzustandes s\u00e4mtliche \u00fcberhaupt noch m\u00f6glichen Farbenempfindungen systematisch aufgesucht werden.\n3. Zur These vom \u201eFarbenhalb\u201c.\nDas Farbenhalb ist vielfach von Gegnern und Freunden der OsTWALDSchen Lehre, so auch von Miescher, als ein Hauptartikel dieser Lehre hingestellt worden. Demgegen\u00fcber wurde schon mehrfach \u2014 zuletzt durch von Kries1 \u2014 darauf hingewiesen, dafs experimentelle Beobachtungen \u00fcber das Farbenhalb noch kaum angestellt worden sind \u2014 und was, wie hinzugef\u00fcgt werden mufs, deshalb, weil der dazu n\u00f6tige komplizierte Apparat noch nirgends existiert. Ostwalds Versuche mit seinem Farberzeuger (Physik. Farbenlehre S. 126 ff.) und meine eigenen Messungen, \u00fcber die ich auf der Deutschen Physiologen-Tagung 1923 berichtet habe, tragen durchaus vorl\u00e4ufigen Charakter. Auf Grund der bekannten spektralen Mischungsgleichungen l\u00e4fst sich Voraussagen, dafs die Farbenhalbe jedenfalls ungleiche S\u00e4ttigung, je nach ihrem Ort im Spektrum, haben werden; nicht aber, wie grofse S\u00e4ttigung oder Reinheit sie haben werden. Ostwald\n1 Diese Zeitsehr. 57. S. 306. 1925.","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\n245\nselbst bat gelegentlich betont* 1, dafs das Farbenhalb eine physikalische Definition ist: \u201edas Lichtgemisch aus einem durch zwei Komplement\u00e4rfarben begrenzten Spektralbezirk\u201c. Die Empfin-dungsqualit\u00e4t, speziell ihre Reinheit, h\u00e4ngt also noch von der Art des Spektrums (d. h. der Lichtquelle) und vom Augenzustand des Beobachters ab.2 3 Die Frage, wie weit Farbenhalbe und reine Farben \u00fcbereinstimmen, mufs somit noch offen bleiben. Wichtiger als diese Frage erscheint aber die allgemeinere : wie sehen Strahlgemische aus breiten, zusammenh\u00e4ngenden Teilen des Spektrums \u00fcberhaupt aus ? und wie \u00e4ndert sich ihr Aussehen bei rationeller \u00c4nderung der spektralen Mischung ?3 Ostwald hat diese Fragen\nerstmals in voller Klarheit gestellt ; \u2014 auf die damit verwandten \u2022 \u2022\n\u00dcberlegungen Kibschmanns4 sei hier nur kurz hingewiesen \u2014 seine Theorie der rationellen Schluckz\u00fcge, in der die Farbenhalbe nur einen mathetisch ausgezeichneten Fall darstellen, verspricht f\u00fcr die Ph\u00e4nomenologie der Farben, besonders aber f\u00fcr die Farb-normung von gr\u00f6fster Bedeutung zu werden. Die experimentelle Bearbeitung dieser Aufgaben hoffe ich sp\u00e4ter vorlegen zu k\u00f6nnen.5 6\nZusammenfassung.\n1. Die Teilung des Farbenkreises f\u00fchrt je nach dem zugrunde gelegten Einteilungsprinzip zu verschiedenen, zum Teil stark voneinander abweichenden L\u00f6sungen. Als wichtigste Beispiele werden besprochen die gleichabst\u00e4ndige Teilung, die Teilung\nnach Kontrastfarben, Urfarben und Kompensationsfarben. Der\n_\n1\tDiese Zeitschr. 50, 158. 1919.\n2\tAllgemein ist maximale S\u00e4ttigung zu erwarten bei einem Strahl-gemisch aus relativ engem Spektralbezirk, von grofser Intensit\u00e4t, gesehen in einem Umfeld von geringerer Helligkeit und gegenfarbiger Qualit\u00e4t.\n3\tSiehe dazu Ostwalds \u201eMetamere Farben\u201c, Physikal. Farbenl. 237ff., sowie meine Ausf\u00fchrungen a. a. O. S. 21.\n4\tKirschmann, Das umgekehrte Spektrum und seine Komplement\u00e4r-\nverh\u00e4ltnisse. Zeitschr. f. Physik 18, 195. 1917. \u2014 Das umgekehrte Spektrum und die Spektralanalyse. Zeitschr. f. Instr.kunde 44, 173. 1924.\n6 Diese Hoffnung sollte sich leider nicht erf\u00fcllen. Wenige Wochen nach Fertigstellung des Manuskriptes dieser Arbeit erkrankte der junge, vielversprechende, vor allem in der Farbenlehre arbeitende Forscher, der seit dem 1. Oktober 1925 als wissenschaftlicher Assistent an der Basler Augenklinik t\u00e4tig war, an einer schweren Lungenentz\u00fcndung, der er inner halb zwei Wochen erlag. Er konnte nur die Korrektur der Abbildungen noch selbst besorgen.\tA. Br\u00fcckner.\n17*","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246 Bohnenberger, Einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung.\nOsTWALDSche Farbenkreis ist ein Kompensationsfarbenkreis, dabei in seiner jetzigen Normierung fast durchweg in ungleichen Abst\u00e4nden geteilt.\n2.\tDie Begriffe der \u201ebezogenen\u201c und \u201eunbezogenen\u201c Farben (Ostwald) bezeichnen keinen durchgreifenden Unterschied der farbigen Erscheinungen. Die ersten sind psychologisch bezogen und mit den Ged\u00e4chtnisfarben Hekings gleich zu setzen. Die zweiten sind physiologisch auf ein dunkles Umfeld bezogene und dadurch relativ schwarzarme Farben; wird unter sonst gleichen Bedingungen das Umfeld stark erhellt, so kann, ebenso wie vorher ein relativer Schwarzmangel, jetzt ein relativer Weifsmangel, erzeugt werden. Es ergibt sich daraus die wichtige Folgerung, dafs alle Farben spektral darstellbar und mefsbar\nsind, nicht nur die schwarzfreien.\n3.\tDie Sonderstellung der \u201eFarbenhalbe\u201c innerhalb der m\u00f6glichen Mannigfaltigkeit spektraler Mischungen von gleichem Farbton kann nur experimentell gepr\u00fcft werden.","page":246}],"identifier":"lit35957","issued":"1926","language":"de","pages":"224-246","startpages":"224","title":"\u00dcber einige Grundfragen der praktischen Farbenmessung","type":"Journal Article","volume":"57"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:16:17.897357+00:00"}

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