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Über neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung und Helligkeit

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{"created":"2022-01-31T15:55:01.442341+00:00","id":"lit36049","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Hiecke, Rich.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 59: 67-78","fulltext":[{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"6?\n\u2022 \u2022\nUber neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung\nund Helligkeit\nVon\nDr. Rich. Hiecke Mit 2 Abbildungen im Text\nDer Yerf. hat k\u00fcrzlich1 eine lineare Formel aufgestellt,, welche die yon A. K\u00f6nig und C. Dieterici ermittelten relativen Helligkeitswerte der Farben des Sonnenspektrums aus den f\u00fcr das gleiche Spektrum ermittelten \u201eFarbenempfindungskurven\u201c (Elementarempfindungskurven) abzuleiten gestattet. Die Formel f\u00fcr die Helligkeitsstufe von 120 Lux am Photometerschirm lautete :\nL = (R \u2014 0,27 G + 0,07 V + 0,25 H) /1,05 ;\njene f\u00fcr die Schirmhelligkeit von 0,46 Lux dagegen L = (R \u2014 0,27 G + 0,45 V + 1,82 H) /3,00.\nHierin bezeichnet L den Helligkeitswert der Strahlung; R, G und V ihren Gehalt an roter, gr\u00fcner und violetter Elementar* empfindung und H ihren Gehalt an St\u00e4bchenweifs (Elementarempfindung des Monochromaten). Der paradoxe negative Koeffizient von G wurde damals dadurch erkl\u00e4rt, dafs sich die Rot- und Gr\u00fcnempfindung hinsichtlich ihrer Helligkeitswirkung gegenseitig hemmen. Es kann nun nicht angenommen werden, dafs die Gr\u00fcnempfindung einen negativen Helligkeitswert besitzt. Da aber eine lineare Formel ohne negativen Gr\u00fcnkoeffizienten an den von A. K\u00f6nig und C. Dieterici beobachteten Tatsachen scheitert, kann der Forderung eines positiven solchen Koeffizienten nur durch eine bez\u00fcglich R und G nicht lineare Formel\n1 Neue Folgerungen aus den Farbenempfindungskurven von A. K\u00f6nig, und C. Dieterici. Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 58, 111 (1927).","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nRich. Riecht\nentsprochen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dafs nur die lineare Formel der Bedingung gen\u00fcgt, dafs die aus der Mischung von roten und gr\u00fcnen Licht resultierende Helligkeit gleich der Summe der Einzelhelligkeiten ist; dafs dagegen bei jeder anderen, nicht linearen Zusammensetzung der Helligkeit aus den Elementarempfindungen die Summe der Einzelhelligkeiten von der Helligkeit der Mischung verschieden sein mufs. Dieser Umstand erm\u00f6glicht es nun, die Entscheidung zwischen der linearen und nichtlinearen Formel durch geeignete Mischungsversuche herbeizuf\u00fchren. Im Nachstehenden soll nun \u00fcber die Ableitung einer nicht linearen Formel auf Grundlage des chemischen Massenwirkungsgesetzes, sowie \u00fcber die zu ihrer Best\u00e4tigung an-gestellten Versuche berichtet werden.\n1. Ableitung der Formel\nChemische Reaktionen gehen nach der Gleichung\nb = b0* e~kt\t(1)\nvor sich, worin k eine Konstante f\u00fcr die betreffende Reaktion und b die zur Zeit t vorhandene Menge des sich umsetzenden Stoffes bezeichnet ; b0 ist seine Menge zur Zeit t = 0. Hieraus erh\u00e4lt man die Differentialgleichung f\u00fcr die Reaktionsgeschwindigkeit\ndb/dt = \u2014kxb\t(2)\nFindet nun aufser der Umwandlung auch eine Nacherzeugung statt, etwa derart, dafs die Entstehungsgeschwindigkeit proportional dem Unterschiede zwischen der urspr\u00fcnglichen Menge b<> und der zur Zeit t vorhandenen Menge b, also\ndb/dt = + k1'(b0\u2014 b)\t(3)\nist, so stellt sich dynamisches Gleichgewicht ein, wenn die Summe beider Reaktionsgeschwindigkeiten gleich Null, also\n\u2014 k\u00b1b + kt' (b0\u2014 b) = 0\t(4)\nist. Hieraus erh\u00e4lt man die Konzentration des Beharrungszustandes\nb = k1\u2018b0/(k1 +kj')\nIst nun k/ grofs gegen\u00fcber k1? wie hier angenommen werden soll, so kann man n\u00e4herungsweise setzen\nb0\u2014b \u2014 Jb = k^o/k/\n(5)","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung und Helligkeit\n69\nDie Konzentrationssenkung Jb sei nun dem Helligkeitsreizwerte der betreffenden Strahlung proportional. Sind ferner kx und k2 die voneinander verschiedenen Zeitkonstanten f\u00fcr die Kot- und Gr\u00fcnreizung (die sog. Elementarempfindungskurven von A. K\u00f6nig und C. Dieteeici sind auch nur als Reizwertkurven anzusehen, da sie nach der Art ihrer Ermittlung nur angeben, in welcher Menge Licht von einer bestimmten Wellenl\u00e4nge durch solches anderer Wellenl\u00e4nge zu ersetzen w\u00e4re, um die gleiche Rot-, Gr\u00fcn-, Violett-, St\u00e4bchen- oder Helligkeitsempfindung zu -erregen), so sind die Gleichungen berechtigt\nk^o/V^a\u00df; k2b0/k2' = \u00dfG\t(6)\nworin a und \u00df Konstanten bezeichnen. Diese Gleichungen gelten aber nur, wenn die rotempfindenden oder die gr\u00fcnempfindenden Organe allein gereizt werden. Von diesen beiden F\u00e4llen kann allerdings nur der erstere verwirklicht werden. Die Gl. (6) setzen ferner voraus, dafs beide Empfindungsarten auf der Zersetzung eines und desselben Stoffes beruhen, z. B. des Fuscins, der nur, wie dies auch von Anderen angenommen wird, durch die von den beiderlei in Betracht kommenden Netzhautelementen abgesonderten, verschiedenartigen Sensibilisatoren f\u00fcr verschiedene Spektralbereiche sensibilisiert wird. Es wurde ferner nicht nur k, sondern auch k' als von der Elementarempfindung abh\u00e4ngig angenommen, da die Umwandlungsprodukte des lichtempfindlichen Stoffes sich je nach der Elementarempfindung voneinander unterscheiden und so auf die Nacherzeugung in verschiedener Weise hemmend oder f\u00f6rdernd wirken k\u00f6nnen.\nWenn nun die beiden Elementarreize R und G gleichzeitig auftreten, wird sich eine dritte von k/ und k2' verschiedene Nacherzeugungskonstante k3' einstellen, die dann zu der Gleichung\nJb = (k, + k2) b0/V = (V a\u00df + V \u00dfQ)l V (7) f\u00fchrt. Die Konstante k3' mufs dann der Bedingung entsprechen, dafs sie f\u00fcr G = 0 den Wert kx' und f\u00fcr R = 0 den Wert k2' annimmt. Die Zwischenwerte von k3' m\u00fcssen ferner vom Mischungsverh\u00e4ltnisse von R und G abh\u00e4ngen und so beschaffen sein, dals sich mit der Formel\nL = (VaR + k2^G)/V + yV + dH die Helligkeitsreiz werte aller Wellenl\u00e4ngen des Spektrums innerhalb der Grenzen der Mefsgenauigkeit darstellen lassen. Leider reicht diese letztere gegenw\u00e4rtig noch nicht aus, den Verlauf","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nRich. Hiecke\nvon kg' zu ermitteln ; es mufs hier also zun\u00e4chst eine Annahme aushelfen, und zwar die allereinfachste, die gemacht werden kann. Sie soll durch Abbildung 1 versinnlicht werden. Es sei rg die Rot - Gr\u00fcnseite des Farbendreieckes von der L\u00e4nge eins und x der Ort einer Mischung aus den Mengen R und G der\nbeiden Elementarreize. Die Stelle x ist dann der Schwerpunkt der in den Punkten r und g konzentriert gedachten Massen R und G; also x = G / (R + G). Ist nun G = 0, so ist auch x = 0 ; ist R = 0, so ist x \u2014 1. Die Konstante k3' wachse\na ___________ nun, von kx' ausgehend bis k2' pro-\n/*\t~X\t9 protional der Strecke x, es sei also\nAbbildung 1\nkI' = k1' + (ki'-k1\u2018)-G/(R + G) (8)\nund hiermit\nL = [aR +- (k27k/) \u00dfG] \u2022 (R + G)/[R + (k2'/kx') G] +- / V +\nDa sowohl kg'/ki', als auch (k2'/K')\u00df Konstanten sind, soll die erstere einfach mit c, die letztere mit \u00df bezeichnet werden* womit man\nL = (\u00ab R + \u00df G) (R + G)/(R + c G) + y V + \u00f6 H (9>\nerh\u00e4lt. Diese Gleichung enth\u00e4lt nur um eine Konstante mehr, als die eingangs angef\u00fchrte lineare Gleichung. Durch passende Wahl der Konstanten gelingt es auch, die Helligkeitskurven von A. K\u00f6nig und C. Dieterici mit gen\u00fcgender Genauigkeit darzustellen, und zwar mit einem betr\u00e4chtlichen Spielr\u00e4ume. Es wurde z. B. f\u00fcr die Helligkeitsstufe von 120 Lux die Formel\nL = (1,10 R + 0,15 G) (R + G) / (R + 2,5 G) + 0,07 V + 0,16 H (10)\npassend gefunden. Man erh\u00e4lt mit den Werten von R, G, V und H aus der eingangs angef\u00fchrten Abhandlung des Verf. :\nX\t670\t650\t625\t605\t590\t575\t555\t535\nDber\t0,57\t1,78\t4,25\t5,85\t6,47\t7,06\t7,77\t7,10\nLbeob\t0,47\t1,83\t4,13\t6,02\t6,75\t6,92\t7,68\t7,01\nDiff.\t+0,10\t\u20140,05\t+0,12\t\u20140,17\t\u20140,28\t+0,14\t+0,09\t+0,09\n1\t520\t505\t490\t470\t450\t430\t400\t\nLber\t5,58\t3,48\t2,18\t1,32\t1,09\t0,79\t0,19\t\nBbeob\t5,64\t3,52\t2,27\t(1,21)\t(1,00)\t(0,76)\t(0,19)\t\nDiff.\t\u20140,06\t\u20140,04\t\u20140,09\t+0,11\t+0,09\t+0,03\t0,00\t","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung und Helligkeit\n71\nF\u00fcr die Helligkeitsstufe von 0,46 Lux schliefst sich die Formel L = 0,35 (1,10 R + 0,15 G) (R+G) / R + 2,5 G) + 0,19V +0,56 H (11)\nwie aus der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlich, den Beobachtungen mit derselben Genauigkeit an, wie die lineare Formel.\nX\t670\t650\t625\t605\t590\t575\t555\t535\nLber\t0,20\t0,63\t1,52\t2,35\t2,94\t4,04\t6,20\t8,21\nLbeob\t0,15\t0,48\t1,44\t2,30\t3,43\t4,09\t5,29\t8,50\nDiff.\t+0,05\t+0,15\t+0,08\t+0,05\t\u20140,49\t\u20140,05\t+0,91\t\u20140,29\nX\t520\t505\t490\t470\t450\t430\t400\t\nLber\t9,08\t7,75\t5,20\t3,48\t3,01\t2,18\t0,52\t\nLbeob\t8,82\t8,27\t5,79\t4,39\t2,11\t1,00\t\u2014\t\nDiff.\t+0,26\t\u20140,52\t\u20140,59\t-0,91\t+0,90\t+1,18\t\u2014\t\nAber auch Formeln mit kleinerem positiven \u00df und gleichzeitig kleinerem c geben die Helligkeitskurven mit guter \u00dcbereinstimmung wieder, so z. B. f\u00fcr 120 Lux\nL= (1,05R + 0,083G)(R + G) /(R+2,144G) + 0,07V+0,16H (10a)\nwelche die Zahlenwerte\nX\t670\t650\t625\t605\t590\t575\t555\t535\nLber\t0,55\t1,72\t4,20\t5,88\t6,56\t7,14\t7,18\t7,10\nLbeob\t0,47\t1,83\t4,13\t6,02\t6,75\t6,92\t7,68\t7,01\nFehler +0,08\t\t\u20140,11\t+0,07\t\u20140,14\t\u20140,19\t+0,22\t+0,13\t+0,09\nX\t520\t505\t490\t470\t450\t430\t400\t\nLber\t5,56\t3,49\t2,04\t1,27\t1,18\t0,79\t0,19\t\nLbeob\t5,64\t3,52\t2,27\t(1,21)\t(1,00)\t(0,76)\t(0,19)\t\nFehler\t-0,08\t\u20140,03\t\u20140,23\t+0,06\t+0,18\t+0,03\t0,00\t\nliefert, sowie die analoge Formel f\u00fcr 0,46 Lux\nL\u20140,35 (1,0\u00f6R+0,083G) (R+G) / (R+2,144G) + 0,16V+0,58H (11a)\nmit den Zahlenwerten\nX\t670\t650\t625\t605\t590\t575\t555\t535\nLber\t0,19\t0,61\t1,50\t2,37\t2,99\t4,12\t6,35\t8,40\nLbeob\t0,15\t0,48\t1,44\t2,30\t3,43\t4,09\t5,29\t8,50\nFehler +0,04\t\t+0,13\t+0,06\t+0,07\t\u20140,44\t+0,03\t+1,06\t-0,10\nX\t520\t505\t490\t470\t450\t430\t400\t\nLber\t9,31\t7,58\t5,18\t3,14\t2,60\t1,84\t0,44\t\nLbeob\t8,82\t8,27\t5,79\t4,39\t2,11\t1,00\t\u2014\t\nFehler +0,49\t\t\u20140,69\t\u20140,61\t\u20141,25\t+0,49\t+0,84\t+0,44\t\nJa auch die lineare Formel selbst stellt sich als Grenzfall der nichtlinearen Formel dar, wenn man a = 1,00/1,05; \u00df = \u20140,27 /1,05 ; c = 1,00 setzt, so dafs auf Grund der mehr\nZeitsehr. f. Sinnesphysiol. 59.\t\u00ae","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nBich. Rieche\noder minder guten \u00dcbereinstimmung mit den Beobachtungen von A. K\u00f6nig und C. Dietebici nicht entschieden werden kann, welche Wertgruppe von a, \u00df und c zu w\u00e4hlen w\u00e4re. Es wird sich jedoch zeigen, dafs durch verh\u00e4ltnism\u00e4fsig einfache Versuche eine solche Entscheidung herbeigef\u00fchrt werden k\u00f6nnte.\n2. Versuche\nZur Kl\u00e4rung der grunds\u00e4tzlichen Frage, ob die lineare Zusammensetzung der Helligkeiten zutreffe oder nicht, und welcher Gr\u00f6fsenordnung die etwa zu beobachtenden Abweichungen vom linearen Gesetze seien, wurden einige Versuchsreihen mit einfachen Mitteln durchgef\u00fchrt. Als Lichtquellen dienten zwei gleiche, in getrennte Laternen eingeschlossene sogenannte \u201eSoffittenlampen\u201c von je 40 Watt mit geradlinig ausgespanntem, etwa 23 cm langem Gl\u00fchfaden. Das den Faden einschliefsende Glasrohr war zur H\u00e4lfte verspiegelt, so dafs aufser dem eigentlichen Faden auch noch sein unmittelbar neben ihm liegendes Bild als Lichtquelle auftrat, wodurch die Lichtst\u00e4rke der Lampen nahezu verdoppelt wurde. Die Laternen hatten vorn einen rechteckigen Schlitz von etwas mehr als Fadenl\u00e4nge und 4 cm Breite, vor welchen in Nutenf\u00fchrungen farbige Gl\u00e4ser sowie undurchsichtige Blechschirme zur teilweisen Abdeckung der Gl\u00e4ser eingeschoben werden konnten. Beide Laternen waren in geringem Abstande parallel zueinander und in gleicher H\u00f6he an einem gemeinsamen Tr\u00e4ger, der auf einem Stativ verschoben werden konnte, befestigt. In den Schlitz der Lampe I wurde ein orangegelbes Glas, in jenen der Lampe II auf etwa ein Drittel seiner\nL\u00e4nge ein gr\u00fcnes, auf die \u00fcbrigen zwei Drittel ein rotes Glas\n_ \u2022 \u2022\neingeschoben. Das rote Glas war ein Uberfangglas von der Art, wie sie f\u00fcr photographische Dunkelkammerlampen verwendet wird, das gr\u00fcne Glas war in der Masse gef\u00e4rbt und von der Farbe der Bahnsignale. Die Pr\u00fcfung mit dem Taschenspektroskope zeigte beim roten Glase ein Durchl\u00e4ssigkeitsband, das etwa von l = 690 bis 650 m// reichte; der Durchl\u00e4ssigkeitsbereich des gr\u00fcnen Glases erstreckte sich ungef\u00e4hr von 510 bis 575 m//. Die Stofsstelle beider Gl\u00e4ser war durch einen schmalen Steg abgedeckt. Das orangefarbige Glas der Lampe I, die als konstante Vergleichslichtquelle diente, wurde gew\u00e4hlt, weil es als Zwischenstufe zwischen rot und gr\u00fcn einen sichereren Helligkeitsvergleich zuliefs, als ein rein gelbes Glas, das insbesonders beim Vergleiche","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung und Helligkeit\n13\nmit dem roten Lichte Schwierigkeiten bereitete. Als Photometer diente ein improvisiertes Stabphotometer nach Ritchie; auf einem schwarzen Schirme war in 65,5 cm Entfernung von beiden Lampen ein Streifen aus Zeichenpapier befestigt, der bis auf ein Rechteck von 5,5 cm H\u00f6he und 6,5 cm L\u00e4nge mit mattschwarzem Papier abgedeckt war. Der schattenwerfende Stab bestand aus einem geschw\u00e4rzten, flachen und d\u00fcnnen Brettchen von 3 cm Breite, das in solchem Abstande vom Schirme (etwa 15 cm) aufgestellt wurde, dafs seine beiden farbigen, wegen der linearen Lichtquellen sehr scharfen Schatten die ganze freie Papierfl\u00e4che je zur H\u00e4lfte einnahmen und in der Mitte nur durch einen ganz schmalen strichf\u00f6rmigen Kernschatten voneinander getrennt waren. Der Helligkeitsvergleich f\u00e4llt eben wesentlich leichter, wenn die Trennungslinie der Schatten dunkel und nicht hell ist. Der Raum, in welchem die Versuche vorgenommen wurden, war verdunkelt; die W\u00e4nde waren jedoch nicht geschw\u00e4rzt, da dies bei dem RiTCHiE-Photometer \u00fcberfl\u00fcssig ist. Der Photometerschirm wurde mit R\u00fccksicht auf die dem LAMBERTschen Gesetze nicht vollkommen entsprechende Zerstreuung der Papierfl\u00e4che stets von demselben Punkte aus und mit R\u00fccksicht auf die verschiedene Farbenempfindlichkeit beider Augen ausschliefslich mit dem rechten Auge allein beobachtet. Letztere Vorsicht ist nat\u00fcrlich bei der Photometrie gleichfarbiger Lichtquellen gegenstandslos, kommt jedoch bei der heterochromen Photometrie immerhin in Betracht.\nZun\u00e4chst wurde nun die Lampe II sowohl auf der roten, als auch auf der gr\u00fcnen Seite kalibriert, was sich wegen der nicht ganz gleichm\u00e4fsigen Beschaffenheit des Gl\u00fchfadens als sehr wichtig erwies. Hierzu wurde gleichfarbiges Licht verwendet, indem auch die Lampe I mit einem roten oder gr\u00fcnen Glase versehen wurde. Diese Lampe wurde hierbei unver\u00e4nderlich auf etwa 2 cm Schlitz\u00f6ffnung eingestellt und durch photometrischen Vergleich sowohl der rote, als auch der gr\u00fcne Schlitzabschnitt der Lampe II in aneinanderschliefsende, gleiche Helligkeit auf dem Schirme liefernde Streifen geteilt. Die Streifenbreiten wurden als Abszissen auf Millimeterpapier aufgetragen und dar\u00fcber Rechtecke von gleichem Fl\u00e4cheninhalte (in willk\u00fcrlichen Einheiten) errichtet, deren obere Begrenzungslinien einen stufenf\u00f6rmigen Linienzug ergaben. Durch diese Stufenfolge wurde schliefslich\neine stetig gekr\u00fcmmte Interpolationskurve derart gelegt, dafs die\n6*","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nRich. Hieckc\nKurvenfl\u00e4che \u00fcber jedem Eichstreifen gleich der urspr\u00fcnglich eu Rechteckfl\u00e4che war. So konnte dann jede zwischenliegende Streifen breite in besonderen willk\u00fcrlichen Helligkeitseinheiten ausgedr\u00fcckt werden.\nSodann wurde die Lampe I wieder mit dem orangefarbigen Glase versehen und ihr Schlitz so weit ge\u00f6ffnet, dafs zur Einstellung des roten oder gr\u00fcnen Schlitzabschnittes der Lampe II auf gleiche Helligkeit mit Lampe I der Schieber des betreffenden Abschnittes fast ganz aufgezogen werden mufste. Um dies sowohl f\u00fcr Rot als auch f\u00fcr Gr\u00fcn bei derselben Einstellung der Lampe I zu erreichen, war eben die Stofsstelle der beiden Gl\u00e4ser in ein Drittel der Schlitzl\u00e4nge verlegt worden. Hierauf wurde nun in 12 Einstellungen bei Rot und ebenso vielen bei Gr\u00fcn vor jeder vollst\u00e4ndigen Versuchsreihe und desgleichen nachher bestimmt, welche Schlitz\u00f6ffnungen, gemessen in den bei der Kalibrierung verwendeten, willk\u00fcrlichen Einheiten, die konstante Vergleichshelligkeit lieferten. Aus dem Verh\u00e4ltnis der beiden Mittelwerte f\u00fcr Rot und Gr\u00fcn konnte dann die Umrechnungszahl der Kalibrierungseinheit f\u00fcr Rot auf jene f\u00fcr Gr\u00fcn und damit der Betrag der Einzelhelligkeiten von Rot und Gr\u00fcn bei beliebigen Schlitz\u00f6ffnungen in derselben, und zwar meistens in der Gr\u00fcneinheit berechnet werden. Hierauf wurde der Rotschieber nur teilweise, und zwar immer um je eine der bei der Kalibrierung erhaltenen Schlitzbreiten weiter aufgezogen und, w\u00e4hrend die Vergleichslampe I immer die gleiche, bei der Bestimmung der Umrechnungszahl verwendete Einstellung beibehielt, durch entsprechendes Aufziehen des Schiebers vor dem gr\u00fcnen Glase das Photometerfeld der Mischfarbe auf gleiche Helligkeit mit dem von Lampe I beleuchteten Felde eingestellt. Der Rotschieber wurde in 6 Stufen aufgezogen und die Einstellung des Gr\u00fcnschiebers bei jeder Stufe sechsmal wiederholt. Zum Schl\u00fcsse folgten wieder die bereits erw\u00e4hnten 12 Einstellungen mit Rot allein und ebensoviele mit Gr\u00fcn allein zur Bestimmung der Umrechnungszahl usw. Die Einstellung der Schieber erfolgte stets von der R\u00fcckseite der Lampe aus, so dafs der Beobachter, der dabei auf den Photometerschirm achten mufste, die eingestellte Schlitz\u00f6ffnung nicht sehen konnte, also keiner Beinflussung von dieser Seite ausgesetzt war. Die Durchf\u00fchrung der Versuche bei konstanter Vergleichslichtquelle wurde deshalb gew\u00e4hlt, weil auch die relativen Helligkeiten im Spektrum und die Farbenempfin-","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung und Helligkeit\n75\n-dungskurven von A. K\u00f6nig und C. Dieterici unter dieser Bedingung ermittelt worden waren; sie daher auch die stillschweigende Voraussetzung f\u00fcr die Aufstellung der Formeln bildete.\nDie Beleuchtung des Photometerschirmes betrug nach der beil\u00e4ufigen Lichtst\u00e4rke der Lampen einschliefslich der Reflektorwirkung, ferner der Schlitz\u00f6ffnung der Lampe I und dem gemessenen Schw\u00e4chungskoeffizienten des Orangeglases etwa 3,5 Lux, war also wegen der geringen Durchl\u00e4ssigkeit der farbigen Gl\u00e4ser ziemlich niedrig. Aus den Mittelwerten der Messungen wurde nun berechnet:\n1.\tDie den Schieber\u00f6ffnungen vor dem roten und gr\u00fcnen Glase entsprechenden Einzelhelligkeiten, reduziert auf die Kalibrierungseinheit der Gr\u00fcnseite;\n2.\tdie von der Vergleichslichtquelle auf dem Schirme erzeugte Helligkeit in Kalibrierungseinheiten der Gr\u00fcnseite; diese Helligkeit ist in jedem Falle auch die Helligkeit des Mischlichtes auf dem Schirme;\n3.\taus den unter 1. erhaltenen Zahlen das Verh\u00e4ltnis der Einzelhelligkeiten in den verschiedenen Mischf\u00e4llen zu ihrer Summe ;\n4.\tDer Unterschied J zwischen der Summe der Einzelhelligkeiten unter 1. und der Mischhelligkeit unter 2., wobei die Summe der Einzelhelligkeiten sich stets sehr merklich gr\u00f6fser ergab, als die Helligkeit der Mischung;\n5.\tder Unterschied A unter 4. in v H der Mischhelligkeit.\nIn Abbildung 2 sind die bei den Versuchen erhaltenen Werte von i in vH der Mischhelligkeit als kleine Kreise \u00fcber dem Verh\u00e4ltnisse der Einzelhelligkeit von Rot zur Summe der Einzelhelligkeiten als Abszisse aufgetragen. Die aufserdem eingezeichneten Kurven sind aus den Formeln berechnet. Die Berechnung bezieht sich auf die Mischung der Spektralbereiche lx = 650 bis 690 mju, und =510 bis 575 m/q und zwar beziehen sich Kurve 10 und 10 a auf die Helligkeitsstufe von 120 Lux, berechnet nach den Formeln (10) und (10a) und Kurve 11 und 11a auf jene von 0,46 Lux, berechnet nach den Formeln (11) und (11a). Die Kurven sind unter der Voraussetzung gleicher Summe der Einzelhelligkeiten in jedem Mischfalle berechnet. Aus den K\u00d6NiGschen","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nRich. Hiecke\nKurven ergeben sich im Durchschnitte f\u00fcr den gr\u00fcnen Spektralbereich von 510 bis 575:\nR2 = 7,576 ; G2 = 10,136 ; V2 = 0,589 ; H2 = 9,175.\nHieraus berechnet sich bei 120 Lux die Rot- und Gr\u00fcnhelligkeit nach Gl. (10):\nL(r + g) = 5,302\nund die als lineare Helligkeit zu bezeichnende Violett- und, St\u00e4bchenhelligkeit\nL(v-i-h) = 1,509.\nAbbildung 2\nBeim Wellenband 650 bis 690 wurde die verschwindende* Beimischung von Gr\u00fcnempfindung vernachl\u00e4ssigt ; es kommt nur die Rotempfindung in Betracht. Da die Summe der Einzelhelligkeiten nicht nur in jedem Mischfalle, sondern auch bei den reinen Endgliedern der Mischreihe dieselbe sein mufs, wird die Rothelligkeit dieses Spektralbereiches gewonnen, indem man die Gesamthelligkeit des gr\u00fcnen Spektralbereiches\nL0 = L(r_|_g) -j- L(v+h) = 6,811 durch den Rotkoeffizienten 1,1 dividiert; es ist also\nRi = 6,192.\nNun denkt man sich der Reihe nach 2, 4, 6, 8, 9 Teile des roten Bereiches mit Rt = 6,192 mit 8, 6, 4, 2, 1 Teilen vom gr\u00fcnen","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung und Helligkeit\n77\nBereiche gemischt und die Helligkeit aus R = 2RX + 8R2 ; G = 8G2 \u00ee V = 8V2 ; H = 8H2 usw. berechnet, indem man diese Werte in die Helligkeitsformel f\u00fcr 120 Lux, Gl. (10), einsetzt; der Unterschied der so berechneten Helligkeit gegen\u00fcber 10 L0, in y H der Mischhelligkeit angegeben, liefert \u00fcber R/(R-f-G) als Abszisse aufgetragen die Kurve 10. F\u00fchrt man dieselbe Rechnung nach Gl. (10 a) und f\u00fcr die Helligkeitsstufe von 0,46 Lux nach Gl. (11) und (11a) durch, so erh\u00e4lt man die Kurven 10 a, 11 und 11a. Man erkennt, dafs der mit abnehmender Helligkeit wachsende Anteil von L(v+h) nicht nur den Scheitel der Kurve gegen die gr\u00fcne Seite verschiebt, sondern auch den prozentuellen Betrag der Abweichung herabdr\u00fcckt, und ferner, dafs dieser Betrag auch mit \u00df und c zugleich abnimmt (im Grenzfalle der linearen Zusammensetzung wird die Abweichung gleich Null). Die aus den Versuchen erhaltenen Werte zeigen im Durchschnitte zwar einen sehr \u00e4hnlichen Verlauf, wie die Kurven 11 und 11a, liegen aber im allgemeinen zwischen diesen beiden Kurven. Es ist mit R\u00fccksicht auf die Helligkeitsverh\u00e4ltnisse bei den Versuchen anzunehmen, dafs die richtigen Werte von a, \u00df und c den in den Formeln (10 a) und (11a) verwendeten n\u00e4her liegen, als den entsprechenden Werten in den Formeln (10) und (11). Die endg\u00fcltige Entscheidung k\u00f6nnen wohl nur Versuche \u00e4hnlicher Art mit einwelligem, durch spektrale Zerlegung erhaltenem Licht bringen, zu deren Durchf\u00fchrung dem Verf. die Gelegenheit fehlte. Es soll nicht unerw\u00e4hnt bleiben, dafs als Fehlerursache auch Spannungsschwankungen in Betracht kommen. Das Verh\u00e4ltnis der Gesamthelligkeiten der beiden ziemlich gleichen Lampen wurde hierdurch allerdings kaum merklich ge\u00e4ndert; indes bewirkten die begleitenden Temperatur\u00e4nderungen des Gl\u00fchfadens nach dem WiENschen Verschiebungsgesetze immerhin eine \u00c4nderung des Rot-Gr\u00fcnverh\u00e4ltnisses. Wenn dieser Umstand auch keinen systematischen Fehler verursachen konnte, so ist doch die starke Streuung der Versuchsergebnisse zum Teile auf diese Schwankungen zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nDurch die Versuche wurde also gezeigt, dafs die Helligkeit von Mischungen aus rotem und gr\u00fcnem Licht stets geringer ist, als die Summe der Einzelhelligkeiten der beiden Komponenten, und dafs die gemessenen Abweichungen mit den aus einer auf chemische Betrachtungen gegr\u00fcndeten Helligkeits-","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78 Rich. Hieckc, Neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung usw.\nformel berechneten zumindest der Gr\u00f6fsenordnung nach \u00fcbereinstimmen.\nDies ist insofern von physiologischer Bedeutung, als es auf eine gegenseitige Beeinflussung der Rot- und Gr\u00fcnempfindung und in weiterer Folge auf die Beteiligung ein und desselben Stoffes \u2014 m\u00f6glicherweise des Fuscins \u2014 an beiden Empfindungen hinweist. Andererseits ist es auch f\u00fcr die heterochrome Photometrie von Wert, zu wissen, dafs die Lichtst\u00e4rke farbiger Lichtquellen nicht ohne weiteres auf linearem Wege aus Vergleichungen unter mehreren farbigen Filtern abgeleitet werden kann, sondern, dafs man zumindest bei roten und gr\u00fcnen Filtern die Abh\u00e4ngigkeit der linearen Koeffizienten vom Mischungsverh\u00e4ltnisse ber\u00fccksichtigen mufs.","page":78}],"identifier":"lit36049","issued":"1928","language":"de","pages":"67-78","startpages":"67","title":"\u00dcber neue Beziehungen zwischen Farbenempfindung und Helligkeit","type":"Journal Article","volume":"59"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:55:01.442346+00:00"}

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