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{"created":"2022-01-31T16:43:14.950009+00:00","id":"lit36019","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Schaefer, Hans","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 62: 1-37","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"1\n(Alis dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Bonn)\n\u2022 \u2022\nUber rhythmische optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten\nVon\nHans Schaeeek (Bonn) Mit 11 Abbildungen im Text\nInhalt\nSeite\nA.\tEinleitung......................................................2\nB.\tI. Methode.........................................................3\nII.\tAuswertung der Experimente .\t 4\nC.\tM\u00f6gliche Fehlerquellen.............................................6\nI.\tBekanntes \u00fcber die\tvorliegenden\tExperimente...................6\nII.\tEinfl\u00fcsse :\na)\tphysikalischer Versuchsbedingungen..........................8\nb)\tphysiologischer Versuchsbedingungen.........................8\nc)\tpsychologischer Versuchsbedingungen.........................9\nD.\tErgebnisse I. Teil: Psychologisch eingestellte Versuchsanordnungen\nI. \u00dcbersicht.....................................................9\nII. Willk\u00fcrliche Beeinflussung...................................10\nIII.\tAbweichendes Verhalten der Nachbilder........................11\nIV.\tErm\u00fcdung.....................................................12\nV.\tAffekte.......................................................13\nVI.\tEinfl\u00fcsse der Gestalt.........................................18\nE.\tErgebnisse II. Teil : Durchschnittswerte\nI. \u00dcbersicht.................................................. 14\nII. Durchschnittswerte...........................................15\nIII.\tBeziehungen der Durchschnittswerte zueinander................16\nIV.\tWillk\u00fcrliche Beeinflussung........................- ...\t17\nV.\tAbweichendes Verhalten der Nachbilder.........................17\nVI.\tDer plastische W\u00fcrfel.........................................27\nF.\tErgebnisse III. Teil: \u201eTypen\u201c\t...\t 27\nG.\tSchlu\u00dffolgerung...................................................34\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 62\t1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nHans Schaefer\nA. Einleitung\nBei ruhiger Betrachtung von Figuren, welche eine doppelsinnige Deutung zulassen, tritt ein st\u00e4ndiger Wechsel zwischen den beiden Deutungsarten auf, welcher, bei Vornahme einiger orientierender Versuche, sich als regelm\u00e4\u00dfig erweist.\nSchon l\u00e4nger bekannt ist der Wettstreit zwischen den beiden Augen, welcher als Wettstreit der Sehfelder beschrieben wurde. Anders geartet, doch in bezug auf das schwankende Auftreten \u00e4hnlich, ist die Erscheinung relativ langdauernder Nachbilder, die bald schlagartig verschwinden, darauf ebenso pl\u00f6tzlich wieder sichtbar werden. Die Reihenfolge dieses Verschwindens und Wiederkehrens scheint gleichfalls eine in gewissem Sinne rhythmische zu sein, wenn auch mit derartig groben Abweichungen, da\u00df z. B. CombekGt, Gellhokn 1 u. a. einen eigentlichen Rhythmus in Abrede gestellt haben.\nEs war nun die Frage, ob diese Schwankungserscheinungen, deren \u00e4hnliche Natur im Vorversuch sich zu ergeben schien, eine tats\u00e4chliche Beziehung zueinander aufweisen; ob diese Beziehung sich als gesetzm\u00e4\u00dfig erweist und m\u00f6glicherweise geeignet ist, die untersuchten Erscheinungen auf eine gemeinsame physiologische Wurzel zur\u00fcckzuf\u00fchren und so zu erkl\u00e4ren.\nErkl\u00e4rungsversuche sind hier zwar nicht zum ersten Male unternommen. Wie sp\u00e4ter ausf\u00fchrlicher besprochen wird1 2, sind zur Erkl\u00e4rung des Wechsels \u00fcberhaupt Lidschlag, Augenmuskelbewegungen, reine Aufmerksamkeitsschwankungen bereits vor langer Zeit angef\u00fchrt worden. Eine sorgf\u00e4ltige Nachpr\u00fcfung dieser Erkl\u00e4rungen ergab jedoch, da\u00df sie alle nicht ausreichen, da\u00df vielmehr der Umsprung einer Auffassung in die andere, der Umschlag eines Sehfeldes ins andere auf Kr\u00e4fte zur\u00fcckgef\u00fchrt werden m\u00fc\u00dften, welche von innen heraus wirken, ohne von solchen, ja leicht zu registrierenden, \u00e4u\u00dferen Einfl\u00fcssen abh\u00e4ngig zu sein; wobei auch die Aufmerksamkeit ihren Einflu\u00df zwar geltend macht, doch den eigent\u00fcmlichen Wechsel weder v\u00f6llig aufheben noch \u00fcber ein gewisses Ma\u00df hinaus verlangsamen und beschleunigen kann.\n1\tComberg, Arch. Ophthal. 108, 295 (1922); Gellhorn, Pfl\u00fcgers Arch. 200, 194 (1924).\n2\ts. S. 8.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 3\nDie Versuche wurden an verschiedenen Personen vor-genommen, um typologische Gleichheiten, charakterologische Verschiedenheiten festzustellen und mit ihrer Hilfe m\u00f6glicherweise das Wesen der Erscheinungen zu erkl\u00e4ren.\nB.\nI. Methode\nDie Methode der Untersuchung besteht also darin, folgende Ver\u00e4nderungen aufzuzeichnen:\na)\tDas Abwechseln der Wahrnehmung zweier im Wettstreit stehender Sehfelder. Es wurde hierzu eine Achtpfennigmarke mit dem Ebertbilde dem linken, eine F\u00fcnfzehnpfennigmarke mit dem Hindenburgkopf dem rechten Auge in stereoskopischer Betrachtung vorgelegt. Nur in wenigen F\u00e4llen erwies es sich als praktischer, statt dessen das Zahlenbild einer 10-und 50-Pfennigm\u00fcnze zu nehmen. Andere Vorlagen (Figuren, schwarze und wei\u00dfe Fl\u00e4chen, Farbfl\u00e4chen) wurden als ungeeignet erkannt und verlassen.\nb)\tEs wurde zweitens mit einer f\u00fcnfundzwanzigkerzigen Gl\u00fchbirne von 18 cm Fadenl\u00e4nge durch 10 Sekunden Expositionszeit in Leseentfernung ein Nachbild hervorgerufen, welches auf einen wei\u00dfen Karton projiziert wurde, der in der Mitte des Zimmers, den Fenstern gegen\u00fcber, aufgestellt war.\nAls weiteres Objekt der Untersuchung diente die Fixation eines roten Farbquadrates auf wei\u00dfem Untergrund, durch 60 Sekunden hindurch, in Leseentfernung. Die Vp. betrachtete dabei sowohl w\u00e4hrend der Fixation als auch w\u00e4hrend der Nachbildphase einen festen Punkt, um das Wegschwimmen des Nachbildes sowie jede Verschiebung der reizenden Fl\u00e4chen auf der Netzhaut w\u00e4hrend der Expositionszeit zu vermeiden.\nDie Nachbilder wurden nur am belichteten Auge beobachtet, da es sich zeigte, da\u00df das Nachbild der Fadenlampe beim verdunkelten Auge keine Schwankung aufwies, vielmehr als positives Nachbild dauernd bestehen blieb.\nDie Aufgabe der Vp. besteht darin, zu diktieren, ob sie das Nachbild sieht, ob und wann es verschwindet und wiederkehrt.\nc)\tDrittens wird der Vp. ein NECKERscher W\u00fcrfel in Leseentfernung oder auf einer Wandtafel in etwa 3 m i^bstand vorgelegt. Sie soll diktieren, ob sie den W\u00fcrfel von oben oder von unten zu sehen glaubt.\nEine weitere Versuchsanordnung ist von v. Hornbostel1 beschrieben. Ein plastisches, aus Draht hergestelltes Gerippe eines W\u00fcrfels wird ein\u00e4ugig fixiert. Dabei tritt ein Wechsel der Betrachtung \u00e4hnlich dem beim NECKERschen W\u00fcrfel ein. Der vordere, zu fixierende Punkt des Gerippes scheint nach hinten zu r\u00fccken; der W\u00fcrfel scheint dabei schief zu werden. Die hierbei auftretenden, interessanten Empfindungen sind in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung.2\n1\tv. Hornbostel, Psychol. Forschung I. 130 (1922).\n2\tVgl. hierzu Matthaei, Erg. Physiol. 29, 1 (1929).","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nHans Schaefer\nAufgabe der Vp. ist es anzugeben, ob sie den W\u00fcrfel richtig oder falsch projiziert erblickt.\nUntersucht wurden 22 Vpn. Bei der Mehrzahl hatte man sich auf diese f\u00fcnf Versuche allein zu beschr\u00e4nken. An 5 Vpn. wurde dabei durch wiederholte Untersuchungen festgestellt, inwieweit die Reaktionen im Laufe l\u00e4ngerer Zeit gleich blieben. Um einige schon fr\u00fcher beschriebene Einfl\u00fcsse der Aufmerksamkeit, physiologisch-physikalischer Faktoren usw. zu pr\u00fcfen, wurden mehrere, weiter abge\u00e4nderte Versuche unternommen.\nII. Auswertung der Experimente\nUntersucht wurde die Form der im jeweiligen Experiment zu erhaltenden Schwankung. Es wurde also gemessen:\nZu a) Die Zeit, w\u00e4hrend der das Ebertbild (Phase I) und das Hindenburgbild (Phase II) erschien. Es wurde auf die Kopfzeichnung, nicht die Farbe geachtet.\nZu b) Die Zeit, w\u00e4hrend der das Nachbild sichtbar war (Phase I) und die Dauer der Zwischenr\u00e4ume ohne sichtbares Nachbild (Phase II).\nZu c) Die Zeit, w\u00e4hrend der der plastische W\u00fcrfel richtig projiziert gesehen wurde (Phase I) und die Zeitdauer der falschen Projektion (Phase II).\nDie Zeit, w\u00e4hrend der der NECKERsche W\u00fcrfel von oben her (Phase I) oder von unten her (Phase II) betrachtet schien.\nDie im Experiment gefundenen Zeiten wurden nach Diktat der Vp. vom VI. mit einem DESPRETZschen Schreiber auf einem Kymographion auf gezeichnet. Die so erhaltenen Kurven sind jedoch au\u00dferordentlich un\u00fcbersichtlich, da sie keinen sofortigen Vergleich der ersten und zweiten Phasen miteinander gestatten.\nAus diesem Grunde wurden aus den urspr\u00fcnglichen Versuchsresultaten je zwei Kurven folgenderma\u00dfen konstruiert:\n1. Es wird zun\u00e4chst die Zeit betrachtet, welche Phase I -[-Phase II ausmacht. Diese Zeit kann als Kurve geschrieben werden, deren Abszisse eine willk\u00fcrlich gew\u00e4hlte Einheit, deren Ordinate die Zeit ist. Die Berechtigung zu dieser Auswertung ergibt sich aus folgender \u00dcberlegung:\nEs wird zun\u00e4chst die unbewiesene Vermutung unterlegt, da\u00df die den Schwankungserscheinungen zugrunde liegenden Prozesse in physiologisch begr\u00fcndeten Vorg\u00e4ngen zu suchen sei. Es w\u00e4re demnach von Bedeutung, ob in diesen Vorg\u00e4ngen ein Rhythmus aufzufinden ist, und wenn nicht, inwieweit von einer normalen","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 5\nMittellage Abweichungen auftreten und wie diese Abweichungen bedingt sein k\u00f6nnen.\nL\u00e4ge ein Rhythmus vor, so h\u00e4tte man zun\u00e4chst als eine rhythmische Einheit die Zeit zu betrachten, in der sich ein Wechsel einmal vollzogen hat, in der also beispielsweise der Ebert-kopf erscheint, dann dem Hindenburgkopf Platz macht, bis zu dem Augenblick, wo wieder ein Ebertkopf den Hindenburgkopf in der Wahrnehmung verdr\u00e4ngt.\nDie Summe der als Phase I und Phase II benannten Abschnitte entspr\u00e4che dieser Spanne ; sie w\u00fcrde also, physiologisch gesprochen, die Zeit bemessen, in welcher der Erregungszustand des erkennenden Zentralapparates von einem Zustand (Phase I) \u00fcber den zweiten (Phase II) wieder zum ersten zur\u00fcckgekehrt w\u00e4re.\n2. Zweitens w\u00e4re das Verh\u00e4ltnis der beiden aufeinanderfolgenden Phasen von Bedeutung. Denn in der Aufteilung der gro\u00dfen Einheit (Phase I + Phase II) ist, wenn \u00fcberhaupt, das Geheimnis des Rhythmus gelegen. Es ist nicht gleichg\u00fcltig, ob sich das Verh\u00e4ltnis z. B. des Ebertbildes zum Hindenburgbild ver\u00e4ndert, ob also eines der Bilder das andere an Eindringlichkeit auf das erkennende System \u00fcberfl\u00fcgelt.\nDas Verh\u00e4ltnis dieser beiden Phasen ergibt sich am deutlichsten nicht in einer L\u00e4ngenmessung, da hierzu zwei Kurven, die der ersten und zweiten Phase, notwendig w\u00e4ren. Ebenso ist die absolute Differenz beider Phasen v\u00f6llig ungeeignet, da sie, als reine L\u00e4ngengr\u00f6\u00dfe, von der zuf\u00e4lligen L\u00e4nge der Phasen selbst, nicht von deren Verh\u00e4ltnis zueinander, abh\u00e4ngig w\u00e4re. Der Vergleich der Phasen stellt sich am besten als ihr geometrisches Verh\u00e4ltnis, ihr Quotient dar.\nSollte sich der Quotient wesentlich ver\u00e4ndern, so k\u00f6nnte das nur durch eine gleichfalls wesentliche Umstimmung des erkennenden Apparates geschehen, sei dieselbe peripher oder zentral bedingt.\nDie Berechnung des Quotienten geschieht so, da\u00df Phase I / Phase II als Zahlenwert in Zentimetern als Ordinate einer Kurve aufgezeichnet wird, deren Abszisse eine willk\u00fcrlich gew\u00e4hlte Einheit ist. Es stellt also die Kurve jene Ver\u00e4nderungen des Quotienten dar, wie sie von einem zum anderen Wechsel fortlaufend erhalten werden. Ist Phase II gr\u00f6\u00dfer als Phase I, so wird der reziproke Wert (also Phase II / Phase I) berechnet und im gleichen Verh\u00e4ltnis, nur ins Negative abgetragen. Die Abszissenachse bildet f\u00fcr positive und negative Werte den Wert \u00b1 L","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nHans Schaefer\nEine Kurve als Beispiel mit den zugrunde liegenden Zahlen ist folgende :\nTabelle 1\nPhase I\t5\t5\t7,5\t5,5\t6\t6,5\t9\t7,5\t10\nPhase II\t7\t7\t9\t21\t15\t12,5\t11,5\t12,5\t7,5\nQuotient Q\t\u2014 14\t\u2014 14\t\u2014 12\t\u2014 40\t\u2014 25\t\u2014 19\t\u2014 13\t\u2014 17\t+ 13\nPhase I + II = Z\t12\t12\t16,5\t26,5\t21\t19\t20,5\t20\t17,5\n\n\\ /\n\\ / y\n' /\n\\ /\n/\n\n/\nv\nAbb. 1. R. Wettstreit\nDie ausgezogene Kurve ist die Zeitkurve (Phase I + II),\ndie gestrichelte die Quotientenkurve (Phase I/II).\nOrdinate: 1 mm etwa 1 Sek. (1 mm \u2014 0,94 Sek.)\nDie Kurvenschreibung allein erm\u00f6glicht die Form der Betrachtung, die hier gew\u00e4hlt wurde : Die \u00dcberlegung, ob typo-logische Unterschiede im Verhalten der Vpn. bestehen, und ob sich eine Vp. in verschiedenen Kurven der gleichen Versuchsart typologisch gleich bleibt (vgl. Abb. 1 u. 7). Das zweite m\u00fc\u00dfte erf\u00fcllt sein, wenn das erste von logischer Bedeutung w\u00e4re.\nC. M\u00f6gliche Fehlerquellen\nI. Bekanntes \u00fcber die vorliegenden Experimente\nEine \u00dcberlegung \u00fcber das Wesen der hier untersuchten\nSchwankungserscheinungen mu\u00df mit der Schilderung der Einfl\u00fcsse\nbeginnen, wTelche bereits durch fr\u00fchere Untersuchungen bekannt\n\u2022 \u2022\ngeworden sind. Uber die Inkonstanz der Nachbilder ist bereits vieles geschrieben worden. Man hat die Dauer des Nachbildes, seine Eindringlichkeit usw. von den Bedingungen der Farbe (Gellhorn)1, der Expositionszeit, dem Kontrast (Gellhorn, Ebbecke)2 abh\u00e4ngig gefunden.\nMan hat ferner das eigent\u00fcmliche Verschwinden und Wiederauftauchen (Intermittieren) der Nachbilder durch den Lidschlag\n1\tGellhorn, Kuckenburg und Sch\u00f6ppe, Pfl\u00fcgers Arch. 206, 194, 211, 237 (1924).\n2\tGellhorn, a. a. O. \u2014 Ebbecke, Pfl\u00fcgers Arch. 221, 198 (1928).","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 7\nund Augenmuskelbewegungen (Fick, Ferree)1 durch Akkom-modations\u00e4nderungen, Konvergenzbewegungen usw. zu erkl\u00e4ren versucht. Helmholtz und v. Kries haben schlie\u00dflich das zeitweise Verschwinden des Nachbildes durch Aufmerksamkeits-St\u00f6rungen angenommen.\n\u00dcber die Vermutung hinaus wissen wir, da\u00df physikalischphysiologische Faktoren das Intermittieren der Nachbilder beeintr\u00e4chtigen. Sie heben dieses jedoch weder auf noch rufen sie dasselbe hervor.\nDie Ursache des Kommens und Gehens wurde vielmehr von Ebbecke und Fr\u00f6hlich in zentralen Prozessen vermutet, die analog den rhythmischen Reflexen ein Auf und Ab in der Wahrnehmung der Nachbilder bedingen. Ebbecke wies den Einflu\u00df reziproker Innervationen auf den Ablauf retinaler Nacherregungen nach.2 3 Es bleibt unten zu \u00fcberlegen, inwiefern die spontanen Schwankungen in der Sichtbarkeit starker Nachbilder mit solch reziproken Innervationen erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen.\n\u00c4hnlich verh\u00e4lt es sich mit dem Wettstreit der Sehfelder. Gellhorn 3 ruft das Vorwiegen eines Sehfeldes durch passende Farbenwahl hervor. \u00c4hnliches tat schon McDougall4 rund zwanzig Jahre vor ihm.\n\u00dcber den zureichenden Grund des Wechsels \u00fcberhaupt gibt nur McDougall4 mit gro\u00dfer Klarheit geschriebene Erkl\u00e4rungen. Er bezeichnet ihn gleichfalls als das Produkt reziprok-innervatori-scher Vorg\u00e4nge des Zentralorgans.\nDie Anschauungsverschiebung beim NECKERschen W\u00fcrfel betrachtet McDougall in gleicher Weise als \u201ereziproke Hemmung\u201c.\nVersuche mit dem W\u00fcrfel v. Hornbostels sind m. W. in dieser Hinsicht noch nicht angestellt worden. Matthaei beschreibt in seinen Ausf\u00fchrungen \u00fcber das \u201eGestaltproblem\u201c den W\u00fcrfel, ohne sich mit den Ursachen der Schwankungserscheinungen zu besch\u00e4ftigen.5\n1\tA. E. Fick und G\u00fcrber, Arch. f. Ophthalm. 36, 245 (1890). \u2014 Ferree, Amer. J. Psychol. 19, 58 (1908).\n2\tEbbecke, Pfl\u00fcgers Arch. 186, 200 (1921). \u2014 Ebbecke, Pfl\u00fcgers Arch. 221, 160 (1928).\n3\tGellhorn, a. a. O.\n4\tMcDougall, Mind. N.S. 11 (1902); 12 (1903); 15 (1906).\n5\tMatthaei, a. a. O.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nHans Schaefer\nII. Einfl\u00fcsse verschiedener Versuchsbedingungen\nWas diese Einfl\u00fcsse auf den Ablauf der Schwankungen hier\nbedeuten, legen zwei Betrachtungen klar :\n\u2022 \u2022\na)\tDie rein physikalischen \u00c4nderungen (Kontrast, Expositionsdauer, Adaptationsunterschiede) \u00e4ndern sich in den Versuchen nur sehr wenig. Es wird f\u00fcr alle Vpn. die gleiche Versuchsanordnung, bei ann\u00e4hernd gleicher Belichtung usw. gew\u00e4hlt.\nDie Versuche Gellhorns, den Einflu\u00df physikalischer Bedingungen auf den physiologischen Ablauf des Wettstreites und der Nachbilder festzustellen, sind also in diesem Zusammenhang wesenlos. Hier handelt es sich vielmehr darum, alle \u00e4u\u00dferen Bedingungen konstant zu halten und daf\u00fcr die inneren (physiologischpsychologischen) Bedingungen zu erfassen und zu variieren.\nDie Fehler, welche von ver\u00e4nderten \u00e4u\u00dferen Bedingungen stammen (die ja nie ganz konstant gehalten werden k\u00f6nnen), sind darum ohne weiteres zu vernachl\u00e4ssigen. Die geringen Unterschiede des Adaptationsgrades, der Expositionszeit, der Untergrundshelligkeit im Wettstreit z. B., w\u00fcrden ja nur den Verlauf\neiner Kurve im ganzen verschieben, indem sie einer Phase ein\n\u2022 \u2022\nkonstantes \u00dcbergewicht verleihen und damit w\u00e4hrend der Dauer des Versuchs die Quotientenkurve im ganzen senken oder heben. Bei typologischer Betrachtung w\u00e4re diese Verschiebung ohne Belang.\nb)\tBedeutsamer sind die durch Augenbewegung und Lidschlag zu bewirkenden Fehler. Es ist sicher, da\u00df beide sowohl im Wettstreit wie bei Betrachtung des NECKERschen W\u00fcrfels wie vor allem bei Nachbildern den Eintritt der neuen Phase herbeif\u00fchren k\u00f6nnen. (Es l\u00e4ge also der Verdacht nahe, da\u00df die Ergebnisse dieser Arbeit nichts als den individuellen Lidschlag aufzeigen w\u00fcrden!)\nDagegen ist zu sagen: Erstens wurden die Nachbilduntersuchungen unter dem strengen Befehl durchgef\u00fchrt, weder das Auge zu bewegen noch den Lidschlag auszu\u00fcben. Beim ersten Lidschlag wurde die Kurve abgebrochen, da ja ein vor\u00fcbergehendes Dunkelauge erzeugt worden war. Beim Wettstreit und den W\u00fcrfeln wurde darauf gedrungen, so selten wie m\u00f6glich den Lidschlag zuzulassen und die Augen m\u00f6glichst wenig zu bewegen.\nWesentlich sind diese Bedingungen nicht. Sofern n\u00e4mlich der Lidschlag selten erfolgt, hat er keinen Einflu\u00df mehr auf die","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 9\nSchwankung. Der VI. beobachtete das Auge der Vp. ; fast immer, wenn ein Umschlag diktiert wurde, war das Auge in Ruhe, erfolgte ein Lidschlag, so ver\u00e4nderte sich dar\u00fcber das Bild nur selten.\nAn Selbstversuchen ergr\u00fcndete sich das Problem wie folgt: Ist ein Umschlag von Phase I in Phase II eben erfolgt, so vermag weder Lidschlag noch Augenbewegung einen Umschlag zu bewirken. Erst wenn, der Kurve nach, in B\u00e4lde ein Umschlag zu erwarten war, trat dieser mit dem Lid schlag ein, sich wenig verfr\u00fchend.\nDie Vermutung Eichlers x, da\u00df sich der Lidschlag hierbei umgekehrt nach jedem Umschlag als Schreckreaktion einstelle, kann durch meine Beobachtungen nicht best\u00e4tigt werden. Jedenfalls mi\u00dft Eichler dem Lidschlag ebensowenig Bedeutung zu wie ich.\nc) Ein Drittes f\u00fchrt uns in die Ergebnisse der Arbeit: Die bedeutsamsten Fehler scheinen durch Ablenkung, Wille und gem\u00fctliche Erregung hervorgerufen zu werden. Durch \u00e4rgerliche Verstimmung, z. B. beim H\u00f6ren von Vorg\u00e4ngen au\u00dferhalb des Zimmers, verl\u00e4ngerte sich das vorhandene Bild, obschon die Vp. ruhig weiter beobachtet hatte.\nDer Wille, ein bestimmtes Bild zu halten, ver\u00e4ndert die Kurve sofort. Diese Einfl\u00fcsse wurden gleichfalls sorgf\u00e4ltig ausgeschaltet oder, falls sie spontan auftraten, registriert.\nNur in besonderen Versuchen wurden derartige Einfl\u00fcsse absichtlich gesetzt und ihre Wirkung auf den Ablauf des Versuchs wird unten besonders beschrieben.\nD. Ergebnisse\nI. Teil: Psychologisch eingestellte Versuchsanordnungen\nI. \u00dcbersicht\nDie Ergebnisse der Untersuchung bestehen ihrer Natur nach aus drei verschiedenen Erkenntnissen: Deren erste ist diejenige, da\u00df psychologische Faktoren, wie Aufmerksamkeit, Erm\u00fcdung, Suggestion, Befehl und Wille einen Einflu\u00df auf die mehr oder weniger rhythmisch ablaufenden Schwankungen haben, der ein-\n1 Eichleb, Z. Sinnesphysiol. 61, 154 (1930).","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nHans Schaefer\ndeutig ist und sich daher, bei einmal gekanntem Verlauf, f\u00fcr alle gleichen Versuche Voraussagen l\u00e4\u00dft.\nDie zweite ist diejenige, da\u00df bei Ausschaltung oder Konstanthaltung der psychischen Faktoren ein innerer Rhythmus deutlich zum Vorschein kommt, der um so regelm\u00e4\u00dfiger ist, je mehr die psychischen St\u00f6rungen wegfallen.\nDie dritte Erkenntnis ist diejenige, da\u00df es m\u00f6glich ist, nach Vpn. geordnete Typen in den Kurvenergebnissen zu unterscheiden. Diese Typen gestatten in manchen F\u00e4llen interessante Vergleiche mit charakterologischen Eigent\u00fcmlichkeiten.\nII. Willk\u00fcrliche Beeinflussung\nEs ist zun\u00e4chst einmal m\u00f6glich, die Schnelligkeit des Umspringens sowohl bei den beiden W\u00fcrfelversuchen wie beim Wettstreit der Sehfelder zu beeinflussen. Nimmt sich die Vp. vor, eines der beiden Sehfelder oder eine der Anschauungsweisen im W\u00fcrfelexperiment zu bevorzugen, so geschieht dies; d. h., in Kurven betrachtet, es steigt oder f\u00e4llt die Quotientenkurve, je nachdem welche Phase beg\u00fcnstigt werden sollte.\nAllgemein erfolgt die Beg\u00fcnstigung einer Phase so, da\u00df sie sich tats\u00e4chlich verl\u00e4ngert (also Phase I -f- Phase II wird gr\u00f6\u00dfer). Dabei ver\u00e4ndert sich nicht nur die beg\u00fcnstigte, sondern auch die nichtbeg\u00fcnstigte Phase. Sie verk\u00fcrzt sich entweder (seltener) oder verl\u00e4ngert sich. Die Kurve wird springender : zeitweise gelingt der Vorsatz, zeitweise mi\u00dfr\u00e4t er. Es macht den Eindruck, als ob ein hochstehendes Regulationszentrum mit M\u00fche in ein autonomeres, schnelleres eingreift, doch nur zeitweise zu Wort kommt und zwischendurch erlahmt. Dieser objektive Befund der springenden Kurve wird best\u00e4tigt durch die subjektive Empfindung der Vp. Man hat im Selbstversuch die Empfindung sehr starker Anstrengung und nimmt gleichsam wahr, wie die Beherrschung des Wechsels von Zeit zu Zeit der Aufmerksamkeit entgleitet. Ob sich dabei die nichtbeg\u00fcnstigte, zu verdr\u00e4ngende Phase verl\u00e4ngert oder verk\u00fcrzt, ist anscheinend eine zuf\u00e4llige, von der Psyche abh\u00e4ngige Entscheidung.\nSoll der Wechsel \u00fcberhaupt verl\u00e4ngert werden, so gelingt dies auch. Es verl\u00e4ngern sich beide Phasen, doch oft sehr zugunsten einer von ihnen.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten H\nIII. Abweichendes Verhalten der Nachbilder\nWesentlicher ist schon die Erfahrung, da\u00df sich die spontanen Nachbildschwankungen mit dem Willen weder verhindern noch verz\u00f6gern lassen.\nDie Tatsache, da\u00df hier die Phase II eigentlich nur im Fehlen der Phase I besteht, macht darauf aufmerksam, da\u00df es sich bei Nachbildern nicht um wettstreit\u00e4hnliche Erscheinungen handeln wird, wie es z. B. beim W\u00fcrfelversuch zwischen den beiden Deutungsarten doch offenbar der Fall ist. Oder, um ein Gleichnis zu gebrauchen: Beim Wettstreit und W\u00fcrfelversuch wischt immer ein Partner den anderen aus, um sich selbst hinzuschreiben. Beim N achbild dagegen schreibt sich der eine Partner nur immer wieder hin, nachdem der andere ihn lediglich immer wieder ausgewischt hat.\nMit dem Antagonismus zwischen peripheren und zentralen Vorg\u00e4ngen, wie ihn Ebbecke f\u00fcr den Wechsel positiver mit negativen Nachbildern annimmt, lassen sich die hier betrachteten Nachbildschwankungen nicht vergleichen. Jedenfalls stehen dem Versuch, solche rein physiologischen Faktoren zu ihrer Erkl\u00e4rung heranzuziehen, un\u00fcberwindliche Schwierigkeiten im Wege. Alle M\u00f6glichkeiten, an die zu denken w\u00e4re, hier zu widerlegen, d\u00fcrfte sich wohl er\u00fcbrigen.\nDas Schwanken der Nachbilder ist entweder eine rein periphere Sache oder eine Eigent\u00fcmlichkeit bedeutend h\u00f6herer Ausgleichs- und Bewu\u00dftseinszentren.\nRein peripher jedoch kann diese Schwankung auch nicht sein, weil derartige Reizschwankungen weder physikalisch erkl\u00e4rbar wT\u00e4ren noch sonst irgendwo angetroffen w\u00fcrden. Selbst das langsame Abblassen der Nachbilder im konstant belichteten Auge f\u00fchrt ja Ebbecke auf zentrale Vorg\u00e4nge zur\u00fcck und weist nach, da\u00df die periphere Erregung bis zu Stunden die \u201eSichtbarkeit\u201c des Nachbildes \u00fcberdauert Schwellenwertsschwankungen der Aufmerksamkeit sind nicht gerade wahrscheinlich, da die hier beobachteten Nachbildintensit\u00e4ten so gro\u00dfe waren, da\u00df sie bei manchen Personen in gro\u00dfer Deutlichkeit sichtbar waren. Auch vergeht und kommt das Nachbild schlagartig. Das \u201eHinwegschwinden\u201c schwacher (schwellenwertiger) Nachbilder sieht ganz anders aus.1 Trotzdem mag hier bereits darauf hingewiesen\n1 ComberGt beschreibt das \u201eNachbildgewoge\u201c schwacher Nachbilder sehr deutlich, a. a. O.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nHans Schaefer\nwerden, da\u00df stark kontrastierende Nachbilder (vor allem starke positive des Dunkelauges) nicht oder nur unmerklich zu inter-mittieren pflegen; wie sich sp\u00e4ter zeigen wird, ist dieser Befund durchaus nat\u00fcrlich, ohne f\u00fcr die Annahme schwellenwertsnaher Reizschwankungen zu sprechen. Weiterhin ergibt sich aus der Tatsache, da\u00df die Kontrastbedingungen negativer Nachbilder f\u00fcr bestimmte Hintergrundshelligkeiten optimale sind, da\u00df die Wahl des Hintergrundes das Intermittieren der Nachbilder wesentlich beeinflu\u00dft.\nMan hat das Verschwinden der Nachbilder zwar noch durch Augenmuskelbewegungen zu erkl\u00e4ren versucht (Fick, Ferree). Gegen diese Theorie braucht wohl nur insofern etwas gesagt zu werden, als sie mit der Annahme \u00fcbereinkommt, welche das Schwanken mit Aufmerksamkeitsst\u00f6rungen identifiziert. Ehe auf den Einflu\u00df der Aufmerksamkeitsvorg\u00e4nge eingegangen werden soll, sind Fragen rein experimenteller Art, Betrachtungen \u00fcber das Wesen der angestellten Versuche, unerl\u00e4\u00dflich. Kein Einflu\u00df ist in seiner Art so unfa\u00dfbar, schwankend und schwer me\u00dfbar wie der einer im weitesten Sinne mit Aufmerksamkeit bezeichneten seelischen Einstellung. Eine Untersuchung dieser Einstellung wird erst der Beschlu\u00df dieser Arbeit sein, welche ja vor allem die subjektiven, inneren Bedingungen der untersuchten Ph\u00e4nomene auf zeigen will. Wenn \u00fcberhaupt, wird sich erst aus dem Vergleich der Versuche ein Anhaltspunkt f\u00fcr die Deutung der Nachbildschwankungen erhalten lassen. Davon wird nunmehr die Rede sein. Mit den bisherigen Kenntnissen ist jedenfalls eine verst\u00e4ndliche Deutung der Schwankungen nicht m\u00f6glich gewesen.\nIV. Erm\u00fcdung\nEinen klaren Einflu\u00df hat die Erm\u00fcdung auf den Ablauf der Versuche. Sowohl im Laufe der Untersuchungen wie auch beim langen Fortsetzen eines Experiments kommt es dazu, da\u00df der Phasenwechsel schwieriger, schlie\u00dflich unm\u00f6glich anzugeben ist. Beim Wettstreit kommt es dazu, da\u00df die beiden Vorlagen nur noch auf Augenblicke isoliert von der Vp. wahrgenommen werden und bald v\u00f6llig verschmelzen. Der Regulationsmechanismus ist erloschen. Beim NECKERschen W\u00fcrfel wird nur noch mehr ein Gewirr von Linien gesehen, nachdem vorher der Umschlag launisch und im ganzen schneller geworden ist. Um hier den hypothetischen Begriff eines erm\u00fcdeten Zentrums zu umgehen,","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 13\nsagen wir mit den Vpn. : Ich kann keine Deutung mehr sehen, meine geistige Auffassungskraft ist f\u00fcr diese Aufgabe erm\u00fcdet. Ob es sich hier um \u201eAufmerksamkeit\u201c handelt, ist dabei vor der Hand gleichg\u00fcltig, vor allem, falls sich herausstellt, da\u00df alle Aufmerksamkeit \u00fcber den Weg reziproker Innervationen geht, auf die wir auch diese Schwankungserscheinungen zur\u00fcckf\u00fchren m\u00f6chten, so wde dies schon 1906 Mc Douoall 1 auf das klarste beschrieben hat.\nErm\u00fcdung ist also gleich Aufhebung des rhythmischen Wechsels der Phasen, ist ihre Verschmelzung \u00fcber den Weg einer fortschreitenden Beschleunigung ihres Wechsels.\nEine Ausnahme machen hiervon wieder die Nachbilder, aus dem einfachen Grunde, weil ihre kurzdauernde Beobachtungszeit niemals eine Erm\u00fcdung im Versuch selber zul\u00e4\u00dft. Erm\u00fcdet man vorher eine Vp. mit anderen Versuchen, so zeigt sie sich allgemein f\u00fcr die Beobachtung der Nachbilder weniger empfindlich als vorher; die Kurve wird im ganzen k\u00fcrzer; kleine, eben sichtbare Nachbildreste werden nicht mehr gesehen. Das Verh\u00e4ltnis der Phasen zueinander scheint jedoch konstant zu bleiben. Allgemein pflegt die Kurve der Nachbilder den Verlauf zu nehmen, da\u00df sie anfangs mit (nicht bei allen Personen vorhandenen) ein-bis zweimaligen langem Nachbild und kurzer II. Phase in eine individuell sehr verschieden lange Mittelstrecke \u00fcbergeht, welche in einen nur unmerklich abfallenden Schlu\u00df \u00fcberf\u00fchrt. Die Phase II bleibt in der ganzen Kurve ziemlich konstant.\nV. Affekte\nAffekte \u00e4ndern den Verlauf einer Kurve deutlich. Die Schwierigkeit jedoch, bei einer Vp. w\u00e4hrend eines Versuchs Affekte zu erzeugen, hat typische Ergebnisse nicht gewinnen lassen. Tritt ein Affekt auf, so scheint er den Wechsel der Phasen zu verlangsamen.\nVI. Einfl\u00fcsse der Gestalt\nDie letzten Beobachtungen scheinen hin\u00fcberzuleiten zu den Versuchen Gellhorns \u00fcber psychologische Faktoren des Wettstreits der Sehfelder. Gellhorn 2 fand, da\u00df in \u00dcbereinstimmung mit dem \u201eGestaltproblem\u201c Figuren ausschlaggebend f\u00fcr das\n1\tMcDougall, a. a. O.\n2\tGellhorn, Pfl\u00fcgers Arch. 206, 237 (1924).","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nHans Schaefer\nVorherrschen eines Sehfeldes sind, indem eine markante Figur dauernd \u00fcber eine gleichm\u00e4\u00dfig kolorierte Fl\u00e4che zu dominieren pflegt. Dieses gestaltm\u00e4\u00dfige Erfassen der Sehorgane, die sogar l\u00fcckenhafte Figuren selbstt\u00e4tig erg\u00e4nzen, scheint vollkommen zentraler, und zwar hochdifferenzierter Art zu sein. Jedenfalls dringt eine so beschaffene Vorlage mit aufdringlicher Gestalt derartig in das Gef\u00fcge jedes Wettstreits ein, da\u00df zwar wolkige Vernebelungen der Figur auftreten, doch diese niemals vollkommen verdr\u00e4ngen. Ein \u201eWettstreit\u201c findet also nicht mehr statt. Doch auch diese Bedingung ist durch relativ verst\u00e4ndliche Einfl\u00fcsse bedingt: Sie lehrt uns eben, wie wesentlich bei jedem Wettstreit die kortikale Apperzeption ist; sie l\u00e4\u00dft dar\u00fcber hinaus jedoch nicht den Schlu\u00df auf das Wesen des Wettstreites selbst zu, der sich ja dem Gebiet der reinen Aufmerksamkeitsvorg\u00e4nge allein schon durch die Tatsache entzieht, da\u00df das Moment der Eindringlichkeit, wie es die Gestaltfigur des Wettstreites ist, denselben unm\u00f6glich macht oder doch mindestens erschwert.\nSo scheinen alle psychologisch ver\u00e4ndernden Faktoren die untersuchten Schwankungserscheinungen zwar zu beeinflussen, jedoch nicht hervorzurufen, \u00e4hnlich wie das Bewu\u00dftsein unwillk\u00fcrliche rhythmische Reflexvorg\u00e4nge wie die Atmung zwar beeinflu\u00dft aber nicht hervorruft. Ein Schritt zur Erkl\u00e4rung w\u00e4re der, einen eigentlichen Rhythmus aufzufinden, wie er von mittleren Zentralstationen des Gehirns produziert werden k\u00f6nnte.\nE. Ergebnisse II. Teil: Durchschnittswerte\nI. \u00dcbersicht\nDer n\u00e4chstliegende Schritt w\u00e4re, einen Rhythmus in den Schwankungserscheinungen unmittelbar messend aufzufinden.\nDiese Frage ist Eichler 1 mit eigenen Methoden angegangen und kommt (meiner Meinung nach mit wenig \u201eeinsichtlicher\u201c Mathematik) zu dem Ergebnis, da\u00df strenge, rechnerische Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten den Schlu\u00df auf einen prim\u00e4ren, gesetzm\u00e4\u00dfigen Rhythmus gebieten. Seine Berechnungen fu\u00dfen dabei auf chronometrischen Messungen mit Viooo Sekunde Genauigkeit. Abgesehen von der Unm\u00f6glichkeit, hier mit Viooo Sekunden zu arbeiten, empfinde ich die von ihm gemessenen Werte als zu different,\n1 Eichler, a. a. O.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm. optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 15\num einen so klaren Schlu\u00df zu rechtfertigen. Die wirklichen Zeiten differieren bei ihm in mindestens \u00e4hnlicher Weise wie in meinen Versuchen. Doch zeigen alle meine Versuche, wie die seinen, nichts v\u00f6llig Ungeordnetes. Um dies zu zeigen, standen zwei Wege zur Verf\u00fcgung: Erst einmal konnte eine (allerdings nicht auf Genauigkeit arbeitende) Durchschnittszahl der Werte errechnet werden, ferner konnte eben der Typ der Kurven verglichen werden.\nII. Durchschnittswerte\n\u00dcber die erste Methode berichte ich zun\u00e4chst : Sobald ich bei einer Vp. den Durchschnittswert aus mehreren gleichartigen Versuchen berechnete, erwies sich dieser als in engen Grenzen konstant, gegen\u00fcber dem oft ungemein gro\u00dfen Unterschied zwischen verschiedenen Versuchsarten der gleichen Person. Auf Unterschiede von 1\u20142 Sekunden kommt es dabei (ebenso wie bei Eichler) nicht an. Nicht nur die Gesamtdauer der beiden Phasen ist eine ziemlich konstante, sondern auch das Verh\u00e4ltnis beider Phasen zueinander. Einige Beispiele seien angef\u00fchrt. (Die Zahlen bedeuten, sofern es sich nicht um Kurven selbst handelt, im folgenden immer Sekunden.)\nDiese drei Werte ergaben sich als Nachbildwerte bei Fixation eines roten Quadrats. Dagegen zeigte die gleiche Vp. in anderen Versuchen :\ni2\u20195 (I;i) \u00b0der 5\u20198 (fr) \u2022\nEine andere Vp. zeigte im gleichen Versuch: 16,5\t;\n14\u20191 * 3 (fr); 14,2 (fr)gegen z-B-5,8 (0)oder 7,4 (B) in\nanderen Versuchen. Bei anderen Versuchen ergab sich: Beim\nplastischen W\u00fcrfel 9,4\ngegen 16,0\noder\n9 5 /ijgi anderen Versuchen. (Bemerkenswert ist hier die\n\u2019 U,5 ]\nsehr verschiedene Phasenaufteilung !)\n1 Es bedeutet die Zahl vor der Klammer den Durchschnittswert der\nSumme Phase I + II. Die Klammer gibt die Durchschnittswerte Phase I\n/ II an.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nHans Schaefer\nOder 2,4\t5 2,6\tgegen 8,9 oder 9,4 bei anderen\nVersuchen; hier beim NECKERschen W\u00fcrfel gewonnen.\nDiese Beziehung best\u00e4tigte sich noch viele Male. Hier d\u00fcrfte man vom Wahrscheinlichkeitsbeweise eines prim\u00e4ren Rhythmus reden, denn der induktive Denkschlu\u00df zwingt gleichsam dazu, diese gleichen Werte, welche den offenbar sehr verschiedenen anderen Werten gegen\u00fcberstehen, als das \u00e4u\u00dfere Merkmal von Vorg\u00e4ngen anzusehen, welche durch gleiche Zentren gesteuert werden.\nDie kleinen Unterschiede fallen dabei wirklich au\u00dfer Betracht. Denke man doch daran, da\u00df die Kurven dieser Versuche ein stetes, wenn auch m\u00e4\u00dfiges Auf und Ab darstellen; es registriert eben nicht allein e i n dominantes Zentrum. Hinzu kommen, wer\n1\t2\t3\t4\t5\nAbb. 2 Streuungskurven\n1: Wettstreit; 2: Plastischer W\u00fcrfel; 3: NECKEitscher W\u00fcrfel; 4. Fadenlampennachbild; 5 : Nachbilder des roten Quadrats. Erkl\u00e4rung s. Text\nwei\u00df wie, einflu\u00dfreiche Bedingungen, welche den Umschlag, wie er erfolgen w\u00fcrde, hinausschieben oder verfr\u00fchen helfen. Trotzdem scheint immer wieder, wie eine nicht zu verdr\u00e4ngende Melodie durch ein Klanggewirr ein einheitlich gesteuertes Zeitma\u00df, welches um so reiner erhalten wird, je mehr Phasenwerte dem Durchschnitt zugrunde liegen.\nIII. Beziehung der Durchschnittswerte zueinander\nBei der gleichen Vp. scheinen allerdings die verschiedenen Versuchsarten in keiner Beziehung zueinander zu stehen. Vielmehr sind die Zahlenwerte f\u00fcr einige Versuche meist bedeutend h\u00f6her als f\u00fcr die anderen. An ausgezeichneter Stelle steht der plastische W\u00fcrfel, der sich durch langsamsten Umschlag hervorhebt. Auch pflegt das Nachbild nach Fixation des roten Quadrats","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 17\nbedeutend l\u00e4nger zu bleiben und k\u00fcrzere Intervalle aufzuweisen als das Nachbild der Fadenlampe.\nEine statistische Zeichnung gibt die Verh\u00e4ltnisse wieder (Abb. 2): Die f\u00fcnf Versuchsarten sind aufgezeichnet; es bedeuten die Kolonnen die Anzahl der Personen, welche eine Wechselfrequenz haben von 0\u20145 Sekunden in der ersten, 5\u201410 in der zweiten, 10\u201415 in der dritten, 15\u201420 in der vierten und \u00fcber 20 Sekunden in der f\u00fcnften Kolonne. Dabei zeigt die W\u00fcrfelzeichnung die meisten Vpn. auf eine mittlere Frequenz konzentriert.\nAuch von der Reihenfolge, in der die Versuche vorgenommen werden, erweist sich ihr Durchschnittswert unabh\u00e4ngig. Zum Vergleich der angef\u00fchrten Daten diene die beigef\u00fcgte Tabelle 2 welche alle Werte, nach Vpn. geordnet, angibt.\nIV. Willk\u00fcrliche Beeinflussung\nVersucht man willk\u00fcrlich, den Rhythmus zu verlangsamen, so gelingt dies sofort ; bei manchen Personen extrem, bei manchen in geringerem Ausma\u00dfe. Einmal beobachtete ich sogar, da\u00df beim Wettstreit sich, auf Befehl, eine Phase nur auf Kosten der anderen verl\u00e4ngerte.\n2,6 (If) 2,6\nDie Kurven werden, wie schon angedeutet, springender, unruhiger unter willk\u00fcrlichen Einfl\u00fcssen.\nV. Abweichendes Verhalten der Nachbilder\nNur beim Nachbild ist dieses Verhalten grunds\u00e4tzlich anders. Es bleibt, ganz unabh\u00e4ngig von der Einstellung der Vp., stets gleich lang. Z. B. betr\u00e4gt die erste erscheinende Phase I beim Nachbild des roten Plakats bei einer Vp. 21,5 und 21,0 Sekunden, 26; 26; 19,7; 23; 23,5 Sekunden beim Nachbild der Fadenlampe. Auch die L\u00e4nge der Nachbilddauer \u00fcberhaupt (bis zum Augenblick der erfolgten Adaptation) ist stets in engen Grenzen konstant und wird nur durch Erm\u00fcdung k\u00fcrzer, wie auch durch fortschreitende \u00dcbung l\u00e4nger sichtbar.\nDas Nachbild wechselt auch nicht in der Dauer seiner Phasen. Es ist also, einfach gesagt, durch willk\u00fcrliche Ma\u00dfnahmen und Vorsteflungseinfl\u00fcsse nicht zu ver\u00e4ndern.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 62\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nHans Schaefer\nTabelle 2\nVp.\tTyp\tDurchschi bei Wettstreit\t\t\t\tlitts we rte Lm NECKERschen W\u00fcrfel\t\t\n1. p.\tI\t16,01\t(ist 2,8\t\t\t10,C\tU,\u00a3\t))\n2. J.\tIV\t3,1\t(B\t\t\t5,4\t13,1 ln\th \u00bb 1\n3. Ma.\tIII\t9,4\t\t\t\t2,4\t2,5\t\n4. S.\tIV\t2,6\t/1,3 \\1>3\t\t\t\u2014\t\t\n5. R.\tIV/I\t7,0\t10,7\t\t8,6\t\t9,5\tw\t>\\ ij\n6. Ich.\tIII\t7,4\t\t\t\t\u2014\t\t\n7. P. E.\tIV\t5,7\t\t\t\t\u2014\t\t\n8. Br.\tIV\t2,8 (\ta,4\\ a,4j\t\t\t8,4\t(!)\t\n9. K.\tIV\t2,6 (\t'1,4\\ a,2j\t\t\t3,2 (\ta\t\n10. L.\tIV\t7,5 (\t'3,3\\ v3,8j\t\t\t5,71\ta\t\n11. Be.\t\u2014\t89\t\t\t\t5,1 (\tt)\t\n12. D.\tI/IV\t10,7 (\t\u00ef)\t\t\t8,3 (\t'5,6\\ ,2,7/\t\n13. H.\tI\t20,6 (\t1)\t\t\t9,2 (\tj)\t\n14. M.\tIV\t5,1 (\t%5\\ ,2,5/\t\t\t\u2014\t\t\n15. Me.\tI\t10,8 (\t\u00e4)\t\t\t8,1 (\t'\u00e4\t\n16. Wi.\t\u2014\t14,9 (\t1)\t\t\t15,2 (\tj)\t\n17. Wo.\tIV\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t3,8 (\t\u00ce)\t\t\t/ 4 \\ 6\u20198 (ir)\t5,r\t/2,9\\ \\2,8/\n18. Ba.\t\u2014\t\u2014\t\t\t\t34,8 (\tt)\t\n19. G.\tIV\t10,1\t11,6\t\t/ 6 \\ \\ 5 /\t6,8 (\t4,5\\ 2,5\t\n20. N.\tI/IV\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t9,5\t12,3\t7,6\t\t10,6\t*l*fl\t4,7\t,/ 2\\ \\2,5;\n21. Eb.\tIII\t4,0 (\t1,3\\ 2,6/\t\t\t11,7 (\t6 \\ 5/\t\n22. U. E.\tIII\t6,3 (\t\u00c4\t\t\t6,8 (\ti)\t\n\\ y y\t\\\t/\nDie Zahlen bedeuten : Die erste die Durchschnittszahl der Summe Phase I T H; die Klammer die Durchschnittswerte der Phase I geteilt durch die\nDurchschnittswerte der Phase II","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 19\nTabelle 2 (Forts.)\nPlastischen W\u00fcrfel\t\tDurchschnittswerte beim Nachbild d. Fadenlampe\t\t\tNachb. d. roten Quadrats\t\t\n9,4\t7,6\t7,8 (\t^5,6\\ 2,2/\t\t9,5\t/8,0 \\1,5\t\n19,5\t\t4,9 (\t'3,3\\ a,e/\t\t7,2\t/5,0 \\2,2,\t\n3,4\ti)\t\u2014\t\t\t8,9\t(8)\t\n14,11\t(7,5\\ {6,6}\t3,31\t1,6\\ ,1,6/\t\t14 71^) \u2019 \\6,2/\t\u2018\u00bb(a)\t\n14,3\t(M\\ U,9 /\t\t6,\t7 /2\u20198\\ [3,9 J\t10,6 (3,0)\t\u00bb(m)\t\n3,91\tn\u00df\\ 12,1/\t5,91\t4)\t\t14,3\t14,2\t\n12,51\tf 7 \\ (5 j\t\u2014\t\t\t17,7\t16,8\t\t16,4\n11 i\t/ 7 \\ ^4 )\t\u2014\t\t\t9,1\t(4)\t\n\u2014\t\t7\u20199(t)\t6/\t\u2018(4)\t3,7\t(4)\t\n27,71\tfl4\\ (14/\t10,7\t\u00bb\t\t11,4\t(4)\t\n63\t\t\u2014\t\t\t7,5\t(1)\t\n11,21\t(4)\t15,81\t6 \\ Kio)\t\t14,3\t(?)\t\n41,31\tf28\\ (14 /\t5,7 (\t:d\t\t11,1\t/ 7 \\ Ui\t\n28,2|\t;?)\t6'9ffi\t6,\tHi)\t9-2(p)\t12\u20195(395)\t\n8,51\t(4)\t10,9 (\t'7,5\\ ,3,5/\t\t9,3\t(4)\t\n20,5\tfll\\ (io ;\t18\u20196(t)\t\t\t19,3\t(?)\t\n10,11\t(4)\t3,6 (\t;\u00a5)\t\t10,1\t/ 4 \\ (6/\t\n\t\t10,7 (\t:d\t\t\t\u00bbP9\t\n33,11\t;s)\t12,1 (\ti)\t\t\u2014\t\t\n\u2014\t\t9,0 (\t\u00e4\t\t12,4\t(4)\t\n9,7 |\tPf)\t17,9 (\t3)\t\t6,91\t5' 12,5,\t\n13,4\t(4)\t\u00bbPf)\t\t\t5,61\t(4)\t\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nHans Schaefer\nDennoch gibt es dar\u00fcber hinaus Eigent\u00fcmlichkeiten im Verhalten einiger Vp. gegen\u00fcber Nachbildern, die von solch ausgesprochener Dominanz sind, da\u00df sie von einigen Autoren zur Charakterisierung des eidetischen Typs vornehmlich herangezogerf wurden.1\nIm Gegensatz hierzu steht eine zweite Gruppe von Menschen: es stellt sich n\u00e4mlich heraus, da\u00df einige Personen auf Nachbilder kaum (d. h. nur sehr kurze Zeit lang) ansprechbar sind, da\u00df bei ihnen ein erzeugtes Nachbild ein- bis zweimal auf taucht und dann dauernd verschwindet, solange der Adaptationszustand des Auges nicht ver\u00e4ndert wird.\nEigent\u00fcmlicherweise ist auch bei diesen Personen die rein periphere Nacherregung normal lang und dauerhaft; sie k\u00f6nnen also mit Ver\u00e4nderung der Allgemeinbelichtung ein jedes Nachbild nach noch so langer Zeit wie jede andere Vp., wieder zum Vorschein bringen. Es bleibt also hier nur zweierlei zur Erkl\u00e4rung, wenn man die Anschauungen Ebbeckes hier zugrunde legen will: bei diesen unempfindlichen Typen tritt entweder die zentrale Adaptation sehr schnell ein \u2014 oder ihre F\u00e4higkeit, Nachbilder \u00fcberhaupt wahrzunehmen, ist wenig ausgesprochen. Sie sehen dann das Nachbild auch dann nicht, wenn es zentral-nerv\u00f6s nicht adaptiert wurde. Ob und was die letzte M\u00f6glichkeit zu bedeuten h\u00e4tte, davon wird sp\u00e4ter die Rede sein.\nDemgegen\u00fcber sieht der Eidetiker Nachbilder abnorm lang und mit gesteigerter Deutlichkeit. Er grenzt damit an das durchschnittliche Verhalten aller Kinder.\nEs gibt ferner Personen, bei denen ein eigentlich intermittierendes Nachbild nicht zustande kommt, bei denen nach relativ langer Sichtbarkeit das Nachbild langsam, ohne zu schwanken, verbla\u00dft.\nEs gibt Personen, die zwar kurze, doch deutliche Kurven von intermittierend sichtbaren und verschwindenden Nachbildern erzeugen; es gibt endlich Personen, die lange und doch sehr regelm\u00e4\u00dfig intermittierende Nachbildkurven zeigen. Im ersten Fall ist die Zeit bis zum Eintritt der Adaptation eine kurze, im letzten Fall eine l\u00e4ngere und kann in das eidetische Verhalten \u00fcberleiten.\n1 W. Jaensch, Grundz\u00fcge einer Physiologie und Klinik der psychophysischen Pers\u00f6nlichkeit. Berlin 1926. \u2014 W. Jaensch, Z. Neur. 59, 104 (1920). \u2014 W. Jaensch, Z. Neur. 97, 374 (1925).","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 21\nDie letzte Gruppe von Personen wurde bei mir nur einmal, und auch da nur beim Versuch mit der Fadenlampe beobachtet. Comberg macht derartige Vpn., zu denen er selbst und noch einer seiner Untersuchten geh\u00f6rt, zum Ausgangspunkt einer sehr klaren, wenn auch unberechtigten Polemik gegen die Existenz eines rhythmischen Nachbildverlaufs \u00fcberhaupt. Mir bleibt in diesem Zusammenhang der sehr sichere Weg, die CoMBERGschen Befunde in die gro\u00dfe Reihe meiner Typen einzureihen: es ist Zufall, da\u00df seine besten Vpn. extrem reagierende Menschen sind; alle anderen Vpn. Combergs zeigen einen Wechsel, wenn auch, wie er behauptet, keinen rhythmischen. Es gibt eine Stufenleiter der Reaktionsweisen, an deren einem Ende die nicht Ansprechbaren, an deren anderem Ende Comberg steht. Dazwischen liegt das Reich derer, die nicht nur die oben beschriebenen, f\u00fcr jede Person konstanten Intervalle aufweisen, sondern dar\u00fcber hinaus\nAbb. 3. Die obere Kurve gibt die Phasenl\u00e4ngen der Phase I, die untere die der Phase II an. R. Rotes Quadrat\ntypologische und physiologische Gleichheiten in ihren gleichartigen Versuchen zeigen, die unm\u00f6glich einem regellosen Verlauf der Ph\u00e4nomene zugeschrieben werden k\u00f6nnen.\nNicht nur, da\u00df bei einer Vp. die Phase II, also die Zeit des verloschenen Nachbildes, bis zum Ende des Versuchs ziemlich konstant bleibt; auch Phase I, also die Dauer des sichtbaren Nachbildes, senkt sich nur ganz unmerklich, wenn man von dem ersten, sehr gro\u00dfen Sturz der Phasenl\u00e4nge I absieht.\nUm dieses Verhalten zu erkennen, zeichnete ich die Nachbildkurven auch derart auf, da\u00df ich jeweils die gemessene L\u00e4nge der Phase I getrennt von der der Phase II ebenso aufschrieb, wie dies vorher mit der Phasensumme I + II geschah. Zur Veranschaulichung und zum Beleg diene die abgebildete Kurve (Abb. 3).\nWie anders ist diese Tatsache zu erkl\u00e4ren, als da\u00df anfangs zwar eine ungew\u00f6hnliche Einstellung auf den Reiz erfolgt; dann aber das nunmehr eingewogene Nachbild in einer regelm\u00e4\u00dfigen Weise verl\u00f6scht, wie sie bestimmt nicht von peripheren Momenten","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"Sans Schaefer\n22\nbestimmt werden kann, da ja der Tatsache des abblassenden Reizes keine Rechnung getragen wird?\nSchlie\u00dflich ist die Phase II der beiden verschiedenen Versuche (Fadenlampe und Nachbild des roten Quadrats) bei vielen Vpn., individuell verschieden, doch bei der gleichen Person gleich. Bei einigen Vpn. ist allerdings die Phase II beim Fadenlampenversuch l\u00e4nger als beim roten Quadrat. Da\u00df die Gleichheit der Phasen im ersten Fall f\u00fcr einen prim\u00e4ren Rhythmus spr\u00e4che, ist ersichtlich. Die Verschiedenheit im zweiten Fall spricht allerdings auch nur so lange dagegen, als man bedenkt, da\u00df die Reizintensit\u00e4ten der beiden Versuche sich, wie gleich bewiesen wird, nicht entfernt entsprechen, indem der Reiz beim roten Quadrat der st\u00e4rkere sein mu\u00df. So erkl\u00e4rt sich die Tatsache, da\u00df manche Personen beim roten Quadrat das Verschwinden des Nachbildes besser verh\u00fcten k\u00f6nnen.\nEbenso ist es bei einem Versuch, bei dem statt eines roten Quadrats ein blaues vorgelegt wurde. Nach Gellhorn ist diese Farbe eindringlicher als die rote. Die Nachbilddauer war demnach im ganzen l\u00e4nger (wenn man das Intermittieren au\u00dfer acht l\u00e4\u00dft). Die einzelnen Phasen I waren l\u00e4nger, die Phasen II k\u00fcrzer als bei dem roten Quadrat.\nEine weitere Beobachtung an Nachbildern m\u00f6chte ich hier anf\u00fcgen ; sie scheint den Ring der Betrachtung zu schlie\u00dfen. Bewegt man das Auge, so bemerkt man, wie das erzeugte Nachbild zun\u00e4chst verschwindet und dann bald, langsam st\u00e4rker werdend, wieder erscheint. Dabei hat man die deutliche Empfindung, als bestehe das Nachbild noch, als m\u00fcsse man sich an die Erscheinung des Nachbildes \u201egew\u00f6hnen\u201c, als m\u00fcsse man es im Gesichtsfeld erst suchen, ehe man es bemerke.\nEbenso tritt ja bekanntlich das Nachbild nicht sogleich nach der Exposition auf, sondern bei den meisten Personen erst 1 bis 2 Sekunden sp\u00e4ter, ja bis zu 13 Sekunden nach Beendigung des Reizes! Es ist so, als m\u00fcsse sich die Vp. erst auf das sicher bereits vorhandene Nachbild \u201eeinstellen\u201c. Diese Empfindung habe ich selbst stets sehr deutlich gehabt. Es ist so, als gehe auch mit der Augenmuskelbewegung diese Einstellung auf das Nachbild verloren.\nF\u00fcr diese Tatsachen bleiben zur Erkl\u00e4rung schlechterdings nichts anderes als v\u00f6llig zentral, und zwar nahe dem Bewu\u00dftsein gelegene Prozesse \u00fcbrig. Der Schlu\u00df liegt nahe, diese so wesens-","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 23\nverwandten Erscheinungen mit den Schwankungen der Nachbilder gleichzusetzen.\nNoch ein letztes f\u00fcgt sich dem an: Bei einer meiner Vpn., die nur ein langes, ununterbrochenes Nachbild sah, welches dann auf immer verschwand, tauchten anfangs doch nach dem Verschwinden des negativen Bildes fl\u00fcchtige positive Nachbildreste auf. Als der Versuch in erm\u00fcdetem Zustand unter sonst vollkommen gleichen Bedingungen wiederholt wurde, versagte die Vp. : sie sah keine positiven Nachbildreste mehr; sie versagte in ihrer Einstellung auf diese minimalen Reize. Ebenso stellte es sich dann heraus, da\u00df bei Vornahme mehrerer Nachbildversuche hintereinander, bei v\u00f6llig gleichbleibenden Bedingungen, die Kurven immer k\u00fcrzer wurden: d. h. das Nachbild verschwand stets eher f\u00fcr immer aus dem Gesichtsfeld.\nSo verliert denn auch der Versuch Combekgs seine Beweiskraft, der zwei Nachbilder in den beiden Augen sukzessiv (im Abstand von 2 Sekunden) erzeugte. Ein peripherer Rhythmus h\u00e4tte allerdings jetzt im Nachbild eine entsprechende konstante Phasenverschiebung von 2 Sekunden zwischen linkem und rechtem Nachbild ergeben m\u00fcssen, was nat\u00fcrlich nicht der Fall war. Ein zentral ausgel\u00f6schtes Nachbild verschwindet aber ganz unabh\u00e4ngig von den Reizzust\u00e4nden der Peripherie, eben in dem Augenblick, wo alle Reize der Peripherie im Zentrum gemeinsam ausgel\u00f6scht\nwerden.\nDiese \u201einnere Einstellung\u201c der Aufmerksamkeit wird von der H\u00f6he des Reizes insofern abh\u00e4ngig sein, als sie um so leichter ist, je st\u00e4rker die Nacherregung bzw. die zentrale Hemmung Niveauunterschiede schafft. So ist es nicht verwunderlich, da\u00df die Durchschnittszeiten beim Fadenlampenversuch und beim roten Quadrat nicht immer \u00fcbereinstimmen; das entspricht der oben bereits erw\u00e4hnten Tatsache, da\u00df die Fixation des roten Quadrats offenbar ein zentral bedeutend st\u00e4rkerer Reiz ist, und zwar dadurch, da\u00df w\u00e4hrend der 60 Sekunden langen Expositionszeit die zentrale Adaptation (im Sinne einer simultanen Induktion) viel h\u00f6her angewachsen ist als w\u00e4hrend der nur 10 Sekunden langen Expositionszeit der Fadenlampe. Da aber auf den heilen Hintergr\u00fcnden, auf denen das Nachbild entwickelt wurde, nur der Wert der zentralen Adaptation als negatives Fiachbild die \u201eNachbildsichtbarkeit\u201c und \u201eNachbildst\u00e4rke\u201c ausmacht, ist es begreiflich, da\u00df das Fadenlampennachbild das schw\u00e4chere ist. Dies ist die","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nHans Schaefer\neinzige M\u00f6glichkeit der Erkl\u00e4rung, f\u00fcr die gesteigerte Nachbilddauer und Eindringlichkeit des roten Quadrates, trotz der bedeutend h\u00f6heren Reizintensit\u00e4t der Fadenlampe. Es kommt eben als Reizeffekt nicht die Reizst\u00e4rke, vielmehr das Produkt aus ihr und der Reizdauer in Betracht, und zwar vermutlich die Reizdauer nicht in linearer, sondern quadratischer Potenz.\nIn diesem Zusammenhang- m\u00f6chte ich auch erw\u00e4hnen, da\u00df die von mir gew\u00e4hlte Versuchsanordnung eine derartig abgestimmte Beleuchtung des Hintergrundes bei der Beobachtung der Nachbilder zeigte, da\u00df das Intermittieren m\u00f6glichst g\u00fcnstig und klar zu beobachten war. Dabei ergab sich, da\u00df die Hintergrundshelligkeit eben die Grenze \u00fcberschritt, welche zur Erzeugung negativer Nachbilder notwendig ist. Bei nur wenig verdunkeltem Hintergrund resultierten dann leicht positive Nachbilder.\nDie Beobachtung allerdings, da\u00df beim Dunkelauge das positive Nachbild der Fadenlampe nicht intermittiert, vielmehr in gleichm\u00e4\u00dfig abnehmender St\u00e4rke bestehen bleibt, bis es erst gegen Schlu\u00df leichten Schwankungen zu unterliegen beginnt, scheint dem eben Gesagten zu widersprechen. Sie n\u00f6tigt allerdings wirklich zu der Annahme, da\u00df das positive Nachbild bedeutend h\u00f6here Niveaudifferenzen aufweist, als das in zentralen Stationen erzeugte negative Nachbild. Dieser Annahme steht nun nichts im Wege: vielmehr m\u00fcssen wir ja die zentralen Adaptationserscheinungen ungleich viel schw\u00e4cher annehmen als die periphere Nacherregung; w\u00e4ren sie derselben bereits angepa\u00dft, so w\u00fcrden sie ja das positive Dunkelbild f\u00fcr das Bewu\u00dftsein bereits adaptiert, unsichtbar gemacht haben. Dies ist aber nicht der Fall. Die Tatsache, da\u00df \u00fcberhaupt ein positives Dunkelbild als Nacherregung sichtbar bleibt, bezeugt, da\u00df die zentrale Gegenwirkung (Hebung des Umfeldes, Senkung des Infeldes) w\u00e4hrend der Exposition die H\u00f6he der peripheren Reizdifferenzen nicht erreicht hat.\nDiese viel zu niedrige zentrale Gegenwirkung ist nun aber der einzige Reiz, welcher dem negativen Nachbild zugrunde hegt. Da\u00df er schw\u00e4cher und damit leichter intermittierend ist, w\u00e4re demnach eine logische Folge der bisherigen Annahmen. Ein experimenteller Beweis w\u00e4re der, da\u00df die Sichtbarkeit des negativen Nachbildes im ganzen weniger lang als die des positiven Dunkelbildes andauern mu\u00df. Selbstredend bei der gleichen Vp. gemessen! Der Versuch best\u00e4tigt dies in erstaunlicher Weise.\nEin Weiteres betrifft die gr\u00f6\u00dfere Eindringlichkeit der Netzhautreize, welche der Stelle des sch\u00e4rfsten Sehens entstammen. Die Foveaanteile der Nachbilder verschwinden langsamer und","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 25\nkehren eher wieder: die Nachbilder schmelzen beim Intermittieren von ihren Enden her zur Mitte hin zusammen. (Nicht damit zu verwechseln ist die zentrale L\u00fccke alter Nachbilder, die dadurch zustande zu kommen scheint, da\u00df die zentrale. Retina ihre Nacherregung selbst rascher verliert.) Wir sind ja gewohnt, mit zentralen Teilen der Retina besser und mehr zu sehen als mit peripheren. So ist die verst\u00e4ndliche Folge, da\u00df alle dem Netzhautzentrum entstammenden Reize die gr\u00f6\u00dfere Durchschlagskraft zum Bewu\u00dftsein haben und einer geringeren Aufmerksamkeitsanspannung zu ihrer Wahrnehmung bed\u00fcrfen. Eine Anregung zur Physiologie des zentralen Sehens ist hier gegeben : es ist denkbar, da\u00df zentrale Netzhautreize in hochgelegenen Zentren eine Beg\u00fcnstigung erfahren, welche das Primat fovealer Reize wesentlich unterst\u00fctzt.\nAus diesen Grenzbeobachtungen m\u00f6chte ich den Schlu\u00df ziehen, da\u00df sich die Schwankung der Nachbilder durch eine Schwankung dessen erkl\u00e4rt, was wir die \u201einnere Einstellung\u201c nennen k\u00f6nnten ; eine Einstellung, die sich naturgem\u00e4\u00df nicht mit dem Willen ver\u00e4ndern und in ihrem Rhythmus verl\u00e4ngern lassen kann, da sie vom Willen niemals erreichbar, vielmehr selbst ein Teil dessen ist, was wir den \u201eWillen\u201c bezeichnen. Denn eben die F\u00e4higkeit, zu sehen, schlie\u00dft bereits die h\u00f6chste Anspannung des Willens, zu sehen, in sich; eine Anspannung, die sich selbst niemals \u00fcberbieten kann. Und wirklich: gerade die Nachbildbetrachtung verlangt ein derartiges Ma\u00df an Konzentration auf das Nachbild selbst, auf die Tatsache des Sehens \u00fcberhaupt, da\u00df zu weiteren Einmischungen willk\u00fcrlicher Prozesse kein Raum mehr ist. Man ist von der Aufgabe, die man durch die Betrachtung innerer Reize erh\u00e4lt, vollkommen ausgef\u00fcllt. So auch scheint es mir ang\u00e4ngig, die Typen derer zu erkl\u00e4ren, die ein Nachbild \u00fcberhaupt nicht f\u00fcr nennenswerte Zeiten zu beobachten verm\u00f6gen : es mangelt ihnen am Zugang zu diesen von innen her dem Bewu\u00dftsein zustr\u00f6menden Reizenergien, welche dem Zentrum nicht nur auf v\u00f6llig ungew\u00f6hnlichen Wegen zugeleitet werden m\u00f6gen, sondern die auch ein Ma\u00df an willentlicher Konzentration erfordern, welches, den im Leben gebrauchten Anforderungen v\u00f6llig fremd, vernachl\u00e4ssigt vom t\u00e4glichen Gebrauch, nicht leicht aufgebracht werden kann. Die physiologische Grundlage dieser fremdartigen Erscheinungen wird dabei nichts anderes sein als assoziative Bahnen, deren Zusammenhang mit gro\u00dfem inneren","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nHans Schaefer\nWiderstand begabt, leicht auseinanderzurei\u00dfen droht, eben weil\ndiese Wahrnehmungen \u201enichts bedeuten\u201c, ihnen kein Ged\u00e4chtnis-\n\u2022 \u2022\nmaterial entgegenkommen kann, kein Engramm der \u00dcbung f\u00fcr sie eingefahren ist.\nDie Schwankungen der eben beschriebenen \u201einneren Einstellung\u201c sind also etwas wesentlich anderes als Schwellenwertsschwankungen ; sie entstammen nicht der quantitativ zu- und abnehmenden Aufmerksamkeit; sie sind eine qualitativ bedingte Eigent\u00fcmlichkeit derselben : die vollkommen ungewohnte Aufgabe, innere Reize zu sehen, schl\u00e4gt in einem gewissen Rhythmus fehl. Es ist ein Versagen, das dem bei stark erm\u00fcdenden Aufgaben \u00e4hnelt: beim Beobachten schwer sichtbarer oder komplizierter Vorg\u00e4nge, z. B. bei dem Versuch, die Zeit nach dem Vor\u00fcbergehen eines Sekundenzeigers in regelm\u00e4\u00dfigen Abst\u00e4nden auf ein Kymographion zu schreiben, treten derartige Schwankungen gleichfalls auf: in gewissen Abst\u00e4nden werden die Zeitmarken k\u00fcrzer, dann wieder l\u00e4nger; es folgt eine Zeit falscher Schreibung einer solchen richtiger Schreibung. Es lie\u00dfe sich, bildlich gesprochen, auch hier an das Zerrei\u00dfen, an die Dissoziation assoziativer Verkn\u00fcpfungen denken, wie sie eben angedeutet wurden.\nEin Hinweis erscheint noch zweckm\u00e4\u00dfig : es handelt sich nat\u00fcrlich bei dem Unverm\u00f6gen, Nachbildvorg\u00e4nge ins Bewu\u00dftsein zu ziehen, nicht um einen \u201eIntelligenzmangel\u201c ; vielmehr sind gerade Kinder, wie schon Jaensch hervorhebt, und wie auch eigene Versuche in \u00fcberw\u00e4ltigender Weise best\u00e4tigten, um mehr als ein Zehnfaches ansprechbarer f\u00fcr Nachbilder als Erwachsene. Es ist beim unruhigen Menschen unserer Zeit, so scheint es, die F\u00e4higkeit verlorengegangen, leise Vorg\u00e4nge im Innern des K\u00f6rpers zu beobachten. Der Mensch hat gleichsam, wie es ja auch als Ursache einiger neurotischer Erkrankungen bekannt ist, den Kontakt mit seinen k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4ngen verloren, ein Verlust, den das Kind noch nicht erlitten hat.\nOb allerdings die lange Nachbilddauer bei Kindern ebenso wie die abnorm kurze mancher Menschen nicht auch durch die Tatsache erkl\u00e4rt wird, da\u00df bei ihnen die zentrale Adaptation (Ebbecke) tr\u00e4ger oder sehr schnell arbeitet, bei Kindern noch nicht so eingefahren ist, wie bei den sehr an Nachbildadaptation \u201egew\u00f6hnten\u201c Erwachsenen; oder ob man eben dem Kinde die F\u00e4higkeit zuschreibt, seine Nachbilder besser zu beobachten als der Erwachsene, das wird sich v\u00f6llig nicht entscheiden lassen.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 27\nVI. Der plastische W\u00fcrfel\nEs ist nun nicht so, als ob diese noch etwas unscharf um-rissene \u201einnere Einstellung\u201c nur bei Nachbildversuchen zu bemerken w\u00e4re. Die Tatsache erregte bei meinen Versuchen von vornherein mein Befremden, da\u00df fast keine meiner Vpn. den plastischen W\u00fcrfel ohne meine ausdr\u00fcckliche Angabe, was zu erwarten sei, falsch projizieren konnte. Erst die sozusagen begriffliche Vorbereitung (Erwartungsvorstellung) des sinnlichen Fehlurteils erm\u00f6glichte es, den Umschlag in diesem Versuch zu erleben. Dieser Versuch ist allerdings der schwerste, am wenigsten augenf\u00e4llige aller Versuche. Es nimmt nicht wunder, da\u00df Vpn., die alle anderen Umschl\u00e4ge gut beobachteten, hier ihre rein gestaltm\u00e4\u00dfig sehende Phantasie (denn diese allein schafft ja die merkw\u00fcrdigen Deutungsph\u00e4nomene) nicht zu einer doppelsinnigen Deutungsm\u00f6glichkeit zwingen konnten. Es bedarf des Ansto\u00dfes dieser Phantasiemechanismen, der \u201einneren Einstellung\u201c auf die Tatsache der vorhandenen Deutungsm\u00f6glichkeit, um diese zu erm\u00f6glichen; eine Einstellung, die dann rhythmisch aussetzend, den R\u00fcckschlag in die normale Deutung ein-treten l\u00e4\u00dft, um dann immer wieder, solange das Interesse an dem Versuch wach bleibt, in den falschen Umschlag zur\u00fcckzukehren. So erkl\u00e4rt es sich auch, da\u00df eine meiner Vpn. keinen Umschlag erleben konnte: sie fand den Zugang zur vorbereitenden Vorstellung des Umschlages nicht.\nEine seltsame Beobachtung will ich nicht vorenthalten: es macht zuweilen den Eindruck, als ob Zeiten eines raschen Wechsels mit solchen eines langsamen Wechsels alternieren. Fast k\u00f6nnte man daran denken, da\u00df die Beobachtung des Umschlages einmal von der Vp. in einem bewu\u00dftseinsnahen Zentrum langsam gehalten wird und dann, selbst wieder einer Art Schwankung unterliegend, in ein bewu\u00dftseinferneres, schnelleres Zentrum rhvthmisch zur\u00fccksinkt. Doch ist gerade das eine mehr inter-essante als bewiesene Vorstellung, welche nur zeigt, wie verwickelte M\u00f6glichkeiten dem Ablauf dieser Vorg\u00e4nge zugrunde liegen werden.\nF. Ergebnisse III. Teil: \u201eTypen\u201c\nSofern man die hier gewonnenen Kurven auf Typen untersuchen will, mu\u00df nachgewiesen sein, da\u00df eine Vp. sich in ihren gleichartigen Versuchen gleich bleibt, d. h. Kurvenzeichnungen","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nHans Schaefer\nliefert, deren Aussehen durch verschiedene Zeiten hindurch ein gleiches ist (vgl. Abb. 1 n. 7).\nDiese Gleichheit scheint nachgewiesen zu sein. Bei diesen typologischen Betrachtungen richten wir das Augenmerk auf das Verh\u00e4ltnis der beiden Kurven zueinander sowie auf die Verlaufsformen der Kurven. Vpn., deren Quotientenkurve (Q) einmal unstet ist, zeigen auch in wiederholten Versuchen unstete, zackige Kurven. Vpn., deren Kurven flach und stetig sind, zeigen diese Eigent\u00fcmlichkeit stets, und nur mit so geringen und kurzdauernden Ausnahmen, da\u00df man diese auf das momentane Auftreten einer \u00e4u\u00dferen St\u00f6rung beziehen kann, welche in das Getriebe des Rhythmus hineingreift.\nEs w\u00e4re demnach erlaubt, solche sich \u00e4hnlich verhaltenden Kurven nach Typen einzuteilen. Unter typischen Kurven sei damit ein Verhalten verstanden, da\u00df die Kurven sich in dem Verh\u00e4ltnis ihrer Teile \u00e4hnlich sehen, ohne eine Gleichheit im einzelnen vorauszusetzen.\nDie beiden extremen Typen w\u00e4ren:\n1.\tsprunghafte;\n2.\tstetige Kurven.\nBeides kann, f\u00fcr Quotienten (Q) und Zeitkurven (Z), also Kurve der Summe von Phase I -j- Phase II getrennt zutreften. Theoretisch w\u00e4ren demnach vier Gruppen von Typen m\u00f6glich:\nQ stetig Z stetig\nDie Frage, ob die Q- und Z-Kurve stets miteinander oder unabh\u00e4ngig voneinander unregelm\u00e4\u00dfig sind, erweist sich als sehr schwer beantwortbar. Erstens einmal ist es f\u00fcr die Beurteilung der Q-Kurve, wie sich auch rechnerisch ergibt, gleichg\u00fcltig, ob sie beim Steigen der Z-Kurve mit steigt oder f\u00e4llt, also konvergent oder divergent mit ihr verl\u00e4uft. Zu beachten w\u00e4re lediglich, ob sich die eine Kurve auch im gleichen Augenblick ver\u00e4ndert, in dem sich die andere ver\u00e4ndert. Bleibt die Z-Kurve ruhig, so springt die Q-Kurve, wie die meisten derartigen Vpn. zeigen, in","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 29\nm\u00e4\u00dfigem Grade hin und her. Dies kann bei niederen Z-Werten (Durchschnittswert Phase I Phase II bis etwa 5 Sekunden) dadurch bedingt sein, da\u00df geringe Unterschiede bereits relativ gro\u00dfe Quotientenunterschiede bedingen (z. B. 3/3 : Q = 10 ; 4/3 : Q = 13 ; 4/2 : Q = 20. Die absoluten L\u00e4ngen sind 6 ; 7 ; 6).\nVon Bedeutung ist also nur, wenn bei ziemlich hohem Z-Wert die Q-Kurve springt, oder bei niederen Z-Werten extrem ver\u00e4nderlich ist. Dieser Typ ist als Typ III oben festgelegt.\nDar\u00fcber hinaus liegt die M\u00f6glichkeit vor, da\u00df die Z-Kurve an den Spr\u00fcngen der Q-Kurve ruhig vorbeil\u00e4uft und umgekehrt. Es w\u00e4ren dann beide Kurven sprunghaft, nur jeweils zu verschiedenen Zeiten. Ein solches Verhalten ist von mir niemals beobachtet, scheint also der Natur des Wechsels zu widersprechen. Das bedeutet mit anderen Worten: Wo sich eine Phase in ihrer L\u00e4nge \u00e4ndert, tut sie das fast nie nur auf Kosten der zweiten, sondern es verschiebt sich das Verh\u00e4ltnis der beiden Phasen zueinander, indem auch der Rhythmus der Phasensumme I -f- II gesprengt wird und sich verl\u00e4ngert.\nEs wird also der Wechsel der Phasen nicht etwa durch einen festliegenden Rhythmus gesteuert, der die Phasensumme I + II konstant h\u00e4lt. Jede Phase verh\u00e4lt sich selbst\u00e4ndig und bedingt durch autonome Ver\u00e4nderung den Wechsel mit.\nDie erste Frage ist die, ob sich eine Vp. in ihren verschiedenen Versuchsarten typologisch gleicht. Das ist zwar nicht v\u00f6llig der Fall, was die Gleichheit des Rhythmus, die Gr\u00f6\u00dfe der Abweichungen angeht. Dennoch sind die Kurven einer Vp. niemals grundlegend verschieden. Die Nachbildkurven zeigen zwar einen strafferen, nicht so sehr beeinflu\u00dfbaren Verlauf. Und dennoch sind auch sie bei sprunghaften Personen sprunghaft, bei stetig reagierenden Personen stetig! \u00dcberhaupt h\u00e4lt jede Vp. einen bestimmten Typ in allen ihren Kurven bei.\nEine \u00dcbersicht \u00fcber meine Versuche gibt Tabelle 3.\nTyp II kommt also bei meinen Untersuchten nicht vor. Es ist zu erwarten, da\u00df es einen derartigen Typ \u00fcberhaupt nicht gebe, da ein ruhiger Quotientenverlauf bei unsteter Gesamtdauer voraussetzt, da\u00df sich bei Verl\u00e4ngerung einer Phase die zweite stets entsprechend verl\u00e4ngere, ein Verhalten, welches eine unglaubhafte Einstellung der rhythmischen Innervationen voraussetzt.","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nSans Schaefer\nDiese Annahme widerspricht allerdings dem Befund, wie er anfangs geschildert wurde, da\u00df bei der Verl\u00e4ngerung einer Phase sich gleichfalls die zweite verl\u00e4ngere oder da\u00df sogar Zeiten eines allgemein langsameren Rhythmus beider Phasen mit solchen eines allgemein schnelleren alternieren. Es zeigt sich jedoch, da\u00df bei ausgesprochener Verl\u00e4ngerung einer Phase sich die zweite nie entsprechend ausdehnt, vielmehr meist hinter dem Anwachsen der ersten betr\u00e4chtlich zur\u00fcckbleibt. So springt also doch Z- und Q-Kurve gemeinsam.\nTabelle 3\nVp.\tTyp\tVerlauf der Z-Kurve\t\tVerlauf der Q-Kurve\t\tAusnahmen\tBemerkungen\n1. p.\tI\tUnruhig\t\tUnruhig\t\t\u2014\tNachb. kurz\n2. J.\tIV\tRuhig\t\tWellig, konstant einseitig\t\t\u2014\tn\ta\nB. Ma.\tIII\t11\t\tUnruhig\t\t\u2022\u2014\t\u2014\n4. S.\tIV\t11\t\tWellig\t\t\u2014\t\u2014\n5. R.\tIV/I\tM\u00e4\u00dfig wellig\t\tM\u00e4\u00dfig wellig\t\t\u2014\t\u2014\n6. Ich.\tIII\tRuhig\t\tSehr zackig\t\tRotes Quadrat. Z und Q zackig\t\u2014\n7. P. E.\tIV\tn\t\tRuhig\t\t\u2014\t\u2014\n8. Br.\tIV\t11\t\ta\t\t\u2014\t\u2014\n9. K.\tIV\tSehr ruhig\t\tSehr ruhig\t\t\u2014\t\u2014\n10. L.\tIV\t11\ta\ta\ta\t\u2014\t\u2022\u2014\n11. Be.\t\u2014\tExtrem\t\tExtrem\t\t-\u2014\t\u2014\n12. D.\tI/IV\tM\u00e4\u00dfig zackig\t\tM\u00e4\u00dfig zackig\t\t\u2014\tNachb. kurz\n13. H.\tI\t\u00bb\ta\tSehr zackig\t\t\u2014\t\u2014\n14. M.\tIV\tRuhig\t\tRuhig\t\tPlast. W\u00fcrfel. Z und Q wellig\t\u2014\n15. Me.\tI\tM\u00e4\u00dfig zackig\t\tM\u00e4\u00dfig zackig\t\t\u2014\t\u2014\n16. Wi.\t\u2014\tWenig zackig\t\tWenig zackig\t\t\u2014\tNachbilder ruhiger\n17. Wo.\tIV\tSehr ruhig\t\tSehr ruhig\t\t\u2014\tNachb. kurz\n18. Ba.\t\u2014\tExtrem\t\tExtrem\t\t\u2014\ta\tn\n19. G.\tIV\tZiemlich ruhig\t\tZiemlich ruhig\t\t\u2014\ta\tn\n20. N.\tI/IV\tZieml. unruhig\t\tZieml. unruhig\t\tW\u00fcrfelzeichnung ruhig\tPlast. W\u00fcrfel nicht erzielbar\n21. Ebb.\tIII\tZiemlich ruhig\t\tM\u00e4\u00dfig bewegt\t\tNachb. anders!\tNachbilder extrem lang\n22. \u00fc. E.\tIII\tn\ta\t\u00bb\tn\tPlast. W\u00fcrfel zackig\tNachbilder extrem lang\nDie F\u00e4lle, wo ein langsamer Rhythmus mit einem schnelleren alterniert, sind allerdings hier nicht mitzurechnen. Sie sind,","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 31\nselten vorkommend, einem ganz anderen physiologischen Mechanismus zuzuschreiben: dem Abgleiten n\u00e4mlich von einem Regulationszentrum auf ein anderes, welches mit einem anderen Rhythmus begabt ist.\nAusnahmen vom Typ einer Kurve sind sehr selten, lassen aber, wenn sie vorhanden sind, keine Ver\u00e4nderung ihrer Durchschnittswerte oder irgendwie gesetzm\u00e4\u00dfige Beziehungen mit diesen vermuten. Nur kommen sie (bei mir ausschlie\u00dflich) bei unruhigen\n\u2014\nAbb. 4. K. Wettstreit\nDie Kurve ist in der Ordinate doppelt so hoch als die \u00fcbrigen\nKurven sonst wie Abb. 1\nA\nm Ni \" \u2014 \u25a0\tm *\t-------X\nAbb. 5. K. NECKEKscher W\u00fcrfel. Ordinate im Ma\u00dfstab der Abb. 4\n\\\nAbb. 6. K. Nachbild des roten Quadrats. Ordinate wie Abb. 4, 5\nKurventypen vor. Ein in seinen Kurven ruhiger Mensch neigt eben stets zur Ruhe ; die Extreme in dieser Hinsicht zeigen fast gerade Linien in ihren Kurven, wobei eine der anderen gleicht und sich eben nur durch die H\u00f6he, alias den Durchschnittswert der Phasenl\u00e4ngen I \u2014f- II unterscheidet (Abb. 4, 5, 6).\nDar\u00fcber hinaus ist typologisch interessant, da\u00df bei nicht wenigen Vertretern m\u00e4\u00dfig bewegter Kurven diese selbst einen sehr \u00e4hnlichen Verlauf zeigen: es sind Zacken in der Kurve, deren Breite und H\u00f6he fast stets in einigen Kurven gleich ist. Die Wiederkehr dieser Zacken ist sogar bei einer Vp. in dre Kurven ann\u00e4hernd regelm\u00e4\u00dfig (Abb. 1, 7, 8). Es macht den Ein-","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nHans Schaefer\ndruck, als sei das Ausma\u00df der Abweichungen ann\u00e4hernd gleich, wenn auch der Zeitpunkt des Eintritts dieser Abweichungen in weiten Grenzen willk\u00fcrlich erscheint. Im \u00fcbrigen sind auch hier wieder die Nachbildkurven von bedeutend gr\u00f6\u00dferer Gleichheit, fast m\u00f6chte man sagen, Eint\u00f6nigkeit.\nDennoch zeigen die Kurven deutlich, da\u00df ein Bestreben, Abweichungen eines Kurventeils im n\u00e4chsten zu kompensieren, nicht vorhanden ist. Eine Verl\u00e4ngerung, sei sie so extrem wie sie mag, ist niemals durch eine nachfolgende gr\u00f6\u00dfere Hast des Umschlages\nausgeglichen.\nSofern also ein Rhythmus vorhanden ist, durchdringt er nicht die Kurve nach einem sozusagen von vornherein festgelegten Wechsel wie z. B. das Herz nach einer Extrasystole eine doppelt lange Ruhepause einschaltet.\nAbb. 7\nR. Wettstreit. (Vgl. mit Abb. 1 !)\nAbb. 8\nR. Nachbild der Fadenlampe\nDer Wechsel steuert sich vielmehr stets nur vom Augenblick aus, ohne R\u00fccksicht auf das, was er soeben hinter sich gelassen hat. Das allein bezeugt seinen Zusammenhang mit zentralsten Vorg\u00e4ngen: er ist unregelm\u00e4\u00dfig, unberechenbar im Sinne des Wortes wie diese. Aber er kann, wenn das Spiel seiner Kr\u00e4fte nicht durch ablenkende Einfl\u00fcsse gest\u00f6rt wird, zu einer Regelm\u00e4\u00dfigkeit kommen, die erstaunlich ist. Je ruhiger und \u201egesammelter\u201c die Pers\u00f6nlichkeit ist, desto eher vermag sie jene St\u00f6rungen auszuschalten. Ebenso wie es offenbar ist, da\u00df ein unstetes Flackern der ja im letzten Grund unwillk\u00fcrlich ablaufenden Assoziationen (im Leben auch Gedankenspr\u00fcnge genannt) die Schwankungen in steter Unruhe halten mu\u00df. Nirgend besser wird dies Ablenken st\u00f6render Einfl\u00fcsse so unmittelbar empfunden wie z. B. bei ruhiger Betrachtung des NECKERschen W\u00fcrfels oder einer Wettstreitvorlage. Interessant w\u00e4re der Versuch, die Typen mit den Durchschnittswerten der Phasen oder dem Verh\u00e4ltnis der Durchschnittswerte bei verschiedenen Versuchen zu vergleichen.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 33\nEin solcher Vergleich f\u00fchrt jedoch zn keinerlei erkennbaren Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten; es scheint der Willk\u00fcr zn unterliegen, ob eine Vp. einen schnellen oder langsamen Wechsel bei diesem oder jenem Versuch aufweist oder welcher ihrer Versuche den langsamsten Wechsel habe. Ebensowenig lassen sich die Ausnahmen, die in der Tabelle verzeichnet sind, mit anderen Erscheinungen in Beziehung setzen.\nEine Erkl\u00e4rung enth\u00e4lt also die angestellte Betrachtung nur soweit, als sie eine gewisse Einheitlichkeit der untersuchten Erscheinungen darlegt. Diese Einheitlichkeit erstreckt sich auch auf die Nachbildkurven, die also in den Zusammenhang mit Deutungswechsel der W\u00fcrfelversuche und Wettstreitph\u00e4nomene mit einzubeziehen gerechtfertigt erscheinen mu\u00df.\nTrotz der so oft erw\u00e4hnten Sonderstellung der Nachbilder zeigen diese doch das eine : ihr Ablauf ist, soweit man hier von Bedingungen im Wesen der Pers\u00f6nlichkeit reden kann, durch solche mitbedingt; er ist schwankend und unstet bei unstetem Ablauf der anderen Versuche; ein Verhalten, das ja nach der fr\u00fcheren Annahme, es handele sich bei Nachbildern um willentliche Schwankungen, nur zu erwarten war.\nDie Einheitlichkeit der untersuchten Ph\u00e4nomene scheint also unabweisbar zu sein. Sie zeigt, und dies ist der letzte Schlu\u00df, der noch dem Versuch selbst entnommen werden kann, eine eigent\u00fcmliche \u00dcbereinstimmung mit derjenigen Seite des menschlichen Charakters, die wir seine Konzentrationsf\u00e4higkeit bezeichnen. Die unruhigsten, unsteten Kurven stammen alle von Menschen, die unruhig, ja fast unstet genannt werden k\u00f6nnen (Abb. 9, 10, 11). Je gr\u00f6\u00dfer die Energie, die ruhige, gesammelte Kraft eines Charakters zu sein schien, desto ruhiger und schneller, gleichm\u00e4\u00dfiger der Verlauf seiner Kurven (Typ IV) (Abb. 4 bis 6).\nFassen wir die Ergebnisse und Deutungen einmal kurz zusammen, so ergibt sich das folgende Bild:\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 62\t3\nAbb. 9. P. NECKERscher W\u00fcrfel","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nHans Schaefer\n1.\tAbgesehen von physikalischen und rein peripheren reizphysiologischen Bedingungen, erweisen sich die untersuchten Schwankungen abh\u00e4ngig von Erm\u00fcdung, Affekt, gestaltm\u00e4\u00dfigen Einfl\u00fcssen. Sie sind durch den Willen ver\u00e4nderlich.\n2.\tNur Nachbilder weichen hiervon ab; sie zeigen einen autonomen Wechsel, der jedoch mit Aufmerksamkeitsvorg\u00e4ngen aus verschiedenen Gr\u00fcnden eng Zusammenh\u00e4ngen mu\u00df.\n3.\tGleiche Vpn. ver\u00e4ndern weder den Durchschnittswert noch die typische Form ihrer Kurven f\u00fcr gleiche Versuchsarten bei verschiedenen Versuchen.\n4.\tAlle Kurven einer Vp. gleichen sich untereinander soweit, da\u00df man bestimmte Typen zu unterscheiden in der Lage\nist. Keine Vp. verl\u00e4\u00dft ihren \u201eTyp\u201c.\n5.\tTypologisch geben die Nachbilder keine Ausnahme von\nder Regel.\n/\\\n^ /\n\\\nAbb. 10. P. Plastischer W\u00fcrfel\nG. Schlu\u00dffolgerung\nDer Versuch einer Zusammenfassung aller Tatsachen, die bislang angef\u00fchrt sind, gleitet nuu unmerklich in psychologische Gebiete \u00fcber: die Wahrscheinlichkeit, da\u00df es sich beim Inter-mittieren der Nachbilder um Hemmungen in Konzentrationsvorg\u00e4ngen handelt, die dem \u201eWillen\u201c und der \u201eAufmerksamkeit\u201c nahestehen, die Beobachtung ferner, da\u00df die Schwankungen bei Wettstreit- und W\u00fcrfelversuchen den Aufmerksamkeitsvorg\u00e4ngen immerhin sehr nahe stehen m\u00fcssen, k\u00f6nnte den Gedanken nahe legen, als handele es sich hier um Beobachtungen, die nur mehr die reine Psychologie angehen : vielleicht ist es eben so, da\u00df eine Vp., die unruhige Kurven schreibt, nichts anderes als \u201eunaufmerksam\u201c ist und dabei nicht im geringsten zentral-nerv\u00f6se","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 35\nRegulationsstationen besitzt, in deren eigent\u00fcmlichem Ban sich die beobachteten Vorg\u00e4nge begr\u00fcnden. Allein es leuchtet ein, da\u00df an dieser Grenze der philosophisch-naturwissenschaftlichen Betrachtung das gleiche Ding bald von der einen, bald von der anderen Seite gesehen werden mag. Was dem Psychologen \u201eAufmerksamkeit\u201c und charakterologische \u201eEigenschaft\u201c bedeutet, ist dem Physiologen noch Innervation, vielleicht noch Reflex. Nicht nur die niederen Nervenstationen des K\u00f6rpers arbeiten mit Reaktionsweisen, die dem Bewu\u00dftsein unergr\u00fcndlich sind, die, soweit sie mit den hier untersuchten Schwankungen in Beziehung gesetzt werden k\u00f6nnen, als reziproke Innervation beschrieben werden. Die zentralste aller Innervationen, eben das Bewu\u00dftsein selbst, sch\u00f6pft seine \u201epsychische Energie\u201c, deren es ja, wie alle anderen neurologischen Vorg\u00e4nge, bedarf, aus dem gro\u00dfen Erregungsnetz des kortikalen Nervensystems. In diesem wird, ganz wTie in subkortikalen Zonen eine gegenseitige Beziehung der Teile miteinander bestehen, welche das Spiel des Bewu\u00dftseins selbst, seine Labilit\u00e4t und seine Vorstellungswechsel, zum Teil mitbedingt; eine Beziehung, die den Zweck haben wird, einseitige Erregungsprozesse aufzul\u00f6sen und die man daher mit gutem Recht als reziproke Hemmung (McDougall) oder als\t~\t\u201c\u2014-----\nreziproke Innervation bezeichnen kann.\tdes roten Quadrats\n\u2022 \u2022\nUber den Ort, an dem sich diese Vorg\u00e4nge im Gehirn abspielen, ist es m\u00fc\u00dfig, Vermutungen anzustellen. Eher schon geht es an, eine Stufenleiter von Stationen anzunehmen und von h\u00f6her und tiefer gelegenen Schwankungen zu reden. Man k\u00f6nnte dabei von der Annahme ausgehen, da\u00df die mit gro\u00dfer psychischer Anstrengung begleiteten Umschl\u00e4ge zugleich die bewu\u00dftseinsn\u00e4chsten sind; vom Versuch mit dem plastischen W\u00fcrfel kann man behaupten, da\u00df er dieser Bedingung entspricht : bei ihm gewinnen sicher Vorstellungsinhalte den gr\u00f6\u00dften Einflu\u00df. Da diese Versuche durchweg zugleich den langsamsten Rhythmus aufweisen, w\u00e4re also der Schlu\u00df gegeben, da\u00df der Rhythmus der reziproken Hemmung um so langsamer abl\u00e4uft, je n\u00e4her die in\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nHans Schaefer\nFrage stehenden Vorg\u00e4nge dem Bewu\u00dftsein selbst liegen. Die schnellsten Umschl\u00e4ge w\u00e4ren vom Wettstreit der Sehfelder zu erwarten, da retinale Impulse, ehe es zur gestaltm\u00e4\u00dfigen Verarbeitung kommt, bereits vom Rhythmus ergriffen werden. Diese Annahme trifft auch in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle zu. Die W\u00fcrfelversuche entstammen demnach einer unter dem Bewu\u00dftsein gelegenen Mittelstation.\nDa\u00df bei Erm\u00fcdung der Wechsel stets rascher werdend, schlie\u00dflich in eine Fusion beider Auffassungsm\u00f6glichkeiten \u00fcbergeht, entspr\u00e4che gleichfalls dieser Annahme. Der Wechsel gleitet eben in stets bewu\u00dftseinsfernere Zentren hinab, bis er schlie\u00dflich von reziproken Innervationen nicht mehr beeinflu\u00dft wird.\nInwieweit die Nachbildsch-wankungen hier abweichen m\u00fcssen, ist schon gesagt: sie sind in diesem Zusammenhang ebenso nur vorhandene und nicht vorhandene (ausgel\u00f6schte) Prozesse wie die Nachbilder vorhanden und nicht vorhanden sind. Es ist also eine Hemmung eines flie\u00dfenden Energiestromes anzunehmen, an dessen Stelle zu treten nichts anderes da ist; eine Hemmung, welche in gleicher Weise regulatorisch gedacht ist, wie alle anderen auch : nur da\u00df sie dem Gebiet kortikaler Aufmerksamkeitsimpulse angeh\u00f6rt, deren Bereich von den rein zentripetalen Bahnen der anderen Schwankungserscheinungen nicht ber\u00fchrt werden wird.\nDie Sprache der \u201eGestaltpsychologie\u201c betrachtet diese Dinge (Eichlee, Matthaei x) als das Spiel zweier Gestalterlebnisse miteinander und f\u00fcgt sich dieser rein mechanisch gedachten Auffassung ebenso ein wie die nur psychologisch behandelten Theorien \u00fcber die Wechselwirkung kortikaler Auffassungen, die McDougall bereits un\u00fcbertrefflich schildert. Beide schlie\u00dfen die Lehrmeinung der schulm\u00e4\u00dfigen experimentellen Psychologie nicht aus, die die Vorg\u00e4nge des Bewu\u00dftseins vom Erlebnis selbst her analysiert. Denn eben jene Erlebnisse sind uns ja zun\u00e4chst Leiter auf dem Weg zu dieser Verallgemeinerung gewesen. Welches im letzten Grund die Triebfeder dieser reziproken Innervation ist, das wissen wir nat\u00fcrlich nicht. Die Regulationseinrichtungen bereits einzelliger Lebewesen sind jedenfalls nicht weniger verwickelt und \u201eautonom\u201c, wie es scheint, als diese wunderbaren Regulationen unseres so komplex gestalteten Erkenntnisorgans. Wir stehen \u00fcberall vor dem gleichen R\u00e4tsel. Die Arbeit dieser Vorg\u00e4nge als\n1 Eichleb, a. a. O.; Matthaei, a. a. O.","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythm, optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten 37\ndie Mechanik einer Schwingung aufzufassen, wie es zuweilen geschieht, ist da wohl nicht mehr als eine sch\u00f6ne Deutung, die an transzendentaler Wahrheit nur wenig in sich einschlie\u00dfen wird.\nMit der Tatsache, da\u00df wir diese Vorg\u00e4nge auf Reaktionsabl\u00e4ufe zur\u00fcckgef\u00fchrt haben, die dem Organismus, der \u201eTiefenperson\u201c eigent\u00fcmlich sind, werden wir die Hypothese zu beschlie\u00dfen haben.\nNur m\u00f6chte ich diese Zeilen nicht beenden, ohne meinem Lehrer, Prof. Ebbecke, f\u00fcr alle Anregungen und Ratschl\u00e4ge, die mir so n\u00fctzlich waren, herzlich und aufrichtig Dank zu sagen.","page":37}],"identifier":"lit36019","issued":"1932","language":"de","pages":"1-37","startpages":"1","title":"\u00dcber rhythmische optische Erscheinungen und ihre individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten","type":"Journal Article","volume":"62"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:43:14.950015+00:00"}