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{"created":"2022-01-31T13:27:02.115657+00:00","id":"lit36058","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Scripture, E. W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 59: 166-169","fulltext":[{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nDas Strobilion: ein Apparat zur Sichtbarmachung\nder Tonh\u00f6he der Stimme\nVon\nProf. Dr. E. W. Sckiptuke (Wien)\nMit 2 Abbildungen im Text\nEs wird in einen Mnndtrichter (Abb. 1) hineingesungen oder gesprochen. Der Trichter ist mittels eines weiten Schlauches mit der Flammenkapsel verbunden. Diese Kapsel (Abb. 2) ent-\n9 9\nh\u00e4lt in der Mitte eine Glimmer- oder Olseidemembran. Die Schallwellen treffen auf diese Membran und setzen sie in Bewegungen. Vorn \u00fcber der Membran wird eine Metallplatte befestigt. Diese Platte enth\u00e4lt zwei L\u00f6cher. Durch das eine str\u00f6mt Gas von einer Azetylenflasche gegen die Membran hinein; durch das andere str\u00f6mt es zu einem kleinen Brenner wieder heraus, wo es in einer sehr kleinen Flamme brennt. Jede Schwingung der Membran gibt dem Gas einen pl\u00f6tzlichen Stofs. Die Flamme brennt daher als eine Reihe von pl\u00f6tzlichen Lichtst\u00f6fsen. Bei einem Lichtstofs wird alles beleuchtet; inzwischen wird alles verdunkelt. Um die Flamme dauernd im Brennen zu halten, wird eine kleine Dauerflamme vorn auf der Platte zugef\u00fcgt.\nUm die Wirkungsweise der Flamme zu verstehen, kann sie in einem rotierenden Spiegel beobachtet werden. In der Ruhe erscheint die Flamme als ein breites Band. Beim Singen eines tiefen Tones sieht man eine Reihe von Flammen in gewissen Abst\u00e4nden; bei einem h\u00f6heren Ton sind die Abst\u00e4nde kleiner.\nDie Flamme wird zur Beleuchtung einer Strobilionscheibe benutzt (Abb. 1). Diese besteht aus einer Anzahl Ringen mit weifsen und schwarzen Abteilungen. Der innerste Ring enth\u00e4lt 8 schwarze Flecken, der zweite 9, usw. Die ganze Reihe ist 8, 9, 10, 10%, 12, 13%, 15, 16, 18, 20, 21, 21%, 24, 26%, 30, 32.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Apparat zur Sichtbarmachung der Tonh\u00f6he der Stimme\n167\nDies sind die Verh\u00e4ltniszahlen f\u00fcr die T\u00f6ne \u00fcber zwei Oktaven der diatonischen Tonleiter.\nAbbildung 1\nDie Scheibe befindet sich auf der Achse eines elektrischen Motors, dessen Umdrehungsgeschwindigkeit mittels eines Widerstandes reguliert wird. Solange nicht in den Trichter hineingesungen oder gesprochen wird, erscheint die Scheibe \u00fcberall gleichm\u00e4fsig grau. Wenn nun ein Ton hineingesungen wird, erscheint ein Ding mit den schwarzen und weifsen Flecken still zu stehen, w\u00e4hrend alle \u00fcbrigen gleichm\u00e4fsig grau oder verschwommen bleiben. Diese Erscheinung wird von der intermittierenden Beleuchtung verursacht. W\u00e4hrend der Dunkelheit zwischen je zwei Flammenst\u00f6fsen hat sich die Scheibe soweit bewegt, dafs in einem bestimmten Ring ein schwarzer Fleck auf genau dieselbe Stelle wie fr\u00fcher der vorhergegangene zu stehen kommt. Augenscheinlich hat sich der fr\u00fchere schwarze Fleck nicht bewegt. Dies wiederholt sich, solange die Zahl der Lichtst\u00f6fse mit der Zahl der vorbeigehenden schwarzen Flecken \u00fcbereinstimmt. Wird der Ton h\u00f6her, dann kommen die Lichtst\u00f6fse schneller; sie stimmen nicht mehr mit den schwarzen","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nE. W. Scripture\nFlecken dieses Ringes, sondern mit denjenigen eines anderen Ringes \u00fcberein. Je nach der Tonh\u00f6he also scheint der eine oder der andere Ring still zu stehen. Die Tonh\u00f6he wird also dem Auge sichtbar gemacht.\nAbbildung 2\nWenn die Zahl der Lichtst\u00f6fse ann\u00e4hernd aber nicht genau gleich der Zahl der vorbeigehenden schwarzen Flecke eines Ringes ist, dann scheinen die Flecken sich vorw\u00e4rts oder r\u00fcckw\u00e4rts zu bewegen, je nachdem der Ton etwas zu tief oder zu hoch ist. Wenn die Zahl mitten zwischen denjenigen f\u00fcr zwei Ringe liegt, z. B. 14 zwischen 15 und 16, dann scheint sich ein Ring vorw\u00e4rts und der andere r\u00fcckw\u00e4rts zu bewegen.\nDer Zweck des Strobilions ist die Kontrolle der Stimmh\u00f6he durch das Auge. Gesangssch\u00fcler und auch viele S\u00e4nger bilden sich oft falsche Urteile \u00fcber ihre Stimmh\u00f6hen. Sie glauben eine gewisse H\u00f6he ihrer eigenen Stimme zu h\u00f6ren, w\u00e4hrend sie sofort denselben Ton von einer anderen Person als falsch erkennen. Wenn man sie dazu bringt, die richtige Tonh\u00f6he hervorzubringen,","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Apparat zur Sichtbarmachung der Tonh\u00f6he der Stimme\n169\nglauben sie eigentlich, dafs sie falsch singen. Durch \u00dcbung mit dem Strobilion k\u00f6nnen sie ihre falsche H\u00f6rskala korrigieren. Vibrato, Tremolieren und Wackeln zeigen sich mikroskopisch genau in den Bewegungen der Ringe und lassen sich je nach dem Geschmack korrigieren.\nBesonders wertvoll ist das Strobilion f\u00fcr den Taubstummenunterricht. Die meisten Kinder lernen schwer oder \u00fcberhaupt nicht einen richtigen Stimmton zu erzeugen. Immer sprechen sie in einer ganz unpassenden Stimmlage. Ein kleines M\u00e4dchen z. B. br\u00fcllt wie ein Pilot auf dem Schiff, oder ein erwachsener Junge spricht in einem Fistelton wie ein kleines Baby. Immer reden die Kinder ganz monoton ohne die geringste Melodie. Dies ist alles ein Erzeugnis der Unterrichtsmethode. Die Vokalorgane sind immer im richtigen Zustande und das Kind k\u00f6nnte ebensogut wie ein normales eine angenehme Tonf\u00fchrung benutzen \u2014 wenn man es nur gerade diese lehren k\u00f6nnte. Die richtige Stimmlage, Stimmst\u00e4rke und Stimmf\u00fchrung kann man dem Kind mittels des Strobilions beibringen. Dazu mufs man sich auf das peinlichste an folgende Anweisungen halten. Ohne ein Wort der Erkl\u00e4rung, ohne eine Andeutung irgendwelcher Art (!) singt der Lehrer in den Apparat hinein. Das Kind sieht, dafs ein Ring zum Stillstehen kommt. Der Trichter wird dann dem Kind \u00fcbergeben. Man l\u00e4fst es mit ihm beliebig spielen. Zuerst singt es so leise, dafs \u00fcberhaupt nichts geschieht, oder es bl\u00e4st so m\u00e4chtig hinein, dafs die Flamme fortw\u00e4hrend ausgel\u00f6scht wird. Nur nach Probieren bringt es einen Ring zum Stillstehen. Wenn dies gelungen ist, zeigt der Lehrer durch tiefe und hohe T\u00f6ne wie man den Ring beliebig \u00e4ndern kann. Man mufs das Kind beliebig lang mit dem Apparat spielen lassen, bis es von selbst auf die Methode kommt. Nachher kann man ihm eine angenehme Tonf\u00fchrung und sogar das Singen beibringen. Bei dem Unterricht darf man nie eine Andeutung durch H\u00e4ndebewegungen oder durch Zeichen auf \u201ehoch\u201c und \u201etief\u201c geben; sonst bringt man das Neue mit dem alten Unterricht in Verbindung und verdirbt die ganze Sache.\nBei allerlei Arten von Stimm- und Sprechst\u00f6rungen leistet das Strobilion gute Dienste, z. B. Stottern, Fistelstimme usw.","page":169}],"identifier":"lit36058","issued":"1928","language":"de","pages":"166-169","startpages":"166","title":"Das Strobilion: ein Apparat zur Sichtbarmachung der Tonh\u00f6he der Stimme","type":"Journal Article","volume":"59"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:27:02.115662+00:00"}