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Über eine neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte

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{"created":"2022-01-31T16:44:19.708753+00:00","id":"lit36048","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Woelfflin, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 59: 55-66","fulltext":[{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"55\n\u2022 \u2022\nUber eine neue Methode zur Bestimmung der\nFlimmerwerte\nVon\nProf. E. Woelfflin (Basel)\nMit 2 Kurven\nUntersuchungen, die ich in der letzten Zeit zur Vergleichung von heterochromen Helligkeiten anstellte, f\u00fchrten mich zur \u00dcberzeugung, dafs unter den verschiedenen Methoden, die bisher zur L\u00f6sung dieses Problems angegeben worden sind, die Flimmermethode noch relativ wenig Ber\u00fccksichtigung gefunden hat. Im Gegensatz zur Methode der Peripheriewerte und der Minimalfeldhelligkeiten, bei der auf eine direkte Vergleichung von zwei benachbarten Fl\u00e4chen abgestellt wird, stellt die Flimmermethode eine sogenannte, indirekte Pr\u00fcfungsart dar, indem nicht auf Helligkeitsdifferenzen, sondern auf Verschmelzungsvorg\u00e4nge eingestellt wird. Ebenso wird beim PuLFRiCHschen Stereoeffekt das Problem der Helligkeitsvergleichung indirekt gel\u00f6st unter Zuhilfenahme unseres Tiefensch\u00e4tzungsverm\u00f6gens. Da die eben erw\u00e4hnten Methoden mit wesentlich verschiedenen Voraussetzungen arbeiten, so ist es a priori klar, dafs die mit denselben erhaltenen Resultate sich nicht vollkommen decken k\u00f6nnen. Man hat deshalb auch nur ein ann\u00e4herndes Parallelgehen zwischen den Resultaten der Flimmermethode und denjenigen der Minimalfeldhelligkeit bzw. den Peripheriewerten gefunden.\nIch m\u00f6chte an dieser Stelle nicht kritisch auf den Wert der verschiedenen Methoden mich einlassen, die zur L\u00f6sung der Frage der heterochromen Helligkeiten angegeben wurden, sondern nur kurz erw\u00e4hnen, dafs der PuLFRiCHsche Stereoeffekt nur dann Verwendung finden kann, wenn der betreffende Untersucher \u00fcber einen guten stereoskopischen Sehakt verf\u00fcgt. Was ferner die\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59.\t5","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nE. Woelfflin\nMethode der Minimalfeldhelligkeit betrifft, so erfordert sie eine gewisse \u00dcbung, um zu einigermafsen zuverl\u00e4ssigen Resultaten zu gelangen und aufserdem ist diese Methode f\u00fcr Personen mit Astigmatismus nur wenig geeignet, da schon bei leichten Graden desselben das punktf\u00f6rmige Loch, welches beobachtet werden mufs, doppelt und dreifach gesehen wird, was die Aussagen sehr erschwert. Dafs man mit der Methode der Peripheriewerte mit den etwas unsicheren Angaben des indirekten Sehens rechnen mufs, bedarf wohl keiner weiteren Er\u00f6rterung. Somit w\u00e4re es sehr w\u00fcnschenswert, weitere Untersuchungsmethoden f\u00fcr die Frage der heterochromen Helligkeitspr\u00fcfung zu besitzen.\nWas die Flimmermethode betrifft, welche erstmals von Rood ver\u00f6ffentlicht wurde, so mufs zugegeben werden, dafs die Richtigkeit derselben bisher noch nicht bewiesen werden konnte; dafs aber andererseits sich nichts Vorbringen liefs, was gegen ihre Annahme gesprochen h\u00e4tte. Rood liefs bekanntlich auf einem Kreisel die zu untersuchenden farbigen Papiere abwechselnd mit verschieden hellem Grau rotieren und ermittelte jenes Grau, bei welchem die kleinste Umdrehungsgeschwindigkeit erforderlich war, um das Flimmern zum Verschwinden zu bringen. Dieses Grau nannte er der betreffenden Farbe gegen\u00fcber gleich hell.\nDas Flimmerph\u00e4nomen ist in den letzten Jahren von verschiedener Seite aus wissenschaftlich in Angriff genommen worden. Es handelte sich dabei meist um einzelne Fragestellungen spezieller Art. Die Hauptaufgabe bei den Untersuchungen \u00fcber das Flimmerph\u00e4nomen scheint mir darin gelegen zu sein, festzustellen, ob es sich dabei blofs um ein Helligkeitsproblem handelt, oder ob noch andere Faktoren dabei beteiligt sind.\nF\u00fcr meine Untersuchungszwecke dachte ich zuerst daran, in Anlehnung an die Versuche von Polimanti einen spektralen Apparat zu konstruieren; doch mufste ich leider von diesem Vorhaben aus \u00e4ufseren Gr\u00fcnden Abstand nehmen. Somit blieb mir nichts anderes \u00fcbrig, als vorl\u00e4ufig zu einer Pigmentmethode \u00fcberzugehen. Ich konstruierte mir zuerst eine Scheibe, auf welcher neben der Farbe verschiedene Grau in \u00e4hnlicher Weise angebracht waren wie beim Roonschen Versuch. Doch kam ich bald von diesem Prinzip ab, da man bei dieser Versuchsanordnung mit einer Ungenauigkeit rechnen mufs. Blickt man n\u00e4mlich durch ein kleines Okularrohr an irgendeiner Stelle auf die rotierende Scheibe, so hat man in diesem Gesichtsfeldabschnitt","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Eine neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte\n57\nnicht eine Geschwindigkeit, sondern verschiedene vor sich, da die \u00e4ufseren Partien der Scheibe bekanntlich rascher rotieren als die inneren. Infolgedessen ist es fast unm\u00f6glich, exakt die Stelle <les Verschwindens des Flimmerns anzugeben, da man unter eine gewisse Okular\u00f6ffnung nicht heruntergehen kann. Man bekommt, wenn man mehrere Werte nacheinander aufnimmt, eine ziemliche Streuung derselben. Die eben erw\u00e4hnte Unsicherheit der Beobachtungen veranlafste mich, das Prinzip der rotierenden Scheibe aufzugeben und statt derselben einen rotierenden Zylinder anzuwenden, bei dem man \u00fcberall gleiche Geschwindigkeiten erh\u00e4lt. Dieses Prinzip ist bisher noch nie zur Bestimmung der Flimmerwerte verwendet worden.\nIch konstruierte mir einen Zylinder aus Holz 1 von 17,5 cm L\u00e4nge und 7,5 cm Durchmesser, den ich in horizontaler Lage vor dem Auge mittels eines Motors2 rotieren liefs und durch eine kleine Okular\u00f6ffnung in einem Abstand von 40 cm betrachtete. Der Zylinder selbst war mit 4 parallelen, farbigen z. B. roten Streifen beklebt, von je 45\u00b0 Ausdehnung. In den dazwischenbefindlichen gleich grofsen Feldern waren vier gleiche Grauleitern horizontal angebracht, bei denen die verschiedenen Grau sich direkt ber\u00fchrten, so dafs es auf diese Weise leicht m\u00f6glich war, jenes Grau zu ermitteln, bei dessen Rotation bei geringster Umdrehungszahl das Flimmern verschwand.\nDer Frage der sukzessiv zunehmenden Graufelder w\u00e4re noch eleganter zu l\u00f6sen gewesen mit Hilfe von zwei sich ber\u00fchrenden l\u00e4nglichen Dreiecken, die der Rechteckform angepafst gewesen w\u00e4ren und von denen das eine weifs, das andere schwarz gef\u00e4rbt gewesen w\u00e4re. Man h\u00e4tte auf diese Weise nicht einen sprungweisen \u00dcbergang von einem Grau zum anderen, sondern eine sukzessiv zunehmende Grauf\u00e4rbung erhalten, die eine noch exaktere Einstellung erm\u00f6glicht h\u00e4tte. Gegen die Verwirklichung dieser L\u00f6sung ist aber die Tatsache anzuf\u00fchren, dafs\nbei einer sich verschiebenden Gr\u00f6fse der einzelnen Sektoren zu-\n\u2022 \u2022\neinander die Flimmerfrequenz eine \u00c4nderung erf\u00e4hrt, je nach-\n1\tEin zuerst verwandter Metallzylinder erwies sich mir als wenig praktisch wegen seiner zu grofsen Schleuderung.\n2\tEs ist vor allem darauf zu achten, dafs der Motor nicht an ein Stadtnetz angeschlossen ist, da sonst unvermeidliche Stromschwankungen entstehen. Ich habe deshalb meinen Motor mit einer eigenen Akkumulatorenbatterie verbunden.\n5*","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nE. Woelfflin\ndem das Verh\u00e4ltnis des weifsen zum schwarzen Anteil wechselte Da dadurch eine nicht unbetr\u00e4chtliche Beeinflussung der Flimmer* werte geschaffen wird, sah ich von dieser Ausf\u00fchrung ab.\nBez\u00fcglich der Konstruktion eines solchen Zylinders m\u00f6chte ich darauf aufmerksam machen, dafs derselbe auf m\u00f6glichst feste St\u00fctzen zu ruhen kommt, damit bei raschem Gang des Motors keine Eigenschwingungen entstehen, die \u00e4ufserst st\u00f6rend wirken w\u00fcrden. Es empfiehlt sich daher, statt einer durch den Zylinder durchgehenden Achse, den Zylinder von aufsen nur mit zwei Spitzenlagern zu fixieren. Aufserdem soll die Walze auf einem schweren Brett montiert sein, um vertikale Schwingungen der Unterlage auszuschalten.\nBetreffs des Tourenz\u00e4hlers sei kurz erw\u00e4hnt, dafs derselbe am besten mittels eines Gummischlauches an den Motor angeschlossen wird, um das jedesmalige manuelle Andr\u00fccken zu vermeiden. Da der Motor selbst bei einer geringen Tourenzahl in* folge seines Tr\u00e4gheitsmomentes nicht gleich zur maximalen Um* drehung ansteigt, so mufs bei den Ablesungen auf diesen Funkt speziell geachtet werden. Man darf deshalb bei der vom Pa* tienten gemachten Angabe: \u201eFlimmern verschwunden\u201c nicht gleich die Tourenzahl ablesen, sondern mufs noch etwas zuwarten, und dann sehen, wie weit man mit dem Widerstand zur\u00fcckgehen darf, bis das Flimmern gerade wieder auftritt. Dann erst soll die Tourenzahl bestimmt werden.\nDen rotierenden Zylinder betrachtete ich, wie schon erw\u00e4hnt, durch ein Okularrohr von 8 mm Durchmesser, das in einer Entfernung von 40 cm vor der Walze angebracht war, so dafs also nur eine rein foveale Zone in Betracht kam. Das Umfeld des Okularrohres war mit grauem Papier bekleidet, um das nicht benutzte Auge vor st\u00f6renden Gesichtsfeldeindr\u00fccken zu sch\u00fctzen. Auf einem horizontalen Schlitten, der eine genaue Millimetereinteilung enthielt, liefs sich das Okularrohr beliebig nach beiden Seiten hin verschieben. Da auf eine m\u00f6glichst ruhige Kopfstellung geachtet werden mufs, empfiehlt sich unbedingt die Anwendung einer Kinnst\u00fctze.\nBei dieser Versuchsanordnung war folgendes erreicht: An jeder Stelle, welche mit dem Okularrohr beobachtet wird, findet ein viermaliger, gleich rascher Periodenwechsel zwischen einem bestimmten Grau und der betreffenden Farbe bei einmaliger Umdrehung der Walze statt. Es l\u00e4fst sich daher leicht bei gleich-","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Eine neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte\n59\nm\u00e4fsig bleibender Umdrehungsgeschwindigkeit jenes Grau feststellen, bei welchem das Flimmern bei einer geringsten Tourenzahl vollkommen verschwindet.\nIch m\u00f6chte hier auf eine beim Flimmern auftretende Erscheinung n\u00e4her hinweisen, da sie bisher abgesehen von einer k\u00fcrzlich erschienenen Abhandlung von Haack noch nie Gegenstand einl\u00e4fslicher Untersuchung gewesen ist. Ich meine die Analysierung der Flimmerbewegung als solcher. Fast alle Personen, die ich zu diesen Untersuchungen herbeizog, konnten feststellen, dafs bei langsamem Gang des Motors, zu einer Zeit, da das Flimmern noch sehr stark ausgepr\u00e4gt ist, die einzelnen Flimmerbewegungen gew\u00f6hnlich wie schattenf\u00f6rmige Bewegungen erfolgten, die in rhythmischer Weise entweder von oben nach unten oder in umgekehrter Richtung verliefen. L\u00e4fst man den Motor rascher laufen, so \u00e4ndern sich diese Erscheinungen gew\u00f6hnlich derart, dafs statt der in vertikaler Richtung erfolgenden Bewegungen, nunmehr solche auftreten, die im Sinne des Uhrzeigers oder in umgekehrter Richtung erfolgen. Von einzelnen Beobachtern wurden sie direkt als Spiralen empfunden. Ich selbst hatte das Gef\u00fchl, dafs diese eigenartigen Schatten sich am besten vergleichen liefsen mit den Bewegungen von Radspeichen, die immer rascher und rascher erfolgen, bis man endlich nur mehr einen gleichm\u00e4fsigen Eindruck erh\u00e4lt. Ferner fand ich, dafs die bei verschiedenen Farben auftretenden Flimmererscheinungen einen verschiedenen Charakter annehmen, so dafs die eben erw\u00e4hnten Bewegungs\u00e4nderungen nicht durch die Geschwindigkeit des Motors allein bedingt sind.\nIch glaube deshalb, dafs man aus dem bunten Kaleidoskop dieser Flimmerbewegungen keine physiologischen R\u00fcckschl\u00fcsse ziehen kann in dem Sinne, dafs man aus der Form dieser Bewegungen darauf schliefsen k\u00f6nnte, ob man mehr oder weniger nahe an der Verschmelzungsfrequenz angelangt sei. Denn bei diesen Erscheinungen spielen neben rein physikalisch optischen Vorg\u00e4ngen zweifellos auch psychologische Prozesse mit, die bei jedem Menschen individuell verschieden ablaufen.\nDes Ferneren sind diese Ph\u00e4nomene oft nur so undeutlich ausgepr\u00e4gt, dafs man sie nur schwer auf ihren Bewegungscharakter hin analysieren kann.\nBei meinen Versuchen hatte ich es haupts\u00e4chlich darauf abgesehen, zu pr\u00fcfen, ob die Farbe als solche bestimmend auf","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nE. Wodfflxn\ndas Flimmerph\u00e4nomen einwirkt. Diese Frage kann nur dadurch? beantwortet werden, dafs man mit helligkeitsgleichem Grau die Untersuchungen anstellt. Ich liefs mir daher eine Anzahl von Kartonzylindern anfertigen, die ich auf die erw\u00e4hnte Holzwalze auf setzte und zwar waren diese Zylinder je weilen mit 4 gleichfarbigen Papieren in Dreieckform derartig beklebt, dafs die Basen dieser vier Dreiecke am einen Ende des Zylinders sich gerade ber\u00fchrten, w\u00e4hrend die Spitzen am anderen Ende gelegen waren. In die \u00fcbrig bleibenden 4 Dreieckfl\u00e4chen wurde das helligkeitsgleiche Grau eingeklebt. Das betreffende Grau ermittelte ich jeweils mit Hilfe der OsTWALDschen Grauleiter. Ich erreichte\nMaximum\nAbbildung 1\nAbbildung 2\ndurch diese Anordnung, dafs in der Mitte der Walze ein genaues Verh\u00e4ltnis von 1 Teil Farbe zu 1 Teil Grau bestand, das nach beiden Seiten hin in umgekehrter Weise sich ver\u00e4nderte. Bestimmte ich nunmehr auf dieser Walze in einem Abstand von je 2 cm an 8 horizontal gelegenen Punkten die notwendige Tourenzahl, um das Flimmern zum Verschwinden zu bringen, so erhielt ich stets den h\u00f6chsten Wert bei einem Verh\u00e4ltnis1 von 1 : 1 und zwar f\u00fcr alle Farben. Von der Mitte des Zylinders aus nahm die Flimmerzahl nach beiden Seiten hin in einer ann\u00e4hernd gleichen Weise ab und zwar gew\u00f6hnlich so, dafs nach* dem Ende des Graumaximums hin die Werte etwas h\u00f6her lagen als nach dem Farbenmaximum zu. Die Pr\u00fcfungen fanden gew\u00f6hnlich in den Mittagsstunden bei bedecktem Himmel statt.\nWie aus obenstehender Kurve ersichtlich, liegen die Werte f\u00fcr die Blaukurve am h\u00f6chsten, dann folgen diejenigen der Gelb-\nDieses Verh\u00e4ltnis war in den beiliegenden Kurven genau bei der Zahl 4 gelegen.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Eine neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte\n61\nund endlich diejenigen der Rotkurve. Die gefundenen Zahlen beanspruchen nur einen relativen, nicht einen absoluten Wert.\nMeine Versuche beweisen ebenso wie die Beobachtungen von Marbe, dafs die wechselnde Sektorengr\u00f6fse von direktem Einflufs auf die Flimmerfrequenz ist, w\u00e4hrend Plateau diese Abh\u00e4ngigkeit bekanntlich in Abrede gestellt hatte. Die Tatsache der wechsenden Flimmerwerte bei verschiedener Sektorengr\u00f6fse ist m. E. ein deutlicher Beweis daf\u00fcr, dafs das Flimmerph\u00e4nomen nicht ausschliefslich von der verschiedenen Helligkeit der Farbe abh\u00e4ngt, sondern auch von dem Farbenton als solchem; denn sonst m\u00fcfsten ja die Flimmerwerte gleich bleiben, gleichg\u00fcltig an welchem Teil des Zylinders man die Untersuchungen anstellt.\nUm den Einflufs des Farbentons als solchen noch besser zu isolieren, liefs ich mir in der Gesellschaft f\u00fcr chemische Industrie in Basel zwei helligkeitsgleiche Gr\u00fcn- und Rotpapiere f\u00e4rben, die auf der OsTWALDschen Grauskala dem Tone f entsprachen und nach der Untersuchung mit dem Pomiapparat einen Weifsgehalt von 39,8 resp. 38% auf wiesen.1 F\u00fcr ein komplement\u00e4res Gelb und Blau waren helligkeitsgleiche Farben aus leichtbegreiflichen Gr\u00fcnden nicht herzustellen:\nWurden bei diesen beiden Farben verschiedene Flimmerwerte gefunden, so konnten dieselben nur auf den verschiedenen Farbenton zur\u00fcckgef\u00fchrt werden. In der Tat liefsen sich solche nachweisen, und zwar in ausgesprochener Weise. Maximaler Flimmerwert f\u00fcr Rot = 92; f\u00fcr Gr\u00fcn = 69. Das Rot wirkte also entschieden st\u00e4rker auf die Flimmerwerte wie ein helligkeitsgleiches Gr\u00fcn.\nBestimmte icbr an einem in gleicher Weise mit einem mit schwarzen und weifsen Dreiecken \u00fcberzogenen Zylinder die Flimmerwerte, so nahmen dieselben ebenfalls von der Mitte nach beiden Seiten hin nahezu symmetrisch ab. Bei einem Totalfarbenblinden, an dem ich denselben Versuch ausf\u00fchrte, erhielt ich bei der Mittelstellung (Verh\u00e4ltnis 1 Teil Schwarz : 1 Teil Weifs) des Zylinders einen Maximalwert, der ca. 2 mal unter demjenigen des Normalen gelegen war. Also eine Zahl, die vollkommen mit den von Uhthofe gefundenen Werten \u00fcberein-stimmte. Von diesem Maximum aus fiel die Kurve nach beiden\ni Auf dem Farbenkreisel ergaben die beiden Farben im Verh\u00e4ltnis von 190\u00b0: 170\u00b0 gemischt ein bestimmtes Grau. Das Verh\u00e4ltnis 170\u00b0: 180\u00b0 zu erreichen, war technisch nicht m\u00f6glich gewesen.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nE. Woelfflin\nSeiten hin nur ganz wenig ab, indem die Flimmerwerte von 68 auf 55 Umdrehungen pro Minute heruntergingen, w\u00e4hrend beim Normalen ein Abfall von 120 auf 73 zu konstatieren war. Man sieht also aus dieser Kurve: dafs auch beim reinen St\u00e4bchenseher die wechselnde Sektorengr\u00f6fse einen Einflufs auf die Flimmerfrequenz aus\u00fcbt \u2014 wenngleich in viel geringerem Grade \u2014 wie beim Normalen. Bei langsamem Rotieren des Zylinders beobachtete ich h\u00e4ufig, wie neben den Farben deutlich die Komplement\u00e4rfarben gesehen wurden. Diese Erscheinung trat aber nur dann auf, wenn die betreffenden Farben mit Grau, dagegen nicht mit Weifs wechselten.\nIch m\u00f6chte nur bemerken, dafs man den nebenstehend angegebenen Zahlen bei den verschiedenen Kurven nicht einen absoluten, sondern nur einen relativen Wert beilegen darf. Denn wir wissen, dafs das Flimmerph\u00e4nomen von einer Anzahl verschiedener Faktoren abh\u00e4ngig ist, so dafs die Flimmerwerte, die von verschiedenen Beobachtern berechnet werden, unm\u00f6glich ohne weiteres miteinander verglichen werden k\u00f6nnen.\nAbgesehen von der verschiedenen Helligkeit der beiden Farben spielt der Glanz der Farbe eine nicht zu vernachl\u00e4ssigende Rolle, worauf Emsmann (1854) schon hingewiesen hat. Er fand n\u00e4mlich, dafs durch gl\u00e4nzende Papiere der Lichteindruck verst\u00e4rkt, dagegen die Dauer desselben verk\u00fcrzt wird. Ferner kommt der Beleuchtung eine grofse Bedeutung zu. Je st\u00e4rker die Tagesbeleuchtung ist, um so rascher mufs der Motor laufen, um das Flimmern zum Verschwinden zu bringen. Es hat diese Tatsache das Unangenehme zur Folge, dafs wir bei wechselnder Tagesbeleuchtung nie genau gleiche Result\u00e4te erhalten. Allerdings ist diese Fehlerquelle nicht sehr grofs, wenn wir uns an bestimmte, mittlere Tageszeiten halten, wie bereits Liebermann nachgewiesen hat. Wollen wir diesen Fehler vollkommen eliminieren, so k\u00f6nnen wir zur k\u00fcnstlichen Beleuchtung \u00fcbergehen, oder wir bleiben bei der Tagesbeleuchtung. Dann sind wir aber gen\u00f6tigt, die mit einem Photometer ermittelten Werte an Hand einer Tabelle umzurechnen. Es hat sich ergeben, dafs die Verschmelzungsfrequenz proportional dem Logarithmus der Beleuchtung zunimmt, wobei die Kurve in der ersten H\u00e4lfte mit einer anderen Konstanten zunimmt als in der zweiten. Die Abknickungsstelle der Kurve entspricht demjenigen Punkt, wo der Abschlufs des D\u00e4mmerungssehens gelegen ist.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Eint neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte\n63\nEin fernerer Beeinflussungsfaktor ist in der Gr\u00f6fse des Gesichtsfeldes gelegen. Je kleiner dasselbe, desto niedrigere Zahlen erhalten wir. Ich habe, wie schon erw\u00e4hnt, bei meinen Verbuchen mit einer Okular\u00f6ffnung von 8 mm gearbeitet, um dadurch nur das Zapfenareal zu erregen.\nDes weiteren ist das Flimmerph\u00e4nomen abh\u00e4ngig von dem Adaptationszustand des betreffenden Auges \u2014 ein Punkt, auf den bei den bisherigen Untersuchungen relativ zu wenig geachtet wurde. Mit zunehmender Dunkeladaptation erhalten wir nach Schateenikofe eine Steigerung der Verschmelzungsfrequenz und zwar nicht blofs dann, wenn diese durch Erh\u00f6hung der Lichtst\u00e4rke, sondern im gleichen Sinne auch dann, wenn sie durch fortschreitende Dunkeladaptation bewirkt wurde. Bei hohen Graden von Dunkeladaptation fand er die Verschmelzungsfrequenz am tiefsten f\u00fcr Rot, h\u00f6her f\u00fcr das Gelb und am h\u00f6chsten f\u00fcr Gr\u00fcn, was den theoretischen \u00dcberlegungen vollkommen entspricht.\nDie Flimmerwerte werden ferner beeinflufst durch die verschiedene Anzahl der auf dem Zylinder befindlichen Farben-resp. Grausektoren, sowie durch das Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis der einzelnen Sektoren zueinander. Ich habe den von Helmholtz angegebenen Versuch mit seiner verschieden eingeteilten Weifs-Schwarzscheibe nachgepr\u00fcft und deutlich gefunden, dafs bei langsam steigender Umdrehungsgeschwindigkeit das Flimmern zuerst im \u00e4ufseren Kreis aufh\u00f6rt, dann im mittleren und endlich im inneren. Von einem gleichm\u00e4fsig einsetzenden Verschwinden des Flimmerns in den drei Kreisen habe ich mich nie \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, ebenso wenig wie zahlreiche andere Vpn.\nEndlich scheint mir ein Punkt von grofser Wichtigkeit zu sein : Die Abh\u00e4ngigkeit des Flimmerph\u00e4nomens von individuellen Einfl\u00fcssen. Leider wissen wir dar\u00fcber noch wenig. An Hand von zahlreich ausgef\u00fchrten Versuchen m\u00f6chte ich annehmen, dafs ebenso wie beim Licht- und Farbensinn die Normalwerte f\u00fcr das Flimmerph\u00e4nomen innerhalb gewisser physiologischer Grenzen schwanken. Schon Nagel und Maltzew haben auf diese Erscheinungen hingewiesen, indem sie bei normalen Tri-chromaten wesentlich abweichende Werte fanden, die sich teilweise sogar mit denjenigen der Deuteranomalen deckten. Eine Ursache der individuellen Schwankungen ist zweifellos in dem verschieden raschen Abklingen der Lichtreize gelegen, welches","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nE. Woelfflin\nje f\u00fcr das ganze Flimmerph\u00e4nomen von grundlegender Bedeutungist. Je rascher dieselben abklingen, desto h\u00f6here Flimmerwerte erhalten wir. Die Erkl\u00e4rung daf\u00fcr ist m. E. darin zu suchen, dafs ein Lichtreiz, der in einer nahezu geraden Linie \u00e4ufserst rasch bis zum Maximum ansteigt, eine Zeitlang auf der H\u00f6he bleibt, um dann bei seinem langsamen Abklingen einer Exponentialkurve zu folgen, m. a. W. einen weniger rasch eintretenden Abfall anzunehmen, als dies beim Anstieg der Fall war. Je langsamer nun dieser Abfall erfolgt, was besonders bei schwachen Lichtreizen der Fall ist, um so weniger schnell mufs der zweite Reiz einsetzen, damit keine Schwankung in unserer Empfindung zustande kommt. Denn geringe Einknickungen einer gerade verlaufenden Kurve werden viel weniger zu einer Unterbrechung einer gleichm\u00e4fsigen Empfindung f\u00fchren als starke Einknickungen. Die verschiedenen Flimmerwerte, die den verschiedenen Farben zukommen, sind zweifellos in erster Linie auf Variationen in der Abklingungskurve des Lichtreizes zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nAls ein weiteres individuelles Moment kommt wohl noch dm verschiedene Tingierung der Makula und der Linse in Betracht. Ferner m\u00f6chte ich erw\u00e4hnen, dafs \u00e4ltere Personen sich zur Pr\u00fcfung des Flimmerph\u00e4nomens relativ wenig eignen. So konnte ich bei einer 70j\u00e4hrigen Vp. beobachten, wie jeweilen mit einer Herzsystole eine deutliche Flimmerbewegung ausgel\u00f6st wurde,, die st\u00f6rend auf ihre Angaben wirkte. \u00dcber die Frage, inwieweit das Flimmerph\u00e4nomen durch das Lebensalter beeinflufst wird, liegen leider noch keine Untersuchungen vor.\nAuf einen Punkt m\u00f6chte ich zum Schlufs noch hin weisen. Ich habe bei einigen Untersuchten feststellen k\u00f6nnen, dafs die Flimmer werte auf beiden vollkommen normalen Augen verschieden ausfielen, so dafs f\u00fcr das eine Auge das Flimmern\u00ab schon verschwunden war, w\u00e4hrend es f\u00fcr das andere noch fort-bestand. In dem einen Fall handelte es sich um einen unkorri-gierten, einseitigen Astigmatismus\n(R. S. = 6/6 + 1.25 D cyl Achse II ; L. S. = 6/7 \u2014 2,5 D.)\nso dafs man diese Refraktionsanomalie h\u00e4tte beschuldigen k\u00f6nnen.. Liefs ich aber beide Augen auskorrigieren, so wurde an der bestehenden Differenz des beidseitigen Flimmerresultates nichts ge\u00e4ndert. Die Differenz betrug allerdings nur 8\u201410 Umdrehungen","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Eine neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte\n65\npro Minute. Im Anschlufs daran untersuchte ich die weitere Frage, ob eine Beeinflussung der Flimmerwerte durch monokulare resp. binokulare Beobachtung bedingt werde. Diese Versuche stellte ich mit einer sog. Glimmlampe von 4 Watt an (gl\u00fchend gemachte Metallkappe), die 50 Periodenwechsel in der Minute aufwies. Alle Beobachter gaben \u00fcbereinstimmend an, dafs die Flimmererscheinungen, die am Bande dieser Metallkappe auftreten, bei monokularer Betrachtung in k\u00fcrzerer Entfernung verschwanden wie bei binokularer. Die im Dunkelzimmer gemessenen Entfernungen betrugen ca. 30\u201440 cm (monokular) resp. 70\u201480 cm (binokular). Ebenso liefs sich deutlich feststellen, dafs bei exzentrischer Beobachtung das Flimmern noch bestand, w\u00e4hrend es bei direkter Fixierung schon verschwunden war. Auf genaue Zahlenangaben mufs ich leider verzichten, da es sich nur um eine improvisierte Versuchseinrichtung handelte.\nUm die Frage zu pr\u00fcfen, ob durch l\u00e4ngeren Lichtabschlufs des einen Auges die Flimmerfrequenz beeinflufst w\u00fcrde, verglich ich die Werte, welche ich bei beidseitigem Offenhalten der Augen erhielt mit demjenigen, welche ich bei Verschlufs des einen erzielte. Es liefs sich kein nennenswerter Unterschied nachweisen, auch wenn das eine Auge bis zu einer halben Stunde unter einem Verband gehalten wurde.\nEndlich m\u00f6chte ich noch einen Punkt kurz erw\u00e4hnen. Hat\n\u2022 \u2022\nman nach einiger \u00dcbung gelernt, auf das Verschwinden des Flimmerns rasch einzustellen, so tritt dasselbe h\u00e4ufig wieder auf, wenn man zu lange fixiert. Es h\u00e4ngt diese Erscheinung wahrscheinlich mit einer Erm\u00fcdung der Netzhaut zusammen, soweit nicht eventuelle Bulbusbewegungen in Betracht kommen. Deshalb ist es wichtig, den zuerst ermittelten Wert sofort anzugeben.\nIn Ber\u00fccksichtigung aller erw\u00e4hnter Umst\u00e4nde mufs man wohl zum Schlufs kommen, dafs die Flimmermethode zu den \u201edelikaten\u201c Methoden der heterochromen Photometrie geh\u00f6rt, bei der aufser der Helligkeit der Farben zweifellos auch der Farbenton und wahrscheinlich noch andere Faktoren mitspielen, die wir zurzeit noch nicht alle kennen. Ich bin deshalb damit besch\u00e4ftigt, eine neue Methode auszuarbeiten, die auf vollkommen anderen Voraussetzungen als die bisherigen sich auf baut und die f\u00fcr die heterochrome Lichtmessung Verwendung finden soll. In einigen Monaten hoffe ich dieselbe publizieren zu k\u00f6nnen.","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"QQ E. Woelfflin, Eine neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte\nLiteraturverzeichnis\n1.\tE. Baader, Inaugural-Dissertation. Freiburg 1891. Medizin. Fak.\n2.\tA. Boltunow, Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 42, S. 359, 1906.\n3.\tH. Emsmann, Poggendorffs Annalen 1854, S. 611, Bd. 91.\n4.\tM- Gildemeister, Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 48, p. 256, 1914.\n5.\tP. Haack, Psychologie der Bewegungen, Konfigurationen und Farben unter\nVerwendung des Flimmerph\u00e4nomens. Berlin, S. Karger. 1927.\n6.\tJ. v. Kries, Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 32, S. 113, 1903.\n7.\tP. v. Liebermann, Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 45, S. 103, 1911.\n8.\tC. v. Maltzew, Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 43, S. 76, 1909.\n9.\tK. Marbe, Theorie der kinematographischen Projektionen. Leipzig 1910.\nJ. A. Barth.\n10.\tE. Pauli, Grundlagen der Photometrie. Berlin 1913.\n11.\tPlateau, Poggendorffs Annalen 1830.\n12.\tPolimanti, Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 29, 1901.\n13.\tW. H. R. Rivers, Journal of Physiology 1897, S. 137. Bd. 22.\n14.\tRood, American Journal of Science 1893.\n15.\tSchafh\u00e4utl, Abhandlung der Akademie der Wissenschaften. M\u00fcnchen.\n1855.\n16.\tFr. Schenck, Pfl\u00fcg. Arch. f. d. ges. Physiologie 64, S. 165, 1896.\n17.\tM. Schaternikoff, Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 29, S. 241, 1902.","page":66}],"identifier":"lit36048","issued":"1928","language":"de","pages":"55-66","startpages":"55","title":"\u00dcber eine neue Methode zur Bestimmung der Flimmerwerte","type":"Journal Article","volume":"59"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:44:19.708759+00:00"}

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