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Experimentelle Studien über die Attribute der Farben [I. Helligkeitsmessung / II. Systematik der Farbenhelligkeit und Farbenharmonie]

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{"created":"2022-01-31T16:43:33.934427+00:00","id":"lit36066","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Matthaei, Rupprecht","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 59: 257-311, 312-355","fulltext":[{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"257\n(Aus dem Physiologischen Institut der Universit\u00e4t Bonn)\nExperimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben\nVon\nRupprecht Matthaei Mit 10 Abbildungen im Text\nI. Helligkeitsmessung Inhaltsverzeichnis\tSeite\nBegriffliche Vorbemerkungen \u00fcber Attribute im allgemeinen und\nHelligkeit im\tbesonderen...................................257\nMethodische Vorbemerkungen und das Ziel der Untersuchung \u00fcber\nFarbenhelligkeit..........................................  266\nEine neue Methode zur Ermittlung der Helligkeit bunter Farben .\t. 270\nErgebnisse......................................................276\nDie Helligkeit von 12 Farbt\u00f6nen des Kreises pa. \u2014 Die Helligkeitsfolge. \u2014 Der Neutrale Farbenkreis. \u2014 Die \u201eEindruckshelligkeit\u201c. \u2014 Die Kontrasthelligkeit. \u2014 Deutung Die Ver\u00e4nderungen der Farbenhelligkeit mit der Beleuchtung .\t.\t.\t294\nDer Verlauf der D\u00e4mmerung. \u2014 Die Nachthelligkeiten. \u2014 Beurteilung der orthochromatischen Photographie\nBegriffliche Vorbemerkungen \u00fcber Attribute im allgemeinen\nund Helligkeit im besonderen\nBetrachtet man die Farben eines m\u00f6glichst reinen Farbenkreises (etwa des Ostwald sehen Kreises pa), so bemerkt man, dafs sie sich in mehr als einer Hinsicht voneinander unterscheiden. Die auffallendste Ver\u00e4nderung, die der wandernde Blick feststellt, ist die des Farbentones; diese Eigenschaft hat ja auch zu der Anordnung der Farben im Kreise gef\u00fchrt. Aufser-dem aber bestehen Unterschiede der Helligkeit, der Eindringlichkeit, auch Ausgepr\u00e4gtheit sowie der Leuchtkraft. Eine Reihe von Farben macht einen ausgesprochen warmen Eindruck, andere hingegen einen kalten. Einige Farben scheinen hervorzutreten,","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nRupprecht Matthaei\nandere zur\u00fcckzuweichen. \u2014 \u00dcberschaut man die angedeuteten unterscheidenden Merkmale der Farben eines Kreises, so wird es klar, dafs sie nicht alle den gleichen Grad einer Grundeigenschaft besitzen. Vielmehr scheint mir eine unter den genannten Eigent\u00fcmlichkeiten gewissermafsen den ersten Rang zu beanspruchen: diese ist der Farbton. Der Begriff wird zweckm\u00e4fsig auf den der Qualit\u00e4t erweitert, damit er auch f\u00fcr den Bereich der unbunten Farben, d. h. die Graureihe, anwendbar wird. Ich glaube, dafs die Qualit\u00e4t dem Wesen der Farbe n\u00e4her steht, als irgendeine andere der oben genannten Kennzeichen. Wenn wir uns \u201eFarbe\u201c vorstellen, so werden wir offenbar Bewufstseinsinhalte, wie Blau, Rot oder auch Braun, Grau zuerst besitzen und nicht etwa solche wie Hell, Dunkel, Warm, Kalt, Aufdringlich oder andere. F\u00fcr die Berechtigung, die Qualit\u00e4t aus der Zahl der \u201eMomente der Farbmaterie\u201c herauszuheben, kann man noch verschiedene Tatsachen anf\u00fchren. Die Qualit\u00e4t ist es, die stets als ordnendes Prinzip den Farbensystemen zugrunde gelegt wurde. Unter allen Grundeigenschaften oder \u201eAttributen\u201c der Farben, die man klarzulegen versuchte, blieb allein die Qualit\u00e4t immer als immanentes, wesentliches, prim\u00e4res Merkmal unumstritten. Auch wurde, wenigstens, soweit sich die Untersuchungen auf die get\u00f6nten oder bunten Farben erstreckten, gerade die Qualit\u00e4t zuerst und am eingehendsten erforscht. Am wichtigsten aber f\u00fcr den Standpunkt einer Besonderheit der Qualit\u00e4t scheint mir folgende von Stumpf1 angestellte \u00dcberlegung \u201eWenn auch Qualit\u00e4ten ohne Helligkeitsunterschiede in einem Sinnesgebiete denkbar sind : Helligkeiten, die nicht Helligkeiten von Qualit\u00e4ten w\u00e4ren, sondern f\u00fcr sich existierten, sind doch wohl undenkbar\u201c. Stumpf schreibt diese S\u00e4tze allerdings in einer anderen Absicht. Ich glaube aber, dafs durch sie zugleich die M\u00f6glichkeit gegeben ist, den Attributbegriff gegen\u00fcber dem der Qualit\u00e4t abzugrenzen.2\nIch verstehe unter \u201eAttribut der Farben\u201c ein mehr abgeleitetes, relativ sekund\u00e4res Merkmal; es ist f\u00fcr mich das neben der Qualit\u00e4t Mitgegebene. Daraus ergibt sich die relative Abh\u00e4ngigkeit der Attribute. Es geh\u00f6rt zum Wesen der Qualit\u00e4ten Schwarz oder Blau, dafs sie dunkel sind. Es ist dem Gelb\n1\tC. Stumpf, Die Attribute der Gesichtsempfindungen. Abh. d. Kgl. Pr. Akad. d. TFiss. 1917. Phil.-histor. Kl. Nr. 8.\n2\tF\u00fcr das Wort \u201eQualit\u00e4t\u201c k\u00f6nnte man bez\u00fcglich der Farben etwa \u201eFarbigkeit\u201c setzen.","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n259\neigent\u00fcmlich die hellste, dem Kreis die w\u00e4rmste, dem Rot die aufdringlichste Farbe im Kreise zu sein. Ist der Begriff des Attributes somit nach der Seite der Qualit\u00e4t hin Umrissen, so ist er damit doch noch nicht ausreichend festgelegt. Vergegenw\u00e4rtigt man sich die regellos aufgef\u00fchrten unterscheidenden Merkmale der Farben eines Kreises, so findet man, dafs sie auch nach Aus-schlufs der Qualit\u00e4t noch nicht als gleichwertig untereinander gelten k\u00f6nnen. In der folgenden Begriffsbestimmung schliefse ich mich im wesentlichen Stumpf, der allerdings die Qualit\u00e4t mit zu den Attributen z\u00e4hlt, an. Das wichtigste Kriterium eines Attributes ist seine Notwendigkeit zur vollst\u00e4ndigen Beschreibung einer Farbenempfindung. \u201eNur dann haben wir Anlafs, ein Attribut von dem anderen zu unterscheiden und die Erscheinungen ihm gem\u00e4fs zu beschreiben, wenn es sich nicht durchg\u00e4ngig genau parallel mit einem der \u00fcbrigen ver\u00e4ndert. Zwei Attribute, deren Ver\u00e4nderungen in allen F\u00e4llen innerhalb des gesamten Gebietes eines Sinnes absolut gleichzeitig und in\ngleichem Mafse erfolgten, d\u00fcrften nicht mehr als zwei bezeichnet\n\u2022 \u2022\nwerden; die Unterscheidung w\u00e4re nicht nur gegen die \u00d6konomie des Denkens, sondern auch ohne Erfahrungsgrundlage.\u201c Hierin ist die Forderung einer relativen Unabh\u00e4ngigkeit der Attribute ausgesprochen. Es k\u00f6nnte sich etwa herausstellen, dafs die Eindringlichkeit der Ausgepr\u00e4gtheit im Farbenbereiche stets genau parallel verliefe. Dann m\u00fcfsten beide als ein Attribut beschrieben werden. Diese Kennzeichnungen m\u00fcfsten aber ganz fallen, wenn sie sich in vergleichenden Untersuchungen als in jeder Beziehung durch die Helligkeit bestimmt erweisen sollten. Dagegen l\u00e4fst sich nach der soeben ausgesprochenen Bedingung behaupten, dafs die W\u00e4rme und K\u00e4lte der Farben von ihrer Helligkeit abtrennbare Eigenschaften sind, denn das Maximum der Helligkeit im Kreise f\u00e4llt nicht mit dem der W\u00e4rme, das der Dunkelheit nicht mit dem der K\u00e4lte zusammen. \u2014 Die Unabh\u00e4ngigkeit der Attribute untereinander sowie gegen\u00fcber der Qualit\u00e4t ist indessen keine absolute. Es fragt sich nur, wie weit diese Unabh\u00e4ngigkeit im Grenzfalle gehen kann. Vielleicht ist es m\u00f6glich, dafs eine Farbe einmal ausschliefslich im Sinne eines Attributes ver\u00e4ndert werden kann. Wenn sich dieser Fall in der Erfahrung aufzeigen l\u00e4fst, so wird er damit zu einem strengen Beweis der Selbst\u00e4ndigkeit des untersuchten Attributes.\n19\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nRupprecht Matthaei\nK. Buhler 1 meint, es sei unm\u00f6glich, ein Attribut abzustreichen oder gleich Null werden zu lassen, \u201eohne dafs das derart Ver-armte vernichtet w\u00fcrde; entweder es ist vernichtet oder das Gestrichene war keine Wesenseigenschaft\u201c. Ich m\u00f6chte mich diesem strengen Standpunkt nicht unbedingt anschliefsen. Ich glaube vielmehr zeigen zu k\u00f6nnen, dafs man Farben unter Bedingungen darbieten kann, unter denen ein bestimmtes Attribut zum mindesten weitgehend zur\u00fcckgedr\u00e4ngt wird (s. S. 282).\nEs ist erforderlich, den Begriff des Attributes noch gegen komplexere Tatbest\u00e4nde, die mit Farben beobachtet werden k\u00f6nnen, abzugrenzen. Es gilt als Bedingung des Attributes, dafs es \u201edem Stoff der Sehdinge\u201c (Heeing) oder der \u201eFarbmaterie\u201c (Katz) urspr\u00fcnglich anhaftet. Mit dieser Bestimmung werden die Unterschiede der r\u00e4umlichen Erscheinungsform sowie diejenigen, die auf individueller (sekund\u00e4rer) Erfahrung beruhen, ausgeschlossen. ^Venn ein Attribut sich auf den Stoff beziehen soll, so darf es offenbar nicht aus Eigent\u00fcmlichkeiten der Form, d. h. der \u201eErscheinungsweisen\u201c (Katz) abgeleitet werden. Daher d\u00fcrfen etwa \u201egl\u00e4nzend\u201c, \u201elocker\u201c, \u201edicht\u201c, \u201ehart\u201c, alles Merkmale, die eine Beziehung zum Raume aufweisen, nicht als Attribute beschrieben werden. Die gewohnheitsm\u00e4fsige Verkn\u00fcpfung einer bestimmten Farbe mit angenehmen Erlebnissen kann uns diese Farbe besonders wohlgef\u00e4llig machen. Eine solche Wohlgef\u00e4lligkeit, die aus erfahrungsm\u00e4fsiger Verkn\u00fcpfung stammt, darf wiederum nicht zu den Attributen gez\u00e4hlt werden, da die soeben angegebene Bedingung ein urspr\u00fcngliches Anhaften verlangt.\nDa ich es als eine Aufgabe der vorliegenden Untersuchungen betrachte, die Frage zu entscheiden, ob ein bestimmtes Kennzeichen als Farbenattribut anzusehen ist, wiederhole ich noch einmal kurz die begrifflichen Bedingungen.\n1.\tAttribute sind mit den Qualit\u00e4ten mitgegebene Merkmale der Farben. Sie sind relativ abh\u00e4ngig untereinander und von der Qualit\u00e4t.\n2.\tAttribute sind als Grundeigenschaften notwendig zur vollst\u00e4ndigen Beschreibung der Farbe. Sie sind mithin relativ unabh\u00e4ngig voneinander und von der Qualit\u00e4t.\n1 K. B\u00fchler, Die Erscheinungsweisen der Farben. Hdb. d. Psychol. I (1). 1922.","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n261\n3. Attribute haften der Farbmaterie urspr\u00fcnglich an.\nDaher sind sie\na)\tnicht aus der Beziehung zum Raume (Erscheinungsweise),\nb)\tnicht aus individueller Erfahrung ableitbar.\nEindringlichkeit lehnt Stumpf als Farbenattribut ab, w\u00e4hrend Katz 1 die M\u00f6glichkeit ihrer Auffassung als Attribut offen l\u00e4fst. Stumpf gibt zu, dafs die roten Farben gegen\u00fcber den \u00fcbrigen und die bunten vor den unbunten bez\u00fcglich ihrer Aufdringlichkeit etwas voraus haben, ja, dafs diese Unterschiede \u201evon Anfang an vorgebildet\u201c seien. Er h\u00e4lt dies aber einfach f\u00fcr eine Eigent\u00fcmlichkeit der Qualit\u00e4t, deren weitere Beschreibung durch ein besonderes Attribut sich er\u00fcbrige. Mir scheint diese Ableitung nicht zwingend, da ja jedes Attribut eine gewisse Abh\u00e4ngigkeit von der Qualit\u00e4t besitzt.\nVortreten, Zur\u00fcckweichen, Leuchten, Glut m\u00fcssen wohl als Raumbeziehungen aufgefafst werden. Diese Eigent\u00fcmlichkeiten w\u00fcrden mithin f\u00fcr eine Untersuchung der Attribute ausscheiden. Es w\u00e4re dennoch erforderlich sie in irgendeiner Weise mit bestimmten, vielleicht erst n\u00e4her zu kennzeichnenden Attributen in Zusammenhang zu bringen, wenn es sich zeigen sollte, dafs bestimmte Farben zu bestimmten Erscheinungsweisen tendieren. Ich habe diese M\u00f6glichkeit an anderer Stelle1 2 angedeutet. Kohlrausch3 behandelt Glut und Eindringlichkeit als gleichartige Begriffe und h\u00e4lt es f\u00fcr m\u00f6glich, dafs die Eindringlichkeit als eine Komponente der Eindruckshelligkeit erfafst werden kann. \u2014 Buhler4 findet in der S\u00e4ttigung eine Eigent\u00fcmlichkeit der Raumfarbe (\u201eRaumhafte Dichte\u201c).\nW\u00e4 rme und K\u00e4lte pflegt man mit der rot-gelben Farbe des Feuers und der blauen des Eises zu erkl\u00e4ren (so Miescher5). Danach w\u00e4re die spezifische Temperatur der Farben als aus\n1\tD. Katz, Die Erscheinungsweisen der Farben. Zeitschrift f\u00fcr Psychologie. Erg\u00e4nzungsband 7. 1911.\n2\tK. Matthaei, Die Welt der Farbe. Sitzber. d. Naturhist. Ver. d. pr. Rheinlande und Westfalens. Bonn 1927.\n3\tA. Kohlrausch, Theoretisches und Praktisches zur heterochromen Photometrie. Pfl\u00fcgers Archiv 200. 1923. S. 216.\n4\tA. a. O.\n5\tK. Miescher, Beitr\u00e4ge zur Farbenlehre. Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 57. 1925. S. 46.\n19*","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nRapprecht Matthaei\nsekund\u00e4rer Erfahrung abgeleitet kein Attribut. Ostwalds Befunde eines \u201enat\u00fcrlichen Schwarzgehaltes\u201c der kalten Farben scheinen die Auffassung, dafs wenigstens die K\u00e4lte der Farb-materie urspr\u00fcnglich anhaften kann, zuzulassen.1\nS\u00e4ttigung bedeutet f\u00fcr Stumpf \u201edie Ann\u00e4herung einer Farbe an ihr Ideal\u201c. Damit kommt er zu dem gleichen Ergebnis wie Buhler, dafs dieser Begriff aus der Reihe der Attribute gestrichen werden mufs.\nIntensit\u00e4t hingegen will Stumpf als ein besonderes Attribut aufser der Helligkeit anerkennen. F\u00fcr die vorliegenden Untersuchungen kann diese Auffassung auf sich beruhen, da Stumpf selbst zugibt, dafs f\u00fcr die Zone der Farbeneindr\u00fccke des gew\u00f6hnlichen Lebens die Empfindungsst\u00e4rke ann\u00e4hernd konstant bleibt: \u201ewas hier bei kleineren Schwankungen der objektiven Lichtst\u00e4rke sich subjektiv \u00e4ndert, ist fast nur die Helligkeit\u201c. Jedenfalls d\u00fcrfen die Begriffe Intensit\u00e4t und Helligkeit nicht identifiziert werden. Darauf werde ich sogleich bei der Behandlung des Begriffes der Helligkeit n\u00e4her eingehen.\nHelligkeit ist das Moment der Farbmaterie, das eine systematische Zuordnung der Buntfarben zu den Unbunten erm\u00f6glicht, Diese vorl\u00e4ufige Begriffsbestimmung ist noch nicht zureichend. Wichtig ist aber der Hinweis auf die systematische Zuordnung, die die Helligkeit zul\u00e4fst, denn man kann Bunte und Unbunte aufser im Hinblick auf die Helligkeit auch noch in anderer Beziehung miteinander vergleichen. Wie Stumpf andeutet, kann man eine \u00c4hnlichkeit zwischen Blau und Weifs, Rot oder Gelb und Schwarz feststellen: das sind indessen Verwandtschaften der Qualit\u00e4t nach. Nur, wenn man bez\u00fcglich der Helligkeit vergleicht, findet man Gelb dem Weifs, Blau dem Schwarz am n\u00e4chsten und kann nunmehr eine systematische Zuordnung durchf\u00fchren.\nKohlrausch2 3 wird durch einen Vergleich der Ergebnisse verschiedener Methoden der heterochromen Photometrie zu dem Schlufs gef\u00fchrt, dafs \u201ejedes Licht nicht einen, sondern je nach den Beobachtungsbedingungen zwei verschiedene Tageswerte hat\u201c. Langfeld 3 findet dementsprechend\n1\tW. Ostwald, Physikalische Farbenlehre. Leipzig 1919. S. 199.\n2\tA. Kohlrausch, \u00dcber den Helligkeitsvergleich verschiedener Farben. Pfl\u00fcgers Archiv 200. 23. S. 210.\n3\tH. S. Langfeld, \u00dcber die heterochrome HelligkeitsVergleichung. Zeitschrift f\u00fcr Psychologie 53. 1909. S. 113.","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n263\nverschiedene Zuordnungen der Buntfarben zu Unbunten je nach der Einstellung der Vpn. Es wird in der vorliegenden Reibe von Untersuchungen eine Entscheidung versucht werden, ob hier aufser Helligkeit noch ein anderes Attribut der Farben abgesondert werden mufs.\nSchon in der verschiedenartigen Vergleichsm\u00f6glichkeit zwischen Bunten und Unbunten steckt ein Hinweis darauf, dafs auch in der Reihe der Unbunten von Qualit\u00e4t neben der Helligkeit gesprochen werden mufs. Ein weiterer Grund daf\u00fcr ist in der schon angef\u00fchrten Auffassung Stumpfs enthalten, dafs Helligkeit nur als \u201eHelligkeit von Qualit\u00e4ten\u201c gedacht werden kann. \u201eDie Ver\u00e4nderung, die dem \u00dcbergange von Blau durch Rot zu Gelb mit dem \u00dcbergange von Schwarz durch Grau nach Weifs g e -meinsam ist, nennen wir Helligkeitsver\u00e4nderung. Die \u00c4nderung aber, die die beiden \u00dcberg\u00e4nge voneinander unterscheidet, nennen wir Qualit\u00e4ts\u00e4nderung\u201c. (Dem Farbton der Bunten entspricht bei den Unbunten ihre spezifische Graunuance.) \u201eWeifs, Grau, Schwarz sind Qualit\u00e4tsbezeichnungen, Hell, Dunkel sind Helligkeitsbezeichnungen.\u201c\nMan pflegt hier auch das Beispiel von dem als Fleck auf-gefafsten Schatten heranzuziehen, aber, wie ich glaube, nicht immer mit richtiger Deutung des Tatbestandes. Ich sehe etwa auf einem weifsen Tischtuch im Garten einen grauen Fleck. Da der Wind nun durch die B\u00e4ume streicht, entdecke ich, dafs es sich um den Schatten eines Blattes handelt. Der Eindruck \u201eGrau\u201c ist verschwunden; ich sehe das weifse Tischtuch, auf dem der dunkle Schatten liegt. Wenn man hier sagen wollte, die Helligkeit ist die gleiche geblieben, und trotzdem konstatiere ich einmal Grau, einmal Weifs, so scheint mir eine solche Deutung nicht haltbar. Gleich ist in beiden F\u00e4llen wohl die Strahlung, die Intensit\u00e4t des Reizes, vielleicht auch die Erregungsst\u00e4rke in der Netzhaut; ob auch die Helligkeit, diese nur erlebbare Eigent\u00fcmlichkeit der Sehdinge, die gleiche blieb, scheint mir kaum feststellbar. Der wesentliche Unterschied zwischen den sinnlichen Erlebnissen \u201egrauer Fleck\u201c und \u201edunkler Schatten\u201c liegt in der verschiedenen Struktur der Wahrnehmungen. Die Reizgestalt hat sich durch die Bewegung des Schattens ge\u00e4ndert: die Beziehung zum Raume ist in dem Gesehenen eine andere geworden (Oberfi\u00e4chenfarbe, Tiefensonderung). Bemerkenswert bleibt an diesem Tatbest\u00e4nde, dafs das \u201eSchattenh\u00e4utchen\u201c gew\u00f6hnlich \u201edunkel\u201c und nicht \u201egrau\u201c oder \u201eschwarz\u201c genannt","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nRupprecht Matthaei\n\u2022 \u2022\nwird. \u00c4hnlich ist es bei Betrachtung unbunter Farben durch ein Dunkelrohr: man pflegt auch hier von den Vpn. nur Angaben \u00fcber verschieden helles Licht zu erhalten. Derartige Erfahrungen d\u00fcrfen wohl dahin aufgefafst werden, dafs es F\u00e4lle gibt, in denen das Attribut Helligkeit hervortritt und dann eine weitgehende Losl\u00f6sung von den Qualit\u00e4ten \u201eWeifs, Grau, Schwarz\u201c m\u00f6glich wird.\nEine schwer entscheidbare Frage ist es, ob verschiedene Helligkeiten als quantitative Unterschiede aufgefafst werden d\u00fcrfen.1 2 Jene Autoren, die wie B\u00fchler Helligkeit mit Intensit\u00e4t gleichsetzen, scheinen diese Frage zu bejahen. Eindeutig zu der genannten Auffassung bekennt sich z. B. Langfeld. 2 \u201eDie Ver\u00e4nderung der Nuancen ist qualitativ, die der Helligkeit quantitativ.\u201c \u2014 Hering3 scheint hier den entgegengesetzten Standpunkt einzunehmen. \u201eTats\u00e4chlich beruht jede HeiligkeitsVerschiedenheit zweier Farben gleichen Tones auf einer qualitativen Verschiedenheit derselben insofern, als entweder die eine Farbe freier ist als die andere, oder als bei gleicher Freiheit die eine mehr an Schwarz bzw. Weifs erinnert als die andere, oder dafs beide Verschiedenheiten zugleich gegeben sind.\u201c Auch folgende Feststellung darf wohl in derselben Richtung gedeutet werden. \u201eDa mit wachsender St\u00e4rke der veranlassenden Strahlung unter sonst gleichbleibenden Umst\u00e4nden die Farbe heller wird, so vermengte sich unabsichtlich die Vorstellung einer zunehmenden Strahlungsintensit\u00e4t mit der Vorstellung wachsender Farbenhelligkeit, und da die erstere eine nur quantitative \u00c4nderung ist, gew\u00f6hnte man sich, auch die letztere als eine solche zu nehmen, und vers\u00e4umte die Untersuchung der mit jeder Helligkeits\u00e4nderung gegebenen qualitativen \u00c4nderung der Farbe.\u201c Am deutlichsten kommt aber Herings Auffassung der Helligkeits\u00e4nderung selbst als einer qualitativen \u00c4nderung dadurch zum Ausdruck, dafs er glaubt, drei verschiedene Arten Hell (Weifs, Gelb, Rot) und drei qualitative verschiedene Dunkel (Schwarz,\n1\tIm folgenden werden die Ausdr\u00fccke \u201eQualit\u00e4t\u201c, \u201equalitativ\u201c in ihrem allgemeinen Wortsinne gebraucht. Es ist also nicht die oben f\u00fcr den Sonderfall festgelegte Bedeutung \u201eFarbenqualit\u00e4t gleich Farbenton\u201c gemeint. Man k\u00f6nnte zur Unterscheidung von \u201eSubstanzqualit\u00e4t\u201c und \u201eAttributqualit\u00e4t\u201c sprechen (Qualit\u00e4t der Farbigkeit und Helligkeit).\n2\ta. a. 0.\n3\tE. Hering, Grundz\u00fcge der Lehre vom Lichtsinn. Berlin 1920.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n2 65\nBlau, Gr\u00fcn) beschreiben zu m\u00fcssen. Ja, Heeing spricht vom \u201eEigenhell\u201c und \u201eEigend\u00fcnkel\u201c bestimmter Farben ! Demgegen\u00fcber d\u00fcrfte eine Klarlegung notwendig sein, ob etwa Dunkelheit eine grunds\u00e4tzlich andere Eigenschaft der Farben ist als Helligkeit (gar ein neues Attribut?). Ich glaube, dafs ein Vergleich mit dem Temperatursinn der Haut zur Entscheidung dieser Frage n\u00fctzlich ist. \u201eWarm\u201c und \u201eKalt\u201c sind qualitativ verschiedene, polar entgegengesetzte Erlebnisse des Hautsinnes. Man kann die Temperaturerlebnisse nach diesen beiden Aussagen gruppieren und findet eine biologische Begr\u00fcndung daf\u00fcr in der Anwesenheit der W\u00e4rme- und K\u00e4ltepunkte. Aus der Gegebenheit dieser beiden Sinne ergibt sich die M\u00f6glichkeit eines Indifferenzpunktes, in dem weder \u201eKalt\u201c noch \u201eWarm\u201c hei vortritt. Bez\u00fcglich der spezifischen Temperatur der Farben gibt es ein \u00e4hnliches Verhalten: den ausgepr\u00e4gt kalten und warmen Farben stehen temperatur-indifferente gegen\u00fcber. Dagegen hat es keinen Sinn von hell-dunkel indifferenten Farben zu sprechen. Daher scheint mir wenigstens im Ph\u00e4nomenalen kein Anlafs daf\u00fcr gegeben, zwei verschiedene Eigent\u00fcmlichkeiten der Farben mit \u201eHell\u201c und \u201eDunkel\u201c zu kennzeichnen. \u201eDunkel\u201c ist nur ein Ausdruck daf\u00fcr, dafs Helligkeitsunterschiede einen qualitativen Charakter tragen. \u2014 Bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang, dafs Farbbenennungen wie \u201eHellrot\u201c, \u201eDunkelgr\u00fcn\u201c als Qualit\u00e4tsbezeichnungen verwendet werden : h\u00e4ufig ist damit ein gelbliches Rot, ein bl\u00e4uliches Gr\u00fcn gemeint.\nHerings \u00e4ltere, von ihm selbst sp\u00e4ter als irrt\u00fcmlich erkannte Auffassung, dafs die Helligkeitsunterschiede von Buntfarben nur durch ihren Gehalt an Unbunten bedingt sei, reine Bunte mithin gleichhell sein m\u00fcfsten, \u2014 eine derartige Auffassung w\u00fcrde die Helligkeit aus der Reihe der Attribute streichen!\nObwohl eine Entscheidung der angeschnittenen Frage den Rahmen der vorliegenden Studie sprengen w\u00fcrde, sei meine pers\u00f6nliche Neigung zu der Annahme festgestellt, dafs auch HelligkeitsWahrnehmungen als solche stets qualitativ verschieden sind. Es gibt f\u00fcr mich keine sinnlichen Erlebnisse, die nur der St\u00e4rke nach verschieden w\u00e4ren ; stets sind sie von anderer Qualit\u00e4t. Was sich aus einer solchen Stellungnahme bez\u00fcglich des Messens ergibt, wird noch bei den methodischen Vorbemerkungen angedeutet werden.\nBez\u00fcglich Helligkeit und Intensit\u00e4t seien nur noch folgende","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nRupprecht Matthaei\nBemerkungen erlaubt. Hell und Dunkel bezeichnen in der unbunten Reihe ihre beiden Endpunkte, Schwarz und Weifs sind indessen auch qualitativ ausgezeichnete Punkte. Wenn man von \u201eintensiv Schwarz\u201c oder \u201eintensiv Weifs\u201c spricht, so besagt das: diese Farben erreichen nahezu ihr Ideal, sie sind \u00e4ufserst ges\u00e4ttigt oder auch sehr ausgepr\u00e4gt (ebenso wie \u201eintensiv Rot\u201c). In einer solchen Beschreibung d\u00fcrfte \u201eintensiv\u201c in einem besonderen Sinne gebraucht sein. Eine derartige Ableitung darf daher nicht als Beweis f\u00fcr die Differenzierbarkeit von Intensit\u00e4t und Helligkeit benutzt werden. \u2014 Hingegen finde ich von den Beweisen, die Stumpf f\u00fcr das Bestehen eines St\u00e4rkefaktors bei den Farben neben der Helligkeit anf\u00fchrt, den Hinweis auf das Augenschwarz am b\u00fcndigsten. \u201eEs ist nicht die schw\u00e4rzeste und dunkelste aber die schw\u00e4chste Gesichtsempfindung.\u201c\n\u00ab\nMethodische Vorbemerkungen und das Ziel der Untersuchung\n\u00fcber Farbenhelligkeit\nEine Untersuchung \u00fcber die Attribute der Farben ist ihrer Natur nach ph\u00e4nomenologisch. Sie ist also zun\u00e4chst weder psychologisch noch physiologisch. Aber sie f\u00f6rdert das Material, das Psychologie und Physiologie gemeinsam geh\u00f6rt; daher halte ich es f\u00fcr notwendig, dafs der Spezialforscher selbst zu dieser Quelle seiner Probleme hinabsteigt. Eine sinnesphysiologische Bearbeitung im besondern kann erst beginnen, oder sollte doch erst einsetzen, wenn das ph\u00e4nomenologische Material einiger-mafsen \u00fcberschaut werden kann. Nichts desto weniger ist es vermeidbar, dafs der Physiologe bei einer solchen Untersuchung seinen Standpunkt auf Schritt und Tritt wahrt; gerade deshalb ist es so wichtig, dafs er selbst zusieht, was sich ihm zun\u00e4chst rein erscheinungsgem\u00e4fs bietet!\nDie vorliegenden Studien sind s\u00e4mtlich mit Oberfl\u00e4chenfarben durchgef\u00fchrt, und zwar mit den matten Aufstrichen des 680 Farben enthaltenden \u201eFarbnormen-Atlas\u201c von Wilhelm Ostwald.1 Oberfl\u00e4chenfarben w\u00e4hle ich, da die Raumbegrenzung die h\u00e4ufigste, gewissermafsen nat\u00fcrlichste Erscheinungsweise der Farben bedeutet. Mit dem Ausdruck \u201eOberfl\u00e4chenfarbe\u201c ist aber die Erscheinungsweise einer bestimmten Farbe noch nicht aus-\n1 W. Ostwald, Der Normenatlas und die Farborgel. Sammelschrift \u201eDie Farbe\u201c Nr. 37. 1923.","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n267\nreichend festgelegt ; es ist noch eine Bestimmung \u00fcber den Grad ihrer \u201eAuflockerung\u201c, anders ausgedr\u00fcckt ihrer optischen H\u00e4rte oder Dichte erforderlich.1 Da wir noch kein Mefsverfahren f\u00fcr die besondere Form der Erscheinungsweise besitzen, mufs die Oberfl\u00e4chenbeschaffenheit in jedem Einzelfalle beschrieben werden. Die K\u00e4rtchen im Normenatlas sind mit einem ideal matten Leimfarbenaufstrich \u00fcberzogen, wobei der Deckfarbe nur ein Mindest-mafs an Leim zugef\u00fcgt wurde. \u2014 Die OsTWALDschen Normen stellen feste Punkte in einem Farbenk\u00f6rper dar, der auf Grund eines Farbtongleichen Dreiecks und eines Kreises, die in der Verfolgung HERiNGscher Gedankeng\u00e4nge ausgef\u00fchrt sind, konstruiert wurde.2, 3, 4,5 Zu dem Vorteile der eindeutigen Definition einer grofsen Zahl von Farben kommt vor allem der, dafs die Farben in dem Atlas handlich dargestellt sind. Gerade auf diese Anschaulichkeit mufste ich aber in den vorliegenden Untersuchungen den gr\u00f6fsten Wert legen. Ich kann in dem Vorschlag von Kirschmaen 6, sich jeweils die gew\u00fcnschte Farbe auf einem Farbenkreisel herzustellen keinen ausreichenden Ersatz f\u00fcr eine geordnete Auswahl sorgf\u00e4ltiger Farbenaufstriche sehen. Abgesehen davon, dafs die Farbe eines rotierenden Kreisels eine eigenartige Erscheinungsweise besitzt, ist es sehr umst\u00e4ndlich zwei oder mehrere Farbent\u00f6ne, die man auf dem Kreisel er-mischt, zum Vergleiche nebeneinander zu halten. Wie wichtig aber die M\u00f6glichkeit, Farben gleicher Oberfl\u00e4chenbeschaffenheit beliebig zusammenzustellen, f\u00fcr die gedachten Zwecke ist, das werden die vorliegenden Studien immer wieder zeigen. \u00dcberdies setzt uns das OsTWALDsche System in den Stand, jede beliebige Farbe mit hinreichender Genauigkeit anschaulich zu definieren, d. h. einen wenigstens nahe an der gemeinten Farbe liegenden Farbenaufstrich tats\u00e4chlich vorzuzeigen. Darin sehe ich vielleicht den gr\u00f6fsten Vorteil, den eine Farbenuntersuchung durch den An-schlufs an das OsTWALDsche System gewinnt; denn Anschaulichkeit sollte hier das oberste Prinzip sein.\n1\ts. Matthaei a. a. O.\n2\ts. S. 2621.\n3\ts. S. 266h\n4\tW. Ostwald, Mathetische Farbenlehre. Leipzig 1921.\n5\tW. Ostwald, Farbkunde. Leipzig 1923.\n6\tA. Kirschmann, Farbenterminologie. Neue Psychol. Studien 2.\t1926.\nS. 127.","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nRupprecht Matthaei\nAls Ausgangsmaterial betrachte ich 12 Farbent\u00f6ne des reinsten von Ostwald dargestellten Farbenkreises (pa). Das \u00e4ufserste Ziel, das ich mir setze, ist die vollst\u00e4ndige Beschreibung dieser 12 Farben. Da das OsTWALDsche System auf einer Ordnung der Qualit\u00e4ten, (im Sinne von Farbton usw.) beruht, darf ich die Farbqualit\u00e4t als ausreichend beschrieben voraussetzen. Somit bleiben die Attribute der Farben das wichtigste Hilfsmittel f\u00fcr das Vorgesetzte Unternehmen. Die erste Frage w\u00e4re daher: welche Merkmale der Farben sind nun im Einzelnen als Attribute anzusehen? Vielleicht ergibt sich, wenn man die Zahl der Attribute \u00fcbersieht, die M\u00f6glichkeit, eine Art Rangordnung unter ihnen herzustellen. Man k\u00f6nnte etwa eine Strukturbeschreibung der Farben vornehmen, in der man zeigte, wie die Attribute gleichsam mit der Farbqualit\u00e4t und untereinander \u201everankert\u201c sind. \u2014 Die Farbenhelligkeit untersuche ich zuerst, da ihr Attributcharakter wohl bereits als feststehend angenommen werden darf. Pr\u00fcft man die Helligkeit an Hand der drei zu Beginn dieser Abhandlung aufgestellten begrifflichen Bedingungen, so wird man sie unschwer als Attribut erkennen. Die eingehende Betrachtung der Helligkeit hat eigentlich den Sinn, den Begriff \u201eAttribut\u201c anschaulich zu kennzeichnen. Es soll hier der Versuch unternommen werden, ein Attribut an die Spitze der Beschreibung eines ganzen Farbensystems zu stellen.\nIch werde eine neue Methode zur Ermittlung der Helligkeit bunter Farben mitteilen. Wie sich aus der oben gegebenen vorl\u00e4ufigen Begriffsbestimmung der Helligkeit ergibt, f\u00fchrt diese Methode (wie nat\u00fcrlich auch alle \u00fcbrigen) zu einer eindeutigen systematischen Zuordnung der Buntfarben zu bestimmten Unbunten. Da man die Unbunten durch ihre Albedo definieren kann, k\u00f6nnte man die Graureihe als eine Skala betrachten, mit der die Helligkeit gemessen wird. Es mufs aber darauf hingewiesen werden, dafs es sich hier nicht um ein eigentliches Messen von Quantit\u00e4ten handelt. Eine Feststellung wie: \u201eDiese Farbe ist doppelt so hell als jene\u201c w\u00e4re sinnlos. Auch die eigenartige Schwierigkeit, die die Yp. bei der Aufgabe empfindet eine Mitte zwischen zwei Farbeindr\u00fccken einzustellen, zeigt die Besonderheit derartiger \u201eMefsverfahren\u201c. Wenn ein solcher Versuch gelingt, so geschieht es auf dem Wege, dafs die Vp. entscheidet, \u201eb ist ebenso verschieden (un\u00e4hnlich oder \u00e4hnlich) von a, wie","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n269\nvon c\u201c. Eine Betrachtung der Stufenfolge eines 24-teiligen Farbenkreises, wie er z. B. in Ostwalds Fibel1 enthalten ist,\nscheint mir hier aufschlufsreich. Jeder wird finden, dafs bei dem\n\u2022 \u2022\t*\n\u00dcberg\u00e4nge von 12 nach 13 (Veil-Blau) ein Sprung gemacht wird, hier also ein gr\u00f6fserer Unterschied zwischen den benachbarten Farben besteht, als etwa bei 11/12. In diesem Falle k\u00f6nnte man versucht sein, die beobachteten Verschiedenheiten noch als quantitative aufzufassen, indem man etwa sagte, die R\u00f6te sei bei 11/12 nur wenig verschieden, bei 12 aber viel gr\u00f6fser als bei 13. Diese M\u00f6glichkeit der Auslegung verschwindet aber, wenn weiter voneinander liegende Farben verglichen werden. Die auff\u00e4lligste Eigenschaft des OsTWALDschen Kreises ist es vielleicht, dafs die Krefs 4/5 weit besser unterscheidbar sind als die Eisblau 16/17. Dieser Vergleich ist durchaus sicher, er hat auch gew\u00f6hnlich die Form einer quantitativen Beurteilung, und doch l\u00e4fst sich kein gemeinsamer Bestandteil angeben, der zwischen 4/5 eine gr\u00f6fsere \u00c4nderung aufwiese als zwischen 16/17. \u2014 Das geschilderte Verfahren ist vergleichbar dem des Mathematikers, der eine gekr\u00fcmmte Linie zu beschreiben hat und dabei f\u00fcr eine beliebig kleine Strecke die Annahme der Geraden als zul\u00e4ssig erkennt. In einem beliebig engen Bereich d\u00fcrften auch die Farbenunterschiede einer rein quantitativen Beurteilung zug\u00e4nglich sein. Aber man mufs sich dabei der Fiktion bewufst bleiben. Wenn die Welt unter den Voraussetzungen der klassischen Physik quantifiziert werden kann, so ist sie deshalb in ihrer Gesamtheit und ihrem Wesen nach doch nicht quantifizier bar ! Auch die Graureihe ist, genau wie der Bereich 11\u201413 des Kreises, eine Reihe von Qualit\u00e4ten; und wir tuen nur so, als ob sie ihrer Weifse oder Schw\u00e4rze nach mefsbar sei. Das Weber-FECHNERsche Gesetz stellt lediglich eine Ordnung her, deren qualitativer Charakter freilich erst nach Fechner erkannt wurde. In gleicher Weise sind Helligkeitsmessungen Fiktionen : In Wahrheit bleiben auch Helligkeitszuordnungen Vergleiche von Qualit\u00e4ten. \u2014\nDer kritischen Besprechung meiner Helligkeits-,,Messungen\u201c sollen die Ergebnisse von Messungen im D\u00e4mmerlichte folgen. Eine Untersuchung der Ver\u00e4nderungen der Farbenhelligkeit mit der Beleuchtung ist in mehrfacher Beziehung f\u00fcr die geplanten\n1 W. Ostwald, Die Farbenfibel. 11. Aufl. 1925.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nRupprecht Matthaei\nStudien bedeutsam. Zun\u00e4chst ist, wie v. Kries 1 betont, von einer Methode der Helligkeitsmessung zu fordern, dafs sie auch bei Variation der absoluten Lichtverh\u00e4ltnisse sowie des Adaptationszustandes richtige Werte ergibt. Das heifst, es muls etwa einem Blau, das dem Dunkelauge relativ heller erscheint, auch in der Messung ein entsprechend helleres Grau zugeordnet werden. Ph\u00e4nomenologisch stellt das Nachtsehen, bei dem nur noch unbunte Farben erlebt werden, einen ausgezeichneten Fall dar. Ich werde zudem Beobachtungen mitteilen, die vermuten lassen, dafs die nat\u00fcrlichen Nachthelligkeiten f\u00fcr die Farbenwahrnehmung \u00fcberhaupt von Bedeutung sind. Die Frage nach dem Verh\u00e4ltnis des unbunten Bildes des Nachtauges zu der tonfreien Wiedergabe durch die Photographie verdient Beachtung. Eine Pr\u00fcfung der Leistungsf\u00e4higkeit der orthochromatischen Photographie, die am Ende des ersten Teiles dieser Studien mitgeteilt werden soll, lag \u00fcberdies nahe, nachdem die Helligkeiten einmal anschaulich dargestellt waren.\nIn einem zweiten Teile der Studien wird eine Systematik der Farbenhelligkeit versucht und eine daraus ableitbare Farbenharmonie dargestellt. Die harmonischen Studien haben zugleich den Wert einer erneuten Kontrolle der unmittelbaren Erlebbarkeit der gemessenen Helligkeit.\nEine neue Methode zur Ermittlung der Helligkeit bunter Farben\nBei dem Versuch, das von Pulfrich1 2 beschriebene Verfahren der heterochromen Photometrie f\u00fcr Oberfl\u00e4chenfarben anwendbar zu machen, beobachtete ich, dafs eine blaue Epis-kotisterscheibe (bei gleichem Ausschnitt) bedeutend durchsichtiger ist als eine gelbe. Diese Beobachtung f\u00fchrte mich zu der Ausarbeitung der Methode, die ich sogleich beschreiben will. Zur Darstellung des ihr zugrunde liegenden Prinzips scheint es mir aber zweckm\u00e4fsiger, von einem Versuch auszugehen, den Hering zum Nachweis der Relativit\u00e4t der Unterschiedsschwelle erdacht hat.3 Blickt man auf ein auf dem Tisch liegendes bedrucktes Papier und h\u00e4lt zwischen Auge und Schrift ein plan geschliffenes Deck-\n1\tJ. v. Kries, \u00dcber das stereophotometrische Verfahren zur Helligkeitsvergleichung. Die Naturwissenschaften 1923. S. 461.\n2\tC. Pulerich, Die Stereoskopie im Dienste der isochromen und heterochromen Photometrie. Die Naturwissenschaften 1922. S. 553.\n3\ta. a. 0.","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n271\ngl\u00e4schen, mit dem man von dem hellen Himmel her Licht in das Auge spiegelt, so kann man durch dieses Gl\u00e4schen hindurch den Druck nur undeutlich oder gar nicht erkennen. Wenn die Schrift gerade unleserlich wird, so ist bei bekannter Unterschieds-Empfindlichkeit die in das Auge gespiegelte Lichtmenge offenbar definiert durch den Unterschied zwischen den Strahlungen, die von Buchstaben und Grund ausgehen. Wird durch Drehen des Deckgl\u00e4schens der Drucksatz deutlicher, so ist die hineingespiegelte Lichtmenge kleiner, wird sie undeutlicher, so ist sie gr\u00f6fser geworden. \u2014 Statt des Deckgl\u00e4schens in dem beschriebenen Versuch benutze ich nun zwei Episkotisterscheiben mit rechtwinkligem Ausschnitt, von denen die eine mit einem bunten, die andere mit grauem Papier \u00fcberzogen ist. Ich betrachte die\n\t\t\t\t\t\tB\n\t\t\t\tKi \u2014\t\t\n,\tim\t\t>\t<-\t\tim\t\t>\nAbbildung 1\nSchema der Versuchsanordnung. (Beschreibung im Text.)\nHelligkeit der Farben dieser beiden Episkotister als gleich, wenn ich durch sie hindurchblickend auf einem mannigfaltige unbunte Abstufungen enthaltenden Testobjekt gleichviel erkennen kann.1\nDie von mir benutzte Versuchsanordnung ist durch Abbildung 1 im Grundrifs wiedergegeben. Die vor der Anordnung sitzende Vp. lehnt ihren Kopf gegen eine von zwei Kinnst\u00fctzen (K1} K2) und kann dann durch den bunten (E1) oder den unbunten (E2) Episkotister hindurch das Testobjekt (B) erblicken. Die Abst\u00e4nde zwischen Auge und Episkotister sowie zwischen Episkotister und Objekt sind jedesmal ein Meter. Das Licht f\u00e4llt von rechts hinten (von der Vp. aus) ein. Die Kreisel, die die beiden Episkotisterscheiben tragen, werden von demselben Motor durch Ireibriemen (R2, RJ angetrieben. Sie rotieren gleichschnell und zwar so, dafs die Scheiben gleichm\u00e4fsig (ohne Flimmern) durchsichtig aussehen.\n1 Vgl. hierzu die S. 29 beschriebene Methode von v. Szilagyi.","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nRupprecht Matthaei\nDie Episkotisterscheiben von 12 cm Durchmesser enthalten einen Ausschnitt von 90 \u00b0.1 Die bunte Scheibe ist aus einem der 12 Kartons mit den genormten Farbaufstrichen hergestellt, die ich 1926 aus dem Laboratorium Wilhelm Ostwald, Grofsbothen Sa., bezog.2 Der unbunte Episkotister wurde variabel eingerichtet. Um alle Graustufen einstellen zu k\u00f6nnen, brauchte ich je einen schwarzen Sektor zu 270\u00b0 und 90\u00b0 und je einen weifsen zu 270\u00b0, 180\u00b0 und 90\u00b0. In der Abb. 2 sind die Zusammenstellungen gezeichnet, die f\u00fcr die verschiedenen Einstellungen (von 0 bis 270\u00b0 Weifs) ben\u00f6tigt wurden. Als Papiere f\u00fcr diesen Episkotister benutzte ich die OsTWALDschen Graustufen a und p. Nach wiederholten Versuchen mufste ich das Unternehmen aufgeben, ein Testobjekt mit planm\u00e4fsigen feinen Grauabstufungen herzustellen.\na\tb\tc\nAbbildung 2\nSchema der Episkotisterscheiben mit ver\u00e4nderlichem Grau a Auf 3/4 Schwarz (p) sind V4 Weifs (a) und */4 Schwarz verschieblich f\u00fcr Episkotisterwerte von 0 bis 90 0 a. b Auf 3/4 Schwarz l/2 Weifs und V4 Schwarz f\u00fcr 90\u2014180\u00b0. c Auf 3/4 Weifs V4 Schwarz und V4 Weifs f\u00fcr 180\u2014270\u00b0.\nIch fand es viel zweckm\u00e4fsiger, die nat\u00fcrlichen feinen Schattierungen zu benutzen, die in der Photographie eines vielgestaltigen Objektes enthalten sind. Ausgezeichnet bew\u00e4hrt hat sich mir ein Gaslicht-Abzug 13 X 18 eines Bildes von Verworns Arbeitszimmer. Hier sind mannigfaltigste Abstufungen in verschiedenen Graden und Fl\u00e4chengr\u00f6fsen gegeben. Helle: in der Zeichnung des Vorhanges, den Stapeln von Briefen und Drucksachen auf dem Schreibtisch ; mittlere : an Buchr\u00fccken des B\u00fccherschrankes, an den F\u00fcllungen der T\u00fcr; dunkle: in einer Zimmerecke und in\n1\tUm das durch ungleiche Belastung bedingte Schleudern m\u00f6glichst zu vermeiden war mit der Episkotisterscheibe noch ein Schwungrad aus starkem Messingblech angeschraubt.\n2\tWie mir damals mitgeteilt wurde, sind die Aufstriche dem gerade erscheinenden Farbk\u00f6rper entnommen und \u201emit den reinsten und lichtechtesten Farben hergestellt, welche die Technik heute erzeugen kann\u201c.","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n273\nbeschatteten Teilen des B\u00fccherschrankes. Bisweilen fand ich den sich allm\u00e4hlich vertiefenden Schatten der runden Lehne eines Schreibtischsessels besonders brauchbar, indem ich mir merkte, wie weit ich den Lichtreflex darauf verfolgen konnte. Aber gerade in der grofsen Auswahl der zu beobachtenden Einzelgegenst\u00e4nde liegt der Vorzug dieses Testobjektes. Die Vp. wird nicht so leicht erm\u00fcdet, und sie befindet sich in der nat\u00fcrlichen Lage zuzusehen, wieviel sie von einem Bilde, \u201eauf dem viel zu sehen ist\u201c, erkennen kann. Auch das Festhalten der noch n\u00e4her zu bezeichnenden Einstellung der Vp. in dem Versuch wird durch die Eigenart des Testobjektes erleichtert. \u2014\nIch will nun den Verlauf eines Versuches zur Ermittlung der Farbhelligkeit beschreiben. Als Beispiele w\u00e4hle ich die hellste und die dunkelste von den untersuchten Farben. \u2014 Alle Versuche wurden unter Trennung von Versuchsleiter (VI.) und Versuchsperson durchgef\u00fchrt, so dafs f\u00fcr die Vp. das unwissentliche Verfahren aufrecht erhalten werden konnte. Die Vp. hatte die Aufgabe, durch die Episkotisterscheiben hindurch das Bild beid\u00e4ugig zu betrachten und anzugeben, welche Scheibe durchsichtiger w\u00e4re. Sie sollte ihre Aufmerksamkeit immer auf die Deutlichkeit des Bildes richten, sei es, dafs sie Einzelobjekte beschaute, oder einen Gesamteindruck zu gewinnen suchte; dagegen war ihr aufgegeben, die Farbe des bunten Episkotisters m\u00f6glichst gar nicht zu beachten. Es stand ihr frei, beliebig lange durch einen Episkotister und beliebig oft hin und her wechselnd zu beobachten, bis sie ein sicheres Urteil dar\u00fcber abgeben konnte, ob die graue Scheibe durchsichtiger oder weniger durchsichtig w\u00e4re als die bunte. Dann trat der VI. zwischen Vp. und Kreisel, der Motor wurde angehalten, eine neue Stellung des Weifssektors herbeigef\u00fchrt und mit einem aufgelegten transparenten Winkelmesser bestimmt. Erst nachdem die Kreisel wieder liefen, konnte die Vp. wieder auf die Episkotister blicken und ein neues Urteil zu finden suchen. Schien gleiche Durchsichtigkeit beider Kreiselscheiben mit einiger Sicherheit erzielt, so wechselten VI. und Vp. die Rollen. Mittels der W\u00d6LEFLiNschen Tafeln1, die wir bei Tageslicht, Osram-Tageslichtlampe und gew\u00f6hnlicher Metallfadenlampe betrachteten, konnte ich mich dar\u00fcber unterrichten, dafs die Art des Farben-\n1 E. W\u00f6lfflin, Tafeln und Umschlagfarben zum Nachweis von relativer Rot- und Gr\u00fcnsichtigkeit. Leipzig 1926.","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nRupprecht Matihaei\nsehens bei meiner Braut, mit der ich diese Versuche durchgef\u00fchrt habe, und mir im wesentlichen die gleiche ist. Dementsprechend erhielten wir im allgemeinen gleiche Einstellungen, so dafs die Ablesungen als gegenseitige Kontrollen gewertet werden konnten. Im Falle von kleinen Widerspr\u00fcchen habe ich die von mir ge* fundenen Zahlen bevorzugt. \u2014 Es seien nunmehr zwei Protokolle mitgeteilt.\nI. Buntfarbe: Gelb 1 pa. (19. VII. 26)\n1.\tVp.: R. M. Weifssektor von 220\u00b0\n200\u00b0\n180\u00b0\n200\u00b0\n190\u00b0\n195\u00b0\n192\u00b0\n198\u00b0\n2.\tVp.: T. T. Weifssektor von 200\u00b0\n190\u00b0\n195\u00b0\nbischen undurchsichtiger schon ganz gut durchsichtiger\ngut, eher eine Spur undurchsichtiger\ngut, eher durchsichtiger\ngut\ndeutlich durchsichtiger bischen undurchsichtiger\nundurchsichtiger eine Spur durchsichtiger\nv n\tn\nII. Buntfarbe: Blau 13 pa. (15. VII. 26)\n1.\tVp.: T. T.\nWeifssektor von 50\u00b0 undurchsichtiger\n26\u00b0\n10\u00b0 durchsichtiger\n15\u00b0 undurchsichtiger\n12\u00b0 immer noch etwas undurchsichtiger\n10\u00b0 ann\u00e4hernd gut, eher eine Spur durchsichtiger\n2.\tVp.: R. M.\nWeifssektor von 10\u00b0 eine Spur durchsichtiger\n15\u00b0 eine Spur undurchsichtiger 12,5\u00b0 undurchsichtiger 110 ziemlich gut 10\u00b0 etwas durchsichtiger\nDie auch hier angedeutete Erscheinung, dafs die Angaben der Versuchsperson im Laufe des Versuches subjektiv sicherer werden, konnte ich in der Kegel beobachten. Als endg\u00fcltige Versuchsergebnisse habe ich die aus der gesamten Reihe von Versuchen sich als die wahrscheinlichsten Werte ergebenden Zahlen angenommen. Es ist ja schon aus den mitgeteilten Protokollen ersichtlich, dafs die Zahlen auf einen ganz bestimmten Wert zustreben. Ich glaube, dafs ein derartiges Abw\u00e4gen der Versuchs-","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n275\nergebnisse zuverl\u00e4ssiger ist als die Berechnung eines Mittelwertes, der durch eine herausfallende Zahl gef\u00e4lscht werden kann.\nDie Sicherheit der beschriebenen Methode sei noch durch einige Daten erl\u00e4utert. Zun\u00e4chst kann man feststellen, dafs die Vp. selbst das Gef\u00fchl gewinnt, sicher zu arbeiten. Wenn das Gleichheitsurteil einmal erreicht ist, wird es mit Bestimmtheit festgehalten. Diese subjektive Sicherheit habe ich mir auch von anderen Beobachtern, denen ich meine Versuche zeigte, best\u00e4tigen lassen, auch von solchen, die vorweg zweifelten, ob sie die gew\u00fcnschten Angaben \u00fcberhaupt machen k\u00f6nnten. \u2014 Oft konnten wir genau die gleichen Werte an verschiedenen Tagen einstellen. Die gew\u00f6hnlichen Beleuchtungsunterschiede, die im Juli zwischen 12 und 19 Uhr, bei Regenwetter und Sonnenschein in einem hellen Raume mit Fenstern nach Ost-S\u00fcdost (direkte Sonnenbelichtung der Episkotisterscheiben wurde vermieden) Vorkommen, bedingten keine Schwankungen der abgelesenen Werte. (\u00dcber den Einflufs gr\u00f6fserer Beleuchtungsver\u00e4nderungen siehe S. 294.) Eine zuf\u00e4llige Best\u00e4tigung, die wir einmal erlebten, scheint mir mitteilenswert. Ich hatte das Gr\u00fcn 21 in den Kreisel gesetzt, irrt\u00fcmlicherweise aber in das Protokoll die Farbe 15, die ich zu untersuchen glaubte, eingetragen. T. T. hatte den Wert zwischen 40\u00b0und 35\u00b0 angegeben; dann konnte f\u00fcr R. M. 37\u00b0 ermittelt werden. Dieser Wert erschien mir, nach den \u00fcbrigen Messungen beurteilt, viel zu hoch (f\u00fcr 15 gilt 28\u00b0). Dieser Zweifel f\u00fchrte erst zur Feststellung der Verwechslung der Farbenbezeichnungen. Es stellte sich heraus, dafs die Helligkeit der Farbe 21 schon vor 6 Tagen auf genau denselben Wert (37\u00b0j bestimmt worden war. In diesem Falle war also der richtige Wert entgegen der Erwartung des Versuchsleiters gefunden worden; die Beobachtung gewinnt somit den Wert einer \u201eErtappung\u201c. \u2014 Um den Grad der erreichbaren Genauigkeit sch\u00e4tzen zu k\u00f6nnen, habe ich einen Versuch mit zwei unbunten Episkotisterscheiben angestellt. Es sollte versucht werden, auf Grund des Kriteriums der Durchsichtigkeit gleiche Weifssektoren herzustellen. Der Fehler des Versuchs betrug 2,2 \u00fc/o (d. h. es wurde aufser dem richtigen Wert auch ein um 2,2 \u00b0/0 kleinerer als gleich durchsichtig angesehen) ; er lag mithin im Gr\u00f6fsenbereich der Unterschiedsschwelle. \u2014 Von Bedeutung sind hier auch die Messungen an Farben nahestehender Helligkeiten. 35\u00b0 Weifs auf dem unbunten Episkotister ist deutlich\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59\n20","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nRupprecht Matthaei\nundurchsichtiger als das Gr\u00fcn 19, hingegen deutlich durchsichtiger als 21. F\u00fcr 19 wurde der Wert 80\u00b0, f\u00fcr 21 37\u00b0 gefunden. Wenn man sich die Unterschiede dieser beiden Werte anschaulich darstellen will, mufs man auf einen (vollen) Farbenkreisel 40 und 50\u00b0 Weifs mit 320 und 310\u00b0 Schwarz mischen. Ich habe die beiden Graut\u00f6ne als Farbaufstriche reproduziert und diese nur unsicher unterscheidbar gefunden. \u2014 Aber auch noch enger liegende Werte k\u00f6nnen bei Beurteilung der Durchsichtigkeit voneinander abgetrennt werden. Die Kreiselwerte 160 und 153\u00b0 sind bei mittlerem Tageslicht im allgemeinen nicht unterscheidbar. Die zugeh\u00f6rigen Episkotisterwerte 120 und 115\u00b0 konnten aber eindeutig den Farben 3 und 23 zugeordnet werden. Bei sehr \u00e4hnlich hellen Nachbarfarben habe ich zur Unterst\u00fctzung der Messung die Buntfarben miteinander verglichen. (Es trat also an Stelle des unbunten Episkotisters eine zweite Buntfarbe.) So konnte ich die sehr nahe zusammenliegenden Helligkeitswerte der Farben 7 und 9, 11 und 13, sowie besonders auch noch 15, 17 und 19 auseinanderhalten. \u2014\nErgebnisse\nDie Helligkeit von 12 Farbt\u00f6nen des Kreises pa. Die Winkelgrade (E), die ich als Werte gleicher Durchsichtigkeit auf dem unbunten Episkotister ablas, sind noch nicht geeignet, die Helligkeit der untersuchten Farben anschaulich auszudr\u00fccken. Es mufs zun\u00e4chst eine Umrechnung von der 270\u00b0-Episkotister-scheibe auf eine volle 360\u00b0-Farbenkreiselscheibe (K) erfolgen. Sie geschieht nach der Gleichung\n1)\tK = 4/3 E,\ndie sich auf den Weifsse*ktor bezieht. Die auf diese Weise ermittelten Kreiselwerte sind in Tabelle 1 enthalten. Die Farbzeichen der ersten S\u00e4ule gelten s\u00e4mtlich f\u00fcr den Farbenkreis pa. Aufser den neuen Zahlen, die sich von dem 24-stufigen Kreis Wilhelm Ostwalds herleiten, habe ich noch die alten des 100-teiligen Kreises in Klammern angegeben. Die Kreiselwerte sind praktisch, wenn man sich mit den angegebenen Papieren (a und p nach Ostwald) die gefundenen Graustufen gleicher Helligkeit im Laboratorium vor Augen f\u00fchren will. Eine Vorstellung \u00fcber den Grauwert vermitteln besser die Albedos, die sich auch als das offizielle Mafs einzub\u00fcrgern beginnen. Die","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n277\nTabelle l1\nFarb- zeichen\tKreisel- wert2\tAlbedo3 log.\tLeiter 1\tReduzierte Helligkeit;4 log.\tCharakteristischer Winkel5\nGelb: 1 (00)\t260\u00b0\t65%\t1,81\tb 71\t72%\t1,8587\t69o\n3 (08)\t160\u00b0\t42%\t1,62\td 45\t44% 1,6778\t39\u00b0\n5 (17)\t80\u00b0\t23%\t1,35\tg 22\t22%\t1,3468\t16\u00b0\nRot: 7 (25)\t33\u00b0\t11,3% 1,05\tk 11\t9,2% 0,9622\t5,7\u00b0\n9 (33)\t290\t(10,4%) 1,02\tk 11\t8,1% 0,9061\t5\u00b0\n11 (42)\t20\u00b0\t(8,3%) 0,92\t1\t8,9\t5,6% 0,7447\t3,3\u00b0\nBlau : 13 (50)\t15\u00b0\t7,1% 0,85\tm 7,1\t4,2% 0,6188\t2,5\u00b0\n15 (58)\t37\u00b0\t(12,3%) 1,09\ti 14\t10,3% 1,0119\t6,6\u00b0\n17 (67)\t38\u00b0\t(12,5%) 1,10\ti 14\t10,6% 1,0235\t6,7 0\nGr\u00fcn: 19 (75)\t40\u00b0\t13,0% 1,11\ti 14\t11,1% 1,0458\t7,1\u00b0\n21 (83)\t50\u00b0\t15,4% 1,19\ti 14\t13,9% 1,1427\t9,2\u00b0\n23 (92) !\t153\u00b0\t(40%) 1,60 1\td 45\t43% 1,6284 I\t37\u00b0\nAlbedo (A) errechnet sich aus dem Kreiselwert nach der folgenden Gleichung\nA = [a-K + p(360 \u2014 K)] : 360.\nDarin bedeuten a und p die Albedos dieser beiden Graustufen, berechnet auf das nach den Angaben Wilhelm Ostwalds hergestellte Barytweifs gleich 100 % R\u00fcckwerfung. Da a 89%\u00bb P 3,5% betr\u00e4gt, ergibt sich\n2)\tA = 0,2375 K + 3,5.\nDie aus dieser Formel gewonnenen Werte gibt die dritte Spalte der Tabelle wieder. Aufserdem sind sie in Abb. 3 im Kreise dargestellt. Die Peripherie des dort gezogenen Kreises bedeutet 100%. Die L\u00e4nge der auf die (die Farben bezeichnenden) Zahlen hinweisenden Radien gibt die Albedo jener Farben an. Die Albedowerte gestatten einen bequemen Vergleich mit den Stufen\n1\tBei den Albedozahlen und den Winkelgraden sind die Werte \u00fcber 20 auf Ganze abgerundet. Auf die beiden letzten S\u00e4ulen wird im zweiten Teil der \u201eStudien\u201c eingegangen.\n2\tBerechnet nach\tFormel 1).\n3\t\u00ab\t\u00bb\t\u00bb\t2).\n4\t\u201e\t\u201e\t\u201e\t5)\t(siehe\tTeil\tII).\n5\t\u00ab\t\u00bb\t\u00bb\u00bb\t8)\t(\t\u201e\t\u201e\tII).\n20*","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nRupp recht Matthaei\nder Ostwald\u2019sehen Grauleiter. In der vierten Spalte sind die jedesmal dem Grau gleicher Helligkeit am n\u00e4chsten stehenden Stufen mit ihren Kennbuchstaben und Albedos verzeichnet. Da diese Graustufen logarithmisch geordnet sind, geben sie zugleich eine Vorstellung von dem empfindungsgem\u00e4fsen Abstande der einzelnen Helligkeitswerte voneinander.\nAbbildung 3\nHelligkeit der 12 untersuchten Farben des Kreises pa ausgedr\u00fcckt in der Albedo des gleichhellen Grau Die Peripherie des Kreises bedeutet 100% Albedo (Barytweifs); die L\u00e4nge der Radien gibt die Helligkeit der Farben, auf deren Kennzeichen sie hin-\nweisen\nDie Helligkeitsfolge. Unter Helligkeitsfolge verstehe ich eine Ordnung von Farben ihrer Helligkeit nach in eine Reihe und zwar so, dafs der Abstand zwischen den Einzelfarben ihren Helligkeitsunterschied angibt. Da, wie man sich auch an einer Grauleiter1 \u00fcberzeugen kann, im mittleren Bereich das Webee-FECHNEBsche Gesetz gilt, erh\u00e4lt man diese Ordnung durch Reihung der Farben nach den Logarithmen der Albedos des jeweils gleich hellen Grau. Zu diesem Ziele enth\u00e4lt die Spalte 3 der Tabelle 1\n1 Mit \u201eGrauleiter\u201c meine ich auch im folgenden das von Ostwald angegebene und vom Verlag Unesma vertriebene kleine Mefsinstrument.","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n279\nauch die Logarithmen so abgek\u00fcrzt, wie ich sie zur Konstruktion der in der Abhandlung enthaltenen Zeichnungen gebraucht habe. Anschaulich kann man sich die Helligkeitsfolge machen, indem man die in Streifen geschnittenen Buntpapiere den logarithmischen Werten nach aufklebt.1 Eine entsprechende Skala gibt Abb. 4.\n2,0\na\nc\n1\n3\n23\n1,5\n5\n21\n1 1917\nL0\n15 7 9\n11\n13\nn\n0,5\nP\nAbbildung 4\nDie Helligkeitsfolge\nDie Logarithmen der Albedos verglichen mit den OsTWAL\u00fcschen Graustufen. Die unterbrochenen Linien trennen die Bereiche der hellen, mittelhellen und dunklen Farben\nAus ihr l\u00e4fst sich leicht ersehen, dafs auf Grund der Helligkeit etwa in der Mitte liegen:\n5\tzwischen\t1\tund\t13\n23\tn\t1\t\u00bb\t5\n5\t\u00bb\t23\tn\t17\n17\tn\t5\tn\t13\n21\tn\t5\tn\t9\n9\tn\t21\tn\t13\n7\tn\t21\tn\t11\n17\tn\t21\t\u00bb\t9\n9\tn\t17\tn\t11\n11\tn\t9\tn\t13\n1 Eine derartige Tafel habe ich auf dem Internationa)en Physiologen-kongreis 1926 in Stockholm gezeigt.","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nBupprecht Matthaei\nDiese Angaben sind vom gr\u00f6fsten zum kleinsten Abstand hinunter-steigend aufgef\u00fchrt; gleichgrofse Abst\u00e4nde sind zu Gruppen zusammengestellt. Daraus ergeben sich weiter etwa folgende nahezu gleichabstufige Helligkeitsreihen:\nI.\t1,\t23,\t5,\t17,\t13\nII.\t5,\t21,\t9,\t13\nIII.\t21,\t17,\t9,\t11,\t13\nStellt man sich diese Farbenreihen mit den K\u00e4rtchen des Normenatlas zusammen, so kann man sich davon \u00fcberzeugen, dafs sie in der Tat angen\u00e4hert gleichstufig wirken. (Am schlechtesten ist dies noch bei der Reihe III, die die kleinsten Stufen enth\u00e4lt, wahrzunehmen.)\nSehr nahe bez\u00fcglich ihrer Helligkeit liegen die Farben 19, 17, 15, dann 8, 23; auch nahe aber schon sicherer erkennbar sind die Abst\u00e4nde 7, 9, sowie 7, 15, sodann 11, 13, endlich 21, 19.\nNach dem Grade der Helligkeit lassen sich die untersuchten Farben in drei Gruppen teilen. Dazu habe ich die Graureihe a bis p (s. Abb. 4) in drei gleiche Teile zerlegt.\nDie Hellen (Bereich der Graustufen a bis e): 1, 3, 23; die Mittelhellen (f bis k): 5, 21, 19, 17, 15, 7, 9; die Dunklen (1 bis p) : 11, 13.\nSchliefslich sei noch der Verlauf der Helligkeitsstufen im Kreise betrachtet. Ich will diesen Verlauf zun\u00e4chst ganz allgemein mit Hilfe der OsTWALDschen Farbennamen beschreiben. Die helle Gruppe beginnt im ersten Laubgr\u00fcn und reicht \u00fcber Gelb bis zum ersten Krefs. Dann folgen mittelhelle Farben, Krefs und Rot, weiter die dunklen Veil und erstes Ublau; endlich be-schliefsen die mittelhellen Eisblau und Seegr\u00fcn den Kreis. \u2014 Wilhelm Ostwald1 hat schon darauf hingewiesen, dafs die Helligkeiten nach der Folge der Qualit\u00e4ten im Farbenkreise geordnet, nicht eine glatte Kurve \u00e4hnlich einer Sinuslinie ergeben, dafs vielmehr Stellen ann\u00e4hernd gleichbleibender Helligkeit, \u201eTerrassen\u201c, abwechseln mit solchen rascher Helligkeits\u00e4nderung, \u201eB\u00f6schungen\u201c. Die Kurve meiner Werte (Logarithmen der Albedos) folgt weiter unten (Abb. 9), wo ich sie mit den Nachthelligkeiten vergleiche. Ihre Form l\u00e4fst sich auch aus der Helligkeitsfolge Abb. 4 ablesen, wenn man den Farbzeichen in ihrer arithmetischen Reihe nachgeht. Von 1, wo die Kurve eine Spitze bildet, nimmt\n1 s. S. 262\u00bb.","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n281\ndie Helligkeit zun\u00e4chst steil bis 7 ab; hier beginnt die erste Terrasse, die dann von 9 nach 11 und 13 bin sacht abf\u00e4llt. Von 13 nach 15 gibt es einen Sprung auf die zweite Terrasse, die bis 19 reicht. Von da steigen die Werte zun\u00e4chst allm\u00e4hlich bis 21, dann steil zu 1 hinauf.\nAbbildung 5\nSchema des neutralen Farbenkreises\nDie Bingsektoren enthalten die Farben, deren Kennzeichen sie tragen.\nDie Felder des Grundes sind in dem Grau gleicher Helligkeit ausgef\u00fchrt zu denken, dessen Albedo in einer Ecke angegeben ist\nDer Neutrale Farbenkreis. Die Bedeutung des Neutralen Farbenkreises, den ich bereits 1925 beschrieben und 1926 in Stockholm gezeigt habe,1, 2, 3 f\u00fcr eine Untersuchung \u00fcber die Attribute der Farben, liegt vor allem darin, dafs die Helligkeit hier gewissermafsen von dem Farbeneindruck subtrahiert wird, um ihre Qualit\u00e4t und vielleicht andere Attribute rein hervortreten zu lassen (s. S. 4). \u2014 Der Kreis ist in Abb. 5 skizziert. Jede Farbe ist in ein graues Umfeld gleicher Helligkeit gesetzt. Somit ist der Gesamtgrund des Kreises in Felder aufgeteilt, deren Albedos aus den eingef\u00fcgten Zahlen ersichtlich sind. F\u00fcr die\n1\tB. Matthaei, Ein neuer Farbenkreis. Pfl\u00fcgers Archiv 210. S. 623.\n1925.\n2\tB. Matthaei, Der Neutrale Farbenkreis. Skandinav. Arch. 49.\t1926.\n3\tDer Kreis ist als Gebrauchsmuster Nr. 936892 gesch\u00fctzt.","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nRupprecht Matihaei\nHerstellung des Kreises liegen einige Grauwerte der Tabelle 1 zu nahe beeinander, da sie praktisch nicht unterscheidbar sind. Deshalb sind einige Nachbarstufen zusammengefafst. Es sind die in der Tabelle eingeklammerten Zahlen, an deren Stelle jedesmal die n\u00e4chstliegende nichtgeklammerte gesetzt wurde.\nDie grauen T\u00fcnchen f\u00fcr die Ausf\u00fchrung meines Kreises wurden nach Pastellauftragungen bestimmt, die ihrerseits unmittelbar auf den Eindruck einer Kreiselmischung gestellt worden waren. Als Ausgangsfarben benutzte ich Kreide und Beinschwarz, die mit Sichelleim anger\u00fchrt wurden. Der bl\u00e4uliche Ton der ermischten T\u00fcnchen mufste mit etwas lichtem Ocker ausgeglichen werden.\n\u2022 Die Wirkung eines derartigen Kreises beschrieb ich wie folgt. \u201eDie Farben erscheinen erst recht zusammengeh\u00f6rig, gleichwertig, wirklich vergleichbar. Der bunte Kreis wirkt so sehr als Ganzes, dafs die Aufteilung des Hintergrundes ph\u00e4nomenal schwindet, Der Gesamteindruck ist vielmehr ein durchaus nat\u00fcrlicher, selbstverst\u00e4ndlicher. Die Helligkeitsunterschiede der Farben erscheinen gering, die Farbqualit\u00e4ten treten gewissermafsen rein in Erscheinung. Namentlich der Vergleich mit anderen Kreisen lehrt, dals hier nicht mehr das Gelb herausspringt und das Blau zur\u00fccktritt. Gleichberechtigt stehen hier die Farben in harmonischem Verein beisammen.\u201c Die Betrachtung dieses Kreises lehrt in der Tat die relative Unabh\u00e4ngigkeit des Attributes Helligkeit. Ohne den Reinheitsgrad der Farben durch Weifs- oder Schwarz-Ver* h\u00fcllung st\u00f6ren zu m\u00fcssen, ist der Eindruck ihrer verschiedenen Helligkeit behoben durch den Bezug auf den jeweils gleichhellen Grund. Die Qualit\u00e4t dagegen ist gleichsam unber\u00fchrt, denn der Helligkeitskontrast vom Umfelde her ist vermieden: Der Grund verh\u00e4lt sich der Buntfarbe gegen\u00fcber \u201eneutral\u201c. Er \u201eneutralisiert\u201c aber auch ihre verschiedene Raumbeziehung. Recht deutlich wird nunmehr dem Beschauer eine besondere Stellung des Rot. Diese Farbe zeigt eine Eigent\u00fcmlichkeit ausgepr\u00e4gt, die anderen Farben nicht in diesem Mafse zukommt, die in anderer Weise vielleicht im Eisblau wiederkehrt. Es ist eine eigenartige Leuchtkraft, ein Sich in-die-Augen-Bohren, das m\u00f6glicherweise als Eindringlichkeit gekennzeichnet werden darf. Auf diese Beobachtung, die die Frage nach einem weiteren Attribut nahelegt, werde ich sp\u00e4ter ausf\u00fchrlich eingehen.\nDie \u201eEindruckshelligkeit\u201c. Mit Recht betont Langfeld in seiner Untersuchung \u00fcber die heterochrome Helligkeitsver-gleichung bei einer Kritik der photometrischen Methoden: \u201eDie","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\t283\ndirekte Vergleichung hat das letzte Wort.\u201c Man hat die solcherweise ermittelten Werte \u201eEindruckshelligkeit\u201c genannt. Obwohl an sich nat\u00fcrlich ein und dieselbe Helligkeit gemeint ist. Bei der grundlegenden Bedeutung des unmittelbar Erfahrbaren, mufs die Frage beantwortet werden, ob meine Zahlen wirklich diese Helligkeit angeben. Die angedeuteten Erfahrungen mit dem Neutralen Farbenkreis, die Betrachtung einer Tafel der Helligkeitsfolge und die Erlebbarkeit der verschiedenen gleichstufigen Reihen (namentlich der Reihe I) weisen auf eine Bejahung dieser Frage. Aber bei ihrer grundlegenden Wichtigkeit ist besondere experimentelle Pr\u00fcfung angebracht. Man kann den Helligkeitsvergleich wechselseitig unter den Buntfarben durchf\u00fchren oder unter Heranziehung einer unbunten Skala. Eine eigene Art des Vergleiches liefern harmonische Studien, die ich gesondert behandeln werde (Teil II, S. 330).\nDen wechselseitigen Vergleich habe ich in der Weise durchgef\u00fchrt, dafs ich eine Reihe von Vpn. die Aufstriche der gemessenen Farben der Helligkeit nach in eine Reihe ordnen liefs. Ich habe absichtlich (nur mich selbst mufs ich dabei ausnehmen) m\u00f6glichst psychologisch und sinnesphysiologisch unbefangene Personen gew\u00e4hlt. Die Ergebnisse sind in \u00fcbersichtlicher Weise in der folgenden Tabelle zusammengestellt.\nTabelle 2\nFolge\t1, 3, 23, 5\t\t21\t19, 17, 15\t7, 9\t\t\t11, 13\nR. M.\t1, 3, 23, 5\t7, 9\t21\t19\u201417=15\t\t\t\t11, 13\nH. S.\t1, 3, 23, 5\t7, 9\t\t17=21, 19,15\t\t\t13\t11\nP. J.\t1, 3, 23, 5\t7\t\t17, 21, 15\t9\t19\t13\t11\nT. T.\t1, 3, 23, 5\t\t\t15, 17\t7, 21, 9\t19\t\t11, 13\nW. E. I\t1, 3, 23, 5\t17, 19, 7\t\t21=15\t13=9\t\t\t11\nII\t1, 3, 23, 5\t\t21\t17, 19\t15=7, 9\t\t13\t11\nB. S.\t1, 23, 3, 5\t\t21\t15\t7, 9, 17\t19\t\t11, 13\nEin Vergleich mit der ersten Reihe (Folge), die das Ergebnis der Messungen ist, l\u00e4fst einige charakteristische Abweichungen leicht erkennen. 7, oft auch 9 werden viel zu hell gesch\u00e4tzt; 13 wird h\u00e4ufig vor 11 eingereiht. Dagegen wurden 15 und 17 relativ, besonders aber 19 und 21 zu tief in die Reihe gestellt. Die verschiedenen Vpn. (auch, wie besonders betont sei, R. M.","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nRupprecht Matihaei\nund T. T., die bei den Messungen so gleichartige Werte lieferten) stellen recht abweichende Ordnungen her. Ja, es macht sich oft eine betr\u00e4chtliche Unsicherheit bemerkbar. Wichtig ist hier die Betrachtung der Reihen W. E. I und II, die von derselben Vp. stammen. Nachdem die erste Ordnung ausgef\u00fchrt war, legte ich der Vp. einige Farben zur paarweisen Vergleichung vor. Dabei ergab sich :\n21 heller als 17,\n7 gleich 15,\n9 heller als 13,\n13\t\u201e\t\u201e 11.\nNach diesen Einzelangaben korrigierte ich sodann die zuerst hergestellte Reihe; so entstand die Reihe II, die von der Vp. als richtig anerkannt wurde. Wichtig an diesem Ergebnis ist, dafs eine Ordnung, die den Werten der Messung fast v\u00f6llig entspricht, auch bei direktem Vergleich gefunden werden kann! Derartige Erfahrungen m\u00fcssen den Verdacht nahelegen, dafs verschiedene Momente der Farbmaterie f\u00fcr das Helligkeitsurteil Verwendung finden k\u00f6nnen. Die Farben 7, 9, auch 18 haben etwas Auff\u00e4lliges, Vordringliches, was als \u201eHell\u201c umgedeutet werden k\u00f6nnte; wogegen 19 und 21, wohl die stumpfesten Farben des Kreises, eine Verdunklung bewirken k\u00f6nnten. Solche Reihenordnungen bieten jedeofalls den Eindruck einer gewissen Unzuverl\u00e4ssigkeit solange nicht, wie Langkfeld fand, ganz eindeutige Einstellungen der Vpn. auf ein bestimmtes Moment erzielt wurden. Diese Unsicherheit ist es ja, die immer wieder zur Ausarbeitung von indirekten Methoden der heterochromen Photometrie gedr\u00e4ngt hat.\nVersuche \u00fcber den Vergleich mit einer Grauskala habe ich fr\u00fcher1 unternommen. Damals arbeitete ich mit den nur ann\u00e4hernd genormten Papieren aus den \u201eBuntpapierheften\u201c Ostwalds. Ich verwerte hier gerade diese alten Ergebnisse, weil ich damals den einschl\u00e4gigen Tatbest\u00e4nden noch unbefangen gegen\u00fcberstand. Die Ergebnisse einer Vergleichung der Farbent\u00f6ne des Kreises na mit der Grauleiter sollen nunmehr mit den aus meinen neuen Messungen errechenbaren Werten zusammengestellt werden.\n1 s. S. 2811.\n*","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n285\nTabelle 3\nFarbzeichen\tGrauleiter\tBerechnet\tDifferenz\n1\tb 1,85\t1,82\t+ 0,3\n3\tc 1,75\t1,63\t+ 1,2\n5\te 1,54\t1,38\t+ 1,6\n7\tf 1,45\t1,12\t+ 6,3\n9\tg 1,34\t1,09\t+ 2,5\n11\t1 0,95\t1,01\t\u2014 0,6\n13\t1 0,95\t0,95\t0\n15\ti 1,15\t1,15\t0\n17\ti 1,15\t1,16\t-0,1\n19\ti 1,15\t1,17\t-0,2\n21\ti 1,15\t1,24\t\u2014 0,9\n23\td 1,65\t1,61\t+ 0,4\n(Unter \u201eGranleiter\u201c die OsTWALDschen Bezeichnungen und die Logarithmen der Albedos. \u2014 Unter \u201eberechnet\u201c die aus den Episkotisterwerten ermittelten Zahlen in Logarithmen)\nDie Differenz der Zahlenreihen ist in Stufen der OsTWALDschen Grauskala (1 Stufe = 0,1 Logarithmus Albedo) gegen die neuen Werte berechnet.1 Da in der Grauleiter nur jede zweite Stufe (a, c, e usw.) dargestellt ist, und \u00fcberdies die Farbt\u00f6ne der Buntpapiere nicht ganz genau stimmen, mufs \u00fcber einen Fehler von einer Stufe hinweggesehen werden. Dann bleibt ein auffallender Unterschied nur bei (3), 5 bis 9, also auch hier wieder in der Gegend des Rot! \u2014\nDie Kontrasthelligkeit. Eine besondere Form gewinnt der unmittelbare Helligkeitsvergleich durch die Beachtung des Minimums des Helligkeitskontrastes. Solcherweise gefundene Werte, die ich \u201eKontrasthelligkeiten\u201c nennen m\u00f6chte, habe ich fr\u00fcher2 schon mitgeteilt. Damals habe ich schmale Streifen des Buntpapieres in ein ausgedehntes Umfeld von verschieden hellem Grau gesetzt und jedesmal festgestellt, welches Grau die Buntfarbe (bezogen auf grofse Fl\u00e4che) weder heller noch dunkler macht. Die seinerzeit mitgeteilten Ergebnisse zeigen f\u00fcr einige\n1\tDas Verfahren der Berechnung wird weiter unten mitgeteilt.\n2\ta. a. 0.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nRapprecht Matthaei\nFarben (1, 7, 11, 23) eine bessere Ann\u00e4herung an die in Tabelle 3 berechneten Werte.\nE. v. Szilagyi1 hat mit einem anderen Kennzeichen eigentlich auch das Kontrastminimum f\u00fcr die Helligkeitsmessung benutzt. Er befestigte auf einem d\u00fcnnen schwarzen Draht vor einer MAxwELLschen Scheibe aus Schwarz und Weifs ein etwa zentimetergrofses Quadrat aus Buntpapier. Vor gleichhellem Grau (das nach einem meinen Episkotisterversuchen \u00e4hnlichen Prinzip bestimmt worden war) erschien aus ca. 5 m Entfernung das kleine Quadrat \u201ewie an den Ecken abgerundet, mit unbestimmten Konturen, in nicht gut zu erkennender Form\u201c. Dagegen sind die Quadrate auf deutlich hellerem oder dunkleren Grunde scharf zu erkennen. Sz. bemerkt noch, dafs die Quadrate auf gleichhellem Grunde auch f\u00fcr Beobachtung aus der Entfernung ihre Farbigkeit behalten. Ich habe das angegebene Verfahren wiederholt, indem ich quadratische St\u00fccke der zur Messung benutzten Papiere von 1 cm Seitenlange auf die Felder meines Neutralen Kreises klebte, und zwar jede Farbe einmal auf den nach Messung gleich hellen Grund und einmal auf einen ein wenig davon verschiedenen. Dabei konnte ich die Beobachtungen von Sz. im allgemeinen best\u00e4tigen. Auf 5 m Entfernung betrachtet waren alle Quadrate auf gleich hellem Grunde unscharf (g\u00e4nzlich verschwommen nur die hellen und dunklen: 23, 1; 9, 11, 13). Bei Verstimmung des Grundes um wenigstens 1,5 Stufen wurden die Konturen einigermafsen scharf gesehen. Zuverl\u00e4ssiger erschien mir aber auch hier die Ver\u00e4nderung des Aussehens der Farbe als Kriterium der Unstimmigkeit des Grundes. Derartige Ver\u00e4nderungen konnte ich schon bei Verschiebung um 0,6 Stufen\n\u2022 \u2022\nfeststellen. Dabei kamen auch deutliche \u00c4nderungen des Farbtones vor. Auf hellerem Grunde wurden 3 und 5 r\u00f6tlicher, 21 bl\u00e4ulicher ; auf dunklerem n\u00e4herten sich 9 dem Rot, 15 bis 19 dem Gelb.\nEine sehr bequeme und sichere Methode, Kontrasthelligkeiten zu bestimmen, fand ich mit der Grauleiter. Legt man dieses kleine Instrument auf eine mittelhelle Buntfarbe auf, so sieht man, dafs die in den L\u00fccken zwischen den Sprossen freiliegenden St\u00fccke des Aufstriches am hellen Ende der Leiter durch Kontrast\n1 E. v. Szilagyi, \u00dcber Bestimmung der Einwirkungsenergie der Pigmentfarben. Centralbl. f. d. mecl. Wiss. 1884. S. 289.","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n287\nverdunkelt, am dunklen aufgehellt werden. Man kann diese Ver\u00e4nderungen gegeneinander abgrenzen durch den Vergleich mit der nicht von der Leiter \u00fcberdeckten Fl\u00e4che. Bei einiger Kenntnis der gemessenen Farben sieht man aber auch ohnehin, wie weit die Farbe verd\u00fcstert oder lichter gemacht ist. Die Graustufe. die nun der unver\u00e4nderten Stelle zun\u00e4chst liegt, ist das gleichhelle Grau. Es sei noch darauf hingewiesen, dafs dieses Verfahren zur Ermittelung der Kontrasthelligkeit (methodisch und nach den Ergebnissen beurteilt) nicht identisch ist mit der Verwendung der Grauleiter zur Feststellung der Eindruckshelligkeit durch direkten Vergleich der Buntfarbe mit den Stufen der Leiter. Es ist mir gelungen, nach der hier beschriebenen Methode vollends die Leiterwerte zu finden, die in der Tabelle 1 verzeichnet sind! \u2014\nDeutung. Die Heranziehung der durch unmittelbaren Vergleich erhebbaren Eindruckshelligkeiten hat ergeben, dafs namentlich f\u00fcr Rot zwei Werte angegeben werden k\u00f6nnen. Ich will sie zun\u00e4chst nur \u201edie hellen und die dunk ein Werte\u201c nennen.1 * Bevor ich eine Entscheidung dar\u00fcber versuche, welche Werte die richtige, eigentliche Helligkeit bedeuten, m\u00f6chte ich noch drei andere Untersuchungen an \u00e4hnlichem Material betrachten, die alle auf Eindruckshelligkeit abzielen.\n1. Wilhelm Ostwald 2 hat auf Grund eines direkten Vergleiches mit seiner Grauleiter die Helligkeiten der genormten Farbent\u00f6ne f\u00fcr die als Aufstrich nicht herstellbare reine Vollfarbe errechnet. Aus den von ihm mitgeteilten Endergebnissen habe ich auf Grund seiner Formeln die f\u00fcr den Kreis na entstehenden Werte umgerechnet. Da mir der Schwarzgehalt der kalten Farben3 des hier von O. benutzten Materials unbekannt ist, mufs ich mich f\u00fcr den Vergleich auf die T\u00f6ne 1 bis 9 beschr\u00e4nken. So erhalte ich mit guter Ann\u00e4herung die in Tabelle 3 aufgef\u00fchrten Graustufen meiner alten Messungen. Mithin sind O.s Zahlen die hellen Werte. \u2014\n1 Es scheint mir noch nicht ganz sicher, ob die \u201ehellen Werte\u201c f\u00fcr den gesamten Bereich des Farbenkreises heller sind; deshalb sollen die Bezeichnungen zun\u00e4chst nur auf Rot bezogen gelten.\n* s. S. 2621, S. 143 ff.\n3 W. Ostwald, Der nat\u00fcrliche Schwarzgehalt der kalten Farben und ihre Normung. Sammelschr. d. Farbe. 1925. Nr. 42.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nRupprecht Matthaei\n2. Donath1 untersuchte die Eindruckshelligkeit einiger Oberfl\u00e4chenfarben mittels MAXwELLscher Scheiben. Ich setze voraus, dafs es sich um dieselben Farbenpapiere handelt, die in dem Bande der DoNATHschen Abhandlung vor S. 221 eingeklebt sind. Diese habe ich mit dem Normenatlas verglichen und f\u00fcr die OsTWALD-Normen, die ihnen am n\u00e4chsten kommen, die Albedos nach den Werten der Tabelle 1 berechnet. Ich nehme weiterhin an, dafs Donaths \u201eabsolute Helligkeit\u201c ungef\u00e4hr 1/3 Albedo entspricht. Dann ergeben sich die vergleichbaren Zahlen der Tabelle 4.\nTabelle 4\nDonath :\t\tBerechnet:\t\nErgebnisse\tVorversuche\tAlbedo\tZeichen\nRot\t25\t16\t11,3\t7pa\nGelb\t60\t58\t43\t3na\nGr\u00fcn 23\t\u2014\tzw. 11 u. 26\t22p c\nBlau\t5,6\t7,6\t\u00bb\t9 \u201e 14\t14na\nDemnach h\u00e4tte D. die hellen Werte bestimmt. Merkw\u00fcrdig ist, dafs das Blau so dunkel eingestellt wurde ; aber es muls beachtet werden, dafs ich im Normenatlas nicht genau dieselben Farben fand. Die Farbt\u00f6ne 22 und 14 habe ich gar nicht gemessen und nehme hier an, dafs ihre Helligkeiten zwischen denen der Nachbart\u00f6ne liegen. Von Bedeutung scheinen mir noch einige Vorversuche 2, die D. mitteilt. Sie zeigen eine unverkennbare Ann\u00e4herung an die von mir errechneten Werte. F\u00fcr Rot bleibt nach diesen Zahlen die Differenz nur mehr wenig gr\u00f6fser als die zwischen den Graustufen i und k.\n3. Die Firma P. Baumann, Aue/Sa., hat eine \u201eFarbtonkarte\u201c nach einem eigenen, von dem Malermeister 0. Pease ausgearbeiteten System herausgegeben. Als wesentliches Ordnungsprinzip ist darin die Helligkeit der Farben benutzt. Deshalb ist diese Karte hier von Belang. Die Helligkeiten wurden durch Vergleich mit einer eigenen \u201eSchattierungsskala\u201c, die in der\n1 F. Donath, Die funktionale Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung bei der Farbens\u00e4ttigung. Neue Psychol. Studien 2. 1926. S. 139.\nIch habe die f\u00fcr Vp. Donath mitgeteilten Zahlen meiner Berechnung zugrunde gelegt.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n289\nKarte enthalten ist, ermittelt; sie sind somit der Kontrolle leicht zug\u00e4nglich. Ich habe die von mir gebrauchten OsTWALD-Normen in der BAUMANNschen Farbtonkarte auf gesucht und auch seine Schattierungsskala mit der Grauleiter Ostwalds verglichen.1 2 Wo ich einigermafsen \u00fcbereinstimmende Farben fand (es fehlt in der Reihe nur 19), konnte ich gute Ann\u00e4herung an die in Tabelle 1 gegebenen Grau werte feststellen. F\u00fcr Rot fand ich ziemlich genaue Farben. 5 und 7 pa sind bei Baumann 6 Or (Nr. 867) und 8 R (Nr. 279). Die BAUMANNschen Helligkeitsstufen dieser Farben 6 X und 8 X entsprechen in der Grauleiter ungef\u00e4hr g und 1. Ich fand (Tab. 1) etwa g und k f\u00fcr 5 und 7 pa. Der Vergleich\nmit dem BAUMANNschen System hat also ergeben, dafs die\n\u2022 \u2022\ndunklen Werte meiner Messungen (mit zahlenm\u00e4fsiger \u00dcbereinstimmung) auch als \u201eEindruckshelligkeiten\u201c gefunden werden k\u00f6nnen. \u2014\nKohlkausch 2 hat mit verschiedenen Methoden3 Helligkeitsmessungen an Spektralfarben angestellt. Als Ergebnis findet er namentlich bez\u00fcglich der Spektralenden zwei Gruppen von Zahlen, die unter sich ziemlich gut stimmen.\nI. Helle Werte: u. a. bei direktem Vergleich (Eindrucks-helligkeit) und nach der ViEEOEDTschen Methode der S\u00e4ttigungs-Unterschiedsschwellen.\nII. Dunkle Werte: u. a. mittels der Sehsch\u00e4rfen-Methoden (bei Verwendung feinster schwarzer sowohl als auch weifser paralleler Linien) und der PuLFKiCHschen Stereo-Methode.\nDie von mir beschriebene Episkotister-Methode ist auch eine Sehsch\u00e4rfen-Methode ; sie ergibt, wie die anderen, dunkle Werte.\nIhr leitendes Prinzip kommt am n\u00e4chsten den von v. Szilagyi4 mitgeteilten Verfahren und scheint nach dem oben geschilderten Kontroll-verfahren ganz entsprechende Zahlen zu liefern. Sz. spiegelte mittels Prismen das Bild eines dunkelgrauen Streifens auf hellgrauem Grunde von abstufbarer Deutlichkeit mit einer Kreiselscheibe, die aufsen variables Grau,\n1\tDer Vergleich der Graunuancen ist nicht ganz sicher, da Baumanns Skala verglichen mit der Ostwald sehen etwas bl\u00e4ulich erscheint.\n2\tA. Kohlrausch, \u00dcber den Helligkeitsvergleich verschiedener Farben. Pfl\u00fcgers Archiv 200 (23), S. 210.\n3\tBeschreibungen der Methoden findet man bei v. Kries5 und Bangfeld.\n4\ta. a. 0.\n6 J. v. Kries, Sogenannte Methoden der heterochromen Photometrie. Nagels Hdb. III. 94. S. 258.","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nRapprecht Matthaei\ninnen Buntfarbe zeigte, zusammen. Wenn der dunkle Streif sowohl auf Bunt wie Grau gerade unkenntlich wurde, setzte Sz. die Helligkeit dieser Farben gleich. Er selbst f\u00fchrt seine Methode auf das Prinzip der von Vierordt beschriebenen zur\u00fcck. Vierordt projizierte ein weifses Spaltbild ver\u00e4nderlicher Intensit\u00e4t auf die verschiedenen Teile des Spektrums. Er betrachtete die Helligkeit einer Spektralfarbe gleich der Intensit\u00e4t des Spaltbildes, das gerade noch sichtbar war. Kohlrausch fand mit dieser Methode helle Werte; dagegen bekam er mit einer Ab\u00e4nderung dieser Methode, indem er feine weifse parallele Linien hinzuspiegelte (Sehsch\u00e4rfen-Methode), dunkle Werte.\nMir schien noch die Frage der Untersuchung wert, ob meine Methode etwa einer Unterschiedsschwellen-Bestimmung parallel l\u00e4uft. Nach ihrer Struktur k\u00f6nnte man das wohl vermuten. Ich habe deshalb einige orientierende Messungen der Unterschiedsschwellen von pa 1, 5, 7, 13, 19 gegen Weifs und Schwarz vorgenommen. Dabei fand ich als Reihe von Hell nach Dunkel geordnet:\n1; 7, 13; 5, 19,\nwobei 7 und 13, 5 und 19 einander sehr nahe standen. Dagegen lautet die nach den Episkotister-Messungen bestimmte Helligkeitsfolge dieser f\u00fcnf Farben: \u2022\n1, 5, 19, 7, 13.\nDie Schwellenmessungen ergeben somit offenbar helle Werte. Bemerkenswert ist an der Reihe der Unterschiedsschwellen noch, dafs sie gegen die Helligkeitsfolge auch bez\u00fcglich 13 und 19 gleichsinnige Abweichungen zeigen, wie ich sie bei den durch wechselseitigen Vergleich vorgenommenen Helligkeitsordnungen oben mitgeteilt habe (Tab. 2).\nLang-feld 1 bezeichnet es selbst als das wichtigste Ergebnis seiner Untersuchung \u00fcber heterochromen Helligkeitsvergleich, dafs ein und dieselbe Buntfarbe je nach der Einstellung verschieden hell erscheint. (Der direkte Helligkeitsvergleich braucht also nicht immer wie z. B. bei Kohlrausch die hellen Werte zu liefern.)\nI. Einstellung auf das Leuchten, vom Farbton dagegen abstrahiert. \u2014 Die Aufmerksamkeit ist, vom Farbtone abgelenkt, auf das Licht, das von der Farbe kommt, gerichtet. Die Farbe wird gelegentlich als Licht vorgestellt; sie erscheint leuchtend, strahlend. Zuweilen ergaben die Befunde der Vpn. bei dieser Einstellung: Rot heller als Orange \u2014 heller als Gelb.\n1 a. a. 0.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farbeyi I\n291\nII. Einstellung auf den Farbton, vom Leuchten abstrahiert. \u2014 Die Vp. vertieft sich in den Farbenton. Die Farbe wird bisweilen als Pigment aufgefafst. Die Helligkeitsfolge ist so: Gelb heller als Orange \u2014 heller als Rot.\nDas Wesentliche bei diesen Einstellungen beruht auf den Abstraktionen einmal vom Farbton, einmal vom Leuchten. Einstellung I ergibt helle, II dunkle Werte. L. vermutet, dafs II der \u201eSpezifischen Helligkeit\u201c entspricht, weil hier die Buntfarben als solche zur Geltung kommen. Bei nicht v\u00f6lliger Abstraktion vom Farbenton oder bei unklarer Einstellung bekam L. eine \u201eHelligkeit\u201c, die irgendwo in der Mitte lag zwischen den beiden Extremen\u201c ; sie war um so gr\u00f6fser, je mehr vom Farbton abstrahiert worden war. Hellere Werte ergab die Einstellung II aber auch, wenn aufserdem auf die \u201eDichte\u201c der Farben geachtet wurde.\nHier m\u00f6chte ich erw\u00e4hnen, dafs ich den Versuch gemacht habe, auch mit meiner Episkotister-Anordnung durch bestimmte \u2022Einstellung der Vp. helle Werte (statt dunkle) zu erheben. Der Vp. wurde aufgegeben, jetzt gerade auf die Farbe der Episkotister-scheiben zu blicken und zu pr\u00fcfen, ob die bunte oder unbunte dichter erschien. \u201eDicht\u201c wurde etwa in dem Sinne der Beurteilung eines Schleiergewebes oder eines Nebel verstanden. Die Einstellung wurde durch Entfernung des Bildes erleichtert, so dafs nur noch die helle Wand als Hintergrund der durchsichtigen Scheiben blieb. So habe ich f\u00fcr pa 7 als gleich dicht etwa das Grau f gefunden. Das entspricht in der Tat dem Werte, den die Tabelle 3 als Eindruckshelligkeit angibt. \u2014\nNunmehr seien die von mir erprobten Wege zu den beiden Wertegruppen zusammengestellt !\nI. Helle Werte erhielt ich bei Helligkeitsordnungen, bei einfachem Grauleitervergleich (\u00e4hnlich Ostwald , vielleicht Donath), bei Schwellenbestimmungen, bei Einstellung auf die Dichte am Episkotister.\nII. Dunkle Werte ergaben meine Episkotistermethode bei Beurteilung der Durchsichtigkeit, die beschriebenen Verfahren zur Bestimmung der Kontrasthelligkeit, endlich manche Helligkeitsordnungen (ebenso Baumann-Pease).\nEs fragt sich nun, .ob die durch diese Messungen als \u201ehelle und dunkle\u201c gekennzeichneten Werte mit den LANGFELDschen Extremen Zeitsckr. f. Sinnesphysiol. 59\t21","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nRupprecht Matthaei\n\u00fcbereinstimmen. Da ich L.s Material nicht kenne, auch die Umrechnung seiner Zahlen nicht ohne weiteres m\u00f6glich ist, ist der Vergleich seiner Zahlen mit den meinen ausgeschlossen. Ich glaube dennoch annehmen zu d\u00fcrfen, dafs die dunklen Werte einander entsprechen, weil die von mir erhobenen dunklen Werte unter sich keine nennenswerten Abweichungen zeigen. Das gleiche l\u00e4fst sich f\u00fcr die hellen Werte nicht sagen. Hier scheinen die verschiedenen Mefsverfahren verschieden gute Ann\u00e4herungen an das Extrem zu bieten. Die DoxATHschen Zahlen stehen vielleicht am tiefsten (\u201eKompromifseinstellung\u201c L.s). Dann folgen die auf\ndirektem Vergleich beruhenden Werte; die h\u00f6chsten Betr\u00e4ge\n\u2022 \u2022\nliefern die Schwellenermittlungen. \u00dcbrigens scheint mir auch Kohlrauschs Tabelle II, die die hellen Werte enth\u00e4lt, gr\u00f6fsere Schwankungen zu zeigen als die Tabelle der dunklen. Die Schwellenbestimmungen, die mir bisher nur in vorl\u00e4ufigen Versuchen vorliegen, d\u00fcrften vielleicht mit L.s hellen Werten identisch sein. Auch hier wird das Rot \u201eheller\u201c als das Kreis. Die oben mitgeteilte Reihe zeigt zwar dieselbe Richtung des Unterschiedes, gegen die dunklen Episkotisterwerte wie einige Helligkeitsordnungen; aber 7 und *13 r\u00fccken zweifellos h\u00f6her hinauf, 19 (relativ?) tiefer hinunter. \u2014 A uff allen mufs, dafs ich nach dem Kriterium der Durchsichtigkeit die dunklen Werte erhielt, die L.s Einstellung II entsprechen, d. h. bei Abstraktion vom Leuchten und Vertiefung in den Farbenton gewonnen sind. Das kann befremden, da in meiner Anordnung ja gar nicht auf den Farbenton geachtet, sondern die Buntfarbe m\u00f6glichst nicht gesehen wurde. Den Anschlufs glaube ich aber durch die Tatsache hersteilen zu k\u00f6nnen, dafs die Kontrasthelligkeiten, die wohl auch ihrer Struktur nach gleichartig sind, dieselben Betr\u00e4ge ergeben wie die Episkotisterwerte. Das Vorgehen mit der Grauleiter, wie ich es beschrieb, lenkt die Aufmerksamkeit gerade auf das Aussehen der Farbe, w\u00e4hrend bei dem gew\u00f6hnlichen Helligkeitsvergleich mit der Leiter immer auf Gleichheit mit den grauen Sprossen geachtet wird.\nL.s Hinweis auf die spezifische Helligkeit scheint die dunklen Werte zu den eigentlichen Helligkeiten zu stempeln. Zu der gleichen Annahme neigt offenbar Kohlrausch. 1 Er glaubt das Wirksamkeitsplus der hellen Werte \u201eauf das von Helmholtz mit\n1 s. S. 2613.","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n293\n\u201eFarbenglut\u201c bezeichnete spezifisch verschiedene Leuchten der Farben\u201c zur\u00fcckf\u00fchren zu m\u00fcssen. Ob freilich dieses \u201eLeuchten\u201c identisch ist mit dem von L. bei seiner Einstellung I gemeinten, ist mir zweifelhaft. Jedenfalls ist es aber dasselbe Leuchten, das ich oben f\u00fcr das Rot im Neutralen Kreise beschrieb. Die dort n\u00e4her geschilderte Eigent\u00fcmlichkeit l\u00e4fst sich nicht ohne Sch\u00e4digung der Farbqualit\u00e4t unterdr\u00fccken, w\u00e4hrend das Hervortreten des Gelb auf neutralem Grunde schwindet. Setzt man aber das Rot in eine graue Umgebung, die seinem \u201ehellen Wert\u201c entspricht, so wird es durch Kontrast verd\u00fcstert. Deshalb m\u00f6chte ich auch die Kontrasthelligkeit als die \u201ereine Helligkeit\u201c auffassen. Die Kontrasthelligkeit ist ja durch das Minimum, besser ausgedr\u00fcckt durch den Nullpunkt des Helligkeitskontrastes bestimmt: sie ist mithin gerade die Eigent\u00fcmlichkeit der Farben, die diesen Kontrast bedingt. Von da aus erkl\u00e4rt sich die von v. Szilagyi beschriebene Unsch\u00e4rfe der Farben quadrate auf gleichhellem Grau.\nBr\u00fccke hat \u00fcbrigens gerade das umgekehrte Verfahren f\u00fcr den Helligkeitsvergleich vorgeschlagen. \u201eBringt man auf einer farbigen Tafel Punkte oder Streifen von verschiedenem Grau an, so bemerkt man, dafs die Erkennung derselben bei einem bestimmten Grau am schwierigsten ist, d. h. den gr\u00f6fsten Gesichtswinkel erfordert. Dies w\u00e4re als das dem farbigen Grunde gleichhelle zu betrachten\u201c (nach v. Kries l, S. 258/59).\nDie Kontrasthelligkeit d\u00fcrfte auch dem praktischen Bed\u00fcrfnis,\ndie Unterscheidbarkeit zu ermitteln, entsprechen. Ich glaube\naber, dafs die dunklen Werte nicht lediglich Anspruch darauf\n\u2022 \u2022\nbesitzen, als zweckm\u00e4fsige Grundlage der \u00dcbereinkunft eines Helligkeitsmafses zu gelten. Sie geben vielmehr die Helligkeit an, die wir als ein ganz bestimmtes, eindeutig festlegbares Attribut der Farben kennen. Zwar kann diese Helligkeit im unmittelbaren Vergleich, den auch v. Kries in letzter Instanz f\u00fcr mafs-gebend h\u00e4lt2, gef\u00e4lscht werden durch eine unscharfe Einstellung der Vp.: dann tritt eine andere Eigent\u00fcmlichkeit der Farben neben die Helligkeit st\u00f6rend in den Vordergrund. Aber es bleibt doch die \u201ereine Helligkeit\u201c, wie gezeigt wurde, davon trennbar: es sind die extrem dunklen Werte. Die Bedeutung der hellen Werte hingegen wird in einer Fortsetzung dieser Studien eingehender behandelt werden.\n1\ts. S. 289B.\n2\t8. S. 2701.\n21*","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nRupprecht Matthaei\nDen Wert meiner Episkotistermethode, die die Zahlen der Tabelle 1 lieferte, sehe ich abschliefsend darin, dafs sie besonders leicht und zuverl\u00e4ssig die Einstellung der Vp. erzwingt, die die \u201edunklen Werte\u201c, d. h. die reine Helligkeit messen l\u00e4fst. Freilich ist diese Einstellung auch anders zu erzielen, jedoch wie Langfeld selbst hervorhebt nicht ohne grofse \u00dcbung. F\u00fcr meine Methode kann ich gegen\u00fcber der oft bezeugten Unsicherheit des direkten Vergleiches weiterhin die grofse subjektive Sicherheit des Beobachtenden anf\u00fchren. Best\u00e4tigungen der gewonnenen Helligkeitswerte im einzelnen fand ich in der Erlebbarkeit der Helligkeitsfolge und des Neutralen Kreises, in der M\u00f6glichkeit, dieselbe Helligkeitsordnung durch Unmittelbarvergleich zu finden, endlich in der \u00dcbereinstimmung mit der Kontrasthelligkeit und den von Baumann-Prase dargestellten Werten.\nDie Ver\u00e4nderungen der Farbenhelligkeit mit der Beleuchtung\nDer Verlauf der D\u00e4mmerung l\u00e4fst sich besonders gut am Neutralen Farbenkreise beobachten. Schon mit dem merklichen D\u00e4mmerungsbeginn treten gewisse Ver\u00e4nderungen der Farben auf, ohne dafs zun\u00e4chst der Farbton leidet. Die Konturen einiger Farben werden undeutlicher, sie verschwimmen bei den Farben 1, 23 aber auch 21 und 11. Dagegen erscheint schon zurzeit dieser ersten D\u00e4mmerungsver\u00e4nderungen die Farbe 5 besonders deutlich begrenzt. Beim Fortschreiten der D\u00e4mmerung treten die warmen Farben 3\u20149 kr\u00e4ftig hervor; die kalten weichen zur\u00fcck. Dann kommen die kalten Farben gespenstig heraus; namentlich l\u00f6 und 17 werden eigent\u00fcmlich fahl. Bei weiterer Verdunkelung \u2014 die Farben sind noch immer bunt \u2014 werden einzelne Farben zu bestimmten Formen zusammengefafst. Man sieht dieses besonders dann, wenn man stets auf den Gesamteindruck des Kreises achtet und nicht etwa seine besondere Aufmerksamkeit den Ver\u00e4nderungen einer Einzelfarbe zuwendet. Die Farben 23, 11 bilden eine Art Achse des ganzen Kreises; ihre R\u00e4nder zerfliefsen v\u00f6llig. Das Kreuz 1, 13, 7, 19 f\u00e4llt als Figur auf. Die Farben 3, 5; 15, 17 heben sich deutlich ab, 9 und 21 weniger. 11 ist jetzt \u00fcberhaupt kaum mehr zu sehen; an seiner Stelle ist nur ein tief violetter Nebel wahrzunehmen. Jetzt beginnt das eigentliche Schwinden der Buntheit. Dabei kann man deutlich bemerken, dafs die Farben nicht gleichzeitig, sondern nach einer bestimmten Regel nacheinander unbunt","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n295\nwerden. Die Buntheit schwindet etwa in nachstehender Folge. Zuerst sind 15, 17 und 9, 11 grau geworden; es folgen etwa zugleich 7, 13 und 19. In diesem Stadium, in dem also die H\u00e4lfte der Farben unbunt geworden ist, erkennt man schon die charakteristische Aufteilung des Kreises in eine Hafte die dunkler und eine die heller wurde. Zwei Farben behalten etwa ihre Helligkeit; es sind die Farben der Achse 11, 23.\t1\u20149 sind\ndunkler, 13\u201421 heller geworden. Der Grad dieser Helligkeitsver\u00e4nderung wird noch verst\u00e4rkt bis alle Farben unbunt geworden sind. Dann scheinen in der kurzen Zeit bis man \u00fcberhaupt nichts mehr unterscheiden kann, keine Ver\u00e4nderungen der Helligkeiten in bezug auf den Hintergrund stattzufinden. Von den helleren Farben des Kreises wird 21 zuerst unbunt; dann folgen etwa zugleich 5 und 23 und zuletzt 1 und 3. Das r\u00f6tliche Gelb scheint noch am l\u00e4ngsten von allen Farben einen Hauch von Buntheit zu bewahren. \u2014 Der Augenblick, in dem die Farbe rein grau erscheint, ist recht unsicher festzustellen, wenn man dauernd eine Farbe betrachtet: es hat den Anschein, als hielte man dann den Farbenton noch eine Weile l\u00e4nger fest. Sicherer wird die Beurteilung, wenn man den Blick von einer Farbe zu anderen gleiten l\u00e4lst. \u2014 Im Zustande g\u00e4nzlicher Farbtonfreiheit heben sich 13 und 17 am meisten hell vom Grunde ab, etwas weniger 15, noch weniger 19, nur wenig 21. Dunkel abgehoben werden am deutlichsten 5 und 7, weniger 3, nur wenig 1 und 9. Da dieses Verhalten erst nach Beendigung der B\u00fcrgerlichen D\u00e4mmerung beobachtbar ist, m\u00f6chte ich die Helligkeit der tonfrei gewordenen Farben \u201eNachthelligkeit\u201c nennen. Ich werde noch Messungen der Nachthelligkeiten mitteilen. Die soeben beschriebenen Grade der Abhebung der verschiedenen Farben von dem Grunde des Neutralen Kreises bedeuten die Unterschiede zwischen Taghelligkeiten und Nachthelligkeiten. Die in Abb. 9 ausgezogen gezeichnete Linie ist in der Betrachtung des Kreises anschaulich geworden.\nUm den Verlauf der D\u00e4mmerungsver\u00e4nderungen der Helligkeit einer Farbe genauer zu verfolgen, habe ich versucht Epi-skotistermessungen in verschiedenen Stadien der D\u00e4mmerung auszuf\u00fchren. Diese Versuche beantworten zugleich die Frage, ob die von mir mitgeteilte Methode der Helligkeitsmessung auch die durch Ver\u00e4nderungen der Beleuchtung und des Adaptationszustandes entstehenden Werte richtig erfafst. Als eindeutig be-","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nRupprecht Maithaei\nstimmter Verlauf der Beleuchtungsabnahme schien mir die nat\u00fcrliche D\u00e4mmerung das gegebene Ziel der Untersuchung. Diese Versuche wurden im Oktober 1927 ausgef\u00fchrt; das Wetter wurde jedesmal verzeichnet. Wenn man sich vor Beginn der D\u00e4mmerung schon einige Zeit im Laboratorium aufh\u00e4lt, d\u00fcrfte auch der Adaptationszustand, in dem die Einzelmessungen vorgenommen wurden, reproduzierbar sein. \u00dcberdies konnte die Situation f\u00fcr eine bestimmte Messung, wie sogleich gesagt werden soll, festgelegt werden an der Erkennbarkeit des f\u00fcr diese Versuche benutzten Testobjektes. Das oben beschriebene Bild, das f\u00fcr die Tageshelligkeiten benutzt wurde, erwies sich als zu fein\nI\nU\nm\nAbbildung 6\nTestobjekt f\u00fcr D\u00e4mmerungsversuche\nabgestuft. Ich habe mir deshalb die in Abb. 6 wiedergegebene Tafel hergestellt, die gr\u00f6fsere Helligkeitsunterschiede enth\u00e4lt. Jedes der vier Felder ist 4 cm breit. Vom Grunde hebt sich das Kreuz hell ab, bei I am wenigsten, bei IV am meisten kontrastierend. (Bei I betr\u00e4gt der Unterschied zwischen Figur und Grund nach den OsxwALD-Graustufen berechnet, 2, bei II 5, III 10, IV 16 Stufen.) Zu Beginn der D\u00e4mmerung benutzte ich I und mit zunehmender Dunkelheit ging ich zu II bis IV \u00fcber. Die Erkennbarkeit eines bestimmten Kreuzes definiert einen D\u00e4mmerungspunkt nach demselben Prinzip mit dem viele photographische Belichtungsmesser (Justophot u. a.) arbeiten. Da die Versuche f\u00fcr das Auge sehr angreifend sind, habe ich mich auf die Untersuchung von Rot 7 und Blau 13 beschr\u00e4nkt. Ich suchte","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n297\ndie Helligkeitsver\u00e4nderungen beider Farben w\u00e4hrend einer D\u00e4mmerung zu ermitteln. Dazu wurden die bunten Episkotister-scheiben zum Vergleich mit der unbunten abwechselnd eingespannt. Sobald die eine Farbe eine deutliche Ver\u00e4nderung zeigte, ging ich wieder zur Beurteilung der anderen \u00fcber. Die fortschreitende D\u00e4mmerung erlaubt es nicht, in jedem Zeitpunkte eine genaue Gleichung einzustellen. Man erh\u00e4lt aber doch einen \u00dcberblick \u00fcber den Verlauf der D\u00e4mmerungswerte, wenn man das Ergebnis des Vergleiches mit einem bestimmten Grau notiert.\nAbbildung 7\nD \u00e4 m m e r u n g s v e r 1 a u f f\u00fcr Rot und Blau nach Episkotister-\nmessungen\nAbszisse: Zeit. \u2014 Ordinate: Logarithmus der Albedo des gleichhellen Grau (rechts sind die Nummeri dazu angegeben). \u2014 Die kleinen Quadrate : Rot 7 ; die kleinen Kreise : Blau 13. \u2014 Es bedeutet, dafs der\nverglichene hier eingetragene Wert gleich, dunkler, heller als die Buntfarbe in dem gegebenen Zeitpunkt war\nIn Abb. 7 ist das Ergebnis eines derartigen Versuches (vom 17. X. 27 bei bedecktem Himmel) anschaulich dargestellt. Die erhobenen Episkotisterwerte sind wie oben nach Formel 2) umgerechnet und die Logarithmen der Albedos eingetragen. Gelegentlich sind gerade Gleichungen der Durchsichtigkeit getroffen worden. Es l\u00e4fst sich aber auch aus den \u00fcbrigen Beobachtungen der Verlauf der D\u00e4mmerungskurve mit einiger Sicherheit er-schliefsen. So war z. B. um 5 Uhr 40 der graue Episkotister mit einem Weifssektor von 18\u00b0 undurchsichtiger als der rote","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nRupprecht Matthaei\nEpiskotister. Das heilst also, das Rot war jetzt schon dunkler; die Kurve mufs in der Abbildung unter dem bei 5 Uhr 40 bezeichnten Punkte vorbeigeben. Um 42 war dann das Grau von 16\u00b0 Episkotisterwert eben durchsichtiger, mithin noch dunkler als das Rot; um 45 war dasselbe Grau aber bereits undurchsichtiger geworden. Um 52 endlich wurde gleiche Durchsichtigkeit getroffen bei 14\u00b0 Episkotisterwert. Das Verhalten der Kurve f\u00fcr die roten D\u00e4mmerungshelligkeiten zu diesen vier Punkten l\u00e4fst sich also eindeutig angeben. Von dem Schnittpunkte mit der Blaukurve herkommend l\u00e4uft sie unter dem ersten Punkt, \u00fcber dem zweiten und unter dem dritten vorbei um den vierten zu schneiden. Dabei ist durch diese Punkte ein ziemlich enger Bereich abgegrenzt. Auf diese Art l\u00e4fst sich der D\u00e4mmerungsverlauf in der Stunde von 10 vor 5 bis 10 vor 6 Uhr f\u00fcr Rot und Blau recht gut verfolgen. Zuerst konnte ich das Kreuz I als Testobjekt verwenden. 5 Uhr 15 mufste ich zu II \u00fcbergehen, 37 zu III, 5 Uhr 50 schon zu IV1. Um 6 Uhr waren mir die Episkotistermessungen nicht mehr m\u00f6glich, weil ich auch dieses letzte Objekt, das die nahezu gr\u00f6fsten mit Oberfl\u00e4chenfarben darstellbaren Kontraste enth\u00e4lt, durch die Scheiben hindurch nicht mehr sehen konnte. Besonderes Interesse verdient der Schnittpunkt der beiden Kurven. Er besagt, dafs etwa 5 Uhr 30 die beiden Farben gleichhell sein m\u00fcssen. Um 33 versuchte ich den Vergleich der Durchsichtigkeit der roten und blauen Episkotisterscheiben miteinander. Sie waren nahezu gleich durchsichtig, Blau vielleicht schon ein wenig undurchsichtiger (heller). In diesem Zustande habe ich auch einen unmittelbaren Vergleich der Eindruckshelligkeiten vorgenommen und fand tats\u00e4chlich jetzt Rot und Blau etwa gleichhell. Dieser Vergleich ist freilich nicht ganz einfach. Schon wenn man aus dem Normenatlas rote und blaue K\u00e4rtchen gleicher Helligkeit aufsucht2 (etwa 131a, 7 le oder 13 ic, 7 ig) erh\u00e4lt man leicht den Eindruck, dafs das reinere Blau heller sei als das schmutzige Rot. Die durch D\u00e4mmerung ver\u00e4nderten Farben machen den Vergleich noch schwieriger: Man\n1\tAus diesen Angaben k\u00f6nnte man den Verlauf der Verdunklung \u2014 freilich beeinflufst durch den Grad der jeweiligen Adaptation \u2014 ungef\u00e4hr beurteilen. Man findet eine anfangs langsame, sp\u00e4ter steilere Abnahme des Lichtes. Die gr\u00f6fste Kr\u00fcmmung der gesch\u00e4tzten Kurve w\u00fcrde um 5 Uhr 40 herum fallen.\n2\tSiehe Teil II.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n299\nsieht hier ein verd\u00fcstertes Rot und ein fahl gewordenes Blau. Das Rot ist ruhiger geworden; das Blau hingegen hat ein gewisses Leuchten erhalten, es ist jetzt locker, nebelig. Diese Strukturver\u00e4nderung kann den Eindruck der Hellgleichheit st\u00f6ren. \u2014 Die bei 4 Uhr 30 eingetragenen Werte bedeuten noch die unver\u00e4nderte Tageshelligkeit. Die Nachthelligkeit kann ich mit den Episkotistermessungen nicht mehr bestimmen, da die Unerkennbarkeit der Objekte in der Dunkelheit keinen Sehsch\u00e4rfenvergleich mehr zul\u00e4fst. Die v\u00f6llige Tonlosigkeit aller Farben war erst gegen 6 Uhr 10 erreicht. Hier habe ich die durch Unmittelbarvergleich erhobenen Werte der Nachthelligkeiten eingetragen. Der Gesamtverlauf der Kurven zeigt, dafs sich diese Endpunkte an die mit den Episkotistern ermittelten Zahlen nat\u00fcrlich anschliefsen. Beide Kurven haben denselben Gesamtcharakter : Sie streben erst sehr langsam, nachher schneller ihrem Grenzwerte zu. Die Kurve f\u00fcr Blau ist nach oben konkav, diejenige f\u00fcr Rot konvex. Rot zeigt dabei im ganzen die st\u00e4rkeren Helligkeitsver\u00e4nderungen. Es liegt die Vermutung nahe, dafs die Kurven vor dem als Nachthelligkeit gekennzeichneten Punkte einen Wendepunkt besitzen, um sich dem Endstadium der Helligkeit asymptotisch zu n\u00e4hern. Indessen kann ich diese Vermutung vor der Hand durch Versuche nicht erh\u00e4rten. \u2014 Versuche, wie der beschriebene, beweisen, dafs die neue Methode zur Helligkeitsmessung bunter Farben auch f\u00fcr das Dunkelauge richtige Werte ergibt. Dieser Befund ist keineswegs selbstverst\u00e4ndlich. So pr\u00fcften Engelking und Poos 1 das PuLEBiCHsche Stereoverfahren und fanden, dafs Blau und Rot im Dunkeln einem helleren Grau stereogleich werden. Dabei wurde das Rot bez\u00fcglich der PuLEBiCH-Messungen noch erheblich mehr \u201eaufgehellt\u201c als das Blau. \u2014\nDie Nachthelligkeiten k\u00f6nnen mit der Episkotister-methode nicht ermittelt werden, da bei dem ihr entsprechenden Grade der Verdunkelung die Unterscheidung von Objekten durch die Kreiselscheiben hindurch zu unsicher wird. (Man k\u00f6nnte hier zwar an die Verwendung selbstleuchtender Objekte denken. Derartige Versuche habe ich indessen wegen der unberechenbaren St\u00f6rung des nat\u00fcrlichen Adaptationsverlaufes nicht gewagt.)\n1 E. Engelking u. F. Poos, \u00dcber die Bedeutung des Stereoph\u00e4nomens f\u00fcr die isochrome und heterochrome Helligkeitsvergleichung. Graefes Arch, f. Ophthalmolog. 114. 1924. S. 340.\nJt","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nRupprecht Matthaei\nDa im Dunkeln schliefslich der Farbenton wegf\u00e4llt, steht dem Unmittelbarvergleich von da aus kein Hindernis mehr im Wege. Eine neue Schwierigkeit entstand mir aber durch den Umstand, dafs ich an dem Grundsatz, die \u201enat\u00fcrlichen Nachthelligkeiten\u201c zu untersuchen, festhalten wollte. Irgendein Dunkelwert, den man nach l\u00e4ngerem Aufenthalt in weitgehend verdunkeltem Raum ermitteln kann, scheint mir verh\u00e4ltnism\u00e4fsig belanglos. Wir erleben immer wieder die eigent\u00fcmlichen Ver\u00e4nderungen der Farben gerade w\u00e4hrend der Abendd\u00e4mmerung bis zu dem Punkte des Unbuntwerdens.1 Dabei mufs unser Auge bis zu einem gewissen Grade der Abnahme des Lichtes schritthalten. Dieser nat\u00fcrliche Vorgang ist jedem bekannt, und er mufs unser Bewufstsein von der Farbe beeinflussen. Deshalb schien es mir wichtig, gerade die nat\u00fcrlichen Nachthelligkeiten zu messen. Ich habe es selbstverst\u00e4ndlich vermieden, bei Beginn der D\u00e4mmerung das Auge durch k\u00fcnstliches Licht zu st\u00f6ren. F\u00fcr die Untersuchung selbst \u2014 und darin liegt die Schwierigkeit \u2014 blieb mir nur der kurze Zeitraum von dem Augenblicke an, in dem s\u00e4mtliche Farben unbunt aussehen, bis zum Eintritt einer Dunkelheit, die alles Messen unm\u00f6glich macht. Daf\u00fcr standen mir in der Jahreszeit Oktober bis Dezember hier in Bonn nur etwa 10 Minuten zur Verf\u00fcgung. Es wurden mithin besondere Vorkehrungen notwendig, um in einer so kurzen Zeit 12 Farben mit einiger Sicherheit durchzumessen. Wichtigstes Hilfsmittel wurde mir dabei der Variationskreisel nach Musil (Spindler und Hoyer), der eine Verschiebung und Ablesung der Sektoreneinstellung w\u00e4hrend der Rotation gestattet. (Einen \u00e4hnlichen Kreisel beschreibt Wundt im Lehrbuch der Physiologischen Psychologie 6. Aufl. IL Bd. S. 175 mit Abb.). Um die Farben m\u00f6glichst rasch nacheinander mit dem auf dem Kreisel (aus a und p) erzeugten Grau vergleichen zu k\u00f6nnen, brachte ich feine Streifen davon (21I2 cm lang) nebeneinander in die kammartige Anordnung der Abb. 8. Die Reihenfolge der T\u00f6ne im Farbenkamm hatte ich vorher durch Ordnen der Farben im Dunkeln nach ihrer Nachthelligkeit bestimmt. Nach wiederholten Ver-\n1 Bei der Morgend\u00e4mmerung ist das Auge freilich in einem ganz anderen Adaptationszustand. Ich glaube aber, dafs das Erleben der Nacht* helligkeiten in der Morgend\u00e4mmerung von einem inzwischen nicht durch k\u00fcnstliches Licht beeinflufsten Auge in unseren Kulturverh\u00e4ltnissen eine Seltenheit ist.","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n301\nsuchen fand ich: hell 1, 23; mittelhell 17, 15, 19, 21, 3, 13 (die letzten drei nahezu gleichhell); dunkel 11, 5, 9, 7 (worin 5 und 9 kaum unterscheidbar sind). Diese Ordnung war bez\u00fcglich der dunkeln Farben sehr schwierig. So erwies die Messung, dafs die an 10. und 11. Stelle ger\u00fcckten Farben einen kleinen Helligkeitsunterschied im Gegensinne aufweisen: 9 ist heller als 5.\nAbbildung 8\nDer Farbenkamm zur Bestimmung der Nachthelligkeiten, aufgenommen mit Gevaert Sensima bei Verwendung eines Orangefilters. Die Nachthelligkeit von 11. ist etwas gr\u00f6fser als die von 10 Die Kammnummern bedeuten folgende Farben:\n1.\t1\t4.\t15\t7.\t3\t10.\t5\n2.\t23\t5.\t19\t8.\t13\t11.\t9\n3.\t17\t6.\t21\t9.\t11\t12.\t7\nEs folge Anordnung und Verfahren der Versuche. Unmittelbar vor der Kreiselscheibe ist der Farbenkamm so eingespannt, dafs in seinen L\u00fccken die unbeschattete Scheibe sichtbar wird. Die Augen der Vp. (diese Messungen habe ich alle selbst ausgef\u00fchrt) sind 35 cm vom Kamm entfernt. Hinter der Kreiselscheibe sitzt durch eine Wand getrennt der Versuchsleiter. Ein kleines nach der Vp. abgeblendetes L\u00e4mpchen erm\u00f6glicht ihm die Ablesung der Kreiseleinstellungen. Nachdem der Farbton","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nRupprecht Matthaei\nf\u00fcr die Vp. g\u00e4nzlich verschwunden ist, beginnt der eigentliche Versuch. Der Motor l\u00e4uft; die Kreiselscheibe ist zun\u00e4chst auf mehr als 200\u00b0 Weifs gestellt. Der Versuchsleiter verkleinert langsam den Weilssektor und die Vp. gibt der Reihe nach die Kammnummern an, wenn die entsprechende Farbe gerade so hell erscheint wie das Grau der Kreiselscheibe. Wenn die dunkelste Farbe erreicht ist, wird der Weifssektor wieder vergr\u00f6fsert und die Gleichungen k\u00f6nnen noch einmal erhoben werden. So gelang es in der zur Verf\u00fcgung stehenden Zeit zwei Ablesungen f\u00fcr jede Farbe vorzunehmen. In anderen Versuchen wurde dann auch mit dem kleinsten Weifssektor begonnen und dieser zuerst vergr\u00f6fsert, nachher wieder verkleinert. Bisweilen gelang es auch, die ganze Bewegung des Sektors zweimal in einer Sitzung vorzunehmen. Ich bin auch in der Weise vorgegangen, dafs ich f\u00fcr jede Farbe die beiden Werte angab, bei denen sie sich gerade dunkel und dann hell vom Grunde abhob. Die Helligkeitsgleichung mufste dann zwischen diesen Grenzwerten liegen; dieser Augenblick ist durch ein Verschwimmen des Kammzahnes mit dem Grunde gekennzeichnet. Am sichersten erschien mir schliefslich das Verfahren einer stufenweisen Einstellung des Weifssektors mit jedesmaliger Beurteilung, welche Farben sich heller und dunkler abheben sowie welche auf dem Grunde verschwinden. Ein derartiges Versuchsprotokoll sei hier mitgeteilt. Es ist \u00fcbrigens der letzte Versuch (11. XII. 27 bei bedecktem Himmel), den ich ausf\u00fchrte. Die gesamten Ablesungen sind in der Zeit von 5 Uhr 8 bis 5 Uhr 20 ausgef\u00fchrt worden.\n\u2022 9\nDie Reihenfolge der Zahlen in der \u00dcbersicht entspricht dem\nzeitlichen Nacheinander. Das Beispiel zeigt, dafs die Beurteilung\nziemlich sicher verl\u00e4uft, und dafs die beiden Zahlenreihen eines\nVersuches gut zusammen stimmen. Die zweite Serie, die bei\ngr\u00f6fserer Dunkelheit erhoben wurde, scheint im allgemeinen ein\n\u2022 \u2022\nwenig gr\u00f6fsere Zahlen zu ergeben. Indessen lehrt ein \u00dcberblick \u00fcber alle Versuche, dafs in dem Zeitr\u00e4ume der Beobachtungen keine merkliche Helligkeits\u00e4nderung mehr stattfindet. Die erw\u00e4hnte geringf\u00fcgige Abweichung d\u00fcrfte sich zun\u00e4chst aus der anderen Richtung, in der die Sektorgr\u00f6fse ver\u00e4ndert wird, erkl\u00e4ren, dann aber auch aus der bei zunehmender Dunkelheit verringerten U nterscheidungsf \u00e4higkeit.\nGegen Ende der Versuche tritt eine gewisse Unsicherheit ein, teils wegen des abnehmenden Lichtes, teils der Erm\u00fcdung halber.","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n303\nDiese Versuche sind n\u00e4mlich aufserordentlich anstrengend. Es war mir daher kaum m\u00f6glich, solche Messungen an zwei aufeinander folgenden Tagen auszuf\u00fchren.\nTabelle 5\nK.W.\tdunkler\tgleich\theller\tK.W.\tdunkler\tgleich\theller\n210\tl. (l)\t\t\t10\t12. (7)\t10. (5)\t11. (9)\n180\t2. (23)\t1.\t\t15\t12.\t10.\t9. (11) 11.\n165\t2.\t\t1.\t20\t10.\t11.\t9.\n150\t3. (17)\t2.\t\t25\t10.\t9. 11.\t\n135\t3.\t2.\t\t30\t11.\t9.\t\n120\t3.\t\t2.\t35\t\t9.\t8. (13)\n105\t'4. (15)\t3.\t\t40\t9.\t\t8.\n90\t5. (19)\t3. 4.\t\t45\t\t\t8.\n75\t6. (21)\t4. 5.\t3.\t60\t\t7. (3) 8.\t6. (21)\n60\t8. (13)\t6. 7. (3)\t3. 4. 5.\t75\t7. 8.\t6.5. (19)\t4. (15)\n45\t9. (11)\t7. 8.\t4. 5. 6.\t90\t6. 7.\t5. 4.\t3.(17) 2.(23)\n40\t9.\t8.\t7.\t105\t5.\t4. 3.\t2.\n35\t9.\t\t7. 8.\t120\t4. 3.\t\t2.\n30\t9.\t\t\t135\t\t\t2.\n25\t\t9.\t\t150\t\t2.\tl. a)\n20\t10. (5) 11. (9)\t9.\t\t165\t2.\t\t1.\n15\t10.\t11.\t\t180\t1. ?\t1. ?\t\n10\t\t10.\t9. 11.\t210\t1.\t\t\n5\t12. (7)\t10.\t\t180\t1.\t\t\n\t\t\t\t170\t\ti *\u2022\t\nZwei eigenartige Beobachtungen, die sich auf schwierige Schwellenbestimmungen beziehen, scheinen mir noch der Mitteilung wert. 1. Es kommt vor, dafs zwei Nachbarfarben beide dem Grunde gleichhell erscheinen, w\u00e4hrend man bei deren Vergleich untereinander ihre Verschiedenheit erkennt. Es k\u00f6nnen also zwei Farben einer dritten gleich und doch untereinander eindeutig verschieden sein. 2. Bisweilen findet die Vp. ihr Urteil unsicher. Sie entdeckt, dafs die soeben angegebene Gleichheit nicht vorliegt, und doch kann sie nicht entscheiden, welche Farbe heller ist. Somit kann das Urteil \u201everschieden\u201c ohne Richtung auftreten. \u2014 Beide Beobachtungen glaube ich in der gleichen Weise deuten und verwerten zu d\u00fcrfen: die Helligkeitsbeurteilung ist eine Beschreibung qualitativer Art.","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nRupprecht Matthaei\nTabelle 6\nFarb- zeichen\tK. W.\tI Albedo 1\tlog.\ni (io\t170\u00b0\t44%\t1,64\n3 (7.)\t60\u00b0\t17,8 %\t1,25\n4\t25\u00b0\t9,4 %\t0,98\n5 (10.)\tO O tH\t5,9 %\t1,77\n7 (12.)\t0\u00b0\t3>5 %\t0,54\n9 (11.)\t15\u00b0\t7,1 %\t0,85\n10\t20\u00b0\t8,3 %\t0,92\n11 (9.)\t25\u00b0\t9,4 %\t0,98\n13 (8.)\t50\u00b0\t15,4 %\t1,19\n15 (4.)\t90\u00b0\t25%\t1,40\n16\t105\u00b0\t29 %\t1,45\n17 (3.)\t110\u00b0\t30%\t1,47\n19 (5.)\t00 o o\t23 %\t1,35\n21 (6.)\t70\u00b0\t20%\t1,30\n22\t90o\t25%\t1,40\n23 (2.) J\t140\u00b0\t37%\t1,57\nTabelle 7 Tag Nacht a\nb\n1\nc\thell\n3 d 1 23\ne 23\nf 17 15\nh\t3\tmittel-\n21\t13\thell\n19 i 17, 15 7 k\n11 1\n13\tm\t9\nn\t5\tdunkel\no\nP ?\nDie Endergebnisse meiner Messungen der Nachthelligkeiten habe ich auf Grund von mehr als 20 Bestimmungen f\u00fcr jede Farbe erschlossen. Auch hier erschien mir die Berechnung eines Mittels nicht statthaft. Es mufsten vielmehr die wahrscheinlichsten Werte, denen die Einzelbefunde offenbar zustrebten, ermittelt werden. Dabei mufsten die sp\u00e4teren Messungen in\nh\u00f6herem Mafse ber\u00fccksichtigt werden ; denn die Sicherheit w\u00e4chst\n\u2022 \u2022\nentschieden mit der \u00dcbung. Die Tab. 6 gibt die Nachthelligkeiten in Kreiselwerten, Albedos des gleichhellen Grau und ihren Logarithmen. Neben die Normenzahlen sind die Kammnummern gesetzt. Die Nachthelligkeit von Rot n\u00e4hert sich dem Schwarz, das ich auf der Kreiselscheibe hatte (p). \u2014 Aufschlufsreich ist ein Vergleich der Nachthelligkeiten mit den Taghelligkeiten derselben Farben, den die Abb. 9 sowie die Tab. 7 erm\u00f6glichen. Ich halte es f\u00fcr berechtigt, einen Vergleich der Tag- und Nachthelligkeiten wie ihn die Tab. 7 f\u00fchrt, vorzunehmen, in dem man etwa feststellt: Rot 7 wird bei Nacht dunkler als Blau 13 bei Tage; die Taghelligkeit des Rot ist indessen kleiner als die Nachthelligkeit des Blau. Wir sehen ja unmittelbar, wie ich bei Be-","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 1\n305\ntrachtung des Neutralen Kreises geschildert habe, dafs einige Farben relativ zu dem bei Tage gleichhellen Grau heller, andere dunkler werden. Bei den Unbunten w\u00e4hrt die \u201eKonstanz der Sehdinge\u201c noch bis weit in die D\u00e4mmerung hinein. Deshalb ist auch in die Mitte der Tabelle die Reihe der OsTWALDschen Graustufen als Bezugssystem gestellt. An ihr haben wir ein brauchbares Mafs, das den Vergleich zwischen Tag- und Nachthellig-\nAbbildung 9\nTag- und Nachthelligkeiten\nAbszisse: Farbent\u00f6ne. \u2014 Ordinate: Helligkeit in Graustufen nach logarith-mischem Mafsstab. \u2014 Weifse Nullen : Taghelligkeiten. \u2014 Schwarze Nullen : Nachthelligkeiten. \u2014 Die^unterbrochenen Linien trennen die Bereiche der\nhellen, mittelhellen uud dunklen Farben\nkeiten gestattet. Die absolute Lichtmenge wird freilich eine andere. Das gilt aber auch im Bereiche der Tagesschwankungen; trotzdem erleben wir da im allgemeinen keine relative Helligkeits\u00e4nderung. Zu beachten bleibt bez\u00fcglich des gedachten Vergleiches lediglich, dafs infolge der unteren Abweichung vom FECHNEKschen Gesetz bei Lichtabnahme schliefslich die Unterscheidbarkeit geringer wird, d. h. der Unterschied zwischen a und p wird im Dunkeln endlich geringer als wir ihn bei Tage","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\nRupprecht Matthaei\nfinden. Grofsen Einflufs kann diese Einschr\u00e4nkung hingegen nicht gewinnen. Wenn die Unterscheidbarkeit erheblich leidet, werden die Einstellungen f\u00fcr die Messung selbst unm\u00f6glich. Die Stufen der Graureihe liegen ja schon bei Tageslicht recht nahe beieinander. Diese Erw\u00e4gungen vorausgesetzt l\u00e4fst sich aus der Tab. 7 noch entnehmen: 19 erreicht im Dunkeln die Taghelligkeit von 5, 13 diejenige von 21; dagegen wird die Nachthelligkeit von 1 auf den Tages wert f\u00fcr 3 herabgedr\u00fcckt, diejenige von 9 auf die Taghelligkeit von 13. Zwei Farben ver\u00e4ndern ihre Helligkeit fast gar nicht: das Laubgr\u00fcn 23 und das Veil 11. Wenn man nunmehr die Werte der Tag- und Nachthelligkeiten in ein Koordinatensystem eintr\u00e4gt (Abb. 9), so m\u00fcssen die Schnittpunkte der beiden Kurven in die N\u00e4he ebendieser Farben fallen. Um die Schnittpunkte genauer zu ermitteln, habe ich noch Zwischent\u00f6ne in den fraglichen Bereichen untersucht (10 und 22).1 So fand ich die Stellen der unver\u00e4nderten Helligkeit am n\u00e4chsten bei den T\u00f6nen 10 und 23 liegen. Die Farben 11\u201412 werden in der Nacht heller, 1\u20149 dunkler. Dieser Befund errinnert an die HERiNGsche Beschreibung eines Eigenhell von Gelb und Rot, sowie eines Eigend\u00fcnkel von Blau und Gr\u00fcn. Man m\u00f6chte fast glauben, hiermit sei die Schilderung eines fingierten Versuches Wirklichkeit geworden : \u201eK\u00f6nnte aus irgendeiner gegebenen blauen Farbe ohne jede anderweite \u00c4nderung nur die Bl\u00e4ue schwinden, so w\u00fcrde die Farbe heller werden, und k\u00f6nnte aus einer gegebenen gelben Farbe nur die Gilbe schwinden, so w\u00fcrde sie dunkler werden, und beidenfalls w\u00fcrde nur der schwarz-weifse Bestandteil \u00fcbrig bleiben, der jeder uns wirklich vorkommenden und auch der relativ freiesten bunten Farbe noch eigen ist.\u201c2 Die letzte Bemerkung deutet freilich auf eine besondere Auffassung Herings, die wohl widerlegt werden kann. An einer anderen Stelle3 wird diese Meinung ganz deutlich. Da hat Hering die Beobachtung beschrieben, Rot und Blau \u201evon gleichgrofser weifser Valenz,\u201c von denen bei Tageslicht das Rot heller aussehe, w\u00fcrden im Dunkeln in tonlosem Zustande \u201eganz gleich hell\u201c erscheinen. Diesen Befund kann ich nicht best\u00e4tigen:\n1\tDazu habe ich mir einen zweiten Kamm, der noch einige andere Farben enthielt, hergestellt.\n2\ts. S. 2643.\n3\tE. Hering, \u00dcber das sogenannte Purkinjesche Ph\u00e4nomen. Pfl\u00fcgers Arch. 60 1895. S. 519.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n307\nvon wertgleichem Rot und Blau wird das Blau unbedingt heller. Dabei ist besonders bemerkenswert, dafs das Blau des OsTWALDsehen Kreises noch einen nat\u00fcrlichen Schwarzgehalt1 * von 44 \u00b0/0, daher wenigstens um 25 \u00b0/0 mehr als das Rot besitzt. Trotzdem wird das Blau bei Nacht einem Grau gleichhell, das weifsreicher ist, als das bei Tage dem Rot hellgleiche. \u2014 Der Versuch einer physiologischen Deutung dieser Befunde ginge \u00fcber den Plan der vorliegenden Untersuchung hinaus. F\u00fcr die Attributbeschreibung ist indessen das wechselseitige Verhalten des Kurvenverlaufes der Tag- und Nachthelligkeiten aus einem anderen Grunde von besonderer Bedeutung. Die beiden Farben, welche auch bei Nacht ihre Helligkeit behalten, das Laubgr\u00fcn 23 und das Veil 10, liegen n\u00e4mlich gerade an den beiden temperaturindifferenten Punkten, die die Bereiche der warmen und kalten Farben im Kreise voneinander trennen. Es l\u00e4fst sich dann feststellen, dafs alle warmen Farben gegen die Taghelligkeit dunkler werden, w\u00e4hrend alle kalten bei Nacht heller werden. Das gemeinte Verhalten tritt besonders deutlich heraus, wenn man die graphische Darstellung auf die Tageswerte als Abszisse bezieht. Die Taghelligkeiten habe ich in Abb. 10 als Gerade gezeichnet und gegen sie die Differenzen der Nachthelligkeiten angetragen. Eine Kontrolle dieser Kurve (mithin der gemessenen Nachthelligkeiten) liefert ihre anschauliche Erlebbarkeit bei Betrachtung des Neutralen Farbenkreises im Dunkeln, die ich zu Beginn dieses Abschnittes beschrieben habe. Das Ergebnis des Vergleiches der Tag- und Nachthelligkeiten, das auf eine physiologische Fundierung der eigent\u00fcmlichen W\u00e4rme und K\u00e4lte bestimmter Farben hin weist, ist, wie ich glaube, in der hier gegebenen Auswertung neu! Es liegt der Versuch nahe, auf Grund der Duplizit\u00e4tstheorie den Grad der Beteiligung der St\u00e4bchen schon beim Tagessehen mit der spezifischen Temperatur in Zusammenhang zu bringen. Hier m\u00f6chte ich mich aber auf den Hinweis beschr\u00e4nken, da ich in einem besonderen Teile dieser Studien auf die angeschnittene Frage zur\u00fcckzukommen beabsichtige.\nBeurteilung der orthochromatischen Photographie. Die Kenntnis der Tag- und Nachthelligkeiten von einer Reihe wohl definierter m\u00f6glichst reiner Farben legte mir\n1 s. S. 2873.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59\n22","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nRupprecht Matthaei\ndas Unternehmen nahe, die orthochromatische Photographie auf ihre Leistungsf\u00e4higkeit hin zu pr\u00fcfen. Die Empfindlichkeit der Bromsilberplatte ist bekanntlich f\u00fcr kurzwelliges Licht besonders grofs, f\u00fcr die langwelligsten Teile des sichtbaren Spektrums dagegen gleich Null. Daher wird mit der gew\u00f6hnlichen photographischen Platte das Blau viel zu hell, Gr\u00fcn, Gelb zu dunkel, Rot schwarz wiedergegeben. Durch Sensibilisatoren kann man die Empfindlichkeit der Schicht f\u00fcr bestimmte Wellenl\u00e4ngen steigern, durch Lichtfilter die Einwirkung der Strahlen, die zu grofse Schw\u00e4rzung bedingen, abschw\u00e4chen. Diese Korrekturen des photographischen Materiales k\u00f6nnen zweierlei Zwecke verfolgen. F\u00fcr spektroskopische Untersuchungen wird es erw\u00fcnscht sein, \u00fcber eine Platte zu verf\u00fcgen, die f\u00fcr alle Wellenl\u00e4ngen nahezu gleich empfindlich ist. Die ideal panchromatische Platte des Physikers wird also ganz andere Helligkeiten bringen, als wir sie sehen. Wie stark der besondere Untersuchungsgegenstand das Urteil beeinflufst, habe ich bei Unterhaltungen mit Physikern erlebt. Ihnen schwebte immer die Meinung vor, die gute panchromatische Platte m\u00fcsse alle Farben des Specktralbandes gleich hell bringen. Das Ziel der orthochromatischen Platte 1 ist dagegen ein ganz anderes. Sie soll die Farben m\u00f6glichst in derselben Helligkeit abbilden, wie wir sie sehen. Es ist selbstverst\u00e4ndlich, dafs die Pr\u00fcfung der Leistungsf\u00e4higkeit der orthochromatischen Platte eine genaue Kenntnis der Taghelligkeiten der Farben voraussetzt.\nDas gegebene Testobjekt ist der Neutrale Farbenkreis. Die ideal orthochromatische Platte m\u00fcfste jede Farbe genau wie ihre Umgebung abbilden, dafs heifst die bunten Sektoren w\u00fcrden sich gar nicht mehr vom Grunde abheben. Die Reproduktion auf guten orthochromatischen Platten erf\u00fcllt diese Forderung aber nur f\u00fcr einen laubgr\u00fcnen und einen veilen Ton. Alle warmen Farben kommen zu dunkel, alle kalten zu hell. Soweit verh\u00e4lt sich also die Platte \u00e4hnlich wie das Dunkelauge. Deshalb war zu erwarten, dafs sie eine Folge der Nachthelligkeiten n\u00e4herungsweise richtig bringen w\u00fcrde. Die Abb. 8 zeigt, dafs das weitgehend der Fall ist. Der Farbenkamm ist auf Gevaert Sensima mit dem Orangefilter der Agfa-F\u00e4rb en platte auf genommen. F\u00fcr einen genaueren Vergleich\n1 Ich verwende die Worte orthochromatisch und panchromatisch entsprechend den beiden m\u00f6glichen Zielen, obwohl sie von der photographischen Industrie nicht als scharf getrennte Begriffe behandelt werden.","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n309\nmit den Nachthelligkeiten habe ich die Grant\u00f6ne eines normalen Abzuges mit der Grauleiter bestimmt. Selbstverst\u00e4ndlich kann man einen Abzug hell und dunkel kopieren, so dafs eine gewisse Willk\u00fcr unvermeidbar scheint. Aber die \u00dcbung des Handwerks d\u00fcrfte einen bestimmten Kopiergrad ziemlich sicher als den\n7\t9\t11\t13> 15 17 19 21 23 1\t3\t5\n7\t9\t11\n7\t9\t11 13 15 17 19 21 23\t1\t3\t5\t7\t9\t11\nAbbildung 10\nNachthelligkeiten und photographische Helligkeiten bezogen auf die Taghelligkeiten Es ist auf die Taghelligkeiten als Abszisse (0\u20140) der Unterschied in Graustufen (Ordinaten) aufgetragen. \u2014 Ausgezogen: Nachthelligkeiten. \u2014 Punktiert: Gevaert Sensima mit Filter. \u2014 Gestrichelt:\nGew\u00f6hnliche Platte ohne Filter\nrichtigen festlegen k\u00f6nnen. Deshalb habe ich diese Arbeiten mit\neinem erfahrenen wissenschaftlichen Photographen ausgef\u00fchrt. Die\nMessung der T\u00f6ne der photographischen Reproduktion gestattet\nden Entwurf einer Kurve dieser photographischen Helligkeiten.\n22*","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nRupprecht Matthaei\nIn Abb. 10 gibt die punktierte Linie die Werte der Gevaert Sen-sima mit Filter in den Unterschieden gegen die Taghelligkeiten. Die Gleichartigkeit mit dem Verlaufe der Nachthelligkeiten ist auffallend! Ich habe noch die Perutz-Braunsiegel, sowie die panchromatische Platte, die f\u00fcr die Uvachrom-Dreifarbenphotographie gebraucht wird, gepr\u00fcft. Sie liefern im Ganzen dasselbe Bild. Auch die neue Andresa der Agfa bringt nur unwesentliche Verbesserungen. Sie gibt einen etwas gr\u00f6fseren Bereich um 23 (21 bis 1) ziemlich richtig wieder, Krefs und Rot (5, 7) etwas heller als die \u00fcbrigen Platten, aber immer noch zu dunkel, daf\u00fcr jedoch die eisblauen T\u00f6ne (15, 17) noch heller als die anderen. Zu beachten ist, dafs in meinem Kreise nur 12 Farben ausgew\u00e4hlt sind. Es besteht die M\u00f6glichkeit, dafs Zwischent\u00f6ne noch besondere Abweichungen erkennen lassen. Dies gilt wenigstens bei Perutz-Braunsiegel f\u00fcr das erste Laubgr\u00fcn 22, das noch erheblich dunkler wird als die Nachbart\u00f6ne. Wahrscheinlich w\u00fcrde auch die Kurve der Gevaert-Platte zwischen 21 und 23 eine Spitze nach unten erhalten. \u2014 Zum Vergleiche habe ich noch eine Aufnahme des Kreises mit einer gew\u00f6hnlichen Platte (Eisenberger Reform) ohne Filter vorgenommen. Das Ergebnis ist in der gestrichelten Kurve der Abb. 10 veranschaulicht. Diese Platte ist gewissermassen ein verzerrtes Dunkelauge. Es wird klar, was demgegen\u00fcber die Bem\u00fchungen, eine orthochromatische Platte zu schaffen, immerhin schon geleistet haben. Es besteht indessen heute noch der Satz zu Recht: Die guten orthochromatischen Platten bilden die Farben etwa in ihrer Nachthelligkeit ab. \u2014 Eine Ausnahme hat neuerdings die englische Industrie erzeugt. Die Ilford Panchromatic besitzt eine aufserordentliche Rotempfindlichkeit, so dafs ein gr\u00fcnliches Filter (Gamma-Filter) n\u00f6tig wird. Diese Platte gibt eine Folge der Taghelligkeiten (Abb. 4) in der Tat nahezu richtig wieder! Die genauere Untersuchung mit dem Neutralen Kreise zeigt freilich noch Abweichungen. Am st\u00e4rksten sind sie im Bereiche 7\u201413. Diese ganzen Farben werden zu hell.\nZum Schl\u00fcsse m\u00f6chte ich hier noch ein kleines Erlebnis mitteilen, das ich hatte als mir noch der Name \u201ePhysiologie\u201c kaum bekannt war, und das mir erst \u2014 es liegen \u00fcber 15 Jahre dazwischen \u2014 nach den vorliegenden Versuchen ganz verst\u00e4ndlich geworden ist. \u2014 Bei D\u00e4mmerlicht kramte ich in dem durch die Tischplatte beschatteten Gefach im Stehpulte meines Vaters. Da fand ich die photographische Reproduktion eines Aquarells. Ich","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben I\n311\nwufste, dafs mein Vater dieses Bildchen hatte photographieren lassen; jetzt glaubte ich, er habe den Abzug, den ich in der Hand hielt, nach dem Original get\u00f6nt. Ich sah ganz deutlich die mir gel\u00e4ufige Farbengebung meines Vaters vor mir und trat jetzt damit ans Fenster, um mir die Arbeit genauer zu betrachten. Zu meinem gr\u00f6fsten Erstaunen erkannte ich eine gew\u00f6hnliche tonlose Photographie ! \u2014 Sp\u00e4ter habe ich \u00f6fter die Beobachtung wiederholen k\u00f6nnen, dafs man sich im D\u00e4mmerlicht recht gut die Farben in eine Photographie hinein vorstellen kann. Die Deutung legt zun\u00e4chst den Gedanken an die Ged\u00e4chtnisfarben nahe, die ja ihrerseits die Konstanz der Sehdinge unterst\u00fctzen k\u00f6nnen. Ich habe oben erw\u00e4hnt, dafs man w\u00e4hrend der sich entwickelnden D\u00e4mmerung den Farbton bis zu einem gewissen Grade festhalten kann. Wenn nun die Photographie die Nachthelligkeiten einigermafsen richtig wiedergibt, dann wirdk das unbunte photographierte Objekt im Dunkeln genau so aussehen, wie das \u201egrau gewordene\u201c bunte Original. Die Gesamtsituation des sinnlichen Erlebnisses ist in beiden F\u00e4llen die gleiche. Daher ist es m\u00f6glich, hier die Buntfarben aus dem Ged\u00e4chtnis zu reproduzieren \u2014 auch an der unbunten Photographie! \u2014 Das beschriebene Erlebnis geh\u00f6rt zu jenen, die meine \u00dcberzeugung befestigen, dals auch die nat\u00fcrlichen Nachthelligkeiten der Farben irgendwie in unserem Bewufstsein verankert sein m\u00fcssen.","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\n(Aus dem Physiologischen Institut der Universit\u00e4t Bonn)\nExperimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben\nVon\nRupprecht Matthaei (Mit 10 Abbildungen im Text)\nII. Systematik der Farbenhelligkeit und Farbenharmonie\nInhaltsverzeichnis\tSeite\nSystematik der Farbenhelligkeit.....................................313\nHarmonische Studien.................................................330\nDie Farbenkreise. \u2014 Der Schl\u00fcssel. \u2014 Die Hellgleichen. \u2014 Die Helligkeitsstufen. \u2014 Bindung und Gliederung\nDie im ersten Teile mitgeteilten Ergebnisse meiner Helligkeitsmessungen sollen nunmehr dazu benutzt werden, um die Helligkeit aller von den untersuchten Farbt\u00f6nen ableitbaren Normen des OsTWALDschen Atlas zu berechnen. Sodann wird der geometrische Ort f\u00fcr Farben gleicher Helligkeit im OsTWALDschen Doppelkegel gezeigt. F\u00fcr die Aufhellung des Attributcharakters ist es weiterhin von besonderem Wert, eine Ordnung der Gesamtheit der Farben auf Grund ihrer Helligkeit vorzunehmen. Verschiedene M\u00f6glichkeiten einer derartigen Ordnung werde ich er\u00f6rten. Die Ableitungen \u00fcber die Systematik der Farbenhelligkeit verwenden zwar die gewonnenen Zahlenwerte f\u00fcr die anschauliche Darstellung (in Kurven usw.); die grunds\u00e4tzlichen Erw\u00e4gungen, sowie der Weg des systematischen Aufbaues behalten indessen ihre G\u00fcltigkeit unabh\u00e4ngig von den eingesetzten Betr\u00e4gen. M\u00f6glich w\u00e4ren diese Darlegungen auch ohne eine Messung gewesen.\nDie harmonischen Studien ruhen auf der systematischen Ordnung der Farben nach ihrer Helligkeit. Sie bed\u00fcrfen der Messungen, um vorf\u00fchrbar zu werden. Damit aber, dafs sie die unmittelbare Erlebbarkeit von Helligkeitsgleichungen und Heilig-","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n313\nkeitsstufen beweisen, best\u00e4tigen sie noch einmal die Richtigkeit der Messungsergebnisse. Es bew\u00e4hrt sich mit ihnen \u00fcberdies das Verfahren der Helligkeitsberechnung im Anschlufs an den Normenatlas sowie die vorgeschlagene Systematik der Farbenhelligkeit. \u2014 Die hohe Bedeutung der Helligkeit f\u00fcr die Bildung von Farbenharmonien hat sich in diesen Studien ergeben. Damit wird zugleich ein eigener praktischer Wert von Helligkeitsmessungen an Oberfl\u00e4chenfarben beleuchtet.\nSystematik der Farbenheliigkeit\nDie in der Albedo des gleichhellen Grau ausgedr\u00fcckte Helligkeit (H) setzt sich zusammen aus dem Weifsgehalt (W) und der spezifischen Helligkeit der reinen Buntfarbe (Ar) nach Mafsgabe des Anteiles an Vollfarbe (V) (alles in Prozenten ausgedr\u00fcckt).\nAr ist die Helligkeit der im Aufstrich \u2014 mithin als Oberfl\u00e4chenfarbe \u2014 nicht darstellbaren reinen Vollfarbe. Ich nenne sie die \u201eReduzierte Helligkeit,\u201c die wiederum ausgedr\u00fcckt wird in der Albedo des gleichhellen Grau. V l\u00e4fst sich durch den Weifs- und Schwarzgehalt der Farbe definieren nach der Ostwald-schen Farbformel, die auch auf Prozente der R\u00fcckwerfung gebracht wurde.\nV_j_W + S=100.\nDann ergibt sich :\n3)\nDa die Helligkeiten von 12 Farben des Kreises pa gemessen sind (H = A, Albedozahlen der dritten Spalte der Tab. 1), l\u00e4fst sich aus dieser Formel die reduzierte Helligkeit ermitteln. F\u00fcr pa ist W = 3,5 ; S = ll.1\n1 Es ist notwendig, den angegebenen \u201eidealen Wert\u201c f\u00fcr den Schwarz-gehalt einzusetzen, obwohl die Messung nicht unerhebliche Abweichungen davon ergibt. Namentlich die Forderung lichtechter Aufstriche bedingt, dafs die reinsten Farben des Atlas in Wirklichkeit einen Schwarzgehalt von etwa 30% besitzen. (Das w\u00fcrde der Graustufe b entsprechen). Bei den kalten Farben zeigt die Messung aufserdem noch deren nat\u00fcrlichen Schwarzgehalt an. Dennoch mufste ich hier den Schwarzgehalt 11 der Rechnung zugrunde legen, weil auf diesen Wert die Schwarzgehalte der anderen Kreise des Atlas bezogen sind, d. h. die Abweichungen sind ent-","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nRupprecht Matthaei\nSomit :\n4)\nAus Formel\n5)\na _A \u20143,5 r~ 0,855\n2) (Teil I) folgt:\nA _ 0,2375 K Ar\u2014 0,855\nNach dieser Formel sind die in der 5. Spalte der Tab. 1 (Teil I S. 277) angegebenen Werte errechnet. (Die Logarithmen sind ungek\u00fcrzt.) Ist Ar einmal f\u00fcr einige Farbt\u00f6ne bestimmt, so kann nach Formel 3) die Helligkeit (H) einer farbtongleichen Farbe eines bestimmten Farbenkreises, d. h. von gegebenem Weifs- und Schwarzgehalt errechnet werden. (In dieser Weise geschahen die im letzten Abschnitt mitgeteilten Umrechnungen.)\nOstwald bezeichnet die Farben bekanntlich durch eine Zahl und zwei Buchstaben (7 pa). Die Zahl kennzeichnet den Farbenton, der erste Buchstabe das Grau des gleichen Weifsgehaltes, der zweite das des gleichen Schwarzgehaltes. Will man die Helligkeit eines der Farbenaufstriche des Normenatlas berechnen, so mufs man S aus den bekannten Albedo-Zahlen der Graustufen erst berechnen. Man kann sich die Rechnung etwas vereinfachen, wenn man die unmittelbar gegebenen Albedos der Kennbuchstaben (Kw,Ks) benutzt. Dann gilt : W = Kw und S=100 \u2014 Ks; daher:\nH = K w + Ar\nKs \u2014 Kw\nI\u00d6\u00d6\nDie Albedos der OsTWALDschen Graustufen, die f\u00fcr die Berechnung notwendig sind, seien hier auf gef\u00fchrt: a 89, b 71, c 56, d 45, e 35, f28, g 22, h 18, i 14, k 11, 18,9, m 7,1, n 5,6, o 4,5, p 3,5 usw. Wenn der Weifs- und Schwarzgehalt erst gemessen werden mufs, so lassen sich die nach dem OsTWALDschen Verfahren1 gefundenen Filterwerte unmittelbar verwenden. Das durch das Sperrfilter gleichhell erscheinende Grau wird f\u00fcr Kw gesetzt, das durch das Pafsfilter gleichhelle f\u00fcr Ks.\nsprechend den Normenzahlen auf die Fehler des Kreises pa umgerechnet. So finde ich auf einfachstem Wege Farbenaufstriche von gleicher Helligkeit im Atlas. Es ergibt sich freilich aus dem eingeschlagenen Verfahren, dafs die \u201ereduzierte Helligkeit\u201c lediglich den Nullpunkt des Atlassystemes angibt. Der \u00dcbersichtlichkeit der Darstellung wegen habe ich die theoretische Ableitung auf den unabh\u00e4ngigen Bezugspunkt der hypothetischen absolut reinen Vollfarbe gestellt. Die Formeln gelten in der Tat f\u00fcr diesen. Die Zahlenwerte dagegen beziehen sich auf den praktischen Nullpunkt des Atlassystemes.\n1 Das Vorgehen bei der Messung hat Ostwald u. a. in seiner \u201eFarb-kunde\u201c S. 159 beschrieben.","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n315\nNunmehr sei in der Gleichung 3) W als Funktion von S ausgedr\u00fcckt.\n6)\tW (100 \u2014 Ar) = S. Ar +100 H - 100 Ar.\nDiese Gleichung gibt \u2014 W und S als Variable angenommen \u2014 Farben gleicher Helligkeit an. Farben, die zu den gemessenen des Kreises pa gleichhell sind, ergeben sich aus dieser Formel unter den folgenden Bedingungen.\nH \u2014A\nUnd nach Gleichung 4) Ar \u2014^\nU5oOO\nMithin :\n7)\tW (89 \u2014 A) \u2014 S \u2022 (A \u2014 3,5) -f- 350 \u201414,5 A.\nDiese Funktion stellt eine gerade Linie dar: ich nenne sie die \u201eCharakteristik.\u201c In Abb. 1 sind die Charakteristiken der 12 untersuchten Farben gezeichnet. Die Abszisse gibt den Schwarzgehalt, die Ordinate den Weifsgehalt an. Statt der Zahlenwerte 0\u2014100 % sind die Buchstaben der Graustufen auf die Koordinaten aufgetragen; a bedeutet auf der Ordinate 89 \u00b0/0 Weifs, auf der Abszisse hingegen 11% Schwarz. Der Weifs-und Schwarzgehalt eines bestimmten Punktes des Koordinatensystems l\u00e4fst sich auf diese Weise gleich in der OsTWALDschen Farbenbezeichnung ablesen. Die Gerade W + S= 100 ist in \u201eWS\u201c gegeben. Sie wird von den Charakteristiken im Punkte W = A (d. i. der gr\u00f6fste Wert, den W sinngem\u00e4fs annehmen kann) geschnitten. Diese Schnittpunkte bedeuten das gleichhelle Grau (V = 0). Der kleinste Wert f\u00fcr S ist praktisch 11, da es kaum Pigmentfarben gibt, die einen geringeren Schwarzgehalt besitzen. F\u00fcr S = ll ist W \u2014 3,5. Es ist der allen Charakteristiken gemeinsame Punkt mit den Koordinaten pa. Der Nullpunkt des Koordinatensystems (\u201eV\u201c) bedeutet reine Vollfarben. VWS ist mithin das \u201eAnalytische Dreieck\u201c Ostwalds; nur habe ich der bequemeren Zeichnung wegen rechtwinklige Koordinaten benutzt. Denkt man sich dieses Dreieck f\u00fcr eine Farbe ausgef\u00fchrt, so w\u00fcrde bei pa die reinste Farbe des Normenatlas liegen. Zwischen W und S ist die Graureihe a bis p ausgespannt, pa, pc, pe usw., also die Parallele zu VS, ist dann die dunkelklare Reihe, pa, na, la usw., also die Parallele zu VW, die hellklare. Die Abb. 6 gibt nun gewissermafsen die Farbtongleichen Dreiecke der 12 Farben aufeinandergelegt.\nFarben gleicher Helligkeit liegen im farbtongleichen Dreieck, wie sich aus der Funktion 6) ergibt, jeweils auf Parallelen zu der","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nRupprecht Matthaei\nCharakteristik. Solche Linien, die Farben gleicher Helligkeit miteinander verbinden, hat Hering (in anderem Zusammenhang) Iso-phanen1 genannt. Die Neigung einer Isophane, die f\u00fcr einen bestimmten Farbton gilt, wird im analytischen Dreieck durch den Winkel, den sie mit der Ordinate einschliefst, den \u201eCharakteristischen Winkel41 Qc), angegeben. F\u00fcr diesen Winkel gilt:\nW\ni L np S\nAbbildung 1\nDie Charakteristiken\nVWS das analytische Dreieck in rechtwinkligen Koordinaten mit den Orten der reinen Vollfarbe des reinen Weifs und Schwarz. An Stelle der Ordinatenzahlen sind die Graustufen eingetragen. Es bedeutet z. B. a auf der Abszisse den Schwarzgehalt 11% dieses sehr hellen Grau, auf der Ordinate seinen Weifsgehalt 89%. Der Ausgangspunkt der Charakteristiken besitzt die Koordinaten pa (3,5 W, 11 S). Die Charakteristiken schneiden die unbunte Linie WS in den Punkten des jeweils gleichhellen Grau\n1\tOstwald spricht von \u201eIsoklaren\u201c.2\n2\tW. Ostwald, Die Harmonie der Farben. 2. u. 3. Aufl. 1921.","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n317\n*\tA \u2014 3,5\n,\t0,2375 K\ntang % = 8g_\u2014\noder nach 2)\nAus dieser Formel sind die Zahlen der letzten Spalte der Tab. 1 berechnet.\nw\n-------k\nAbbildung 2\nKonstruktion zur Ermittlung beliebiger Farben gleicher\nHelligkeit\nAnalytisches Dreieck wie Abb. 1. Die Null bezeichnet den Kreis na der Farbe, zu der andere Farben gleicher Helligkeit gesucht werden. Nur die den Isophanen 13, 5, 1 nahe liegenden Ordinaten sind eingezeichnet. SS' die Linie der S\u00e4ttigungsgleichen, RR diejenige der Reingleichen\nNunmehr lassen sich auch gleichhelle Farben verschiedenen Farbentones leicht auffinden. Zun\u00e4chst sei das Verfahren zur Konstruktion der n\u00f6tigen Isophanen beschrieben (Abb. 2). Es","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nRupprecht Matthaei\nsollen zu 5 na die Farben gleicher Helligkeit in den Farbent\u00f6nen 5, 1 und 13 gesuch werden. Die Isophane f\u00fcr 5 na erh\u00e4lt man, indem man an n n im Punkte na den ^ x f\u00fcr 5 (16\u00b0) anlegt. Sie schneidet die Seite WS in G, dem Grau gleicher Helligkeit. Durch den Punkt G gehen die Isophanen s\u00e4mtlicher Farben, die 5 na gleichhell sind. Die Farben der T\u00f6ne 1 und 13 werden mithin gefunden durch Antr\u00e4gen der entsprechenden Winkel 45_|_\u00a3 (114 und 47,5\u00b0) in G an GW nach unten. Abb. 2 l\u00e4fst nun die Punkte des OsTWALDschen Systems ablesen, die den gezeichneten Isophanen am n\u00e4chsten liegen. Da kleine Abweichungen nicht bemerkt werden, k\u00f6nnen als gleichhell z. B. gelten: 5 na, ic; g; 13 ga; 1 ne. \u2014 Durch Rechnung lassen sich Farben gleicher Helligkeit verschiedenen Farbtones aus der Gleichung 6) ermitteln. F\u00fcr H setzt man dann die Helligkeit der Ausgangsfarbe, f\u00fcr Ar die reduzierte Helligkeit der zu suchenden gleichhellen Farbe. In dem man f\u00fcr S beliebige Werte einsetzt, erh\u00e4lt man sodann eine Reihe von Farbkoordinaten des gew\u00fcnschten Farbentones. Dabei ist zu beachten, dafs S nicht kleiner als 11, nicht gr\u00f6fser als 100 \u2014 H sein kann.\nAls Beispiel sei zu 5pa gleichhelles Gr\u00fcn 19 gesucht. Dann ist H = 22.5; Ar = 11,1. Dann ergibt sich z. B.\nf\u00fcr S = 11 ist W = 14,4 \u201e S = 44 \u201e W = 19,4 \u201e S = 65 \u201e W = 21.\nAlso sind zu 5pa gleichhell etwa : 19ia, hc, ge.\nEs k\u00f6nnte fraglich erscheinen, ob die Helligkeit eines Gemisches aus Vollfarbe und Weifs wirklich der Summe der Helligkeiten ihrer Anteile gleich ist. Deshalb habe ich die Helligkeit von zwei Farben mit geringem Vollfarbengehalt mit der Epi-skotistermethode bestimmt. Ich fand f\u00fcr das sehr weifsreiche Eisblau 17 ea durch Messung 47 \u00b0/0, f\u00fcr das schwarzreiche Gelb 1 pi \u201e\t\u201e\t9 % ; aus Formel 3) erhielt ich f\u00fcr\n17 ea \u201e Rechnung 40,7 \u00b0/0, f\u00fcr Ipi n\t\u00bb\t11\t\u00b0/o-\nUm die Bedeutung eines Vergleiches dieser Werte richtig zu beurteilen, ist es n\u00f6tig, sich zu vergegenw\u00e4rtigen, dafs Ostwalds Normenaufstriche nur n\u00e4herungsweise den Weifs- und Schwarzgehalt des Farbzeichens besitzen k\u00f6nnen (wegen der Tatsache der Schwelle und der Schwierigkeit, drei Komponenten richtig zu mischen). Als sicher ist aber festzuhalten, dafs sich benachbarte","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n319\nFarben des Syst\u00e8mes eindeutig ausschliefsen. Die Nachbaren zu pi sind ni, ri; pg, pl. Die Farbe pi grenzt an ni und ri mit Parallelen zur Abszisse durch die Ordinatenpunkte o und q, an pg und pl mit Parallellen zur Ordinate durch die Abszissenpunkte h\nW\nh i k\nAbbildung 3\nKonstruktion zur Beurteilung der Kontrollmessungen von\n13 ea und 1 pi\nDie beiden Rechtecke geben die Bereiche an, in denen die Farben des Normenatlas sicher liegen mit unbekannter Ann\u00e4herung an die darin gezeichneten Nullen. Die Linien, die WS schneiden, sind Isophanen f\u00fcr 15 und 1 zu den durch Messung gefundenen Grauwerten, deren Albedos eingetragen sind. Im \u00fcbrigen wie Abb. 1 und 2 zu lesen.\nund k. Durch diese Grenzen ist ein Rechteck bestimmt, in dem der Normenaufstrich pi jedenfalls seinen Platz findet. Es ist in Abb. 3 gezeichnet. Dort ist auch das entsprechende Rechteck f\u00fcr ea yorgef\u00fchrt. (Dessen Grenze gegen WV l\u00e4fst sich nicht fest-","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nRupprecht Matthaei\nlegen, da sie von Eigent\u00fcmlichkeiten der verwendeten Farbstoffe abh\u00e4ngen d\u00fcrfte). Die Farben der Aufstriche, deren Helligkeit ich gemessen habe, liegen also in den gezeichneten Rechtecken mit einer dem Grade nach unbekannten Ann\u00e4herung an die Punkte ea und pi. Um das Ergebnis meiner Messungen beurteilen zu h\u00f6nnen, ziehe ich nun die Isophanen f\u00fcr 15 durch den Punkt W = 47, S = 53 und f\u00fcr 1 durch den Punkt W = 9, S \u2014 91. Sodann ist zu fordern, dafs diese Linien die Rechteckfl\u00e4chen schneiden. Das ist in der Tat der Fall. Bemerkenswert ist noch, dafs die Ann\u00e4herung der Isophane f\u00fcr Gelb an den Punkt pi besser wird, wenn man annimmt, dafs bei dem Aufstrich eine leichte Verstimmung des Farbtones stattgefunden hat.1 Da 1 die hellste Farbe ist, w\u00fcrde die Isophane bei einer Verschiebung des Farbentones unter allen Umst\u00e4nden mit geringerer Steilheit verlaufen (etwa wie die punktierte Linie!) mithin sich pi n\u00e4hern. \u2014 Diese Erw\u00e4gungen zeigen zugleich die Berechtigung auf, die Aufstriche des Atlas zur Veranschaulichung der er-rechneten Helligkeitsgleichen, wie das in den \u201eHarmonischen Studien\u201c geschieht, zu verwenden!\nDie bisher dargelegten Rechnungen und graphischen Darstellungen geben weiterhin die Mittel an die Hand, die Farben ihrer Helligkeit nach systematisch zu ordnen. Diese Ordnung kann zun\u00e4chst in der Weise geschehen, dafs man angibt, wo im Ostwald sch en Farbenk\u00f6rper Farben gleicher Helligkeit liegen. Die Aufgabe ist relativ einfach, wenn man das analytische Dreieck der Konstruktion des Doppelkegels zugrunde legt. Man braucht nur, \u00e4hnlich wie das in Abb. 2 geschehen ist, f\u00fcr eine Farbe das Grau gleicher Helligkeit festzulegen und durch diesen Punkt der Achse des Farbenk\u00f6rpers die Isophanen in s\u00e4mtlichen farbtongleichen Dreiecken zu ziehen. Zur Veranschaulichung derartig entstehender Kr\u00e4nze von Isophanen habe ich in einem Drahtmodell die Linien gleicher Helligkeit als F\u00e4den ausgespannt. Abb. 4 gibt dieses Modell wieder.\nMan erkennt zun\u00e4chst gewissermafsen ein Gerippe des OsTWALDschen Doppelkegels: 12 gleichseitige Dreiecke scharen sich um die Grauachse, auf der durch weifse Marken die Lage der Graustufen gekennzeichnet ist.\n1 Diese Annahme ist um so wahrscheinlicher, als Ostwald zum Aus-\ngleich der durch die Schwarzbeimischung bedingten \u00c4nderung des Farbentones tats\u00e4chlich ein r\u00f6tliches Gelb hinzugef\u00fcgt hat (s. S. 3162, S. 49).","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n321\nAuf dem \u00c4quator des Doppelkegels liegen die reinen Buntfarben von links mit Gelb (1) beginnend nach hinten \u00fcber Krefs (5), Bot (7) usw. nach rechts zu Blau (13) schreitend und endlich vorne die Farben 15, 17, 19, 21, 23 zu z\u00e4hlen. Ich habe zun\u00e4chst die Isophanen von drei reinen Vollfarben (1, 5, 13, also die hellste, mittlere und dunkelste) gezogen. Ihre Formel ergibt\nsich aus Gleichung (6)\nindem H = Ar gesetzt wird ; mithin W \u2014\nS-Ar\n100\u2014Ar '\n(Das\ngleichseitige Dreieck bestimmt Koordinaten von 60\u00b0 Neigung). Diese drei Ausgangslinien schneiden den \u00c4quator bei 1, 5, 13 der Abb. 4 ; durch ihren Schnittpunkt mit der Achse wurden sodann die Isophanen in den anderen Dreiecken gezogen.\nAbbildung 4\nModell des analytischen Farbenk\u00f6rpers mit Isophanen\nAufnahme nach einem Drahtmodell, in dem die Isophanen durch bunte F\u00e4den dargestellt sind. Zu den reinen Farben der T\u00f6ne 1 (oben), 5 (mitten) und 13 (unten) sind die Isophanen der \u00fcbrigen T\u00f6ne gezogen. \u2014 Die untersten weifsen Ringe auf der Grauachse bedeuten die Stufen 1 und n.\nDie Isophanen in ein und demselben Dreieck verlaufen\nparallel. Denkt man sich jede Gruppe von Isophanen der\n12 Farben durch Fl\u00e4chen miteinander verbunden, so kommen\n\u2022 \u2022\ndrei schalenartige Gebilde heraus, die nach oben ihre \u00d6ffnung haben. In dem Schnitt durch 7 und 19 sind diese Schalen ann\u00e4hernd symmetrisch trichterf\u00f6rmig gebaut. Von da aus gesehen wird der Rand nach 13 hin steiler ansteigend. Bei 3 und 23 liegt er nahezu horizontal, um bei 1 gleichsam heruntergedr\u00fcckt zu werden.","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nRupprecht Matthaei\nDer analytische Farbenk\u00f6rper hat den Nachteil, dafs er die Farben an der oberen Spitze des Doppelkegels relativ zu weit auseinander zieht, an der unteren zusammendr\u00e4ngt. Um gleich abgestufte Farben ann\u00e4hernd gleichm\u00e4fsig zu verteilen, mufs der logarithmische Mafsstab benutzt werden. Dann werden die Abst\u00e4nde der Reibe a, c, e usw. gleich grofs. Das logarithmische Dreieck erh\u00e4lt man aus dem analytischen, indem man die Logarithmen der aus diesem zu entnehmenden Koordinaten werte einfetzt. Die Isophanen werden dann gebogene Linien, und zwar sind sie nach der weifsen Spitze hin konvex und zeigen an der\nAbbildung 5\nHauptschnitt durch den (logarithmischen) Farbenk\u00f6rper\nbei Rot/Gr\u00fcn (7/19)\nVerkleinerter K\u00f6rper nur bis na als reinsten Kreis. Die Nullen geben die Lage der Kreise ea, ia, na, ie, ne und ni an. F\u00fcr 7 sind durch diese\nPunkte die Isophanen gezogen\nGrauachse einen Knick, der auf die schwarze Spitze weist. Die Abb. 5 und 6 zeigen Schnitte durch den logarithmischen Farbenk\u00f6rper mit einigen Isophanen. Ich habe hier das vereinfachte System Ostwalds benutzt, dessen reinste Farbe na ist und das aufserdem nur die Kreise ia, ne, ea, ie und ni ausw\u00e4hlt.1 F\u00fcr diese Kreise habe ich die Isophanen gezeichnet in dem Hauptschnitt Rot-Gr\u00fcn f\u00fcr 7, in dem Gelb-Blau f\u00fcr 1. Den\n1 Dieser vereinfachte K\u00f6rper ist in Ostwalds Fibel vorgef\u00fchrt. Die gleichen Schnitte sind auch als Sonderdruck, \u201eDer kleine Farbk\u00f6rper\u201c, erh\u00e4ltlich.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n323\nVerlauf der hier gezeichneten Isophanen kann man sich unmittelbar veranschaulichen, wenn man die in Farben ausgef\u00fchrten Hauptschnitte1 2 betrachtet und dabei seine Aufmerksamkeit auf die relative Helligkeit der Farben richtet. \u2014 Eine r\u00e4umliche Darstellung dieser Isophanen f\u00fcr alle 12 Farben ergibt schon ein etwas un\u00fcbersichtliches Gebilde, und man erkennt, dafs die Aufgabe einen Farbenk\u00f6rper zu gestalten, in dem die Farben gleicher Helligkeit auf Ebenen senkrecht zur Achse liegen, nicht ganz einfach zu l\u00f6sen ist.\nAbbildung 6\nHauptschnitt durch den Farbenk\u00f6rper bei Gelb/Blau (1/13)\nWie Abb. 5 zu lesen\nKirschmann 2 beschreibt das Schema eines Farben-Doppel-kegels mit zur Achse schiefstehender Basis, der die Bedingung\nerf\u00fcllen soll, dafs ein Schnitt senkrecht zur Achse Farben gleicher\n_ _ _\t\u2022 \u2022 __________________________\nHelligkeit darbietet. Der Aquatorkreis ist um den Durchmesser Rot-Gr\u00fcn gedreht, so dafs Gelb sich der weifsen, Blau der schwarzen Spitze n\u00e4hert. K. bemerkt zu diesem Schema: \u201eOb es ein genauer Kegel mit geraden Seiten, scharfen Spitzen und scharfer Basiskante ist, das wissen wir eigentlich noch nicht\u201c. Meine Messungen setzen mich nun in den Stand, ein etwas genaueres Bild eines derartigen Farbenk\u00f6rpers zu entwerfen,\n1\ts. S. 322.\n2\tA. Kirschmann, Farbenterminologie. Neue Psychol. Studien II. 1926. S. 127.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59\n23","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nJRupprecht Matthaei\nwenigstens f\u00fcr den Bereich der von Ostwald ausgef\u00fchrten Oberfl\u00e4chenfarben. Ich beschreibe zun\u00e4chst die beiden senkrecht zueinander stehenden Hauptschnitte Rot-Gr\u00fcn und Gelb-Blau durch diesen K\u00f6rper. Sie lassen sich in einfachster Weise aus den Schnitten durch den Ostwald sehen K\u00f6rper der Abb. 5 und 6 wie folgt ableiten. Man zerlegt die Raute eines solchen Schnittes in schmale Streifen parallel zur Grauachse. Dann verschiebt\nAbbildung 7\nHauptschnitte durch einen Farbenk\u00f6rper, in dem Farben gleicher Helligkeit auf Ebenen senkrecht zur Achse liegen Oben: Rot/Gr\u00fcn; unten Gelb/Blau. Die horizontalen Linien sind die Iso-phanen f\u00fcr Rot (Gelb) der Reihe nach in ea, ia, na, ne, ni\nman die einzelnen Streifen in der Schnittrichtung so gegeneinander, dafs die Isophanen gerade Linien bilden, die die Grauachse senkrecht schneiden. Auf diese Weise erhalten die Schnitte die Form, die in Abb. 7 skizziert ist. Aus den gleichseitigen Rauten sind unregelm\u00e4fsige Gebilde geworden, die von gebogenen Linien begrenzt sind. Die Begrenzungslinien sind nach oben konkav. Im Einzelnen sehen die beiden Hauptschnitte, wie die Abbildung zeigt, sehr verschieden aus. Der Schnitt durch Rot","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 11\n325\nund Gr\u00fcn ist ann\u00e4hernd symmetrisch. Die Spitzen der beiden Dreiecke, an denen die reinen Vollfarben liegen, sind unter die Horizontale, die die Mitte der Grauachse schneidet, herunterger\u00fcckt, Rot ein wenig mehr als Gr\u00fcn. Aus der unteren Begrenzung der Raute ist hier nahezu ein Kreisbogen geworden, dessen Mittelpunkt in der Verl\u00e4ngerung der Grauachse ungef\u00e4hr eine halbe H\u00f6he des K\u00f6rpers \u00fcber Weifs liegt. Dagegen n\u00e4hert sich der Schnitt Gelb-Blau einem Parallelogramm.1 Die Isophanen sind in diesen Schnitten Senkrechte zur Grauachse ; bei Gelb sind die der hellklaren Farben zusammengedr\u00e4ngt, bei Rot die der dunkelklaren. Denkt man sich nun aus derartigen Schnitten den ganzen Farbenk\u00f6rper reproduziert, so entsteht ein recht un-regelm\u00e4fsiges Gebilde. Beispielsweise steigt nach 15 die Basis steiler hinauf als nach 11, 9, 7; w\u00e4hrend sie 15\u201421 nahezu\nhorizontal bleibt, springt sie von 7 nach 5 pl\u00f6tzlich nach oben.\n\u2022 \u2022\nDie H\u00f6he der Aquatorkante mufs ja die Bewegung machen, die ich im ersten Teil unter \u201eHelligkeitsfolge\u201c beschrieben und dort in Abb. 9 gezeigt habe. Einfache geometrische \u00d6rter sind in einem derartigen K\u00f6rper nur f\u00fcr die Helligkeit (Ebenen senkrecht zur Achse) und die Ostwald sehe Wertigkeit (Zylinder um die Grauachse) anzugeben.2\nMit der Schilderung dieses Farbenk\u00f6rpers ist bereits der andere Weg zur Ordnung der Farbenhelligkeit beschritten: Das Helligkeitsattribut wird zum Ordnungsprinzip des Farbensystems erhoben.3 Die relative Selbst\u00e4ndigkeit eines Attributes wird am besten dadurch bewiesen, dafs eine Ordnungsm\u00f6glichkeit auf Grund des Attributes ohne R\u00fccksicht auf die Qualit\u00e4t aufgezeigt wird. Diese M\u00f6glichkeit zur Ordnung der Farben eines Kreises habe ich schon mit der Helligkeitsfolge vorgef\u00fchrt. Das Prinzip l\u00e4fst sich zum Aufbau eines vollst\u00e4ndigen Syst\u00e8mes verwenden, wenn die Wertigkeit als zweites Ordnungsmittel hinzugenommen wird. F\u00fcr jeden Farbenkreis des Ostwald sehen Syst\u00e8mes wird eine logarithmische Hellig-\n1 Dazu siehe auch S. 349.\n*\tln einer Fortsetzung dieser Studien werde ich die Frage er\u00f6rtern, unter welchen Voraussetzungen der Abstand der Vollfarbe von der Grauachse \u00fcberall als gleich angenommen werden darf.\n*\tDasselbe versucht \u00fcbrigens auch das System von Baumann-Pbase. Ich werde an anderer Stelle zeigen, dafs dieser Versuch indessen nicht eindeutig ist.\n23*","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\nRupprecht Matthaei\nkeitsfolge bestimmt; dann werden s\u00e4mtliche Kreise durch \u00e4hnlich geteilte gerade Linien vertreten. Diese Linien werden als Parallele zur Graureihe so angeordnet, dafs die Farben gleicher Helligkeit auf Loten zu der Unbunten liegen. Der Abstand der Parallelen von der Geraden, die die Graureihe darstellt,\nE ET XE m X JE MT\n4L.____\nAbbildung 8\nFarbensystem nach der Helligkeit als Hauptordnungsprinzip\nDie erste Senkrechte gibt die Graureihe, soweit sie in Oberfl\u00e4chenfarben ausf\u00fchrbar ist. B ist Barytweifs, das zu 100% Albedo gesetzt wird; es folgen die Graustufen des Atlas. Die folgenden Parallelen vertreten je einen Farbenkreis. Ihr Abstand von der Graureihe ist durch den S\u00e4ttigungsgrad gegeben, der durch die r\u00f6mischen Zahlen an dem Rahmen be zeichnet ist. Die Kreise ia und ne \u00fcberdecken sich zum Teil. Das w\u00e4re durch ein Auseinanderfalten des hier auf einer Tafel Dargestellten in mehrere Ebenen vermeidbar. Die punktierten Linien verbinden Kreise gleichen Weifsgehaltes, die gestrichelten solche gleichen Schwarzgehaltes. Die horizontalen Linien zeigen Farben von den Helligkeiten c, g und 1 an","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n327\nist derselbe, den der entsprechende Kreis im Ostwald sehen K\u00f6rper von der Achse besitzt. In Abb. 8 sind nur einige Kreise eingetragen. Die r\u00f6mischen Zahlen bezeichnen die Lage des Ostwald sehen Reinheitsgrades (d. i. jeweils gleicher S\u00e4ttigung). Die Endpunkte der Linien, die Kreise gleichen Weifsgehaltes (erster Kennbuchstabe gleich) vertreten, sind untereinander verbunden; ebenso wie die der schwarzgleichen (zweiter Kennbuchstabe gleich). So entstehen zu der Graureihe hin konvergierende, leicht gekr\u00fcmmte Linien. Ihr Schnittpunkt liegt jedesmal in dem Grau gleichen Weifs- oder Schwarzgehaltes. Durch den gleichen Punkt laufen alle Linien, die Farben gleichen Tones der zugeh\u00f6rigen Gruppe von Kreisen miteinander verbinden. Die Farben gleicher Helligkeit liegen auf Senkrechten zu den Parallelen. In Abb. 8 sind auf den Schnittlinien c, g, 1 die helligkeitsgleichen Farben abzulesen.\nDie relative Abh\u00e4ngigkeit des Attributes und seine Unterwertigkeit gegen\u00fcber der Qualit\u00e4t erweist sich in diesem System der Helligkeiten, sobald man versucht, die L\u00fccken durch kontinuierliche \u00dcberg\u00e4nge auszuf\u00fcllen. Dann stellt es sich heraus, dafs jeder Punkt einer Senkrechten, die an Stelle eines Farbenkreises steht (mit Ausnahme der beiden Endpunkte), zwei Farben bedeuten kann. Die Qualit\u00e4t dr\u00e4ngt zur geschlossenen Kreisform.1 Deshalb m\u00f6chte ich noch einen Versuch mitteilen, ein System, das nach Helligkeit und Qualit\u00e4t geordnet wurde, in der Fl\u00e4che auszubreiten. Dazu w\u00e4hlte ich den Mantel des Ostwald-schen Doppelkegels, also die Gesamtheit der klaren Farben. Ich habe ihn derart abgewickelt, dafs die Meridiane wie auf einer Erdkarte in Merkatorprojektion zu parallelen Geraden werden. Der OsTWALDsche K\u00f6rper ergibt dann eine rechteckige Fl\u00e4che, die gleichm\u00e4fsig mit Farben angef\u00fcllt ist. Normen heifst, eine kontinuierliche Reihe in eine Stufenfolge um wandeln. Seine Berechtigung erh\u00e4lt dieses Verfahren nicht nur durch das praktische Bed\u00fcrfnis der Verkleinerung der Zahl der Mannigfaltigkeiten; die Schwelle und die allgemeinere Tatsache der Pr\u00e4gnanz bieten ihm wesenhafte Unterlagen. Eine bestimmte (physikalisch definierte) Farbe w\u00fcrde nur einen Punkt in der unendlich teil-\n1 Man k\u00f6nnte deshalb statt der einen Geraden f\u00fcr jeden Kreis zwei Parallele, die aber beide den gleichen Abstand von der Graureihe haben m\u00fcfsten, oder zwei Schenkel eines Winkels, einer Spindelfigur o. \u00e4. setzen. Dann w\u00fcrde aber die Helligkeitsordnung getr\u00fcbt.","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nRupprecht Matthaei\nbaren Kontinuit\u00e4t bilden; die Normung weist ihr einen durch den Ort der Nachbarfarben bestimmten Raum an. In der \u201eErd* karte\u201c des logarithmisch geordneten Farbenk\u00f6rpers Ostwalds f\u00fcllt jede Farbe ein gleich grofses Rechteck. Sollen aber die\nAbbildung 9\nSystem der klaren Farben nach der Helligkeit geordnet\nAm oberen und unteren Rande sind die Farbt\u00f6ne angegeben, zu beiden Seiten die Graustufen, auf die sich die Helligkeiten der Tafel beziehen. Die zu einem Kreise zusammengeh\u00f6rigen Farben sind durch gleichartige Umgrenzung kenntlich. Die Felder des Kreises pa sind dreifach Umrissen; dar\u00fcber liegen doppelt umrandet la, ga ca; zwischen diesen jeweils mit einfacher Grenze na, ia, ea. Entsprechend ist es bei den Dunkelklaren durchgef\u00fchrt. Als weitere Hauptpunkte der Orientierung haben die Rechtecke der Kreise ga und pi eine Diagonale erhalten","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n329\nFarben ihrer Helligkeit nach geordnet werden, so m\u00fcssen sie in jedem Meridianstreif parallel einer Graureihe verschoben werden. Dann erhalten die hellklaren Gelb und die dunkelklaren Blau einen relativ kleinen Platz, w\u00e4hrend die dunkelklaren Gelb und die hellklaren Blau sich ausbreiten m\u00fcssen.1 Abb. 9 ist daher in folgender Weise zustande gekommen. Die dort bezeichneten hellklaren und dunkelklaren Farbenkreise grenzen aneinander an den Orten der jeweils mitten zwischen ihnen liegenden Kreise, die im Normenatlas nicht dargestellt sind. So grenzt ga an ia z. B. in dem Punkte ha. Ich habe deshalb die Helligkeiten der 12 Farben f\u00fcr folgende Kreise beiechnet: die hellklaren ba, da, fa, ha, ka, ma, oa, die dunkelklaren pb, pd, pf, ph, pk, pm, po. Die Werte f\u00fcr oa und pb begrenzen pa. Die Logarithmen der errechneten Zahlen habe ich in das Koordinatensystem eingetragen, auf dessen Abszisse die 12 Farbent\u00f6ne nebeneinander Platz fanden (in beliebiger Ausdehnung). Auch in diesem System findet man auf Senkrechten zu den parallelen Farbreihen die Helligkeitsgleichen. Jeder Schnitt zeigt hier s\u00e4mtliche zw\u00f6lf Farben in gleicher Helligkeit. Auf Vertikalen der Abb. 9 findet man in gleichem Abstande gleichabgestufte Helligkeiten. Auf die Bedeutung der hier beschriebenen Anordnung werde ich in den harmonischen Studien noch zur\u00fcckkommen. \u2014 Bemerkt sei, dafs die Abb. 9 noch nicht die Gesamtheit der im Farbenk\u00f6rper enthaltenen Farben \u00fcbersichtlich enth\u00e4lt. Das System l\u00e4fst sich aber in sinngem\u00e4fser Weise leicht vervollst\u00e4ndigen. Man braucht nur den verkleinerten Farbenk\u00f6rper, dessen Mantel fortgenommen wurde, noch einmal in entsprechender Weise zu sch\u00e4len und f\u00fcr die Kreise ec------------nc----------nl dieselbe Ordnung auszu-\nf\u00fchren. Eine dritte Mantelschicht w\u00fcrde endlich die Kreise ge, ie, le, lg, li umfassen; es bliebe im Kern nur noch ig \u00fcbrig. Auf solche Art w\u00e4re die Gesamtheit der im Normenatlas enthaltenen Farben in der Fl\u00e4che ausgebreitet und ihrer Helligkeit nach unter Wahrung der Ordnung der Qualit\u00e4ten in ein \u00fcbersichtliches System gebracht.\n1 \u00c4hnlich wie die Projektionen auf die Achse in Abb. 7. Man kann also das hier beschriebene System als eine \u00fcbersichtliche Darstellung des in Abb. 7 skizzierten K\u00f6rpers auffassen! Eine andere M\u00f6glichkeit zeigt Tab. 8 S. 349.","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nRupprecht Matthaei\nHarmonische Stndien\nMotto: \u201eDas Sch\u00f6ne ist eine Manifestation geheimer Naturgesetze, die uns ohne dessen Erscheinung ewig w\u00e4ren verborgen geblieben.\u201c\nGoethe.\n\u201eDie Sch\u00f6nheit des Gesetzes\u201c \u00fcberschreibt Wilhelm Ostwald eines der letzten Kapitels seiner \u201eLebenslinien\u201c.1 Darin ergreift er noch einmal das Wort zu dem Teil seiner Farbenlehre, der ihn selbst wohl deren kostbarste Frucht d\u00fcnkt. Der Grundsatz einer von ihm beregten \u201eKalik\u201c lautet: \u201eGesetzlichkeit bewirkt Harmonie\u201c. Fragt man nach der Art dieser Gesetze so findet man in der \u201eHarmonie der Farben\u201c Ordnungsgesetze bet\u00e4tigt. Demgem\u00e4fs schreibt Ostwald in der 11. Auflage der Fibel auch die Formel \u201eHarmonie gleich Ordnung\u201c. Oder er sagt: \u201eHarmonisch werden alle Farben wirken, zwischen denen ein gesetzlicher Zusammenhang besteht.1\u201c Ich glaube zwei Gruppen von gesetzlichem Zusammenhang unterscheiden zu k\u00f6nnen:\n1.\tGleichartigkeit,\n2.\tgesetzliche Abwandlung.\nIn der 2. Auflage der Fibel heifst das harmonische Kapitel noch \u201eZusammengeh\u00f6rige Farben\u201c. Im Anschlufs an Goethe werden dort zuerst die Gegenfarben genannt.\nBekanntlich hat Goethe seine Farbenlehre gerade zu dem Ziele unternommen, Gesetze aufzudecken, die dem Maler \u00e4hnliche Dienste leisten sollten wie die Harmonielehre dem Tonk\u00fcnstler. Dazu scheint ihm eine \u201e\u00dcbersicht des Ganzen\u201c un-erl\u00e4fslich und er sch\u00f6pft seine Farbenharmonie \u201eaus der menschlichen Natur und aus den anerkannten Verh\u00e4ltnissen der Farbenerscheinungen.\u201c2 So ist f\u00fcr ihn ein \u201eBed\u00fcrfnis nach Totalit\u00e4t\u201c erkennbar, das das Auge zwingt bei der Einwirkung einer Farbe jeweils deren Gegenfarbe zu \u201efordern\u201c. Goethe hat damit das geschichtliche Verdienst, die Zusammengeh\u00f6rigkeit von Farben auf eine physiologische Grundlage gestellt und hieraus \u00e4sthetische Folgerungen gezogen zu haben.\n1\tW. Ostwald, Lebenslinien III, 1927. Die Sch\u00f6nheit des Gesetzes. S. 407 ff.\n2\tGoethe, Der Farbenlehre didaktischer Teil. VI. Sinnlich-sittliche Wirkung der Farbe. (Es sei besonders auf die neue von G. Ipsen besorgte Ausgabe des In sei-Verl ages verwiesen!)","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben 11\n331\nStatt des Ausdruckes \u201eGesetzlicher Zusammenhang\u201c m\u00f6chte ich nunmehr den der Farbenverwandtschaft setzen.1 Sodann lassen sich zwei Arten der Verwandtschaft auseinanderhalten. Ich nenne sie:\nA)\tSystemverwandtschaft,\nB)\tAttributverwandtschaft.\nDie Systemverwandtschaft umfafst die Mannigfaltigkeiten\nder Qualit\u00e4t, wobei aufser dem Farbentone der Weifs- und\nSchwarzgehalt, sowie die unbunten Qualit\u00e4ten einbegriffen sind.\nDiese Verwandtschafts-Beziehungen und -Grade lassen sich aus\ndem Farbensystem ablesen. Hierauf bezieht Ostwald seine\nHarmoniegesetze. Attributverwandtschaft bedeutet dagegen\n\u2022 \u2022\nGleichartigkeit oder \u00c4hnlichkeit bez\u00fcglich eines Farbenattributes. In diesem Kapitel soll die Helligkeit als Tr\u00e4ger von Verwandtschaftsbeziehungen untersucht werden.\nDer Verwandtschaftsgrad vermag f\u00fcr beide Gruppen gesetzlichen Zusammenhangs, die ich nannte, die Unterlage zu bieten. Gleichartigkeit, das bedeutet naheVerwandtschaft, ist bereits erkennbar, wenn nur zwei Farben betrachtet werden. So kann die Zusammengeh\u00f6rigkeit zweier Unbunten, Farbtongleichen oder Wertgleichen (Farben desselben Kreises), auch zweier Farbton\u00e4hnlichen , insbesondere noch der Gegenfarben2 gew\u00f6hnlich ohne weiteres erkannt werden. Deutlicher wird das hier gemeinte Gesetz freilich, wenn man die Zusammengeh\u00f6rigen gegen eine dritte \u201efremde\u201c Farbe absetzt. (Darin bew\u00e4hrt sich die Relativit\u00e4t der Verwandtschaft.) \u2014 Das Gesetz in der Abwandlung kann dagegen erst bei mindestens drei Farben zum Ausdruck kommen. Dann ist der Verwandtschaftsgrad (im einfachsten Falle) zwischen a und b der gleiche wie zwischen b und c. \u2014 Sobald eine Farbenharmonie zwischen drei Farben untersucht wird, tritt das Problem der Form komplizierend hinzu. Schon die Anordnung der Farben in einer Reihe bedingt formale Variationen. Mit derartiger Gestaltung beginnt, wie z. B. K\u00fclpe zeigt, die elementare \u00e4sthetische Wirkung. \u201eBei Kombinationen materialer Elemente ist der an-\n1\tR. Matthaei, Die Verwandtschaft der Farben und ihre Bedeutung f\u00fcr farbiges Gestalten. Die Farbige Stadt. Hamburg 1927.\n2\tOstwald hebt hervor, dafs die Harmonie der Gegenfarben nur unter Wertgleichen bestehe. Goethe (1. c. 832) scheint diese Bedingung f\u00fcr unwesentlich zu halten. Ich werde zeigen, dafs jedenfalls Hellgleichheit an die Stelle der Wertgleichheit treten kann.","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nRupprecht Matthaei\nschauliche Zusammenhang trotz gr\u00f6fserer Verschiedenheit wesentliche Bedingung einer positiven \u00e4sthetischen Wirkung.\u201c 1 Farbzusammenstellungen zu dreien stellen bereits die Aufgabe, ein Ganzes zu schildern. \u201eNur wo Einheit und Abstufung herrscht, kommt es zum \u00e4sthetischen Totaleindruck, zu mannigfacher Gliederung, zu \u00fcbersichtlichem Aufbau.\u201c Den Forderungen Einheit und Abstufung gen\u00fcgen die beiden oben genannten Gruppen gesetzlichen Zusammenhangs; auf ihnen ruhen zwei von den \u00e4sthetischen Prinzipien, die K\u00fclpe untersucht.\n1.\tDas Prinzip der Zusammengeh\u00f6rigkeit.\n2.\tDas Prinzip der Klarheit.\nDie gestaltenden F\u00e4higkeiten der Farbe sehe ich, ausgehend von der Tatsache der wechselseitigen Bedingtheit von Ganzem und Teilen, diesen Prinzipien gem\u00e4fs in\n1.\tBindung,\n2.\tGliederung.\nEs wird deshalb im besonderen zu zeigen sein, dals die Helligkeit der Farben diese beiden Verrichtungen zu erf\u00fcllen vermag. Darin sehe ich aber zugleich, wie ich ausf\u00fchren werde, ein neues Mittel, Farbharmonien sachlich zu pr\u00fcfen! \u2014\nIn einer kleinen Einf\u00fchrung2 wirft Ostwald 1919 die Frage auf, ob die Helligkeit als \u201ewesentliches Element\u201c f\u00fcr die Harmoniebildung in Betracht komme. Er glaubt ihr nur bedingten Wert zusprechen zu d\u00fcrfen als eines Faktors \u201eniederen Grades\u201c. In seiner systematischen Untersuchung \u00fcber Farbenharmonien wird 1921 die Farbenhelligkeit nur gelegentlich ber\u00fchrt. Kurz wird darauf hingewiesen (S. 100), dafs die Helligkeit \u201ef\u00fcr gewisse Harmonien wirksam werden kann\u201c und zwar in der Form der Gleichheit. Es wrird bemerkt, dafs das gleichhelle Grau ganz allgemein zwischen dem Grau gleichen Schwarzgehaltes und dem gleichen Weifsgehaltes liege und sich das Gelb dem schwarzgleichen Grau, das Ublau dem weifsgleichen ann\u00e4here. Nur bei relativ reinen Farben kommt die Repr\u00e4sentation eines gleichhellen Grau aufser den beiden durch die Buchstaben des Farbzeichens gegebenen Graut\u00f6nen im K\u00f6rper vor. \u201eIn solchem Falle ist also neben den beiden Grenz-Grau ein drittes harmonisches vorhanden\u201c.\nDie Ordnung ist auch f\u00fcr die Untersuchung von Helligkeitsharmonien Voraussetzung. Dadurch, dafs ich meine Messungen systematisch an Ostwald angeschlossen habe, sind die nachfolgend\n1 O. K\u00fclpe, Grundlagen der \u00c4sthetik. Aus dem Nachlafs. 1921. S. 128 ff.\n* W. Ostwald, Einf\u00fchrung in die Farbenlehre. Reclam 1919.","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n333\nkurz beschriebenen Studien m\u00f6glich geworden. Das haupts\u00e4chlichste Material lieferte dazu der Normenatlas, den ich auch jedem empfehlen mufs, der die beschriebenen Beobachtungen nachpr\u00fcfen will. Ausserdem leistete mir zu vielen Versuchen die fl\u00fcssige \u201eFarborgel\u201c gute Dienste; denn sie erlaubt mit dem Pinsel in jede beliebige Form genormte Farben einzutragen. (Freilich ist der reinste Kreis der Orgel na.) Ein besonders handliches (auch billiges) Ger\u00e4t richtete ich mir aus den OsTWALDschen Buntpapierheften (Kreise na, ia, ne, ea, ie, ni und die Graustufen) her. Aus Holz geschnittene regelm\u00e4fsige Rauten von 4 cm Seitenl\u00e4nge habe ich mit den Papieren \u00fcberzogen. Damit erhielt ich eine Art Mosaik, mit dem ich verschiedenartige Farbenzusammenstellungen in mannigfaltiger Form vorf\u00fchren konnte.\nDie Farbenkreise des OsTWALDschen Syst\u00e8mes unterscheiden sich in charakteristischer Weise durch den in ihnen enthaltenen Helhgkeitsunterschied. In Abb. 8 ist die Gr\u00f6fse der Helligkeit s differ enz innerhalb eines Kreises aus der L\u00e4nge der ihn vertretenden Geraden zu ersehen. Abb. 10 l\u00e4fst n\u00e4here Gesetzm\u00e4fsigkeiten ablesen. Hier sind f\u00fcr einige Kreise die Isophanen von Gelb und Ublau gezeichnet; ihre Schnittpunkte mit der Unbunten WS zeigen das jeweils gleichhelle Grau. Der reinste Farbenkreis bietet die gr\u00f6fsten Helligkeitsunterschiede: bei pa sind es beinahe 10 Stufen, bei ga wenig mehr als 4, bei li fast 1,5.1 Daraus ergibt sich, dafs unter weifsgleichen Kreisen (i. d. Abb. ga, gc, ge) der Kreis mit dem (gem\u00e4fs dem Alphabet) kleinsten zweiten Kennbuchstaben die gr\u00f6fsten Kontraste besitzt, unter schwarzgleichen (ga, ca) der mit dem gr\u00f6fsten ersten. Ostwtald bezeichnet als psychologisch reingleich die Farben, die im logarith-mischen Dreieck auf Parallelen zur Grauachse liegen. Diese Farben liegen im analytischen Dreieck auf Linien, die durch die Schwarzecke laufen (SS'). Sie bilden eine Schattenreihe, wie Ostwald zeigte. Miescher2 weist darauf hin, dafs in solchen Reihen das Verh\u00e4ltnis von Weifslichkeit zu Vollfarbengehalt konstant ist, dafs sie mithin als S\u00e4ttigungsgleiche aufgefafst werden d\u00fcrfen. Ostwalds \u201epsychologisch Reingleiche\u201c m\u00f6gen deshalb hier \u201eS\u00e4ttigungsgleich e\u201c heifsen. S\u00e4ttigungsgleiche Farbenkreise haben den gleichen Helligkeitskontrast. Die OsTWALDschen Reinheitsgrade,\n1 Siehe Ostwald, Die Harmonie der Farben. S. 67.\n* K. Miescher, Beitr\u00e4ge zur Farbenlehre. Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 57, S. 46. 1925.","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nRupprecht Matthaei\ndie also in dem bezeichneten Sinne S\u00e4ttigungsgrade bedeuten , umfassen ungef\u00e4hr folgende Anzahl Helligkeitsstufen innerhalb eines Kreises:\n111,5, IV 3, VI 4, VIII5, X 8, XII9, XIV 10.\nIm Atlas zeigen somit die 6 Kreise der Grade X bis XIV grolse Helligkeitsunterschiede, die 15 Kreise der Grade IV bis VIII mittlere, die 7 Kreise des Grade II kleine. Unter den analytisch\nw\nAbbildung 10\nDie Helligkeitsunterschiede in verschiedenen Farbenkreisen im analytischen Dreieck dargestellt Zu lesen wie Abbildung 1/2\nReingleichen (RR) finden sich hingegen Kreise verschiedenen Helligkeitsunterschiedes: der schwarzreichere hat die gr\u00f6fseren Kontraste. \u2014\nDie Kreise des S\u00e4ttigungsgrades II haben keinen auffallenden Helligkeitsunterschied mehr. Namentlich in dem weifsreichsten (ca)","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n335\nund schwarzreichsten (nl, pn) Kreise der Reihe sind (der Abweichungen vom FECHNEKschen Gesetze wegen) Gelb und Blau nahezu gleichhell geworden. Deshalb wirken diese Kreise besonders ruhig (auch fade, langweilig). F\u00fcr die hier angestrebte Untersuchung ist die Frage wichtig, wie Kreise mit reineren Farben aussehen, die trotzdem Helligkeitsgleichheit bewahren. Solche Kreise sind nat\u00fcrlich nur m\u00f6glich unter Aufgabe des Prinzips der Wertgleichheit (d. h. des gleichen Weifs- und Schwarzgehaltes). Mit Abb. 2 beschrieb ich schon, wie die Farben f\u00fcr derartige hellgleiche Kreise gefunden werden k\u00f6nnen. Die Iso-phanen, die einen Punkt der Graureihe schneiden, geben aber eine ganze Reihe hellgleicher Farben f\u00fcr jeden Farbenton an. Es ist daher aufser der Hellgleichheit noch ein weiteres Bestimmungsmittel n\u00f6tig, um zu den gedachten Kreisen zu gelangen. Da w\u00e4re zun\u00e4chst an die Forderung der Reingleichheit zu denken (RR der Abb. 2 bestimmt ungef\u00e4hr 13 gc und lpe). An ihre Stelle k\u00f6nnte die S\u00e4ttigungsgleichheit (SS7 der Abb. 2: 13 ga, 5ic, Ile) treten. Drittens k\u00f6nnte die Bedingung m\u00f6glichster Reinheit aller Farben gestellt werden. Diese Bedingung kann so ausgesprochen werden: die Farben des (m\u00f6glichst reinen) Ausgangskreises sollen durch Beimischung von nur Weifs oder nur Schwarz gleichhell gemacht werden. Die hellen Farben des Kreises bilden dann eine weifsgleiche Reihe (Dunkelklare); die dunklen eine schwarzgleiche (Hellklare), (nn und aa der Abb. 2 schneiden 1 ne, 5 na, 13 ga.) Bei reinem Ausgangskreise sind s\u00e4mtliche Farben, die mit der zuletzt angegebenen Bedingung zusammengestellt werden, nahezu klar. \u2014 Die Frage, welchem von diesen drei m\u00f6glichen Bestimmungsmitteln der Vorzug zu geben ist, kann ich hier nicht allgemein entscheiden. Reingleiche und s\u00e4ttigungsgleiche Reihen, die aufserdem hellgleich sind, lassen sich f\u00fcr alle 12 Farben in dem OsTWALDschen System\nnicht mit hinreichender Genauigkeit auf finden.1 Klare hellgleiche\n\u2022 \u2022\nKreise sind dagegen eine ganze Anzahl aus der \u00dcbersicht der Abb. 9 zu entnehmen. Nicht alle sind gleich g\u00fcnstig f\u00fcr den Eindruck eines hellgleichen Kreises. (Genau so ist es ja mit den wertgleichen Kreisen Ostwalds : Es gibt einen Kreis, der die Farbt\u00f6ne am reinsten zeigt.) Die hellsten hellgleichen Kreise\n1 Bez\u00fcglich hellgleicher Paare werde ich auf die angeschnittene Frage zur\u00fcckkommen.","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nJRupprecht Matthaei\nenthalten noch so viel wertgleiche Farben, dafs die wenigen Farben aus anderen Kreisen darin als fremd auffallen. So ist es andeutungsweise noch bei einem Schnitt in der H\u00f6he des Grau e: lpc; 3, 23 pa; 5, 21ga; 7\u201419 ea. Die dunkelsten Kreise wirken bez\u00fcglich der hellen Farben zu wenig bunt, so dafs das sehr reine Blau unbillig hervortritt, (lpl; 3, 23 pi; 5pg; 7, 15\u201421 pe; 9, llpc; 13 pa.) Befriedigend wirken hingegen die Schnitte durch Abb. 9 im mittleren Helligkeitsbereich. Sie haben den Vorteil, dafs der S\u00e4ttigungsunterschied der Einzelfarben m\u00f6glichst gering ist. W\u00e4hrend die beiden genannten Kreise S\u00e4ttigungsgrade IV bis XIV enthalten, kommt man hier mit dem Bereich VIII bis XIV oder gar XII aus. Als guten Kreis, der der Forderung der Hellgleichheit und der Klarheit bei geringsten S\u00e4ttigungsunterschieden gen\u00fcgt, nenne ich:\nlpg; 3pe; 5pc; 7, 9 la (na); llia(la); 13ia; 15, 17, 191a(na),\n21na(pa); 23 pe.\nDieser Kreis wirkt in der Tat nat\u00fcrlich; die Farben \u201epassen\u201c zusammen, man erh\u00e4lt einen aufserordentlich ruhigen, ausgeglichenen Eindruck ohne die Langweiligkeit, die bei den wenig reinen wertgleichen Kreisen, die auch nahezu hellgleich sind, (ca usw.) bemerkt wird. Besonders leicht erkennt man die Wirkung eines derartigen Kreises, wenn man ihn in schwarzem Rahmen \u00e4hnlich den Kreisen der OsTWALDschen Fibel mit der Orgel ausf\u00fchrt. Durch Interpolation kann man auch die Zwischent\u00f6ne, die nicht gemessen wurden, einf\u00fcgen. So stellte ich mir folgenden Kreis her:\n1, 2ne; 3nc; 4na; 51a; 6ia; 7\u201420ga; 21ia; 221a; 23nc; 24ne.\nEin Vergleich dieses Kreises mit dem OsTWALu-Kreise ga, der zu dem genannten Kreise den gr\u00f6fsten Teil der Farben gestellt hatte, lehrt den Unterschied der Wirkung. Der hellgleiche Kreis wirkt ruhiger, da der Helligkeitskontrast fehlt; er wirkt aber auch kr\u00e4ftiger, weil er nicht die blafs wirkenden weifsreichen gelben T\u00f6ne enth\u00e4lt. Dagegen gibt der wertgleiche Kreis alle Farbent\u00f6ne in gleicher Ausgepr\u00e4gtheit. Um endlich dem Ein-wande zu begegnen, dafs die Zusammengeh\u00f6rigkeit in den beschriebenen Kreisen etwa nur durch den allm\u00e4hlichen \u00dcbergang zu anderem Weifs- und Schwarzgehalt vorget\u00e4uscht werde, habe ich einen Kreis mit gleichartigen Vermittlungen daneben gehalten. Ich benutzte dieselben Ausgangskreise wie vorher; nur nahm ich jetzt Gelb aus dem weifsreichsten, Blau aus dem schwarzreichsten.","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n337\n1\u20148ga; 9ia; 101a; line; 12\u201414ne; 15nc; 16na; 171a; 18ia; 19\u2014 24 ga. Dieser Kreis wirkt unruhig. Zwar ist auch hier eine gewisse Gesetzlichkeit vorhanden; sie wirkt aber dahin, dafs die Helligkeitskontraste eines normalen wertgleichen Kreises \u00fcbertrieben werden. Die Fremdartigkeit des hier Zusammengef\u00fcgten wird besonders deutlich, wenn man entfernter liegende Farben nebeneinander h\u00e4lt. \u2014\nDie aufgef\u00fchrten Beispiele beweisen, dafs gleiche Helligkeit eine Zusammengeh\u00f6rigkeit s\u00e4mtlicher Farbent\u00f6ne zu einem Kreise bedingen kann. Es gilt nun die St\u00e4rke dieser Verwandtschaft gegen\u00fcber der Wertgleichheit abzuw\u00e4gen. Betrachtet man eine Tafel, auf der die in Abb. 9 dargestellte Anordnung in Farben ausgef\u00fchrt ist1, so sieht man daraus die Wertgleichen heraus. Namentlich f\u00e4llt gleich die eigenartige Zickzacklinie, die die reinsten Farben bilden, auf. Wenn also dem Auge die 12 Farben in nahezu hellgleichen Reihen und in den Abstufungen der Abb. 9 geboten werden, so pflegt es doch die Wertgleichen, die eine kompliziertere Ordnung bilden, zusammenzufassen. Diese Beobachtung ist wichtig! Sie beweist die grundlegende Rolle der\nQualit\u00e4t, wogegen das Attribut als Merkmal zweiter Ordnung\n\u2022 \u2022\nerscheint. Die \u00dcberlegenheit der Wertgleichheit braucht deshalb nicht unbedingt zu gelten. Wie ich noch zeigen werde, gibt es F\u00e4lle, namentlich bei paarweiser Bindung, in denen die Hellgleichheit mit der Wertgleichheit in erfolgreichen Wettbewerb tritt. \u2014 Schliefslich sei noch daran erinnert, dafs der Neutrale Farbenkreis alle Farben in m\u00f6glichster Reinheit bei unterdr\u00fccktem Helligkeitseindruck darzustellen vermag. Er darf in gewissem Sinne als ein Kompromifs der Wertgleichheit mit der Hellgleichheit angesehen werden!\nDer Schl\u00fcssel. Um beliebige Farben gleicher Helligkeit auf bequeme Weise zu finden, habe ich mir ein einfaches Ger\u00e4t hergestellt.2 Dieses Werkzeug ist gewissermafsen durch Zerlegung der Abb. 1 entstanden. Die Charakteristiken zeichnete ich auf ein Blatt Pauspapier. Sodann drehte ich das Blatt um 180\u00b0, so dafs die Charakteristik 23 auf dem Pauspapier mit dem der Abbildung zur Deckung gebracht wurde. Nun konnte ich durch\n1\tIch habe sie f\u00fcr den Bereich der Orgel hergerichtet.\n2\tDa dieser Schl\u00fcssel f\u00fcr das Malergewerbe praktisch bedeutsam sein d\u00fcrfte, habe ich ihn zum Gebrauchsmusterschutz angemeldet (Nr. 1037920).","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nRupprecht Matthaei\nden Schnittpunkt der Charakteristiken die Linie WS der Abb. 1 durchzeichnen. Der B\u00fcschel der Charakteristiken war somit in die in Abb. 2 dargestellte Lage gebracht. Ich legte das Pauspapier auf eine der Abb. 1 vollst\u00e4ndig entsprechende Zeichnung auf, in der aber die Charakteristiken weggelassen waren. Es kommt jetzt nur darauf an, die den Schnittpunkt der Charakteristiken auf dem Pauspapier ber\u00fchrende Gerade (Decklinie) stets mit der Graulinie WS des Dreiecks zur Deckung zu bringen. Die Schnittpunkte der Charakteristiken mit dem Koordinatensystem des Dreiecks geben bei einer bestimmten Lage des Pauspapiers Farben gleicher Helligkeit an. Indem man den Schnittpunkt auf der Graureihe verschiebt, erh\u00e4lt man Hellgleiche f\u00fcr jede beliebige Helligkeitsstufe, die ihrerseits an dem Ort des Schnittpunktes auf der Graureihe ablesbar ist. Die OsTWALDschen Koordinaten lassen Weilsgleiche und Schwarzgleiche aus den Buchstaben der Farbzeichen ohne weiteres erkennen. Mit dem Schl\u00fcssel kann daher leicht die Aufgabe gel\u00f6st werden, Hellgleiche anzugeben, die aufserdem weifsgleich oder schwarzgleich sind. Um \u00e4hnlicher weise auch S\u00e4ttigungsgleiche und Reingleiche zu bestimmen, waren noch einige Hilfslinien n\u00f6tig. F\u00fcr die S\u00e4ttigungsgleichen zeichnete ich entsprechend der Geraden SS' auf Abb. 2 Linien durch die Punkte ca, ea, ga und ia, die s\u00e4mtlich die Schwarzecke schneiden. Zur Ermittlung der Reingleichen habe ich auf dem Pauspapier Parallelen zu der Decklinie durch die Punkte ea, gc und ec gezogen.\nDie Hellgleichen. Wie erw\u00e4hnt, wird durch die Forderung der Hellgleichheit die Zuordnung einer Reihe von Farben zu einer Ausgangsfarbe noch nicht eindeutig bestimmt. Hellgleiche Farben k\u00f6nnen aufserdem noch sein: Gesetzliche Earbton-zuordnungen (z. B. Gegenfarben), Wertgleiche, Farbtongleiche,\nS\u00e4ttigungsgleiche, Reingleiche, Schwarzgleiche und Weifsgleiche. \u2022 \u2022\n\u00fcberdies kann noch eine bunt-unbunte Zusammenstellung verlangt werden. Daher gibt es eine ganze Reihe verschiedenartiger Hellgleicher; und erst eine \u00dcbersicht \u00fcber alle diese Gruppen gestattet eine Beurteilung der harmonischen Bedeutung der Farbenhelligkeit. Es wird sich zeigen, dafs allen untersuchten hellgleichen Harmonien ein Gemeinsames eigent\u00fcmlich ist, das ihren Charakter als Hellgleiche ausmacht. Es ist die schon bei den Kreisen geschilderte besonders einheitliche, ruhige, ausgeglichene Wirkung. Sie beweist noch einmal die Erlebbarkeit","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n339\nder Hellgleichen im allgemeinen und die Richtigkeit der er-rechneten Helligkeitswerte im besondern.\nDie im folgenden aufgef\u00fchrten Beispiele sind einesteils so gew\u00e4hlt, dafs sie aus den Abbildungen ablesbar sind. Im \u00fcbrigen sind sie aber mit dem Schl\u00fcssel ermittelt, wobei ich Wert auf gr\u00f6fste Genauigkeit gelegt habe. Nat\u00fcrlich sind noch sehr viel mehr Hellgleiche in dem Normenatlas zu finden, namentlich wenn man die im Bereich der Schwelle liegenden Abweichungen von den errechenbaren Werten mit heranzieht.\n1.\tFreie Hellgleiche. Besondere Bedeutung f\u00fcr die vorliegende Untersuchung m\u00fcssen Hellgleiche besitzen, die m\u00f6glichst sonst keine gesetzliche Beziehung auf weisen. Solche sind gar nicht so leicht zu finden. Es gelingt aber, wenn man gr\u00f6fsere Reihen w\u00e4hlt. Geeignet sind Schnitte durch das System der Abb. 8. Es seien genannt eine Reihe von der Helligkeit g und eine von 1.\n1\tge 13, ie23, ial7, ne 2, pe2, na6, pa5.\n2\tni 23, pi 3, ne 19, pe21, na 13, palO.\nDiese Reihen wirken einheitlich ; die aufgef\u00fchrten Farben geh\u00f6ren dem Eindr\u00fccke nach zusammen. Eine gewisse Gesetzlichkeit besteht noch in der ann\u00e4hernd gleichm\u00e4fsig zunehmenden S\u00e4ttigung. Auch sie l\u00e4fst sich ausschalten, wenn man in regelloser Folge einige Farben daraus w\u00e4hlt.\n3\tne 2, ial7, pa\u00f6 (aus 1).\nDie harmonische Wirkung wird hier im wesentlichen durch die Hellgleichheit bedingt.\n2.\tGleichabst\u00e4ndige Farbent\u00f6ne bieten eine gewisse Gesetzlichkeit bez\u00fcglich der Qualit\u00e4t.\n4\tie23, pe2, pa\u00f6 (aus 1).\n5\tia3, ca 13, ea23 (s. 19).\nEine besondere Gruppe stellen die Gegenfarben dar. Unter ihnen ist schon im reinsten Kreise ein Paar, das nahezu hellgleich ist n\u00e4mlich pa 7, 19.1 Es ist daher zu erwarten, dafs Rot-Gr\u00fcn eine Eigenart zukommt, die es von allen anderen Gegenfarben unterscheidet. Vergleichbar ist ihm in der Tat nur Veil-Laubgr\u00fcn, das als temperaturindifferent \u00e4hnlich ruhig wirkt. Dem Paare 7, 19 m\u00fcssen sich weiterhin die anderen im Charakter n\u00e4hern, wenn man sie ebenfalls hellgleich macht.\n1 Dar\u00fcber auch W. Ostwald, Die Harmonie der Farben S. 77.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59\t24","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nRupprecht Matthaei\n9 91c, 21 nc. 10 llie, 231g.\n6\t1 ie, 13 ea (s. 14, 16)\n7\t3 ne, 15 ic.\n8\t5pa, 17 ia (aus 1) (auch 29).\nWenn man diese Paare alle nebeneinanderlegt, kann man sich davon \u00fcberzeugen, dafs die Hellgleichheit bez\u00fcglich der Zusammengeh\u00f6rigkeit den Gegenfarben die Wertgleichheit zu vertreten vermag. Erst wenn Gegenfarben verschiedener Kreise nicht hellgleich sind, wirken sie unharmonisch. Aus der Reihe der Paare f\u00e4llt 8 heraus, weil es die reinsten Farben enth\u00e4lt. Auf den besonderen Charakter von 6 und 10 komme ich zur\u00fcck.\n3.\tWertgleiche. Die Helligkeitsfolge (Teil I Abb. 4) zeigte, dafs einige Farben bereits im Kreise pa beinahe hellgleich sind. Dem Grade der Helligkeitsverwandtschaft nach sind es 15\u201419, 3 u. 23, 7 u. 9, 7 u. 19. In den weniger ges\u00e4ttigten Kreisen werden die Helligkeitsunterschiede geringer. Daher k\u00f6nnen als hellgleich gelten in\nla 11 = 13, 7 \u2014 9 \u2014 15/19 ; ia 7 bis 19; ga 7 bis 19 und 5 = 21; ea 7 bis 21 ; ca 3 bis 23.\nDie genannten Farben erscheinen daher im wertgleichen Kreise in erh\u00f6htem Mafse zusammengeh\u00f6rig.\n4.\tFarbtongleiche Hellgleiche sind jeweils auf einer Isophanen abzulesen. Man erh\u00e4lt sie auf dem Farbenkreisel durch Mischen der Ausgangsfarbe mit beliebigen Anteilen des gleichhellen Grau. Kirschmann nennt sie \u201ereine S\u00e4ttigungss tuf en\u201c.1\n11\t21 pa, lc, ig (Abb. 1) (auch 30).\n12\t5 na, ic (Abb. 2).\nLehrreich ist ein Vergleich der Hellgleichen mit den anderen m\u00f6glichen Zusammenordnungen im Farbtongleichen Dreieck. Dazu w\u00e4hle ich\n13\t17 na, lc, ig.\nEs ist notwendig, sich die folgenden Beispiele in der hier gegebenen Anordnung aus dem Farbenatlas aufzusuchen und nebeneinander zu legen, wenn man den verschiedenen Charakter der Reihen erfassen will. Durch Worte lassen sich diese Dinge nur unzul\u00e4nglich darstellen. Die Anschauung ist dabei alles.\n1 a. a. 0.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n341\nWeifsgleich:\t17nc, ng, nl.\nHellgleich:\t17na,\tlc,\tig.\nSchwarzgleich:\t17pe,\tle,\tge.\nReingleich:\t17 pg,\tie,\tec.\nS\u00e4ttigungsgleich :\t17 pe,\tlg,\tgc.\nDie Reihenfolge ist in der Weise entstanden, dafs ich immer die einander \u00e4hnlichsten Dreier am n\u00e4chsten zusammenlegte. Dann aber konnte ich dieselbe Folge systematisch best\u00e4tigen. Denkt man sich durch einen im mittleren Bereich des Farbtongleichen Dreiecks gelegenen Punkt die Geraden gezeichnet, die die f\u00fcnf genannten gesetzlichen Zuordnungen angeben, und legt nun einen Bleistift auf die Weilsgleiche, so kann man durch Drehung des Bleistiftes um den Schnittpunkt der 5 Geraden1 2 nacheinander die 5 Linien mit dem Bleistift zudecken und kommt dann zu der oben aufgef\u00fchrten Reihenfolge. Die Richtung, mit der man jeden Dreier auf z\u00e4hlt, ergibt sich, wenn man etwa die Spitze des Bleistiftes bei der Weifsgleichen nach der reinsten Farbe hin richtet und nun auch bei den anderen Geraden immer mit der Spitze des Bleistiftes aufzuz\u00e4hlen beginnt. Aus diesem Verfahren ergibt sich, dafs man die Enden der Reihe zu einem Kreise zusammenbiegen k\u00f6nnte. In der Tat hat auch die S\u00e4ttigungsgleiche mit der Weifsgleichen eine gewisse Verwandtschaft. \u2014 Ostwald hat nur die Weifsgleiche, Schwarzgleiche und S\u00e4ttigungsgleiche systematisch untersucht. Man kann im Zweifel sein, ob man in diesen Reihen das zuordnende Moment, also die Weifs-, Schwarz- und S\u00e4ttigungsgleichheit, als solches unmittelbar erfassen kann. Sicher kommt aber jeder ein ganz bestimmter Charakter zu. Ostwald hat darauf aufmerksam gemacht, dafs in der Weifsgleichen bei dem Herauskommen der relativ reinen Farbe aus der schw\u00e4rzlichen ein Leuchten entsteht. Die S\u00e4ttigungsgleiche ist am besten als Schattenreihe gekennzeichnet : man sieht f\u00f6rmlich die weifsreichste Farbe belichtet, die schwarzreichste beschattet. Ob sie wirklich als \u201epsychologisch Reingleicheu wirksam ist, wie auch Miescher 2 annimmt, ist mir zweifelhaft. Immerhin n\u00e4hert sie sich diesem Eindruck mehr als die analytisch Reingleiche. Diese steht ihrem Eindr\u00fccke nach zwischen der S\u00e4ttigungs- und der Schwarzgleichen. Sie macht\n1\tIm Dreieck der Abb. 2 wird links herum gedreht.\n2\ta. a. 0.\n24*","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nRupprecht Matthaei\nim Farbtongleichen Dreieck einen besonders ausgepr\u00e4gten Eindruck. Es wird sich zeigen, dafs sie als farbtonverschiedene Hellgleiche ausgebildet besondere Bedeutung besitzt. Die Reingleiche scheint der S\u00e4ttigungsgleichen am n\u00e4chsten zu stehen. Zwischen ihr und der Schwarzgleichen ist noch eine (sechste) gesetzliche Reihe im Dreieck m\u00f6glich. Sie w\u00fcrde durch gerade Linien bestimmt, die die Weifsecke des analytischen Dreiecks schneiden. Die Untersuchung dieser Reihe mufs ich mir noch Vorbehalten. Aus dem Ostwald sehen System lassen sich immer nur zwei Punkte dieser Reihen ermitteln, z. B. 17 ec, ne (dazwischen ein Mittelton ie/le). Solche Farben sind durch das gleiche Verh\u00e4ltnis zwischen Schwarzgehalt und Vollfarbengehalt bestimmt. \u2014 Die Schwarzgleiche unterscheidet sich von den bisher genannten Reihen durch ein gleichm\u00e4fsigeres Aussehen. Zwischen ihr und der Weifsgleichen liegt systematisch und dem Wesen nach die Hellgleiche. Bei ihren Farben ist es sicher, dafs sie auch dem Namen entsprechend aussehen. Die Hellgleiche ist von allen verglichenen Dreiern diejenige, die den ruhigsten Eindruck vermittelt. Hier ist die Zusammengeh\u00f6rigkeit besonders eindringlich. Je nach dem Farbentone n\u00e4hert sie sich mehr der Weifs- oder der Schwarzgleichen, Die gelbe Hellgleiche steht der Schwarzgleichen n\u00e4her, die blaue der Weifsgleichen.\n\u00d4. Farbtonverschiedene Hellgleiche, geordnet nach den Gesetzlichkeiten des farbtongleichen Dreiecks, lassen sich z. B. aus der Konstruktion der Abb. 2 entnehmen.\na)\tS\u00e4ttigungsgleiche Hellgleiche:\n14\t13ga, \u00f6ic, Ile (Abb. 2).\n15\t17 ia, 2 ne (aus 1) (auch 6; 10).\nIn 14 kann statt 13 ga der ganze Bereich zwischen 7 und 19 desselben Kreises gesetzt werden. Der Berechnung nach stimmt am besten: 7ga, Ile.\nb)\tReingleiche Hellgleiche:\nAus dem Atlas sind hier nur zweigliedrige Reihen entnehmbar.\n16\t13 gc, lpe (Abb. 2)\n17\t15ie, lpg.\n18\t17 ea, 1 pc.\nIn 16 kann statt 13 gc der ganze Bereich zwischen 5 und 21 desselben Kreises gesetzt werden. Der Berechnung nach stimmt am besten : 19 gc, 1 pe.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n343\nc)\tSchwarzgleiche Hellgleiche:\n19\t2 na, 3ia, 23 ea, 13 ca (Abb. 8).\n20\t5 na, 13 ga (Abb. 2) (auch 8; 9).\nd)\tWeifsgleiche Hellgleiche:\n21\t10 pa, 21 pe, 3pi (aus 1).\n22\t5na, Ine (Abb. 2).\n23\t5ia, 3ie.\nUm sich den verschiedenen Charakter dieser vier Gruppen von Hellgleichen vor Augen zu f\u00fchren, ist es zweckm\u00e4fsig, sich die Farbenbeispiele nebeneinander auszubreiten. F\u00fcr den Vergleich sind die Beispiele 14, 16, 20, 22, die aus der Abb. 2 ablesbar sind, besonders geeignet. Man ordnet die K\u00e4rtchen des Normenatlas am besten in die folgende Treppenform. Die erste Vertikalreihe enth\u00e4lt S\u00e4ttigungsgleiche, die zweite Weifsgleiche 1 le\t(ne ist hier durch das kaum verschiedene pe\n13ga 5na\tzugunsten der Reingleichen ersetzt!); die\nlpe 19 gc erste Horizontalreihe zeigt Schwarzgleiche, die zweite Reingleiche. \u2014 Die vier Gruppen Hellgleicher behalten den Charakter der besonderen Gesetzlichkeit, nach der sie gebildet sind. In hervorragendem Mafse gilt das f\u00fcr die S\u00e4ttigungs-gleiche. Gew\u00f6hnlich erh\u00e4lt man hier den Eindruck, dafs die Farben einer s\u00e4ttigungsgleichen Hellgleichen gar nicht gleichhell sind. Ebenso fallen auch die s\u00e4ttigungsgleichen Gegenfarbenpaare 6 und 10 aus der oben aufgef\u00fchrten Reihe heraus. Die Farbe, die nach der Auffassung als Schattenreihe st\u00e4rker belichtet sein w\u00fcrde, wird im allgemeinen als die hellere betrachtet. Dieser merkw\u00fcrdige Sonderfall einer Hellgleichen, die nicht den Eindruck einheitlicher Helligkeit erweckt, bedarf eingehenderer Er\u00f6rterung. Das ist zugleich die Gelegenheit, die eigenartige Schwierigkeit eines Helligkeitsvergleiches bunter Farben untereinander an einem Punkte zu kl\u00e4ren. In 13gc, Ile scheint auf dem Blau ein Licht zu liegen. Dieses Licht pflegt man als gr\u00f6fsere Helligkeit anzugeben. Der ungleiche Helligkeitseindruck der Farben einer s\u00e4ttigungsgleichen Hellgleichen wird mit dieser Beschreibung auf die Auffassung als Schattenreihe zur\u00fcckgef\u00fchrt. F\u00fcr diese Deutung kann ich eine Beobachtung heranf\u00fchren, deren n\u00e4here Untersuchung ich freilich noch zur\u00fcckstellen mufs. Es handelt sich um die merkw\u00fcrdige Tatsache, dafs das Helligkeitsurteil unter gewissen Umst\u00e4nden von der Lage der verglichenen Parben zum Lichteinfall abh\u00e4ngig ist.","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nRupprecht Matthaei\nGewohnheitsgem\u00e4fs habe ich die Schattenreihe von links nach rechts angeordnet, so dafs die weifsreichere Farbe dem Licht am n\u00e4chsten lag. Als ich sie nun zuf\u00e4llig einmal umgekehrt zum Lichte hielt, stellte ich befriedigende Hellgleichheit fest. Am eindeutigsten wirkt der Versuch in folgender Form:\n1.\t13 gc, 1 le\n2.\t1 le, 13 gc.\n(Besonders geeignet fand ich dazu auch die Farben: llia, 23ne.)\nLichteinfall \u00bb-\n1. Die Erfassung des Farbenpaares als Schattenreihe bedingt eine Beurteilung im Sinne verschiedener Helligkeit. Die weifsreichere Farbe wird dadurch gewissermafsen auf gehellt, die schwarzreichere verdunkelt. 2. Bei widersinniger Lagerung zum Lichte wird dagegen die Auffassung als Schattenreihe als solche verhindert: jetzt sieht man die Farben gleichhell als gleichwertige Teile einer Fl\u00e4che. \u2014 Wenn man diese Form der Auslegung nicht anerkennen will, so erbringt der Versuch jedenfalls den Nachweis, dafs unter gewissen Bedingungen auch die s\u00e4ttigungsgleiche Hellgleiche hellgleich wirkt.\nDa auch die Unbunte eine Schattenreihe ist, mufs der Versuch ebenso mit Graustufen gelingen. Tats\u00e4chlich erh\u00e4lt a, c einen gr\u00f6fseren Helligkeitsunterschied, wenn a zum Licht, c von ihm weg liegt. Bemerkt sei, dafs hier eine Erwartung der Vp st\u00f6ren kann. Wenn sie an dem k\u00f6rperlich gesehenen Gebilde vom Schatten abstrahiert, findet sie a im \u201eSchatten\u201c bedeutend heller als c im \u201eLicht\u201c und stellt danach fast Hellgleichheit fest, wenn a zum Licht und c von ihm weg liegt.\nDie Reingleiche, deren Untersuchung Ostwald seit der 2. Auflage der Fibel zur\u00fcckgestellt hat, erweist ihre besondere Bedeutung, wenn sie als Hellgleiche ausgew\u00e4hlt wurde. Im Gegensatz zur S\u00e4ttigungsgleichen wird sie sofort als hellgleich gesehen und vermittelt einen besonders ruhigen Eindruck. \u2014 Die schwarzgleiche Hellgleiche wirkt \u00e4hnlich ruhig, wie die reingleiche. Die weifsgleiche n\u00e4hert sich im Charakter der s\u00e4ttigungsgleichen Hellgleichen; doch beh\u00e4lt sie das ihr eigent\u00fcmliche Leuchten, das kein Zu-Hell-Sch\u00e4tzen bewirkt, wie das Belichtet-Sein in der Schattenreihe. \u2014 Man betrachte noch einmal die Zusammenstellungen der gegebenen Treppenanordnung. Die Reingleiche und Schwarzgleiche einerseits, die S\u00e4ttigungsgleiche und Weifsgleiche andererseits sind als Hellgleiche ausgebildet einander n\u00e4her ger\u00fcckt. Die Reingleiche kann als Hellgleiche tats\u00e4chlich den Eindruck der Reingleichheit vermitteln; sie wirkt deshalb be-","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n345\nsonders gleichm\u00e4fsig ohne eindeutigen Anfangs- und Endpunkt in der Reihe. Die ihr nahestehende Schwarzgleiche besitzt schon eine gewisse Polarit\u00e4t: Das Blau ist weifslicher, das Krefs ges\u00e4ttigter. Man empfindet den damit geschaffenen Ausgleich unmittelbar. Die Weifsgleiche ist zwischen \u201eleuchtend\u201c und \u201ed\u00fcster\u201c ausgespannt: eine sehr ges\u00e4ttigte Farbe kann aus ihr herausspringen ohne eigentlich die Helligkeit zu st\u00f6ren. (Interessant ist im Beispiel ein Vergleich der Zusammengeh\u00f6rigkeit desselben Krefs zum Blau in der Schwarzgleichen und zum Olivgr\u00fcn in der Weifsgleichen!) Die S\u00e4ttigungsgleiche endlich enth\u00e4lt den Gegensatz \u201ebelichtet\u201c \u2014 \u201ebeschattet\u201c, der, wie ausgef\u00fchrt wurde, das Urteil verschiedener Helligkeit bedingen kann. Ihr Vergleich mit der Reingleichen ist besonders wichtig!\n6. Bunt-unbunte Hellgleiche. Es bleibt noch, auf die Zusammengeh\u00f6rigkeit bunter Farben mit den gleichhellen unbunten, die ja als Mafs ihrer Helligkeit gelten, hinzuweisen. Der Neutrale Kreis enth\u00e4lt diese bunt-unbunten Harmonien zwischen den Buntfarben und ihrem Grunde. Nur verh\u00e4ltnism\u00e4fsig wenige Buntfarben besitzen gerade die Helligkeit einer der im Atlas enthaltenen Graustufen (a, c, e, g, i, 1, n, p). Im Kreise pa stimmen gut: 5 = g, 11 = 1, 19 = i. Als Beispiele w\u00e4hle ich hellgleiche Reihen mehrerer Bunter mit einer Unbunten. Es zeigt sich in ihnen, dafs die systematisch relativ fremden Gruppen zusammengeh\u00f6rig wirken, wenn sie bez\u00fcglich des Helligkeits-Attributes gleichartig sind.\n24\tc, 13 ga, 23 ea. (s. 19)\n25\tg, 13 ge, 23 ie. (s. 1)\n26\t1, 3pi, 21 pe. (s. 2)\n27\t7ea, e, 19 ea. (Abb. 5)\n28\tlie, e, 13ea. (Abb. 6)\n29\t5pa, ic, g, 17 ge, ia. (s. 8)\n30\t5pa, ic, ge, g. (Abb. 1).\nDas Grau wirkt in 24 und 25 besonders hinzugeh\u00f6rig und die entsprechenden Zusammenstellungen sehr gleichartig ruhig. 27, 28, 29 sind besonders gesetzliche Harmonien, da es sich um Gegenfarbenpaare mit gleichhellem Grau handelt. 30 ist eine F\u00e4rb ton gleiche, die im Unbunt endet. In -25, 27, 28, 29, 30 sind bunt-unbunte Weifsgleiche enthalten, in 28 aufserdem eine buntunbunte Schwarzgleiche. In 27 sind \u00fcberdies die Bunten wert-gleich. Es ist ein Grenzfall, wenn die bunt unbunte Hellgleiche","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nRupprecht Matthaei\nnahezu weifs- oder schwarzgleich ist ; er kommt vor bei den hellen (schwarzgleich) und dunkeln (weifsgleich) Farben. Die Frage, ob das weifsgleiche oder schwarzgleiche Grau, auch wenn es nicht die Helligkeit der Buntfarbe besitzt, schon in Paaren eine Zugeh\u00f6rigkeit auszudr\u00fccken vermag, soll unter \u201eBindung und Gliederung\u201c erledigt werden.\nDie Helligkeitsstufen. Wurde im vorauf gegangenen Abschnitt gezeigt, dafs gleiche Helligkeit in allen m\u00f6glichen Farbenzuordnungen die Zusammengeh\u00f6rigkeit bereits von zwei Farben sichert, so soll nunmehr gezeigt werden, dafs auch gesetzliche Abwandlungen der Helligkeit Farbenharmonien bedingen k\u00f6nnen. Hier sind gleichabst\u00e4ndige Helligkeitsstufen in gr\u00f6fseren Reihen zu untersuchen. Zun\u00e4chst mag wiederum die freie Reihe behandelt werden, deren einzige Gesetzlichkeit in der Helligkeitsabstufung besteht. Die Wertgleiche bildet eine weitere farbtonverschiedene Helligkeitsstufung. Als Farbtongleiche sollen vorz\u00fcglich die Klaren und die S\u00e4ttigungsgleichen an Beispielen er\u00f6rtert werden.\n1. Freie Helligkeitsstufen gleichen Abstandes erh\u00e4lt man z. B., indem man f\u00fcr jede Graustufe mittels des Schl\u00fcssels eine Buntfarbe gleicher Helligkeit aufsucht und dabei darauf achtet, dafs zwischen den benachbart liegenden Farben m\u00f6glichst keine Gesetzlichkeit obwaltet. Die nachfolgende Reihe A. enth\u00e4lt 11 verschiedene Farbent\u00f6ne. Ich habe sie so angeordnet, dafs man aufser der ganzen Reihe (entsprechend c, d, e, f usw.) auch zwei sich aus ihr ergebende mit dem doppelten Abstand der Stufen \u00fcberblicken kann. Somit liegen in dem Beispiel drei gleichstufige Helligkeitsreihen vor, die im \u00fcbrigen m\u00f6glichst frei gebildet sind. Trotz des unregelm\u00e4fsigen Durcheinander der Farbent\u00f6ne sehen sie alle sehr nat\u00fcrlich geordnet aus.\n\tA\t\tB\t\t\tC\t\t\t\t\tD\t\t\nc\t13 ca\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t3 ec\td\tpe\tpa\t3\t7\t13\t21\t\t1\t23\t5\t13\ne\t5ga\t\t1\tPL\tca\tca\tca\tca\ta\t\t\t\t\n\t21 gc\tf\t1\t0\t\t\t\t\t\tea\t\t\t\ng\t23 ie\t\t23\t21\tga\tea\tea\tea\tc\t\tea\t\t\n\t7 ic\th\t\t\tpa\tga\tga\tga\t\tgc\tgc\tea\tea\ni\t17 na\t\t5\t9\t\t\t\t\te\t\t\t\t\n\t9 le\tk\t17\t\tpc\tia\tia\tla\t\tie\t\tgc\t\n1\t19 ne\t\t\t13\tpe\tla\tla\tpa\tg\tlg\tie\t\u2022\tgc\n\tlpl\tm\t13\t\t\t\t\t\t\t\t\tie\t\nn\t11 pe\t\t\t\tPg\tpa\tna\tpc\ti\t\tlg\t\tie\n\t\t\t\t\tPi\tpc\tpa\tpe\t1\tni\tni\tlg\tlg\n\t\t\t\t\tPl\tPg\tpe\tPi\t\t\t\tni\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\tn\t\t\t\tni","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n347\n2.\tWertgleiche Helligkeitsstufen habe ich bereits im Anschl\u00fcsse an die Helligkeitsfolge beschrieben. Die dort1 f\u00fcr den Kreis pa angef\u00fchrten Reihen behalten in allen wertgleichen Kreisen den Charakter der gleichm\u00e4fsigen Helligkeitsabstufung. Nur sind die Stufen bei dem reinsten Kreis am gr\u00f6fsten. Von den oben genannten Reihen besitzt I die gr\u00f6fsten, III die kleinsten Stufen. Die Reihen I und II werden gleichstufig, wenn I in einen Kreis von der S\u00e4ttigung X gesetzt wird, w\u00e4hrend II im Kreise pa bleibt. W\u00e4hlt man f\u00fcr Reihe I den Kreis pe, so sind die entsprechenden Stufen der beiden Reihen etwa gleichhell. Das sind die in der Folge B nebeneinander gesetzten Farben. \u2014 Will man allen drei Reihen dieselben kleinen Stufen geben, die III schon in pa besitzt, so mufs I die S\u00e4ttigung IV und II die S\u00e4ttigung VIII erhalten. Diese Beispiele sind indessen nicht so geeignet, Helligkeitsstufen zu veranschaulichen, da die Stufen ziemlich klein sind und ein Kreis von der S\u00e4ttigung IV nur wenig bunt wirkt.\n3.\tKlare Helligkeitsstufen sind aus dem System der Abb. 4\nleicht zu entnehmen. Man braucht nur die Senkrechten, die die\nklaren Normen jeweils eines Farbentones enthalten, in gleiche\nTeile zu zerlegen. Derartige Reihen habe ich f\u00fcr vier T\u00f6ne\nunter C aufgef\u00fchrt. Auch hier sind ann\u00e4hernd gleichhelle Farben\nin Horizontalreihen zusammengeordnet. Aus der oben stehenden \u2022 *\n\u00dcbersicht lassen sich daher leicht farbtonverschiedene Helligkeitsstufen ablesen, wenn man beim Herabgleiten von einer Senkrechten auf eine andere \u00fcberspringt. So etwa: 7ca, 3ga, 13ga, 211a, 3pe usw. \u2014 Bemerkt sei noch zu dieser Zusammenstellung, dafs bei ihrer anschaulichen Darstellung aus den K\u00e4rtchen des\nNormenatlas der Zwang zum Zusammenfassen der Wertgleichen\n\u2022 \u2022\n(pa ist in der \u00dcbersicht fett gedruckt) nicht so hervortritt wie in einer Ausf\u00fchrung der Abb. 9. Wenn man die \u00dcbersicht C betrachtet, wird man vielmehr die Zusammenfassung der hellgleichen Horizontalen nat\u00fcrlich finden. Dafs also hier in dem Wettstreit zwischen Wertgleichheit und Hellgleichheit die letztere siegt, mag einmal darin begr\u00fcndet sein, dafs die Auswahl sich strenger an die Helligkeit anschlofs (als in Abb. 9), weiterhin aber darin, dafs die Reihe der nebeneinandergestellten Farbent\u00f6ne nicht stetig genug ist, um ihre Zusammengeh\u00f6rigkeit zu einem Kreise \u00fcberblicken zu lassen.\n1 Teil I S. 280.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nRupprecht Matthaei\n4. Die Schattenreihen sind die nat\u00fcrlichen Helligkeitsstufungen. Wenn Kirschmann feststellt, dafs die Hellgleiche die reinen S\u00e4ttigungsstufen einer Farbe enth\u00e4lt, so m\u00f6chte ich demgem\u00e4fs den Satz aussprechen: die farbtongleiche S\u00e4ttigungsgleiche enth\u00e4lt reine Helligkeitsstufen einer Farbe. Die Farben einer Hellgleichen, die durch Mischung einer beliebigen Farbe mit dem gleichhellen Grau entstehen, besitzen konstantes Verh\u00e4ltnis zwischen Weifs- und Schwarzgehalt. Die Farben einer S\u00e4ttigungsgleichen, die durch Beschattung einer beliebigen Farbe erhalten werden k\u00f6nnen, besitzen konstantes Verh\u00e4ltnis zwischen Weifsund Vollfarbengehalt. Ihr Schwarzgehalt ist die freie Variable, wie in den Hellgleichen der S\u00e4ttigungsgrad an Vollfarbe. Die Graureihe ist eine Schattenreihe, die durch Beschattung von Weifs entstanden gedacht werden kann. Sie ist auch erscheinungsm\u00e4fsig verwandt mit den bunten Schattenreihen. Es ist ein Ausdruck dieser Verh\u00e4ltnisse, wenn in dem OsTWALDschen (logarithmischen) Farbenk\u00f6rper die Schattenreihen einander parallel laufen. Die Schattenreihen des Normenatlas sind ihrer Helligkeit nach s\u00e4mtlich gleich abgestuft (im Bereiche des FECHNERschen Gesetzes). So l\u00e4fst dann die Ordnung einiger Schattenreihen nach ihrer Helligkeit \u2014 die \u00dcbersicht D liefert ein Beispiel \u2014 besonders hohe Ge-\n\u2022 \u2022\nsetzlichkeit erkennen. Daher ist auch die Wirkung der \u00dcbersicht mit Einschlufs der Unbunten besonders harmonisch. \u2014 Aus den beschriebenen Eigent\u00fcmlichkeiten der Schattenreihen l\u00e4fst sich die Berechtigung des Verfahrens herleiten, mit dem ich oben die Farbenk\u00f6rperschnitte der Abb. 7 konstruiert habe. Es wurde dort eine Parallelverschiebung der Schattenreihen vorgenommen, ganz entsprechend der \u00dcbersicht D. Wenn man Schattenreihen eines Farbentones verschiedenen S\u00e4ttigungsgrades in gleicher Weise ordnet, kommt man in der Tat zu den Schnitten der Abb. 7. In Tab. 81 gebe ich diese Ordnung f\u00fcr die Farbt\u00f6ne 1 und 13 in den S\u00e4ttigungsgraden VIII bis II. Man erkennt in der Gesamtform sofort den mittleren Bereich des unteren Schnittes der Abb. 7.\n1 Auch diese Ordnung ist als Gebrauchsmuster (Nr. 1087 921) gesch\u00fctzt.","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n349\nTabeile 8\nVIII\nia\nlc\nne\nPg\nVI IV 1\nII 0\nga ea\n1C\tgc\nle ie\nng lg\npi m\npl\nca\nec\nge\nig\nli\nnl\npn\na\nb\nc\nd\ne\nf\ng\nh\nl\nk\n1\nm\nn\no\nII IV VI VIII 13\nca\nec ea\nge gc\nlg ie\nli lg\nni ni\nga\nie\nle\nP Pn Pl\nng\npi\nia\nlc\nne\nPg\n_ \u2022 \u2022\nIn dieser \u00dcbersicht erkennt man auch sogleich das verschiedene Verhalten der Helligkeitsstufungen in den Weifsgleichen oder Schwarzgleichen f\u00fcr Gelb und Blau. Der gesamte Helligkeitsunterschied in der gelben schwarzgleichen Reihe 1 ig, lg, ng, pg betr\u00e4gt zwischen g und i etwa nur eine Stufe; dagegen ist bei Blau die Weifsgleiche beinahe hellgleich: 13ia, ic, ie, ig reicht von h bis i. Das gemeinte Verhalten kann man auch aus Abb. 1 entnehmen : die Charakteristik f\u00fcr Gelb n\u00e4hert sich der Schwarzgleichen, diejenige f\u00fcr Blau der Weifsgleichen. Andererseits enthalten vier Nachbarstufen einer gelben Weifsgleichen (lia, ic, ie, ig) sowie ebenso viele einer blauen Schwarzgleichen (13 ig, lg, ng, pg) relativ grofsen Helligkeitskontrast (5 Stufen). Ein Vergleich der genannten vier Reihen ist aufschlufsreich. Deutlicher zeigen das Wesentliche noch die folgenden Beispiele.\nI\tII\tIII\tIV\nIna\t13 na\t1 ea\t13 ea\nne\tne\tia\tia\nni\tni\tna\tna","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nKupprecht Matthaei\nDer Vergleich lehrt, dafs nicht die Weifsgleichen (I, II) oder die Schwarzgleichen (III, IV) den gleichartigen Eindruck machen: die blaue Weifsgleiche und die gelbe Schwarzgleiche geh\u00f6ren sichtlich zusammen. Diese (II, III) sind nahezu Hellgleiche. Indessen sind die gelbe Weifsgleiche und die blaue Schwarzgleiche verschiedenartig: hier kommt ihr eigent\u00fcmlicher Charakter zur vollen Auspr\u00e4gung. Mithin darf man behaupten, dafs die Helligkeitsstufung diesen gesetzlichen Reihen erst ihr eigent\u00fcmliches Wesen verleiht. Ostwald hat bereits die Besonderheiten seiner drei gesetzlichen Ordnungen im farbtongleichen Dreieck mit den Helligkeitsabstufungen in Zusammenhang gebracht.1 Er hat jedoch die Sonderstellung der Schattenreihen, f\u00fcr Gelb und Blau gleichabstufig zu sein, nicht richtig gesehen.\nBindung und Gliederung. Wie in der Einf\u00fchrung dieses Kapitels angedeutet wurde, bef\u00e4higt der Verwandtschaftsgrad die Farben zur Verrichtung der gestaltenden Funktionen Bindung und Gliederung. Dabei ist die relative Verwandtschaft mafsgebend. Im einfachsten Falle k\u00f6nnen zwei Farben zusammengeh\u00f6rig erscheinen im Hinblick auf eine dritte fremde.2 Dieses Prinzip l\u00e4fst sich experimentell auswerten. Man kann etwa ein Streifenmuster in drei sich immer wiederholenden Farben ausf\u00fchren. Zwei davon seien hellgleich, zwei wertgleich, zwei farbtongleich. Derartige Muster werden in der Regel so gesehen, dafs zwei von den gleich breiten Streifen zu der Figur zusammen-gefafst werden, und die Farbe des dritten Streifens dann als Grund erscheint. \u00dcber den Grad der Verwandtschaft oder hier des Bindungsverm\u00f6gens entscheidet dann der gr\u00f6fsere Zwang, ein bestimmtes Farbenpaar zusammenzusehen. Die beschriebene Anordnung stellt einen allgemeinen Fall dar, der aber nicht die eindeutigsten Ergebnisse liefert. Bei weitem sicherer fand ich das folgende Verfahren, das ich f\u00fcr eine wesentliche Verbesserung der Methode harmonische Zusammenh\u00e4nge zu untersuchen, halte.3 Die drei Farben, deren relatives Verwandtschaftsverh\u00e4ltnis\n1\ta. a. O. S. 53.\n2\tOstwald bemerkt diese Form der Zweierharmonien bez\u00fcglich der Unbunten (a. a. 0 S. 48). \u201eEin harmonischer Zusammenhang wird aber nur empfunden, wenn solche graue Zweier inmitten einer bunten Umgebung erscheinen, wo die Abwesenheit der Buntfarbe einen besonderen Farb-charakter bewirkt.\u201c\n3\tErstmalig habe ich die Methode an anderer Stelle beschrieben","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n351\nbestimmt werden soll, werden in Form der Normenk\u00e4rtchen zu\na\neiner Vertikalreihe geordnet: b\nc.\nDie Vp. wird auf gef ordert, sich unter diesem dreigeteilten l\u00e4nglichen Rechteck ein architektonisches Gebilde, etwa eine S\u00e4ule mit Kapitell, Schaft, Basis, vorzustellen, dessen Ganzheit durch Bindung und Gliederung geschildert werden soll. Zu diesem Ziele m\u00fcssen die beiden Enden (a und c) ineinander bindende Farben gesetzt werden; das Mittelst\u00fcck (b) mufs dagegen zum Zwecke einer klaren Gliederung deutlich abgesetzt werden. Die Vp. erh\u00e4lt nun die Aufgabe die drei Farbenk\u00e4rtchen so gegeneinander zu vertauschen, dafs die Gestaltung am g\u00fcnstigsten herauskommt. Die Farben, die die Vp. an die Enden des Gebildes legt, sind dann offenbar die am n\u00e4chsten verwandten. Das Verfahren hat sich mir als sehr zuverl\u00e4ssig erwiesen. Nur wenige Beispiele m\u00f6gen hier aufgez\u00e4hlt sein, die die Bedeutung der Farbenhelligkeit erl\u00e4utern.\nZun\u00e4chst ein Beispiel, das die Kraft der Bindung zwischen Hellgleichen gegen\u00fcber Farbtongleichheit und Wertgleichheit erl\u00e4utert! Ich habe es der \u00dcbersicht C entnommen, aus der man viele gleichartige Zusammenstellungen auf bauen kann. Die S\u00e4ule (a) zeigt den Versuch, die Farbtongleichen gegen die Hellgleichen und Wertgleichen zu binden, (b) denjenigen einer Bin-duog zwischen den Wertgleichen und (c) den Versuch einer Helligkeitsbindung. Die Anschauung lehrt, dafs die letzte Anordnung die befriedigende L\u00f6sung bringt. In diesem Falle l\u00e4fst sich daher behaupten, dafs die Bindung auf Grund gleicher Helligkeit st\u00e4rker ist als die widerstreitenden farbtongleichen und wert-\n7ga\t3pa\t3pa\n3pa\t7 ga\t7 pa\n7 pa\t7 pa\t7 ga\n(a)\t(b)\t(c)\ngleichen Bindungen.\nBesonders wichtig sind Beispiele, in denen eine bunte Farbe an die gleichhelle unbunte gebunden wird. Dann wird durch die Attributverwandtschaft gewissermafsen die Kluft zwischen den systematisch fremden Gruppen der Bunten und Unbunten \u00fcberbr\u00fcckt.\n(R. Matthaei, Die Verwandtschaft der Farben und ihre Bedeutung f\u00fcr farbiges Gestalten. Die Farbige Stadt. Hamburg 1927.) Dort findet man auch eine bunte Tafel zur Erl\u00e4uterung.","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nRupprccht Matthaei\n5pa\t5 pa\t5pa\t5pa\t5pa\ta\ng\t5 ni\t5 ni\ta\ta\t5pa\n5 ni\tg\ta\t5 ni\tg\tg\n(d)\t(e)\t(f)\t(g)\t(h)\t(i)\n(d) Die Verwandtschaft Farbtongleicher reicht zur Bindung nicht aus, wenn zwischen ihnen ein grofser Helligkeitsunterschied besteht und eine Unbunte dazutritt, die die Helligkeit der einen (5pa) besitzt. Auch die Gliederung ist hier unbefriedigend, da 5pa an g st\u00e4rker gebunden ist, als an 5 ni. \u2014 (e) Befriedigend wirkt dagegen die bunt-unbunte Helligkeitsbindung. Hier ist auch die Bunte gegen die Farbtongleiche ausreichend abgesetzt. \u2014 (f) Die nach Ostwald systematisch zu 5pa geh\u00f6rige Unbunte des gleichen Schwarzgehaltes (a und 5pa) vermag hingegen die Aufgabe der Bindung nicht zu erf\u00fcllen. \u2014 (g) Bei dem Versuche, eine gute Anordnung zu finden, gelangt man zu der Form, in der die bunten Farbton gleichen einander binden und sich gegen die Unbunte absetzen. Jetzt \u00fcberwiegt mithin die System Verwandtschaft der Bunten. \u2014 (h) Der Versuch liegt nahe, jetzt die beiden Unbunten, also die Hellgleiche und die Schwarzgleiche, gegeneinander auszuspielen. Er erweist die \u00dcberlegenheit der Helligkeitsbindung noch einmal. Es ergibt sich eine bunt-unbunte Bindung gegen Unbunt. \u2014 (i) Die Kontrolle zeigt, dafs die zuletzt gegebene Anordnung tats\u00e4chlich besser ist, als diejenige, die sich nun aus der Systemverwandtschaft ergeben w\u00fcrde. Die Bindung der Unbunten untereinander reicht nicht aus bei der Anwesenheit einer Buntfarbe, die der einen von ihnen gleichhell ist. Dieses Beispiel entspricht seiner Struktur nach v\u00f6llig dem unter (a). Auch hier ist die Gliederung unzureichend, weil 5pa dem g zu nahe steht.\nEine neue Bedeutung der Farbenhelligkeit f\u00fcr die Gestaltung erkennt man, wenn man drei Farben einer systematischen Familie verwendet, die alle verschieden hell, im einfachsten Falle der Helligkeit nach gleich abgestuft, sind. Die folgenden Beispiele zeigen jeweils die beste Anordnung der drei Farben, die beim Vergleiche aller m\u00f6glichen Umstellungen gefunden wird.\ne\t13 ea\t9na\t17 na\nc\t13 ca\t5na\t7 ic\ng\t13 ga\t13na\t91e\n00\t(1)\t(m)\t0)","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n353\nEs stellt sich heraus, dafs unter Unbunten (k), Farbtongleichen (1), Wertgleichen (m), wie unter bestimmten Bedingungen auch unter frei Zusammengef\u00fcgten ((n) stammt aus der \u00dcbersicht A) immer dieselbe Anordnung als die beste bewertet wird. Ich nenne sie \u201edie typische Helligkeitsordnung\u201c: wenn ganz beliebige Farben zu verwenden sind, so hat man sie zu einer befriedigenden Gestaltung nur der Helligkeit nach in bestimmter Weise, n\u00e4mlich Mittelhell \u2014 Hell \u2014 Dunkel zu ordnen.1 Diese Regel findet sich auch in dem vorher gegebenen Beispiel (g) best\u00e4tigt; dort w\u00e4re die Helligkeitsfolge a, 5pa, 5ni. Die typische Helligkeitsordnung beweist aufs neue die \u00fcberragende Bedeutung der Helligkeit f\u00fcr die farbige Gestaltung. Wenn die hellste Farbe in der Mitte steht, kommt die beste Gliederung heraus. Die Bindung zwischen den der Helligkeit nach benachbarten Farben wird noch dadurch verst\u00e4rkt, dafs zwischen den Farben der Enden unter den gegebenen Umst\u00e4nden eine Angleichung stattfindet. Die Nachbarschaft der hellsten und dunkelsten Farbe mufs \u00fcbrigens einen Kontrast erzeugen, der die Gliederung betont. Somit unterst\u00fctzt das dynamische Verm\u00f6gen des Auges zu Angleichung und Kontrast2 die gestaltenden F\u00e4higkeiten der Farbe Bindung und Gliederung. \u2014 Die G\u00fcltigkeit der typischen Helligkeitsordnung soll noch an zwei Beispielen erl\u00e4utert werden, die einen Wettstreit anderer Bindungen enthalten. Das erste Beispiel ist der \u00dcbersicht D entnommen. In ihm ist eine Farbtongleichheit und eine Wertgleichheit enthalten.\n5ie\t5ie\t13 ie\n13 ie\t5 lg\t*\u25a0\u00bb \u2022 oie\n51g\t13 ie\t51g\n(o)\t(P)\t(q)\nBei (o) sind die Farben der Helligkeitsfolge nach aufgereiht. Hier ist aufserdem die farbtongleiche Bindung versucht. Ebenso unzureichend wie sie ist die wertgleiche Bindung (p). Nur die typische Helligkeitsordnung (q) liefert befriedigende Gestaltung.\n1\tWie das letzte Beispiel (u) dieses Kapitels lehrt, gibt es eine gewisse Ausnahme. Bei Verwendung einer sehr reinen Farbe pflegt die Ordnung Rein (zugleich Dunkel) \u2014 Hell \u2014 Mittelhell die beste zu sein.\n2\tDa das Wort \u201eKontrast\u201c f\u00fcr die physiologische Wechselwirkung der Sehfeldstellen ziemlich festgelegt ist, w\u00e4re es vielleicht besser die hier gemeinte, nachweislich durch Gestaltungsvorg\u00e4nge bestimmte Frscheinung als \u201eAbhebung\u201c zu bezeichnen.","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nRwpprecht Matthaei\nZwischen den farbtonfremden Farben Krefs und Blau findet eine Angleichung bez\u00fcglich der Helligkeit statt; die farbtongleichen erleiden einen Helligkeitskontrast. \u2014 Das n\u00e4chste Beispiel pr\u00fcft die typische Helligkeitsordnung bez\u00fcglich einer bunt-unbunten Kombination. Zugleich enth\u00e4lt es wieder eine Systemverwandtschaft zwischen Bunt und Unbunt (diesmal Weifsgleichheit).\n3ga\ng\n3pc\n(r)\n3 ga g\t3 pc\n3 pc 3 ga\t3 ga\ng\t3pc g\n(s)\t(t)\t(u)\nHier ist (r) wieder die Helligkeitsfolge, zugleich der Versuch einer Bindung der farbtongleichen Bunten gegen Unbunt. Diese L\u00f6sung der Aufgabe ist schlecht. Auch der Bindungsversuch des zu 3ga weifsgleichen g mit 3ga erweist sich als unzul\u00e4nglich (s). Dagegen wirkt die typische Helligkeitsordnung (t) gut. Besser scheint in diesem Falle noch eine Abwandlung jener Ordnung, in der die reinste Farbe nach oben genommen wurde (u). In den beiden letzten Anordnungen geschieht eine Helligkeitsangleichung zwischen Bunt und Unbunt, w\u00e4hrend die Bunten gegeneinander kontrastieren.\nZum Schl\u00fcsse sei bemerkt, dafs die in diesem Kapitel aufgef\u00fchrten Beispiele nur einen kleinen Teil von den zahlreichen Versuchen ausmachen, die ich angestellt habe. Diese Untersuchungen sind besonders zeitraubend, da ein grofser \u00dcberblick notwendig ist, um allgemeine Gesetzm\u00e4fsigkeiten zu erkennen. Hauptversuchsperson mufste stets ich selber sein, denn f\u00fcr das Abw\u00e4gen der Wirkungen ist nicht nur eine genaue Kenntnis des Normenatlas unerl\u00e4fslich, man mufs auch \u00fcber ein geschultes Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Farben und Farbzusammenstellungen verf\u00fcgen. Indessen habe ich mir sehr viele Versuche von anderen Vpn best\u00e4tigen lassen. Fast alle harmonischen Versuche, die ich \u00fcberhaupt ausgef\u00fchrt habe, hat aufser mir meine Frau gesehen. Ich konnte auch in anderen F\u00e4llen die oft beschriebene Erfahrung wiederholen, dafs Frauen f\u00fcr Farbenharmonien besonders empf\u00e4nglich sind. \u2014 Die Kontrolle durch andere Vpn. hat nat\u00fcrlich die Bedeutung, dafs unwissentlich verfahren werden kann. F\u00fcr mich selbst war dies in den F\u00e4llen m\u00f6glich, in denen ich versehentlich ein Normenk\u00e4rtchen verwechselt hatte. Dann konnte ich regelm\u00e4fsig eine St\u00f6rung der Harmonie feststellen. Plan-","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben II\n355\nm\u00e4fsige Verstimmungen, die ich \u00f6fter vorgenommen habe, sind als Gegenbeispiele \u00fcberhaupt wichtig.\nDen harmonischen Studien habe ich nicht nur wegen ihrer Bedeutung f\u00fcr die Untersuchung des Attributcharakters sowie f\u00fcr die Kontrolle der Messungen einen so breiten Raum gegeben. Ich sehe in den aus ihnen ableitbaren Anwendungen in der Farbenkunst (Architektur, Plakatkunst, Malerei) den eigentlich praktischen Wert einer Helligkeitsmessung an Oberfl\u00e4chenfarben. Vor allem aber bin ich der \u00dcberzeugung, dafs \u00e4sthetische Betrachtungen ganz besonders geeignet sind, in das Wesen der Farben einzudringen.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 59\n25","page":355}],"identifier":"lit36066","issued":"1928","language":"de","pages":"257-311, 312-355","startpages":"257","title":"Experimentelle Studien \u00fcber die Attribute der Farben [I. Helligkeitsmessung / II. Systematik der Farbenhelligkeit und Farbenharmonie]","type":"Journal Article","volume":"59"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:43:33.934433+00:00"}

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