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{"created":"2022-01-31T13:56:32.436489+00:00","id":"lit36055","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Hambloch, Hans","role":"author"},{"name":"Johanna P\u00fcschel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 59: 151-155","fulltext":[{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"151\n(Aus der Physiologischen Anstalt der Universit\u00e4t Jena)\nZur Frage der Lokalisation von Riechquellen\nVon\nHans Hambloch und Johanna Puschel\nDie Unterbringung von Sinnesreizen im Raum kann bekanntlich in zweierlei Weise geschehen: Man kann versuchen, die Stelle unseres K\u00f6rpers anzugeben, wo die Ver\u00e4nderung, die als Reiz in Frage kommt, auf die periphere Sinnesfl\u00e4che einwirkt. Man kann aber auch gegebenenfalls unter Mitwirkung von Bewegungen trachten, diejenige Stelle im umgebenden Raum anzugeben, von der eine Ver\u00e4nderung ausgeht, die auf das betreffende Sinneswerkzeug als Reiz wirkt.\nBei diesen Vorg\u00e4ngen verhalten sich die verschiedenen Sinne nicht ganz gleichartig. So ist f\u00fcr den Geruchssinn bekannt, dafs wir selbst Rechts- und Linkseindr\u00fccke nur unter ganz bestimmten Bedingungen zu lokalisieren verm\u00f6gen.1 Dagegen sind wir mit Hilfe dieses Sinnes imstande, die Stelle der Umwelt anzugeben, von der aus Riechteilchen entsandt werden. Dabei mufs das umgebende Feld abgesucht werden, d. h. wir m\u00fcssen mittels willk\u00fcrlicher Bewegungen des Kopfes und des \u00fcbrigen K\u00f6rpers eine Vorstellung von dem Ort und seiner Lage gewinnen, von wo die Ger\u00fcche herkommen. Dadurch, dafs wir uns der Quelle des Geruches n\u00e4hern, oder von derselben entfernen, sowie, dafs wir gleichzeitig das Einatmen beschleunigen oder unterdr\u00fccken, k\u00f6nnen wir ihre Lage im Raum bestimmen, der uns umgibt.\nAuf diese Weise gehen alle osmatischen Tiere beim F\u00e4hrtensuchen vor. Je nach Notwendigkeit senken sie die Nase\n1 V. Skramlik, E., Handbuch der Physiologie der niederen Sinne. I, 330 ff. 1926.\n11\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nHans Hambloch und Johanna Puschel\nzu Boden oder halten sie in die Luft und laufen schn\u00fcffelnd solange herum, bis sie die Riechspur ausfindig gemacht haben. Alsdann verfolgen sie sie in gleicher Weise weiter und gelangen schliefslich zur Ausgangsstelle des Reizes.\nEbenso vermag in einem gewissen Grade auch der Mensch eine Geruchsspur zu verfolgen. Davon hat sich Szymanski 1 in eigenen Versuchen \u00fcberzeugt. Bei Ausschaltung des Gesichtssinnes mufsten seine Vpn. durch willk\u00fcrliche Verschiebung einer\nin einem Holzrahmen ausgespannten Papierfl\u00e4che von 40 x\n\u2022 \u2022\n26,5 cm Ausdehnung die \u00d6rtlichkeit angeben, wo ^ich Spuren von Ichthyolammon befanden. Dies geschah mit einer ausreichenden Genauigkeit.\nDie Ermittlung von Geruchsspuren st\u00f6fst aber so (in Nachahmung von Vorg\u00e4ngen in der Tierwelt) auf verschiedenartige Schwierigkeiten: Vor allem d\u00fcrfen die Fl\u00e4chen, auf denen die Spur verzeichnet ist, an Gr\u00f6fse jenes Mafs nicht \u00fcberschreiten, das zu ihrer bequemen Handhabung erforderlich ist. Sieht man aber von der Beweglichkeit der Fl\u00e4che ab und behilft sich allein mit Kopf- und K\u00f6rperbewegungen, so erm\u00fcdet man infolge der unbequemen Stellungen, die man einzunehmen gen\u00f6tigt ist, bald. Ferner ist die Genauigkeit, mit der die F\u00e4hrte beim Anlegen der Nase an die riechende Fl\u00e4che zu ermitteln ist, wegen der eigenartigen Anordnung der Nasenl\u00f6cher und der von ihnen in Form und Gr\u00f6fse abh\u00e4ngigen Riechfelder1 2 keine sehr grofse. So waren in den Versuchen von Szymanski die Fehler der Vpn. gemessen an den Entfernungen zwischen objektivem und subjektivem Reizort recht betr\u00e4chtliche.\nDiesen Schwierigkeiten kann man aus dem Wege gehen, oder sie, vorsichtig ausgedr\u00fcckt, erheblich herabsetzen, indem man Luftproben aus der Umgebung der Riechquelle oder dieser selbst entnimmt, wobei man sich eines kleinen Kunstgriffes bedienen mufs. Dieser besteht darin, dafs man zwischen Nase und Riechfl\u00e4che ein Glasrohr von ungef\u00e4hr 50\u2014100 cm L\u00e4nge und einem Innendurchmesser von 5 mm einschaltet, das an dem einen Ende etwas zugespitzt, dem anderen so erweitert ist, dafs es als Olive in das Nasenloch gesteckt werden kann oder die Nase im ganzen aufzunehmen gestattet. Sein Rauminhalt betr\u00e4gt je nach\n1\tSzymanski, J. S., Zur Lokalisation der osmatischen Reize. Pfl\u00fcgers Archiv f. d. g es. Physiol. 182, 310. 1920.\n2\tv. Skkamlik, a. a. O., S. 50, 51.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der Lokalisation von Riechquellen\n153\nder L\u00e4nge etwa 10\u201420 ccm. Die Verd\u00fcnnung der Teilchen, die aus der Riechquelle entsandt werden, ist also keine grofse. Zieht man durch ein solches Rohr, das unmittelbar an die den Riechstoff tragende Fl\u00e4che gehalten wird, in einem kurzen, schnellen Atemzuge Luft ein, so erlebt man infolge der Abschirmung der seitlichen Umgebung durch das Rohr nur am Orte der Riechquelle einen intensiven Geruch, w\u00e4hrend schon in der n\u00e4chsten Nachbarschaft der Geruch ein sehr undeutlicher wird oder gar nicht wahrzunehmen ist. Durch Abtasten des Feldes mit dem Riechrohr kombiniert mit entsprechenden Atemz\u00fcgen zum Riechen, ist man bei einiger \u00dcbung sehr bald imstande, eine Riech-quelle ausfindig zu machen, eine Riechspur zu verfolgen und verschiedene Spuren zu unterscheiden. Bei den nachstehend beschriebenen Versuchen waren wir uns gegenseitig Vp. und VI.\n1.\tIn der ersten Versuchsreihe wurde ein Papierbogen von ungef\u00e4hr 0,75 qm Gr\u00f6fse auf mehreren Stellen (meist 7\u20148) mit einem kleinen Tropfen von Neoviolon getr\u00e4nkt. Es ergaben sich so Flecken von ungef\u00e4hr 1,0\u20142,0 cm Durchmesser. Die Vp. hatte die Aufgabe, diese Punkte der Lage und Zahl nach ausfindig zu machen, und zwar einmal durch direktes Ansetzen der Nase, ein andermal unter Ben\u00fctzung des Riechrohrs.\nIm ersten Falle erwies sich das Suchen sehr m\u00fchselig, und es ergaben sich sehr betr\u00e4chtliche Fehler, wobei der Abstand zwischen objektivem und subjektivem Reizort zumindest 3 cm, vielfach bis zu 6 cm betrug.\nBen\u00fctzte man dagegen zum Auffinden der Riechreizorte das Glasrohr, so liefs sich die gestellte Aufgabe ganz m\u00fchelos l\u00f6sen. Man kann sehr rasch durch Absuchen der Fl\u00e4che die Riechorte ermitteln, mit einer Genauigkeit, die als absolut zu bezeichnen ist. Der aufgefundene und objektive Reizort stimmen in den meisten F\u00e4llen vollkommen \u00fcberein. Da das Absuchen der Fl\u00e4che sehr rasch vor sich geht, so kann man auch ohne Schwierigkeit die Zahl der Riechorte richtig angeben.\n2.\tIn einer zweiten Versuchsreihe wurde auf einem Papierbogen von ca. 0,4 qm eine Geruchsspur von Neoviolon gezogen. Dies gelingt leicht mit Hilfe einer fein ausgezogenen Pipette, die man beim Strichziehen schr\u00e4g aufsetzt. Es ergab sich nach dem Antrocknen des Riechstoffes eine Strichdicke von ungef\u00e4hr\n0,8\u20141,0 cm. Zur Ermittlung der Geruchsspur mufste die Nase\n11*","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nHans Hambloch und Johanna P\u00fcschel\neinmal direkt, das andere Mal unter Vermittlung des Riechrohrs ben\u00fctzt werden. Auch in diesen Versuchen stellte sich heraus, dafs das zweite Verfahren dem ersten an Schnelligkeit und Genauigkeit wesentlich \u00fcberlegen ist. Die Stelle der Geruchsspur l\u00e4fst sich unter Verfolgung des Intensit\u00e4tsgef\u00e4lles sehr sicher ermitteln. ln einem Abstand von durchschnittlich 2\u20144 cm zu beiden Seiten der Spur bekommt man bei Verwendung des Riechrohrs eine erste Geruchsempfindung, die beim Heranr\u00fccken an die Riechf\u00e4hrte immer deutlicher wird und beim Auftreffen auf den Riechstofflecken am ausgepr\u00e4gtesten ist. Setzt man dagegen die Nase direkt an das Papier an, so hat man schon in einer Entfernung von 12,0\u201415,0 cm zu beiden Seiten der gezogenen Linie den ersten Riecheindruck. Die Unsicherheit, wo sich der Riechreizort befindet, ist eine grofse und dem entsprechen auch die gefundenen Abweichungen des subjektiven vom objektiven Reizort.\nSelbst bei Fl\u00e4chen von 0,75 qm (Szymanski arbeitete, wie aus den fr\u00fcheren Bemerkungen hervorgeht, mit einer Fl\u00e4che von ca. 0,1 qm) hat es keinen rechten Sinn, die Geruchsf\u00e4hrte sehr kompliziert zu gestalten. Macht man n\u00e4mlich viele kleine Windungen, so werden diese in der Sehne abgek\u00fcrzt, also einfach \u00fcbersprungen. Genau so geschieht dies unter grofsen Verh\u00e4ltnissen beim Verfolgen von F\u00e4hrten durch Sp\u00fcrhunde.\n3. In einer dritten Versuchsreihe wurden auf dem Papier Strichreihen von 2 Riechstoffen, Neoviolon und Linalool gemacht und zwar eng nebeneinander, oft in einem Abstand von blofs 1/2 cm. Dabei wurde nat\u00fcrlich streng darauf geachtet, dafs die Riechstoffe nicht zusammenflossen. Setzt man nun die Nase direkt auf das Papier, so hat man unter diesen Bedingungen zumeist nur den Eindruck einer Riechstoffmischung, d. h. man erlebt am gleichen Ort beide Ger\u00fcche nebeneinander. Die Stellen, wo sich der eine und der andere Riechstoff befinden, lassen sich so nicht oder nur in ganz vereinzelten F\u00e4llen auseinanderhalten. Verwendet man dagegen im Versuche das Riech rohr, so lassen sich die Flecken verschiedener Riechstoffe sehr genau voneinander sondern. Es erweist sich in diesem Falle also das zweite Verfahren dem ersten ganz wesentlich \u00fcberlegen und zwar in einem erheblich auff\u00e4lligeren Mafse als in den beiden ersten Versuchsreihen.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der Lokalisation von Riechquellen\n155\nZusammenfassend l\u00e4fst sich sagen : Bei Ben\u00fctzung eines Riechrohrs k\u00f6nnen wir eine Riechquelle sehr viel leichter und sicherer ausfindig machen und umschreiben, als beim Aufsetzen der Nase auf das Geruchsfeld direkt. Ebenso lassen sich sehr viel einfacher und genauer Geruchsf\u00e4hrten verfolgen. Die Unterscheidung von Spuren zweier Riechstoffe, die sich eng nebeneinander befinden, gelingt nur mit Hilfe des Riech rohrs.","page":155}],"identifier":"lit36055","issued":"1928","language":"de","pages":"151-155","startpages":"151","title":"Zur Frage der Lokalisation von Riechquellen","type":"Journal Article","volume":"59"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:56:32.436495+00:00"}