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Egozentrische Lokalisation. I. Mitteilung: Optische egozentrische Richtungslokalisation

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{"created":"2022-01-31T16:43:11.747654+00:00","id":"lit35989","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Fischer, M. H.","role":"author"},{"name":"A. E. Kornm\u00fcller","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 61: 87-147","fulltext":[{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"87\n(Aus dem physiologischen Institut der deutschen Universit\u00e4t in Prag und dem physiologischen Laboratorium der landwirtschaftlichen Abteilung der Prager Deutschen Technischen Hochschule in Tetschen-Liebwerd.)\nEgozentrische Lokalisation\nI. Mitteilung\nOptische egozentrische Richtungslokalisation\nVon\nM. H. Fischer und A. E. Kornm\u00fcller Mit 25 Abbildungen im Text\nI. Einleitung\nAlle unsere r\u00e4umlichen Wahrnehmungen werden auf das eigene Ich bezogen oder, wie J. y. Kries sagt: \u201ebei all\u2019 unserem r\u00e4umlichen Wahrnehmen ist die Vorstehung unseres eigenen K\u00f6rpers mitbeteiligt.\u201c Darin hegt das Wesen dessen, was man als \u201eegozentrische Lokalisation\u201c bezeichnet. Auch jene Lokalisation, welche die Anordnung der Sehdinge untereinander (relativ zum Kernpunkte nach E. Hering) bedeutet, die \u201erelative Lokalisation\u201c, hat eine egozentrische Wurzel.\nDer relativen Lokalisation hatte E. Hering die \u201eabsolute Lokalisation\u201c gegen\u00fcbergestellt. Erst G. E. M\u00fcller 1 hat davon die egozentrische Lokalisation abgegrenzt und im heutigen Sinne sch\u00e4rfer formuliert. Die absolute Lokalisation bleibt f\u00fcr die Wahrnehmung absoluter Lageverh\u00e4ltnisse Vorbehalten. Diese zweckm\u00e4\u00dfige Scheidung der Begriffe wird heute im allgemeinen an-\n1 G. E. M\u00fcllek, Z. Psychol. Erg.-Bd. 9, 1917.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 61\t7","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nerkannt (F. B. Hofmann 4, J. v. Keies 1 2, A. Tscheemak 3 4). Nur Hillebeand 4 weicht in gewissem Sinne ab.\nAns der egozentrischen Lokalisation kann man eine Rich-tungslokalisation (spez. F. B. Hoemann) und eine Abstands -lokalisation herausheben. Die Richtungslokalisation erscheint durch die subjektiven Richtungen von der Vorstellung unseres K\u00f6rpers bestimmt; mit ihr wird sich die vorliegende Studie in erster Linie besch\u00e4ftigen. Abstandslokalisation bedeutet dagegen die Wahrnehmung der Entfernung relativ zum eigenen Ich. Sie geh\u00f6rt bekanntlich zu den umstrittensten Problemen.\nEs darf aber nicht \u00fcbersehen wTerden, da\u00df eine ganz scharfe Abgrenzung des Begriffes \u201eegozentrische Lokalisation\u201c nicht m\u00f6glich ist. Wir werden an anderer Stelle versuchen, jene Verwicklungen, die sich daraus ergeben, aufzukl\u00e4ren.\nEs m\u00f6chte zun\u00e4chst scheinen, da\u00df Studien \u00fcber die egozentrische Lokalisation eine gewisse Klarheit \u00fcber das Zustandekommen der Vorstellung von unserem K\u00f6rper als Voraussetzung verlangen. Eine genaue Einsicht in diese Frage w\u00fcrde sich tats\u00e4chlich auch als besonders vorteilhaft erweisen und ist mehrfach versucht worden. Da diese Frage aber experimentell nicht l\u00f6sbar ist, so w\u00fcrde ein Eingehen auf solche Probleme eine Besch\u00e4ftigung mit hei\u00df umstrittenen und derzeit recht zugespitzten, eventuell auch erkenntnistheoretischen Er\u00f6rterungen bedeuten. Das kann aber hier unsere Aufgabe nicht sein, ist im \u00fcbrigen auch f\u00fcr unsere experimentellen Fragestellungen nicht unbedingt n\u00f6tig. Es gen\u00fcgt die unbestreitbare Tatsache, da\u00df erwachsene gesunde Menschen eine Vorstellung vom eigenen K\u00f6rper unter allen Umst\u00e4nden besitzen. Da\u00df dieser Vorstellung unter gewissen Verh\u00e4ltnissen eine recht gro\u00dfe Unbestimmtheit anhaftet, ist allerdings ebensowenig zu bestreiten; doch handelt es sich hier um Eigen-\n1\tF. B. Hofmann, Raumsinn des Auges. Berlin : J. Springer 1920 und 1925.\n2\tJ. y. Keies, Allgemeine Sinnesphysiologie. Leipzig: F. C. W. Vogel 1923.\n8 A. TscuERMAk, Optischer Raumsinn und Augenbewegungen. Handb.\nnorm. u. pathol. Physiol. 12, H. 2, 834 und 1001, 1930.\n4 F. Hillebrand, Lehre von den Gesichtsempfindungen. Herausgegeben von Franziska Hillebrand. Wien: J. Springer 1929.\nHillebrand will die egozentrische Lokalisation als relative Lokalisation bezeichnet wissen. Es ist freilich richtig, da\u00df egozentrische Lokalisation eine Lokalisation relativ zum eigenen Ich bedeutet ; doch kann Hillebrands Vorschlag nicht als zweckm\u00e4\u00dfig angesehen werden, weil wir ja unter relativer Lokalisation allgemein etwas anderes verstehen.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n89\nt\u00fcmliehkeiten, die wohl allen Vorstellungen in einem gewissen Ausma\u00dfe zukommen.\nWenn wir hier mit der Niederschrift jahrelanger und noch weiterlaufender Studien \u00fcber allgemeinere Probleme der Raumwahrnehmung beginnen, so stehen wir vor keiner einfachen Aufgabe. Sie wird, abgesehen von der allgemein anerkannten Schwierigkeit dieses reizvollen Arbeitsgebietes, noch besonders dadurch kompliziert, da\u00df gerade in den letzten Jahren von namhaften Autoren (1. c.) diesbez\u00fcgliche Monographien gr\u00f6\u00dferen Stiles herausgegeben worden sind. Ein Vergleich dieser Darstellungen zeigt, wie verschieden manchmal die Auffassungen, und zwTar oft gerade in grundlegenden Fragen sind, wenn es auch \u2014 unserer Meinung nach \u2014, von den Tatsachen ausgehend, nicht immer zu so scharfen Gegens\u00e4tzen h\u00e4tte kommen m\u00fcssen. Diese sind allerdings zu einem Teile durch die geschichtliche Entwicklung des \u201eRaumsinnes\u201c bedingt. Eben deshalb m\u00f6chten wir uns aber bem\u00fchen, einen freilich gerade hier nicht immer beschrittenen Weg zu gehen; wir m\u00f6chten zun\u00e4chst voraussetzungslos die Tatsachen betrachten und daran erst die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit bestehender Auffassungen pr\u00fcfen. Es wird sich zeigen, ob dieser Weg zweckm\u00e4\u00dfig war oder nicht.\nDie vorliegende Mitteilung besch\u00e4ftigt sich zun\u00e4chst mit einzelnen Fragen der optischen egozentrischen Richtungslokalisation.\nln der Vorstellung von unserem K\u00f6rper spielen gewisse subjektive Richtungen eine besondere Rolle, die Richtungen: rechts-links, vorne-r\u00fcckw\u00e4rts, kopfw\u00e4rts-fu\u00dfw\u00e4rts. Alle jene Sinneseindr\u00fccke, welche weder rechts noch links erscheinen, werden nun in der sog. \u201escheinbaren Medianen\u201c1 (geradevorne2 oder geradehinten) lokalisiert. Die Vorstellung von der scheinbaren Medianen nimmt unseres Erachtens in der Vorstellung vom K\u00f6rper einen ganz besonders ausgezeichneten Platz ein; ihr ist speziell dann, wenn Kopf und Stamm sich in der nat\u00fcrlichen Relation befinden, eine gro\u00dfe Bestimmtheit eigen. Aus mancherlei Gr\u00fcnden besch\u00e4ftigt sich deshalb diese Arbeit in Anlehnung an vorausgegangene Autoren vor allem mit der sM.\n1\tWir bezeichnen von nun ab die \u201escheinbare Mediane\u201c immer mit \u201esM\u201c und \u201escheinbar median\u201c mit \u201esm\u201c.\n2\tDer Begriff \u201eGeradevorne\u201c ist allerdings, wie sich zeigen wird, nicht so einheitlich wie sM und kann darum unter Umst\u00e4nden zu Mi\u00dfverst\u00e4ndnissen Anla\u00df geben.\n7*","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nII. Untersuchungsmethodik\nEinen schematischen \u00dcberblick \u00fcber unsere Versuchsanordnung, die nicht nur zu messenden Untersuchungen \u00fcber die optische, sondern auch \u00fcber die hapto-kin\u00e4sthetische egozentrische Lokalisation verwendet werden kann, gibt Abb. 1.\nAbb. 1. Anordnung zur Untersuchung der optischen und haptokin\u00e4sthetischen egozentrischen Lokalisation. Beschreibung im Text\nAuf einem massiven Tische sind l\u00e4ngsparallel zwei Gleitschienen A und B fix (Befestigung mit Klammern) hintereinander aufgestellt. Jede dieser Schienen tr\u00e4gt einen leicht verschieblichen Reiter. Der Reiter der Schiene A, auf dem eine mattgeschw\u00e4rzte 2\u20143 mm dicke Stricknadel lotrecht aufmontiert ist, kann mittels der angedeuteten Schnurl\u00e4ufe von der Vp. mit den H\u00e4nden bewegt werden. Auf dem Reiter der Schiene B ist eine Hohlrinne befestigt ; in diese wird das Endglied des Zeigefingers einer Hand eingelegt und damit die Verschiebung bewerkstelligt. Um sich die Ablesung des jeweiligen Standes der beiden Reiter an Skalen ersparen zu k\u00f6nnen, wurde zur mechanischen Registrierung nach einem Vorschl\u00e4ge A. Tscheemaks folgende sinnreiche Vorrichtung angebracht: ein entsprechend langer Hebel jedes Reiters h\u00e4lt eine lotrechte H\u00fclse, in die eine Nadel mit Knopf eingepa\u00dft ist; durch Druck auf den Knopf der Nadel sticht man in das darunterliegende Millimeterpapier ein feines Loch. Beim Nachlassen des Druckes schnellt die Nadel infolge einer Federung von selbst nach oben zur\u00fcck.\nAn der Vorderkante des Tisches ist etwa vor der Mitte der beiden Gleitschienen ein Bei\u00dfbretthalter \u00fcblicher Art angeschraubt ; an demselben kann in gew\u00fcnschter H\u00f6he eine Metallamelle \u2014 \u00fcberzogen mit Stents composition, die zum Zwecke einer guten Kopffixation einen tiefen Gebi\u00dfabdruck tr\u00e4gt \u2014 befestigt werden. Die Vp. sieht die 75 cm entfernte Nadel (gemessen vom \u00e4u\u00dferen kn\u00f6chernen Augenwinkel) gegen einen vollkommen homogenen, wei\u00dfen Hintergrund. Die Schiene A und die ganze Verschiebeeinrichtung ist durch einen, mit homogenem wei\u00dfen Papier \u00fcberzogenen, Rahmen abgeblendet, so da\u00df die Vp. durch einen Ausschnitt nur einen Teil der lotrechten Nadel sieht; dies ist in Abb. 1 rechts oben angedeutet.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n91\nAu\u00dferdem ist noch am Bei\u00dfbretthalter eine Pappr\u00f6hrenblende angebracht, die evtl, st\u00f6rende Einfl\u00fcsse des \u00fcbrigen Gesichtsfeldes ansschaltet. Der vordere Ausschnitt dieser Scheuklappenblende ist in seiner Gr\u00f6\u00dfe variabel (verschiebbarer Deckel).\nUm Schattenwirkungen und die Variabilit\u00e4t des Tageslichtes umgehen zu k\u00f6nnen, werden s\u00e4mtliche Versuche bei k\u00fcnstlicher (elektrischer) Beleuchtung vorgenommen. Rechts, links und in der Mitte h\u00e4ngt je eine Gl\u00fch lampe, die alle gegen den Beobachter hin abgeblendet sind. Das ganze Feld und der Hintergrund erscheinen so durchwegs gleichm\u00e4\u00dfig beleuchtet.\nDie Eichung der Versuchseinrichtung geschieht folgenderma\u00dfen. Die Vp. sitzt mit fixiertem Kopfe vor der Apparatur. Der TscHERMAKSche Justierblock*) wird nun parallel zwischen die beiden frontoparallelen Schienen A und B wagrecht eingesetzt und zun\u00e4chst solange der H\u00f6he und Breite nach verschoben, bis die Vp. die eine fixe Radel des Justierblockes mit dem gleichseitigen Auge in punktueller Verk\u00fcrzung sieht. Dann wird die zweite bewegliche Radel des Justierblockes solange verschoben, bis sie dem anderen Auge punktuell verk\u00fcrzt erscheint. So gibt die ablesbare Distanz der beiden Radeln die Pupillendistanz an. Blickt nun die Vp. mit parallelen Blicklinien geradeaus, so sieht sie neben gekreuzten Doppelbildern in der Mitte ein punktuelles Sammelbild der beiden Radeln; die beiden Blicklinien liegen dabei in einer wagrechten Blickebene.\nRun wird \u00fcber den Justierblock genau in der Mitte der beiden Radeln ein Doppellot geh\u00e4ngt. In die durch das Doppellot bezeichnete Ebene wird die dahinter auf der Schiene A verschiebliche Radel ein visiert und diese Stellung der Radel mit der Registriereinrichtung auf dem Tische bezeichnet. Eine durch den Markierungspunkt zu den Blicklinien parallele Gerade auf der Tischplatte gibt die Schnittlinie der genannten Ebene mit der Tischfl\u00e4che. Die so bestimmte Ebene steht rektangul\u00e4r auf der Mitte der Basallinie der Augen und lotrecht auf der wagrechten Blickebene. Sie bildet das objektive Bezugssystem aller unserer Messungen, kann praktisch als objektive Kopfmediane angesehen werden und sei \u201eobjektive Prim\u00e4rmediane\u201c des Kopfes genannt.\nF\u00fcr die G\u00fcte des Einvisierens der Radel in genannte Ebene gibt es eine einfache Kontrolle. Die Vp. mu\u00df bei Fixation der Radel beide davorh\u00e4ngenden Lotf\u00e4den in Doppelbildern sehen, die zur Radel genau symmetrisch stehen. Dasselbe gilt f\u00fcr die Radel und den einen Lotfaden, wenn der andere fixiert wird.\nDa nun der Justierblock bei den Versuchen wieder entfernt werden mu\u00df und jede neue Eichung m\u00fchsam und zeitraubend ist, wird eine doppelte Kontrolle eingef\u00fchrt, mit der sich jederzeit leicht die Unversehrtheit der Versuchseinrichtung auf weisen l\u00e4\u00dft. Einmal wird am Bei\u00dfbretthalter ein Lot befestigt, das immer \u00fcber einen bestimmten Punkt einer darunter befindlichen Millimeterskala spielen mu\u00df. Das anderemal wird auf der Tischplatte zwischen den beiden Schienen an geeigneter Stelle mittels aufgeklebter Objekttr\u00e4ger ein K\u00e4stchen gebaut, in welches der Fu\u00df eines Statives hineinpa\u00dft. Das Stativ tr\u00e4gt eine lotrechte Radel, die so eingestellt\nb A. Tschermak, Pfl\u00fcgers Arch. 188, 21 (1921).","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nwird, da\u00df sie sich mit der Nadel des Reiters der Schiene A deckt, wenn die Reiternadel in der objektiven Prim\u00e4rmediane gehalten und vom rechten Auge fixiert wird. Das Stativ mit der Nadel wird dann f\u00fcr sp\u00e4tere Kontroll-proben wohlverwahrt.\nAuch f\u00fcr die haptokin\u00e4sthetische Lokalisation wird als Bezugssystem die objektive Prim\u00e4rmediane des Kopfes gew\u00e4hlt, da sich eine Mediane des Stammes objektiv anatomisch mit gen\u00fcgender Genauigkeit \u2022 nur schwer bestimmen l\u00e4\u00dft. W\u00e4re dies auch m\u00f6glich, so ist kaum eine Sitzvorrichtung mit relativ einfachen Mitteln so vollkommen herzustellen, da\u00df der Stamm immer in derselben Lage gehalten werden mu\u00df. Darum sind, was in Abb. 1 der Einfachheit halber nicht verzeichnet ist, auf dem Reiter der Schiene B zwei lotrechte Nadeln in einer Ebene rektangul\u00e4r zur L\u00e4ngsrichtung der Schiene befestigt. Bei der Eichung werden diese beiden Nadeln durch Visieren in die objektive Prim\u00e4rmediane des Kopfes eingestellt und der Stand des Reiters durch Lochung des Millimeterpapiers mit der Registriernadel bezeichnet. Auf diesen Nullpunkt werden alle Einstellungen bezogen.\nWir verwendeten bei unseren Untersuchungen ausnahmslos die sog. \u201eEinstellmethode\u201c. Die Einstellungen wurden von uns immer selbst vorgenommen, was zwar gewisse Nachteile mit sich bringt, andererseits aber auch mancherlei nicht zu verkennende Vorteile hat. Alle wesentlichen Fragen sind von uns beiden genau nachgepr\u00fcft worden. Auf die Heranziehung weiterer Vpn. wurde aus einzusehenden Gr\u00fcnden verzichtet.\nIII. Yersuchsergebnisse\nA. Die optische egozentrische Breitenlokalisation\n1. Unter m\u00f6glichst einfachen Verh\u00e4ltnissen\nDurch die Untersuchungen einer Reihe noch zu erw\u00e4hnender Autoren konnten verschiedene Bedingungen festgelegt werden, die einen Einflu\u00df auf die Lokalisation der scheinbaren Medianen (sM) aus\u00fcben. Vor allem erleidet die Lokalisation der sM starke Ver\u00e4nderungen, w^enn bei auch sonst aufrechter K\u00f6rperstellung der Kopf gegen den Stamm verdreht wird und umgekehrt. Unter diesen Umst\u00e4nden kann die Vorstellung von der sM geradezu sehr unbestimmt werden. Wenn auch neben dieser wichtigen latsache noch andere Faktoren erkannt wurden, so sind wir doch keineswegs \u00fcber alle M\u00f6glichkeiten ersch\u00f6pfend orientiert.\nEs galt darum bei den anf\u00e4nglichen Untersuchungen \u00fcber die zeitliche Variation zun\u00e4chst m\u00f6glichst einfache Verh\u00e4ltnisse zu schaffen und die Versuchsbedingungen, soweit es eben unsere Einsicht erlaubte, konstant zu halten. Dies geschah in folgender Weise. Kopf und K\u00f6rper wurden an den verschiedenen Tagen","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n93\nw\u00e4hrend des Versuches in m\u00f6glichst gleicher relativer Lage gehalten ; zu diesem Zwecke wurde darauf geachtet, den Sitz immer an der gleichen Stelle zu belassen. Am Sessel wraren auch Knielehnen angebracht. St\u00e4rkere Muskelanstrengungen wurden vor den Versuchen vermieden. Nach Einnahme des Sitzes und Fixation des Kopfes blieb die Vp. zun\u00e4chst mit geschlossenen Augen eine Zeitlang ruhig. Es wurde immer die scheinbare Kopfmediane eingestellt. Dies gilt f\u00fcr alle Untersuchungen, soweit nichts anderes vermerkt wird. Bei den Einstellungen waren freie Augenbewegungen erlaubt. Nach jeder Einstellung wurden die Augen geschlossen und die Nadel verschoben.\nUnter solchen Bedingungen erfolgten die Untersuchungen von K. 1J \u00fcber welche Tab. 1 mit der zugeh\u00f6rigen Abb. 2 berichten.\nTabelle 1\n\tGeradevorne\t\tsM\t\tGeradevorne\t\n\tL.\tA.\tB.\tA.\tR.\tA.\nTag\tM. W.\tSchw. Br. \u00b1\tM. W.\tSchw. Br. \u00b1\tM. W.\tSchw. Br. \u00b1\n1.\t\u201429,8\t4,5\t-2,8\t6,0\t+20,6\t8,0!\n2.\t\u201429,7\t4,5\t-0,2\t3,5\t+21,1\t6,5\n3.\t\u201426,0\t5,0\t-2,7\t3,5\t+ 18,2\t5,0\n4.\t\u201424,7\t4,0\t\u00b10,4\t6,0\t+27,0\t4,5\n5.\t\u201424,6\t6,5\t\u00b10,6\t6,0\t+ 26,6\t8,0!\n6.\t\u201427,0\t6,0\t-2,0\t4,5\t+27,6\t8,0!\n7.\t\u201429,2\t7,5!\t\u00b11,7\t6,5!\t+24,7\t5,5\n8.\t\u201430,2\t7,5!\t\u20140,6\t6,0\t+28,6\t6,5\n9.\t\u201426,4\t7,5!\t\u00b10,7\t6,5!\t+28,8\t7,5\n10.\t\u201423,7\t6,0\t\u00b13,1\t2,5\t+24,9\t5,5\nDurch- schnitt!\t\u201427,1\t\u00b13,8\t-0,2\t\u00b13,0\t+24,8\t\u00b15,3\nM. W.\t\t\t\t\t\t\nGerade- flucht\t\u201431,0\t\t0\t\t+31,0\t\nEs handelt sich um Serien von je 10 Einstellungen t\u00e4glich (der binokularen sM und des Geradevornes des rechten und linken\n1 K. ist emmetrop und zeigt keine motorische und sonstige Anomalien der Augen.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nAuges) durch 10 aufeinanderfolgende Tage; aus je 10 Einstellungen ist der arithmetische Mittelwert gerechnet.\ni \\ I\n- -U -\n+ 10\t+-20\t+J\\ +00 mm\nGeradeflucht\nGeradeflucht\nAbb. 2. Darstellung der t\u00e4glichen Schwankungen der binokularen sM und des Geradevorns (GV) des linken und rechten Auges in 10 aufeinanderfolgenden Tagen (gibt Aufschlu\u00df \u00fcber den Lokalisationsbereich). Auf den Abszissen sind die Abweichungen der sM von der objektiven Prim\u00e4rmedianen in mm, \u2014)\u2014 nach rechts, nach links, bezeichnet, ebenso die Abweichungen des Geradevorns der beiden Augen. Auf den Ordinaten sind die aufeinanderfolgenden Untersuchungstage angegeben\nMan erh\u00e4lt aus den mitgeteilten Ergebnissen einen \u00dcberblick \u00fcber die zeitliche Schwankung der sM oder, wie es Dietzel 1 und F. B. Hoemann1 2 nennen, den Lokalisationsbereich der sM. Dieser kann uns, wie es scheint, allein ma\u00dfgebend sein f\u00fcr die Beurteilung der Genauigkeit der sM-Lokalisation, nicht aber die Schwankungsbreite innerhalb mehrerer, zeitlich unmittelbar auf-\n1\tH. Dietzel, Z. Biol. 80, 289, 1924.\n2\tF. B. Hofmann, \u201eRaumsinn\u201c 1920 und 1925.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n95\neinanderfolgender Einstellungen. Man wird wohl F. B. Hofmann 1 2 bedingungslos darin beistimmen m\u00fcssen, da\u00df innerhalb einer Einstellungsserie immer nur die erste Einstellung ma\u00dfgebend ist ; die anschlie\u00dfenden richten sich immer nach dieser. Ihre Schwankungen sind also gewisserma\u00dfen nur ein Ausdruck der Genauigkeit des Raumged\u00e4chtnisses.\nDer Lokalisationsbereich betr\u00e4gt bei den Untersuchungen Ks f\u00fcr die binokulare sM etwa 1\u00b0 21' (Beobachtungsdistanz 75 cm), ist also relativ eng. Konstant gr\u00f6\u00dfer ist er f\u00fcr das monokulare Geradevorne des rechten Auges ca, 1\u00b0 45', des linken Auges ca. 1\u00b0 41'. Das h\u00e4ngt mit noch zu erw\u00e4hnenden Tatsachen zusammen. Bemerkenswert ist, da\u00df der Lokalisationsbereich auch in anderen Reihen mit gr\u00f6\u00dferem zeitlichen Intervall nicht weiter war, so da\u00df angenommen werden darf, da\u00df mit den mitgeteilten Zahlen unter den bestimmten Versuchsbedingungen ungef\u00e4hr die Extreme dargestellt werden. Dietzel hat bei mehreren Vpn. wesentlich gr\u00f6\u00dfere Werte bis zu 12\u00b0 16', einmal allerdings nur 72' gefunden; er h\u00e4lt aber einen Durchschnitt von ca. 3\u00b0 f\u00fcr wahrscheinlich. Diese Werte gelten allerdings f\u00fcr die Einstellungen eines Leuchtpunktes auf sin im Dunkeln, sind also mit unseren nicht streng vergleichbar. Doch kann der Lokalisationsbereich zweifellos durch \u00dcbung wesentlich verkleinert werden. Spielen weiter auch individuelle Unterschiede ganz sicher eine bedeutsame Rolle, so geht aber doch aus Dietzels Arbeit, wie es scheint, nicht mit gen\u00fcgender Klarheit hervor, ob die Versuchsbedingungen mit der n\u00f6tigen Vorsicht konstant gehalten worden sind. Geschieht dies nicht, dann hat man allerdings gro\u00dfe Schwankungen zu erwarten. Als wdr am Abschl\u00fcsse unserer diesbez\u00fcglichen Untersuchungen noch andere beeinflussende Faktoren ber\u00fccksichtigen konnten, ervdesen sich die Einstellungen von einer erstaunlichen Genauigkeit.\nDer maximale Einstellungsfehler in einer Reihe betr\u00e4gt bei K. f\u00fcr die binokulare sM ca. 1\u00b0, f\u00fcr das monokulare Geradevorne wieder mehr (rechtes Auge ca. 1\u00b0 13\u2018, linkes Auge ca. 1\u00b08'). Bourdon 2 fand als sog. mittleren variablen Fehler im Hellen nur 15', im Dunkeln 1,5\u00b0. Das \u00dcberdeckungsgebiet der Rechts- und\n1\tF. B. Hofmann, Pfl\u00fcgers Arch. 186, 732, 1910.\n2\tB. Bourdon, La perception visuelle de l\u2019espace. Paris: Schleicher fr\u00e8res 1902.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nLinksangaben betrug in allerdings nicht sehr zahlreichen Versuchen mit der Konstanzmethode (Aufblitzmethode im Dunkeln) bei Sachs und Wlassak 1 1/2\u20141\u00b0. K. vom Hofe 2 gibt als mittleren variablen Fehler bei Einstellungen eines Leuchtpunktes im Dunkeln 1,5\u20142\u00b0 an.\nEs gilt nun vor allem noch zu rechtfertigen, warum wTir einstweilen der binokularen sM immer das monokulare Geradevorne und nicht die monokulare sM gegen\u00fcbergestellt haben. Beim Binokularversuch ist es letzten Endes gleichg\u00fcltig, ob von der sM oder dem \u201eGerade vor mir\u201c gesprochen wird, nicht so aber, wie sich herausstellte, beim Monokularversuche1 2 3. Das monokulare Geradevorne kann verschieden aufgefa\u00dft werden. Es geschieht in der Regel von dem unvoreingenommenen Beobachter derart, da\u00df er die Einstellnadel gerade vor das verwendete Auge zu bringen versucht. Das ist ein ungew\u00f6hnliches Verhalten, denn normalerweise werden unsere Sinneseindr\u00fccke nicht auf das vermittelnde Sinnesorgan, sondern auf die Vorstellung vom K\u00f6rper bezogen. Daraus erhellt, da\u00df es sich beim Geradevorne um etwas K\u00fcnstliches, Konstruktives handelt. Das merkt man deutlich bei den Untersuchungen; man bem\u00fcht sich gewisserma\u00dfen \u2014 wenn man so sagen darf \u2014 sein Auge geradeaus zu richten, die Blicklinie, die nat\u00fcrlich als Bewu\u00dftseinsinhalt gar nicht existiert, auf den Hintergrund rektangul\u00e4r zu stellen. Es gibt also hier gro\u00dfe Schwierigkeiten (man vergleiche dazu den ausnahmslos gr\u00f6\u00dferen Lokalisationsbereich und die gr\u00f6\u00dfere Schwankungsbreite!). Da\u00df man freilich auch hier durch \u00dcbung eine relativ gro\u00dfe Genauigkeit erreichen kann, ist kein Gegenargument.\nDemgegen\u00fcber kann man auch eine monokulare sM einstellen, die dieselben Charakteristika hat wie die binokulare sM. Die monokulare Lokalisation des Geradevornes im obigen Sinne und der sM ist, wie noch zu zeigen sein wird, grundverschieden. Die Klarstellung dieser beiden Begriffe erscheint nicht ohne Wichtigkeit, weil sich so offensichtlich manche Diskrepanzen verstehen lassen, die sich in den Anschauungen von Hebin u 4,\n1\tM. Sachs und R. Wlassak, Z. Psychol. S. 0. 22, 23, 1899.\n2\tK. vom Hofe, Graefes Arch. 116, 270, 1925.\n3\tVergl. dazu auch die Bemerkungen von A. Tscheemak in Hdb. norm, und pathol. Physiol. 12, H. 2, spez. S. 968.\n4\tE. Hering, Raumsinn. Hermanns Hdb. Physiol. 3, 1, S. 343; Beitr. Physiol. 1. Heft. Leipzig: Engelmann 1861.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Egozen irische Lokalisation\n97\nBourdon 1 und einer, l\u00e4ngere Zeit zur\u00fcckliegenden, von A. Tscher-\nmak angeregten Arbeit von M. H. Fischer 2 ergeben haben (vgl. weiter unten).\nDie Lokalisation der sM, und zwar vornehmlich der binokularen ist dagegen unter den angenommenen einfachen Bedingungen von gro\u00dfer subjektiver Bestimmtheit (man vgl. den engen Lokalisationsbereich und die geringe Schwankungsbreite). Dieser Tatsache kommt unseres Lrachtens eine besondere Bedeutung zu.\nDie Dichtigkeit der Lokalisation der Medianen ist bei den Untersuchungen von K. gleichfalls sehr bemerkenswert, wenn wir die sog. \u201eobjektive Prim\u00e4rmediane\u201c 1 2 3 als objektive Kopfmediane ansehen. Ein solches Verhalten ist aber nicht allgemein zu erwarten. Die Richtigkeit der Lokalisation des Geradevornes ist dagegen wesentlich geringer; hier m\u00f6ge die sog. \u201eGeradeflucht\u201c jedes Auges (vgl. M. LI. Bischer4) als objektives Bezugssystem angesehen werden. Es handelt sich hierbei um die Blicklinie jedes Auges bei parallel geradeaus gerichteten Augen und wagrechter Blickebene.\nEs m\u00f6ge noch darauf aufmerksam gemacht werden, da\u00df trotz der eigenartigen Verschiedenheit zwischen binokularer sM und monokularem Geradevorne die t\u00e4glichen Schwankungen beider eine auffallende Parallelit\u00e4t auf weisen (vgl. Abb. 2). Diese Eigent\u00fcmlichkeit d\u00fcrfte wohl darauf hinweisen, da\u00df es sich hier um eine gemeinsame einheitliche Ursache handelt. Wir werden sp\u00e4ter auf eine \u00e4hnliche Parallelit\u00e4t zwischen optischer und haptokin-\u00e4sthetischer Lokalisation hinweisen k\u00f6nnen.\nEinen \u00dcberblick \u00fcber die bemerkenswerten Unterschiede der Lokalisation der monokularen sM und des monokularen Geradevornes bei F.5 geben Tab. 2 und Abb. 3.\n1\tBourdon fand im Dunkeln bei verschiedenen Entfernungen quantitativ verschiedene Abweichungen der monokularen sM von der binokularen, die nicht einmal immer gleichsinnig waren. Er schreibt: \u201eLes determinations monoculaires ont donn\u00e9 des r\u00e9sultats assez confus\u201c. Diese Dinge werden sich aufkl\u00e4ren lassen.\n2\tM. H. Fischer, Pfl\u00fcgers Arch. 188, 161, 1921. Die monokularen Versuche in dieser Arbeit besch\u00e4ftigen sich ausschlie\u00dflich mit dem Geradevorne.\n3\tEs handelt sich hier um jene Ebene, die lotrecht auf die Mitte der Basallinie der Augen stehend den Sch\u00e4del halbiert.\n4\ts. Anm. 2.\n5\tF. ist leicht anisometrop (links \u201475) und zeigt in 75 cm Beobachtungsentfernung eine leichte Exophorie beider Augen [vgl. M. H. Fischer, Graefes Arch. 108, 251 (1922)].","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nTabelle 2\nTag\tG.V.\tL. A.\tS.M.\tR. A.\tBinok. S.M.\t\tS.M.\tL. A.\tG.V.\tR. A.\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tM.W.\tS. Br.\tM.W.\tS. Br.\tM.W.\tS. Br.\tM.W.\tS. Br.\tM.W.\tS. Br.\n4.\t\t\t\u201430,2\t\u00b14,0\t\u201413,4\t\u00b12,5\t+11,8\t\u00b15,5\t\t\n3.\t\u201448,8\t\u00b13.0\t\u201433.4\t\u00b15,5\t- 8,4\t\u00b12,4\t+16,0\t\u00b13,0\t+25,0\t\u00b15,0\n2.\t\u201454,6\t\u00b14,5\t\u201416,8\t\u00b13,0\t\u201410,8\t\u00b15,5\t+ 8,0\t\u00b12,5\t+19,2\t\u00b13,0\n1.\t\u201436,6\t\u00b15,0\t\u201417,0\t\u00b12,5\t- 7,0\t\u00b12,0\t\u00b113.6\t\u00b13,5\t+45,4\t\u00b14,6\nDurch-sehn. M. W.\t\u201446,7\t\t\u201424,4\t\t\u20149,9\t\t+12,4\t\t+29,2\t\nS. Br. d. M. W.\t\t\u00b19,0\t\t\u00b18,3\t\t\u00b13,2!\t\t\u00b14,0\t\t\u00b113,1\nGerade- flucht\t\u201433,5\t\t0\t\t\t\t\t\t\u201433,5\t\n+10 +ZQ +30\t+ W +50 mm\nAbb. 3. Lokalisation der binokularen sM, der monokularen sM und des monokularen Geradevorns der beiden Augen an 4 aufeinanderfolgenden\nTagen. Darstellung wie in Abb. 2\nDie binokulare sM weist einen recht engen Lokalisationsbereich auf, die Einstellungsschwankungen sind gering. Die sM erscheint von der objektiven Kopfmedianen nach links abgewichen.1 Der Lokalisationsbereich des monokularen Geradevornes beider Augen ist bei relativ geringer Schwankungsbreite trotz der geringen Zahl der Untersuchungen recht weit. Auch dieses spricht mit f\u00fcr die gro\u00dfe Unbestimmtheit des Geradevornes bei F. Die monokularen sM \u00fcberkreuzen sich bei dieser Beobachtungsentfernung (75 cm).2 Dieses bemerkenswerte Verhalten ist \u00fcbrigens, wie\n1\tF. stellte 1920 die binokulare sM bei dieser Entfernung ca. 21 mm nach rechts von der objektiven Medianen ein; ein direkter Vergleich f\u00e4llt allerdings schwer.\n2\tDie Versuche von K. brachten ganz \u00e4hnliche Ergebnisse.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n99\nnoch zu berichten sein wird, ganz \u00e4hnlich bei der monobrachialen (hapto-kin\u00e4sthetischen) Lokalisation der sM zu finden. Bourdon fand gelegentlich seiner Untersuchungen im Dunkeln mit Leuchtpunkten \u00e4hnliche \u00dcberkreuzungen der monokularen sM, konnte sich jedoch offenbar nicht klar dar\u00fcber werden. Der Lokalisationsbereich der monokularen sM ist weiter als jener der binokularen, aber enger als des Geradevornes. Unter den einfachen Verh\u00e4ltnissen ist die Lokalisation hier subjektiv recht bestimmt.\nEs ist nun gerade in Hinsicht auf die uneinstimmigen Befunde von Bourdon von Interesse, die Lokalisation der monokularen sM in verschiedener Entfernung zu pr\u00fcfen. \u00dcber solche Versuche \u2014 allerdings nur vorl\u00e4ufigen Charakters \u2014 berichten Tab. 3 u. Abb. 4.\nTabelle 3\nDistanz\tR.\tA.\tB. A.\tL.\tA.\nin mm\tin mm\tin Min.\t\tin mm\tin Min.\n300\t- 1,4 (\u00b1 0,2)\t\u2014 16,0\t0\t+ 6,4 (\u00b1 3,5)\t+ 73,0\n560\t\u2014 28,4 (\u00b111)\t\u2014174,0\t0\t+ 26,0 (\u00b13)\t+160,0\n840\t\u2014 19,0 (\u00b1 6,0)\t\u2014 78,0\t0\t+ 25,8 (\u00b1 2,5)\t+106,0\n1380\t\u2014 22,0 (\u00b1 6,0)\t\u2014 55,0\t0\t+ 35,6 (\u00b1 5,0)\t+ 89,0\n2000\t\u2014 26,6 (\u00b1 0,0)\t\u2014 46,0\t0\t+ 39,0 (\u00b14)\t+ 67,0\nBinok.\n2000 mm\nStreckenkurve\nWinkelkurve\nV\n-HO +20\t+30 +lWmm\nAbb. 4. Lokalisation der monokularen sM des rechten und linken Auges bei verschiedener Beobachtungsentfernung. Auf den Abszissen sind die Abweichungen der monokularen sM von der binokularen sM in mm (ausgezogene Kurve), in Graden (gestrichelte Kurve), -f- nach rechts und \u2014 nach links, eingetragen. Auf den Ordinaten sind die verschiedenen Beobachtungsentfernungen eingezeichnet","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nAus rein technischen Gr\u00fcnden lie\u00df sich bei unserer Versuchsanordnung die Eichung in den verschiedenen Entfernungen nur mit Schwierigkeiten und gro\u00dfem Zeitverlust durchf\u00fchren. Wir haben darum hier darauf verzichtet und die jedesmal eingestellte binokulare sM als Bezugssystem gew\u00e4hlt \\ Ebenso sind die Entfernungsspr\u00fcnge nach Ma\u00dfgabe der Umst\u00e4nde eingerichtet worden.\nMit nicht mi\u00dfzuverstehender Deutlichkeit zeigt die Abb. 4 (im Strecken- und Winkelma\u00dfe gezeichnet), da\u00df bei einer Beobachtungsdistanz von ca 30 cm die monokulare sM der beiden Augen noch immer den gekreuzten Typus zeigt. Allerdings r\u00fcckt hier schon die monokulare sM recht nahe an die binokulare sM heran. Bei noch gr\u00f6\u00dferer Augenn\u00e4he (unsere Anordnung lie\u00df technisch solche Versuche nicht zu) wird der gekreuzte Typus auf gegeben: die Nadel mu\u00df gegen das beobachtende Auge geschoben werden, um sm zu erscheinen. Man kann sich in einfachen Versuchen davon \u00fcberzeugen. Das hei\u00dft also, da\u00df sich eine relativ gro\u00dfe N\u00e4he, die gewi\u00df individuell verschieden ist, finden l\u00e4\u00dft, wo binokulare und monokulare sM zusammenfallen. Schlu\u00df eines Auges wird in diesem Falle keine Lokalisations\u00e4nderung bedeuten1 2. Die Winkelkurve der Abb. 4 weist bei zunehmender Entfernung dann eine rasch zunehmende starke \u00dcberkreuzung der monokularen sM der beiden Augen auf, die zwischen 50 und 100 cm Beobachtungsdistanz wieder stark abnimmt, um dann weiter kleiner zu werden. Wie weit diese Verkleinerung noch an-dauert, l\u00e4\u00dft sich schwer absch\u00e4tzen. Einfache Beobachtungen zeigen mit recht gro\u00dfer Gewi\u00dfheit, da\u00df auch in gro\u00dfen Entfernungen der gekreuzte Typus noch fortbesteht. Freilich m\u00fc\u00dften diese Fragen mit zureichenden Mitteln noch genauer untersucht werden. Gerade hier wird man wohl \u00fcbrigens auch mit bedeutenden individuellen Unterschieden zu rechnen haben (vergleiche weiter unten).\nWir haben uns nun mit diesen, allerdings vorl\u00e4ufigen, grob orientierenden Versuchsreihen von den einfachen Bedingungen\n1\tWenn man auf die Beurteilung der Richtigkeit der Lokalisation verzichtet, so l\u00e4\u00dft sich ein solcher Vorgang, der nur auf die subjektiven Verh\u00e4ltnisse R\u00fccksicht nimmt, ganz gut rechtfertigen.\n2\tDies hat schon E. Hering (Beitr. Physiol, 1. Heft: Vom Ortssinne der Netzhaut. Leipzig: Engelmann 1861, S. 167) beschrieben, ohne aber offensichtlich den Einflu\u00df der Beobachtungsentfernung, der die Allgemeing\u00fcltigkeit wesentlich einschr\u00e4nkt, zu kennen.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n101\nschon insofern losgel\u00f6st, als ja bei der Lokalisation in verschiedenen Entfernungen sicher wechselnde Faktoren der N\u00e4herungsinnervation in Betracht kommen. Diese werden sich allerdings nicht leicht \u00fcbersehen lassen, zumal das nicht beobachtende Auge abgedeckt ist und deshalb mit der verschiedenen Beobachtungsdistanz qualitativ und quantitativ verschiedene Abblendungsstellungen auf weisen kann1. Eines d\u00fcrfte aber mit einiger Wahrscheinlichkeit behauptet werden: da\u00df n\u00e4mlich der Eindruck sm bei Beobachtung mit einem Auge in verschiedener Entfernung mit verschiedenen Konvergenzlagen des beobachtenden Auges verkn\u00fcpft ist. Daraufhin deutet die Winkelkurve der Abb. 4, die allerdings deshalb nicht streng beweisend ist, weil sie ja nicht auf unsere objektive Kopfmediane bezogen ist. Eine auffallend starke Konvergenzlage wird zwischen 50 und 60 cm beansprucht, die dann zuerst sprunghaft, weiter allm\u00e4hlich abnimmt. Es w\u00e4re von mancherlei Interesse, diese Dinge n\u00e4her und pr\u00e4ziser zu verfolgen; es erscheint jedoch empfehlenswert, sich zun\u00e4chst leichter \u00fcbersehbaren Verh\u00e4ltnissen zuzuwenden.\n2. Bei und nach Beanspruchungen des okulomotorischen\nApparates\nSowohl willk\u00fcrliche Blickwendungen wie auch alle reflektorischen Beanspruchungen des okulomotorischen Apparates, die zu Stellungs\u00e4nderungen der Augen f\u00fchren, schaffen f\u00fcr unsere Lokalisationsprobleme schwierige Komplikationen ; sie sollen darum nicht an erster Stelle abgehandelt werden. Wir m\u00f6chten einen\n1 Vgl. dar\u00fcber: M. H. Fischer, Gracfcs Arch. 108, 251 (1922). Da\u00df die monokulare Lokalisation der sM in besonderer Abh\u00e4ngigkeit von der jeweiligen \u201eHeterophorie\u201c der Vp. steht, das haben schon Sachs u. Wlassak, Z. Psychol. S. 0. 22, 23 (1899), gefunden. Man vgl. dazu auch die alte Streitfrage der sog. \u201emonokularen Lokalisationsdifferenz\u201c zwischen St. Witasek Z. Psychol. 50, 161 (1908) ; 53, 61 (1909) ; 56, 85 (1910), u. F. Hillebrand, Z. Psychol. 54, 1 (1909) ; 57, 293 (1910). Hier weist Hillebrand, wie auch sp\u00e4ter wieder, Jb. Psychiatr. 40, 213 (1920), auf den besonderen Einflu\u00df der Heterophorie hin. In unserem Falle kommt bei der monokularen Lokalisation der sM noch die Komplikation hinzu, da\u00df die Heterophorie nicht nur ihrem Ausma\u00dfe, sondern auch ihrem Sinne nach eine Funktion der Beobachtungsentfernung ist. Da\u00df hierin sehr gro\u00dfe individuelle Differenzen vorliegen, ist allgemein bekannt. Man wird also bei einem Versuche zur Kl\u00e4rung solcher Fragen wohl eine gleichzeitige genaue Pr\u00fcfung des sog*. \u201eAugengleichgewichtes\u201c nicht umgehen k\u00f6nnen.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\neinfachen Versuch an die Spitze stellen, f\u00fcr den allem Anscheine nach jene Ein w\u00fcrfe keine Geltung haben.\nEs wird unter strenger Einhaltung aller Versuchsbedingungen eine Reihe von 10 Einstellungen der binokularen sM gemacht. Die Vp. bleibt bei geschlossenen Augen ruhig sitzen, der Versuchsleiter rechnet den Mittelwert und stellt die Nadel entsprechend. Bei neuerlicher Fixation derselben erkennt sie die Vp. f\u00fcr gew\u00f6hnlich sehr genau als sm an. Nun wird die Vp. auf gef ordert, eine m\u00f6glichst extreme Blick Wendung z. B. nach rechts auszuf\u00fchren und mittels einer Fixiermarke dieselbe ca. 2 Minuten tunlichst unver\u00e4ndert beizubehalten. F\u00fchrt die Vp. nachher ihren Blick wieder auf die Nadel zur\u00fcck und fixiert, dann erscheint die Nadel in der Regel nicht mehr sm, sondern sie scheint eine gewisse Zeitlang in bestimmten Intervallen nach rechts bzw. links auszuweichen. Das ist nach 2\u20143 Minuten wieder abgeklungen; die Nadel erscheint wieder ruhig in sM.\nDieser, jederzeit leicht zu best\u00e4tigende, Versuch hat deshalb ein besonderes Interesse, weil bei sonst v\u00f6llig gleichen objektiven Verh\u00e4ltnissen (der gleichen Kopf-, K\u00f6rperhaltung, derselben Augenstellung usw.) offenbar lediglich infolge charakteristischer Nachwirkungen der vorausgegangenen Blickwendung die egozentrische Lokalisation sich ge\u00e4ndert hat. Die Dauer der Lokalisations\u00e4nderung ist wohl, so m\u00f6chte es scheinen, an die Dauer der erw\u00e4hnten Nachwirkungen gekn\u00fcpft. Man kann aber auch diesen Grundversuch noch folgenderma\u00dfen charakterisieren: Es \u00e4ndert sich aus inneren Gr\u00fcnden zeitweilig trotz beibehaltener Blickrichtung1 die Sehrichtung. Der Begriff \u201eSehrichtung\u201c hat doch wohl nur dann einen endg\u00fcltigen Sinn, wenn er egozentrisch gefa\u00dft wird.2 Davon wird noch sp\u00e4ter die Rede sein.\n1\tGanz streng genommen ist dies allerdings nicht der Fall! Es wird zwar die Fixation beibehalten, aber die Fixationsscbwankungen erfahren bestimmte Ver\u00e4nderungen unter der Nachwirkung der vorausgegangenen Blickwendung (vgl. weiter unten).\n2\tHillebrand (1929) schreibt in der Anm. S. 117: \u201eStehen die Gesichtslinien zur Mediane symmetrisch, so erscheint das fixierte Objekt in der Mediane, stehen sie nicht symmetrisch, so weicht die Sehrichtung gem\u00e4\u00df dem Sinne und dem Ma\u00df der Asymmetrie von der Mediane ab. Richtig verstanden, kann man sagen : die Lokalisation erfolgt im Sinne der binokularen Blicklinie\u201c. Wie wir wiederholt zeigen konnten, trifft eine solche Behauptung schon unter normalen Umst\u00e4nden f\u00fcr gew\u00f6hnlich nicht zu,","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n103\nZur weiteren Sicherstellung und zur messenden Charakteristik dieses Grundversuches ist eine Modifikation desselben offensichtlich besonders geeignet. Man l\u00e4\u00dft die Vp m\u00f6glichst knapp an die Blickwendung anschlie\u00dfend in unmittelbarer zeitlicher Folge eine Reihe von Einstellungen der binokularen sM machen. Wir haben derartige Versuche oft mit immer dem gleichen Ergebnisse wiederholen k\u00f6nnen. Ein typisches Beispiel von K. nach 2 Minuten langer extremer Blickwendung nach rechts bringt Abb. 5.\nAbb. 5. Lokalisation der binokularen sM bei 15 unmittelbar aufeinanderfolgenden Einstellungen anschlie\u00dfend an eine extreme Blickwendung nach rechts von 2 Minuten Dauer. Der gestrichelte Stab kennzeichnet die Schwankungsbreite der Kontrolleinstellung. Auf den Abszissen sind die Abweichungen der einzelnen Einstellungen von der objektiven Prim\u00e4rmedianen verzeichnet, wogegen die Ordinate die aufeinanderfolgenden Einstellungen 1\u201415 charakterisiert. Im Millimeterma\u00df dargestellt ergaben sich bei den 15 Einstellungen der Eeihe nachfolgende Werte: +12, +4, i 0, \u20142, \u2014 4, \u20143, \u20148, \u201411, \u20148, \u201415, \u201413, \u201416, \u201410, \u20146, \u20144. Die Kontrolleinstellungen schwankten zwischen \u2014 5 und + 6 und ergaben einen\nMittelwert von \u2014 0,5\nDie ersten, unmittelbar an die Blickwendung anschlie\u00dfenden Einstellungen liegen rechts von der Kontrolleinstellung. Dieser\nnoch weniger aber, wenn Blickwendungen oder andere Beeinflussungen vorausgegangen sind. Jedoch liegt in der HiLLEBRANDschen Formulierung, wie uns scheinen m\u00f6chte, noch eine prinzipielle Unzul\u00e4nglichkeit: sie l\u00e4\u00dft anscheinend die unbedingte Inkommensurabilit\u00e4t zwischen subjektivem Seh-Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 61\t^","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nEffekt ist fl\u00fcchtig1, um dann in einen l\u00e4ngerdauernden gegensinnigen umzuschlagen, der im Laufe der anschlie\u00dfenden Minuten wieder verschwindet. Schlie\u00dflich erfolgt die Lokalisation der sM wieder wie vorher. Es erf\u00e4hrt also f\u00fcr eine gewisse Zeit die Lokalisation der sM unter der Nachwirkung der Blickwendung eine ganz typische Ver\u00e4nderung, was mit anderen Worten ganz dasselbe bedeutet als schon oben ausgesprochen wurde. Auch dies wird noch n\u00e4her zu begr\u00fcnden sein. Man beachte besonders den sehr weiten Lokalisationsbereich von 28 mm bzw. 2\u00b0 8' bei den 15 Einstellungen ! Er ist gegen\u00fcber dem fr\u00fcheren (vgl. Abb. 2) von 1\u00b0 21' unverh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gro\u00df, was wohl mit Sicherheit auf das Hineinspielen bestimmter Faktoren hinweist.\nNun ist es v\u00f6llig klar, da\u00df den Nachwirkungen von Blickwendungen ein ganz bestimmtes physiologisches Substrat zugrundeliegen mu\u00df. Man wird kaum fehlgehen, wTenn man hier an Erscheinungen an den Augenmuskeln nach Art des sog. Kohnstamm-schen Ph\u00e4nomens denkt, das Matthaei2 3 4 an K\u00f6rpermuskeln in ausgezeichneter Weise analysiert hat. Solche Erscheinungen sind auch an den Augen nicht fremd, wie Hoemann und Bielschowsky s wenigstens betreffs der Rollungen nachgewiesen haben. Bei den Einstellungen der sM nach der Blickwendung k\u00f6nnten sich diese Erscheinungen direkt auswirken; die Lokalisations\u00e4nderung bei festgehaltenem Blicke k\u00f6nnten sie etwa auf dem Wege isometrischer \u201eTonus\u00e4nderungen\u201c bewirken.\nWenn wir hier unseren Grundversuch in dieser Weise zu deuten anstreben, so mag das anscheinend den Eindruck erwecken, als w\u00e4re er ein direkter Beweis f\u00fcr die von A. Tschermak 4 auf-\nraum (Sehrichtung usw.) und objektiven Verh\u00e4ltnissen nicht gen\u00fcgend ber\u00fccksichtigt. Eben aus diesem Grunde m\u00f6chten wir es auch als unzul\u00e4ssig bezeichnen, zu sagen, da\u00df Blickrichtung und Sehrichtung \u201eauseinanderfallen, wie es z. B bei F. B. Hofmann (1925) wiederholt zu lesen steht. Das wird noch n\u00e4her zu begr\u00fcnden sein. Diese Ausdrucksweise von F. B. Hofmann bezeichnet \u00fcbrigens Hillebrand, Z. Psychol 104, 129, spez. 183 (1927), als \u201evollst\u00e4ndig absurd\u201c, womit obige Formulierung in einem gewissen Gegens\u00e4tze steht. Hillebrand scheint also hier eine Inkonsequenz unterlaufen zu sein.\nWenn man nicht unmittelbar nach der Blickwendung einstellt, kann diese Phase infolge ihrer Fl\u00fcchtigkeit nicht zum Ausdruck kommen.\n2\tR. Matthaei, Pfl\u00fcgers Arch. 202, 88 und 204, 587 (1924).\n3\tF. B. Hofmann und A. Bielschowsky, Pfl\u00fcgers Arch. 80, 1, (1900).\n4\tA. Tschermak, Erg. Physiol. 4, 517 (1905); Handhuch der norm, und pathol. Physiologie 12, H. 2, 834 (1929) ; bei M. H. Fisches, Pfl\u00fcgers Arch. 188","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n105\ngestellte \u201eSpannungsbildertheorie\u201c. Das trifft aber in so einfacher Weise nicht zu, wenn man die dem KoHNSTAMMschen Ph\u00e4nomene zugrundeliegenden Vorg\u00e4nge \u00fcberdenkt, soweit sie sich vorl\u00e4ufig \u00fcberhaupt \u00fcbersehen lassen. Es ist nicht zu leugnen, da\u00df das KoHNSTAMMsche Ph\u00e4nomen und verwandte Erscheinungen wohl zum allergr\u00f6\u00dften Teile prim\u00e4r zentralnerv\u00f6ser Genese sind. Man denkt vornehmlich an einen rhythmischen Ablauf subkortikaler Erregungen.* 1 Die Mitbeteiligung peripherer Muskelfaktoren kann allerdings allem Anscheine nach, soweit sich aus dem Studium mannigfacher hierhergeh\u00f6riger Erscheinungen ergibt2, nicht mit unbedingter Sicherheit ausgeschlossen werden, entbehrt sogar einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht.\nDarum l\u00e4\u00dft sich auch aus unserem Grundversuche ein entscheidender Schlu\u00df nicht ziehen, sich auch eine sensorische Funktion der Augenmuskeln eigener Art nicht postulieren. Das eine nur l\u00e4\u00dft sich sagen, da\u00df die zentral-nerv\u00f6sen Innervationsvorg\u00e4nge in irgendeiner Weise an der egozentrischen Lokalisation (sM) mitbeteiligt sind oder in den Bewu\u00dftseinsinhalt ein greifen, wie dies in \u00e4hnlicher Weise v. Kries3 formuliert hat. Der Eindruck sm ist dabei ein einheitlicher, nicht weiter analysierbarer. Die zentral-nerv\u00f6sen Vorg\u00e4nge kommen als solche nicht zum Bewu\u00dftsein, weshalb sich er-\n161 (1921). A. Tschermak formuliert seine Theorie einer indirektsensorischen Funktion der Augenmuskeln wie folgt (1. c. S. 977 bis 980): \u201eDieselbe nimmt eine durch myogene Dauerspannung bzw. durch Dauerkontraktion, nicht aber durch passive Dehnung beanspruchte afferente Innervation bzw. einen sog. Kraftsinn der Augenmuskeln an, wobei jedoch nicht ein Spannungseindruck der einzelnen Muskeln oder die Augenstellung als solche bewu\u00dft wird; vielmehr sei mit einer gewissen komplizierten Kontraktionsverteilung oder einem bestimmten Spannungsbilde (dem sog. Fundamentalspannungsbild) am okulomotorischen Apparate, also mit einem Komplex afferenter Erregungen die gewisserma\u00dfen pr\u00e4existente einfache Empfindung Geradevorne oder Gleichhoch bzw. egozentrischer Nullpunkt oder subjektive Symmetrie verkn\u00fcpft, welcher entsprechend das gesamte Sehfeld eine egozentrische Einstellung erh\u00e4lt.\u201c Diese Theorie ist also in ihren Hauptz\u00fcgen auf rezeptorischer Grundlage aufgebaut.\n1\tVergleiche dazu \u00df. Matthaei, Pfl\u00fcgers Arch. 204, 587, (1924); M. H. Fischer, Monatsschr. Psych.-Neur. 68, 282 (1927), wo sich weitere Literaturangaben finden.\n2\tSiehe dazu : M. H. Fischer, Die \u00dfegulationsfunktion des menschlichen Labyrinthes und die Zusammenh\u00e4nge mit verwandten Funktionen. Erg. Physiol. 27, 209, (1928); auch separat M\u00fcnchen: J. F. Bergmann 1928.\n3\tJ. v. Kries, Allgemeine Sinnesphysiologie. Leipzig: F.C.W. Vogel 1923.\n8*","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\n\u00fcbrigt, unsere Auffassung gegen\u00fcber den oft behaupteten \u201eInnervationsempfindungen\u201c abzugrenzen.\nIm \u00fcbrigen sei nochmals bemerkt, da\u00df unsere Formulierung in keiner Weise ausschlie\u00dft, da\u00df auch noch rezeptorische Impulse von seiten der Augenmuskeln bei der optischen egozentrischen Lokalisation mitwirken k\u00f6nnen. Es lag uns nur daran zu zeigen, da\u00df es bisher nicht gelungen ist, irgendwelche bindende Argumente f\u00fcr eine solche Auffassung aufzuweisen.\nDie nun anschlie\u00dfenden Prismen-Versuche sind auf eine spezielle Anregung von A. Tschebmak zur\u00fcckzuf\u00fchren. Es handelt sich hier in erster Linie um Untersuchungen \u00fcber die egozentrische Lokalisation (binokulare sM) bei asymmetrischer Konvergenz bzw. Divergenz, erreicht durch Vorsetzen von Prismen vor ein Auge mit der Kante innen oder au\u00dfen. Es ist klar, da\u00df mit gro\u00dfer Vorsicht auf die Erhaltung des Binokularsehens geachtet wurde. Die relative Konvergenz- bzw. Divergenzbreite (bei K. ca. 6\u20148\u00b0, bei F. um 4,5\u00b0) wurde nie \u00fcberschritten. Eine gro\u00dfe Zahl von Versuchen f\u00fchrte zu immer gleichartigen Ergebnissen. Bei zu starken Prismen \u00fcber 4\u00b0 ergaben sich Schwierigkeiten und Uneinstimmigkeiten. Tabelle 4 mit der zugeh\u00f6rigen Abb. 6 berichten \u00fcber eine ausgew\u00e4hlte Reihe.\nTabelle 4\nPrisma\nvor\nL. A.\t\t\t\t\t\tR. A\t\t\n\t\tPr.\tM. W.\tM. W.\tDiff. zu\tM. W.\tM. W.\tDiff. zu\n\t\tW.\tin mm\tin Min.\tsM\tin mm\tin Min.\tsM\n\t\t4\u00b0\t\u201419\t\u201487\t\u201448\t\u2014 3\t\u201414\t+25\n\tfl \u00a9\t3\u00b0\t\u201421\t\u201496\t\u201457\t\u2014 5\t\u201423\t+ 16\n\tfl 03\t2\u00b0\t\u2014 9,5\t\u201444\t\u2014 5\t\u2014 4\t\u201418\t+21\n\t\t1\u00b0\t\u201412\t\u201455\t\u201416\t- 4,5\t\u201420\t+ 19\n\u00a9\t\t0\u00b0\t\u2014 8,5\t\u201439\t0\t\u2014 8,5\t\u201439\t0\nfl o3 M fl \u00a9\t\t\t\t(-20)\t(0)\t\t\t\n\t\t\t(- 4,5)\t\t\t\t\t\n\t\t1\u00b0\t\u2014 6\t\u201428\t+11\t\u201410,5\t\u201448\t\u2014 9\na m\t\t\t(+ 6,5)\t(+30)\t(+50)\t\t\t\nu Pm\t\t2\u00b0\t\u2014 3,5\t\u201416\t+23\t\u2014 8,5\t\u201439\t0\n\t\u00d6 \u00a9\t\t(+1)\t(+ 5)\t(+25)\t\t\t\n\tfl \u00d6 \u2022i-l\t3\u00b0\t\u2014 5,5\t\u201425\t+ 14\t\u201419\t\u201487\t\u201448\n\t\t\t(+ 2)\t(+ 9)\t(+29)\t\t\t\n\t\t4\u00b0\t\u2014 3\t\u201414\t+25\t\u201418\t\u201483\t\u201444\n\t\t\t(+ 7,5)\t(+34)\t(+54)\t\t\t","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n107\nEs geht hervor, da\u00df sich unter genannten Bedingungen die egozentrische Lokalisation \u00e4ndert; die sM erscheint in bezug auf den unter normalen Verh\u00e4ltnissen gewonnenen Wert im Sinne der brechenden Kante des vor ein Auge gesetzten Prismas verschoben. Im allgemeinen ist der Effekt uni so gr\u00f6\u00dfer, je st\u00e4rker das verwendete Prisma ist, jedoch verlaufen die Kurven nicht absolut stetig. Sehr auffallend ist auf Abb. 6 die fast vollkommene Abszissensymmetrie ; sie bedeutet, da\u00df der Erfolg derselbe ist, ob man ein Prisma mit der Kante innen vor das rechte Auge oder mit der Kante nach au\u00dfen vor das linke Auge setzt und umgekehrt. Die \u201eVerschiebung\u201c der sM in bezug auf den Kontroll wert ist unter den angewendeten Bedingungen nicht sehr gro\u00df (der Betrag von 1\u00b0 ist nie erreicht), aber doch recht bemerkenswert\nPrisma vor ------- R,A.\nAbb. 6. Lokalisation der binokularen sM nach Yorsetzen eines Prismas vor ein Auge mit der brechenden Kante au\u00dfen (= temporalw\u00e4rts) bzw. innen (= nasalw\u00e4rts). Auf den Abszissen sind die Abweichungen der sM von der objektiven Prim\u00e4rmedianen bei Verwendung von Prismen verschiedener St\u00e4rke (auf der Ordinate angegeben) in Graden verzeichnet. Positive Ordinatenwerte bedeuten Prismen mit der Kante au\u00dfen, negative Ordinaten-werte Prismen mit der Kante innen. Die Schwankungsbreite nahm bei Ko. mit der St\u00e4rke des Vorgesetzten Prismas zu, betrug in der Kontrolle etwa dz 5, bei Vorgesetztem Prisma von 4\u00b0 dz 8,5 bis 9 mm, bei Fi. (strichpunktierte Kurve) bei der Kontrolle ziz 5 und dann folgen nach Vorsetzen von immer um 1\u00b0 st\u00e4rkeren Prismen die Werte zh 8,5, ziz L zt 4, dz L5 mm","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nM. H. Fischer u. A. F. Kornm\u00fcller\nEine n\u00e4here Einsicht in diese Versuchsergebnisse begegnet mancherlei Schwierigkeiten und verlangt aus prinzipiellen Gr\u00fcnden ein weiteres Ausholen.\nWir nehmen an, es l\u00e4ge irgendein Objekt genau in der objektiven Medianebene (im Sinne unserer obigen Definition) und werde bei exakt symmetrischer Konvergenz von beiden Augen fixiert. Dann besagt das Gesetz der \u201eidentischen Sehrichtung\u201c von Herino oder die sog. \u201eSehrichtungsgemeinschaft\u201c (A.Tschermak), da\u00df das entsprechende Objekt (unter normalen Verh\u00e4ltnissen !) im subjektiven Sehraume von beiden Augen auf einer gemeinsamen Sehrichtung gesehen wird. Man pflegt dies f\u00fcr gew\u00f6hnlich so darzustellen, wie es in Abb. 7 u. 8 geschehen ist. Die Sehrichtungen denkt man sich vom sog. mittleren \u201eimagin\u00e4ren Auge bzw. Cyklopenauge\u201c oder vom sog. \u201eZentrum der Sehrichtungen\u201c ausgehend. (Da\u00df es sich dabei nur um Fiktionen handelt, wird wohl von niemandem bestritten.) Es hat nicht an Bestrebungen gefehlt, die Lage des Zentrums der Sehrichtungen in unserem K\u00f6rper aufzusuchen. Herino und andere dachten zun\u00e4chst an die Nasenwurzel, eine Auffassung, die jedoch nicht unbestritten geblieben ist \\ Doch ist dies zun\u00e4chst eine Frage von sekund\u00e4rer Bedeutung, auf die hier nicht n\u00e4her einzugehen ist. Viel wichtiger ist, da\u00df die Sehrichtungen etwas subjektives sind und da\u00df wir ihnen darum nicht ein bestimmtes Verh\u00e4ltnis zu objektiv gegebenen Orten des K\u00f6rpers zuschreiben d\u00fcrfen. Wir k\u00f6nnen uns hierin bedingungslos v. Kries 2 anschlie\u00dfen. F\u00fcr die Sehrichtungen im subjektiven Sehraume ist die Vorstellung von unserem K\u00f6rper ma\u00dfgebend. Mit anderen Worten, Sehrichtung bedeutet, wie schon oben bemerkt, nur dann etwas endg\u00fcltiges, wenn sie egozentrisch gefa\u00dft wird. Nun spielt die sM in der Vorstellung von unserem K\u00f6rper offenbar insofern eine besondere K\u00f6lle, als sie eben jenes charakterisiert, was weder rechts noch links ist. Die sM ist darum wohl das Bezugssystem oder___________________\n1\tVgl. dazu: F. B. Hofmann, Raumsinn 1925; Graefes Arch. 116, 135 (1925). Sh. Funaishi, Graefes Arch. 116,126 (1925). H. K\u00f6llner, Arch. Augenheilk.\n88, 117; 89, 67 u. 121 (1921).\t0. Roelofs u. de Fauvage-Bruyel, Arch.\nAugenheilk. 95, 111 (1924).\n2\tJ. v. Kries, Allgemeine Sinnesphysiologie 1923 speziell S. 214. \u00dcbrigens hat auch Hillebeand, Psychol. 104, 129 (1927), auf ganz \u00e4hnliche Ge-dankeng\u00e4nge besonders hingewiesen.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n109\nwie man vielleicht sagen d\u00fcrfte \u2014 die subjektive Nullebene bei der Breitenlokalisation. Gerade darin, so m\u00f6chte uns scheinen, liegt die hervorragende Bedeutung der sM, die so ausf\u00fchrliche Studien rechtfertigt.\nNun involviert die oft, z. B. von F. B. Hofmann, verwendete, wenn auch schematische Konstruktion der Sehrichtungen in das Blickrichtungsschema leicht nicht unbedenkliche Irrt\u00fcmer. Solchen scheint auch F. B. Hofmann verfallen zu sein, wenn er z. B. schreibt1: \u201eDas Zusammenfallen der Hauptsehrichtung mit der Blickrichtung ist daher f\u00fcr die Blickbewegungen in den Vorder-\nS. M-\ni\nt\n\u2022\nl\n\u00ab\ni\n\u2022\ni\ni\n*\n\u00ab\nI\nl\nAbb. 7. Blickrichtungsschema Abb. 8. Einfaches Sehrichtungsschema\ngrund zu r\u00fccken.\u201c Sehrichtungen sind subjektiv, Blicklinien objektiv, beide untereinander inkommensurabel: sie k\u00f6nnen darum weder je zusammenfallen, noch auseinanderfallen, wie schon oben ber\u00fchrt wurde. Das ist auch Hillebrands (1. c.) Anschauung.\nNehmen wir nun weiter an, es w\u00e4re unter den in Abb. 7 supponierten Bedingungen die Lokalisation vollkommen richtig2, dann bedeutet dies u. E. nur, da\u00df das in der objektiven Medianebene, mit symmetrischer Kon\n1\tF. B. Hopmann, Raumsinn S. 367.\n2\tDas ist f\u00fcr gew\u00f6hnlich, wie schon gezeigt wurde, nicht streng der Fall, kann jedoch gelegentlich Vorkommen.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nvergenz f ixie rte O bj ekt su b j ekti v m e di an erscheint.1 Wir m\u00f6chten dies dadurch kennzeichnen, da\u00df wir in Abb. 8 das Sehding in der sM, die vom fiktiven Zentrum der Sehrichtungen ausgeht, ohne jeden Zusammenhang mit den objektiven Verh\u00e4ltnissen einzeichnen, wie es \u00fcbrigens aucn Hering immer getan hat.\nAn das Dargelegte k\u00f6nnen wir nun unsere Versuche mit asymmetrischer Konvergenz einfach anschlie\u00dfen. Abb. 9 gibt ein einfaches Blickrichtungsschema bei Vorsetzen eines Prismas mit dem brechenden Winkel a mit der Kante innen vor das rechte Auge. Wollte man nun in konsequenter Verfolgung des allgemeinen Sehrichtungsschemas das diesem\nSM \\\nI 7\ni\ni\n*\ni\n\u2022 \u00bb \u2022 \u2022 * \u00ab \u2022 \u2022\nh\n?\nAbb. 11.\nAbb. 9. Blickrichtungsschema bei Vorsetzen eines Prismas vor das rechte\nAuge mit der Kante innen\nAbb. 10. In Verfolgung des allgemeinen HERmoschen Sehrichtungsschemas w\u00e4re unter Bedingungen von Abb. 9 eine Lokalisations\u00e4nderung in der Weise zu erwarten, da\u00df das Gesichtsobjekt eine scheinbare Verschiebung\nnach links um den subjektiven Winkel ~ erf\u00e4hrt\nu\nAbb. 11. Tats\u00e4chlich tritt jedoch eine .Lokalisations\u00e4nderung in dem Sinne ein, da\u00df unter den Bedingungen von Abb. 9 das Gesichtsobjekt um einen\nWinkel o nach rechts verlagert erscheint\n1 Wir sagen damit nicht, da\u00df subjektive und objektive Mediane \u201ezusammenfallen\u201c, was wieder ein Verfallen in oben erw\u00e4hnten Fehler bedeuten w\u00fcrde.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\nBhckrichtungsschema entsprechende Sehrichtungsschema konstruieren, so w\u00fcrde es so ansfallen wie Abb. 10 darstellt. D. b. also es w\u00fcrde eine Lokalisations\u00e4nderung in der Art zu erwarten sein, da\u00df das Gesichtsobjekt um das subjektive \u00c4quivalent des\nhalben Prismenwinkels (= 2) nac^ links verschoben erscheint,\nmit anderen AVorten, die Hauptsehrichtung w\u00fcrde von der fr\u00fcheren nach links zu liegen kommen. (Es sei besonders bemerkt, da\u00df es sich bei der asymmetrischen Konvergenz infolge Vorsetzen eines Prismas vor ein Auge um erzwungene reflektorische Fusionsvorg\u00e4nge handelt.) Nun entspricht aber eine Verschiebung der Gesichtsobjekte nach links unter den obigen Bedingungen (vgl. Abb. 10) nicht den Tatsachen. Erscheint, wie in Abb. 7 u. 8 dargestellt, ein in der objektiven Medianebene befindliches Objekt zun\u00e4chst auch sm, dann bewirkt vielmehr Vorsetzen eines Prismas vor das rechte Auge mit der Kante nach innen, da\u00df das Gesichtsobjekt beim binokularen Sehen nicht mehr sm, sondern um einen bestimmten Betrag nach rechts verlagert erscheint. AVir kennzeichnen diese Tatsache dadurch, da\u00df wir in Abb. 11 das Sehding auf einer Sehrichtung liegend eintragen, die um den subjektiven AVinkel o rechts von der sM abliegt.\nWenn es sich nun darum handelt, ein Urteil \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe der Lokalisations\u00e4nderung durch Vorsetzen eines Prismas vor ein Auge zu gewinnen, also etwas \u00fcber die scheinbare Gr\u00f6\u00dfe des erw\u00e4hnten AATnkels o zu erfahren, dann kann man anscheinend so Vorgehen, da\u00df man unter den jetzigen Verh\u00e4ltnissen wieder die sM einstellt. Es gibt dann der AVinkel zwischen den im Kon-trollversuehe gefundenen AVerten f\u00fcr die sM und den jetzigen eine messende Charakteristik f\u00fcr die Lokalisations\u00e4nderung1. Solche Versuche sind in der Tab. 4 und der Abb. 6 dargestellt; sie sind oben beschrieben worden.\nDas physiologische Substrat2 der Lokalisations\u00e4nde-\n1\tEs w\u00fcrde eine falsche Fragestellung bedeuten, wenn man sich fragen wollte, ob die sM oder die Lokalisation sich ge\u00e4ndert hat. In dieser Frage steckt wieder eine unzul\u00e4ssige Bezugnahme auf objektive Verh\u00e4ltnisse Die Vorstellung der sM ist unter normalen Verh\u00e4ltnissen als Bewu\u00dftseinsinhalt eine unab\u00e4nderliche, sie ist immer das Bezugssystem f\u00fcr die Breiten* lokalisation. Korrekt darf man also nur von einer Lokalisations\u00e4nderung oder von einer \u00c4nderung der Sehrichtung (des Sehdings) sprechen.\n2\tAuf eine in erkenntnistheoretischer Hinsicht exakte Formulierung wird hier aus praktischen Gr\u00fcnden verzichtet.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nrung bei den besprochenen Versuchen kann wohl nur in der asymmetrischen Konvergenzinnervation liegen. Es bedarf keiner n\u00e4heren Begr\u00fcndung, da\u00df freilich auch aus diesen Versuchen eine Entscheidung dar\u00fcber, ob die zentralnerv\u00f6sen Vorg\u00e4nge ma\u00dfgebend sind oder ob etwa auch periphere Muskelfaktoren mitspielen, in keiner gesicherten Weise angebbar ist.\nDie Prismenversuche sind noch in andererWeise ausgestaltet worden. Es wurden vor beide Augen gleiche Prismen (beide Kanten links oder rechts gerichtet) vorgesetzt. Die Ergebnisse bieten bei Ber\u00fccksichtigung der einfachen physikalischen Verh\u00e4ltnisse keine Besonderheiten. Vorsetzen von gleichen Prismen vor beide Augen mit den beiden Kanten innen oder au\u00dfen vergr\u00f6\u00dferte bei Beanspruchung der relativen Konvergenz- und Divergenzbreite nur die Schwankungsbreite der Einstellungen. Vorsetzen von Prismen mit den Kanten stirnw\u00e4rts oder kinnw\u00e4rts lie\u00df die Breitenlokalisation unbeeinflu\u00dft; dasselbe war bei Beanspruchung der relativen Akkommodationsbreite durch Vorsetzen von ^-Linsen der Fall.\nAlle unsere bisherigen Untersuchungen \u00fcber die binokulare sM sind dadurch charakterisiert, da\u00df die sM immer durch die \u201eHauptsehrichtung\u201c (im Sinne Heeings) gekennzeichnet ist; mit anderen Worten, in a\u00dfen F\u00e4llen bedeutet die egozentrische Lokalisation des Kernpunktes die sM.1 Wir kommen nun zu Experimenten mit willk\u00fcrlichen Seitenwendungen der Augen, welche eine in bestimmtem Abstande gebotene Fixiermarke dauernd festhalten. Bei diesen Umst\u00e4nden ist die sM in der Regel nicht durch die Hauptsehrichtung gekennzeichnet. Die zu beschreibenden Experimente sind im Prinzipe schon von Sachs und Wlassak2, Hilleeeand3, M. H. Fischee4, vom Hoee5 auf-gezeigt worden; doch d\u00fcrfte sich eine genauere Verfolgung aus mancherlei Gr\u00fcnden empfehlen.\nZuerst wird wie gew\u00f6hnlich \u2014 bei freigegebenen Augenbewegungen \u2014 die Kontrolleinstellung gemacht; dann wird eine Blickwendung nach rechts oder links um 5\u00b0, 10\u00b0 usf. bis 25\u00b0 vorgenommen, der Blick jedesmal durch ein Fixierzeichen festgehalten und w\u00e4hrenddessen werden im indirekten Sehen sM-Einstellungen\n1\tEine Ausnahme bildet unser Grundexperiment nach vorausgegangener l\u00e4ngerer Blickwendung bei festgehaltenem Blicke (vgl. S. 102).\n2\tM. Sachs und R. Wlassak, Z. Psychol. S. O. 22, 23 (1899).\n3\tF. Hillebrand in den Zus\u00e4tzen bei : E. Mach, Analyse der Empfindungen. 9. Auflage. Jena: Fischer 1922. Vgl. auch F. B. Hoemann 1925 spez. S. 403.\n4\tM. H. Fischer, Pfl\u00fcgers Arch. 188, 161 (1921).\n5\tK. vom Hofe, Graefes Arch. 116, 270 (1925).","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Localisation\n113\nder Nadel ausgef\u00fchrt. Die Ergebnisse einer Versuchsreihe erhellen aus Tab. 5 und Abb. 12.\nTabelle 5\nBlick-\nrichtung\nm\nMin.\nm\nm\nmm\nBlick nach links\nBlick nach rechts\nS. Br. + mm\n25\u00b0\t20\u00b0\t15\u00b0\tO O \u25bcH\t5\u00b0\t0\u00b0\t5\u00b0\tt\u2014\u00bb\u25a0 o o\t15\u00b0\t20\u00b0\t25\u00b0\n\u2014673\t\u2014607\t\u2014430\t\u2014128\t+ 3\t\u201411\t\u201416\t+ 14\t+ 181\t+391\t+ 588\n\u2014148,7\t\u2014133\t-94,9\t\u201427,9\t+ 6,5\t\u20142,4\t-3,49\t+3,05\t+ 39,5\t+85,6\t+ 129,5\n8,5\t3,0 |\t6,0\t8,0\t1,5\t2,0\t5,0\t3,0 1\t6,0\t6,5\t3.0\n\u2022 -2 5\u00b0dl'ick nach rechts\n\u25a0\u25a025\u00b0Blick nach finks\nAbb. 12. Lokalisation der sM im indirekten Sehen bei willk\u00fcrlichen Blickwendungen bis zu 25\u00b0 in Stufen von 5\u00b0. Auf den Abszissen sind die Abweichungen der sM von der objektiven Prim\u00e4rmedianen verzeichnet, auf den Ordinaten ist das jeweilige Ausma\u00df der Blickwendungen angegeben\nEs ist ersichtlich, da\u00df unter unseren Bedingungen ausnahmslos die Nadel nur dann sm erscheint, wenn sie auf bestimmten peripheren Netzhautbezirken abgebildet wird. Diese Einstellungen im indirekten Sehen bringen mancherlei Schwierigkeiten mit sich, die sich unter anderem durch die relativ gro\u00dfe Schwankungsbreite der Einstellungen kennzeichnen. Diese d\u00fcrfte jedoch auch noch einen anderen Grund haben; es ist trotz eines","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nguten Fixierzeichens schwer oder besser kaum m\u00f6glich, Blickwendungen etwas gr\u00f6\u00dferen Ausma\u00dfes l\u00e4ngere Zeit unver\u00e4ndert beizubehalten. Unvermeidlich tritt der sog. \u201eEinstellnystagmus\u201c auf, der in einem allm\u00e4hlichen Abgleiten der Augen vom Fixationsobjekte und in immer wieder anschlie\u00dfenden raschen Korrektivbewegungen besteht. Trotz alledem sind die Einstellungen der sM unter genannten Bedingungen durch eine recht hohe subjektive Bestimmtheit ausgezeichnet.\nRelativ geringe willk\u00fcrliche Blickwendungen bis 5\u00b0 und etwas dar\u00fcber (nicht unerhebliche zeitliche und individuelle Schwankungen m\u00fcssen offenbar zugegeben werden) scheinen die egozentrische Lokalisation unter Umst\u00e4nden gar nicht oder nur recht wenig zu beeinflussen. Bei gr\u00f6\u00dferen willk\u00fcrlichen Blickwendungen treten jedoch, wie alle genannten Autoren berichten, starke Ver\u00e4nderungen auf. Wir k\u00f6nnen sie, zun\u00e4chst ohne jede R\u00fccksicht auf ihre Bedeutung, etwTa so charakterisieren, da\u00df die sM im Sinne der Blickwendung und in einem gewissen Verh\u00e4ltnisse \u201emitgenommen\u201c erscheint. An unserer Kurve Abb. 12 ist auffallend, da\u00df von einer gewissen Blickwendung an die \u201eMitnahme\u201c der sM geradezu geradlinig proportional der Blickwendung erfolgt. Die Gr\u00f6\u00dfenordnung der \u201eMitnahme\u201c der sM liegt im Bereiche der bei vorausgegangenen Untersuchungen gefundenen Werte.1\n1 Hillebrand 1. c. sch\u00e4tzte die \u201eVerlagerung'\u201c der sM auf ca. % des Augendrehungswinkels. M. H. Fischer (1921) fand bei Blickwendungen von 11\u00b0 18', 21\u00b0 48', 30\u00b0 58' nach rechts eine \u201eMitnahme\u201c der sM von 2\u00b0 20', 6\u00b0 37', 10\u00b0 15', nach links von 1\u00b050/, 4\u00b0 34', 9\u00b0 52'. Vom Hofe (1925) berichtet von \u201eMitnahme\u201c der scheinbaren Kopfmedianen, die \u00fcber 50% des Augendrehwinkels betr\u00e4gt. Auch C. O. Roelofs und A. J. de Favauge-Bruyel, Arch. Augenheilk. 95, 111 (1924) haben Untersuchungen \u00fcber die Lokalisation bei Augenwendungen gemacht; diese sind jedoch mit unseren nicht direkt vergleichbar. Nur Dietzel, Z.Biol. 80, 289 (1924) ist bei Verwendung mehrerer Vpn. zu keinem konstanten Ergebnisse gekommen. Es fanden sich Individuen, bei welchen seitliche Blickwendungen \u00fcberhaupt einflu\u00dflos auf die Lokalisation der sM blieben, wieder andere, bei welchen eine \u201eVerschiebung\u201c des Lokalisationsbereiches der sM nach der entgegengesetzten Seite zustande kam und endlich solche, bei denen die \u201eVerschiebung\u201c im Sinne der Blickwendung erfolgte. Wenn auch ganz sicher gewisse individuelle Unterschiede unleugbar zugegeben werden m\u00fcssen, so d\u00fcrfte doch andererseits die eigenartige Inkonstanz bei Dietzels Untersuchungen nicht unberechtigte Zweifel erwecken. Es ist aus Dietzels Darstellung nicht ersichtlich, ob die f\u00fcr so subtile Untersuchungen unbedingt n\u00f6tigen Vorsichtsma\u00dfregeln \u2014 es wTar oben wiederholt davon die Rede \u2014 von Dietzels Vpn. in gen\u00fcgender Weise ber\u00fccksichtigt worden sind.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n115\nVon \u201eMitnahme\u201c der sM bei willk\u00fcrlichen Blickwendungen zu sprechen, ist nat\u00fcrlich nur eine bildliche Ausdrucksweise, der weiter gar kein Sinn zukommt. Meritorisch haben die Bedeutung dieser Erscheinung schon Hillebband und F. B. Hoemann angeschnitten. Da sie aber unseres Erachtens von allgemeinerer Bedeutung zu sein scheint, mu\u00df ihr einige Aufmerksamkeit gewidmet werden.\nDer Einfachheit halber wollen wir monokulare Schemata heranziehen, da sich dadurch prinzipiell nichts \u00e4ndert. Ein in\nder objektiven Medianebene (oM) (Abb. 13); rechts seitlich bef\u00e4nde\nO. M.\nAbb. 13. Blickrichtungsschema\ngelegenes Kreuz werde fixiert sich in bestimmtem Abstande\nS. M.\n% *\n% *\n\\ *\nS ! \\\n:\t^\ni\tJ\ni\t/*\n;\t/ \u00bb\n1\tif\n\\ /\n. 0 i t\nV\nAbb. 14. Einfaches Sehrichtungsschema ; a =4= \u00ab, da Gesichtswinkel u. Sehwinkel inkommensurabel sind\nvom Kreuze ein Pfeil. Der Winkel a (Abb. 13) ist dann der\nGesichtswinkel. Wenn, wie wir annehmen wollen, die Lokalisation\nrichtig ist, dann erscheint das gesehene Kreuz sm und der Pfeil\nin einer bestimmten Entfernung rechts davon (Abb. 14); diese\nscheinbare Entfernung ist durch den Sehwinkel a gekennzeichnet ;\na =j= a, denn sie sind inkommensurabel. Nun f\u00fchre (Abb. 15)\ndas Auge eine Blickbewegung nach rechts aus (Kreuz und Pfeil\nblieben unver\u00e4ndert!), bis es den Pfeil erreicht und ihn fixiert;\ndann ist der Blickwinkel b = dem Gesichtswinkel a. Durch die\nBlickbewegung und neue Fixationsstellung des Auges ist nun aber,\n\u2022 \u2022\nwie die oben besprochenen Versuche beweisen, eine \u00c4nderung der","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\negozentrischen Lokalisation eingetreten wie sie Abb. 16 darstellen\nsoll: das Kreuz erscheint links und der Pfeil weniger\nrechts als vorher. Der Sehwinkel a aber, also die relative\n\u2022 \u2022\nLokalisation hat keine \u00c4nderung erfahren : die scheinbare Distanz der beiden Sehdinge voneinander ist genau die gleiche gebheben. Wenn wir auch hier wieder konsequent, wie wir es oben schon als notwendig gefordert haben, den Begriff der Sehrichtung egozentrisch fassen, dann m\u00fcssen wir sagen: durch die Blickbewegung hat sich die Sehrichtung der Sehdinge\nO. M.\nAbb. 15. A. Blickrichtungsschema nach einer willk\u00fcrlichen Blickwendung um den Blickwinkel b vom Kreuz bis zum Pfeil. Blickwinkel b = Gesichtswinkel a auf Abb. 13\nAbb. 16. Lokalisations\u00e4nderung nach der willk\u00fcrlichen Blickwendung um den Winkel b. Der Sehwinkel zwischen Kreuz und Pfeil (Winkel \u00ab, vgl. auch Abb. 14) ist gegen\u00fcber den Verh\u00e4ltnissen vor der Blickwendung (Abb. 14) unver\u00e4ndert geblieben, jedoch hat sich die egozentrische Lokalisation insofern ge\u00e4ndert als das Kreuz nun links von der sM erscheint,, der Pfeil aber um den Winkel \u00df, der kleiner ist als der Winkel \u00ab nach\nrechts von der sM verschoben erscheint\n(etwas pleonastisch ausgedr\u00fcckt) ge\u00e4ndert, nicht aber der Unterschied der Sehrichtungen untereinander. Ist in Abb. 14 der scheinbare Winkel a ein Kennzeichen f\u00fcr die Sehrichtung des Pfeiles, so ist es nunmehr nach vollf\u00fchrter Blickbewegung in Abb. 16 der scheinbare Winkel \u00df ; und \u00df < a.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n117\nAVir sind wohl zu einer solchen Formulierung gezwungen, denn in unserem Bewu\u00dftsein ist f\u00fcr gew\u00f6hnlich nichts davon auf weisbar, da\u00df sich etwa die sM ge\u00e4ndert h\u00e4tte. 1 Wenn wir zun\u00e4chst bildlich trotzdem eine solche Ausdrucksweise gebraucht hatten, dann ging dieselbe nur aus introspektiven Betrachtungen \u00fcber messend charakterisierende Untersuchungen hervor. Was sich allein unmittelbar auf dr\u00e4ngt, ist, da\u00df die Sehdinge ihren scheinbaren Ort ge\u00e4ndert haben. Und gerade, um etwas \u00fcber das Ausma\u00df dieser scheinbaren Orts\u00e4nderungen zu erfahren, haben wir den Umweg \u00fcber obige Untersuchungen beschritten. Denn die sM ist ja offenbar, wie wir schon wiederholt auf weisen konnten, das subjektive Bezugssystem der egozentrischen Breitenlokalisation.\nWenn nun auch unsere Beobachtungen zun\u00e4chst einmal rein statische sind, so ergeben sich aus ihnen doch recht bemerkenswerte Konsequenzen in dynamischer Hinsicht. Wenn als der Erfolg einer etwas ausgiebigeren Blickwendung eine gar nicht unbedeutende \u00c4nderung der egozentrischen Lokalisation eintritt, dann mu\u00df eine solche Lokalisations\u00e4nderung schon w\u00e4hrend der Blickbewegung ablaufen, wobei allerdings zun\u00e4chst offen bleiben mu\u00df, ob sie kontinuierlich oder diskontinuierlich erfolgt. Wir werden also hier unwillk\u00fcrlich auf das so oft er\u00f6rterte und hei\u00df umstrittene (v. Helmholtz, Hering, Hillebrand, F. B. Hoemann, v. Kries, Tscheemak u. a.) Problem der sog. \u201eRuhe der Objekte\u201c bei willk\u00fcrlichen2 Blickbewegungen gef\u00fchrt.\n1\tGanz allgemein scheint dies allerdings nicht der Fall zu sein, vom Hofe zum Beispiel berichtet, \u201eda\u00df bei der Augendrehung auch der in Wirklichkeit geradeaus gerichtete Kopf gedreht erscheint, und zwar im Sinne der Augendrehung, wenn auch schw\u00e4cher.\u201c Auch bei Roelofs, Graefes Arch. 113, 239 (1924), und Roelofs und de Favauge-Bruyel finden sich \u00e4hnliche Vermerkungen. Wenn vom Hofe weiter findet: \u201eDesgleichen verschiebt sich die Mediane des Rumpfes im selben Sinne\u201c, so befindet er sich dabei allerdings in einem gewissen Gegens\u00e4tze zu den Ergebnissen von E. Wodak und M. H. Fischer, Mschr. Ohrenheilk. 58, 404 (1924). Vergleiche auch K. vom Hofe, Z. Sinnesphysiol. 57, 174 (1926).\nJedenfalls beweisen diese Angaben, da\u00df schon bei Augenwendungen die Vorstellung vom eigenen K\u00f6rper in ihren internen Relationen bemerkenswerte \u00c4nderungen erfahren kann. Die aus einem solchen Verhalten f\u00fcr unsere Probleme erwachsenden, nicht unerheblichen Schwierig keiten werden uns noch in viel gr\u00f6\u00dferem Ausma\u00dfe bei den Stamm- und Kopfdrehungen besch\u00e4ftigen.\n2\tVon unwillk\u00fcrlichen, reflektorischen Augenbewegungen soll hier zu-","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nEs ist in der Tat fast durchwegs daran festgehalten worden, da\u00df die Gegenst\u00e4nde bei wanderndem Blicke keine Ortsver\u00e4nderung erfahren bzw., was man damit identifizieren zu d\u00fcrfen glaubte, im allgemeinen in Ruhe gesehen werden. Eine solche Auffassung scheint sich freilich ganz \u00fcberzeugend aus den einfachsten allt\u00e4glichen Beobachtungen zu ergeben. \u00dcber die Ursache dieser scheinbaren Ruhe sind verschiedene, recht auseinandergehende theoretische Meinungen ge\u00e4u\u00dfert worden. Eine Diskussion derselben kann hier unterbleiben.\nAber aus unseren Untersuchungen, die qualitativ v\u00f6llig mit den Ergebnissen vorausgegangener Autoren \u00fcbereinstimmen, geht mit unleugbarer Sicherheit hervor, da\u00df \u2014 wie schon erw\u00e4hnt \u2014 der Erfolg einer ausgiebigeren Wendung und Festhaltung des Blickes eine recht betr\u00e4chtliche \u00c4nderung der egozentrischen Lokalisation ist. Unsere Kurve (Abb. 12) zeigt, da\u00df kleinere Blickbewegungen bis h\u00f6chstens 10\u00b0 eine Lokalisations\u00e4nderung noch nicht zur Folge haben m\u00fcssen, da\u00df aber dann die graduelle Lokalisations\u00e4nderung der zunehmenden Blickwendung fast mit geradliniger Proportionalit\u00e4t folgt. Wie schon oben erw\u00e4hnt, ist es als wahrscheinlich anzusehen, da\u00df sich die Lokalisations\u00e4nderung aber nicht einfach als Folge an die durchgef\u00fchrte willk\u00fcrliche Blickwanderung anschlie\u00dft, sondern da\u00df sie schon w\u00e4hrend der Blickwanderung sich entwickelt. Wenn nun die Lokalisations\u00e4nderung w\u00e4hrend der Blickwanderung eine kontinuierliche* 1 2 w\u00e4re, dann w\u00fcrde dies offenbar nichts anderes bedeuten, als da\u00df die Gesichtsobjekte w\u00e4hrend der willk\u00fcrlichen Blickwanderung eine sog. \u201eegozentrisch bestimmte Scheinbewegung,u wie v. Kries derartige Erscheinungen zweckm\u00e4\u00dfig bezeichnet, ausf\u00fchren. Und gerade darauf hat schon Hillebrand 2 aufmerksam gemacht, F. B. Hoemann3 formuliert es: \u201eDie aufmerksame Beobachtung\nn\u00e4chst gar nicht die Rede sein ; das wird an anderer Stelle zusammen-fassend getan werden.\n1\tWarum dies offenbar nicht so zu sein scheint und was gerade eine Diskontinuit\u00e4t der Blickwanderung f\u00fcr unsere Frage bedeutet, das wird weiter unten genauer ausgef\u00fchrt werden.\n2\tF. Hillebrand in E. Mach, Analyse der Empfindungen, 9. Aufl., S. 805. Jena: Fischer 1922. Hillebrand hat allerdings sp\u00e4ter, Z. Psychol. 104, 129 (1927), eine andere Meinung zu vertreten gesucht ; davon wird noch die Rede sein.\n3\tF. B. Hofmann, Raumsinn, S. 403.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n119\nlehrt aber, da\u00df in Wirklichkeit doch eine geringe \u00c4nderung der scheinbaren Lage der Objekte statthat, und zwar verschiebt sich der ganze Sehfeldinhalt bei einer Blickwendung nach der ihr entgegengesetzten Seite hin.\u201c Auch Roeloes 1 beschreibt offenbar dieselbe Tatsache mit folgenden Worten: \u201eDie Lokalisation im Gesichtsfeld ist nicht gleich mit der Lokalisation im Blickfelde, so da\u00df bei bewegtem Auge eine scheinbare Verlegung der sichtbaren Gegenst\u00e4nde auftritt.\u201c\nWenn wir also offenbar in unseren diesbez\u00fcglichen Betrachtungen auch nicht fehlgehen, so ist es doch zun\u00e4chst sehr sonderbar, da\u00df unter den Bedingungen des gew\u00f6hnlichen Sehens die genannten egozentrisch bestimmten Scheinbewegungen bei willk\u00fcrlichen Blickwanderungen so gut wie gar nicht auffallen, da\u00df es erst einer \u201eaufmerksamen\u201c Beobachtung bedarf, wie F. B. Hoemann sagt, um sie zu sehen. Diese zun\u00e4chst verbl\u00fcffende Merkw\u00fcrdigkeit d\u00fcrfte sich aber aus mehreren Gr\u00fcnden einfach auf kl\u00e4r en.\nHier ist vor allem die wuchtige, aber wenig beachtete Tatsache in den Vordergrund zu stellen, da\u00df unter nat\u00fcrlichen Bedingungen die Augenbewegungen auf ein sehr kleines Ausma\u00df beschr\u00e4nkt bleiben, 12\u00b0 nur selten \u00fcbersteigen, gew\u00f6hnlich aber noch geringer sind. Kopfbewegungen treten daf\u00fcr vikariierend ein; das hat F. P. Fischer1 2 in sehr \u00fcberzeugenden Studien (600 Vpn.) mit einer sinnreichen Einrichtung dargetan. Ja hochgradig Ametrope verwenden nach F. P. Fischer beim Umherblicken den Kopf fast immer. Nun \u00e4ndert sich nach unseren Befunden gerade bei derartig geringen Blick Wendungen die egozentrische Lokalisation entweder nur sehr vrenig oder gar nicht. Es darf darum nicht wundern, da\u00df hier Scheinbewegungen der Sehdinge so gut wie \u00fcberhaupt nicht in Betracht kommen. Wenn Augen und Kopfbewregungen vorhanden sind, dann sind die Verh\u00e4ltnisse ganz anders, vor allem mannigfach kompliziert; darauf kann hier vorl\u00e4ufig nicht n\u00e4her eingegangen werden.\nNoch bedeutsamer f\u00fcr die sog. Ruhe der Objekte bei willk\u00fcrlichen Blickbewregungen scheint uns aber der eigenartige\n1\tC. 0. Koelofs, Graefes Arch. 113, 239 (1924) spez. S. 251.\n2\tF. P. Fischek, Graefes Arch. 113, 394 und 115, 49 (1924); hier auch weitere Literaturangaben.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 61\n9","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nCharakter aller willk\u00fcrlichen Blickbewegungen gegen\u00fcber reflektorisch ausgel\u00f6sten oder wenigstens reflektorisch mitbedingten Angenbewegungen zu sein. Es ist sehr merkw\u00fcrdig, da\u00df man an diesen Dingen zumeist achtlos vorbeigegangen ist. Alle willk\u00fcrlichen Blickbewegungen erfolgen relativ raschundruckartigin sog. Sakkaden (Erdmann u. Dodoe, Oehrwall, Gertz, Dohlman, Borries 1 und zahlreiche andere). Borries 2 schreibt folgende bemerkenswerte Worte: \u201eDurch die sakkadierten Rucke vermeidet man die Scheinbewegungen, und der Gesichtsraum wird eingeteilt in eine Reihe stillstehender Gesichtsfelder. Dasselbe geschieht, wenn man in einem Buche liest : die Augen bewegen sich sakkadiert. Zeigt man dagegen im Buche mit einem Finger und fixiert man, ohne die Worte zu lesen, mit einer langsamen Augenbewegung den Finger, w\u00e4hrend er einer Zeile im Buche folgt, sieht man sofort Scheinbewegungen der Buchstaben.\u201c Der zweite von Borries erw\u00e4hnte Fall betrifft eine sog. \u201elangsame, aktive, kontinuierliche Fixationsbewegung\u201c oder \u201elangsame aktive Augenbewegung\u201c (Borries), \u201egleitende langsame Augenbewegung\u201c (Gertz), \u201eF\u00fchrungsbewegung\u201c (Cords1 2 3). Diese \u201eF\u00fchrungsbewegungen\u201c \u2014 der Ausdruck von Cords\u00bb scheint uns am zweckm\u00e4\u00dfigsten zu sein \u2014 sind nun meist fast ideal kontinuierlich, nur recht selten normalerweise von Sakkaden unterbrochen (Dohlman4). Und gerade bei den F\u00fchrungsbewegungen treten sehr deutliche Scheinbewegungen auf. Dasselbe gilt f\u00fcr die langsamen Phasen des optokinetischen (Borries) und auch des vestibul\u00e4ren Nystagmus, die gleichfalls ihrem Charakter nach F\u00fchrungsbewegungen gleichkommen. Von den raschen Phasen jener experimentellen Nystagmen kann hier einstweilen abgesehen werden; sie sind f\u00fcr gew\u00f6hnlich f\u00fcr die Scheinbewegungen nicht bestimmend, \u00e4u\u00dfern sich zumeist optischsensorisch \u00fcberhaupt nicht.5 \u2022 \u2022\nUbersehen wir diese Tatsachen, dann mu\u00df man wohl doch zu dem Schl\u00fcsse kommen, da\u00df gerade in der Sakkadierung\n1\tG. V. Th. Borries, Fixation n. Nystagmus. Kopenhagen, Th. Linds u. Leipzig, K. F. Koehler 1926. Hier auch Literaturangab en.\n2\tG. Y. Th. Borries 1926, S. 54.\n3\tR. Cords, Vers, dtsch. ophthalmol. Ges. Heidelberg 1925, 91; Graefes Arch. 123, 173 (1929.)\n4\tG. Dohlman, Acta oto-laryngol. Suppl. V, 1\u2014196 (1925.)\n5\tDas ist keineswegs ausnahmslos der Fall; Genaueres dar\u00fcber wird uns anderen Ortes besch\u00e4ftigen.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n121\nder willk\u00fcrlichen Blickbewegungen zumindestens ein sehr wesentlicher Grund daf\u00fcr zu suchen ist, da\u00df hier die Scheinbewegungen so stark zur\u00fccktreten. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, da\u00df noch andere Faktoren mitspielen. Da\u00df w\u00e4hrend der sehr raschen Sak-kaden eine Scheinbewegung \u00fcberhaupt nicht zu sehen ist, das mag in der gro\u00dfen Geschwindigkeit dieser Augenbewegungen liegen. \u00dcbrigens vermerken Erdmann und Dodge, wie auch Oehbwall, da\u00df w\u00e4hrend der Sakkaden \u00fcberhaupt kein optischer Eindruck empfangen wird, so wie es in der Regel w\u00e4hrend der raschen Phasen eines Nystagmus ist.\nDa\u00df aber Scheinbewegungen bei willk\u00fcrlichen Blick -Wanderungen \u00fcberhaupt fehlen, das m\u00fcssen wir im Einkl\u00e4nge mit oben erw\u00e4hnten Autoren bestreiten. Besonders bei ausgiebigeren und m\u00f6glichst raschen Blickwendungen und einiger Aufmerksamkeit kann man sie ohne Zweifel feststellen.1 Sie sind nur im Vergleiche zu der nicht unbetr\u00e4chtlichen \u00c4nderung der egozentrischen Lokalisation recht gering. Das ist ein wichtiges Argument daf\u00fcr, da\u00df es ein logischer Fehler w\u00e4re, Lokalisations\u00e4nderungen und Scheinbewegungen einander einfach parallel zu setzen. Daf\u00fcr, da\u00df sie bei willk\u00fcrlichen Blickwendungen recht stark auseinandergehen, m\u00f6chte uns scheinen, liegt der Hauptgrund in den Sakkaden. Die Lokalisations\u00e4nderung erfolgt dadurch gewisserma\u00dfen diskontinuierlich.\n3. Der Einflu\u00df der Netzhautabbildung auf die egozentrische\nLokalisation\nEbenso wie Tschermak, F. B. Hofmann, Hildebrand, M. H. Fischer, Dietzel, vom Hofe u. a. mu\u00dften wir feststellen, da\u00df der Eindruck sm nicht an eine bestimmte Netzhautstelle gebunden ist. Auf keinen F all wird der Kernpunkt ausnahmslos, sondern im Gegenteil nur unter ganz gewissen Bedingungen sm lokalisiert. Daraus ergibt sich die selbstverst\u00e4ndliche, \u00fcbrigens oft vertretene (F. B. Hofmann, v. Helmholtz, v. Kries, Tschermak u. a.) Folgerung, da\u00df die egozentrische Lokalisation \u2014\n1 Wenn Hillebrand, Z. Psychol. 104, 129 (1927), S. 197 schreibt: \u201eindem\nman eine Orts\u00e4nderung...behauptet, die nie ein Mensch wahrgenommen\nhat\u201c, so entfernt er sich dadurch vom Boden realer Tatsachen. Sehr sch\u00f6n sieht man die Scheinbewegungen, wenn man speziell nachts den Blick \u00fcber die Lichter einer ferneren Ortschaft recht rasch wandern l\u00e4\u00dft.\n9*","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nvorsichtig ausgedr\u00fcckt \u2014 nicht allein an den Netzhautort gekn\u00fcpft sein kann. Aber nicht die Konsequenzen dieser Tatsachen sollen hier er\u00f6rtert werden; wir wollen vielmehr festzustellen versuchen, ob die Variation der \u201eAbbildungsverh\u00e4ltnisse\u201c1, um einen generellen Namen f\u00fcr verschiedene Modifikationen der Abbildung auf den Netzh\u00e4uten zu geben, von Einflu\u00df sind oder nicht.\nWenn man beid\u00e4ugig symmetrische Gesichtsfeldblenden (in einer Brillenfassung eingesetzt) verwendet, also z. B. beide temporalen oder beide nasalen Gesichtsfeldh\u00e4lften weitgehend abblendet, dann bleibt die Lokalisation unge\u00e4ndert.\nEbenso kann eine Beeinflussung ganz ausbleiben, wenn man asymmetrisch beide rechten oder beide linken Netzhauth\u00e4lften zum gr\u00f6\u00dften Teile abblendet. Doch machen bestehende individuelle Unterschiede hier auf Komplikationen aufmerksam. Es besteht n\u00e4mlich bei manchen Vpn., allerdings nicht mit absoluter Konstanz, die Geneigtheit, die Nadel bei der Einstellung auf sm um kleine Betr\u00e4ge (das gefundene Maximum betr\u00e4gt in unseren Versuchen 1\u00b0304) nach der offenen H\u00e4lfte des Gesichtsfeldes zu verschieben. Man k\u00f6nnte in dieser Eigent\u00fcmlichkeit einen Anklang an die HiLLEBKANDsche2 Auffassung \u201ewonach die Mediane nur durch die internen Relationen des Sehraumes charakterisiert werden kann\u201c sehen. In der Tat k\u00f6nnen hier manchmal die Einstellungen durch eine gewisse Tendenz zur H\u00e4lftung des freien Gesichtsfeldes beeinflu\u00dft werden.3 Doch ist das Verhalten sehr inkonstant und keinesfalls wesentlich oder gar allgemein g\u00fcltig.\nSchwierigkeiten bei der Einstellung der binokularen sM ergeben doppelseitige oder auch einseitige Abblendungen des zentralen Gesichtsfeldes, weil dabei h\u00e4ufig infolge ungen\u00fcgender Fusion Doppelbilder auftreten. Sind solche nicht vorhanden, dann \u00e4ndert sich in der Regel nichts. Erfolgt die zentrale Abblendung nur einseitig, dann kann es Vorkommen,\n1\tDieser Ausdruck stammt yon A. Tschermak, der ihn in \u00e4hnlicher Bedeutung verwendet [Vgl. z. B. Hdb. norm. u. path. Physiol. 12, H. 2, 834 (1930)].\n2\tF. Hillebrand, Jb. Psychiatr. 40, 213 (1920) ; Z. Psychol. 104, 129 (1927).\n\u00dcbrigens ist auch hier die M\u00f6glichkeit einer Zur\u00fcckf\u00fchrung auf\nphysiologische Tatbest\u00e4nde gegeben, wie anderen Ortes noch ausgef\u00fchrt werden wird.","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n123\nda\u00df die Nadel minimal (Minutenbetr\u00e4ge!) nach der Seite des freien Auges verschoben werden mu\u00df, um sm zu sein. Recht \u00e4hnlich ist es, wenn dem einen Auge nur durch eine stenop\u00e4ische L\u00fccke die Sicht erlaubt wird (Doppelbildergefahr!). Absolute Konstanz ist aber auch hier nicht zu erreichen, es kommt gelegentlich auch das Gegenteil vor. V\u00f6llig einflu\u00dflos oder ganz unregelm\u00e4\u00dfig wirkend sind halbseitige Abblendungen eines Auges.\nMan kann nun auch vor den Einstellungen ein kr\u00e4ftiges Nachbild einer lotrechten Leuchtlinie auf verschiedenen exzentrischen Netzhautstellen aufnehmen. Unsere diesbez\u00fcglichen Versuche zeigen, da\u00df ein solcher Vorgang ganz einflu\u00dflos auf die Lokalisation bleibt.\nHier sind Untersuchungen von Dietzel 1 zu erw\u00e4hnen. Er lie\u00df mehrere Vpn. Lichtpunkte im Dunkel sm einstellen und untersuchte dann den Einflu\u00df seitlich dargebotener Lichtpunkte auf die Lokalisation. Wurde nur ein seitlicher Lichtpunkt verwendet, dann war in den meisten F\u00e4llen der Lokalisationsbereich der sM nach der Seite des Lichtpunktes abgelenkt. Ein solches Verhalten k\u00f6nnte in folgender Weise auf physiologische Faktoren zur\u00fcckgef\u00fchrt werden. Wenn man im Dunkel einen Lichtpunkt fixiert und dann pl\u00f6tzlich seitlich einen zweiten auftauchen l\u00e4\u00dft, dann machen sich Anzeichen bemerkbar, da\u00df die Augen reflektorisch Einstellungstendenzen nach dem neuerscheinenden Lichtpunkte machen, Tendenzen, die allerdings ihr Ziel nicht erreichen. Dabei macht der urspr\u00fcnglich fixierte Lichtpunkt nicht selten Scheinbewegungen nach der Gegenseite wie Tullio 2 beschreibt. Wir werden an anderer Stelle noch Gelegenheit haben, objektive Zeichen solcher Einstelltendenzen aufzuweisen. Es ist nun nicht undiskutabel, da\u00df solche Tendenzen auch dann fortbestehen, wenn ein seitlicher Lichtpunkt dauernd vorhanden ist. Das lie\u00dfe sich vielleicht erweisen. Leider aber sind die Ergebnisse Dietzels nicht einheitlich; es ist aber recht unwahrscheinlich, da\u00df verschiedene Vpn. ein prinzipiell verschiedenes Verhalten auf weisen sollten. M\u00f6glicherweise h\u00e4ngen Dietzels Uneinstimmigkeiten mit der Nichtbeachtung verschiedener Vorsichtsma\u00dfregeln1 2 3, die er noch nicht kannte, zusammen. Dies ist um so wahrscheinlicher, als auch die\n1\tH. Dietzel, Z. Biol. 80, 289 (1924).\n2\tP. Tullio, L\u2019Orecchio. Bologna: L. Capelli 1928 spez. S. 314.\n3\tHierher geh\u00f6ren: Rumpfhaltung, vorausgegangene Kopf-, Augenbewegungen usw.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\ngleichen Vpn. bei Einzelversuchen sich verschieden verhielten. Doch besteht gewi\u00df auch die M\u00f6glichkeit, da\u00df ein gesetzm\u00e4\u00dfiger Einflu\u00df eines seitlichen Lichtpunktes auf die Lokalisation \u00fcberhaupt nicht vorhanden ist, sondern da\u00df eine St\u00f6rung im allgemeinen aus mannigfach wechselnden Gr\u00fcnden vorliegt, die wir nicht kennen.\nEndlich seien noch Versuchsreihen berichtet, die wir einer direkten Anregung A. Tscheemaks verdanken und die an fr\u00fchere von M. H. Fischer 1 unter A. Tscheemaks Leitung erinnern. Es handelt sich um Reihen der sM und des monokularen Gerade-vornes, wenn das andere Auge entweder vollkommen lichtdicht abgedeckt \u2022 oder nur durch ein Mattglas abgeblendet O ist.\nTabelle 6\nTag\tL.\tA.\tB. A.\tR.\tA.\n\t\u2022\tO\t\tO\t\u2022\n6.\t\u201422,5\t\u201413,5\t-2,5\t\u00b115,5\t\u00b122,2\n\t(\u00b1 7,0)\t(\u00b110,5)\t(\u00b16,0)\t(\u00b1 8,0)\t(\u00b1 6,5)\n5.\t\u201427,5\t\u201417,2\t-2,0\t+16,4\t+21,0\n\t(\u00b1 9,0)\t(\u00b111,0)\t(\u00b17,0)\t(\u00b110,0)\t(\u00b1 7,0)\n4.\t\u201429,0\t\u201416,2\t\u20143,3\t+17,0\t+22,8\n\t(\u00b1 6,0)\t(\u00b110)\t(\u00b17,0)\t(\u00b1 9,0)\t(\u00b1 8,0)\n3.\t\u201431,1\t\u201422,7\t\u20143,8\t+ 11,1\t+20,0\n\t(\u00b1 6,5)\t(\u00b1 8,0)\t(\u00b15,0)\t(\u00b1 8,0)\t(\u00b1 7,0)\n2.\t\u201427,1\t\u201419,0\t+1,0\t+17,3\t\u00b130,9\n\t(\u00b1 7,0)\t(\u00b1 8,0)\t(\u00b14,0)\t(\u00b1 8,0)\t(\u00b1 6,0)\n1.\t\u201427,8\t\u201416,1\t+0,2\t+18,6\t+24,8)\n\t(\u00b1 7,5)\t(\u00b1 8,0)\t(\u00b15,0)\t(\u00b1 7,0)\t(\u00b1 8,0)\nM. W.\t\u201427,5\t\u201417,5\t\u20141,73\t\u00b115,9\t+23,2\n\t(\u00b1 7,2)\t(\u00b1 9,2)\t(\u00b15,7)\t(\u00b1 8,3)\t(\u00b1 7,1)\nDas monokulare GV ist nach der Art der Abblendung des anderen Auges verschieden. Die Deutung d\u00fcrfte sich anscheinend nicht schwierig gestalten. Das abgeblendete Auge geht in die sog. \u201eAbblendungsstellung\u201c 1 2 \u00fcber, die je nach der Art der Abblendung verschieden ausf\u00e4llt. Da sich die Heterophorie auch, wie schon erw\u00e4hnt, in den Innervationsverh\u00e4ltnissen des sehenden\n1\tM. H. Fischer, Pfl\u00fcgers Arch. 188, 161 (1921).\n2\tM. H. Fischer, Graefes Arch. 108, 251 (1922).","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n125\nAuges manifestiert, d\u00fcrfte hierin der Grund f\u00fcr die verschiedene Lokalisation des monokularen GV zu suchen sein.\nWir d\u00fcrfen darum wohl allgemeiner schlie\u00dfen, da\u00df ein gesicherter direkter optischer Einflu\u00df der sog. Abbildung sverh\u00e4ltnisse auf der Netzhaut, soweit unsere Untersuchungen reichen, nicht besteht. Wenn sich ein solcher in speziellen F\u00e4llen, wie bei der monokularen Lokalisation nachweisen l\u00e4\u00dft, dann d\u00fcrfte er indirekt auf verschiedene Innervationsverh\u00e4ltnisse der Augenmuskeln zur\u00fcckf\u00fchr-bar sein.\nBin.S.M.\nG. V\t\u201e \\ ,\nft f\\\tGeradeflucht\nR.A.\nAbb. 17. Lokalisation der binokularen sM und des Geradevorns des rechten und linken Auges an 6 aufeinanderfolgenden Tagen unter verschiedenen Abbildungsverh\u00e4ltnissen. \u2022 bedeutet anderes Auge lichtdicht abgedeckt, O anderes Auge durch Mattscheibe abgeblendet. Darstellung im \u00fcbrigen\nwie Abb. 1\n4. Die Lokalisation der scheinbaren optischen Medianen bei und nach Verdrehungen des Stammes gegen den Kopf\nWenn man den Stamm gegen den Kopf verdreht oder umgekehrt, so erf\u00e4hrt die Vorstellung vom eigenen K\u00f6rper in ihren inneren Relationen eine recht betr\u00e4chtliche \u00c4nderung. Es existiert nicht mehr eine einheitliche scheinbare Mediane, sondern es sind zwei vorhanden: eine sM des Kopfes und eine sM des Stammes, die nichtsdestoweniger innig miteinander verkn\u00fcpft erscheinen. Es ist auch gleich auff\u00e4llig, da\u00df diesen Vorstellungen ein h\u00f6herer Grad von Unbestimmtheit zukommt. Schon dies l\u00e4\u00dft ahnen, da\u00df wir es bei der Be-","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nhandlung solcher Fragen mit nicht unbetr\u00e4chtlichen Schwierigkeiten zu tun haben werden. Noch viel verwickelter liegen aber die Dinge, wenn wir versuchen wollen, unsere experimentellen Ergebnisse zu deuten. Wir besch\u00e4ftigen uns im folgenden zun\u00e4chst allein mit der sM des Kopfes.\nEs mag am zweckm\u00e4\u00dfigsten sein, zuerst zu untersuchen, wie sich die sM verh\u00e4lt, wenn eine l\u00e4ngerdauernde Verdrehung des Stammes gegen den Kopf oder umgekehrt vorausgegangen ist, man aber unmittelbar vor den Einstellungen wieder v\u00f6llig normale Verh\u00e4ltnisse (Normalhaltung) hergestellt hat. Zwei solcher Versuche, die eng zusammen geh\u00f6ren, w\u00e4hlen wir aus.\n\n-j wn i i\nmm-30\t-20\t-10\t0\nAbb. 19\nmm -30\t-20\t-10\t0\nAbb. 18\nAbb. 18. Lokalisation der binokularen sM in 12 aufeinanderfolgenden Einstellungen, die sich unmittelbar an eine 2 Minuten dauernde extreme Stammdrehung nach links anschlie\u00dfen. Darstellung wie in Abb. 5. Die Werte der einzelnen aufeinanderfolgenden Einstellungen in mm lauten wie folgt: -16, -12, -9, -4, -8, -11, -15, -18, -19, -25, -24, -19\nAbb. 19. Lokalisation der sM in 10 aufeinanderfolgenden Einstellungen, die sich unmittelbar an eine extreme Kopfdrehung nach rechts von 2 Minuten Dauer anschlie\u00dfen. Darstellung wie in Abb. 5. Die bei den 10 aufeinanderfolgenden Einstellungen gefundenen Werte in mm lauten wie folgt: _19\n\u2014 22, \u201412, \u20148, \u20149, \u201413, \u201417, \u201418, \u201415, \u201414\nDie Abb. 18 stellt die Einstellungen der sM nach einer 2 Minuten dauernden, extremen (90\u00b0) Stammdrehung nach links bei festgehaltenem Kopf dar, die Abb. 19 gleichfalls die Einstellungen der sM nach einer 2 Minuten langen, extremen (90 ) Kopfdrehung nach rechts bei festgehaltenem Stamme. Die relative Lage vom Kopf zum Stamme war sonach in beiden","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n127\nF\u00e4llen recht ann\u00e4hernd die gleiche. Die Einstellungen wurden wieder in unmittelbarer Folge vorgenommen.\nWenn man von einem kleinen Vorschl\u00e4ge der Kurve auf Abb. 19 absiebt, so ist eine bemerkenswerte \u00c4hnlichkeit der beiden Kurven nicht zu leugnen. Es geht offenbar daraus hervor, da\u00df nach l\u00e4nger dauernden Verdrehungen des Stammes zum Kopfe bzw. des Kopfes zum Stamme unter der Voraussetzung, da\u00df beide zum gleichen Lage Verh\u00e4ltnisse des Kopfes zum Stamme gef\u00fchrt haben, kurzdauernde \u00e4hnliche \u00c4nderungen der egozentrischen Lokalisation auf-treten. Die Lokalisations\u00e4nderungen liegen auch hier wieder sichtlich au\u00dferhalb des Bereiches der Kontrolleinstellungen, haben darum wohl eine ganz bestimmte Bedeutung. Die Schwankungsbreite der Kontrolleinstellungen ist in den vorliegenden F\u00e4llen deshalb so besonders klein, wreil hier bereits alle Erfahrungen \u00fcber modifizierende Einfl\u00fcsse ber\u00fccksichtigt werden konnten. Es wurde erst nach l\u00e4ngerer Buhe in Normalstellung mit geschlossenen Augen, kurz unter Wahrung aller Vorsichtsma\u00dfregeln eingestellt.\nDer eigenartige Verlauf der beiden Kurven d\u00fcrfte auffallend an die Kurve Abb. 5 nach l\u00e4ngerdauernder seitlicher Blickwendung erinnern. Man k\u00f6nnte darum sehr wohl daran denken, da\u00df die Grundlagen der Lokalisations\u00e4nderung hier \u00e4hnliche sind wie dort, zumal auch gen\u00fcgend Argumente vorliegen, die auf reflektorische '}'!\t\u00c4nderungen an den Augenmuskeln bei Verdrehungen\ndes Kopfes gegen den Stamm und umgekehrt hinweisen. Da uns aber aus mancherlei Gr\u00fcnden hier eine solche Auffassung nicht einfach ang\u00e4ngig erscheint, m\u00f6ge die Diskussion dieses Tatbestandes einstweilen zur\u00fcckgestellt werden, bis sich vielleicht aus anschlie\u00dfenden Versuchen weitere Anhaltspunkte ergeben haben.\nTabelle 7\n\t\t\tI M. W.\tS. Br.\n\t\t\t\t\u00b1\nhe\tGO -4-5\t90\u00b0\t+ 2,0\t9,0\nfl fl\trfl o\t60\u00b0\t~ 1,5\t5,0\nrfl <D\tQ? f-i\t30\u00b0\t\u2014 5,8\t7,0\nT a\t\t0\u00b0\t\u201411,1\t3,5\na c3\tS\t30\u00b0\t\u201413,2\t7,0\n\tr\u00b14 fl \u2022 rH\t60\u00b0\t\u201422,6\t6,5\n\t\tCO o o\t\u201426,7\t7,0","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nSolche Versuche betreffen einmal die Lokalisation der binokularen sM des Kopfes w\u00e4hrend graduell abgestufter Stammdrehungen bei unver\u00e4nderter Kopfstellung. Beispiele davon geben Tabelle 7 und Abb. 20.\nEs mu\u00df von vornherein darauf aufmerksam gemacht werden, da\u00df die Lokalisation der sM unter diesen Bedingungen mit einer sub j ektiven Unsicberbeit erfolgt, die manchmal recht hochgradig sein kann. Ein Ausdruck f\u00fcr eine bemerkenswerte Unbestimmtheit ist durch die gro\u00dfe Scbwankungsbreite der Einstellungen gegeben. Man d\u00fcrfte wohl nicht feblgeben, wenn man\n!..\n\nJ_____\nAbb. 20. Lokalisation der binokularen sM bei graduell abgestuften Stamm-drehungen nach rechts und links. Auf den Abszissen sind die Abweichungen der einzelnen Einstellungen von der objektiven Prim\u00e4rmedianen angegeben, auf den Ordinaten ist das jeweilige Ausma\u00df der Stammdrehung, --j- nach\nrechts, \u2014 nach links verzeichnet\ndiese subjektive Unbestimmtheit der egozentrischen Lokalisation eben damit in Zusammenhang bringt, da\u00df der Vorstellung vom eigenen K\u00f6rper bei gegen den Stamm verdrehtem Kopfe selbst eine unter Umst\u00e4nden recht erhebliche Unbestimmtheit zukommt.\nDas Ergebnis der Versuche l\u00e4\u00dft sich zun\u00e4chst bildlich so formulieren, da\u00df man sagt: bei einer Verdrehung des Stammes gegen den Kopf wird die sM des Kopfes vom Stamme in einem gewissen Verh\u00e4ltnisse \u201emitgenommen\u201c.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n129\nDas ist dasselbe, was vom Hofe1, Sachs und Wlassak2 und in einzelnen fr\u00fcheren Versuchen auch M. H. Fischeb3 gefunden haben, da\u00df n\u00e4mlich bei festgehaltenem Rumpfe durch eine Kopfdrehung die sM des Kopfes nicht quantitativ \u201emitgenommen\u201c wdrd, sondern um kleine Betr\u00e4ge zur\u00fcckbleibt. Man k\u00f6nnte auch sagen, da\u00df die sM des Kopfes und des Stammes aufeinander Einflu\u00df nehmen. Selbstredend kommt auch hier einer solchen Bezeichnungsweise kein verst\u00e4ndlicher Sinn zu.4 Wir m\u00fcssen uns vielmehr, zun\u00e4chst allgemein, so ausdr\u00fccken, da\u00df sich beiStamm-drehungen die egozentrische optische Lokalisation in bestimmterWeise \u00e4ndert. Diese Tatsache lie\u00df uns nachsehen, ob nicht auch w\u00e4hrend der Stammdrehungen \u201eScheinverschiebungen\u201c auf treten. In der Tat findet man auch bei einiger Aufmerksamkeit, da\u00df sich das ganze Sehfeld entgegen der Richtung der Stammdrehung um ein geringes verschiebt, entsprechend der geringen \u00c4nderung der Lokalisation. Ruft man sich die oben gegebenen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die willk\u00fcrlichen Blickwendungen ins Ged\u00e4chtnis zur\u00fcck, dann sind diese Erscheinungen leicht verst\u00e4ndlich.\nSehr schwierig und in einzelnen F\u00e4llen wegen hochgradigster Unbestimmtheit \u00fcberhaupt undurchf\u00fchrbar erwiesen sich die Lokalisationsversuche mit einem Auge bei Stammdrehungen. Da die Resultate nicht einheitlich sind und es leider unterlassen wurde, immer die Heterophorie unter den jeweiligen Bedingungen zu bestimmen, sollen diese schwierigen Dinge einstweilen \u00fcbergangen werden.\nEinheitlicher fielen die Untersuchungen \u00fcber das monokulare Geradevorne aus. Tabelle 8 und Abb. 21 geben davon ein Beispiel.\nDas Geradevorne verh\u00e4lt sich \u2014 bei einer durchschnittlich gro\u00dfen Schwankungsbreite \u2014 ganz \u00e4hnlich wie die binokulare sM. Doch haben sich auch hier bereits Abweichungen ergeben, die aber von geringerem Interesse sind.\n1\tK. vom Hofe, Graefes Arch. 116, 270 (1925); wenn vom Hofe hier berichtet, da\u00df Kopfdrehungen auch die sM des Stammes \u201emitwandern\u201c lassen, so bedeutet dies offenbar nichts mehr, als da\u00df der Kopfdrehungswinkel untersch\u00e4tzt wird.\n2\tM. Sachs und R. Wlassak, Z. Psychol. S. 0. 22, 23 (1899); diese Autoren sind \u00fcbrigens auch bei Stammdrehungen zu prinzipiell gleichen Resultaten gekommen wie wir.\n3\tM. H. Fischer, Pfl\u00fcgers Arch. 188, 161 (1921).\nSie bedeutet immer eine introspektive Zur\u00fcckf\u00fchrung auf objektive Verh\u00e4ltnisse.","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nTabelle 8\nL. A.\nR. A.\n\t\tM. W.\tS. Br. \u00b1\tM. W.\tS. Br. dz\nh\u00df\t\u00ae\t90\u00b0\t\u201418,0\t12,0\t+24,6\t9,0\nfl\tS 3\t\u00fc\t60\u00b0\t\u201416,0\t13,5\t+ 17,3\t9,0\ng \u00a3\t*\t80\u00b0\t\u201423,0\t7,0\t+12,8\t10,0\n\u25a0o 2 a 3\t0\u00b0\t\u201426,0\t9,5\t+ 17,5\t8,0\na cs\tm\t30\u00b0\t\u201429,8\t10,0\t+ 10,6\t10,0\n-+->\t^ \u0153\tfl \u2022 rH\t60\u00b0\t\u201441,2\t10,5\t+ 10,1\t8,0\ni\u2014H\t90\u00b0\t\u201443,0\t9,0\t+ 8,9\t7,5\nI\nAbb. 21. Lokalisation des monokularen Geradevorns des rechten iind linken Auges bei Stammdrehungen nach rechts und links. Darstellung wie Abb. 20\nWir haben noch eine Anzahl von Lokalisationsversuchen im Dunkeln gemacht, wobei eine schwachglimmende Leuchtlinie zum Einstellen verwendet wurde. Sie bieten nichts Bemerkenswertes, au\u00dfer etwa, da\u00df die Schwankungsbreite der Einstellungen \u00f6fters etwas gr\u00f6\u00dfer gefunden wurde. Im Anschl\u00fcsse an diese Versuche wurden unter bestimmten Bedingungen Nachbilder aufgenommen und durch Koinzidenz der Nachbilder mit lotrechten Strichen ein Urteil \u00fcber deren Lokalisation zu gewinnen versucht. Unsere Erwartung damit interessierende Aufkl\u00e4rungen zu gewinnen, best\u00e4tigte sich leider nicht in einfacher Weise. Da nun eine Besprechung","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n131\ndieser noch nicht ausgereiften Untersuchungen hier nur verwirrend wirken k\u00f6nnte, soll sie lieber einer sp\u00e4teren Gelegenheit Vorbehalten werden.\nSo erhebt sich nun endlich die Frage nach dem physiologischen Vorg\u00e4nge, welcher der Lokalisations\u00e4nderung w\u00e4hrend und nach Stammdrehungen zugrunde liegt. Wir haben oben den bemerkenswerten Einflu\u00df der Augenmuskelfaktoren bzw. deren nerv\u00f6s-zentralen Vorg\u00e4nge auf die Lokalisation in einer, wie es scheint, kaum mi\u00df-zuverstehenden Weise dartun k\u00f6nnen. Nun steht es au\u00dfer Zweifel, da\u00df Verdrehungen des Kopfes gegen den Stamm und umgekehrt in einer Art, wie wir sie anwendeten, zu reflektorischen Beeinflussungen der Augenmuskeln f\u00fchren. Solche sind im Prinzip als sog. \u201eHalsreflexe\u201c aufzufassen. Beschreibungen solcher finden sich bei Barany, M. H. Fischer, Frenzel, Goldstein, Grahe, de Kleyn und Versteeuh, Simons u. a.1. Diese Halsreflexe h\u00e4ngen lediglich von der relativen Lage des Kopfes zum Stamme ab, sind also von Propriozeptoren ausgel\u00f6st. Beim normalen Individuum wirken sich nun diese halsreflektorischen Einfl\u00fcsse in der Regel derart aus, da\u00df zum Beispiel bei einer Verdrehung des Stammes gegen den festgehaltenen Kopf die Augen sozusagen um gewisse Betr\u00e4ge vom Stamme mitgenommen werden, mit anderen Worten, sie erfahren eine Seitenabweichung2 nach der Seite der Stammdrehung. Es bedeutet nat\u00fcrlich dasselbe, wenn bei Kopfdrehungen gegen den festgehaltenen Stamm die Augen hinter der Kopfdrehung Zur\u00fcckbleiben unter der Voraussetzung, da\u00df labyrinth\u00e4re und optische modifizierende Einfl\u00fcsse nicht in Frage kommen k\u00f6nnen. Das l\u00e4\u00dft sich unter gewissen Umst\u00e4nden leicht erreichen. Immerhin ist ein sicherer Nachweis solcher durch Halsmuskelfaktoren reflektorisch ausgel\u00f6ster Seitenabweichungen der Augen nicht immer eine einfache Angelegenheit. Wir haben uns mit einer bestimmten Methode, \u00fcber welche an anderer Stelle genauer berichtet werden wird, \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, da\u00df Tendenzen zu\n1\tEine Literatur\u00fcbersicht findet sich bei : M. H. Fischer, die Regulationsfunktion des menschlichen Labyrinthes usw. Erg. Physiol. 27, 209 (1928) ; auch separat M\u00fcnchen: J. F. Bergmann 1928; bei H. Frenzel Z. Hals- usw. Heilk. 21, 177 (1928.)\n2\tIn gewissen F\u00e4llen kommt es unter solchen Bedingungen sogar zu einem Nystagmus, dessen rasche Phase zum festgehaltenen Kopfe schl\u00e4gt (Frenzel 1. c).","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nsolchen reflektorischen Stellungs\u00e4nderungen der Angen unter genannten Bedingungen selbst auch dann bestehen, wenn die Augen durch strenge Blickfixation festgehalten werden. Eine quantitative Erfassung dieser Reflexe steht allerdings noch aus; sie begegnet beim Menschen schwer \u00fcberwindlichen Schwierigkeiten.\nBetrachten wir nun die bei Verdrehung des Stammes gegen\n\u2022 \u2022\nden Kopf eintretenden \u00c4nderungen der egozentrischen Lokalisation mit R\u00fccksicht auf die gleichzeitig auftretenden reflektorischen Stellungs\u00e4nderungen der Augen, so stellt sich heraus, da\u00df hier zwischen beiden ganz \u00e4hnliche Beziehungen bestehen, wie wir sie oben zwischen willk\u00fcrlichen Blickwendungen und Lokalisations\u00e4nderung feststellen konnten. Die sM erscheint \u2014 bildlich gesprochen! \u2014 nach der Seite der reflektorischen Augenablenkung \u201everlagert\u201c. Ganz unbefangen k\u00f6nnte man darum etwa die Meinung aussprechen, da\u00df die Lokalisations\u00e4nderungen bei Stammdrehungen einfach von den reflektorischen Beeinflussungen des gesamten Augenmuskelapparates bzw. dessen zentral-nerv\u00f6sen Verbindungen herr\u00fchren. Das eigenartige Verhalten der Lokalisation nach Stamm- oder Kopfdrehungen w\u00e4re dann in \u00e4hnlicher Weise zu deuten, wie es oben f\u00fcr die Lokalisation nach willk\u00fcrlichen Blickwend\u00fcngen in unserem Grundversuche darzulegen versucht wurde. In der Tat, so m\u00f6chten wir meinen, enth\u00e4lt eine solche Auffassung mancherlei Bemerkenswertes.\nNach der ge\u00e4u\u00dferten Anschauung w\u00fcrde der einzige direkte Einflu\u00df der Verdrehung des Stammes gegen den Kopf darin bestehen, da\u00df es eben infolge der dadurch bedingten graduellen Unbestimmtheit der Vorstellung vom eigenen K\u00f6rper zu einer gewissen Unbestimmtheit der Lokalisation kommt. Eine solche konnten wir ja auch in der Tat auf weisen. Allein es fragt sich, ob damit der direkte Einflu\u00df genannter Verdrehungen ersch\u00f6pfend angegeben ist. Es ist zumindestens nicht unsinnig, daran zu denken, da\u00df die Beanspruchung der Propriozeptoren der Halsmuskeln nicht nur auf indirektem Wege \u00fcber die Beeinflussung des Augenmuskelapparates, sondern auch in einer unmittelbaren Weise die optische egozentrische Lokalisation irgendwie zu modifizieren imstande ist. Anhaltspunkte daf\u00fcr lassen sich allerdings nicht ohne weiteres finden. Doch ist offenbar gerade die Beanspruchung der Halsmuskelrezeptoren in erster Linie daf\u00fcr verantwortlich zu machen, da\u00df wir ein Bewu\u00dftsein von der Ver-","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n133\ndrehung des Stammes gegen den Kopf besitzen und diese quantitativ absch\u00e4tzen k\u00f6nnen. Sie ist demgem\u00e4\u00df auch in erster Linie, wie man wohl annehmen darf, der Grund daf\u00fcr, da\u00df unter diesen Bedingungen die Vorstellung vom eigenen K\u00f6rper in ihren inneren Relationen in gewissem Ausma\u00dfe unbestimmt wdrd.1\nSo stehen wir hier vor Fragen, deren pr\u00e4zise Beantwortung einstweilen nicht durchf\u00fchrbar ist, wenn es uns auch scheinen m\u00f6chte, da\u00df sie nicht gerade von wesentlicher Bedeutung sind. Es darf wohl mit einiger Sicherheit angenommen werden, da\u00df die optische egozentrische Richtungs-Lokalisation vor allem durch die sM des Kopfes bestimmt wird.\nB.Die optische egozentrische H\u00f6henlokalisation\nBei der egozentrischen Breitenlokalisation haben die Begriffe \u201eRechts\u201c, \u201eLinks\u201c und \u201eWeder rechts noch links\u201c, also \u201eScheinbar median\u201c einen ganz klaren und endg\u00fcltigen Sinn. Dies ist ganz besonders dann einleuchtend, w^enn der gesamte K\u00f6rper normal gehalten wird. Diesbez\u00fcglich scheinen bei der egozentrischen H\u00f6henlokalisation einige Abweichungen vorzuliegen. Fr\u00fcher verwendete man hier gerne die Begriffe \u201eOben\u201c, \u201eUnten\u201c, hat sie aber in letzter Zeit (speziell F. B. Hofmann, A. Tschebmak) \u2014 offenbar deshalb, weil sie absolute Lageverh\u00e4ltnisse kennzeichnen \u2014 durch die geeigneteren Begriffe \u201eKopfw\u00e4rts\u201c, \u201eFu\u00dfw\u00e4rts\u201c ersetzt. Will man diese Begriffe allgemein verwenden, dann m\u00fcssen sie allerdings in einem weiteren Sinne gefa\u00dft werden. Es m\u00fc\u00dfte in dem \u201eKopfw\u00e4rts\u201c auch alles jene beinhaltend gedacht werden, was \u201e\u00fcber dem Kopfe gelegen\u201c erscheint, und in dem Fu\u00dfw\u00e4rts, was \u201eunter den F\u00fc\u00dfen\u201c gelegen erscheint. Selbst dann ermangeln aber die Begriffe \u201eKopfw\u00e4rts\u201c, \u201eFu\u00dfw\u00e4rts\u201c jener endg\u00fcltigen Bestimmtheit, wie sie dem \u201eRechts-Links\u201c zukommt. Was nicht rechts und nicht links erscheint, ist in der Regel genau\n1 Wir m\u00f6chten hier allerdings nicht vers\u00e4umen, darauf hinzu weisen, da\u00df auch nach solchen l\u00e4ngerdauernden Kopf- bzw. Stammverdrehungen Nachreaktionen im Sinne des KouNSTAMMschen Ph\u00e4nomens auftreten. Auch wenn der Kopf bzw. Stamm nachher fixiert gehalten wird, k\u00f6nnen sich diese Erscheinungen subjektiv merklich auswirken. Es k\u00f6nnte sein, da\u00df sich durch ein genaueres Studium dieser Verh\u00e4ltnisse manche oben angeschnittene Fragen weitergehend kl\u00e4ren lassen k\u00f6nnen. Wir sind aber derzeit noch nicht in der Lage, diese Dinge zu \u00fcbersehen.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nangebbar ; wie verh\u00e4lt es sich aber mit dem, was nicht kopfw\u00e4rts und nicht fu\u00dfw\u00e4rts ist? Man wird hier in der Tat in gro\u00dfe Verlegenheit kommen. Es fehlt hier etwas so scharf Charakterisierendes wie dort durch die sM dargestellt wird ; das mag vielleicht mit den Symmetrieverh\u00e4ltnissen des K\u00f6rpers Zusammenh\u00e4ngen. Was \u00fcber unserem Kopfe und unter unseren F\u00fc\u00dfen gelegen erscheint, das ist wohl eindeutig; hierin geht aber jedesmal die allgemeine Vorstellung vom Gesamtk\u00f6rper ein, nicht aber eine speziell determinierte Richtung derselben. Man wird im allgemeinen auch angeben k\u00f6nnen, was in der H\u00f6he unseres K\u00f6rpers gelegen erscheint und dabei vielleicht auch gelegentlich speziellere, aber sehr unbestimmte Angaben machen k\u00f6nnen. Aber allgemein von einem \u201escheinbaren Gleichhoch\u201c zu sprechen, das ist wohl deshalb nicht m\u00f6glich, weil etwas derartiges, wie gleich weiter zu zeigen sein wird, eben nicht allgemein determiniert werden kann.\nF\u00fcr die optische egozentrische Lokalisation mag noch in gewisser Beziehung eine reale Bedeutung des Begriffes \u201escheinbar Gleichhoch\u201c, noch besser \u201escheinbarer Horizont\u201c zugestanden werden k\u00f6nnen. Man k\u00f6nnte hier daran denken, da\u00df das \u201eSehrichtungszentrum\u201c in der Vorstellung von unserem K\u00f6rper eine gewisse Rolle spielt. Doch wird auch von jedem, der sich eine solche Anschauung zu eigen macht, unbedingt zugegeben werden m\u00fcssen, da\u00df die Vorstellung von der Lage des Sehrichtungszentrums in unserem K\u00f6rper h\u00f6chstens eine sehr ungenaue und unbestimmte ist, demgem\u00e4\u00df der Vorstellung von der sM in keiner Weise zur Seite gestellt werden kann. Das wird um so klarer, wrenn die haptokin\u00e4sthetische egozentrische Lokalisation herangezogen wird. Was w\u00fcrde hier \u201escheinbar Gleichhoch\u201c bedeuten? Da lie\u00dfen sich verschiedene Kriterien verwenden. Ben\u00fctzt man die Arme bei der Lokalisation, so lie\u00dfe sich von \u201escheinbarer Schulterh\u00f6he\u201c reden, ben\u00fctzt man die Beine, sind mancherlei andere M\u00f6glichkeiten gegeben. Alle aber unterscheiden sich von einander und auch alle von der optischen Lokalisation. Bei der egozentrischen Breitenlokalisation ist aber in allen F\u00e4llen \u2014 wenigstens unter normalen Verh\u00e4ltnissen \u2014 die sM etwas Einheitliches.\nWenn wir darum im folgenden eine Anzahl von Untersuchungen \u00fcber den \u201escheinbaren Horizont\u201c mitteilen, die m\u00f6glicherweise einiges Interesse erwecken, so meinen wir damit jene Einstellungen einer horizontalen Nadel, welche den Eindruck","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n135\n\u201escheinbar in Augenh\u00f6he, scheinbar Gleichhoch mit den Augen\u201c erwecken. Wir sind uns klar dar\u00fcber, da\u00df man bei solchen Einstellungen mit einer gewissen \u00dcberlegung vorgeht, ganz \u00e4hnlich w ie schon oben betreffs der Lokalisation des monokularen \u201eGeradevorne\u201c berichtet wurde. Das geht aus dem h\u00e4ufig sehr unbestimmten psychologischen Eindr\u00fccke \u201eGleichhoch\u201c mit gro\u00dfer Deutlichkeit hervor. Wir beziehen ja unsere Sinneseindr\u00fccke f\u00fcr gew\u00f6hnlich keineswegs auf das vermittelnde Sinnesorgan. Diese Untersuchungen k\u00f6nnen also jenen \u00fcber die sM nicht als gleichwertig zur Seite gestellt werden. Die wenigen Versuche, die hier zun\u00e4chst f\u00fcr uns von Interesse waren, sind mit derselben Einrichtung durchgef\u00fchrt worden, wie sie seinerzeit M. H. Fischee 1 verwendet hat. Auch die Eichung erfolgte in der gleichen Weise.\nS. 9.\t10. 11.\t12.\n6.\t7.\nAbb. 22. Darstellung der t\u00e4glichen Schwankungen des \u201escheinbaren Horizontes\" (sH) an 5 aufeinanderfolgenden Tagen. Auf den Abszissen sind die verschiedenen Tage angegeben, auf den Ordinaten die Abweichungen des scheinbaren Horizontes von der sog objektiven Augenh\u00f6he\nAbb. 23. Lokalisation des scheinbaren Horizontes in 12 aneinander anschlie\u00dfenden Einstellungen nach einer vorausgegangenen Blickhebung von 1 Minute Dauer. Darstellung \u00e4hnlich wie in Abb. 5. Die bei den einzelnen\nEinstellungen gefundenen Werte lauten wie folgt : -f- 2, A: 0, \u2014 8,_15,_11,\n\u2014 17, \u201432, \u201420, \u201424, \u201426, \u2014 23, \u2014 16\nDie Beobachtungsdistanz \u2014 gemessen vom kn\u00f6chernen Rande des \u00e4u\u00dferen Augenwinkels \u2014 betrug 77 cm. Als objektives Bezugssystem erscheint \u00fcberall die objektive Augenh\u00f6he, gegeben\n1 M. H. Fischer, Pfl\u00fcgers Arch. 188, 161 (1921).\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 61\n10","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\ndurch die wagrechte Blickebene, wie sie mit dem TscHERMAKschen Justierblocke 1 bestimmt wird.\nTabelle 9\nTag\tM. W.\tS. Br. \u00b1\n1.\t\u2014 23,6\t5,5\n2.\t\u2014 20,0\t5,0\n3.\t\u2014 16,2\t3,0\n4.\t- 8,2\t3,5\n5.\t\u2014 10,2\t2,0\nS. Br. d. M. W.\t\u00b17,7\t\nTab. 9 und Abb. 22 berichten \u00fcber den Ausfall der Lokalisationsversuche an 5 aufeinanderfolgenden Tagen. Der Loko-lisationsbereicb betr\u00e4gt schon unter Anwendung aller Vorsichtsma\u00dfregeln (!) bei den Versuchen 1\u00b0 38', wobei wohl anzunehmen ist, da\u00df er bei einer weiteren zeitlichen Ausdehnung der Versuche noch gr\u00f6\u00dfer gefunden worden w\u00e4re. Dem ist entgegenzuhalten, da\u00df der Lokalisationsbereicb der binokularen sM an 10 Tagen 1\u00b0 2D betrug (vgl. S. 95). Betreffs der Richtigkeit der Lokalisation liegen hier ganz bestimmte, immer wiederkehrende Abweichungen vor. Der scheinbare Horizont liegt, bildlich gesprochen, immer unter der objektiven Augenh\u00f6he. Ein solcher Befund konnte schon von Bourdon 2, A. Tschermak 3, Mac Dougall4, Filehne 5, E. Hoppeler 6, M. H. Fischer, G. Schubert 7 u. a. erhoben werden. Mit ihm werden mannigfache Erscheinungen in Zusammenhang gebracht, die aber hier au\u00dferhalb unseres Interessenkreises liegen.\nUnsere Aufmerksamkeit m\u00f6ge noch zahlreichen Versuchen zugewendet werden, die eine weitgehende Analogie mit dem oben\n1\tA. Tschermak, Pfl\u00fcgers Arch. 188, 21 (1921).\n2\tB. Bourdon, La perception visuelle de l\u2019espace. Paris, Schleicher fr\u00e8res 1902. spez. S. 153\u2014158.\n3\tA. Tschermak, Graefes Arch. 55. I, 1 (1902) ; Beiheft Nr. o zur Z. angeiv. Psychol. 28 (1912).\n4\tR. Mac Dougall, Psychol. Rev. Mon. Suppl. 4 (1903) ; Psychol. Rev. a. Harvard Psychol Stud. I, 145 (1903).\n5\tW. Filehne, Arch. Physiol. 1912, 461.\n6\tE. Hoppeler, Z. Psychol. S. O. 66, 249 (1913).\n7\tG. Schubert, Pfl\u00fcgers Arch. 222, 460 (1929).","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n137\nbei der sM genau besprochenen Grundversuche aufweisen. Es handelt sich um die Beeinflussung der Lokalisation durch vorausgegangene l\u00e4ngerdauernde Blickwendungen. Die Abb. 23 stellt die aneinander anschlie\u00dfende zeitliche Folge der Lokalisation des scheinbaren Horizontes nach einer extremen Blickhebung von einer Minute Dauer dar. Auch hier ist wieder der Einflu\u00df einer solchen vorausgegangenen Blickhebung so deutlich, da\u00df er au\u00dfer Zweifel steht. Ein Gro\u00dfteil der Einstellungen liegt au\u00dferhalb der Schwankungsbreite der Kontrolleinstellung. Eine Diskussion der Ergebnisse er\u00fcbrigt sich, weil sie offensichtlich auf das gleiche hinauslaufen m\u00fc\u00dfte, wie es oben bei der Ver\u00e4nderung der Lokalisation durch seitliche Blickwendung ausf\u00fchrlich er\u00f6rtert wurde. Sehr viel weniger wird die Lokalisation des scheinbaren Horizontes durch vorausgegangene Kopfbeugungen beeinflu\u00dft, wie es Abb. 24 nach extremer\n2.\t3.\n5.\t6.\n7. 8.\t9.\t10. 11. 1Z.\nAbb. 24. Lokalisation des scheinbaren Horizontes in 12 aufeinanderfolgenden Einstellungen, die sich an eine extreme R\u00fcckw\u00e4rtsbeugung des Kopfes von 1 Minute Dauer unmittelbar anschlie\u00dfen. Darstellung wie in Abb. 23. Die bei den einzelnen Einstellungen registrierten Werte lauten wie folgt: \u201413, \u2014 4, \u2014 10, \u2014 15, \u2014 14, - 18, \u2014 16, \u2014 14, \u2014 15, \u2014 19, - 15, - 17\nR\u00fcckbeugung des Kopfes von einer Minute Dauer zeigt. Die eventuellen Auswirkungen einer solchen d\u00fcrften wohl mit den Nachwirkungen der kompensatorischen Augenstellungen, welche durch Kopfbeugungen ausgel\u00f6st werden, in Zusammenhang gebracht werden k\u00f6nnen.\nEndlich seien noch Versuche kurz erw\u00e4hnt, die darin bestanden, da\u00df der scheinbare Horizont eingestellt wurde, wenn vor ein Auge ein Prisma mit der wagrechten Kante stirnw\u00e4rts oder kinnw\u00e4rts vorgesetzt worden war. Diese Versuche sind jenen \u00fcber die sM bei asymmetrischer Konvergenz nahe verwandt und sind gleichfalls einer Anregung von A. Tschermak zu verdanken.\nWir konnten nur Prismen bis maximal 2\u00b0 verwenden, da bei\n10*","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nst\u00e4rkeren die h\u00f6hendistanten Doppelbilder nicht mehr oder nur\nungen\u00fcgend zur Verschmelzung kamen. Abb. 25 zeigt, da\u00df auch\n_ \u2022 \u2022\nunter solchen Bedingungen \u00c4nderungen der Lokalisation auftreten. D\u00fcrfen wir auch hier der Einfachheit halber zu einer bildlichen Ausdrucksweise greifen, so w\u00e4re zu sagen, da\u00df der scheinbare Horizont im Sinne der brechenden Kante verlagert ist. Es ist also im Prinzip das n\u00e4mliche Verhalten wie betreffs der sM bei asymmetrischer Konvergenz (vgl. Abb. 6). Es liegt nahe, auch hier die Lokalisations\u00e4nderungen mit den durch die Fusion modifizierten Innervationsvorg\u00e4ngen am Augenrauskelapparate in Zusammenhang zu bringen. Im \u00fcbrigen k\u00f6nnen wir auf eine\nR.A. Pr. 2\u00b0 Kante\nL.\u00c6 Pr. Z\u00b0 Kante\nAbb. 25. \u00c4nderung der Lokalisation des scheinbaren Horizontes bei Vorsetzen eines Prismas von 2\u00b0 mit der Kante oben (stirnw\u00e4rts) bzw. unten\n(kinnw\u00e4rts) vor das rechte resp. linke Auge\nweitere Diskussion dieser Versuche deshalb verzichten, weil sie im Prinzip nur eine Wiederholung der Darlegungen \u00fcber die sM bei asymmetrischer Konvergenz bedeuten w\u00fcrde.\nVon weiteren Untersuchungen \u00fcber den scheinbaren Horizont sahen wir aus leicht einzusehenden Gr\u00fcnden ab. Ueber solche haben die oben angef\u00fchrten Autoren, zum Teil von anderen Gesichtspunkten ausgehend, ausf\u00fchrlich berichtet.\nIV. Diskussion und Folgerungen\nDie Anschauungen, welche sich aus unseren Experimenten ergaben, konnten an den zugeh\u00f6rigen Orten meist nur fragmentarisch ber\u00fchrt werden. Es wird sich darum schon der Klarheit halber empfehlen, sie in K\u00fcrze \u00fcbersichtlich zusammenzufassen. Dabei","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n139\nkann Gelegenheit genommen werden, sie in Vergleich zu fr\u00fcheren Auffassungen zu setzen.\nWir sind von dem Bestreben ausgegangen, eine Reihe von physiologischen Vorg\u00e4ngen zu suchen, welche imstande sind, die optische egozentrische Lokalisation zu beeinflussen. Da\u00df wir dabei nicht ersch\u00f6pfend sein konnten, ist von vornherein klar und konnte auch gar nicht beabsichtigt werden. Es gibt au\u00dfer den aufgezeigten Faktoren sicher noch zahlreiche andere, welche \u00c4hnliches bewirken k\u00f6nnen. Wir werden anderen Ortes darauf zu sprechen kommen, welchen Einflu\u00df optokinetische , akustokinetische Reize, verschiedenartige Reizungen des V estibularapparates, Hautreize usf. auf die egozentrische Lokalisation nehmen k\u00f6nnen. Ein freilich einstweilen unerreichbares Ziel aller solcher Untersuchungen h\u00e4tte zu sein, jenen physiologischen Vorg\u00e4ngen nachzu gehen, welche dem psychologischen Eindr\u00fccke bei der Lokalisation zugrunde liegen.1 Dadurch ist unseres Erachtens von vornherein eine bestimmte Arbeitsrichtung scharf umschrieben. Sie besteht haupts\u00e4chlich darin, m\u00f6glichst den neurophysiologischen Vorg\u00e4ngen Aufmerksamkeit zu schenken und m\u00f6glichst wenig in das Psychologische \u201eauszuweichen\u201c. Da\u00df auch theoretische Auseinandersetzungen tunlichst in den Hintergrund zu treten haben, das braucht kaum n\u00e4her begr\u00fcndet zu werden.\nIm subjektiven Sehraume existiert unter normalen Verh\u00e4ltnissen nur ein \u201eVorne\u201c, kein \u201eHinten\u201c. Da\u00df uns aber f\u00fcr gew\u00f6hnlich die Grenzen des Sehfeldes gar nicht auffallen, d\u00fcrfte wohl daran liegen, da\u00df der Sehraum durch den vorgestellten Raum flie\u00dfend erg\u00e4nzt wird. Wir lokalisieren nun im Sehraume in bezug auf das eigene Ich, also egozentrisch. Der Begriff \u201eegozentrische Lokalisation\u201c von G. E. M\u00fcller ist also viel bestimmter, umschriebener, zweckm\u00e4\u00dfiger als der urspr\u00fcnglich von Hering auch in diesem Sinne verwendete: \u201eabsolute Lokalisation\u201c.2\n1\tWir verzichten auch hier aus praktischen Gr\u00fcnden auf eine in erkenntnistheoretischer Hinsicht korrekte Formulierung.\n2\tHillebrand [Z. Psychol. 104, 129 (1927)] tut allerdings Hering in gewisser Beziehung Unrecht, wenn er Seite 136 schreibt: \u201eWas soll man sich denken, wenn Hering zum Ausdruck \u201eabsolute Raumwerte\u201c den erl\u00e4uternden Zusatz macht, d. h. \u201edie auf den wirklichen Raum bezogenen Raumwerte\u201c ? Hering schreibt n\u00e4mlich in der Anmerkung dazu (Raumsinn S. 532): \u201eStreng","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nBesonders ausgezeichnete Richtungen der Vorstellung* 1 von unserem K\u00f6rper sind ma\u00dfgebend f\u00fcr die Lokalisation im Sehraume nach H\u00f6he und Breite. Mit den eigenartigen Symmetrieverh\u00e4ltnissen des K\u00f6rperbaues d\u00fcrfte es nun Zusammenh\u00e4ngen, da\u00df gerade die Vorstellung von der scheinbaren Medianen bei normaler K\u00f6rperhaltung so besonders ausgezeichnet ist. Darum ist das \u201eRechts\u201c, \u201eLinks\u201c, \u201eWeder Rechts noch Links\u201c besonders bestimmt. Da\u00df das im gleichen Ausma\u00dfe f\u00fcr die egozentrische H\u00f6henlokalisation nicht zu gelten scheint, versuchten wir oben zu zeigen. Ganz besonders schwierig und vielfach umstritten sind bekanntlich die Verh\u00e4ltnisse der egozentrischen Abstandslokalisation.\nWenn sich nun infolge bestimmter Eingriffe, z. B. durch eine Verdrehung des Kopfes gegen den Stamm oder umgekehrt, die Vorstellung von unserem K\u00f6rper in ihren inneren Relationen \u00e4ndert \u2014 was nat\u00fcrlich einen Bewu\u00dftseinsinhalt darstellt \u2014 dann \u00e4ndert sich fast immer auch die egozentrische Lokalisation, d. h. die Lokalisation des Kernpunktes. G\u00e4nzlich unber\u00fchrt davon bleibt die relative Lokalisation in bezug auf den Kernpunkt. Wir konnten ein solches Verhalten in teilweiser \u00dcbereinstimmung mit anderen\ngenommen sind die Raumwerte, welche wir hier als die absoluten bezeichnen, nicht auf den wirklichen Raum, d. h. auf die durch Urteil und Schlu\u00df gewonnene Vorstellung von den drei Hauptebenen zu beziehen, sondern auf die Hauptebenen eines Raumes, den wir als den F\u00fchlraum bezeichnen m\u00f6chten, dessen Lage haupts\u00e4chlich durch die sogenannten Gleichgewichtsgef\u00fchle bestimmt wird und uns unmittelbar, nicht erst durch Reflexionen bewu\u00dft ist.\u201c Den Begriff \u201eabsolute Raumwerte\u201c wollen wir damit allerdings nicht verteidigen. Wenn Hillebrand wreiter sagt, die egozentrische Lokalisation sei relativ zum Ich, so hat er damit nat\u00fcrlich recht. Nur ist dies kein gen\u00fcgender Grund daf\u00fcr, sie \u201erelative Lokalisation\u201c zu nennen, da dieser Ausdruck schon l\u00e4ngst die Lokalisation in bezug auf den Kernpunkt bedeutet und allgemein gebr\u00e4uchlich ist.\n1 Um lokalisieren zu k\u00f6nnen, ist es nicht notwendig, da\u00df das Ich oder auch nur Teile vom Ich im Sehraume enthalten sind; das lehrt die Lokalisation leuchtender Objekte im sonst dunklen Raume. Wie sich aber die Beziehungen zwischen dem Sehraume und der Vorstellung vom K\u00f6rper entwickelt haben und wie letztere \u00fcberhaupt zustande kommt, das ist allerdings eine ganz andere Frage. Eine Diskussion derselben m\u00fc\u00dfte auf allgemeinere, tieferliegende, strittige Probleme zur\u00fcckgreifen, die derzeit endg\u00fcltig wohl \u00fcberhaupt nicht l\u00f6sbar sind, es sei denn, man wollte pers\u00f6nlichen Anschauungen Ausdruck geben. Teilweise wird davon noch zu sprechen sein. Man vergleiche hierzu auch die Auseinandersetzungen zw\u00fcschen F. B. Hofmann und F. Hillebrand. Im \u00fcbrigen ist eine Stellungnahme zu solchen Fragen keine Voraussetzung f\u00fcr unsere Darstellung.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n141\nAutoren durch unsere Versuche nachweisen. Es stellte sich dabei heraus, da\u00df in solchen F\u00e4llen die Vorstellung von unserem K\u00f6rper durch eine eigenartige Unbestimmtheit ausgezeichnet ist, was sich auch in der egozentrischen Lokalisation bemerkbar macht.\nWir versuchten das physiologische Substrat zu eruieren, welches einer solchen Ver\u00e4nderung der Vorstellung vom K\u00f6rper in ihren inneren Relationen zugrunde liegt. Es d\u00fcrfte sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um bestimmte Zust\u00e4nde in der Halsmuskulatur bzw. um die damit zusammenh\u00e4ngenden zentralnerv\u00f6sen Vorg\u00e4nge handeln. Solche Vorg\u00e4nge wirken ihrerseits auf den Augenmuskelapparat, dessen Beeinflussungen vielleicht allein f\u00fcr die Lokalisations\u00e4nderung verantwortlich zu machen sind. Die optische egozentrische Breitenlokalisation d\u00fcrfte in erster Linie durch die scheinbare Mediane des Kopfes bestimmt sein.\nIst nun die Vorstellung von der scheinbaren Medianen (speziell des Kopfes) immer das Bezugsystem unserer optischen egozentrischen Breitenlokalisation, dann hat unter gewissen Bedingungen (z. B. hei willk\u00fcrlichen Blick Wendungen) die Frage zun\u00e4chst keinen erfindbaren Sinn, ob sich die Lokalisation oder die scheinbare Mediane ge\u00e4ndert hat. Da\u00df eine solche Fragestellung \u00f6fters (z. B. von Hillebband) aufgeworfen worden ist, d\u00fcrfte wohl auf eine eigenartige Verwechslung mit introspektiven Betrachtungen an messend charakterisierenden Versuchen zur\u00fcckzuf\u00fchren sein. Wenn wir egozentrisch lokalisieren, in bezug worauf soll sich dann die scheinbare Mediane \u00e4ndern, etwa in bezug auf das Sehfeld?1 Das w\u00fcrde doch gerade eine Umkehrung der Verh\u00e4ltnisse bedeuten. Das Sehfeld hat sich im Gegenteil in bezug auf das Ich ge\u00e4ndert, d. h. die egozentrische Lokalisation der Sehdinge ist eine andere geworden.2 Das allein kommt auch zum Bewu\u00dftsein.\nVerfolgen wir ganz streng die korrekte und konsequente Trennung des subjektiven Wahrnehmungsraumes und des objektiven\n1\tDa\u00df der durch die messende Charakterisierung bezeichnete Wert der sM im objektiven Raume unter solchen Bedingungen ein anderer ist, das ist freilich der Fall. Aber eben dies darf nicht auf den subjektiven Raum \u00fcbertragen werden.\n2\tEs gibt allerdings Bedingungen, wo die Verh\u00e4ltnisse gerade umgekehrt liegen, vor allem bei Drehwahrnehmungen. Dabei handelt es sich aber nicht mehr um eine einfache egozentrische Lokalisation. \u00dcber solche Einsichten werden wir bei Gelegenheit noch berichten.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nRaumes (E. Hering, J. v. Kries, A. Tschermak u. a.), dann m\u00fcssen wir uns auch vor Verwechslungen h\u00fcten, wenn wir die Richtigkeit der Lokalisation charakterisieren wollen. Es ist nicht ang\u00e4ngig zu sagen: \u201eBlickrichtung und Sehrichtung fallen zusammen\u201c, \u201ebei symmetrischer Konvergenz fallen objektive und scheinbare Mediane zusammen u. dgl. Solche Darstellungen werfen inkommensurable Dinge durcheinander. Richtigkeit der Lokalisation bedeutet z. B. nur, da\u00df Dinge, die in der objektiven Medianebene liegen, auch subjektiv median erscheinen. Da\u00df eine solche Richtigkeit der Lokalisation f\u00fcr gew\u00f6hnlich nur beil\u00e4ufig besteht, das ist eine altbekannte Tatsache. Es ist notwendig, um Irrtiimer zu vermeiden, diese Erkenntnis bei schematischen bildlichen Darstellungen zu ber\u00fccksichtigen. Man wird es darum zu vermeiden haben, in ein Blickiichtungsschema gleichzeitig auch die Sehrichtungen einzuzeichnen.\nWir konnten nun in mehreren Versuchen zeigen, da\u00df eine bestimmte Inanspruchnahme des Augenmuskelapparates (Nachwirkungen nach vorausgegangenen, l\u00e4ngerdauernden Blickwendungen, asymmetrische Konvergenz durch Vorsetzen von Prismen, N\u00e4herungsinnervation usw.) zweifellos zu ganz typischen Beeinflussungen der egozentrischen Lokalisation f\u00fchrt. Eine Diskussion dieser Ergebnisse f\u00fchrt uns auf hei\u00dfumstrittene Gebiete, die wir jedoch hier nur insoweit beschreiten wollen, als sie mit unseren Problemen Zusammenh\u00e4ngen.\nE. Hering- hat den Netzhautorten in Verfolgung der Lokalzeichentheorie von Lotze sog. \u201erelative Raum werte\u201c in bezug auf die Netzhautmitte zugeschrieben. Wenn wir darin eine psychologische Bezeichnung sehen, so kommt ihr ein tiefgr\u00fcndiger Sinn zu.1 Es ist aber nicht klar, was man unter dem Begriffe \u201eabsolute Raumwerte\u201c2 verstehen soll, den wohl Hering wenigstens teilweise in dem Sinne von \u2014 wie man heute sagen w\u00fcrde \u2014 \u201eegozentrischen Raumwerten\u201c verwendet wissen wollte. Hillebrand \u00b0 dr\u00fcckt das in sch\u00e4rferer Form aus : \u201ef\u00fcr den zweiten Faktor, den man hier als wirksam annehmen mu\u00df, hatte man bisher zwar einen Namen (\u201eabsoluter Raumwert\u201c und \u00e4hnliches), aber hinter diesem Namen steckte kein Begriff.\u201c Es ist uns allerdings ebensowenig verst\u00e4ndlich, wenn Hillebrand\n^gl. dazu J. v. Kries, Allgemeine Sinnesphysiologie S. 163.\n2\tVgl. dazu Anm. 2 S. 139 u. 140.\n3\tF. Hillebrand, Z. Psychol 104, 129 (1927) spez. S. 130.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n143\n(1. c. S. 152) schreibt: \u201eFunktion der Netzhautstelle, z. B. der Fovea, ist ein bestimmter absoluter Ort. In der interesselosen Ausgangsstellung sind alle Orte absolute Bestimmungen und eindeutige Funktionen der Netzhautstellen.\u201c\nMan hatte schon fr\u00fchzeitig erkannt (es seien nur v. Helmholtz, v. Kries, Tschermak, F. B. Hoemann genannt), da\u00df die egozentrische Richtungslokalisation nicht allein durch den Ort der Netzhautbilder bestimmt ist, sondern noch in einer bestimmten Weise mit anderen Faktoren, vornehmlich dem Augenmuskelapparate zusammenh\u00e4ngt. Daraus ist die Theorie des \u201e S t e 11 u n g s -faktors\u201c von J. v. Kries und die Theorie der \u201eSpannungs-bilder\u201c von A. Tschermak hervorgegangen, welche beide mit den oft behaupteten \u201eInnervationsempfindungen\u201c nichts zu tun haben. Da\u00df letztere als Bewu\u00dftseinsinhalte nicht existieren, steht au\u00dfer Zweifel. Unsere Untersuchungen stellen nun wieder zweifellos fest, da\u00df der Augenmuskelapparat f\u00fcr die Richtungslokalisation mitbestimmend ist ; sie lassen aber keine Entscheidung dar\u00fcber zu, ob hier eine Sensibilit\u00e4t der Augenmuskeln (\u201eSpannungsbilder ), die Stellung der Augen (\u201eStellungsfaktor\u201c)1, die zentralnerv\u00f6sen Vorg\u00e4nge, oder etwa kombinierte Einfl\u00fcsse f\u00fcr den einheitlichen psychologischen Eindruck bei der Richtungslokalisation ma\u00dfgebend sind. Was sich f\u00fcr diese Fragen aus anderen Erfahrungen (Augenmuskell\u00e4hmungen usw.) ergibt, steht hier nicht zur Diskussion.\nEndlich sei noch den interessanten Lokalisationsproblemen bei willk\u00fcrlichen Blickwendungen einige Aufmerksamkeit zugewendet, zumal sie sich verschiedentlich sehr zugespitzt hatten. Hier ist zun\u00e4chst einmal darauf hinzuweisen, da\u00df es den Tatsachen nicht allgemein entspricht, wenn Hillebrand 2 behauptet, da\u00df \u201ees\nEs daif allerdings nicht unterlassen werden, darauf aufmerksam zu machen, da\u00df v. Kries unter dem Begriffe \u201eStellungsfaktor\u201c offenbar nicht nur den Einflu\u00df der Stellung der Augen versteht, sondern ihn weiter gefa\u00dft wissen m\u00f6chte. Das geht aus manchen Stellen seiner Darstellung unverkennbar hervor. So z. B. schreibt v. Kries (Allgemeine Sinnesphysiologie S. 212): \u201eIm ganzen d\u00fcrfen wir festhalten, da\u00df f\u00fcr die gesehenen Richtungen einerseits der Ketzhautort, andererseits aber eine ganze Anzahl verschiedener Umst\u00e4nde bestimmend ist, deren Ergebnis wir unter dem Kamen des Stellungsfaktors zusammenfassen.\u201c Es fragt sich darum, ob die Kritik des Stellungsfaktors von F. B. Hofmann (Raumsinn S. 370) in der dort gegebenen Form ihre Berechtigung hat.\n2 F. Hillebrand, Z. Psychol. 104, 129 (1927) spez. S. 138.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\nf\u00fcr die Lokalisation eines seitlichen Objektes gleichg\u00fcltig ist, ob man ihm die Gesichtslinie zuwendet oder ob man es bei ruhender Gesichtslinie mit einer peripheren Netzhautstelle beobachtet.\u201c Das gilt f\u00fcr die Richtungslokalisation sicher nicht, obwohl Hillebrand mit dieser Behauptung keineswegs allein dasteht. Diese Anschauung ist wTohl nur so zustande gekommen, da\u00df man ganz allgemein wegen des beil\u00e4ufigen Nichtbestehens von Scheinverschiebungen bei willk\u00fcrlichen Blickwendungen auf eine unver\u00e4nderte Lokalisation geschlossen hat. Alle Autoren, welche sich aber mit der Untersuchung der egozentrischen Lokalisation des Genaueren besch\u00e4ftigt haben, sind zu dem Ergebnisse gekommen, da\u00df sich die Lokalisation bei willk\u00fcrlichen Blickbewegungen zum Teil sogar sehr erheblich \u00e4ndert. Das konnten auch wir wieder in kaum mi\u00dfzuverstehender Weise zeigen. Die Lokalisations\u00e4nderung kann allerdings bei Blickbewegungen geringeren Ausma\u00dfes ausbleiben und ist im \u00fcbrigen durchwegs geringer, als man nach dem Ausma\u00dfe der Blickbewegung etwa schlie\u00dfen k\u00f6nnte.\nInfolge der genannten Tatsachen verschiebt sich nun die Frage dieser interessanten Erscheinungen nicht unerheblich gegen fr\u00fcher. Es wird zun\u00e4chst zu beantworten sein, warum trotz Lokalisations\u00e4nderung keine oder besser keine bedeutende Scheinverschiebung auftritt. Denn, da\u00df Scheinverschiebungen geringeren Ausma\u00dfes vorhanden sind, auch das ist nicht zu bezweifeln und wird bei einiger Aufmerksamkeit von jedem gesehen werden k\u00f6nnen. Die zweite Aufgabe wird sein, zu versuchen den Nachweis zu f\u00fchren \u2014 was allerdings derzeit befriedigend kaum m\u00f6glich sein wird \u2014, wTarum bei kleineren willk\u00fcrlichen Blickbewegungen keine und bei Blickbewegungen gr\u00f6\u00dferen Ausma\u00dfes nicht entsprechende Lokalisations\u00e4nderungen auftreten.\nDer Versuch einer Deutung der sog. \u201eRuhe der Gesichtsobjekte bei willk\u00fcrlichen Blickbewegungen\u201c kann nicht an der bekannten \u201eAufmerksamkeits \u2014\u201c bzw. \u201eKompensationstheorie\u201c von E. Hering Vorbeigehen, selbst dann nicht, wenn die \u201eRuhe\u201c auch keine vollst\u00e4ndige ist und in der Tat geringe Scheinverschiebungen bestehen. Allerdings ist diese, wenigstens teilweise, psychologische Theorie 1 von Hering wohl nicht in allem durch-\n1 Eine gewisse Reservation macht aber Hering doch (Raumsinn S. 547\u2014548): \u201eDenkt man sich, da\u00df der jeweilige Ort der Aufmerksamkeit bedingt ist durch einen bestimmten psychophysischen Proze\u00df, so kann man diesen Proze\u00df auch zugleich als das physische Moment (von uns ge","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n145\nsichtig genug und hat darum auch manche Widerspr\u00fcche erfahren. Hillebeand* 1 2 \u00e4u\u00dfert sich dazu folgenderma\u00dfen: \u201eDie Aufkl\u00e4rung, die wir Heeing verdanken, besteht nur darin, da\u00df die zu erkl\u00e4rende Tatsache selbst vollst\u00e4ndiger beschrieben wird, als dies vordem der Fall war; aber eine Erkl\u00e4rung, d. h. eine R\u00fcckf\u00fchrung auf bekannte Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten, ist doch gewi\u00df nicht gegeben, wenn . . Hillebeand 2 hat andererseits auf Grund von bestimmten Voraussetzungen, die wir zum gr\u00f6\u00dften Teile eben auf Grund unserer Untersuchungen nicht anerkennen k\u00f6nnen 3, in breiten Ausf\u00fchrungen eine \u201eAufmerksamkeitstheorie\u201c besonderer Art verfochten.\nWir glauben nun keineswegs etwa, die Frage der beil\u00e4ufigen Objektruhe bei willk\u00fcrlichen Blickbewegungen endg\u00fcltig beantworten zu k\u00f6nnen. Aber es scheint uns doch nicht ohne Bedeutung zu sein, an Stelle von psychologisch nicht klar determinierbaren Begriffen auf einige physiologische Momente hin weisen zu k\u00f6nnen, die hier in Frage kommen und die sich auf entsprechende Experimente st\u00fctzen.\nBei Blickbewegungen geringen Ausma\u00dfes braucht es zu keinen \u00c4nderungen der Richtungslokalisation zu kommen ; da\u00df dann auch keine egozentrisch bestimmten Scheinbewegungen vorhanden sind, ist wohl v\u00f6llig klar. Nun bleiben unter nat\u00fcrlichen Bedingungen die Augenbewegungen auf ein sehr kleines Ausma\u00df beschr\u00e4nkt. Bei absichtlich ausgef\u00fchrten Blickbewegungen gr\u00f6\u00dferen Ausma\u00dfes treten \u00c4nderungen der Richtungslokalisation auf, die zum Teile gar nicht unbedeutend sind. Da\u00df sich trotzdem nur relativ bescheidene Scheinbewegungen der Gesichtsobj ekte bemerkbar machen, d\u00fcrfte unter anderem mit dem eigent\u00fcmlichen Charakter aller willk\u00fcrlichen Blickbewegungen Zusammenh\u00e4ngen. Diese erfolgen bekanntlich immer sakkadiert, d. h. sie bestehen aus Rucken und zwischengeschalteten Ruhepausen. Aus diesem\nsperrt!) gelten lassen, welches die entsprechende Innervation der Augen muskeln ausl\u00f6st.\u201c\n1\tF. Hillebrand, Z. Psychol. 104, 129 (1927) spez. S. 135.\n2\tF. Hillebrand, Jb. Psychiatr. 40,213 (1920); Z. Psychol. 104, 129 (1927); 105, 43 (1927). Lehre von den Gesichtsempfindungen. Wien; J. Springer 1929.\n3\tHierher geh\u00f6rt vor allem die Auffassung Hillebrands vom Begriffe der scheinbaren Medianen. Ha\u00df dieselbe durch die \u201einternen Relationen des Sehraumes\u201c bestimmt sein soll, steht in Widerspruch zu unseren Blendenversuchen, abgesehen davon, da\u00df hier noch andere Einw\u00e4nde zu erheben w\u00e4ren.","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nM. H. Fischer u. A. E. Kornm\u00fcller\n\u2022 \u2022\nGrunde mu\u00df wohl auch die \u00c4nderung der Richtungslokalisation diskontinuierlich erfolgen, wodurch offenbar die Voraussetzungen zum Zustandekommen einer auffallenden Scheinbewegung unerf\u00fcllt bleiben.\nWarum aber bei willk\u00fcrlichen Blickbewegungen kleineren\n\u2022 \u2022\nAusma\u00dfes keine \u00c4nderungen der Richtungslokalisation aufzutreten brauchen und warum solche bei Blickbewegungen gr\u00f6\u00dferen Ausma\u00dfes nicht entsprechend sind, das sind Fragen, zu denen Stellung zu nehmen das vorliegende Tatsachenmaterial nicht erlaubt. Es reicht dazu nicht aus. Auf rein theoretische Auseinandersetzungen wollen wir aber besser verzichten.\nY. Zusammenfassung\nMit der Einstellmethode werden zun\u00e4chst unter m\u00f6glichst einfachen Verh\u00e4ltnissen bei normaler K\u00f6rperhaltung, mit fixiertem Kopfe usf. an verschiedenen Tagen aufeinanderfolgende Untersuchungen \u00fcber die binokulare und monokulare scheinbare Mediane, wie \u00fcber das monokulare Geradevorne vorgenommen. Auf diese Weise wird ein Urteil \u00fcber den Lokalisationsbereich und \u00fcber die Richtigkeit der optischen Richtungslokalisation gewonnen. Monokulare scheinbare Mediane und monokulares Geradevorne sind keine identischen Begriffe.\nDie monokulare scheinbare Mediane verh\u00e4lt sich je nach Beobachtungsentfernung verschieden. Das d\u00fcrfte mit den Faktoren der N\u00e4herungsinnervation und des Augengleichgewichtes Zusammenh\u00e4ngen.\nIn einem speziellen Grundversuche wird gezeigt, da\u00df die Nachwirkungen l\u00e4ngerdauernder vorausgegangener Blickwendungen die Richtungslokalisation in charakteristischer Weise beeinflussen.\nAuch k\u00fcnstliche asymmetrische Konvergenz, hervorgerufen durch Vorsetzen von Prismen vor ein Auge, \u00e4ndert die Richtungslokalisation typisch. Im Anschl\u00fcsse daran wird der Begriff \u201eSehrichtung\u201c als ein egozentrischer gefa\u00dft. Beigegebene Schemata erl\u00e4utern diese Auffassung.\nWillk\u00fcrliche Seitenwendungen des Blickes \u00e4ndern gleichfalls in gesetzm\u00e4\u00dfiger Weise die egozentrische Breitenlokalisation. Es werden Schemata beigeschlossen, welche diese Verh\u00e4ltnisse n\u00e4her aufkl\u00e4ren. Im Zusammenh\u00e4nge damit steht das Problem der beil\u00e4ufigen Ruhe der Objekte des Gesichtsfeldes bei willk\u00fcrlichen Blickbewegungen. Es lassen sich physiologische Anhaltspunkte","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Egozentrische Lokalisation\n147\nfinden, welche diese Tatsache unserem Verst\u00e4ndnisse n\u00e4her bringen k\u00f6nnen. Bei m\u00f6glichst raschen willk\u00fcrlichen Blickbewegungen gr\u00f6\u00dferen Ausma\u00dfes besteht eine, wenn auch nicht sehr bedeutende, Scheinbewegung der Gesichtsobjekte.\nEine Reihe von Experimenten besch\u00e4ftigt sich mit der Beeinflussung der Richtungslokalisation durch die Verh\u00e4ltnisse der Abbildung auf den Netzh\u00e4uten. Verschiedenartige Abblendungen des Gesichtsfeldes erweisen sich im allgemeinen als von sehr geringem oder gar keinem Einfl\u00fcsse.\nBei Verdrehungen des Stammes gegen den Kopf und umgekehrt wird die Vorstellung vom K\u00f6rper in ihren inneren Relationen eigenartig unbestimmt. Das pr\u00e4gt sich auch in der Richtungslokalisation aus, die im Wesen von der scheinbaren Medianen des Kopfes bestimmt erscheint. Es wird versucht die \u00c4nderungen der egozentrischen Lokalisation, die unter solchen Bedingungen auftreten, mit reflektorischen Beeinflussungen des Augenmuskelapparates in Zusammenhang zu bringen.\nEs werden noch einzelne Versuche \u00fcber die optische egozentrische H\u00f6henlokalisation (den scheinbaren Horizont bzw. das scheinbare Gleichhoch) mitgeteilt. Hier scheinen gewisse prinzipielle Unterschiede gegen\u00fcber der Lokalisation der scheinbaren Medianen zu bestehen. Im \u00fcbrigen f\u00fcgen sich die Ergebnisse dem allgemeinen Rahmen gut ein.\nIm Schlu\u00dfkapitel wird darauf hingewiesen, da\u00df es neben den hier abgehandelten noch andere Faktoren gibt, welche die egozentrische Lokalisation beeinflussen k\u00f6nnen. Die aus den Versuchsergebnissen m\u00f6glichen Folgerungen werden zusammenh\u00e4ngend dargestellt.\nDie Begriffe \u201eRaumwerte\u201c, \u201eStellungsfaktor\u201c, \u201eSpannungsbilder\u201c werden diskutiert.\nEndlich wird bei der Frage des Einflusses von willk\u00fcrlichen Blickwendungen auf die bestehenden \u201eAufmerksamkeitstheorien\u201c zur\u00fcckgegriffen.\nVon allgemeineren theoretischen Folgerungen wird abgesehen.","page":147}],"identifier":"lit35989","issued":"1930-31","language":"de","pages":"87-147","startpages":"87","title":"Egozentrische Lokalisation. I. Mitteilung: Optische egozentrische Richtungslokalisation","type":"Journal Article","volume":"61"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:43:11.747660+00:00"}

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