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Über die Abhängigkeit der Farbe von der Intensität (Mitteilung aus der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt)

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{"created":"2022-01-31T16:44:33.841343+00:00","id":"lit35963","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Janicki, Ludwig","role":"author"},{"name":"Ernst Lau","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 57: 288-293","fulltext":[{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\n\u2022 \u2022\nUber die Abh\u00e4ngigkeit der Farbe von der Intensit\u00e4t\n(Mitteilung aus der Physikalisch - Technischen Reichsanstalt)\nVon\nLudwig Janicki und Ernst Lau Mit 3 Textabbildungen\n\u00a7 1. Wilhelm von Bezold hat im Jahre 18731 die Abh\u00e4ngigkeit der Farben von der Helligkeit untersucht. Diese Untersuchungen finden wenig Beachtung, trotzdem sie zu interessanten Ergebnissen gef\u00fchrt hatten. Bezold beobachtete bei dem in einem Spektroskop zerlegten Sonnenlicht folgendes : \u201eW\u00e4hrend man bei sehr kr\u00e4ftiger Beleuchtung hinter D helles, aber nicht sehr sattes Gelb, in der Gegend von F aber (bei direkter Fixation) ein weifsliches Blau erblickt, so erscheint schon in einem m\u00e4fsig hellen Spektrum, wie es f\u00fcr die fortgesetzte Beobachtung der FRAUNHOFERschen Linien am wohltuendsten ist, das Gelbe nur mehr auf einen \u00e4ufserst schmalen Streifen beschr\u00e4nkt . .. entschiedenes Blau wie Ultramarin ist kaum mehr erkennbar, der ganze Raum hinter dem Blaugr\u00fcn zeigt eine violette F\u00e4rbung.\nF\u00e4hrt man mit der Verminderung des Lichtes fort, so schreiten auch die r\u00f6tlichen T\u00f6ne immer weiter gegen die Mitte des Spektrums zu. Die Umgebung von D zeigt die Farbe der Mennige, Gelb verschwindet ganz, und erst ein wenig von der Mitte zwischen D und E beginnt das Gr\u00fcne und erstreckt sich noch etwas \u00fcber F hinaus, wo es ohne weitere Vermittlung dicht an das Violette grenzt.\nMan hat jetzt nur mehr die drei Farben Rot, Gr\u00fcn und Violett vor sich. Hierbei ist das violette Ende noch nicht merk-\n1 W. von Bezold, Pogg. Annal, d. Physik 150, 221. 1873.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit der Farbe von der Intensit\u00e4t\n289\nlieh verk\u00fcrzt, wohl aber das rote, welches jedoch gegen die brechbarere Seite verschoben erscheint.\nVermindert man die Helligkeit noch mehr, so wird zuerst das Violette g\u00e4nzlich unsichtbar, das Rote erscheint Braunrot, das Gr\u00fcne blafst ab . .\nFafst man dies alles kurz zusammen, so kann man als BEzoLDsches Ph\u00e4nomen folgendes bezeichnen: Gelb und Blau kommt bei Betrachtung mit einem Spektroskop erst bei gr\u00f6fseren Intensit\u00e4ten zur Wirkung als Rot, Gr\u00fcn und Violett. Es schliefst sich also an das PuKKiNJEsche Ph\u00e4nomen totaler Farbenblindheit ein Ph\u00e4nomen von partieller Farbenblindheit an: Bei grofser Dunkelheit ist der normale Mensch voll farbenblind, bei schw\u00e4cheren Beleuchtungen noch immer gelb-blau-blind.\n\u00a7 2. Unsere Versuche wurden mit einem Zwei-Prismen-Spektroskop von Zeiss unternommen. Die Intensit\u00e4ten wurden durch Schliefsen und \u00d6ffnen des Spaltes (ablesbar auf 0,001 mm) ver\u00e4ndert. Die Wellenl\u00e4ngen liefsen sich auf einer Skala ablesen. Wir stellen unsere Ergebnisse in den Abbildungen 1 und 2 graphisch dar. Die Intensit\u00e4t 1 liegt unweit der Schwelle farbigen Sehens \u00fcberhaupt. Abbildung 1 gibt die Ergebnisse f\u00fcr Janicki wieder, Abbildung 2 f\u00fcr Lau.\nDie einzelnen Kurven zeigen die Abh\u00e4ngigkeit der Wellenl\u00e4nge verschiedener Farbt\u00f6ne, auf deren Mitte eingestellt wurde, von der Intensit\u00e4t. Es soll nun nicht behauptet werden, dafs z. B. P \u00fcber den ganze Intensit\u00e4tsbereich streng die gleiche Farbe verbindet. P ist bei schwachen Intensit\u00e4ten etwas br\u00e4unlich, bei st\u00e4rkeren vielleicht ein wenig violett. Aber die Kurve f\u00fcr P gibt die reinste Purpurfarbe an. Ebenso ist es bei den anderen Kurven. Die Gegend, in der bei grofsen Intensit\u00e4ten Gelb entsteht, ist bei geringer Intensit\u00e4t br\u00e4unlich ; bei mittleren Intensit\u00e4ten \u00e4hnelt die Farbe poliertem Birkenholz. Gr\u00fcn ist bei schwachen Intensit\u00e4ten bl\u00e4uliches Moosgr\u00fcn. Janicki hat gelegentlich den Eindruck gehabt, dafs dieses Gr\u00fcn die Komponenten Gelb und Blau sozusagen getrennt enthielte. Bei grolsen Intensit\u00e4ten ist die gr\u00fcne Gegend gelblich-weifsgr\u00fcn. Blau ist bei geringen Intensit\u00e4ten blauschwarz, nur wenig von Dunkelviolett unterschieden; bei grofser Intensit\u00e4t ist es weifslich-ultra-marinblau.1\n1 Verschiebungen der Farbenschwerpunkte fand bei geringeren Inten* sit\u00e4tsver\u00e4nderungen auch Edgard Dreher, Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 46, 1, 1911.","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nLudwig Janicki und Ernst Lau\nMan sieht aus der graphischen Darstellung, dafs die beiden Beobachter bis auf kleine Abweichungen dasselbe Ergebnis er halten haben. Bei den meisten anderen Vpn., die wir heranzogen, waren die Ergebnisse gleichfalls sehr \u00e4hnlich. Bei Herrn Leo jedoch war mehr als die doppelte Intensit\u00e4t n\u00f6tig, bis er Gelb und Blau wahrnahm. Herr Daege sah als einziger Gelb und Blau fast bei derselben Intensit\u00e4t wie Rot und Gr\u00fcn.\nAbbildung 1\nBeobachter: Janicki\n600\nAbbildung 2\nBeobachter: Lau\nErkl\u00e4rung zu Abbildung 1 und 2\nI = Intensit\u00e4t (in logarithmischem Mafsstab), l = Wellenl\u00e4nge in fifi p == Purpur, Z = Zinnober, 0 = Orange, Br = Braun, G = Gelb,\nGr = Gr\u00fcn, Dbl = Dunkelblau, Dv = Dunkelviolett, Bl = Hellblau,\nV = Violett\nVon besonderem Interesse sind die Versuche mit Herrn Lutzmann; dieser beginnt Rot und Gr\u00fcn erst bei der 80-fachen Intensit\u00e4t wie die \u00fcbrigen richtig zu benennen, bei geringerer Intensit\u00e4t ist er v\u00f6llig farbenblind. Auch Gelb und Blau erkennt er nur bei gr\u00f6fseren Intensit\u00e4ten als die anderen Beobachter. Seine","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit der Farbe von der Intensit\u00e4t\n291\nFarbenanomalie, die sich praktisch als Farbenblindheit \u00e4ufsert, besteht also im wesentlichen in der f\u00fcr alle Farben, besonders aber f\u00fcr Rot und Gr\u00fcn stark heraufgesetzten Farbensehwelle. Es erscheint wichtig, Farbenblinde nach dieser Methode genauer zu untersuchen ; die \u00fcbliche Diagnose ist unzureichend.\nMan kann vielleicht einwenden, dafs unsere Ergebnisse dadurch beeinflulst sind, dafs ein kontinuierliches Band der Spektralfarben dargeboten worden ist. In der Tat wandert der Schwerpunkt des Gelb, je nachdem ob man von Rot oder Gr\u00fcn herkommt, mehr zur Komplement\u00e4rfarbe, aber an dem BEzoLDschen Ph\u00e4nomen und dem Wandern der Farbschwerpunkte wird dadurch nichts ge\u00e4ndert. Wir haben auch Beobachtungen mit, einer Lichtquelle gemacht, die ein Linien Spektrum gab. Eine Neon-Lampe, die zahlreiche Linien sehr verschiedener Intensit\u00e4t gibt, wurde vor den Spalt gestellt. Der Spalt wurde soweit ge\u00f6ffnet, dafs keine Linien, sondern nebeneinanderliegende farbige Rechtecke zu sehen waren. Jedes der Rechtecke enth\u00e4lt physikalisch monochromatisches Licht. Das Lampenlicht konnte ferner durch Graufilter abgeschw\u00e4cht werden, die etwa ein Zehntel oder ein Hundertstel der Intensit\u00e4t hindurchliefsen. Die Resultate sind den oben geschilderten durchaus \u00e4hnlich. Es wird z. B. die sehr helle Linie 2 6402 \u00c0.-E. als Gelborange bezeichnet, w\u00e4hrend die kurzwelligere, schw\u00e4chere Linie l 6382 \u00c2.-E. braunrot erscheint. Es ist demnach hier die normale Farbenfolge im Spektrum in paradoxer Weise umgekehrt. Diese Umkehrung der Farbfolgen infolge verschiedener Intensit\u00e4t bildete den Ausgangspunkt unserer Untersuchung; im Neon-Spektrum findet sich eine F\u00fclle von \u00fcberraschenden Beispielen dieser Art. Wird die Linie l 6402 auf ein Zehntel der urspr\u00fcnglichen Intensit\u00e4t geschw\u00e4cht, so erscheint sie zinnoberrot. Alle die einzelnen Versuchsergebnisse lassen sich aus den obenstehenden Figuren ablesen. Man kann geradezu sagen, dafs sich auf Grund der obigen Ergebnisse bei lichtstarken Spektren die relativen Helligkeiten der einzelnen Linien aus den Farbt\u00f6nen n\u00e4herungsweise angeben lassen. Bei engem Spalt, wenn also im Okular schmale Linien erscheinen, besteht eine Tendenz, alle Farben etwas weifslich zu sehen.\n\u00a7 3. Bezold hat geglaubt, dafs seine Beobachtungen f\u00fcr die HELMHOLTzsche Theorie des farbigen Sehens sprechen. Er meinte, dafs die Grundfarbenempfindungen Rot, Gr\u00fcn und Violett","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nLudwig Janicki und Ernst Lau\nbei geringerer Intensit\u00e4t auftauchen, dafs dagegen Gelb und Blau Mischfarben seien und daher erst bei gr\u00f6fserer Intensit\u00e4t auf-treten. Diese Auffassung ist nicht zwingend. Der Tatbestand l\u00e4fst sich auch so deuten, dafs Gelb und Blau gem\u00e4fs einer etwas modifizierten \u00dcERiNGschen Theorie gesonderte antagonistische Farbempfindungen sind, deren Schwellenwert h\u00f6her liegt, als der der \u00fcbrigen Farben. Weil bei gr\u00f6fseren Intensit\u00e4ten Gelb und Blau sich vor den \u00fcbrigen Farben vordr\u00e4ngt, m\u00fcfste die Unterschiedsschwelle geringer als bei Rot und Gr\u00fcn sein. Gelb und Blau w\u00fcrden sich also zu den \u00fcbrigen Farben verhalten, wie eine hartarbeitende photographische Platte (Reproduktionsplatte) zu einer gew\u00f6hnlichen Platte f\u00fcr Landschaftsaufnahmen. Die Ver\u00e4nderung des Farbcharakters der einzelnen Spektralgebiete h\u00e4ngt von der Mitwirkung von Gelb und Blau ab.\nAr\nr\n1 10 100 1000 10000 100000 1000000 Abbildung 3.\nEin Beweis f\u00fcr diese letztere Auffassung ergibt sich aus folgender Tatsache : K\u00f6nig und Brodhun 1 haben die Unterschiedsschwelle f\u00fcr verschiedene Farben in Abh\u00e4ngigkeit von der Intensit\u00e4t untersucht; sie fanden dabei ein Resultat, das in Abb. 3 graphisch dargestellt ist. Man sieht aus der Abbildung, dafs die Unterschiedsschwelle Ar : r keine Konstante ist, wie es nach dem Weber-Fechnerschen Gesetz sein sollte; es ist nur in einem kleinen Bereich (auf der Zeichnung der Kurvenzweig I) eine angen\u00e4herte Konstante vorhanden. Geht man zu geringeren Intensit\u00e4ten\n1 A. K\u00f6nig und E. Brodhun, Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Berlin 1888, II, 917.","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Janicki u. Lau, Die Abh\u00e4ngigkeit der Farbe von der Intensit\u00e4t\n\u00fcber, so findet man eine best\u00e4ndig ansteigende Unterschiedsschwelle. Kurve II gibt den ansteigenden Kurvenast f\u00fcr die Wellenl\u00e4nge 670 bis 575 juju, Kurve III f\u00fcr die Wellenl\u00e4ngen 505 bis 430 juju wieder. Wir haben die Versuche wiederholt und festgestellt, dafs der gerade Kurvenzweig I bei der Intensit\u00e4t beginnt, bei der Gelb und Blau auftritt. Das entspricht vollst\u00e4ndig unserer Auffassung, dafs Gelb und Blau Farben mit geringerer Unterschiedsschwelle sind. Geht man mit der Intensit\u00e4t herunter, bis nur Rot, Gr\u00fcn und Violett zu sehen ist, so steigt die Unterschiedsschwelle rasch; in der Gegend der Dunkeladaption wird die Unterschiedsschwelle mit abnehmender Intensit\u00e4t noch gr\u00f6fser. Das WEBER-FECHNERsche Gesetz gilt also nur f\u00fcr die Gegend, in der Gelb und Blau deutlich mitwirken. Augenscheinlich kann das WEBER-FECHNERsche Gesetz f\u00fcr den ganzen Bereich aller Intensit\u00e4ten nicht gelten, da verschiedene Prozesse f\u00fcr die Gr\u00f6fse der Unterschiedsschwelle mafsgebend sind. Wenn wir die Tatsachen besser im Sinne der HERiNoschen Theorie deuten als in dem der \u00cf\u00cfELMHOLTzschen, so ist festzustellen, dafs der Gelb- und Blauempfindung die drei anderen Farben Rot, Gr\u00fcn, Violett gegen\u00fcberstehen. Unsere Auffassung n\u00f6tigt also zu einer Vereinigung der HELMHOLTzschen und der \u00dcERiNGschen Theorie.","page":293}],"identifier":"lit35963","issued":"1926","language":"de","pages":"288-293","startpages":"288","title":"\u00dcber die Abh\u00e4ngigkeit der Farbe von der Intensit\u00e4t (Mitteilung aus der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt)","type":"Journal Article","volume":"57"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:44:33.841348+00:00"}

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