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{"created":"2022-01-31T16:54:44.659255+00:00","id":"lit35988","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Zurm\u00fchl, Georg","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 61: 40-86","fulltext":[{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nAbh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke und ihre Beziehung zur Helmholtz-schen Resonanztheorie des H\u00f6rens\nVon\nGeorg Zurm\u00fchl (Burg a. d. Wupper)\nMit 8 Abbildungen im Text\nInhaltsverzeichnis\nSeit\u00a9\nEinleitung....................................................41\nApparatur und Versuchsanordnung\n1.\tTonerzeugung............................................45\n2.\tEichung auf Tonh\u00f6he.....................................47\n8. St\u00e4rkemessung\na)\tGer\u00e4uschmesser........................................4g\nb)\tHeterotone Phonometrie................................50\nc)\tR\u00f6hrenvoltmesser......................................52\n4.\tKlangzusammensetzung....................................54\n5.\tVersuchsanordnung.......................................55\nVersuche und Ergebnisse\n1.\tHauptversuchsreihe\na)\tVerschiedenheit der Lautst\u00e4rkedifferenz...............58\nb)\tVerschiedene Tonh\u00f6henlagen............................59\nc)\tWirkung der Obert\u00f6ne..................................61\nd)\tSekund\u00e4rton...........................................68\n2.\tGenauigkeit der Me\u00dfmethode..............................64\n3.\tNebenuntersuchungen\na)\tVerhalten der Kombinationst\u00f6ne........................69\nb)\tMonotisches und diotisches H\u00f6ren......................71\nDiskussion der Ergebnisse\n1.\tVergleich mit fr\u00fcheren Ergebnissen......................73\n2.\tEntstehung der Tonvertiefung............................75\n3.\tMathematische Behandlung................................77\nZusammenfassung...............................................gg","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw\n41\nEinleitung\nDie Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke ist seit langem bekannt und wird verschiedentlich in der physikalischen, physiologischen und psychologischen Literatur des vergangenen und gegenw\u00e4rtigen Jahrhunderts erw\u00e4hnt und behandelt (vgl. Nr. 1\t15).1 Im Rahmen dieser Arbeit betrachten\nwir die Wirkung, welche die St\u00e4rke\u00e4nderung eines Tones mit objektiv konstanter Schwingungszahl auf die Geh\u00f6rsempfindung subjektiv verursacht. Von vornherein ist also jede Frequenz\u00e4nderung der Tonquelle auszuschlie\u00dfen. Das Ph\u00e4nomen ist dann rein physiologisch-psychologischer Natur.\nIm allgemeinen ist festgestellt, da\u00df ein Ton bei geringer Lautst\u00e4rke h\u00f6her empfunden wird als bei gro\u00dfer. Nur wenige der vielen Beobachtungen der Autoren seien hier erw\u00e4hnt. Wilh. Weber : \u201eDer Ton der verhallenden Stimmgabel zieht sich etwas in die H\u00f6he\u201c. S. Ringer: \u201eWenn eine Taschenuhr erst fest ans Ohr gedr\u00fcckt und dann langsam fortgef\u00fchrt wird, h\u00f6rt man das Ticken in der Tonh\u00f6he steigen . . \u201eDas Echo eines musikalischen Tones ist h\u00f6her als dieser.\u201c E. Mach: \u201eIch stellte Versuche an mit Stimmgabeln, Zungenpfeifen, gedeckten und offenen Labialpfeifen, mit den T\u00f6nen der Violine und mit den nach der Methode von Helmholtz hergestellten sogenannten einfachen I \u00d6nen und zwar mit einer bedeutenden Anzahl sehr verschiedener Tonh\u00f6hen. Stets zeigte sich beim Entfernen des Tonwerkzeuges eine Erh\u00f6hung des Tones\u201c. C. Stumpe: \u201eDieselbe Tonh\u00f6hen\u00e4nderung wie bei Gabeln habe ich k\u00fcrzlich bei den durch starken Wind erzeugten T\u00f6nen einer Telegraphenleitung wahrgenommen. Auch hier schien beim Andr\u00fccken des Ohres an die Stange der verst\u00e4rkte Ton zugleich tiefer.\u201c Durch zahlreiche Versuche wurde die Erscheinung der empfundenen Tonerh\u00f6hung beim Verklingen eines Tones best\u00e4tigt. Die empfundene Tondifferenz wird auf weniger als 1/8 bis \u00fcber % Ton gesch\u00e4tzt. Burton sch\u00e4tzt den Unterschied bei einer Stimmgabel mit der Schwingungszahl 128 pro Sek. sogar auf eine kleine Terz oder mehr.\nAndere Beobachtungen zeigen aber, da\u00df die Erscheinung der Tonh\u00f6hen\u00e4nderung f\u00fcr die Empfindung auch in der entgegengesetzten Weise auftreten kann. E. Mach : \u201eDas Geklapper einer\n1 Die Zahlen verweisen auf das Schriftenverzeichnis am Schl\u00fcsse der Arbeit.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nGeorg Zurm\u00fchl\nkleinen Windm\u00fchle schien tiefer zn werden, wenn ich die Ohren mit den Fingern zuhielt.\u201c C. Stumpe: \u201eUnter zwei qualitativ unmerklich verschiedenen T\u00f6nen wird selbst von Oe\u00fcbten der st\u00e4rkere Ton leicht f\u00fcr den h\u00f6heren gehalten.\u201c Stumpe glaubt sogar, \u201eda\u00df das H\u00f6herscheinen des schw\u00e4cheren Tones nur in verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig wenigen F\u00e4llen und die T\u00e4uschung vorwiegend in der umgekehrten Richtung . . . stattfindet\u201c. \u00dcber die Gr\u00f6\u00dfe dieser entgegengesetzt empfundenen Tonh\u00f6hendifferenz ist nichts bekannt.\nMan hat die Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke auf verschiedene Weisen zu erkl\u00e4ren versucht. Die Erkl\u00e4rungen erg\u00e4nzen sich teils, laufen teils auseinander und befriedigen nur wenig. E. Mach erkl\u00e4rt die Erscheinung durch das relativ st\u00e4rkere Hervortreten der Obert\u00f6ne beim Schw\u00e4chen oder Entfernen des Klanges. Uebantschitsch fa\u00dft ebenso wie Mach die Vertiefung als Urteilst\u00e4uschung auf. Die Tonh\u00f6hen\u00e4nderung ist f\u00fcr beide nur eine scheinbare durch die \u00c4nderung der Klangfarbe psychologisch bedingte Erscheinung. Hessleb versucht die Wirkung physiologisch zu erkl\u00e4ren. Seine Erkl\u00e4rungsweise ist aber nach der heutigen Auffassung \u00fcber Schallaufnahme durch das Ohr unhaltbar. Eine bessere Wendung gibt Stumpe der physiologischen Erkl\u00e4rung. Er bespricht und kritisiert die HESSLERsche Auffassung, h\u00e4lt aber an dem Grundgedanken Hesslers fest, da\u00df bei lauten T\u00f6nen nicht nur eine sondern mehrere Fasern der Basilarmembran erregt werden. (Die Helm-HOLTzsche Resonanztheorie wird als bekannt vorausgesetzt. Vgl. Waetzmann, \u201eDie Resonanztheorie des H\u00f6rens\u201c, Braunschweig 1917.) Eine Faser schwingt am st\u00e4rksten, die benachbarten schwingen schw\u00e4cher mit. Beim Ausklingen einer Stimmgabel zum Beispiel wird die Erregung der Fasern geringer in der Art, da\u00df die Erregungsst\u00e4rke bei den Fasern f\u00fcr die tiefen T\u00f6ne schneller abnimmt als bei denen f\u00fcr die h\u00f6heren. Die Schwingungsst\u00e4rke der letzteren nimmt demnach relativ zu. Darum geht der geschw\u00e4chte Ton f\u00fcr die Empfindung in die H\u00f6he, wobei allerdings vorausgesetzt ist, da\u00df (der heutigen Auffassung entsprechend) bei der Erregung mehrerer Fasern nur ein Ton empfunden wird und zwar der, welchem die st\u00e4rksterregte Faser zukommt.\nBesonderes Interesse gewinnt das Ph\u00e4nomen durch die Ausf\u00fchrungen von R. J. Ewald (14 u. 15), der eine eigene Theorie des H\u00f6rens, die \u201eSchallbildertheorie\u201c vertritt, welche sich in ausdr\u00fccklichen Gegensatz stellt zur bekannten Helmho LTzschen","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n43\n\u201eResonanztheorie des H\u00f6rens\u201c. Ewald bringt; in seiner grundlegenden Arbeit \u00fcber seine H\u00f6rtbeorie eine gr\u00f6\u00dfere Zahl von Einw\u00e4nden gegen die Resonanztbeorie. Besonderes Gewicht scheint er auf den hier zur Rede stehenden Intensit\u00e4tseffekt zu legen. Er schreibt: \u201eDie Tatsache, da\u00df die lauteren T\u00f6ne tiefer geh\u00f6rt werden, ist f\u00fcr die Schallbildertheorie von weitgehender Bedeutung, denn diese Theorie erkl\u00e4rt nicht nur die Erscheinung, sondern verlangt sie direkt\u201c. \u201eKann nun vielleicht auch die Resonanztheorie diese Erscheinung des Intensit\u00e4tseinflusses auf die Tonh\u00f6he erkl\u00e4ren ? Wie mir scheint, in keiner Weise. Die gleiche Zahl von Impulsen (nat\u00fcrlich auf die Zeiteinheit bezogen) kann immer nur auf den gleichen Resonator wirken. Wollte man aber eine Hilfshypothese machen und annehmen, bei den lauten T\u00f6nen seien die Amplituden der Resonatoren bereits so gro\u00df, da\u00df ihre Schwingungen verlangsamt w\u00fcrden, so k\u00f6nnte ja nur ein h\u00f6her gestimmter Resonator f\u00fcr den richtigen eintreten. Es m\u00fc\u00dfte dann also nach der Resonanztheorie der lautere Ton h\u00f6her klingen.\u201c \u201eF\u00fcr die Theorie des H\u00f6rens ist diese Tatsache von fundamentaler Wichtigkeit. Hier liegt doch ein greifbarer Unterschied zwischen dem objektiven Vorgang der Schallbewegung und der Auffassung derselben durch das Empfindungsorgan vor, und es kann keine H\u00f6rtheorie eine Erkl\u00e4rung dieser merkw\u00fcrdigen Tatsache umgehen.\u201c Dieses Argument gegen die HELMHOLTzsehe Theorie bildet den Ausgangspunkt der Arbeit.\nEine vorz\u00fcgliche Auseinandersetzung mit den \u00fcbrigen Einw\u00e4nden Ewalds bringt Waetzmann in dem Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie Bd. XI 1926 S. 667\u2014700. Die Schallbildertheorie unterliegt wenn nicht st\u00e4rker so doch in gleichem Ma\u00dfe den Schwierigkeiten, die sich der Resonanztheorie in den Weg stellen. Jedoch k\u00f6nnen die heutigen anatomischen Befunde und neuen Beobachtungen allgemein \u201eals eine weitgehende Vertiefung der Grundanschauung der HELMHOLTzsehen Resonanztheorie gelten\u201c (vgl. Hdb. S. 526). Neuerdings sind von H. Held und F. Kleinknecht (16) Versuche angestellt worden, die mit starker Beweiskraft f\u00fcr die Resonanztheorie sprechen. Schlagende Bedenken gegen die HELMHOLTzsehe Resonanztheorie bestehen zur Zeit keine \u2014 soweit eben eine physikalische Deutung der sinnesphysiologischen Erscheinungen \u00fcberhaupt m\u00f6glich scheint. Um so dringender erforderlich ist darum eine eingehende Untersuchung","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nGeorg Zurm\u00fchl\nvon noch ungekl\u00e4rten akustischphysiologischen Erscheinungen. Zu ihnen geh\u00f6rt die auf Anregung von Herrn Prof. Dr. F. A. Schulze vom Verf. neu untersuchte Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke, die seit den Arbeiten von Ewald nicht wieder zur Diskussion stand und als belastend f\u00fcr die Resonanztheorie gelten mu\u00dfte.\nWie aus der angegebenen vorliegenden Literatur hervorgeht, ist das \u00fcber den Intensit\u00e4tseffekt vorhandene Beobachtungs- und Versuchsmaterial sehr l\u00fcckenhaft. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig und geben kein klares Bild von den wirklichen Verh\u00e4ltnissen, zumal jede Angabe \u00fcber die Intensit\u00e4t der verwandten T\u00f6ne fehlt. Darum erwies sich eine systematische Untersuchung des Problems als notwendig. Die neuen Versuche wurden mit den exakten Methoden, welche die moderne Physik der Tonerzeugung an die Hand gibt, im physikalischen Institut der Universit\u00e4t zu Marburg durchgef\u00fchrt. Sie sollen die Erkenntnis des physiologischen Einflusses der Erscheinung liefern. Dazu ist erstens n\u00f6tig, jede objektivphysikalische \u00c4nderung der Schwingungszahl der benutzten T\u00f6ne auszuschalten. Zweitens mu\u00df festgestellt werden, wieweit die von dem objektivphysikalischen Einflu\u00df befreite subjektive Wirkung der Intensit\u00e4ts\u00e4nderung noch psychologische Ursachen hat. Die Untersuchung der Klangfarbe der benutzten T\u00f6ne gibt dar\u00fcber besonderen Aufschlu\u00df. Die dann isolierte Restwirkung ist physiologischer Natur.\nEine physikalische Erkl\u00e4rung des Zustandekommens der physiologischen Wirkung mittels der Resonanztheorie ist, wie im Folgenden gezeigt werden soll, entgegen der Behauptung von Ewald sehr wohl m\u00f6glich.\nBei der mathematischen Behandlung der Fragen stellen sich begreiflicherweise Schwierigkeiten in den Weg; denn bei der immer noch mangelhaften Kenntnis von Einzelheiten des inneren Ohres, insbesondere der Basilarmembran, ist direkt nichts bekannt \u00fcber Zahlenwerte und Materialkonstanten, die f\u00fcr die mathematische Auswertung erforderlich sind. Darum ist bei der Anwendung von mathematischen Theorien gro\u00dfe Vorsicht geboten, zumal wegen der enormen Empfindlichkeit des Ohres die sonst unwesentlichen Umst\u00e4nde mit in Rechnung fallen. Bei unserem Problem handelt es sich um die Inkonstanz der Eigenfrequenz schwingender Systeme. Es treten mathematisch nichtlineare Beziehungen auf zwischen Elongation und wirkender Kraft, welche","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6hen empfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n45\nja auch bei den Kombinationst\u00f6nen und dem Schalldruck eine Rolle spielen und selbst in der Technik z. B. bei den periodischen Bewegungszust\u00e4nden von Maschinenteilen und bei verschiedenen Erscheinungen an elektromagnetischen Schwingungskreisen an Bedeutung gewinnen.\nGleichzeitig mit Fertigstellung dieser Arbeit erschien von Prof. Dr. E. R. Jaensch \u201eUntersuchungen \u00fcber Grundfragen der Akustik und Tonpsychologie\u201c (43). Jaensch betrachtet die Frage der H\u00f6rtheorie von allgemeinerem, dem psychologischen Standpunkt aus und sucht \u201edie verschiedenen biologisch im H\u00f6rorgan verkn\u00fcpften Funktionen unter einen einheitlichen Gesichtspunkt zu bringen\u201c gem\u00e4\u00df seinem Satze : \u201eDas H\u00f6ren ist nicht nur Funktion eines physikalischen Apparates, sondern zugleich eine Lebensverrichtung\u201c. Er strebt eine Erweiterung des Helmholtz-schen Resonanzbegriffes bis ins H\u00f6herseelische an und sieht in den Arbeiten von Ewald den ersten Schritt zu einem solchen Ausbau.\nFerner zeigen ganz neuerdings ver\u00f6ffentlichte sehr interessante Versuche von G. v. B\u00e9k\u00e9sy(44), da\u00df die spezielle HELMHOLTzsche Form der Resonanztheorie, wonach die Querfasern der Basilar-membran als einzelne Saiten entsprechender Frequenz mit-schwingen, vielleicht noch nicht den vollst\u00e4ndigen Sachverhalt wiedergibt, obgleich sie so elegant die Tatsache der Klanganalyse ergibt, und da\u00df neben der EwALDschen Theorie noch andere experimentell gut begr\u00fcndbare Annahmen \u00fcber die wahren Vorg\u00e4nge auf der Basilarmembran m\u00f6glich sind.1\nApparatur und Versuchsanordnung\n1. Tonerzeugung\nIm folgenden seien die Teilapparate f\u00fcr die Tonerzeugung kurz skizziert. Die Beschreibung der Gesamtapparaturanordnung folgt sp\u00e4ter (S. 55).\na) Tonsender. Benutzt wurden zwei Tonquellen von etwa gleicher Art. Es waren R\u00f6hrengeneratoren, die in bekannter Weise akustische Schwingungen von beliebiger kontinuierlich ver\u00e4nderlicher Frequenz lieferten. Der Wechselstrom wurde verst\u00e4rkt und\n1 Herr Professor Gildemeister machte mich dankenswerterweise aufmerksam auf die Arbeit: Die Ewaldsche H\u00f6rtheorie, von Hans Koch (47), die ebenfalls einen wertvollen Beitrag zn den besprochenen Fragen liefert.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nGeorg Zurm\u00fchl\ndann einem Lautsprecher zugef\u00fchrt. Die Tonskala der benutzten Sender reichte von etwa 120\u20144000 Hertz. Bei Anwendung verschiedener Vorsichtsma\u00dfregeln (17) erhielt man au\u00dferordentliche Konstanz der jederzeit reproduzierbaren Frequenz. Der Schwingungskreis bestand aus eisenfreier Spule von 4000 Windungen mit einer Selbstinduktion von 2,8 Henry und parallelgeschaltetem St\u00f6psel- und Drehkondensator. Der St\u00f6pselkondensator setzte sich zusammen aus einer Reihe von \u201eMinko\u201c-Glimmerkondensatoren von je 400\u20146000 cm und einigen \u201eHydra\u201c-Becherkondensatoren von 90000 cm (0,1 /*F) im Gesamtwerte von rund 500000 cm. Der Drehkondensator hatte einen Kapazit\u00e4tsbereich bis 1000 cm und besa\u00df einen Zusatzkondensator von 0\u2014100 cm. Geeicht wurden die Kondensatoren mit der Kapazit\u00e4tsme\u00dfbr\u00fccke der Firma Seibt mit der Me\u00dfgenauigkeit von 1 %. Sie blieben mehrere Wochen mit dieser Genauigkeit konstant und wurden im Verlaufe der Versuche mehrfach nachgeeicht.\nb)\tVerst\u00e4rker. Da die Lautst\u00e4rke des Tonsenders nicht ausreichte, wurde der Wechselstrom, bevor er in den Lautsprecher eintrat, durch ein Dreifachniederfrequenzrohr (Loewe) verst\u00e4rkt. Um bei verschieden starker Stromentnahme eine R\u00fcckwirkung auf den Schwingungskreis, womit eine Tonh\u00f6hen\u00e4nderung verbunden ist, zu vermeiden, wurde der Strom f\u00fcr das Verst\u00e4rkerrohr an einem hochohmigen Potentiometer (5000 Ohm) abge-nommen. Dadurch blieb die Tonh\u00f6he bei nicht zu starker Kopplung mit dem Schwingungskreis vorz\u00fcglich konstant. Bei den meisten Versuchen wurde die Einstellung des erw\u00e4hnten Potentiometers nicht ge\u00e4ndert, sondern zur Tonst\u00e4rken\u00e4nderung diente eine andere Potentiometeranordnung, welche am Ausgang des Verst\u00e4rkers lag, eine Fein- und Grobeinstellung enthielt und keine R\u00fcckwirkung auf den Sendekreis zeigte.\nc)\tLautsprecher. Die Erzeugung tiefer T\u00f6ne macht allgemein dadurch Schwierigkeiten, da\u00df die handels\u00fcblichen Lautsprecher mit festem Magnetsystem und schwingender Metallmembran die tiefen T\u00f6ne nicht wiedergeben. Darum wurde ein f\u00fcr unsere Versuche gebauter elektrodynamischer Lautsprecher benutzt. Er bestand aus einem mit 7 Watt gespeisten Elektromagneten in Form der Topfmagnete, in dessen auf einen kleinen Raum konzentrierten Magnetfeld eine mit dem Sprechstrom beschickte Spule von 2000 Ohm beweglich war. Die Spule war befestigt an lose gespannten Bronzeb\u00e4ndern (80:15:0,5 mm).","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n47\nIhre Schwingungen wurden durch einen starr mit ihr verbundenen\n_ \u2022 \u2022\nPapierkegel vom Radius 15 cm und dem Offnungswinkel von etwa 1500 an die Luft \u00fcbertragen. Die Eigenfrequenz des schwingenden Systems lag unter 100 Hertz. Bei dieser Konstruktion wurden die tiefen T\u00f6ne gut wiedergegeben.\n2. Eichung auf Tonh\u00f6he\nF\u00fcr unsere Versuche war die Messung genauer absoluter Tonh\u00f6hen nicht erforderlich, vielmehr kam es auf genaue Kenntnis sehr kleiner Tonh\u00f6hendifferenzen innerhalb je eines kleinen Bereiches um eine Grundfrequenz herum an. Die Grundfrequenzen wurden zum Vergleich mit im Institut befindlichen Stimmgabeln von R. K\u00f6nig festgelegt bei 128, 192, 256, 435, 786, 1280, 2048, 3072 Hertz und berechnet nach der modifizierten THOMSONsehen Formel (17).\nDie kleinen Bereiche umfa\u00dften je ein Gebiet von etwa \u00b18\u00b0/0 Schwingungen der Grundfrequenz. In ihnen wurden die von der Grundfrequenz abweichenden Schwingungszahlen in Abst\u00e4nden von 0,05 % bestimmt. Dazu wurde f\u00fcr die T\u00f6ne mittlerer Frequenz ausschlie\u00dflich die Schwebungsmethode verwandt. Ein anderer Tonsender erzeugte einen Ton mit der jeweiligen Grundfrequenz, welcher mit dem fraglichen Ton des zu eichenden Senders Schwebungen hervorbrachte. Die Schwebungszahl wurde mit einer Stoppuhr ermittelt.\nF\u00fcr hohe und tiefe T\u00f6ne reichte die Schwebungsmethode nicht aus, da bei ihnen die Schwebungen so langsam bzw. so schnell erfolgten, da\u00df das Ohr ihnen nicht mehr gen\u00fcgend folgen konnte. F\u00fcr sie wurde die rechnerische Ermittlung der Schwingungszahldifferenzen zu Hilfe gezogen. Variiert man die Kapazit\u00e4t C des Schwingungskreises um die kleine Gr\u00f6\u00dfe dC, so \u00e4ndert sich die Frequenz n um dn, und man erh\u00e4lt aus der modifizierten THOMSONsehen Formel in Analogie zu Weller (18) die unbekannte Schwingungsdifferenz dn. Ein Vergleich von experimentell gefundenen Resultaten mit rechnerisch ermittelten Werten zeigt gute \u00dcbereinstimmung.\nDie Abh\u00e4ngigkeit der Schwingungszahlen von der Kapazit\u00e4t wurde in Tabellen festgelegt, aus denen zu jedem Wert von C die zugeh\u00f6rige Schwingungszahl n abgelesen werden konnte.\nSomit besa\u00df man innerhalb der Tonskala von 120\u20144000 Hertz in genannten Abst\u00e4nden acht Bereiche, die je etwa l1^ Ganzton","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nGeorg Zurm\u00fchl\numfa\u00dften. Innerhalb dieser waren die Schwingungszahlen in Abst\u00e4nden von 0,05 % bekannt und stets reproduzierbar.\n3. Lautst\u00e4rkemessung\na) Ger\u00e4uschmesser. Zur Messung der Lautst\u00e4rke der erzeugten T\u00f6ne wurde ein Ger\u00e4uschmesser nach Baekhausen (19 u. 20) von der Firma Siemens u. Halske benutzt. Er besteht aus einem Summer, der ein Telefon mit der Frequenz von etwa 800 pro sec. erregt. Die Lautst\u00e4rke dieses Me\u00dftones ist mittels eines Spannungsteilers auf genau bekannte Werte einstellbar. Die unbekannte Lautst\u00e4rke wird in der Weise gemessen, da\u00df man sie einem Ohre zuf\u00fchrt und mit der Lautst\u00e4rke im Telefon des Ger\u00e4uschmessers, das am anderen Ohre liegt, vergleicht. Der Me\u00dfh\u00f6rer wird dabei auf solche Stufe des Spannungsteilers eingestellt, da\u00df man beide T\u00f6ne gleich stark h\u00f6rt. Die so gemessene Lautst\u00e4rke ist an dem geeichten Apparat unmittelbar ablesbar\nDie Stufe Null der Me\u00dfskala ergibt gerade den Schwellenwert f\u00fcr n = 800 Hertz, dessen Schallst\u00e4rke Fassbendee und Ke\u00fcgee (20) zu 38 \u2022 IO\u201c12 Erg (genauer Erg/cm3) berechnen. Diese Schallintensit\u00e4t f\u00fcr den Schallwert nimmt Baekhausen als Einheit und bezeichnet sie mit \u201eWien\u201c. Die folgenden Stufen der Skala sind nach Baekhausen derart abgeglichen, da\u00df die Spannung im Me\u00dfh\u00f6rer um jeweils 100 \u00b0/o steigt. Gleichzeitig steigen die \u201eWien\u201c-Einheiten jedesmal um 100 %\u2022 Die Stufen selbst geben also eine logarithmische Einteilung (analog dem WEBEE-FECHNEEschen Gesetz). Die Einheit der logarithmischen Skala (also der Stufen) bezeichnet Baekhausen mit \u201ePhon\u201c. Abweichend von Baekhausen legen Fassbendee und Ke\u00fcgee der \u201eWien\u201c-Definition nicht die Spannung am Me\u00dfh\u00f6rer zugrunde, sondern die erzeugte Schallintensit\u00e4t. Da nun mit der am Me\u00dfh\u00f6rer liegenden Spannung die Amplitude der Membranschwingungen proportional steigt und da die Schallintensit\u00e4t mit dem Quadrat der Amplitude zunimmt, erhalten wir eine Stufeneinteilung des Ger\u00e4uschmessers wie es Zahlentafel 1 zeigt.\nDie Zahlenwerte f\u00fcr Erg von Zahlentafel 1 weichen in ihrer Zugeh\u00f6rigkeit zur Stufe von den Angaben bei Fassbendee und Ke\u00fcgee ab, weil die von ihnen mit Stufe 1 benannte Einstellung bei unserem Apparat mit Stufe 0 bezeichnet ist. Die Bezeichnung \u201e0\u201c ist insofern f\u00fcr die erste Stufe zweckm\u00e4\u00dfiger als bei","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n49\nihr gerade die Grenze der H\u00f6rbarkeit liegt; d. h. die subjektive Lautst\u00e4rke (in Phon gegeben) ist bei dieser Einstellung gerade Null, obwohl noch eine objektive Schallst\u00e4rke von 1 Wien = 38-10~12 Erg vorhanden ist.\nZablentafel 1\n\tnach Barkhausen\t\t\tFassbender und Kr\u00fcger ErgVcm3\nStufe\tMusikalische Bezeichnung1\tPhon\tWien\t\n0\t\t0\t1\t38-IO\u201c12\n1\t\t1\t2\t15.1er11\n2\tPP\t2\t4\tGl-IO-11\n3\t\t3\t8\t24 \u2022 10~~10\n4\tP\t4\t16\t97 \u2022 1er10\n5\t\t5\t32\t39-10~9\n6\tmf\t6\t64\t16 \u2022 10~8\n7\t\t7\t125\t62 \u2022 10~8\n8\tf\t8\t250\t25-10-7\n9\t\t9\t500\tlO-lO\u201c6\n10\tff\t10\t1000\to \u2022 h-*\u25a0 o 1 05\n11\t\t11\t2 000\t16-10~5\n12\t\t12\t4 000\t64-10~5\n13\t\t13\t8 000\t25-10\u201c4\nDer Ger\u00e4uschmesser gibt also ein bequemes Ma\u00dfsystem f\u00fcr die Lautst\u00e4rke. Die St\u00e4rkeskala wird f\u00fcr den Summerton 800 in bestimmte Empfindungsstufen unterteilt, die physikalisch durch die Definition der Wien- und Phoneinheit festgelegt und jederzeit reproduzierbar sind. Ob dabei die Stufen des Ger\u00e4uschmessers um je das \u201eGleiche\u201c der empfundenen Lautst\u00e4rke auseinander-\nliegen, ist schwer zu beurteilen; denn durch subjektives Vergleichen kann man z. B. nicht sagen, ob eine bestimmte St\u00e4rkeempfindung das 1-, 2- oder 3 fache einer anderen ist, obwohl gewisse \u201eTypen\u201c oder \u201eKategorien\u201c verschiedener St\u00e4rkegrade unterscheidbar sind. Diese \u201eKategorien\u201c wendet C. Stumpf (21) an, um den Lautst\u00e4rkebereich in bestimmte Stufen zu teilen und die so erhaltenen Teilbereiche wieder zu unterteilen. Zum Vergleich mit der Stufenteilung der Zahlentafel 1 sei die St\u00e4rkeeinteilung nach Stumpf wiedergegeben :\nVs\u00bb Vu V25 3/,\n45\n1,\npp\n17\n4?\n25\n45\n2,\nP\n2%\nmf\n3,\nf\n37\n25\n4,\nff\n41/., 5\nfff\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 61\n4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nGeorg Zurm\u00fchl\nZu beachten ist, da\u00df der Ger\u00e4uschmesser subjektive psychologisch-physiologisch bedingte Lautst\u00e4rken von Ger\u00e4uschen zu messen gestattet, aber nicht objektive Schallintensit\u00e4ten, denn es ist nicht m\u00f6glich, jede gemessene subjektive St\u00e4rkeempfindung ohne weiteres in Beziehung zur physikalischen Schallintensit\u00e4t zu setzen; Zahlentafel 1 gibt nur f\u00fcr den Ton von 800 Hertz einen \u00dcberblick \u00fcber das Verh\u00e4ltnis von Lautst\u00e4rke zu Intensit\u00e4t. Besondere Abweichungen treten auf einerseits durch das Vorhandensein von Obert\u00f6nen (21\u201424) und andererseits durch die verschiedene Empfindlichkeit des Ohres f\u00fcr verschiedene Tonh\u00f6hen.\n\u00dcber die Empfindlichkeit des Ohres ist in diesem Zusammenhang zweierlei zu sagen. Einmal ist die Schwellenempfindlichkeit des Ohres f\u00fcr verschiedene Tonh\u00f6hen sehr verschieden; denn ein Klang mit einer von 800 Hertz verschiedenen Frequenz besitzt f\u00fcr seinen Schwellwert nicht die Schallintensit\u00e4t 38-IO-12 Erg, wie es bei dem Me\u00dfton von 800 Hertz der Fall ist, sondern die Schwellenintensit\u00e4t ist in diesem Falle eine andere. Zweitens nimmt die subjektive Lautst\u00e4rke eines tiefen Tones bei gleichem objektiven Intensit\u00e4tszuwachs schneller zu als bei einem Ton mittlerer H\u00f6he (800 Hertz). Das hat zur Folge, da\u00df bei einem Klang z. B. mit der Hauptfrequenz 100 Hertz und einer Lautst\u00e4rke von beispielsweise 3 Phon = 8 Wien durch das Schw\u00e4chen des Telefonstromes auf den achten Teil durchaus nicht der Schwellwert des gemessenen Klanges, welcher in diesem Falle gr\u00f6\u00dfer ist als 38 \u2022 10 12, erhalten wird wie es eigentlich der Phon- und Wieneinheit entspr\u00e4che. Wir sto\u00dfen hier also auf Schwierigkeiten, sobald wir den Ger\u00e4uschen und Kl\u00e4ngen eine Hauptfrequenz zulegen. F\u00fcr die Messung von Ger\u00e4uschen mag diese Ungenauigkeit der Zuordnung von Phon und Erg erlaubt und in der Praxis der Ger\u00e4uschmessung weniger von Belang sein. F\u00fcr die Lautst\u00e4rkemessung von reinen T\u00f6nen hingegen ist eine solche Ungenauigkeit notwendig zu beseitigen. Zu diesem Zwecke ist eine Korrektur der Definition der Phon- und Wieneinheiten vorzunehmen, wie sie weiter unten geschildert wird (S. 54). Zuvor mu\u00df jedoch kurz auf die M\u00f6glichkeit des Lautst\u00e4rkenvergleichs von T\u00f6nen verschiedener H\u00f6he eingegangen werden.\nb) Heterotone Phonometrie. Die St\u00e4rkemessung reiner T\u00f6ne von 800 Hertz mit dem Ger\u00e4uschmesser vollzieht sich ohne Schwierigkeit. Die Schwierigkeit der Vergleichsmessung nimmt aber mit der Entfernung der Frequenz des zu untersuchenden","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung non der Lautst\u00e4rke usw. 51\nTones von der des Vergleichstones (800) immer mehr zu. Man steht hier vor analogen Schwierigkeiten wie bei der heterochromatischen Photometrie (26) in der Optik und k\u00f6nnte in diesem Zusammenhang von einer \u201eheterotonen Phonometrie\u201c (St\u00e4rkemessung von T\u00f6nen verschiedener H\u00f6hen) sprechen (nach einem Vorschl\u00e4ge von Herrn Prof. Dr. E. Lommatzsch). Ihre M\u00f6glichkeit k\u00f6nnte zun\u00e4chst wie seinerzeit die der heterochromatischen Photometrie bezweifelt werden. Die Versuche mit dem Ger\u00e4uschmesser (vgl. die angegebene Literatur) haben aber ergeben, da\u00df ein St\u00e4rkevergleich von Kl\u00e4ngen und Ger\u00e4uschen verschiedenster Art sehr wohl m\u00f6glich ist. Man kann in der vergleichenden Ger\u00e4uschmessung sogar zu gro\u00dfer Me\u00dfgenauigkeit gelangen.\nDer St\u00e4rkevergleich reiner T\u00f6ne verschiedener H\u00f6he ist nicht so \u201eangenehm\u201c wie die St\u00e4rkemessung von Ger\u00e4uschen. Das wird m. E. seinen Grund mit darin haben, da\u00df die Tonh\u00f6henempfindung eines bestimmten reinen Tones ganz eindeutig gegeben ist; sie steht sozusagen unvermittelt neben der H\u00f6henempfindung eines anderen Tones; es besteht keine eigentliche Beziehung zwischen den beiden. Bei Ger\u00e4uschen und Kl\u00e4ngen aber sind schon eher Anhaltspunkte f\u00fcr die \u201e\u00c4hnlichkeit\u201c der Empfindungseindr\u00fccke und somit f\u00fcr die Gleichheit der Lautst\u00e4rken vorhanden ; die zu vergleichenden Ger\u00e4usche und Kl\u00e4nge k\u00f6nnen etwa eine \u00e4hnliche Klangzusammensetzung untereinander haben oder sie k\u00f6nnen Teilt\u00f6ne bestimmter Frequenz gemeinsam besitzen ; beides wird zu einer gr\u00f6\u00dferen inneren Befriedigung der Versuchsperson (Vp.) beim Einstellen auf gleiche Lautst\u00e4rke beitragen. Die Schwierigkeit der heterotonen Phonometrie w\u00e4chst \u00fcberhaupt \u201eje mehr und gr\u00f6\u00dfere Verschiedenheit in den begleitenden Bewu\u00dftseinsmomenten vorhanden ist\u201c (Stumpf) (9, S. 348).1\nAnalog den Verh\u00e4ltnissen in der Farbenmetrik (25) ist es zur Erlangung einer Lautst\u00e4rkedefinition zweckm\u00e4\u00dfig, von dem \u201emonotonen\u201c Lautst\u00e4rkevergleich (St\u00e4rkevergleich bei gleicher H\u00f6he) zun\u00e4chst zur \u201efast monotonen\u201c Phonometrie oder Phonometrie in kleinen Stufen und dann erst von dort aus zur \u201estark heterotonen\u201c St\u00e4rkemessung \u00fcberzugehen. Das Einstellen von T\u00f6nen gleicher H\u00f6he auf v\u00f6llige Gleichheit (Ununterscheidbarkeit) der St\u00e4rke ist mit relativ gro\u00dfer Genauigkeit (10 \u00b0/0) m\u00f6glich.\n1 Vgl. bei E. R. Neumann (45), die Auseinandersetzung (S. 180\u2014184) \u00fcber vergleichende \u201eMetrik\u201c (Tonmetrik) verschiedener Mannigfaltigkeiten.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nGeorg Zurm\u00fchl\nDadurch, da\u00df man eine geringe Verschiedenheit der Tonqualit\u00e4ten (Tonh\u00f6he) w\u00e4hlt, wird die M\u00f6glichkeit genauer Einstellung auf gleiche St\u00e4rke nicht behindert. Mit der Verschiedenheit der Tonh\u00f6hen k\u00f6nnen wir dann von Stufe zu Stufe weiterschreiten, indem wir dabei den der Farbenmetrik analogen Satz bilden: Zwei T\u00f6ne, die mit einem dritten gleichlautstark sind, m\u00fcssen es auch untereinander sein. Auf diese Weise k\u00f6nnen wir zu gleichen Lautst\u00e4rken von T\u00f6nen gelangen, die immer gr\u00f6\u00dfere Qualit\u00e4tenunterschiede (im Falle reiner T\u00f6ne H\u00f6henunterschiede) untereinander aufweisen.\nF\u00fcr die Praxis der Lautst\u00e4rkemessung war es interessant, ob man ausgehend von einem Anfangsston bestimmter H\u00f6he h\u00b1 und St\u00e4rke s stets zu einem Endton anderer H\u00f6he h2 mit der gleichen Lautst\u00e4rke s gelangte, gleichg\u00fcltig ob man viele Zwischenstufen w\u00e4hlte, wobei man stets f\u00fcr die Einstellung v\u00f6llige Gleichheit (Ununterscheidbarkeit) benutzte, oder ob man ohne Zwischenstufe direkt auf Empfindung gr\u00f6\u00dfter \u00c4hnlichkeit einstellte. Die zur Orientierung unternommenen Versuche ergaben, da\u00df man auf beiden Wegen zu derselben Endeinstellung kommt. Die ersten Ergebnisse zeigten zwar oft gr\u00f6\u00dfere Differenzen, aber die Me\u00dffehler wurden nach einiger \u00dcbung geringer, so da\u00df man bald eine gewisse Sicherheit im Einstellen auf gleiche Lautst\u00e4rke bei verschiedener H\u00f6he erlangte. Systematische Untersuchungen der vergleichenden Lautst\u00e4rkemessung bei verschiedener H\u00f6he sind in Aussicht genommen. \u2014 In der Farbenmetrik wurden auf Anregung von Cl. Schaeeeb im hiesigen Institut von A. Gibsone (26) \u00e4hnliche Versuche durchgef\u00fchrt, welche die theoretischen Erw\u00e4gungen von E. Schb\u00f6dinGrEB \u00fcber die prinzipielle M\u00f6glichkeit einer heterochromatischen Photometrie experimentell pr\u00fcfen und erf\u00fcllt finden. \u2014\nc) R\u00f6hrenvoltmeter. Durch die Einf\u00fchrung des Phon als Lautst\u00e4rkeeinheit ist die St\u00e4rkeskala f\u00fcr einen Ton von 800 Hertz in 14 bestimmte Empfindungsstufen eingeteilt. Mittels der heterotonen Phonometrie ist man nun im Stande, ebenfalls 14 Stufen je der gleichen Empfindungsst\u00e4rke schrittweise f\u00fcr die \u00fcbrigen Tonh\u00f6hen zu finden. Auf diesem Wege kommt man f\u00fcr alle Frequenzen zu einer Tonst\u00e4rkeneinteilung in bestimmte Phoneinheiten.\nDie Messung der jedesmal f\u00fcr eine bestimmte St\u00e4rkestufe bei gegebener donh\u00f6he notwendigen Spannung am Lautsprecher gibt","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n53\neine Kontrolle \u00fcber die zugeh\u00f6rige objektive Schallintensit\u00e4t. F\u00fcr unsere Versuche wurde die relative Spannung mit einem K\u00f6hrenvoltmeter gemessen. Die verst\u00e4rkte Wechselspannung des Sendekreises f\u00fchrte zu einem Transformator. Die transformierte Spannung lag an dem Glitter des Verst\u00e4rker- und Glleichrichterrohres * das Gitter seinerseits hatte eine negative Vorspannung derart, da\u00df der Anodenstrom bei unbelastetem Gitterkreis gerade verschwand. Fine an das Gitter gelegte Wechselspannung verursachte dann einen gleichgerichteten Anodenstrom, dessen zeitlicher Mittelwert an einem Milliamperemeter abgelesen wurde. (Auf gen\u00fcgende Linearit\u00e4t der Charakteristik der Kathodenr\u00f6hre ist zu achten.)\n0,0001\n819Z Hertz\n512 800\nNach Definition gibt das Lautst\u00e4rkema\u00df in Wien an, \u201eauf das wievielfache man den Strom im Telephon schw\u00e4chen kann, bis die Grenze der H\u00f6rbarkeit, der Schwellwert, erreicht ist\u201c. Unsere Spannungsmessung mit dem K\u00f6hrenvoltmeter zeigt in \u00dcbereinstimmung mit der gegebenen \u00dcberlegung (s. S. 50), da\u00df au\u00dfer f\u00fcr die Frequenz 800 (wie beim Ger\u00e4uschmesser) bei reinen T\u00f6nen diese Definition des \u201eWien\u201c nicht mehr zutrifft. Jedoch wird mittels vergleichender Lautst\u00e4rkemessung jedem Ton eine bestimmte St\u00e4rkestufe in Phon- und Wieneinheit zugeschrieben.\nIn der von Fletchee angegebenen H\u00f6rfl\u00e4che (27), welche umschlossen wird von der Sch well wertkurve der Geh\u00f6rsempfindung und der Schwellwertkurve f\u00fcr die Schmerzempfindung bei sehr starken T\u00f6nen, ist jedem Punkt ein h\u00f6rbarer reiner Ton von bestimmter H\u00f6he und St\u00e4rke zugeordnet (s. Abb. 1).","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nGeorg Zurm\u00fchl\nAuf der Abszissenachse sind die Schwingungszahlen in Hertz, auf der Ordinatenachse die Schallst\u00e4rken in Bar (dyn./cm2) loga-rithmisch aufgetragen. F\u00fcr den Abszissenwert 800 Hertz erhalten wir das St\u00e4rkema\u00df in Phoneinheiten, wenn wir die zugeh\u00f6rige Ordinate zwischen oberer und unterer Schwell wertkurve in 14 Stufen von gleichem Abstand teilen (wegen der Zuordnung: Phon = log Wien = log Stromspannung).\nMittels der vergleichenden Schallst\u00e4rkemessung erh\u00e4lt man Kurven gleicher Lautst\u00e4rkeempfindung von etwa der Art wie sie in das H\u00f6rfeld (Abb. 1) eingezeichnet sind. Sie wurden in der Abbildung nur schematisch in der Weise konstruiert, da\u00df man f\u00fcr jeden Abszissenwert die zugeh\u00f6rige Ordinate zwischen den beiden Schwellwerten in 14 gleiche Abschnitte zerlegte und die derart gefundenen zugeh\u00f6rigen Teilpunkte miteinander verband. Jedoch stimmen die Kurven mit denen durch vergleichende\nSt\u00e4rkemessung zu gewinnenden in ihrem Verlauf ann\u00e4hernd\n\u2022 \u2022\n\u00fcberein. \u00c4hnliche Kurven fand Kingsbuey bei seinen Lautst\u00e4rkemessungen (28) [vgl. auch MacKenzie (29)]. Meines Wissens fehlen bis heute genauere Messungen \u00fcber subjektive Lautst\u00e4rke von T\u00f6nen. Aus oben Erw\u00e4hntem sehen wdr jedenfalls, da\u00df wir uns bei der Verwendung des R\u00f6hrenvoltmeters h\u00fcten m\u00fcssen, bei Einstellung auf bestimmte Lautst\u00e4rke f\u00fcr jede beliebige H\u00f6he in der Weise verfahren zu wollen, wie bei der Eichung des Ger\u00e4uschmessers mit dem Ton 800 Hertz verfahren wird. Darum sei f\u00fcr unseren Fall die Definition der Lautst\u00e4rkeneinheit ausdr\u00fccklich folgenderma\u00dfen korrigiert : das Lautst\u00e4rkema\u00df in \u201eWien\u201c eines reinen Tones von beliebiger H\u00f6he gibt an, auf das wievielfache man den Telephonstrom eines Tones von 800 Hertz mit gleicher Lautst\u00e4rkeempfindung schw\u00e4chen kann, bis sein Schwellwert erreicht ist.\n4. Klangzusammensetzung\nDie Sinusform der Schwingungen war durch die Art der Erzeugungen einigerma\u00dfen garantiert; jedoch waren den Grundschwingungen noch ganzzahlige Vielfache der Grundschwingung \u00fcberlagert. Zur Erzielung \u201ereiner T\u00f6ne\u201c mu\u00dfte die St\u00e4rke der Obert\u00f6ne auf ein Minimum herabgedr\u00fcckt werden. Dies geschah durch geeignete Heizung des Senderohres und richtige Steuerung der Verst\u00e4rkerr\u00f6hre. Au\u00dferdem befanden sich am Ausgang des Verst\u00e4rkers parallelgeschaltete Kondensatoren, welche die Sch win-","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw. 55\ngungen hoher Frequenz drosselten. Die Kondensatoren waren auswechselbar und wurden in einer Gr\u00f6\u00dfe bis zu 0,5 Mikrofarad benutzt. Der so gereinigte Wechselstrom wurde in dem geschilderten Lautsprecher unverzerrt in akustische Schwingungen umgesetzt.\nBei manchen Versuchen wurde die Schallenergie den Versuchsohren frei durch den Raum zugef\u00fchrt, bei anderen wurde sie durch eine kurze Rohrleitung dem Ohre direkt zugeleitet, drang also gar nicht in den freien Raum. Letztere Anordnung gab ein Mittel in die Hand, die erzeugten T\u00f6ne weiter zu \u201ereinigen\u201c.\nZum Zwecke solcher \u201eReinigung\u201c waren mit der Rohrleitung zugleich Interferenzr\u00f6hren 1 verbunden, so da\u00df das R\u00f6hrensystem aus einer Hauptleitung und (im Extremfall) 20 Zweigleitungen bestand, welche senkrecht in das Hauptrohr m\u00fcndeten und mit verschiebbaren Kolben versehen waren. Bei einer Einstellung des Kolbens in einem Seitenrohr auf x/4 Wellenl\u00e4nge eines Tones wurde dieser Ton durch Interferenz gerade ausgel\u00f6scht.\nDie Interferenzrohre wurden in Kombination mit zylindrischen Resonatoren auch zur Kontrolle \u00fcber das Vorhandensein und die St\u00e4rke von Obert\u00f6nen benutzt. Die oberhalb eines zu untersuchenden Teiltones liegenden T\u00f6ne wurden durch das Interferenzrohr ausgel\u00f6scht. Aus dem Restklang wurde der fragliche Teilton mittels eines Resonators isoliert. Durch diese Methode war eine relative St\u00e4rkesch\u00e4tzung der Obert\u00f6ne m\u00f6glich.\n5. Versuchsanordnung\nDie im Vorangegangenen geschilderten Einzelteile der Apparatur waren zu einer Apparaturanordnung zusammengesetzt, wie sie in Abb. 2 schematisch dargestellt ist. Das Schalleitungsrohr mit den Interferenzrohren ist nicht eingezeichnet.\nDer in dem Tonsender Tx erzeugte Wechselstrom wird an dem Potentiometer Pxa abgenommen und dem 3-NF-Verst\u00e4rker Vj zugef\u00fchrt. Der verst\u00e4rkte Strom geht in das Potentiometer Pxb, dem eine beliebige Spannung entnommen werden kann.\n1 Nach Gr\u00fctzner und Sauberschwarz (vgl. Stumpf, Sprachlaute, 1926, S. 36). Zu besonderem Dank bin ich Herrn Prof. Dr. E. R. Jaensch f\u00fcr die freundliche \u00dcberlassung von Interferenzr\u00f6bren aus dem psychologischen Institut verpflichtet.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nGeorg Zurm\u00fchl\nDas Potentiometer besteht zur gleichm\u00e4\u00dfigen Regulierung der Lautst\u00e4rke aus Widerst\u00e4nden 1, 2 und 3 von den Gr\u00f6\u00dfen 80, 1000 und 5000 Ohm. Die Lautst\u00e4rke ist bis an die Grenze der H\u00f6rbarkeit kontinuierlich ver\u00e4nderlich. Die Tonh\u00f6he ist einstellbar an dem Dreh- und St\u00f6pselkondensator Cxa. Der auswechselbare Kondensator dient zur Drosselung der Obert\u00f6ne. Bevor der Wechselstrom des bis hierher beschriebenen Sendekreises I von dem dreiteiligen Potentiometer Pxb aus \u00fcber die Wippe W zum Lautsprecher L f\u00fchrt, passiert er die Prim\u00e4rspule des Transformators Tr. An der Sekund\u00e4rspule liegt das R\u00f6hrenvoltmeter R mit dem Milliamperemeter M. Der Sendekreis I ist\nO O\nAbb. 2\nnicht auf Tonh\u00f6he sondern nur auf Lautst\u00e4rke geeicht. F\u00fcr die Erzeugung einer gew\u00fcnschten Lautst\u00e4rke ist bei bekannter Frequenz ein bestimmter in einer Tabelle notierter Ausschlag am Milliamperemeter notwendig.\nDer Ton des Sendekreises II wird in dem Tonsender T2 erzeugt. Er kann mittels des geeichten Dreh- und St\u00f6pselkondensators C2a genau auf gew\u00fcnschte H\u00f6he eingestellt werden. Der Sendestrom wird an dem Potentiometer P2a abgenommen und in dem induktiv arbeitenden Zweifachverst\u00e4rker V2 verst\u00e4rkt. Mittels des einfachen Potentiometers P2b kann dem Lautsprecher \u00fcber den anderen Eingang der Wippe W beliebige Spannung zugef\u00fchrt werden. Zur Klangfarbenregulierung liegt","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n57\nin Parallelschaltung der auswechselbare Kondensator C2b. Sendekreis IX ist nicht auf Lautst\u00e4rke sondern nur auf Tonh\u00f6he genau geeicht.\nDie von dem gestrichelt gezeichneten Rechteck umschlossenen Teilapparate sind zur Bedienung durch die Vp. in Reichweite aufgestellt. Sendekreis I und II sind in solcher Entfernung voneinander getrennt, da\u00df sie sich gegenseitig nicht beeinflussen.\nBeide Tonsender werden auf gleiche Grundfrequenz (Kontrolle durch Schwebungen) und gleiche geringe Lautst\u00e4rke (Kontrolle durchs Geh\u00f6r) eingestellt. Die Tonh\u00f6he ist aus der Tabelle der Zuordnung von Kapazit\u00e4t zu Frequenz des Tonsenders II ablesbar. Die zugeh\u00f6rige Kondensatorstellung des Senders I ist f\u00fcr alle Grundfrequenzen feststellbar. Die L a u t s t \u00e4 r k e ist durch die St\u00e4rkeeichung von Tonsender I gegeben. Die T\u00f6ne werden zum Vergleich stets zeitlich getrennt dargeboten. Die Wippe wird von der Vp. selbst bedient und schaltet momentan um.\nAufgabe der Vp. ist es, beide T\u00f6ne der Empfindung nach auf gleiche Tonh\u00f6he einzustellen. Die Tonh\u00f6he des Senders I (Tonh\u00f6he I) habe die Frequenz N. Die Tonh\u00f6he II kann durch Kondensator\u00e4nderung (C2a) kontinuierlich variiert und auf gleiche Empfindung wie Tonh\u00f6he I gebracht werden. Dieser Versuch wird mehrfach wiederholt. Mit den sich ergebenden Differenzen der Einstellung besitzt man ein Ma\u00df f\u00fcr die Genauigkeit. Dann wird die St\u00e4rke des Tones II langsam gesteigert, w\u00e4hrend die des Tones I konstant bleibt. F\u00fcr jede St\u00e4rkestufe erh\u00e4lt man aus mehreren Einstellungen auf gleiche Tonh\u00f6he einen Mittelwert und gleichzeitig den Genauigkeitsgrad. Die erste Vergleichsreihe, bei welcher Lautst\u00e4rkengleichheit der Sender I und II vorhanden ist, ergibt im Mittel f\u00fcr II die Tonh\u00f6he N. Bei einer anderen St\u00e4rkestufe von I und der unver\u00e4nderten von II wird am Sender II im Mittel die Schwingungszahl nx eingestellt. Bei der n\u00e4chsten Stufe von I wird die Schwingungszahl n2 eingestellt, dann n3 usw. Aus diesen Werten ist die empfundene Tonh\u00f6hendifferenz gegeben als dns = N \u2014 ns (s = 1, 2, 3, . . .).\nDie Versuche wurden an insgesamt 29 Personen durchgef\u00fchrt. F\u00fcnf der Vpn. waren wenig musikalisch ge\u00fcbt. Es zeigte sich bei ihren Einstellungen Unsicherheit. Qualitativ ergab sich jedoch dasselbe wie bei den 24 anderen Vpn. Es war oft erg\u00f6tzlich zu beobachten, wie prompt immer wieder bei den verschiedensten Vpn. in derselben Weise reagiert wurde, obwohl","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nGeorg Zurm\u00fchl\ndie Vpn. den Versuchen unbefangen gegen\u00fcberstanden. Die \u00dcbung spielt neben der Musikalit\u00e4t wesentlich eine Rolle. Es war z. B. ein musikalisch sehr begabter Klavierspieler, der nie ein Instrument gestimmt batte, sehr unsicher im Einstellen, w\u00e4hrend Violinspieler viel sicherer einstellten. Darum wurden besonders Streichinstrumentspieler f\u00fcr unsere Versuche gew\u00e4hlt. Es stellten sich dankenswerterweise viele Herren des Collegium musicum instrumentale der hiesigen Universit\u00e4t f\u00fcr die Versuche zur Verf\u00fcgung.\nDas Versuchsmaterial ergibt im Auszuge ein Bild wie es im folgenden entwickelt und diskutiert sei. Es werden Mittelwerte und charakteristische Einzelversuchsreihen gezeigt.\nVersuche und Ergebnisse\n1. Hauptversuchsreihe\na) Verschiedenheit der Lautst\u00e4rkedifferenz. Der Ausgangs- und Vergleichston hatte bei den ersten Versuchen eine St\u00e4rke von 2 Phon. Dabei zeigte die Kondensatorstellung von C2a allgemein, da\u00df der Ton I mit zunehmender St\u00e4rke kontinuierlich tiefer empfunden wird. Abb. 3 gibt ein Bild von der \u00c4nderung der Tonh\u00f6henempfindung bei verschiedenen Vpn. (\u00dcber Genauigkeit der in Abb. 3 bis 7 mitgeteilten Me\u00dfwerte s. S. 67.)\nAls Abszisseneinheit ist die Lautst\u00e4rke in Phon gew\u00e4hlt. Auf der Ordinatenachse ist in Prozenten die empfundene Tonerniedrigung (d. h. die Differenz von empfundener Ausgangsfrequenz und jeweiliger Endempfindung bei ver\u00e4nderter St\u00e4rkedifferenz) in gleichen Abst\u00e4nden nach oben abgetragen. Die Versuche wurden mit der Frequenz \u00fc. = 435 unter gleichen Bedingungen gemacht. Der Ton war nicht ganz rein, sondern deutlich beigemengt war die erste Oktave. Die Analyse ergab eine St\u00e4rke des Obertones von etwa des Grundtones.\nEs f\u00e4llt sofort die individuell verschiedene Wirkung der St\u00e4rke\u00e4nderung auf. Neben der qualitativen Verschiedenheit aber zeigen alle Kurven eindeutig mit zunehmender Verst\u00e4rkung eine wachsende Tonerniedrigung. Bei mehr als 9 Phon verringert sie sich teilweise. Jede Kurve ist das Ergebnis einer Versuchsreihe an einer Vp. Der \u00dcbersicht halber sind die Vpn. numeriert, und die zugeh\u00f6rigen Nummern sind an jeder Kurve verzeichnet. Die Kurve der Vp. 5 zeigt einen Extremfall.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n59\nVersuche mit anderen Frequenzen ergeben \u00e4hnliche Abweichungen der Vpn. untereinander.\nBei diesen Versuchen sind die Lautst\u00e4rkedifferenzen zwischen 0 und 3 Phon au\u00dfer acht gelassen. Mehrmals war aber aufgefallen, da\u00df bei geringer Intensit\u00e4ts\u00e4nderung wiederholt eine Tonerh\u00f6hung vorhanden zu sein schien. Das gab Veranlassung zu genaueren Versuchen im Bereich von 0 bis 5 Phon. Als Grund- und Vergleichsst\u00e4rke des Senders II wurde 1/2 Phon gew\u00e4hlt. Wird die St\u00e4rke des Senders I zwischen 1/2 und 5 Phon ver\u00e4ndert, so steigt die Tonh\u00f6he mit zunehmender Lautst\u00e4rke f\u00fcr viele Personen so lange, bis sie ihren Extremwert bei etwa 2 Phon erreicht hat. Dann sinkt, sie wieder bis auf den Anfangswert, und dar\u00fcber hinaus erst tritt Tonvertiefung ein.\nn=4-35\nVergleichst on: Z Phon.\n10 Phon\nAbb. 3\nImmerhin ist das Ph\u00e4nomen bei geringen Lautst\u00e4rken nur sehr gering (im H\u00f6chstfall Vi6 Ton). Bei manchen Vpn. tritt die geschilderte Tonerh\u00f6hung gar nicht auf, und bei wenigen setzt gleich von Beginn an eine geringe Erniedrigung ein. Die Ergebnisse sind bei diesen geringen Lautst\u00e4rken nicht eindeutig und weisen auf stark psychologische Momente hin (s. S. 62 und 68).\nb) Verschiedene Tonh\u00f6henlagen. Bei Verwendung verschiedener Tonh\u00f6hen erh\u00e4lt man verschieden starke Wirkung der Lautst\u00e4rke\u00e4nderung. Abb. 4 zeigt das Verhalten in verschiedenen Tonh\u00f6henlagen. Sie stellt Versuchsreihen an ein und derselben Vp. dar.\nEs sind Ergebnisse von Versuchen bei gro\u00dfer (3072 Hertz), mittlerer (768 Hertz) und kleiner (256 Hertz) Frequenz. Wir sehen eine Zunahme des Effektes mit sinkender Tonh\u00f6he. \u2014 Die gestrichelten Kurven sind die zugeh\u00f6rigen Werte f\u00fcr einen","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nGeorg Zurm\u00fchl\n\u201eSekund\u00e4rton\u201c, dessen Auftreten weiter unten (S. 63) geschildert wird. \u2014 Auch in Abb. 7 (S. 63) sind Versuchsreihen mit verschiedenen Frequenzen aufgezeichnet. Sie zeigen dieselbe Abh\u00e4ngigkeit von der Tonh\u00f6henlage. Es wurden zwar verschiedene Vpn. gew\u00e4hlt, aber in jenem Falle ist die Differenz der Kurven keine Wirkung der Wahl der Vpn., sondern ausschlie\u00dflich die der Verwendung verschiedener Tonh\u00f6hen.\nDie Zunahme des Ph\u00e4nomens der Tonvertiefung mit sinkender Frequenz ist allgemeiner Natur und kommt durch die graphische Darstellung in Abb. 5 gut zum Ausdruck.\no 256 Hertz (sekund\u00e4r)\nZerg/eichston: 1 Phon.\nZ56Herfz\n768Hertz r\" (sekund\u00e4r)\n.---- 768 Hertz\n3072 Hertz\n9 Phon\nDie Ordinatenwerte geben wie bisher die Vertiefung in Prozenten an, auf der Abszissenachse sind aber diesmal nicht die Lautst\u00e4rken, sondern die Tonh\u00f6henlagen, in denen die betreffenden Versuchsreihen durchgef\u00fchrt wurden, aufgetragen. Alle Punkte der Kurven gelten f\u00fcr die Lautst\u00e4rke des Grund- und Vergleichstones I von 1 Phon und des lauten Tones II von 9 Phon (die gestrichelte Kurve enth\u00e4lt die zugeh\u00f6rigen Werte f\u00fcr den Sekund\u00e4rton). Der Verlauf der Kurven unterhalb 200 Hertz war nicht einwandfrei festzulegen, was bei der Schwierigkeit der Versuchsdurchf\u00fchrung begreiflich ist. Zudem mu\u00df man bedenken, da\u00df bei etwa 100 Hertz die Grenze der Intervallensch\u00e4tzung reiner T\u00f6ne zu liegen scheint; F. A. Schulze (30) stellte fest, da\u00df ihm \u201edie Intervallsch\u00e4tzung des Differenztones gegen irgendeinen anderen Ton unm\u00f6glich wurde, sobald die Schwingungszahl des Differenztones unter etwa 100 v. d. herunterging\u201c. Die Intervall-","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n61\nSch\u00e4tzung begann schon oberhalb 100 y. d. \u201esehr schwierig und anstrengend zu werden und wurde bei Schwingungszahlen unter\n100 unm\u00f6glich\u201c.\n\u2022 \u2022\n\u00c4hnliches Verhalten stellte sich hier bei Verwendung von \u201ereinen\u201c Prim\u00e4rt\u00f6nen mit unterschiedlicher Lautst\u00e4rke unterhalb 200 Hertz ein.\nc) Wirkung der Obert\u00f6ne. Durch die Beimengung von Obert\u00f6nen erzielt man f\u00fcr unser Ph\u00e4nomen eine Vhrkung, wie sie in Abb. 6 dargestellt ist. Die vermehrte Beimengung wurde erreicht durch Ausschalten der Interferenzrohre, durch Fortlassen der Parallelkondensatoren (Pxb u. P2b) und durch \u00dcbersteuerung des Verst\u00e4rkerrohres.\nLautst\u00e4rken: 7Phon u. PPhon.\n128\t192 256\t935\t768\t1280\t2098 3072Hertz\nAbb. 5\nDie gestrichelten Kurven der Abb. 6 stellen die Wirkung bei vermehrter Beimengung der Obert\u00f6ne dar, die ausgezogenen Kurven sind erhalten bei Vorhandensein der Parallelkondensatoren und bei richtiger Steuerung des Verst\u00e4rkerrohres. Alle Kurven sind bei der Frequenz von 768 Hertz aufgenommen. Bei anderen Frequenzen zeigen die Versuche \u00e4hnliches Verhalten.\nBetrachtet man die gestrichelten Kurven im Vergleich zu den zugeh\u00f6rigen ausgezogenen Kurven, so erkennt man, da\u00df sich die zwei Kurven einer jeden Vp. schneiden.\nDie Obert\u00f6ne wirken also derart, da\u00df sie den Ton bei geringer St\u00e4rke herunterdr\u00fccken, w\u00e4hrend der Ton bei gro\u00dfen Lautst\u00e4rken durch die Obert\u00f6ne in die Hohe gezogen wird. Das hei\u00dft, bei Verringerung der Obert\u00f6ne wird die Kurve gestreckt.\nDer Einflu\u00df der Obert\u00f6ne ist also bei verschiedenen Lautst\u00e4rken verschieden. Es wurden besondere Versuche zur Unter-","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nGeorg Zurm\u00fchl\nsuchung dieser Erscheinung vorgenommen. Der Ton I wurde wie zuerst auf gleiche H\u00f6he mit II gebracht. Beide T\u00f6ne waren rein. Ihre Zuf\u00fchrung zu den Ohren geschah durch die Schlauchleitung. Mit einem dritten Tonsender wurde im Versuchsraum die Oktave erzeugt, welche stets beim Umlegen der Wippe von I nach II ausgeschaltet und beim R\u00fccklegen eingeschaltet wurde. Sie klang also zusammen mit dem Ton I, welcher durch diese Hinzuf\u00fcgung eine Klangf\u00e4rben\u00e4nderung erfuhr, w\u00e4hrend die Klangfarbe von II unver\u00e4ndert blieb. Die Lautst\u00e4rke der beigemengten ersten bzw. zweiten Oktave war ver\u00e4nderlich.\nDas Ergebnis dieser Untersuchung ist nicht eindeutig, die psychologischen Wirkungen hierbei sind zu mannigfaltig, aber im allgemeinen gilt: Sehr leise T\u00f6ne gehen durch Beimengung von Obert\u00f6nen meist in die H\u00f6he, lautere werden allgemein heruntergedr\u00fcckt, w\u00e4hrend sehr laute T\u00f6ne wieder hochgezogen werden. Diese Art des Effektes ist wohl die h\u00e4ufigste und macht sich ja auch in unseren Kurven bemerkbar. Eine besondere Rolle spielt die Abstraktion. Die Versuche ergaben oft sehr labile Ergebnisse. Einmal wurde z. B. eine Erh\u00f6hung verursacht, das n\u00e4chste Mal\nrr=7\u00df8 Hertz\n^ Zer ff!'eichston: Z Phon.\n10 Phon\nAbb. 6\nbei gleichen Versuchsverh\u00e4ltnissen vielleicht eine Vertiefung. Dabei konnte festgestellt werden, da\u00df einmal der Gesamtklang als Einheit wirkte, der Oberton zog dabei den Grundton in die H\u00f6he, das andere Mal wurde der Grundton vom Oberton abstrahiert, es trat dabei eine Kontrastwirkung auf, man empfand den Grundton tiefer. Es scheint also den Versuchen gem\u00e4\u00df bei sehr leisen T\u00f6nen eine Abstraktion schwer m\u00f6glich zu sein. Das ist verst\u00e4ndlich, zumal die H\u00f6he sehr leiser T\u00f6ne f\u00fcr die Empfindung leicht variabel ist. Bei lauteren T\u00f6nen dr\u00e4ngt sich eine Abstraktion des\nGrundtones von den Obert\u00f6nen leichter auf. Nat\u00fcrlich ist auch \u2022 \u2022\ndie \u00c4nderung der H\u00f6henempfindung der Obert\u00f6ne durch ihre Lautst\u00e4rke\u00e4nderung von Einflu\u00df, denn unser Ph\u00e4nomem tritt sowohl beim Grundton als auch beim Oberton auf.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh \u00f6henemp\u00dfndung von der Lautst\u00e4rke usw%\n63\nd) Sekund\u00e4rton. Neben den bisher geschilderten Ergebnissen trat noch eine eigent\u00fcmliche sekund\u00e4re Klangerscheinung auf. Es wurde bei T\u00f6nen von 768 Hertz an und tiefer bei mittleren und gro\u00dfen Lautst\u00e4rken gar nicht mehr nur ein Ton empfunden, sondern mit der St\u00e4rkezunahme tauchte immer deutlicher neben dem eigentlichen Ton, auf welchen eingestellt wurde, ein tieferer zweiter Ton auf. Wir nennen ihn der K\u00fcrze halber den \u201eSekund\u00e4rton\u201c. Er wurde ebenfalls mit zunehmender St\u00e4rke des Klanges weiter vertieft. Viele Vpn. stellten diese Erscheinung, ohne darauf aufmerksam gemacht zu werden, von sich aus fest; die anderen Vpn. h\u00f6rten den Ton, wenn man sie auf ihn aufmerksam machte. Zur Charakteristik des Sekund\u00e4rtones dient\n. ^\tLp 7 bei256Hertz\ngs\tPp 77bei768Hertz\n^ PerpteicHston: 2 PH on.\n8 Phon\nAbb. 7\n\u2022 \u2022\neine \u00c4u\u00dferung der Vp. 17 : \u201eDer tiefe Ton ist wohlklingender und zarter als der andere, auf den man einzustellen gewillt ist. Er scheint im Raume zu schwingen, w\u00e4hrend der andere direkt vom Lautsprecher herzukommen scheint\u201c. Das \u201eWohlklingen\u201c und \u201eim Raume schwingen\u201c bei der Empfindung des Sekund\u00e4rtones erinnert an \u00e4hnliche f\u00fcr die Kombinationst\u00f6ne typische Erscheinungen.\nAuffallend ist auch die Analogie zu den Kombinationst\u00f6nen in bezug auf Deutlichkeit der Wahrnehmung. H\u00f6rt man zum erstenmal Kombinationst\u00f6ne, so bedarf es gewisser Aufmerksamkeit, um wirklich eine Empfindung von ihnen zu haben; die\nPrim\u00e4rt\u00f6ne dr\u00e4ngen sich zu deutlich auf. Ist man ge\u00fcbter, so\n\u2022 \u2022\nist fast das Umgekehrte der Fall. \u00c4hnlich ist es bei unserem","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nGeorg Zurm\u00fchl\nSekund\u00e4rton. Meist dauert es aber beim Einschalten des lauten Tones erst eine Weile bis der Sekund\u00e4rton empfunden wird, er sch\u00e4lt sich langsam zu voller Deutlichkeit aus dem Klangganzen heraus, dann aber dr\u00e4ngt er sich unabwendbar auf.\nAbb. 7 veranschaulicht die H\u00f6hen\u00e4nderung des Sekund\u00e4rtones bei Lautst\u00e4rkezunahme des objektiven Tones. Sie zeigt zwei Versuchsreihen, eine von Vp. 1 mit der Frequenz von 256 Hertz und eine andere von Vp. 17 mit der Frequenz 768. Die Kurven b zeigen den Verlauf bei Einstellung auf die Empfindung des Prim\u00e4rtones, die Punkte der Kurven a sind die zugeh\u00f6rigen Einstellungen auf den Sekund\u00e4rton. (Vergleiche ebenfalls die gestrichelten Kurven f\u00fcr den Sekund\u00e4rton von Abb. 4 und 5 (S. 60/61).) Die Bedeutung der Kurve 7 wird weiter unten (S. 65) geschildert.\n2. Genauigkeit der Me\u00dfmethode\na) Ungenauigkeiten. Die Genauigkeit der Messungen wurde durch verschiedene Erscheinungen beeintr\u00e4chtigt. Zun\u00e4chst war eine Inkonstanz der Tonh\u00f6henempfindung gleich nach Einsatz des Tones vorhanden, die bis auf Vs Ton gesch\u00e4tzt wurde. Im ersten Augenblick war der dargebotene Ton h\u00f6her als nach wenigen Sekunden. 18 Vpn. teilten diese Wahrnehmung unaufgefordert mit. Ging man vom lauten Ton durch Umlegung der Wippe zum leisen \u00fcber, so vertiefte sich der leise Ton w\u00e4hrend des ersten Augenblickes nach dem Einsatz. Die Zeitdauer vom Einsatz bis zur Konstanz der H\u00f6he wurde bei leisen T\u00f6nen auf 1\u20143 Sek. gesch\u00e4tzt. Besonders auffallend ist aber das Tieferwerden nach dem Einschalten bei lauten T\u00f6nen, bei denen aber die Zeitdauer der Inkonstanz geringer zu sein scheint. Sie wird auf V4\u20141 Sek. gesch\u00e4tzt. Bei manchen Vpn. hielt jedoch die Inkonstanz der lauten T\u00f6ne erheblich l\u00e4nger an (z. B. Vp. 5), der Ton schien fast dauernd tiefer zu werden.\nDie Inkonstanz der Tonh\u00f6he nach Einsatz liegt, wie durch Versuche mittels Schlie\u00dfen und \u00d6ffnen der Schlauchleitung nachgewiesen wurde, nicht an der Apparatur, sondern scheint physiologisch-psychologisch bedingt. Objektiv blieb die Tonh\u00f6he vom ersten Augenblick an konstant.\nWurde der Vp. der laute Ton nur einen Moment dargeboten, so konnte also unser Ph\u00e4nomen der Ton Vertiefung nicht in der St\u00e4rke auf treten, als wenn die Vp. den lauten Ton zun\u00e4chst l\u00e4nger fixiert und dann erst umschaltet. Die Kurve c der Vp. 17 in Abb. 7","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n65\nist nun derart auf genommen, da\u00df der laute Ton nur ganz kurz dargeboten wurde, w\u00e4hrend die Kurve b der Vp. 17 bei Versuchen mit l\u00e4ngerem Fixieren des lauten Tones entstand. Der Verlauf der Kurve c weicht sichtlich von dem der Kurve b ab, w\u00e4hrend wir qualitativ allerdings dasselbe Bild haben. Bei allen anderen in vorliegenden Kurven und Tabellen verwerteten Versuchen wurde den Vpn. stets die Anweisung gegeben, die T\u00f6ne erst eine Zeit lang zu fixieren und dann erst umzuschalten.\nDa bei lauten T\u00f6nen die H\u00f6he nicht leicht zu sch\u00e4tzen ist, klammern sich die Vpn. zur Orientierung an alles was sonst irgendwie einen Aufschlu\u00df \u00fcber die Tonh\u00f6he geben kann. Darum mu\u00dfte den Vpn. jeder unerw\u00fcnschte Anhaltspunkt genommen werden. Besonders der Nachhall wirkte f\u00fcr die Versuche in dieser Weise st\u00f6rend. Der Nachhall ist stets von geringerer Lautst\u00e4rke als der eigentliche Ton, er, ist also f\u00fcr die Empfindung h\u00f6her als dieser und st\u00f6rt somit. Darum wurde als Versuchsraum eine akustische Zelle mit nichtschallreflektierenden W\u00e4nden hergestellt. Sie war 10 m3 gro\u00df und ihre W\u00e4nde sowie Fu\u00dfboden und Decke waren mit Stoff bzw. schweren Decken bekleidet.\nAllgemein wird die Einstellung auf empfundene Tonh\u00f6he so vollzogen, da\u00df man um eine gewisse Stelle der Kondensatorskala herumpendelt, welche man als die etwa richtige Einstellung erkennt. Bei nicht zu lauten T\u00f6nen erh\u00e4lt man schnell gro\u00dfe Sicherheit im Einstellen.\nJedoch ist bei Benutzung sehr lauter T\u00f6ne eine Labilit\u00e4t der Einstellung auf diese gewisse Stelle zu bemerken. Die Einstellung will nie recht stimmen. N\u00e4hert man sich beispielsweise von tiefen T\u00f6nen her dieser Mittelstellung, so hat man das Empfinden, immer h\u00f6her stellen zu m\u00fcssen, bis man schlie\u00dflich merkt, man hat zu hoch gestellt. Von der Seite h\u00f6herer T\u00f6ne herkommend \u00fcberschreitet man ebenfalls erst die Mittellage. Man kann beim Einstellen des leisen Tones auf den sehr lauten kaum mit Sicherheit sagen \u201ejetzt stimmt es\u201c, sondern man wagt nur\nzu behaupten \u201eso stimmt es am besten\u201c. Jedoch kann man durch \u2022 \u2022\n\u00dcbung auch hier einige Sicherheit im Einstellen erlangen.\nFerner gilt f\u00fcr unsere Versuche nicht mehr die Unterschiedsempfindlichkeit der Tonh\u00f6he wie sie z. B. durch Versuche von Fletchek und Knudsen (27 u. 31) festgestellt wurde; denn bei ihnen wurden nur T\u00f6ne gleicher Lautst\u00e4rke mitein-\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 61\t&","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nGeorg Zurm\u00fchl\nander verglichen, w\u00e4hrend wir es bei unseren Versuchen mit T\u00f6nen verschiedener St\u00e4rke zu tun haben. Schon beim Vergleich von T\u00f6nen mit wenig verschiedener St\u00e4rke zeigt sich eine \u2022 \u2022\nbedeutende \u00c4nderung der Unterschiedsempfindlichkeit. Die Unter-schiedsempfindliehkeit nimmt bis zu den gr\u00f6\u00dften St\u00e4rke differenzen immer mehr ab.\nb) Genauigkeit der Me\u00dfwerte. Trotz der verschiedenen geschilderten Schwierigkeiten ist f\u00fcr die Versuche gen\u00fcgende Genauigkeit garantiert. Bei ge\u00fcbten Vpn. stimmen selbst an verschiedenen Tagen vorgenommene Versuche gut \u00fcberein. Zahlentafel 2 zeigt das Ergebnis solcher Messungen. Die Versuche wurden durchgef\u00fchrt bei einer Frequenz von 768 Hertz. Der Vergleichston des Senders II besa\u00df die konstante St\u00e4rke 1% Phon. Der Ton des Senders I nahm die in der Tafel genannten Werte zwischen 1% und 9 Phon an. Die empfundene Tonh\u00f6hendifferenz ist in Prozenten angegeben. Die positiven Werte bedeuten Vertiefung, die negativen bedeuten Erh\u00f6hung des lautstarken Tones.\nZahlentafel 2 (F\u00fcr 768 Hertz)\nDatum\tiv.\t2 Va\t4V.\t6\t8\t9 Phon\n4. 7. 28\t0\t0\t+ 0,9\t+1>6\t+ 1,7\t+ 1,7\n6. 7.\t0\t-0,2\t+ 0,9\t+ 1,3\t+ M\t+ 1,6\n7. 7.\t0\t-0,1\t+ 0,9\t+ 1,3\t+1,7\t+1,8\n8. 7.\t0\t-0,1\t+ 0,9\t+ 1.5\t+1)6\t\u2014\n9. 7.\t0\t0\t+ 0,9\t+ 1,5\t+ 1,9\t+1,8\n10. 7.\t0\t0\t+ 0,8\t+ 1,5\t+1)9\t\u2014\n14. 8. bis 21. 8. Mittelwerte\t0\t0\t+ 0,5\t+ 1,0\t+ 1,3\t+ 1,5\nJede Zahl der ersten 6 Zeilen der Zahlentafel 2 ist das Mittel von 6 Versuchen. Die Konstanz der Empfindung f\u00fcr den Zeitraum einer Woche ist durch diese Versuche erwiesen. Die letzte Reihe zeigt im Mittel die Einstellung bei gleichen Bedingungen im Verlaufe einer Woche sechs Wochen sp\u00e4ter. Eine deutliche \u00c4nderung letzterer Resultate gegen\u00fcber den fr\u00fcheren ist zu merken. In der Zwischenzeit hatte die Vp. sehr viel mit dem Ton der Frequenz 768 experimentiert und sich dabei eine noch gr\u00f6\u00dfere \u00dcbung im H\u00f6henvergleich verschieden starker T\u00f6ne an-","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n67\ngeeignet. Nach abermals einigen Wochen blieb die Einstellung aber dieselbe wie die der letzten Zeile von Zahlentafel 2. Eine weitere \u00c4nderung nach weiterer \u00dcbung zeigte sich nicht.\n\u00dcber die Genauigkeit unserer Me\u00dfmethode steht fest: 1. In mittlerer H\u00f6henlage ist der Vergleich von Tonh\u00f6hen mit gr\u00f6\u00dfter Genauigkeit m\u00f6glich ; nach hohen und tiefen Tonlagen hin nimmt die Genauigkeit ab. 2. Mit wachsender Tonst\u00e4rkendifferenz nimmt die Genauigkeit des Tonh\u00f6henvergleiches gleichfalls ab.\nBei tiefen T\u00f6nen aber kommt der Versuchsgenauigkeit zugute, da\u00df mit der Tonst\u00e4rkendifferenz die empfundene Tonh\u00f6hendifferenz erheblich zunimmt, Wenn also die Unterschiedsempfindlichkeit sich mit der St\u00e4rkedifferenz absolut genommen sehr stark vermindert, so wirkt sich diese Ungenauigkeit in unserem Falle nicht so sehr aus, wenn wir sie relativ zur empfundenen Tonh\u00f6hendifferenz betrachten. In Abb. 3 (S. 58) z. B. hat die Kurve der Vp. 5 f\u00fcr 4 /2 Phon den Ordinatenwert von ^ 1% Schwingungen. An dieser Stelle sei die Unterschiedsempfindlichkeit etwa 0,2%, d. h., der Ordinatenwert 1 kann variieren zwischen 0,9 und 1,1% Schwingungen. Das ist eine Ungenauigkeit des Ordinatenwertes von 20%- Bei 9 Phon ist der Ordinatenwert 9% ; lassen wir auch hier einen Fehler von 20% zu, so darf der Wert 5 sich ver\u00e4ndern zwischen 4,5 und 5,5. Um in diesen Grenzen zu bleiben ist beim Vergleich dieses 9 Phon starken Tones mit dem Grund ton nur eine Unterschiedsempfindlichkeit von 1% Schwingungen notwendig. In Wirklichkeit ist die Empfindlichkeit aber gr\u00f6\u00dfer als 0,2 bzw. 1% Schwingungen, so da\u00df im Extremfall bei 435 Hertz nur ein Fehler der Ordinatenwerte bis zu 15% vorkommt.\nAnders verh\u00e4lt es sich bei Versuchen mit T\u00f6nen sehr hoher Schwingungszahl; denn bei Verwendung hoher T\u00f6ne (2000 Hertz und mehr) mit gro\u00dfen Lautst\u00e4rken f\u00e4llt das f\u00fcr die prozentuale Genauigkeit der Ordinatenwerte so g\u00fcnstige Auftreten der sehr gro\u00dfen H\u00f6henempfindungsdifferenz fort. Die Erscheinung der Tonerniedrigung haben wir f\u00fcr T\u00f6ne oberhalb 3072 (vgl. Abb. 5) in so geringem Ma\u00dfe \u2014 bei 9 Phon nur etwa 0,6% Schwingungen , da\u00df eine bei tiefen T\u00f6nen erlaubte Unterschiedsempfindlichkeit von nicht ganz 1% Schwingungen die ganze Wirkung der Lautst\u00e4rken\u00e4nderung bei den hohen T\u00f6nen verdeckt. Darum waren die Untersuchungen mit Frequenzen ober halb 3072 Hertz ergebnislos.\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nGeorg Zurm\u00fchl\nc) Bew\u00e4hrung der Me\u00dfmethode. Ein Vergleich zwischen den Ergebnissen der geschilderten Messungen und anderen auf andere Weise erzielten Resultaten gibt Aufschlu\u00df \u00fcber die Bew\u00e4hrung unserer Me\u00dfmethode.\nVerfolgen wir eine Stimmgabel im Verlaufe ihres Abklingens nach kr\u00e4ftigem Anschl\u00e4gen, so wird von den Vpn. qualitativ festgestellt, da\u00df die Tonh\u00f6he zun\u00e4chst kontinuierlich in die H\u00f6he geht, solange bis sie schon sehr leise klingt. Dieses unser Ph\u00e4nomen ist an Stimmgabeln mit Resonanzkasten bei mittlerer und kleiner Frequenz sehr leicht zu demonstrieren. Bei weiterem Abklingen der Gabel aber hat man die Empfindung, da\u00df die Tonh\u00f6he sinkt. Beide Erscheinungen werden ja durch unsere quantitativen Versuche best\u00e4tigt. Das Sinken in der H\u00f6henempfindung kurz vor dem Ausklingen ist psychologisch erkl\u00e4rbar. C. Stumpf, dem beim Verklingen einer Gabel zun\u00e4chst die Vertiefung und nicht die Erh\u00f6hung auf fiel, schildert diese psychologische Wirkung in seiner \u201eTonpsychologie\u201c (I, S. 239). Es wirkt die Vorstellung mit, da\u00df zur Erzeugung tiefer T\u00f6ne eine geringere Kraftanstren-gung n\u00f6tig ist als zur Erzeugung h\u00f6herer T\u00f6ne (Singen, Pfeifen, Fl\u00f6ten). Die Wirkung dieser Vorstellung kontrollierten viele unserer Vpn. an sich selbst. Zum Beispiel bei der Aufforderung \u201eh\u00f6her singen\u201c, wird vielfach gleichzeitig lauter gesungen, beim lauten Sprechen (Rufen) wird gleichzeitig h\u00f6her gesprochen. Das \u201eAbsterben\u201c eines Tones oder Ger\u00e4usches im Leben (Sirene, Kindergeschrei, St\u00f6hnen usw.) ist im allgemeinen verbunden mit einem Tieferwerden. Es bestehen also die Verbindungen : laut \u2014 hoch, leise \u2014 tief. Man siehe auch die interessante Er\u00f6rterung von C. Stumpf, (Tonpsychologie, I, S. 193 u. 198/199) \u00fcber die vielfache sprachliche Identifizierung von laut und hoch, leise und tief.\nZwar findet man auch objektiv eine \u00c4nderung der Frequenz von Stimmgabeln durch Amplituden\u00e4nderung (32), aber die objektive Schwingungszahl\u00e4nderung ist so gering, da\u00df sie bei obigen Versuchen f\u00fcr die Empfindung nicht in Frage kommt. Mit den elektrisch erzeugten T\u00f6nen kann die geschilderte Wirkung der Vorstellung1 ebenfalls gezeigt werden. Selbst die Willk\u00fcr ist, wenn die Tonh\u00f6he nicht zu eindrucksvoll und aufdringlich ist\n(besonders bei leisen T\u00f6nen), von Einflu\u00df.\n\u2022 \u2022\nUber Verschmelzung von Vorstellung und Wahrnehmung vgl. E. R Jaensch, Eidetik. Leipzig (46).","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw. 69\nDie bei unseren Versuchen benutzte Me\u00dfmethode dr\u00fcckt die erw\u00e4hnten psychologischen Einfl\u00fcsse auf ein Minimum herab. Dadurch, da\u00df die Vp. gezwungen ist, die empfundene Tonh\u00f6he auch wirklich an dem Tonsender II einzustellen, macht sie sich im Wesentlichen frei von Vorstellungen. Bei Vorhandensein von Obert\u00f6nen wird die Wirkung der Klangfarbe allerdings, wie Abb. 6 zeigt, nicht restlos ausgeschaltet.\nBesonders wertvoll ist es, da\u00df die Vp. keine Intervalle zu sch\u00e4tzen braucht, sondern nur auf gl eich e Tonh\u00f6he einzustellen hat; denn H\u00f6henintervalle werden meist gr\u00f6\u00dfer gesch\u00e4tzt als sie in Wirklichkeit sind. Beim Vergleich zweier T\u00f6ne der Schwingungszahl 128 sagte Vp. 26: \u201eDer laute Ton ist ja einen Ganzton tiefer als der leise.\u201c Sobald sie aber einstelJte, merkte sie den Fehler ihrer Intervallsch\u00e4tzung. Es wurde eingestellt auf eine Empfindungsdifferenz von etwa 1/2 Ton. Besonders ungenau wird die Intervallsch\u00e4tzung bei kontinuierlicher Lautst\u00e4rke\u00e4nderung des Tones wie es bei dem Ausklingen der Stimmgabel der Fall ist. Dadurch, da\u00df die Aufmerksamkeit mit der St\u00e4rkeverminderung und somit ebenfalls mit der Tonh\u00f6hen\u00e4nderung wandert, tritt die Empfindung auf, da\u00df das Intervall sehr gro\u00df ist. Unsere Methode der Einstellung auf gleiche Tonh\u00f6ne bew\u00e4hrt sich demgegen\u00fcber gut.\n3. Nebenuntersuchungen\na) Verhalten der Kombinationst\u00f6ne. Nachdem die Vertiefung der Tonh\u00f6henempfindung durch die Lautst\u00e4rkevermehrung durch unsere Versuche neu best\u00e4tigt ist, erhebt sich die Frage: sind bei der Bildung subjektiver Kombinationst\u00f6ne eigentlich die objektiven oder die empfundenen Schwingungszahlen ma\u00dfgebend?\nDie Schwingungszahl der Kombinationst\u00f6ne l\u00e4\u00dft sich darstellen in der Form ap \u00b1 bp, wenn p und q die Schwingungszahlen der Grundt\u00f6ne und a und b beliebige ganze Zahlen sind. Wir betrachten den Differenzton von der Schwingungszahl p \u2014 q, wobei p > q ist. Wenn p \u2014 900 und q = 700 gegeben sind, so ist p \u2014 q = 200. Bei Lautst\u00e4rke\u00e4nderung, so sagt unser Intensit\u00e4tseffekt, \u00e4ndert sich die empfundene Schwingungszahl. Bei einer Empfindungs\u00e4nderung des Tones p = 900 um (wie es unseren Versuchen nach sehr wohl m\u00f6glich ist) etwa x/4 Ton (3% Sch win-","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nGeorg Zurm\u00fchl\ngungen) erh\u00e4lt man f\u00fcr den verst\u00e4rkten Ton die Schwingungszahl pst \u2014 873. Es entsteht der Rechnung entsprechend aus den beiden T\u00f6nen mit den empfundenen Frequenzen pst und q (letztere unver\u00e4ndert) ein Differenzton von der Frequenz 873\u2014700 = 173 Hertz. Die Voraussetzung dabei ist, da\u00df die empfundenen Differenzen kombinieren. Wir bek\u00e4men also bei St\u00e4rke\u00e4nderung eines Prim\u00e4rtones eine Tonh\u00f6hen\u00e4nderung des Differenztones von 13 \u00b0/0 Schwingungen, was mehr als einem Ganzton entspricht. Diese gro\u00dfe \u00c4nderung von p \u2014 q auf pst \u2014 q m\u00fc\u00dfte also auffallen, wenn ein Einflu\u00df in dieser Art best\u00e4nde. Durch geeignete Zahlenkombination f\u00fcr Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer Ordnung k\u00f6nnen \u00e4hnliche Beispiele gegeben werden.\nEs wurden Versuche \u00fcber das Verhalten der Differenzt\u00f6ne bei St\u00e4rke\u00e4nderung eines Prim\u00e4rtones angestellt. Zur Erzeugung des Differenztones dienten der Tonsender I und ein dritter Tonsender III. Mittels der Wippe wurden beide T\u00f6ne I und III gleichzeitig eingeschaltet. Mit den Prim\u00e4rt\u00f6nen zusammen war auch der Differenzton h\u00f6rbar. Nat\u00fcrlich wurde der Differenzton nicht objektiv erzeugt \u2014 die Prim\u00e4rt\u00f6ne entstanden getrennt je in einem besonderen Telephon \u2014, sondern sie traten erst subjektiv im Ohre auf. Durch Umkippen der Wippe wurden I und III gleichzeitig ausgeschaltet und der Tonsender II in Betrieb gesetzt. Der Sender II wurde auf dieselbe Tonh\u00f6he wie die des erzeugten Differenztones eingestellt. Dann wurde die Lautst\u00e4rke von I ge\u00e4ndert und wiederum die empfundene Tonh\u00f6he des Differenztones durch Einstellung am Sender II festgestellt. Die dabei auftretende Differenz zwischen erster und zweiter Einstellung ergab die gesuchte H\u00f6hen\u00e4nderung.1 Alle Versuchsdurchf\u00fchrungen mit dem Differenzton erster und zweiter Ordnung ergaben, da\u00df die theoretisch hergeleitete enorme Tonh\u00f6hen\u00e4nderungen um einen ganzen Ton und mehr durchaus nicht auftritt. D. h. es sind nicht die empfundenen, sondern die objektiven Schwingungszahlen f\u00fcr die Bildung der Kombinationst\u00f6ne ma\u00dfgebend.\nWenn sich auch nicht die enorme Vertiefung des Differenz-\n1 Um m\u00f6glichst gro\u00dfe St\u00e4rkedifferenzunterschiede der Prim\u00e4rt\u00f6ne zu erhalten, wurde verschiedentlich bei der ersten Einstellung Ton III laut und Ton I leise und bei der zweiten Einstellung Ton I laut und Ton III leise dargeboten. Der Differenzton behielt dabei etwa dieselbe St\u00e4rke.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n71\ntones durch die St\u00e4rke\u00e4nderung eines Prim\u00e4rtones zeigte, so m\u00fc\u00dfte wenigstens das Ph\u00e4nomen der Tonvertiefung an den Differenzt\u00f6nen in der Art zu erkennen sein, wie es bei objektiv erzeugten T\u00f6nen vorhanden ist. Es sind Versuche dar\u00fcber an 5 Vpn. durchgef\u00fchrt. Sie lassen aber keine Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit erkennen; denn einerseits k\u00f6nnen wir die St\u00e4rke der Differenzt\u00f6ne h\u00f6chstens bis 5 Phon steigern, zweitens haben wir kein (absolutes) Ma\u00df f\u00fcr die Lautst\u00e4rke der Differenzt\u00f6ne, denn sie k\u00f6nnen unter gleichen Umst\u00e4nden bei verschiedenen Vpn. sehr wohl verschieden sein, da die Differenzt\u00f6ne subjektiv im Ohr entstehen ; drittens sind neben den Differenzt\u00f6nen die beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne in \u00fcberaus gro\u00dfer St\u00e4rke vorhanden, so da\u00df eine genauere Kontrolle \u00fcber den Vorgang der Erscheinung schwer m\u00f6glich ist.\nb) Monotisches und diotisches H\u00f6ren. Alle bisher besprochenen Versuche wurden bei diotischem (zweiohrigem) H\u00f6ren vorgenommen. Ein Grund daf\u00fcr war, da\u00df das monotische (einohrige) H\u00f6ren den Vpn. ungewohnt ist, und da\u00df andererseits das nichtgebrauchte Ohr niemals ganz dem Einflu\u00df des Tones im anderen Ohre entzogen werden kann. Dadurch treten St\u00f6rungen auf. Die Versuche bei monotischem H\u00f6ren im Vergleich zu denen bei diotischem liefern aber sehr interessante Ergebnisse.\nZun\u00e4chst kann best\u00e4tigt werden, da\u00df allgemein auf beiden Ohren in verschiedener H\u00f6he geh\u00f6rt wird. Beide Ohren zusammen empfinden eine mittlere H\u00f6he. Auch ist meist die empfundene Klangfarbe auf beiden Ohren und ebenfalls die Unterschiedsempfindlichkeit beider Ohren verschieden. Z. B. differieren bei der Schwingungszahl 435 mit konstanter Lautst\u00e4rke die Einstellungen am Kondensator beim H\u00f6ren mit dem rechten Ohr im Maximum um 20\u00b0, beim linken um 23\u00b0 und mit beiden Ohren zusammen um nur 4\u00b0.\nUntersuchen wir den in dieser Arbeit behandelten Intensit\u00e4tseffekt beim monotischen H\u00f6ren, so tritt die Tonvertiefung in geringerem Ma\u00dfe auf als bei diotischem H\u00f6ren. Diese Verringerung der Erscheinung erkl\u00e4rt sich dadurch, da\u00df das an sich unbeteiligte Ohr durch die Knochenleitung ebenfalls erregt wird. Die Lautst\u00e4rke ist in diesem eigentlich unbeteiligtem Ohre nur sehr gering, darum ist in ihm alleine kaum eine empfundene Tonemiedrigung vorhanden. Die getrennt empfundenen Ton-","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nGeorg Zurm\u00fchl\nh\u00f6hen beider Ohren vereinigen sich zu einer mittleren Tonh\u00f6henempfindung. Die folgenden Versuche erlauben einen Einblick in dieses Verhalten.\nVp. 15 h\u00f6rt mit dem linken Ohre h\u00f6her als mit dem rechten und empfindet bei diotischem H\u00f6ren eine mittlere H\u00f6he. Dem linken Ohre der Vp. 15 wurde ein Ton konstanter St\u00e4rke sm gereicht. Dem rechten Ohre wurde gleichzeitig derselbe Ton erst unh\u00f6rbar, dann leise, und danach langsam immer st\u00e4rker zugef\u00fchrt, bis er die gleiche St\u00e4rke sm wie der Ton des finken Ohres besa\u00df. Weiterhin lie\u00df man nun die Lautst\u00e4rke im rechten Ohre konstant, und der Ton im linken Ohre wurde langsam bis zur Unh\u00f6rbarkeit geschw\u00e4cht. Die Tonh\u00f6he allein mit dem linken\nTL\nAbb. 8\nOhre empfunden sei 1, mit dem rechten allein empfunden sei r und mit beiden zusammen empfunden sei b. F\u00fcr Vp. 15 war 1 gr\u00f6\u00dfer als r.\nAbb. 8 zeigt schematisch den Verlauf der empfundenen Tonh\u00f6he n in Abh\u00e4ngigkeit von der St\u00e4rke s der Zuf\u00fchrung des Tones ins rechte (Kurve A) bzw. ins linke Ohr (Kurve B) bei konstanter Lautst\u00e4rke sm im anderen Ohre. Die Abszissenwerte geben die St\u00e4rke s an, die Ordinate zeigt die zugeh\u00f6rigen empfundenen Tonh\u00f6hen n.\nWird neben dem im linken Ohr empfundenen Tone konstanter St\u00e4rke der Ton im rechten Ohr langsam h\u00f6rbar, so steigt die empfundene H\u00f6he von 1 ab schnell auf einen Extremwert m1 Bei weiter vermehrter Lautst\u00e4rke im rechten Ohre sinkt sie unter/ den Wert 1, bis bei gleicher Lautst\u00e4rke sm in beiden Ohren der Wert b erreicht wird (vgl. Kurve A). L\u00e4\u00dft man nun die St\u00e4rke","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw\u2022\n73\nim rechten Ohr konstant und vermindert sie im linken (die s-Achse \u00e4ndert damit ihre Bedeutung), so steigt die empfundene 1 onh\u00f6he wieder langsam bis zu einem anderen Extremwert m2 und sinkt beim Verschwinden des Tones im linken Ohre \u00fcber den Wert b hinaus bis zum Werte r (vgl. Kurve B).\nDurch diese Versuche ergibt sich also zwangsl\u00e4ufig die oben gegebene Erkl\u00e4rung f\u00fcr das qualitativ ge\u00e4nderte Verhalten bei monotisch em H\u00f6ren.\nDiskussion der Ergebnisse\n1. Vergleich mit fr\u00fcheren Ergebnissen\nDie in der Literatur vorhandenen Angaben \u00fcber den Intensit\u00e4tseffekt sind nicht eindeutig. Gerade die Nichtbeachtung der psychologischen Momente bei Intervallsch\u00e4tzungen und bei Vorhandensein von Obert\u00f6nen bringen Unklarheiten in die an sich eindeutige Erscheinung. Es steht die Erscheinung einer Ton-erh\u00f6hung durch Verst\u00e4rkung (wie sie vor allem von C. Stumpf behandelt ist) unvermittelt neben der Tatsache der viel h\u00e4ufiger auftretenden Tonvertiefung. Unsere Versuche zeigen, da\u00df tats\u00e4chlich beide Arten der Erscheinung m\u00f6glich sind.\nDie qualitative Verschiedenheit h\u00e4ngt ab von der Wahl der Tonst\u00e4rke. Bei leisen T\u00f6nen zeigte sich h\u00e4ufig eine Ton-erh\u00f6hung, welche als psychologisch verursacht anzusehen ist (s. S. 68). Auf solche verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig schwache T\u00f6ne bezieht sich vermutlich die Mehrzahl der von C. Stumpf (Tonps. I, S. 236ff.) mitgeteilten Beobachtungen. Bei mittlerer und gro\u00dfer Lautst\u00e4rke ist aber kein H\u00f6herempfinden vorhanden, sondern es tritt stets Tonvertiefung auf. Nur bei ganz lauten T\u00f6nen nimmt f\u00fcr manche Versuche die Tonvertiefung wieder etwas ab. Die bisher verschieden ausgefallenen Resultate brauchen also nicht als sich widersprechend bezeichnet zu werden, sondern alle Beobachtungsergebnisse lassen sich ungezwungen durch die Versuchsergebnisse dieser Arbeit erkl\u00e4ren.\nQuantitativ kann die Erscheinung in verschiedener St\u00e4rke auftreten. Die Auff\u00e4lligkeit der Erscheinung h\u00e4ngt ab von der St\u00e4rkedifferenz und von der Wahl der Tonh\u00f6he. Je gr\u00f6\u00dfer die St\u00e4rke diff er en z ist, um so st\u00e4rker ist im allgemeinen der Effekt, und bei tiefen T\u00f6nen ist die Wirkung gr\u00f6\u00dfer als bei hohen. Gleichfalls k\u00f6nnen Unterschiede im Ergebnis entstehen durch Verwendung","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nGeorg Zurm\u00fchl\nverschiedener Me\u00dfmethoden. Intervallsch\u00e4tzung verst\u00e4rkt die Wirkung gegen\u00fcber Einstellung auf gleiche Tonh\u00f6he. Darum ist es nicht verwunderlich, da\u00df R. Ewald mit der Methode des Einstellens auf gleiche H\u00f6he bei 100 Hertz nur eine Differenz von !/ Ton fand, w\u00e4hrend Bubton durch Intervallsch\u00e4tzung bei 128 Hertz als Ergebnis eine kleine Terz erhielt. Dabei ist ganz abgesehen von den Tonst\u00e4rken, welche bei den Versuchen verwandt wurden.\nWir fanden bei verschiedenen Vpn. quantitativ sehr verschiedene Ergebnisse. Die Tonvertiefung kann bis um 100% verschieden ausfallen. Das stimmt mit den Feststellungen von Bubton und Ewald \u00fcberein. Beide erw\u00e4hnen, da\u00df ihre Ergebnisse an verschiedenen Personen quantitativ verschieden ausfielen.\nDer Einflu\u00df von Obert\u00f6nen im Zusammenhang mit dem Intensit\u00e4tseffekt ist bereits von E. Mach erkannt worden. Mach hat festgestellt, da\u00df die Tonerh\u00f6hung beim Verklingen reiner T\u00f6ne nicht so , stark ist wie bei Kl\u00e4ngen. Das stimmt mit den Ergebnissen dieser Arbeit \u00fcberein, wenn wir annehmen, da\u00df Mach nicht mit den st\u00e4rksten Intensit\u00e4ten gearbeitet hat. Unsere Kurven von Abb. 6 (S. 62) zeigen ja tats\u00e4chlich, da\u00df unterhalb 6 Phon die Vertiefung bei obertonreichen Kl\u00e4ngen erheblicher ist als bei reinen T\u00f6nen. Erst bei gr\u00f6\u00dferer Lautst\u00e4rke wird die Vertiefung (durch Verunreinigung der T\u00f6ne) verringert.\n\u00dcber die Wirkung der Lautst\u00e4rke Ver\u00e4nderung in verschiedenen Tonh\u00f6henlagen war bisher nur wenig bekannt. Bueton erh\u00e4lt bei Versuchen an Stimmgabeln mit 256 Hertz eine Differenz von % Ton und mit 128 Hertz einen Unterschied von einem Ganzton bis zur kleinen Terz. Beoca hingegen erh\u00e4lt bei allen Stimmgabeln von ut2 bis ut5 einen Wert von % Ton. Interessant ist noch die Bemerkung von Stumpe (Tonpsychologie Bd 1 S. 240), da\u00df die T\u00e4uschung der Tonerh\u00f6hung durch die Lautverst\u00e4rkung nur bei hohen T\u00f6nen auftritt, vielleicht wirkt hier neben dem von Stumpf angegebenen verschiedenen Einflu\u00df der Obert\u00f6ne die Tatsache mit, da\u00df bei den tiefen T\u00f6nen die psychologischen Momente (denn durch solche wird die Tonerh\u00f6hung hervorgerufen) nicht mehr imstande sind, die viel st\u00e4rkere physiologische Wirkung der Tonerniedrigung (vgl. Abb. 5 S. 61) zu \u00fcberbieten","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n75\n2. Entstehung der Tonerniedrigung\nDie von den objektiv-physikalischen Ursachen und von den psychologischen Momenten befreite Restwirkung der Tonh\u00f6hen\u00e4nderung mu\u00df man, wie auch Ewald es tut, als physiologisch im Ohrinneren verursacht ansehen, wenn man nicht ganz auf eine H\u00f6rtheorie der peripheren Organe verzichten will. Es steht nur noch die Frage aus: Wo und in welcher Weise entsteht die Tonerniedrigung im Ohr?\nAls Entstehungs o r t sehen wir mit C. Stumpe und R. Ewald die Basilarmembran an. Diese Annahme scheint am besten der ganzen Sachlage zu entsprechen. Auch in bezug auf die Bildung der Kombinationst\u00f6ne und auf die Vereinigung der in beiden Ohren getrennt entstehenden Nervenreizung zu einer Oesamtempfindung ordnet sich obige Annahme der allgemeinen Auffassung \u00fcber Klangaufnahme durch das Ohr ein. Aus unseren Versuchen \u00fcber Differenzt\u00f6ne (S. 70) ergibt sich, da\u00df f\u00fcr die Kombinationst\u00f6ne nicht die empfundenen, sondern die objektiven Schwingungszahlen ma\u00dfgebend sind. Das hei\u00dft, die Kombinationst\u00f6ne haben sich im Ohre schon vor der Entstehung der Tonerniedrigung aus den Prim\u00e4rt\u00f6nen gebildet. Nach Helmholtz entstehen sie ja durch Unsymmetrie des Schalleitungsapparates: Trommelfeld-Geh\u00f6rkn\u00f6chelchen \u2014 ovales Fenster. Erst sp\u00e4ter kommt die Tonerniedrigung zustande, und zwar in beiden Ohren getrennt, und nach der Tonh\u00f6hen\u00e4nderung erst vereinigen sich, was unsere Versuche \u00fcber monotisches und diotisches H\u00f6ren ja ergeben, die getrennt entstandenen Ver\u00e4nderungen zu einer einzigen Empfindung. Die Vereinigung ist zentraler Natur, die Entstehung der Kombinationst\u00f6ne ist peripher. Zwischen beiden liegt die Entstehung des Intensit\u00e4tseffektes. Die Basilarmembran liegt etwa an der Grenze Peripherie-Nervensystem, und kommt somit am ehesten als Entstehungsort der H\u00f6hen\u00e4nderung in Frage.\nF\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Entstehungs weise der Tonerniedrigung ist die Kenntnis der Beschaffenheit der Basilarmembran erforderlich. Schon Helmholtz nahm die Basilarmembran als bestehend aus einzelnen Resonatoren an. Nach seiner Resonanztheorie sind die sog. \u201eBasilarfasern\u201c die Resonatoren. Diese Fasern werden in ihrer Wirkungsweise mit gespannten an beiden Enden befestigten Saiten verglichen. Dieser Vergleich hat seine Berechtigung darin, da\u00df die Basilarmembran haupts\u00e4chlich in ihrer Querrichtung gespannt ist. Sie zeigt \u201eQuerfaserstruktur\u201c. Nat\u00fcrlich sind die","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nGeorg Zurm\u00fchl\nBasilarfasern keineswegs ideale Saiten \u2014 sie werden nur zur Erm\u00f6glichung der Rechnung als ideal angenommen \u2014, sondern an sich ist der ganze Schallaufnahmevorgang des Ohres \u00e4u\u00dferst kompliziert. Bei der Bezeichnung \u201eBasilarfaser\u201c ist au\u00dfer der wirklichen Faser der Membran mit einbegriffen das CoBTische Organ bestehend aus verschieden gespannten B\u00f6gen, den Nerven-zuleitungen und den Sinneshaaren mitsamt ihren Beziehungen zur Tektoriamembran. Ebenso ist hinzuzurechnen die Masse der in Schwingungen befindlichen Fl\u00fcssigkeit des Ohrinneren, und zwar ist dabei gedacht an einen \u201eFl\u00fcssigkeitsfaden\u201c (33), der vom ovalen Fenster bis zur betreffenden Faser und von dort zum runden Fenster reicht.\nEwald nimmt an, wenn er die Resonanztheorie zugrunde legt, da\u00df mit Vergr\u00f6\u00dferung der Amplitude der Resonatoren der Basilarmembran \u201eihre Schwingungen etwas verlangsamt w\u00fcrden\u201c. Dann k\u00f6nnte nat\u00fcrlich nur eine h\u00f6her gestimmte Faser f\u00fcr die richtige eintreten, und der laute Ton m\u00fc\u00dfte h\u00f6her klingen. Ewald denkt bei der Verlangsamung der Schwingungen durch die Amplitudenvergr\u00f6\u00dferung anscheinend an ein Pendel, bei welchem die Schwingungsdauer mit der Amplitude w\u00e4chst. Er scheint also stillschweigend anzunehmen, da\u00df sich die Basilarfasern wie Pendel verhalten.\nDer HELMHOLTzsche Vergleich der Resonatoren mit Saiten ergibt ein anderes Bild; denn die Eigenfrequenz schwingender Saiten nimmt mit der Amplitude zu (40). F\u00fcr die bei gr\u00f6\u00dferen Amplituden zu hoch gestimmte Saite (Basilarfaser) tritt darum eine tiefer gestimmte ein, das hei\u00dft, wir erhalten die Empfindung, da\u00df der Ton beim Verst\u00e4rken in die Tiefe geht, genau so wie es der untersuchten Erscheinung entspricht. Die Basilarfasern erfahren also bei Vergr\u00f6\u00dferung der Amplitude eine \u00e4hnliche Ver\u00e4nderung wie die der Saiten von einem Monochord oder von Seiteninstrumenten. Es gen\u00fcgt in bezug auf unser Ph\u00e4nomen demnach nicht, im Ohre irgendwelche Resonatoren f\u00fcr die Klanganalyse anzunehmen, sondern von den Resonatoren mu\u00df ausdr\u00fccklich gefordert werden, da\u00df sie sich in bezug auf Inkonstanz der Eigenfrequenz qualitativ so verhalten wie zwischen feste Enden gespannte Saiten.\nEin Vergleich der Resonatoren mit Stimmgabeln w\u00e4re ebensowenig m\u00f6glich wie der mit Pendeln ; denn genau wie beim Pendel nimmt auch bei Stimmgabeln die Schwingungsdauer durch die","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n77\nAmplitudenvergr\u00f6\u00dferung ab (und nicht zu, wie es bei den schwingenden Saiten der Fall ist). (\u00dcber Stimmgabeln und schwingende Metallfedern vergleiche Hartmann-Kempe (32).)\nEine weitere Frage ist jetzt: welche Ursachen hat die Ver\u00e4nderung der Schwingungsdauer einer Saite und in welcher Weise gestaltet sie sich?\n3. Mathematische Behandlung\nBei der mathematischen Behandlung der schwingenden Saite nimmt man die physikalisch einfachsten Bedingungen an. Vor allem setzt man stets sehr kleine Amplituden voraus. Solche Vereinfachung ist aber nicht mehr erlaubt, wenn die sekund\u00e4ren Klangerscheinungen mathematisch gefa\u00dft werden sollen. Will man gr\u00f6\u00dferere Ann\u00e4herung an die tats\u00e4chlich vorhandenen Verh\u00e4ltnisse erlangen, so st\u00f6\u00dft man aber auf mathematische Schwierigkeit. So hat man das Problem der periodischen Schwingungen bei gr\u00f6\u00dferer Amplitude zun\u00e4chst an den Schwingungen eines Massenpunktes mathematisch zu l\u00f6sen versucht.\nDie Schwingungsgleichung f\u00fcr unged\u00e4mpfte freie Schwingungen eines Massenpunktes\n1)\tx -f- \u00ab x \u2014 0\ngilt nur f\u00fcr hinreichend kleine Amplituden. Da es sich bei unseren Versuchen um T\u00f6ne von betr\u00e4chtlichen Lautst\u00e4rken handelt, m\u00fcssen wir jedoch die bei Gleichung 1) vernachl\u00e4ssigten Glieder h\u00f6herer Potenzen von x ber\u00fccksichtigen, und haben die Bewegungsgleichung anzusetzen in der Form\n2)\tx -f- ax \u2014 \u00dfx2 \u2014 /x3 = 0\nDiese Gleichung l\u00e4\u00dft sich mittels elliptischer Funktionen integrieren, aber ihre L\u00f6sung ist nicht in f\u00fcr die Zahlenrechnung geeignete Form allgemein explizit 'durch a, \u00df, y und die Anfangsbedingungen darzustellen. Deshalb begn\u00fcgt man sich mit dem angen\u00e4herten Integral der beiden Gleichungen\n3a)\tx -f ax \u2014 \u00dfx2 = 0\n3b)\tx -f- ax \u2014 yx8 = 0\nGleichung 3a) stellt den mathematisch unsymmetrischen Fall dar, bei dem also die r\u00fccktreibende Kraft bei gleichem absoluten","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nGeorg Zurm\u00fchl\nBetrag der Elongation f\u00fcr Elongationen nach der + Richtung und der \u2014x-Richtung verschieden gro\u00df ist. Die Unsymmetrie kann n\u00f6tigenfalls durch Zeichenwechsel des quadratischen Gliedes beim Durchgang des Massenpunktes durch seine Ruhelage beseitigt werden. Gleichung 3b) bezeichnet man als den symmetrischen Fall.\nUnsymmetrischer Fall. Die angen\u00e4herte L\u00f6sung der Gleichung 3a) von G. Dueeing (34) lautet vereinfacht\n4a) x = h\nr\nDabei ist:\ni a\tv , 3a\n~8b\u2019\tb~ 2\u00df\nund v ist eine Gr\u00f6\u00dfe, die von den Anfangsbedingungen abh\u00e4ngt.\nBei Vernachl\u00e4ssigung des quadratischen Gliedes betr\u00e4gt die Eigenfrequenz des schwingenden Massenpunktes wie bekannt\nA = ifa. In Gleichung 4 a) ist die Frequenz l = ]/cT(l\u201460h2). Die Klammer (1 \u2014 60 h2) ist als Korrektionsfaktor f\u00fcr die Frequenz bei endlicher Amplitude gegen\u00fcber der Frequenz f\u00fcr sehr kleine Amplitude anzusehen. Der Korrektionsfaktor ist stets kleiner als 1, weil h in zweiter Potenz vorkommt.\n12\n6h + sin j]/a (1 \u2014 60h2) tj\nMit anderen Worten: Die Ber\u00fccksichtigung des quadratischen Gliedes ergibt stets eine Verkleinerung, nie eine Vergr\u00f6\u00dferung der Eigenfrequenz des schwingenden Massenpunktes.\nSymmetrischer Fall. Gleichung 3b) ergibt vereinfacht 4 b) x = 4 j/y ]/a (1 -f- h) sin |fcT(1 \u2014 12h) t\nwobei\nh =\na-\n.2 ?\na\nv\ny\u00ab\nfi\n16c\u2018\u201c\t|/a '\tf y\ndemnach ist nach Gleichung 3b) die durch Ber\u00fccksichtigung des kubischen Gliedes ver\u00e4nderte Eigenfrequenz\ny\u00ab\nl \u2014\n3 y V\u2018 8~cU\nHierbei ist v wieder eine von den Anfangsbedingungen abh\u00e4ngige Gr\u00f6\u00dfe. Der Korrektionsfaktor (die Klammer) ist gr\u00f6\u00dfer oder kleiner als 1, je nachdem y kleiner als 0 oder gr\u00f6\u00dfer als 0 ist.\nMit anderen Worten: Die Ber\u00fccksichtigung des kubischen Gliedes (\u2014yx3) ergibt eine Vergr\u00f6\u00dferung der Eigenfrequenz,","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n79\nwenn y < 0, sie ergibt eine Verkleinerung der Eigenfrequenz wenn y > 0 ist, wie \u00fcbrigens von vornherein plausibel ist, da im ersten Fall die r\u00fccktreibende Kraft f\u00fcr gleiche Werte von x gr\u00f6\u00dfer im zweiten kleiner ist als in dem einfachen Fall, wo y \u2014 0 ist.\nBei Ber\u00fccksichtigung der D\u00e4mpfung erhalten wir gegen\u00fcber den Schwingungen ohne D\u00e4mpfung ein Korrektionsglied, dessen Einflu\u00df auf die Gr\u00f6\u00dfe des Ausschlages f\u00fcr uns unwesentlich ist.\nIm Ohrinnern haben wir es nicht mit einem schwingenden Massenpunkte zu tun, sondern mit einem ausgedehnten schwingenden System, welches in ihrer Wirkung mit einer schwingenden Saite zu vergleichen ist. Helmholtz (35) behandelt das Problem der einseitig gespannten Membran (Basilarmembran) rechnerisch und kommt zu dem Resultat: \u201eDie Bewegung der Membran ist also dieselbe als wenn sie aus einer Reihe nebeneinanderliegender Saiten best\u00fcnde.\u201c E. Budde (36) f\u00fchrt die Rechnung unter vereinfachten Bedingungen durch.\nDa bei schwingenden Saiten erfahrungsgem\u00e4\u00df durch die Amplitudensteigerung eine Tonerh\u00f6hung eintritt, mu\u00df, wie wir aus der Diskussion der L\u00f6sungen sehen, in den oben behandelten Schwingungsgleichungen das quadratische Glied zur\u00fccktreten gegen das kubische Glied, wenigstens sofern nicht beim quadratischen Glied noch Zeichenwechsel angenommen wird, und der Koeffizient des kubischen Gliedes mu\u00df f\u00fcr Saitenschwingungen negatives Vorzeichen haben. Dasselbe mu\u00df also auch f\u00fcr die \u201eSaiten\u201c der Basilarmembran angenommen werden. F\u00fcr die qualitative Auswertung gen\u00fcgt uns demnach die Bewegungsgleichung 3 b), wobei\n0. (Weitere Literatur \u00fcber das Problem der periodischen Schwingungen unter Ber\u00fccksichtigung endlicher Amplituden vgl. 36\u201439.)\nAnl\u00e4\u00dflich der Untersuchung von Tonh\u00f6he und D\u00e4mpfung schwingender Saiten in Fl\u00fcssigkeiten hat H. Martin (40) Resonanzkurven schwingender Saiten in Luft bei verschiedener Amplitude experimentell bestimmt und verglichen mit theoretischen Resultaten,\nwelche E. V. Appleton (41) aus der Ansatzgleichung gewann:\n\u2022 \u2022 \u2022\n5)\tx % x a x \u2014 y xs = ks'in tu t.\nDie experimentell und die theoretisch gefundenen Kurven stimmen gut \u00fcberein. Bei geringer Amplitude liegt das Maximum der Resonanzkurve etwa bei tu = ]/cq mit wachsender Amplitude verschiebt sich das Maximum des Ausschlages nach der Seite ]/a.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nGeorg Zurm\u00fchl\nF\u00fcr eine schwingende Saite berechnet Martin den Wert y der Gleichung 5) zu\nE TT4 3sl4\nDabei ist E = Elastizit\u00e4tsmodul, s = Dichte und 1 = L\u00e4nge der Saite, y ist also f\u00fcr Saiten tats\u00e4chlich negativ und wird f\u00fcr eine Stahlsaite berechnet zu y = \u2014 5,3-107 (im C-G-S-System).\nDie beschriebenen mathematischen Ergebnisse wurden aus den versuchsweisen Ans\u00e4tzen f\u00fcr schwingende Massenpunkte erhalten. Eine gegen\u00fcber dieser formalen Rechnung die physikalischen Verh\u00e4ltnisse und Ursachen der Frequenz\u00e4nderung von Saiten bei wachsender Amplitude mehr ber\u00fccksichtigende Berechnung ergibt sich nach Maetin etwa folgenderma\u00dfen.\nInfolge der Elongation vergr\u00f6\u00dfert sich die Spannung einer Saite. Mit zunehmender Spannung vermehrt sich ihre Schwingungszahl, und zwar verhalten sich die Schwingungszahlen wie die Wurzeln aus den zugeh\u00f6rigen Spannungen.\nN sei die Frequenz bei unendlich kleiner Amplitude,\nP ist die Spannung der ruhenden Saite,\nNa sei die Frequenz bei endlicher Amplitude a,\nPa ist die Spannung bei der Amplitude a.\nDann ist ^ =\twobei Na> N; Pa>P, und es ist in\nerster Ann\u00e4herung\nNa\nN\n1+ /a\ni/ AZ\np \u2019\ndabei bedeutet AP = Pa \u2014 P. Also ist, wenn AN \u2014 Na \u2014 N,\n6)\tAN _ i/ AP\nN /2 p\n2 \u2022 e\nqs\n, also ist\nDie Schwingungszahl einer Saite ist N =\n7)\tP = 4P qsN2\nEs ist hierbei q der Querschnitt der Saite.\nDer Elastizit\u00e4tsmodul ist E =\twobei Al die Saitenver\nAiq\nl\u00e4ngerung bedeutet, dann ist die Spannungs\u00e4nderung\n8)\nAP =\nEAlq","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw\n81\nDie Verl\u00e4ngerung A 1 der Saite ist eine Funktion des Ausschlages a. Nehmen wir die schwingende Saite bei ihrer Kr\u00fcmmung sinusf\u00f6rmig an, ihre L\u00e4nge sei 1,\nso ist y = a sin y x. Die Bogenl\u00e4nge ist\ns = Jyi + y\u20192dx = f J/-1 + -y-- cos2 ~ x dx 0 0\nDurch Anwendung der Binomialreihe und partielle Integration erh\u00e4lt man\ns\ni = Ai==\n7t \u2018\n4-1\na-\n3 TT4\n6DF\na4 +\na ist trotz endlicher Amplitude noch sehr klein, darum ist in erster Ann\u00e4herung\nGleichung 9) in\n7\u00a32 a2\n8) eingesetzt ergibt\n10)\nGleichung 7) und 10) Resultat\nA p___ Eqa27T2\nin Gleichung 6) eingesetzt liefern das\nAN __ En2 \"N 32s 14N2\nDieses Ergebnis besagt, da\u00df die relative Frequenz\u00e4nderung\nproportional dem Quadrat der Amplitude a2 ist.\nVoraussetzung ist bei dieser Proportionalit\u00e4t, da\u00df die \u00fcbrigen Gr\u00f6\u00dfen (E, s, N und 1) konstant sind. Es ist aber bekannt, da\u00df E, der Elastizit\u00e4tsmodul, mit der Spannung variiert (42).\nBer\u00fccksichtigt man die \u00c4nderung des Elastizit\u00e4tsmoduls, so erh\u00e4lt man durch Ausf\u00fchrung der Rechnung f\u00fcr Gleichung 11) einen Korrektionsfaktor, welcher nahezu gleich 1 ist ; es handelt sich ja nur um eine Korrektur an einer Korrektion, darum kann\ndie \u00c4nderung der Elastizit\u00e4t f\u00fcr die Rechnung unbedenklich au\u00dfer Acht bleiben.\nDer Erh\u00f6hung der Eigenfrequenz der Basilarfaser entspricht eine Verschiebung des Resonanzmaximums nach der Schneckenspitze zu, d. h. eine empfundene Vertiefung. Das gefundene Resultat der Gleichung 11), da\u00df die H\u00f6hen\u00e4nderung mit der Zeitschr f. Sinnesphysiol. 61\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nGeorg Zurm\u00fchl\nAmplitude zunimmt, stimmt also in seiner Qualit\u00e4t \u00fcberein mit den Ergebnissen unserer Versuche, welche in Abb. 5 (S. 61) dargestellt sind.\nLassen wir in Gleichung 11) die Ausgangsfrequenz N variieren, nehmen aber daf\u00fcr die Schwingungsamplitude a als konstant an,\nAN\nso erhalten wir die relative Frequenz\u00e4nderung als Funktion der Ausgangsfrequenz N in der Form\nAN / E?r2a2 \\ 1\n12)\nN\n(-\n32 si4 N2\nDas hei\u00dft, die relative Frequenz\u00e4nderung ist umgekehrt proportional dem Quadrat der Ausgangsfrequenz \u2014 aber nur unter der Voraussetzung, da\u00df E, a, s und 1 konstant sind.\nDiese Voraussetzung trifft jedoch nicht zu, wollten wir obige\nBeziehung auf die Verh\u00e4ltnisse (Basilarmembran) im Ohre an-\n\u00ab \u2022\nwenden. Bei einer \u00c4nderung der Frequenz N wird nicht stets\ndieselbe Basilarfaser zur Empfindungsaufnahme beansprucht,\nsondern f\u00fcr jedes N kommt eine andere Faser zur Klangaufnahme\nin Frage. Mit dem Wechsel der Fasern \u00e4ndern sich die Gr\u00f6\u00dfen\n\u2022 \u2022\nE, a, s und 1. Eine wesentliche \u00c4nderung von E und s (des Elastizit\u00e4tsmoduls und der Dichte der Fasern) wird zwar allem Anschein nach kaum in Frage kommen, aber die L\u00e4nge 1 der Fasern w\u00e4chst von der N\u00e4he des ovalen Fensters an bis zur\nSchneckenspitze hin auf das 8 fache. Die \u00c4nderung von l4 ist\n\u2022 \u2022\ndementsprechend erheblich gr\u00f6\u00dfer. Uber die Amplitude a der verschiedenen Fasern und \u00fcber die relative Amplitudenverschiedenheit der verschiedenen Fasern bei je derselben subjektiven Lautst\u00e4rke von T\u00f6nen verschiedener H\u00f6he ist bisher nichts bekannt. Die Gleichung 12) ist also f\u00fcr unsere Zwecke nicht ohne weiteres brauchbar trotz der auff\u00e4lligen Analogie dieser Funktion zu den Ergebnissen unserer Versuche wie sie Abb. 6 (S. 62) darstellt. In beiden F\u00e4llen \u2014 sowohl bei den Versuchsergebnissen (Abb. 6) als auch bei dem rechnerischen Ergebnis (Gleichung 12) \u2014 erhielten wir die umgekehrte Proportionalit\u00e4t: Je kleiner die Schwingungszahl N ist, um so gr\u00f6\u00dfer ist bei gleichbleibender\nAN\nSt\u00e4rkedifferenz die relative Frequenz\u00e4nderung =V_. Zur Diskussion der Gleichung 12) \u2014 bezogen auf die Verh\u00e4ltnisse an der Basilarmembran \u2014 k\u00f6nnen wir demnach nur sagen, da\u00df sich die","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw\n83\n\u00a3L ^\nGr\u00f6\u00dfe -p- bei variablem N h\u00f6chstens in dem Ma\u00dfe \u00e4ndern darf,\nda\u00df noch eine umgekehrte Proportionalit\u00e4t in dem obengenannten\nSinne bestehen bleibt. Weitere Aussagen k\u00f6nnen vorerst nicht gemacht werden.\nZusammenfassung\nVon J. R. Ewald wird unter mannigfachen Einw\u00e4nden gegen die HELMHOLTZsche Resonanztheorie des H\u00f6rens die Abh\u00e4ngigkeit\nder Tonh\u00f6henempfmdung von der Lautst\u00e4rke . als besonders schlagend hingestellt.\nIn vorliegender Arbeit werden \u00fcber die bisher als nicht eindeutig befundene Erscheinung der empfundenen Tonh\u00f6hen\u00e4nde-rung systematische Untersuchungen mit T\u00f6nen von 120 bis 4000 Hertz und verschiedene Lautst\u00e4rken an 29 Vpn. durchgef\u00fchrt.\nZur Tonerzeugung dienen elektrische Schwingungskreise, welche in Verbindung mit einem Ger\u00e4uschmesser nach Baek-hausen, mit einem R\u00f6hrenvoltmeter und mit Interferenzr\u00f6hren nach Ge\u00fctznee und Saubeeschwaez genaue Kontrolle und Regulierung der Tonh\u00f6he, Lautst\u00e4rke und Klangzusammensetzung der benutzten T\u00f6ne bzw. Kl\u00e4nge gestatten.\nEs wird besonderes Gewicht darauf gelegt, den physiologisch bedingten Anteil der Erscheinung von den durch Inkonstanz der Ponquelle physikalisch und von den durch Vorhandensein von Obert\u00f6nen psychologisch verursachten Wirkungen zu trennen, und zahlenm\u00e4\u00dfig die Art und St\u00e4rke der Erscheinung bei Verwendung verschiedener Lautst\u00e4rken und Tonh\u00f6hen zu ermitteln.\nHie Versuche mit reinen T\u00f6nen ergeben, da\u00df bei sehr geringer Lautst\u00e4rke durch Amplitudenvergr\u00f6\u00dferung in vielen F\u00e4llen Erh\u00f6hung und in einigen F\u00e4llen Erniedrigung oder gar keine \u00c4nderung der empfundenen Schwingungszahl eintritt. Hie Erh\u00f6hung betr\u00e4gt im H\u00f6chstfall 1/16 Ton und ist als psychologisch verursacht anzusehen.\nBei mittleren und lauten T\u00f6nen wird durch Amplitudenzunahme stets eine Vertiefung bewirkt. Hie Vertiefung nimmt\nmit der Lautst\u00e4rke zu. Sie besitzt je nach Umst\u00e4nden eine Gr\u00f6\u00dfe bis zu x/2 Ton.\nHas Ph\u00e4nomen der Vertiefung nimmt zwischen 200 und 3000 Hertz mit Zunahme der objektiven Schwingungszahl ab.\nAn verschiedenen Vpn. kann die empfundene Tonvertiefung bis um 100 % verschieden ausfallen.\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nGeorg Zurm\u00fchl\nVorhandene Obert\u00f6ne verursachen bei sehr leisen T\u00f6nen gr\u00f6\u00dftenteils eine Zunahme der empfundenen Erh\u00f6hung bzw. Abnahme der empfundenen Vertiefung, bei mittleren Lautst\u00e4rken eine Vermehrung und bei sehr lauten T\u00f6nen eine Verminderung der Tonvertiefung.\nDie Ergebnisse fr\u00fcherer Versuche scheinen sich obigen Versuchsergebnissen ungezwungen einzureihen.\nDie erw\u00e4hnte Tonvertiefung entsteht im linken und im rechten Ohre getrennt.\nDie Schwingungszahl der Kombinationst\u00f6ne besteht aus Kombination der objektiv vorhandenen und nicht der subjektiv empfundenen Schwingungszahlen der Prim\u00e4rt\u00f6ne.\nFerner wird bei lauten T\u00f6nen neben dem vertieft empfundenen prim\u00e4ren Ton ein zweiter noch etwas tieferer der Empfindung nach den Kombinationst\u00f6nen \u00e4hnlicher Ton (\u201eSekund\u00e4rton\u201c) geh\u00f6rt, der sich bis um 4,5 \u00b0/o Schwingungen (etwa 3/8 Ton) vom ersteren unterscheidet. Der Unterschied nimmt mit der Lautst\u00e4rke zu.\nIm Zusammenhang mit der Lautst\u00e4rkemessung zeigen Orientierungsversuche die M\u00f6glichkeit einer \u2014 in Analogie zu den von A. Gibsone durchgef\u00fchrten Untersuchungen \u00fcber heterochromatische Photometrie stehenden \u2014 vergleichenden St\u00e4rkemessung von T\u00f6nen verschiedener H\u00f6hen (\u201eheterotone Phono-metrie\u201c).\nDas Ph\u00e4nomen der Tonvertiefung mu\u00df man, wenn nicht ganz auf eine H\u00f6rtheorie der peripheren Organe verzichtet werden soll, als physiologisch im Ohrinneren verursacht ansehen, wie auch Ewald es tut. Es kann als eine Folge der Ver\u00e4nderung der Eigenfrequenz der Resonatoren im Ohre durch Intensit\u00e4ts\u00e4nderung der Erregung gedeutet werden.\nAllerdings verhalten sich die Ohrresonatoren nicht in der Weise, da\u00df ihre Eigenfrequenz mit zunehmender Amplitude abnimmt, wie das z. B. beim Pendel und bei Stimmgabeln der Fall ist, sondern die Wirkung der Amplituden\u00e4nderung erscheint als eine nat\u00fcrliche Folge der HELMHOLTZschen Resonanztheorie, welche die Ohrresonatoren mit zwischen festen Enden schwingenden Saiten vergleicht ; denn die Eigenfrequenz von Saiten nimmt mit I der Amplitude zu. Wegen der Erh\u00f6hung der Eigenfrequenz der Basilarfasern (Saiten) bei. Zunahme der Erregung mu\u00df f\u00fcr den richtigen Resonator \u2014 entgegen der Annahme von Ewald \u2014","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke usw.\n85\nein tiefer gestimmter eintreten. F\u00fcr die Empfindung tritt also durch Lautst\u00e4rkesteigerung die durch vorliegende Versuche best\u00e4tigte Tonvertiefung auf.\nBerechnungen \u00fcber Tonh\u00f6hen schwingender Saiten nach H. Martin, bezogen auf die Verh\u00e4ltnisse im Ohr, stimmen qualitativ mit den Ergebnissen obiger Untersuchungen \u2014 soweit ein Vergleich der Versuchsergebnisse mit den theoretischen Resultaten erlaubt ist \u2014 \u00fcberein.\nDie Versuche wurden im physikalischen Institut der Universit\u00e4t\nzu Marburg, dessen Direktor, Professor Dr. E. Gr\u00fcneisen, ich f\u00fcr\n\u2022 \u2022\n\u00dcberlassung von Institutsmitteln und sein Interesse zu Dank verpflichtet bin, auf Anregung von Prof. Dr. F. A. Schulze vom Verfasser durchgef\u00fchrt. An dieser Stelle sei es mir gestattet, meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. F. A. Schulze f\u00fcr seine Anregungen und sein stets reges Interesse f\u00fcr die Arbeit meinen herzlichen Dank auszusprechen. Gleichfalls sage ich Herrn Dr. Ed. Justi f\u00fcr die wirksame Unterst\u00fctzung beim Bau der Apparatur und ebenso allen Damen und Herren, die sich den Versuchen freundlicherweise zur Verf\u00fcgung stellten, meinen aufrichtigen Dank.\nLiteraturverzeichnis\n(1)\tWilh. Weber, Logg. Ann. 14 (1828), S. 397.\n(2)\tS. Eingeb, Pogg. Ann. 118 (1863), S. 636.\n(3)\tSticker, Pogg. Ann. 121 (1864), S. 335.\n(4)\tE. Mach, Sitzgber. Akad. Wiss. Wien, Math.-naturwiss. Kl. 50. 2. Abtlg.,\nS. 342.\n(5)\t\u2014, Pogg. Ann. 126 (1865), S. 331.\n(6)\tAberle, Diss. T\u00fcbingen 1868.\n(7)\tHessler, Arch. f. Ohrenheilk. 18 (1882), S. 227.\n(8)\tUrbantschitsch, Pfl\u00fcgers Arch. 81 (1883), S. 280.\n(9)\tC. Stumpe, Tonpsychologie, Bd. I (1883), S. 236 u. 253.\n(10)\tC. V. Burton, Philosophie. Mag. 39 (5) (1895), S. 447.\n(11)\tA. Broca, C. r. Sei. 124 (1897), S. 1512.\n(12)\t\u2014, C. r. Biol. 10 (4) (1897), S. 652.\n(13)\tP. Bonnier, C. r. Biol. 10 (4) (1897), S. 678.\n(14)\tJ. E. Ewald, Pfl\u00fcgers Arch. 76 (1899), S. 147.\n(15)\t\u2014 und G. A. J\u00e4derholm, Pfl\u00fcgers Arch. 124 (1908), S. 29.\n(16)\tH. Held und F. Kleinknecht, Pfl\u00fcgers Arch. 216 (1927), S. 1. Bericht\nder math.-phys. Kl. der s\u00e4chsischen Akademie der Wissenschaften 77. Sitzung vom 2. 11. 1925.\n(17)\tE. Gr\u00fcneisen und E. Merkel, Z. S. f. Physik 2 (1920), S. 277.\n(18)\tWeller, Jahrb. Drahtl. Tel. 14 (1919), S. 599.\n(19)\tH. Barkhausen, Z. S. f. Techn. Phys. 1926, S. 599.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nGeorg Zurm\u00fchl, Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung usw.\n(20)\tH. Fassbender und K. Kr\u00fcger, Z. S. f. Techn. Phys. 1927, S. 277.\n(21)\tCarl Stumpf, Sprachlaute, Berlin 1926.\n(22)\tH. Barkhausen und\tG.\tLewicki, Physik.\tZ. S. 25 (1924), S. 534.\n(23)\t\u2014 und Tischner, Z.\tS.\tf. techn. Phys. 8\t(1927), S. 215.\n(24)\tH. Fletcher und J.\tC.\tSteinberg, Phys.\tRev. 24 (1924), S.\t306.\n(25)\tE. Schr\u00f6dinger, Ann. d. Phys. 63 (1920),\tS. 397, 427, 481.\tCl. Schaefer,\nPhys. Z. 26 (1925), S. 58.\n(26)\t\u00c0. Gibsone, Diss. Marburg 1925, Untersuchung \u00fcber die Grundlagen\nder heterochromatischen Photometrie und der Ostwaldschen Farbenlehre. Auch: Cl. Schaefer, Lit.-Nr. 25.\n(27)\tH. Fletcher, J. Frankl. Inst. (1923), S. 289.\n(28)\tKingsbury, Phys. Rev. 29 (1927), S. 588.\n(29)\tMackenzie, Phys. Rev. 20 (1922), S. 331.\n(30)\tF. A. Schulze, Ann. d. Phys. 31 (1910), S. 1.\n(31)\tV. O. Knudsen, Phys. Rev. 21 (1923), S. 84.\n(32)\tHartmann-Kempf, Diss. W\u00fcrzburg 1902.\n(33)\tE. Budde, Phys. Z. 18 (1917), S. 225 und 259.\n(34)\tG. Duffing, Sammlung Vieweg, Tagesfragen aus den Gebieten der Natur-\nwissenschaft und der Technik, Heft 41/42, 1918, \u201eErzwungene Schwingungen\u201c.\n(35)\tHelmholtz, Lehre von den Tonempfindungen, Beilage XI.\n(36)\tE. Budde, Handbuch der Biologischen Arbeitsmethoden, Abt. V, Teil 7,\nHeft 1 Mathematische Theorie der Geh\u00f6rsempfindung (1920).\n(37)\tF. A. Schulze, Ann. d. Phys. 9 (1902), S. 1111.\n(38)\tJ. Horn, S. f. Math. u. Phys. 47 (1902), S.\t400;\t49\t(1903),\tS. 246;\n48 (1903), S. 400 ; 52 (1905), S. 1.\n(39)\tB. H. Weber und B. Gans, Bep. der Physik, Bd. I S 203 bis 205.\nTeubner 1915.\n(40)\tH. Martin, Ann. d. Phys. 47 (1925), S. 627.\n(41)\tE. V. Appleton, Philosophie. Mag. 47 (1924), S. 609.\n(42)\tJ. O. Thompson, Wied. Ann. 44 (1891), S. 555.\t\u2014\tC.\tBach,\tMitt.\t\u00fcb.\nForschungsarb. a. d. Geb. d. IngenieurW. Heft 9 (1903), S. 70. \u2014 F. Gr\u00fcneisen, Verhandlungen der deutschen physikalischen Gesellschaft 4 (1906), S. 469. \u2014 F. A. Schulze, Ann. d. Phys. 31 (1910), S. 1.\n(43)\tE. B. Jaensch, Untersuchungen \u00fcber Grundfragen der Akustik und\nTonpsychologie. Leipzig, J. A. Barth. 1929.\n(44)\tG. v. B\u00e9k\u00e9sy, Physikal. ZS. 29 (1928), S. 793; 30 (1929), S. 118 u. 721.\n(45)\tE. B. Neumann, Vorlesungen zur Einf\u00fchrung in die Belativit\u00e4tstheorie.\nJena, G. Fischer. 1922.\n(46)\tE. B. Jaensch, Eidetik. Leipzig, Quelle und Meyer. 1927.\n(47)\tH. Koch, Die Ewaldsche H\u00f6rtheorie. Z. Sinnesphysiol. 59 (1928), S. 15.","page":86}],"identifier":"lit35988","issued":"1930-31","language":"de","pages":"40-86","startpages":"40","title":"Abh\u00e4ngigkeit der Tonh\u00f6henempfindung von der Lautst\u00e4rke und ihre Beziehung zur Helmholtzschen Resonanztheorie des H\u00f6rens","type":"Journal Article","volume":"61"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:54:44.659261+00:00"}