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{"created":"2022-01-31T15:39:31.084799+00:00","id":"lit36080","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Cramer, Thea","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 54: 215-242","fulltext":[{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"215\n(Aus dem Psychologischen Institut der Universit\u00e4t Marburg.)\n\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformations- und Kontrasterscheinungen.\nVon\nTbea Cramer.\n1. Kapitel.\nDas kontragrediente Yerh\u00e4ltnis zwischen der Deutlichkeit des raumhaften Zwischenmediums und der Gr\u00f6fse der Transformation.\nIn den bisherigen Farbenuntersuchungen der vom hiesigen Institut herausgegebenen Serie ist von dem zwischen den Sehdingen erscheinenden Zwischenmedium noch nicht eingehender die Rede geweseii. Der in diesen Arbeiten mitgeteilte Tatsachenzusammenhang erfordert nun aber an gegenw\u00e4rtiger Stelle eine eingehendere Untersuchung des Zwischenmediums als ein uner-l\u00e4fsliches Glied der dargestellten Tatsachenkette, ohne dessen Einf\u00fcgung die Darstellung nicht zum Abschlufs gebracht werden kann.\nDiese Arbeit behandelt die Beziehung des optischen Zwischenmediums zu den Transformations- und Kontrasterscheinungen.1 Unter Transformation verstehen wir mit Jaensch die subjektiven Helligkeits- und Farben\u00e4nderungen, die bei abnormer Beleuchtung, sei es nun bei farbigem Licht oder bei Beschattung, auftreten. Unter Zwischenmedium verstehen wir die Erscheinungsweise des leeren Raumes zwischen den Sehdingen. Das Zwischenmedium\n1 Vgl. die vorangegangenen Arbeiten von Jaensch, Jaensch und M\u00fcller, Kroh und Herwig in dieser Zeitschrift und in der Zeitschrift f\u00fcr Psychologie.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nThea Cramer.\nist im allgemeinen und unter normalen Beleuchtungsverh\u00e4ltnissen farblos, glasklar oder wasserhell, bei abnormer Beleuchtung in geringem Mafse gef\u00e4rbt, bei Beschattung im Sinne des Dunkel-grau oder Schwarz, bei farbiger Beleuchtung farbig. Immer ist seine F\u00e4rbung wenig ausgepr\u00e4gt, von der glasklaren nicht allzuweit unterschieden. Hohe S\u00e4ttigungsgrade, wie bei Oberfl\u00e4chenfarben, kommen beim Zwischenmedium nicht vor. Die Erscheinungsweise des Zwischen mediums h\u00e4ngt nicht nur von der Beschaffenheit der farbigen Lichtquelle ab, sondern auch von der der umgebenden Objekte und namentlich von der Verhaltungsweise bei der Beobachtung.1\nDer nachdr\u00fcckliche Hinweis Schumanns auf die glasklare Erscheinungsweise des Zwischenmediums (Sch\u00fcmann, Untersuchungen \u00fcber die psychologischen Grundprobleme der Tiefenwahrnehmung. Zeitschr. f. Psychol. 85. 1920) steht mit den Darlegungen von Jaensch im Einklang. Jaensch hat nur auf die F\u00e4lle besonders hingewiesen, in denen das Zwischenmedium von der glasklaren Erscheinungsweise abweicht, zugleich aber bereits betont, dafs es stets diesem Normalfall der glasklaren Erscheinungsweise mehr oder weniger nahe steht. Ausf\u00fchrlicher konnte auf diese Arbeit und auf eine solche von Henning nicht eingegangen werden, da sie erst nach Ab schlufs dieser Untersuchung erschienen sind.\nIm Interesse der \u00dcbersichtlichkeit sei das Hauptergebnis unserer Untersuchung vorweggenommen.\nEs zeigte sich, dafs der Grad der Transformation zu der Erscheinungsweise des Zwischenmediums in einer ganz bestimmten Beziehung steht. Je mehr sich das Zwischenmedium entf\u00e4rbt und einen wasserhellen Charakter annimmt, um so betr\u00e4chtlicher ist die Transformation, und umgekehrt. Alle Versuchsbedingungen, die auf eine Steigerung der Transformation hinwirken, veranlasssen auch, dafs das Zwischenmedium sich entf\u00e4rbt und sich der wasserhellen Erscheinungsweise n\u00e4hert.\nBei den Transformations versuchen ist im allgemeinen ein normal und ein abnorm beleuchteter Raum gegeben. Je nach den \u00e4ufseren Versuchsbedingungen sowie nach der \u00e4ufseren und inneren Verhaltungs weise \u2019der Versuchsperson wird der normal oder abnorm beleuchtete Raum die Aufmerksamkeit st\u00e4rker in Anspruch nehmen und darum im Bewufstsein dominieren. Hierbei ist in Erw\u00e4gung zu ziehen, dafs das wirklich wahrgenommene\n1 E. R. Jaensch, \u00dcber die Wahrnehmung des Raumes. Leipzig 1911. S. 250 ff.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Vbeir die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 217\nH2\n\t7*\t\nSch.v\t\tOk\n\t\t\nGesichtsfeld auch immer in der Vorstellung fortgesetzt und erg\u00e4nzt wird. Es gibt F\u00e4lle, in denen der eine der beiden R\u00e4ume,, z. B. der normal beleuchtete, nur in dieser vorstellungsm\u00e4fsigen Erg\u00e4nzung gegeben ist. So kann man z. B., w\u00e4hrend man Stereoskopbilder betrachtet und farbige Gl\u00e4ser vorsetzt, die Vorstellung haben, dafs der farbig beleuchtete Bildraum sich in einem normal beleuchteten befindet, und auch dieser nur vor-stellungsm\u00e4fsig hinzuerg\u00e4nzte normal beleuchtete Raum kann im Bewufstsein mehr oder weniger dominieren. \u2014\nDiese Untersuchungen wurden durchweg zur Mittagszeit angestellt, da dann der Wechsel der Beleuchtung am geringsten ist. Die Versuchsanordnung war folgende.\nDer mit grauem Papier bekleidete Hintergrund wird durch einen Schirm S in zwei Teile H, und H2 geteilt. Hj ist dem Fenster zugekehrt, also dem normalen Tageslicht ausgesetzt,\nH2 ist beschattet. Die Voruntersuchung verl\u00e4uft zun\u00e4chst analog zu den Versuchen von Katz und Jaensch \u00fcber die Transformationserscheinungen. Mit Hilfe eines Doppelschirmes D, der nur einen kleinen Ausschnitt auf beiden Seiten sehen l\u00e4fst, und keinen \u00dcberblick \u00fcber die Beleuchtungsverh\u00e4ltnisse gestattet, stellt man den vor \u00dc1 befindlichen Farbkreisei K so ein, dafs er mit H2 objektiv gleich hell ist, d. h. das gleiche Lichtgemisch wie wie H2 ins Auge sendet. Diese Einstellung vollzog ich selbst vor und nach den sogleich zu schildernden Beobachtungen der Versuchspersonen und fand sie (mit ganz geringen Differenzen und nur in einzelnen F\u00e4llen) vor und nachher gleich. Nach Entfernung des Doppelschirmes erscheint H2 heller als K. \u201eDie Transformation, welche unter dem Einflufs verschiedener Beleuchtung auftritt, verh\u00e4lt sich durchweg so, als wenn wir die Beleuchtung ber\u00fccksichtigten, uns z. B. bei der Betrachtung der beschatteten Scheibe (hier durch \u201eSeite\u201c zu ersetzen) sagten, \u201ediese Scheibe (Seite) ist beschattet, in Wahrheit also heller (d. h. dem Weifs n\u00e4her stehend) als sie jetzt erscheint, und als wenn dann diese Erw\u00e4gung unsere Wahrnehmungen beeinflufste. Die Ph\u00e4nomene verhalten sich so, als ob diese Reflexion stattf\u00e4nde; damit ist keineswegs gesagt, dafs sie tats\u00e4chlich stattfindet\u201c (Jaensch).\nZZ\nD\nAbb. 1.","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nThea Cramer.\nDie objektive Einstellung machte ich mit Absicht selbst, um das Urteil der Versuchspersonen nicht zu beeinflussen. Sie sollten auf den Eindruck hin urteilen, der nach Wegnahme des Reduktionsschirmes auftritt, und sie wurden dann aufgefordert, den Kreisel K subjektiv gleich hell mit dem Hintergrund H2 einzustellen. (Wurde auf der beschatteten Seite ein tonfreies Grau dargeboten, so mufste man auf dem Kreisel in den meisten F\u00e4llen einen Sektor Gelb hinzuf\u00fcgen.) Es wurde nun das Zwischenmedium beobachtet, das den von S und H2 begrenzten Raum\nerf\u00fcllt.\t#\t_\t.\t.\nDie Aussagen standen im Einklang mit den Beobachtungen,\ndie Hering1, Jaensch2, L. von Karpinska3, Petroniewics 4 beschreiben. Viele Aussagen der Versuchspersonen decken sich inhaltlich mit der wohl \u00e4ltesten Schilderung, die Goethe *) gibt : \u201eDer Raum, den wir uns leer denken, h\u00e4tte durchaus f\u00fcr uns die Eigenschaft der Durchsichtigkeit. Wenn sich nun derselbe dergestalt f\u00fcllt, dafs unser Auge die Ausf\u00fcllung nicht gewahr wird so entsteht ein materielles, mehr oder weniger k\u00f6rperliches, durchsichtiges Mittel, das luft- und gasartig, fl\u00fcssig oder auch fest sein kann.\u201c Die diesbez\u00fcgliche Bemerkung bei Hering lautet: \u201eBei Tage sieht man den sogenannten leeren Raum zwischen sich und den Sehdingen ganz anders als bei Nacht. Die zunehmende Dunkelheit legt sich nicht blofs auf die Dinge, sondern auch zwischen uns und die Dinge, um sie endlich ganz zu verdecken und allein den Raum zu f\u00fcllen. Blicke ich in einen dunklen Kasten, so sehe ich denselben von Dunkel erf\u00fcllt, un dasselbe wird nicht blofs als dunkle Farbe der W\u00e4nde des Kastens gesehen. Eine schattige Ecke in einem sonst hellen Zimmer ist voll von Dunkel, welches nicht blofs in den Grenzfl\u00e4chen der Ecke, sondern in dem von ihnen begrenzten Raum\nlokalisiert ist.\u201c\nJaensch fand, dafs Herings Angaben einer Einschr\u00e4nkung bed\u00fcrftig sind, und dafs es von dem Verhalten des Beobachters abh\u00e4ngt, ob und wie stark die Ausf\u00fcllung gesehen\n1\tHering, Hermanns Handb. der Physiol. Ill, 1. Leipzig 1879. S. 57o.\n2\tJaensch, \u00dcber die Wahrnehmung des Raumes. 1911. S. 250.\n3\ty. Karpinska, Zeitschr. f. Psychologie 57, 1910. S. 1.\n4\tPetroniewics, Arch. f. system. Philosophie 12, 1906. S. 538.\n6 Goethe, Farbenlehre, 2. Abteilung X. Dioptrische Farben, Oottasche\nAusgabe, Stuttgart 1869, S. 655.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022\nUber die Beziehung des Zwischemnediuv|| zu den Transformationsersch. 219\nwird. Er stellte fest *, dafs der Eindruck des Zwischenmediums verst\u00e4rkt wurde, wenn in dem Raum Lote angebracht wurden, also die Aufmerksamkeit auf einen in der Luft befindlichen Punkt gerichtet wurde, anstatt, wie gew\u00f6hnlich geschieht, auf die abschliefsenden W\u00e4nde. Auch im Freien kann man z. B. beobachten, dafs die Luft vor einem Walde unbestimmt neblig gef\u00e4rbt erscheint, wenn man sich ganz ungezwungen verh\u00e4lt. Sobald man aber die Aufmerksamkeit auf einzelne Baumst\u00e4mme richtet, wird die Luft glasklar.\nIn einer ersten Konstellation sollte nun zun\u00e4chst die Aufmerksamkeit gezwumgen werden, sich den Begrenzungsfl\u00e4chen zuzuwenden. Das geschieht leichter, wenn die Begrenzungsfl\u00e4che Einzelheiten darbietet, als wenn sie homogen ist. Darum wurden auf dem beschatteten Hintergrund graue Scheiben (Sch) dargeboten, von derselben Farbe wie der Grund, und zwar einmal eine dem Grund unmittelbar aufliegende Scheibe, dann eine Scheibe, die um 1 x/2 cm vom Hintergrund H2 abstand. Die beiden in dieser Weise angebrachten Scheiben wurden auch nacheinander durch den Reduktionsschirm betrachtet und ihre Helligkeit auf dem Kreisel eingestellt. In einer zweiten Konstellation wurde der homogene Hintergrund H2 ohne die Scheibe dargeboten, wodurch die Aufmerksamkeit nach Aussage der Versuchspersonen viel weniger zwingend auf die Begrenzungsfl\u00e4chen hingelenkt wurde. Es ergab sich bei den Versuchen mit dem Reduktionsschirm immer die gleiche Einstellung bei der abstehenden, der unmittelbar aufliegenden Scheibe und bei der Darbietung des Grundes selbst. Subjektiv, erschien die Scheibe ein wenig heller als der (mit ihrgleich helle) Grund, und der Grund wiederum erschien betr\u00e4chtlich heller als dann, wenn er ohne Scheibe dargeboten wurde. Objektiv sind alle dieseHelligkeiten, diesoverschieden erscheinen, gleich. In beiden F allen mit der Sch ei be, der aufliegenden wie der abstehenden, wurde das Zwischenni edi um nicht mehr so deutlich gesehen, bei einigen Versuchspersonen verschwand es ganz; d. h. das den Raum f\u00fcllende Dunkel machte der glasklaren Erscheinungsweise Platz. In der Vergleichskonstellation mit ausschliefslicher Darbietung\n1 Jaensch, \u00dcber die Wahrnehmung des Raumes. S. 251.","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nThea Cramer.\n%\ndes homogenen Hintergrundes war das dunkle Zwischenmedium deutlich.\nWir schildern die Versuche noch etwas genauer.\nMit Hilfe des Farbenkreisels K wurde die scheinbare Helligkeit des homogenen Grundes, der aufliegenden wie der abstehenden Scheibe bestimmt. Der Eindruck der Aufhellung war bei der abstehenden Scheibe f\u00fcr einige Versuchspersonen noch etwas gr\u00f6fser als bei der aufliegenden, f\u00fcr einige gleich; geringer war er in keinem Falle. Die Scheiben waren in derselben H\u00f6he und im selben Seitenabstand von dem trennenden Schirm angebracht wie auf der normal beleuchteten Seite der Farbkreisei K. Demgem\u00e4fs wurde auch in der Vergleichskonstellation mit homogenem Grund die scheinbare Helligkeit des Bereichs von H2, der zu K symmetrisch liegt, auf dem Kreisel K eingestellt. Nach den Angaben der Versuchsperson wurde also der Kreisel auf scheinbar gleiche Helligkeit mit der Scheibe eingestellt. \u2014 Die Versuche mit homogenem Grund waren immer vorangegangen, und die davon herr\u00fchrende Einstellung befand sich noch auf dem Kreisel, als die Scheibenversuche begannen. Die Versuchspersonen waren nun \u00fcberrascht und erstaunt dar\u00fcber, wie denn der Kreisel K dadurch \u201edunkler\u201c werden k\u00f6nne, dafs auf der anderen Seite eine Scheibe dargeboten w\u00fcrde. Trotz der Verschiedenartigkeit der Beleuchtung konnte in den meisten F\u00e4llen nicht nur auf gleiche Helligkeit, worauf es ja bei diesen Versuchen haupts\u00e4chlich ankam, eingestellt werden, sondern auch ann\u00e4hernd auf Farbengleichheit. Als Hintergrund wurden vier verschiedene Graunuancen, einschlielslich Weifs, benutzt. Als Versuchspersonen dienten die Damen Burgdorff, Djetscholu, Holstein, Ullmer, und Herr Richter.\nAlle Versuchspersonen sagen inhaltlich im wesentlichen das Gleiche aus, n\u00e4mlich, dafs bei Anbringung der Scheibe das Dunkel verschwinde und dafs man klarer hindurchsehe. \u201eEs ist als wenn ein Schleier wegginge, wenn man die Scheibe hinh\u00e4ngt.\u201c \u201eDer Nebel geht weg, und zwar zur Seite.\u201c Andere sagen, der Nebel geht \u201ein die Ecke\u201c, die Luft wird \u201edurchsichtig\u201c, \u201ewasserhell\u201c.\nGemessen wird, wie bei Katz *, der Grad der Transformation durch den Quotienten der Weifs werte, wie die Einstellungen auf subjektive und objektive Gleichheit sie ergaben, letztere bei\n1 Katz, Die Erscheinungsweisen der Farben und ihre Beeinflussung durch die individuelle Erfahrung. 1911. S. 168.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"<\u2022 \u2022\nUber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 221\ndem Vorversuch. Der Reizwert von 60\u00b0 Tuchschwarz ist gleich 1\u00b0 Weifs gesetzt. Die WeifsValenzen der farbigen Papiere sind mit in die Rechnung einbezogen. \u2014 Wir bedienen uns folgender Abk\u00fcrzungen: obj. \u2014 objektive Einstellung, d. h. Einstellung mit Doppelschirm (\u00fcbereinstimmend ausfallend f\u00fcr den homogenen Grund, die aufliegende und abstehende Scheibe).\nAlle \u00fcbrigen Einstellungen erfolgen ohne Doppelschirm.\nEs bedeutet h. G. = Einstellung des homogenen Grundes, m. Sch. \u2014\tmit unmittelbar auf-\nliegender Scheibe,\nm. a. Sch. =\t,, mit abstehender Scheibe.\nW. = Weifs, S. = Schwarz, G. = Gelb.\nQ. h. G.\t= Quotient des Wertes f\u00fcr h. G. und obj., also\nf\u00fcr den Fall, dafs keine Scheibe aufliegt.\nQ. m. Sch. = derselbe Quotient f\u00fcr den Fall der unmittelbar\naufliegenden Scheibe.\nQ. m. a. Sch. = derselbe Quotient f\u00fcr den Fall der abstehenden\nScheibe.\nVon den zahlreichen Versuchen sei ein Protokoll als Beispiel wiedergegeben.\n\t\t\t\tTa\tbell\te I.\t\t\t\t\t\n\tobj.\t\t1\tl. G.\t\tm.\tSch\t\tm.\ta. Sch.\t\ns.\tw.\tG.\tS.\tW.\tG.\tS.\tW.\tG.\tS.\tW.\tG.\n1.\t310\t18\t32\t265\t71\t24\t258\t78\t24\t250\t86\t24\n2.\t320\t18\t22\t264\t68\t18\t255\t86\t19\t227\t115\t22\n3.\t345\t6\t9\t318\t32\t10\t304\t47\t9\t298\t62\t10\nHieraus ergeben sich\t\t\t\tdie\tgesamten\t\tWeifsvalenzen\t\t\t*\t\n\t\t\tobj.\th.\tG.\tm. Scli\t\t. m\t. a. Sch.\t\t\t\n\t\t1.\t31,1\t81\t\t88,3\t\t98,1\t\t\t\n\t\t2.\t28,8\t8C\t1,9\t95,2\t\t124,3\t\t\t\n\t\t3.\t13,9\t39\t',8\t54,2\t\t69,2\t\t\t\nund die Quotienten der Weifs Valenzen :\nQ. h. G. Q. m. Sch. Q. m. a. Sch.\n1.\t2,6\t2,8\t3,1\n2.\t2,7\t3,3\t4,3\n3.\t2,8\t3,8\t4,9\nAus den Formeln ersieht man, dafs immer Q. h. G. kleiner als Q. m. Sch. und Q. m. Sch. wieder kleiner (h\u00f6chstens in einigen Einzelbeobachtungen gleich) Q. m. a. Sch. ist ; d. h. durch das Hineinbringen der Scheibe wird die subjektive Helligkeit und damit die Transformation betr\u00e4chtlich gr\u00f6fser, und zwar w\u00e4chst","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nThea Cramer.\nH\nh 1\nsie bei der abstehenden Scheibe noch etwas st\u00e4rker als bei der aufliegenden. \u2014\nNun wurde der graue Hintergrund unter farbiger Beleuchtung geboten, und zwar zun\u00e4chst bei r\u00f6tlich gelbem Licht (Au-rantiagelb). Die Anordnung war sonst die gleiche wie zuvor, nur wurde schr\u00e4g vor dem grauen Grund eine Lichtquelle (L) aufgestellt und in den Gang der Lichtstrahlen eine K\u00fcvette mit gef\u00e4rbter Fl\u00fcssigkeit (K\u00fc) gebracht.\nDie Versuchsperson hatte wieder bei Unterlassung aller Reflexionen nur auf Grund der Erscheinung zu urteilen. Vor der farbig beleuchteten Seite wurde ein r\u00f6tlich-gelbes Zwischenmedium gesehen, das aber fast verschwand, sobald auf den anfangs homogenen Hintergrund eine mit ihm gleich beschaffene Scheibe geh\u00e4ngt wurde, und zwar immer eine abstehende. Sofort trat auch jetzt eine Entf\u00e4rbung\nein, das Zwischenmedium und der Raum wurde fast glatt durchblickt. Vor den Versuchen war wieder mit Hilfe des Doppelschirmes eine objektive Einstellung gemacht worden. Wurde dann auf dem Kreisel der homogene Grund ohne Doppelschirm eingestellt, so ergab sich neben der Erh\u00f6hung der Weifsvalenz ein Sinken der farbigen Valenz, d. h. neben einer Aufhellung 1 eine Entf\u00e4rbung.\nDiese letztere Erscheinung wurde noch deutlicher, wenn die Scheiben angebracht waren. Dabei hob sich die Scheibe vom Hintergrund, mit dem sie ja in Wirklichkeit gleich war, in der scheinbaren F\u00e4rbung ab, und zwar erschien sie heller. Man hatte dabei immer den Eindruck eines grauen Grundes in farbiger Beleuchtung. Beim Vorhandensein der Scheibe war das Zwischenmedium weniger sichtbar; es n\u00e4herte sich wieder der wasserhellen Erscheinung. Es soll wieder nur ein quantitatives Resultat wiedergegeben werden, da alle Versuche analoge Ergebnisse lieferten. Bei der Angabe der \u201efarbigen Valenzen\u201c werden Rot und Gelb zusammengefafst.\n1 Diese r\u00fchrt daher, dafs das farbige Licht weniger hell ist als das Tageslicht der anderen Seite, so dafs f\u00fcr die Helligkeitstransformation ganz \u00e4hnliche Bedingungen obwalten, wie bei der fr\u00fcher beschriebenen Beschattung des einen Feldes.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 223\nTabelle II.\n\t\tobj.\t\t\th.\tG.\t\t\tm. a.\tSch.\t\n\tS.\tW. R.\tG.\tS.\tW.\tR.\tG.\tS.\tW.\tR.\tG.\n1.\t33\t47 127\t153\t\t107\t38\t215\t41\t147\t\t172\n2.\t54\t50 131\t125\t76\t121\t27\t136\t57\t175\t38\t100\n3.\t71\t29 119\t141\t98\t104\t41\t117\t65\t167\t36\t93\n4.\t86\t46\t86\t142\t111\t87\t30\t133\t96\t160\t21\t83\nDie Weifsvalenzen :\n\tobj.\th. G.\tm. a. Sch.\n1.\t117,5\t170,2\t190,4\n2.\t90\t163\t210,5\n3.\t95\t145\t202,2\n4.\t102,5\t122,9\t18 iy\u00f6\nQuotienten\t\tder Weifsvalenzen :\t\nQ. h. G.\t\tQ. ID.\tSch. \u2014 Q. m. a.\n1.\t1,4\t\t1,6\n2.\t1,9\t\t2,3\n\u00abTk \u00d6.\t1,4\t\t2,2\n4.\t1,2\t\t1,8\nDie farbigen Valenzen:\t\t\t\n\tobj.\th. G.\tm. a. Sch.\n1.\t280\t253\t172\n2.\t256\t163\t138\n3.\t260\t158\t129\n4.\t228\t163\t104\nDie Quotienten der farbigen Valenzen:\nQ. h. G. Q. m. Sch.\n1.\t0,9\t0,9\n2.\t0,6\t0,5\n3.\t0,6\t0,4\n4.\t0,7\t0,5\nDie Untersuchung mit rotem Licht f\u00fchrte zu ganz entsprechenden Resultaten: Subjektive Aufhellung und Zur\u00fcckgehen der Farbigkeit; beide Ph\u00e4nomene betr\u00e4chtlich st\u00e4rker bei Vorhandensein der Scheibe, d. h. bei Fesselung der Aufmerksamkeit an den Hintergrund. Bei den Quotienten der Weifsvalenzen ist wieder jedesmal Q. h. G. kleiner (h\u00f6chstens gleich) Q. m. Sch, d. b. die Helligkeitstransformation ohne Scheibe ist geringer als im Falle mit Scheibe. Bei den Quotienten der farbigen Valenzen ist Q. h. G. gr\u00f6fser als Q. m. Sch, d. h. auch die subjektive Entf\u00e4rbung oder Farbentransformation ist ohne Scheibe geringer als mit Scheibe. Immer geht hierbei die Zunahme der","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nThea Cramer.\nTransformation parallel mit dem Verschwinden des Zwischen-m\u00e9diums.\nWie das Verschwinden des Zwischenmediums mit der st\u00e4rker auftretenden Transformation parallel geht, zeigt noch mehr im einzelnen ein Versuch, bei dem \u2014 durch Schwarz-Weifs Sektoren gebildete \u2014 graue Kreiselscheiben (18 cm Durchmesser) im beschatteten Raume beobachtet wurden. Wurden 860\u00b0 Weifs dargeboten, so wurde zwar ein Zwischenmedium gesehen, das aber von den Versuchspersonen als \u201esehr wenig deutlich\u201c, gelegentlich als \u201esehr d\u00fcnn\u201c erkl\u00e4rt wurde. \u201eSo wie Wasser mit einer ganz leichten Tr\u00fcbung.\u201c Bei einer Einstellung von 270\u00b0 Weifs nahm die Deutlichkeit des Zwischenmediums zu, bei Darbietung von 180,J Weifs verdichtete sich das Medium noch mehr. Wurden 360\u00b0 Tuchschwarz eingestellt, so wurde das Dunkel vor der Scheibe noch deutlicher, nach der Aussage einiger Versuchspersonen \u201ek\u00f6rperhaft.\u201c\nNun hatten aber die Resultate von Katz sowohl als auch die von Jaensch und E. A. M\u00fcller1 folgenden Tatbestand ergeben: \u201eDie unter dem Einflufs der Transformation auftretende scheinbare Helligkeits\u00e4nderung ist um so gr\u00f6fser, je heller die Scheibe ist.\u201c Andererseits ergibt sich aus den von uns beschriebenen Versuchen, dafs vor einer schwarzen Scheibe ein dichteres Medium gesehen wurde als vor einer grauen, vor dieser wieder ein dichteres als vor einer weifsen, und dafs \u00fcberhaupt die Deutlichkeit des Zwischenmediums mit steigender Helligkeit der Scheibe abnimmt. Versuchsbedingungen also, die die Transformation steigern, bewirken gleichzeitig, dafs die Deutlichkeit des Zwischen -mediums abnimmt. Somit best\u00e4tigen auch diese Versuche wieder den Satz : Die Erscheinung des Zwischen mediums ist um so deutlicher, je schw\u00e4cher die Transformation ist, und das Zwischen medium n\u00e4hert sich um so mehr der wasserhellen Erscheinungsweise, je st\u00e4rker die Transformation ist. Nat\u00fcrlich konnten \u00fcber das Deutlicherwerden und Undeutlicherwerden des Zwischenmediums nur qualitative Versuch angestellt werden.\nIm Einklang mit dem Ergebnis, dafs das Zwischenmedium vor der dunklen Scheibe deutlicher erscheint, stehen die Beob-\n1 Jaensch und E. A. M\u00fcller: \u00dcber die Wahrnehmung farbloser Heilig keiten und den Helligkeitskontrast. Zeitschr. f. Psychol. 83. 1920. S. 266.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die. Beziehung des Zwischenmediums zu den TransformationserscJi. 225\nachtungen, die Jaensch beschreibt und die den Einflufs betreffen, den der Hintergrund, \u00fcberhaupt die im Gesichtsfeld vorherrschende Farbe auf das Zwischenmedium hat. \u201eDie F\u00e4rbung des Zwischenmediums zeigt eine enge Abh\u00e4ngigkeit von der jeweils im Gesichtsfeld \u00fcberwiegenden Farbe\u201c (a. a. O. S. 281), und so bedingen die dunkleren Scheiben auch die dunklere F\u00e4rbung des Zwischmediums. Auch Hering hatte hervorgehoben, dafs die Helligkeit des Zwischenmediums abh\u00e4ngt von der Helligkeit der umgebenden Objekte. Mir selbst ist es im Freien oft aufgefallen, dafs bei roten oder rotbraunen Weiden\u00e4sten die Luft um die Weidenkronen herum deutlich so wie die Zweige gef\u00e4rbt erscheint. Es ist in der N\u00e4he der Zweige dann eine rotbraune T\u00f6nung der Luft vorhanden, die aber in der weiteren Umgebung immer unges\u00e4ttigter wird, allm\u00e4hlich abklingt und in den Eindruck des Wasserhell \u00fcbergeht. Hier herrschte eben die Farbe der Weide im Gesichtsfeld vor. Ebenso kann man beobachten, dafs von einer Schneelandschaft ein schimmerndes Etwas in den Raum auszustrahlen scheint.\nKatz hatte die Bedingungen der Transformationsversuche noch in anderer Weise abge\u00e4ndert und auch bei dieser Variation der Beobachtungsbedingungen verschiedene Grade der Transformation erhalten. Wir variierten die Bedingungen in entsprechender Weise und liefsen das Zwischenmedium beobachten. Die Versuchspersonen, die gleichen wie bei den anderen Versuchen, hatten schon einige \u00dcbung im Beschreiben der in Betracht kommenden Farbenerscheinungen. Benutzt wurde wieder die Beschattungsanordnung von Abbildung I, doch befand sich jetzt auch auf der beschatteten Seite ein variierbarer Farbenkreisel.\nZun\u00e4chst ging ich von der binokularen Betrachtungsweise zur monokularen \u00fcber.' Monokular wird der beschattete Raum dunkler gesehen, das Zwischenmedium erscheint verdichtet; \u00e4hnlich verhielt es sich auch bei fl\u00fcchtiger Betrachtungsweise. Beim \u00dcbergang von der binokularen zur monokularen Betrachtung nimmt die Deutlichkeit des Zwischenmediums zu. Es ist so, \u201eals wenn das Dunkel aus der Wand herausgekommen w\u00e4re\u201c. Noch deutlicher ist beim \u00dcbergang vom monokularen zum binokularen Sehen das Zur\u00fccktreten des Zwischenmediums. Nach den Versuchen von Katz aber, deren Ergebnis wdr best\u00e4tigen konnten, ist die Transformation binokular st\u00e4rker als monokular.\nZeitschr. f. Sinnespbysiol. 54.\t15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nThea Cramer.\nAuch hier geht also Zunahme der Transformation und Zur\u00fccktreten des Zwischenmediums parallel.\nAlsdann wurde das Zwischenmedium vor H2 im indirekten Sehen betrachtet. Die Versuchsperson mufste einen Stab fixieren, der seitlich vom Kreisel dargeboten wurde. Dabei wurde wieder das Zwischenmedium dunkler und zugleich deutlicher. Nun nimmt nach den Ergebnissen von Katz die Helligkeitstransformation bei seitlicher Betrachtung der beschatteten Scheibe ab, aber auch hier steigt zugleich die Deutlichkeit des Zwischenmediums.\nEndlich wurde die Beschattungsanordnung aus verschiedener Entfernung betrachtet. Das Zwischenmedium war aus grofser Entfernung deutlicher, die Transformation geringer. \u201eJe weiter ich von der Wand (H2) entfernt bin, um so dunkler erscheint sie mir. Das raumf\u00fcllende Dunkel ist aber besonders dicht in der N\u00e4he des Hintergrundes. Beim N\u00e4herkommen kommt das dichte Dunkel mir entgegen und verteilt sich mehr, so dais jetzt alles, sowohl der Raum vor dem Grund, als auch der Grund, heller aussieht. Das Medium ist in geringerer Entfernung nicht mehr so undurchsichtig^ (Frl.,Hammerschlag). Je weiter man von der Anordnung abr\u00fcckt, um so mehr dominiert der normal beleuchtete Raum, um so weniger abstrahiert man von der abnormen Beleuchtung.\nBetrachtung mit seitlich gehaltenem Kopf vermindert gleichfalls den Tiefeneindruck der Versuchsanordnung und wirkt darum \u00e4hnlich wie Betrachtung aus gr\u00f6fserer Entfernung.\nBei seitlich gehaltenem Kopf ist das Zwischenmedium deutlicher und die Transformation geringer. \u2014 Alle diese Versuche ergaben also, dafs die Transformation abnimmt, wenn die Deutlichkeit des Zwischenmediums steigt.\n2. Kapitel.\nDie Bedeutung des dominierenden Raumes f\u00fcr die Erscheinungsweise des Zwischenmediums und die Gr\u00f6\u00dfe der Transformation.\nDie Bedeutung des dominierenden Raumes zeigt sich besonders deutlich bei Stereoskopversuchen. Bei solchen sind zwei innere Einstellungen m\u00f6glich, einmal auf den Bildraum, dann auf den Raum, in dem man sich selbst befindet, hier kurz \u201ewirklicher Raum genannt; letzteren Falles sieht man wie in einen Guckkasten.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 227\nImmer ist hierbei zu ber\u00fccksichtigen, dafs der wirklich gesehene Raum in der Vorstellung fortgesetzt wird. So l\u00e4fst sich ein grolser Teil unserer Versuche erkl\u00e4ren. Besonders Exner1 hat auf diese Fortsetzungen des Wahrnehmungsraumes durch den Vorstellungsraum schon hingewiesen und zugleich dargetan, dafs das wirklich Wahrgenommene durch diese vorstellungsm\u00e4fsigen Erg\u00e4nzungen in wesentlichem Mafse modifiziert und abge\u00e4ndert werden kann. Als Versuchspersonen dienten die Damen Buresch, Cramer, Haas, Hammerschlao. Zun\u00e4chst wurden Stereoskopbilder verwandt, die Schneelandschaften (aus dem Riesengebirge) darstellten, und zwar erstens solche, die einen sehr ausgedehnten Vordergrund hatten, der in mehr oder weniger homogenerWeise mit Schnee bedeckt war und bei dem sich nur im Hintergrund H\u00e4user, B\u00e4ume oder Personen befanden (I), zweitens solche, auf denen sich vorwiegend im Vordergrund markante Gegenst\u00e4nde befanden (II), und drittens Landschaften, auf denen die dargestellten Gegenst\u00e4nde gleichm\u00e4fsig im Vorder- und Hintergrund verteilt waren (III).\nAlle Bilder hatten gleiche T\u00f6nung.1 2 Zwischen den Gl\u00e4sern des Stereoskops und den dahinter aufgestellten Bildern befand sich eine farbige, zun\u00e4chst blaue Glasscheibe, die bewirkte, dafs die Objekte wie in einem blau beleuchteten Raum gesehen wurden, also in ein blaues Zwischenmedium eingebettet. Die Versuchspersonen erkl\u00e4rten durchweg, den Schnee als weifs zu erkennen, und zwar als weifs in mehr oder weniger grofser Reinheit, immer aber unter blauer Beleuchtung, d. h. in einem bl\u00e4ulichen Zwischenmedium. Das Weifs war am reinsten bei den Bildern, auf denen sich die Objekte im Vordergrund ganz plastisch vom Schnee abhoben (II). Am wenigsten rein, aber immerhin noch erkennbar, war das Weifs auf den Bildern, die einen ziemlich homogenen Vordergrund hatten und nur auf dem Hintergrund Gegenst\u00e4nde zeigten (I).\n1 S. Exneb, Entwurf zu einer physiologischen Erkl\u00e4rung der psychologischen Erscheinungen. S. 235 ff. Leipzig 1894.\na Die Verschiedenheit der Versuchsbedingungen bei diesen Beobachtungen gestattet keine im physikalischen Sinne exakte Formulierung. Dais sich die physikalische Exaktheit oft mit der psychologischen nicht deckt, dafs die physikalisch einfachen Bedingungen oft psychologisch die ver-wickelteren sind und umgekehrt physikalisch komplexe Bedingungen die psychologisch einfacheren, haben Jaensch und Keich dargelegt. (Zeitschr. f. Psychol. 86.)","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nThea Cramer.\nDie Bilder, bei denen die Objekte gleichm\u00e4fsig auf Vordergrund und Hintergrund verteilt waren (III), nahmen eine Zwischenstellung ein.\nBisher hatte sich die Versuchsperson in den Raum des Bildes vertieft, wie es bei ungezwungener Betrachtung gew\u00f6hnlich der Fall ist. Nun wurde die Versuchsperson aufgefordert, sich lebhaft gegenw\u00e4rtig zu halten, dafe es ja nur Bilder sind, die sie wie in einem Guckkasten betrachtet, dafs sie sich aber selbst nicht in dem Bildraum befindet, sondern in dem \u201ewirklichen\u201c Raum des Zimmers, in dem die Beobachtung stattfindet. Wenn die Versuchsperson die Bilder mit dieser inneren Einstellung betrachtete, legte sich ein st\u00e4rkeres Blau auf die in den Bildern dargestellten Gegenst\u00e4nde, und diese verloren \u2014 wenigstens nach der Angabe einiger Versuchspersonen \u2014 etwas von ihrem raumhaften Charakter. Dieses Ph\u00e4nomen zeigte sich am besten bei den Bildern mit homogenem Vordergrund (I). Bei den anderen Bildern kostete es eine besondere Anstrengung, sich in dieser Weise einzustellen. Aber auch hier gelang dies sofort, wenn die Stereoskopbilder 1 bis 2 cm gehoben wurden, so dafs ein St\u00fcck von dem \u201ewirklichen\u201c Raum sichtbar wurde.\nUnter diesen ge\u00e4nderten Bedingungen wurden dann auch die anderen Bilder betrachtet, bei denen schon die innere Umstellung gen\u00fcgt hatte, das Zwischenmedium partiell bzw. total verschwinden zu lassen und die Farbe auf die in den Bildern dargestellten Gegenst\u00e4nde zu verlegen. Bei dieser Versuchsart wurde die F\u00e4rbung auf den Bildern (I) noch ausgesprochener.\nWenn man bei den Bildern mit ziemlich homogenem Schneevordergrund den Blick auf diesen Vordergrund richtete, und die hinten befindlichen Gegenst\u00e4nde unbeachtet liefs, so legte sich das Blau gleichfalls schon auf den Grund, \u00e4hnlich wie bei der Vorstellung, dafs man sich nicht in dem Bildraum, sondern in dem \u201ewirklichen\u201c Raum befinde. Bei dieser Beachtung des homogenen Schneevordergrundes lag das Blau in der Ebene des Bildes, aber diese Ebene selbst war nicht bestimmt lokalisiert. Man hatte mehr den Eindruck einer \u201eFl\u00e4chenfarbe\u201c, und um so mehr, je homogener der Vordergrund war. Bei einigen Bildern war der Schnee durch ein homogenes Weifs dargestellt, bei anderen wieder mehr k\u00f6rnig und uneben ; letzteres \u00e4hnelte die Bilder der I. Art denen der II. und III. Art an, erschwerte darum das Sehen einer Blauf\u00e4rbung des Schnees und erweckte mehr den Eindruck weifsen","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 229\nSchnees unter blauer Beleuchtung. Betrachtete die Versuchsperson ein ganz homogenes weifses, nur wenig gek\u00f6rntes Papier (gew\u00f6hnliches weifses Zeichenpapier), so erschien eine blaue Oberfl\u00e4chenfarbe mit Verwandtschaft zur Fl\u00e4chenfarbe. Die Versuchsperson hatte nun nicht mehr deutlich den Eindruck \\ in dem Bildraum, sondern vielmehr in dem wirklichen Raum zu sein. Ersetzte man das k\u00f6rnige, weifse Papier durch glattes Kartonpapier, so n\u00e4herte sich die Oberfl\u00e4chenfarbe noch mehr der Fl\u00e4chenfarbe, und diese zeigte eine Verwandtschaft zur dreidimensionalen Raumfarbe.\nBei den bisher beschriebenen Versuchen befand sich die blaue Glasscheibe 8 cm hinter den Gl\u00e4sern des Stereoskops; die deutlichste Raumwirkung hatte man, wenn die Bilder selbst in einem Abstand zwischen 15\u201418 cm (etwas variierend mit der Versuchsperson) von den Stereoskopgl\u00e4sern entfernt waren. Wenn die Bilder \u00fcber ein gewisses Mafs hinaus entfernt oder angen\u00e4hert wurden (24\u201426 cm, bzw. 8 cm von den Stereoskopgl\u00e4sern), verschwand das Zwischenmedium. Die Farbe legte sich wieder mehr auf die Gegenst\u00e4nde und zwar in zweifach verschiedener Weise. Wenn die Bilder zu weit nach vorn ger\u00fcckt waren, legte sich ein dunkles, ziemlich ges\u00e4ttigtes Blau auf den Grund; waren sie zu weit nach hinten verschoben, so war das Blau heller und stark mit Grau verh\u00fcllt; in beiden F\u00e4llen stand die Farbe des Grundes einer Fl\u00e4chenfarbe n\u00e4her als einer Oberfl\u00e4chenfarbe. Wurde die blaue Glasscheibe direkt auf die Bilder gelegt, in der Entfernung, in der sie im allgemeinen die beste Raumwirkung zeigten, so war der Eindruck \u00e4hnlich wTie bei unscharf eingestellten Bildern in 8 cm Entfernung von den Stereoskopgl\u00e4sern; ein ziemlich ges\u00e4ttigter blauer Grund wurde gesehen, die Tiefenwirkung war geringer.\nKehrte man die Schneebilder um, so \u00e4nderte dies nichts an der Erscheinungsweise, wenn die dargestellten Gegenst\u00e4nde sehr plastisch erschienen. Nur bei unplastischeren Bildern legte sich die Farbe des Zwischenmediums bei umgekehrter Darbietung wieder mehr auf die Gegenst\u00e4nde. Bilder von anderen Landschaften und Innenr\u00e4umen boten nichts bemerkenswert Neues. Ganz wie bei den Schneebildern war der Eindruck eines gef\u00e4rbten Zwischenmediums am deutlichsten dann, wenn sich im Vorder-\n1 Zwischen den beiden Erscheinungsweisen bestehen ja \u00dcberg\u00e4nge.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nThea Cramer.\ngrand markante Gegenst\u00e4nde befanden. Es gen\u00fcgten ganz wenige, oder auch nur einer. So befand sich z. B. auf einem Bilde, das ungef\u00e4hr in der Mitte eine Br\u00fccke zeigte, ganz vorn die Spitze einer Tanne, die den Eindruck des gef\u00e4rbten Zwischenmediums aufserordentlieh beg\u00fcnstigte.\nAuch Betrachtungen durch rot und gr\u00fcn gef\u00e4rbtes Glas brachten keine wesentliche Unterschiede gegen\u00fcber den fr\u00fcher geschilderten Beobachtungen. Nur war hier, offenbar wegen der geringeren Nat\u00fcrlichkeit der F\u00e4rbung, der Eindruck des gef\u00e4rbten Zwisc^ienmediums nicht ganz so gut wie bei dem blauen Glas, und es fiel etwas leichter, die Farbe in die Bildfl\u00e4che hineinzuverlegen.\nVon den mannigfachen Variationen ist vielleicht noch eine bemerkenswert, bei der auf die farbige Glasplatte Reispuder ausgestreut wurde. Hierbei sagten die Versuchspersonen, dafs die Farbe sich wieder mehr auf die Fl\u00e4che legte. Bei scharfer Aufmerksamkeitseinstellung auf den Bildraum konnte aber die Tr\u00fcbung als Nebel aufgefafst werden, und zwar bei Bildern von Landschaften weit leichter als bei Innenr\u00e4umen.\nBei herabgesetzter Beleuchtung gelang es durchweg besser, die Farbe auf der Bildfl\u00e4che zu sehen. Die Tiefeneindr\u00fccke werden hier infolge der Herabsetzung der Beleuchtung undeutlicher; das ganze Bild wird dem Falle der homogenen Schneefl\u00e4che (I) angen\u00e4hert und darum auch \u00e4hnlich wie dort gesehen.\nDer folgende Versuch variiert die eben beschriebenen Beobachtungen. Auch bei ihm dominiert im Bewufstsein der Versuchspersonen das eine Mal der normal beleuchtete \u201ewirkliche** Raum, das andere Mal ein gleichzeitig gegebener farbig beleuchteter. Als Versuchspersonen dienten die Damen Hammerschlag, Holstein, Kleimenhagen, Zbylitzki, die Herren Broer, Prof. Jaensch, Wiepgen. Die Versuchsanordnung war folgende:\nG\nEs wurde ein weifser Schirm (Sch), auf den eine ganz gleiche weifse Scheibe geh\u00e4ngt werden konnte, dargeboten ; daneben befand sich\nAbb. 3.\nVp.\nKa\nin gr\u00f6fserem Seitenabstand ein Farbkreisei (K). Die Versuchsperson safs in etwa D/2 m Entfernung vor dem Schirm und","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 231\nblickte durch einen Kasten (Ka), der einen horizontalen Ausschnitt hatte und so gebaut war, dafs er sich dem Gesicht vollkommen anlegte.\nDie W\u00e4nde des Kastens waren mit schwarzem Papier \u00fcberzogen. An der dem weifsen Schirm zugekehrten Vorderwand befand sich eine Glasscheibe (G), die auf einer Schiene im horizontalen Sinne verschoben werden konnte. Die Versuchsperson legte bei der Beobachtung den Kasten an den Kopf an. In einer Konstellation I schliefst die Glasscheibe den Ausschnitt des Kastens vollst\u00e4ndig ab. Bei Konstellation II ist die Glasscheibe ein wenig herausgezogen, so dafs etwa 2 cm des horizontalen Ausschnittes unverdeckt sind.\nZun\u00e4chst wurde mit einer blauen Glasscheibe beobachtet. W\u00e4hrend bei Konstellation I ein von blauem Licht erf\u00fcllter Raum erscheint, scheint in Konstellation II die Farbe n\u00e4her an der Fl\u00e4che zu liegen, genauer ist der Eindruck schwer zu beschreiben. Diese blaue Farbe st\u00f6fst seitlich an die weifse an, die durch den freien Teil des Ausschnittes gesehen wird. Die Schwierigkeit, die Farbe in diesem Falle n\u00e4her zu beschreiben, scheint daher zu r\u00fchren, dafs sie nicht im strengen Sinne Oberfl\u00e4chenfarbe ist, sondern etwas vom Charakter der durchsichtigen Farbe an sich zu haben scheint. Wie zwischen Oberfl\u00e4chen- und Fl\u00e4chenfarben, scheint ein \u00dcbergang auch zwischen durchsichtigen und Fl\u00e4chenfarben zu bestehen.\nHerr Professor Jaensch gab folgendes zu Protokoll. Bei Konstellation I: \u201eEs wird ein deutlich blaues Zwischenmedium gesehen, das am dichtesten auf dem Hintergr\u00fcnde ist; besonders dann, wenn der Blick ganz ungezwungen hin und her wandert, und bei binokularer Betrachtung. Die Scheibe selbst ist leicht bl\u00e4ulich, und zwar im Sinne einer blauen Oberfl\u00e4chenfarbe, nicht nur im Sinne eines darauf lagernden Zwischenmediums.\u201c\nBei Konstellation II:\n\u201eDie Farbe wird anders lokalisiert, aber das Ganze ist schwer zu beschreiben. Achtet man auf den weifsen Schlitz, dann ist der Eindruck der Farben \u00e4hnlich wie bei Oberfl\u00e4chenfarben, also \u00e4hnlich, wie wenn die eine H\u00e4lfte des Feldes weifs, die andere blau gef\u00e4rbt w\u00e4re; doch ist das Ph\u00e4nomen nicht ganz so beschaffen wie bei einer Oberfl\u00e4chenfarbe. Es bestehen anscheinend \u00dcberg\u00e4nge zwischen dem Falle eines farbig beleuchteten Raumes und einer Oberfl\u00e4chenfarbe, und hier liegt offenbar ein solcher","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nThea Cramer.\nvor. Bei dieser Konstellation (also im Falle des Schlitzes) ist der Raumcharakter der Farbe stark abgeschw\u00e4cht, ohne ganz zu verschwinden. Der Oberfl\u00e4chencharakter ist verst\u00e4rkt, so dafs hier ein \u00dcbergangsfall zwischen Oberfl\u00e4chenfarbe und Beleuchtungsfarbe gegeben ist, mit starkem Vorwalten der ersteren.\nJe mehr es durch Konzentration gelingt, den Schlitz und den farbigen Teil des Gesichtsfeldes gleichzeitig mit der Aufmerksamkeit zu umspannen, um so mehr \u00fcberwiegt der Oberfl\u00e4chencharakter und damit auch die Farbigkeit, besonders dann, wenn die Trennungslinie fixiert wird und weifser und farbiger Teil im indirekten Sehen gegeben sind.\nVon der Oberfl\u00e4chenfarbe im strengen Sinne unterscheidet sich das gesehene Blau auch dadurch, dafs es, soweit es als Oberfl\u00e4chenfarbe erscheint, nicht ganz streng in dieselbe Ebene lokalisiert wird, wie der durch den leeren Schlitz hindurch und weifs gesehene Schirmteil. Wie es aber genau lokalisiert wird, ist schwer zu sagen. Deutlich hat man den Eindruck, dafs es hinter der Glasscheibe erscheint. Vor der Scheibe ist sicher keine blaue Beleuchtung. (Dieser Unterschied zwischen der F\u00e4rbung eines vor oder hinter der Glasscheibe gesehenen Raumteiles f\u00e4llt auch weg in Konstellation I, d. i. bei der Beobachtung ohne Schlitz.)\nJe mehr man die Aufmerksamkeit auf den durch die Glasscheibe betrachteten Teil des Schirmes konzentriert, um so mehr dr\u00e4ngt sich der Eindruck auf, dafs der blaue Teil n\u00e4her liege als der weifse. Bei simultaner Beobachtung beider Gesichtsfeldh\u00e4lften \u00fcberwiegt der Eindruck der Unsicherheit hinsichtlich der Entfernung.\u201c\nAuch die anderen Vpn. sagen aus, dafs sie hinter der Glasscheibe einen wie mit blauem Licht erf\u00fcllten Raum sehen. Frl. Kleimenhagen bemerkt, dafs die weifse Papierscheibe gr\u00e4ulicher blau ist als der mit ihr gleiche Grund, w\u00e4hrend Herr Broer keinen Unterschied zwischen beiden bemerkte. Wie bei den Versuchen des ersten Kapitels nahm die Deutlichkeit des Zwischenmediums ab, wenn der Hintergrund durch Anbringung der Scheiben inhomogen gemacht wurde, wenn auch die Abnahme nicht so stark war wie bei jenen Versuchen.\nSobald aber der Schlitz vorhanden war (Konstellation II), wurde das blaue Zwischenmedium noch mehr zur\u00fcckgedr\u00e4ngt, ohne dafs eine eigentliche Oberfl\u00e4chenfarbe sichtbar wurde. Alle Vpn. sagen aus, dafs in Konstellation II das Blau viel","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 233\nges\u00e4ttigter werde. Das zeigte sich auch bei den quantitativen Einstellungen. Die Beobachtung war zur Vermeidung von Adaptation ganz kurzdauernd.\nDie Vpn. wurden aufgefordert, sich die gesehene Farbe genau zu merken und dann die Augen zu schliefsen. Nach Wegnahme des Kastens wurde die eingepr\u00e4gte Farbe auf dem seitlichen Kreisel eingestellt. Einige Versuche sollen hier wiedergegeben werden :\nVp. Frl. Kleimenhagen.\nKonstellation I.\tKonstellation II.\nBl W. sT R.\tBL W. \u00a5. R.\n225\t135\t*\t260\t80\nVp. Herr Broer.\n200\t64\t96\t335\t25\nVp. Herr Wiepgkn (forderte einen Sektor Rot).\n275\t67\t18\t302\t40\t18\nVp. Frl. Hammerschlag.\n230\t130\t277\t83\nIn allen F\u00e4llen zeigt sich bei Konstellation II st\u00e4rkere Farbigkeit und zugleich geringere Helligkeit. Die Einstellung war bei diesen Versuchen nicht ganz leicht, weil die durch die Glasscheibe gesehene Farbe einen ganz anderen Charakter hatte als der Kreisel. Farbengleichheit kam darum nicht zustande, wohl aber ann\u00e4hernde \u00dcbereinstimmung in Farbenton, Helligkeit und S\u00e4ttigung.\nBei Verwendung des roten Lichtes wurde zuweilen angegeben, dafs man nur \u201eins Rote\u201c s\u00e4he, einen rein raumhaften \u201egegenstandslosen\u201c Farbeneindruck habe (Frl. Buegdorfe). Bei Anbringung der weifsen Scheibe weicht dieser raumhafte Charakter wieder etwas, verschwindet aber nicht ganz. Bei Konstella-\n\u2022 \u2022\ntion II ist die S\u00e4ttigung auch hier wieder gr\u00f6fser. \u2014 \u00c4hnliche Versuche wurden mit einer gr\u00fcnen Glasscheibe angestellt. Das Zwischenmedium war hier trotz guter S\u00e4ttigung der gr\u00fcnen Scheibe weit weniger deutlich. Die Farbe legte sich mehr auf den Hintergrund. Umgekehrt war die Farbe des Zwischen mediums am deutlichsten bei Blau. Dieser Unterschied d\u00fcrfte darin begr\u00fcndet sein, dafs gr\u00fcne Beleuchtungen in der Natur viel seltener sind als r\u00f6tliche und bl\u00e4uliche, die als Farbe der Abendd\u00e4mmerung bzw. als Farbe der Ferne verkommen, w\u00e4hrend umgekehrt gr\u00fcne Fl\u00e4chen in der Natur h\u00e4ufiger sind als blaue und rote.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nThea Cramer.\nBei den Versuchen im I. Kapitel verschwand das Zwischenmedium so, wie wenn Nebel sich aufkl\u00e4rt; es verschwand, ohne sich auf die vorhandenen Fl\u00e4chen und Oberfl\u00e4chenfarben zu legen. Bei den Versuchen mit dem Kasten hingegen sah es beim Herausziehen des Schiebers so aus, als wenn sich die Farbe des Zwischenmediums auf die weifse Fl\u00e4che legte. Gleichzeitig wurde die Luft wieder durchsichtig und konnte glatt durchblickt\nwerden.\n3. Kapitel.\nPh\u00e4nomenologischer Nachweis der \u00dcbergangsf\u00e4lle von raum-haftem Zwischenmedium und Oberfl\u00e4chenfarbe, und damit zugleich von Transformations- und Kontrasterscheinungen.\nAlle diese Versuche haben gezeigt, dafs die das Gesichtsfeld erf\u00fcllende Farbe bald mehr als Zwischenmedium, also Raumfarbe, bald mehr als Oberfl\u00e4chen- oder Fl\u00e4chenfarbe erscheinen konnte. Die gleitenden \u00dcberg\u00e4nge von Raumfarbe, d. h. Zwischenmedium, und Oberfl\u00e4chenfarbe bzw. Fl\u00e4chenfarbe sollen nun noch unmittelbar durch einige besondere Versuche dargetan werden. Beobachtet wird (unter Heranziehung s\u00e4mtlicher bisheriger Vpn.) eine rotierende Farbenscheibe, und zwar aus verschiedenem Abstand. Die Erscheinungen sind je nach dem Abstand der Vp. von dem Kreisel etwas verschieden. In der Entfernung 1\u20142 m hatten die Vpn. noch den Eindruck einer deutlichen Oberfl\u00e4chenfarbe, also gef\u00e4rbten Papiers, sowohl wenn der Rand, als auch wenn die Mitte der Scheibe fixiert wurde. R\u00fcckte die Vp. n\u00e4her an die Scheibe heran (etwa bis auf 30 cm Abstand), so wurde die Lokalisation der Farbe unbestimmter. Man hat dann, \u00e4hnlich wie bei einer Fl\u00e4chenfarbe, den Eindruck, bis zu einer gewissen Tiefe in den Raum eindringen zu k\u00f6nnen. Verst\u00e4rkt wurde dieser Eindruck, wenn die Aufmerksamkeit nicht auf die R\u00e4nder, sondern auf die Mitte der Scheibe gerichtet wurde. Dabei erschien die Farbe zuweilen auch nicht mehr in einer Ebene. Frl. Haas sah sie bei 1\u20141/2 m Abstand in einer konkaven W\u00f6lbung, in die auch wieder mit dem Blick eingedrungen werden konnte. N\u00e4hert man sich der Scheibe noch weiter, so hatten die meisten Vpn. die Empfindung eines von Farbe erf\u00fcllten Raumes, also eines farbigen Mediums, \u00e4hnlich dem bisher betrachteten Zwischenmedium.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 235\nDiese Beobachtungen erfolgten unter normaler Beleuchtung. Konnte die rotierende Scheibe schon hier ihren Oberfl\u00e4chencharakter einb\u00fcfsen, so geschah dies noch in h\u00f6herem Mafse, wenn man die Scheibe farbig beleuchtete. Es kann durch ein Experiment gezeigt werden, dafs man sogar, wenn eine farbige Scheibe weils beleuchtet wird, den Eindruck eines farbig beleuchteten Raumes hervorrufen kann, so dafs also die Luft vor der Scheibe gef\u00e4rbt erscheint wie das Zwischenmedium im farbig beleuchteten Raum. Zun\u00e4chst zeigte ich der Vp. eine weifse Scheibe in einer farbig (und zwar blau, rot, gelb, gr\u00fcn) beleuchteten Ecke. Nachdem die Vp. die Erscheinung einer farbig beleuchteten Ecke gut gesehen hatte, begann der Hauptversuch in einem anderen Zimmer. Vpn. waren Frl. Burgdorff, Frl. Wiehe, Frl. Hammerschlag, Herr Lachmund, Frl. Zbylitzki. Es wurde eine mit farbigem Papier bekleidete Ecke dargeboten. In die Ecke wurde ein Farbkreisei K von gleicher Farbe wie das Papier der W\u00e4nde, manchmal nur mit einem kleinen Weifssektor (20\u2014100\u00b0), gebracht. L\u00e4fst man das weifse Licht einer Bogenlampe auf den rotierenden Kreisel fallen, so erscheint er einigen Vpn. ganz weifs, anderen nahezu weifs, immer wie in einem farbig beleuchteten Raum.\nDie Vp. befand sich nahe an dem Kreisel (K), in etwa 30 cm Entfernung. Durch einen Schirm (Sch) war die Bogenlampe (L) verdeckt.\nDie Vp. wufste also weder, wie die Farbe der Beleuchtung war, noch was f\u00fcr eine Farbe Sch die Kreiselscheibe bei normaler Beleuchtung hatte. Sie urteilte also lediglich nach dem Eindruck. Aber auch ich selbst konnte, obwohl ich die Farbe der Scheibe unter Tagesbeleuchtung kannte, sie nicht anders als \u201eweifs\u201c in einem farbig beleuchteten Raume sehen. Herr Lachmund gab z. B. bei der blauen Scheibe an : ..Es ist, als wenn blaues\nL\n*\nVp.\nAbb. 4.\nLicht auf Schnee f\u00e4llt.\u201c Frl. B\u00fcrgdorff erkl\u00e4rte gleichfalls die blaue Scheibe f\u00fcr \u201eschneeweifs\u201c. \u2014 Bei Blau trat die Erscheinung am deutlichsten auf, am schw\u00e4chsten bei Gr\u00fcn. Ich selbst mufste z. B. bei Gr\u00fcn 130\u00b0 Weifs zusetzen, um den Eindruck einer vollkommen weifsen Scheibe bei farbiger Beleuchtung zu haben, w\u00e4hrend bei (dem sicher nicht weniger ges\u00e4ttigten) Rot und Gelb schon 70\u2014900 reichlich gen\u00fcgten, bei Blau bereits 20\u201440 \u00b0. Das Zwischenmedium, das vor der Scheibe gesehen wird, ist","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nThea Cramer.\nschwer zu unterscheiden von dem in einem farbig beleuchteten Raum.\nRun wurde der Versuch etwas modifiziert. Es wurde auf eine blaue Kreiselscheibe ein grauer Ring gebracht. Die Vp. wurden nur gefragt, wie ihr die Situation erscheine; eine bestimmtere Formulierung der Frage wurde zur Ausschliefsung von Suggestion vermieden. Die Vpn. sagten, dafs das Blau nicht mehr so sehr den Raum f\u00fclle wie zuvor, sondern mehr auf dem \u00e4ufseren Rand und dem Innenteil aufl\u00e4ge, aber nicht so wie eine Oberfl\u00e4chenfarbe, sondern mehr wie eine Fl\u00e4chenfarbe. Man kann also in die Farbe eindringen. Einige Vpn. \u00e4ufserten ihr Erstaunen dar\u00fcber, dafs der Ring nicht blau beleuchtet ist. Schon aus diesen Bemerkungen konnte man schliefsen, dafs die Vpn. trotz obiger Einschr\u00e4nkungen einen blau beleuchteten Raum zu sehen glaubten. Bei der Scheibe mit dem Ring liegt eine analoge Erscheinung vor wie bei dem Kastenversuch in Konstellation II, wo der Kasten mit dem Schlitz dargeboten wurde. Hier st\u00f6rte der Schlitz die Homogenit\u00e4t des Hintergrundes und schw\u00e4chte den Eindruck des Raumcharakters der Farbe. Im halle des Vorhandenseins des Ringes wurde das Blau auch ges\u00e4ttigter und erweckte nicht mehr den Eindruck, als sei es Weifs in blauem Lichte; es legte sich mehr auf die Scheibe und n\u00e4herte sich mehr der Fl\u00e4chenfarbe. Der graue Ring erschien mit einem leichten gelblichen Schleier \u00fcberdeckt. \u2014 Dieser Versuch verh\u00e4lt sich also zu dem vorigen \u00e4hnlich, wie der Kastenversuch mit Schlitz zu dem ohne Schlitz.\nDieselben Versuche wurden mit roten, gelben und gr\u00fcnen Scheiben durchgef\u00fchrt; alle f\u00fchrten zu dem gleichen Resultate: der raumhafte Charakter trat etwas zur\u00fcck bei den Scheiben mit Ring, die Farbe legte sich mehr auf die Scheibe, diese war aber einer Fl\u00e4chenfarbe \u00e4hnlicher als einer Oberfl\u00e4chenfarbe. Der Ring erschien wie mit einem leichten Schleier aus der jeweils komplement\u00e4ren Farbe bedeckt. \u2014\nDer Eindruck eines farbig beleuchteten Raumes wurde auch durch folgende Versuche hervorgerufen, die wiederum eine \u00dcbergangserscheinung zwischen einer Oberfl\u00e4chenfarbe und einer durchsichtigen Raumfarbe demonstrieren. (Vpn. die Damen Eichengr\u00fcn, Haas, Hammerschlag und Herr Richter.)\nIn einem Zimmer, durch dessen Fenster man auf ein gegen\u00fcberliegendes Haus sah, wurde das Bild dieses Hauses","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehung des Zwischen mediums zu den Transfor mationser sch.\t237\n%\nmittels einer Linse auf einen Schirm geworfen, der mit farbigem (rotem, blauem oder auch grauem) Papier \u00fcberzogen war. Das Haus sah vollkommen weifs aus, erschien aber wie in einem farbig beleuchteten Raum. Zum Vergleich liefs ich das Spiegelbild an einer blauen Glasscheibe beobachten; der Eindruck war fast genau der gleiche. Der Raum schien hinter der Ebene des Papiers zu liegen. Wenn das Bild durch die Linse scharf eingestellt wurde, wTar der Eindruck des farbig beleuchteten Raumes sehr deutlich; die ..Ebene\u201c des Papiers erschien dann wie ein dreidimensionales Gebilde.\nWir betrachteten nun die weifs erscheinenden Stellen durch einen kleinen Reduktionsschirm, der nur ein Loch auf der Vorder- und R\u00fcckseite hat und wie eine R\u00f6hre wirkt. Durch diesen Schirm betrachtet, sah man die vorher weifs erscheinenden Stellen der Hauswand in der Farbe der Scheibe, nur etwas heller; \u00e4hnlich erschienen unter den gleichen Bedingungen die betreffenden Stellen des Vergleichspiegels.\nEine ganz geringe Verschiebung der Linse machte das Bild unscharf, und hierbei wmrde auch das Haus in der Farbe der Scheibe gesehen; oder vielmehr es wurde nicht als Haus erkannt, sondern auf dem Grunde zeigten sich hellere und dunklere Stellen, von denen aber keine weifs erschien. Die Farbe des Papiers n\u00e4herte sich dabei wieder der Erscheinungsweise der Oberfl\u00e4chenfarbe.\nHierzu stellte ich auch einen Parallelversuch an, indem ich in einem verdunkelten Zimmer Bilder durch einen Projektionsapparat auf einen rotierenden Kreisel wTarf. Zun\u00e4chst bot ich einen gelben Kreisel dar und wTarf darauf das Bild eines blauen Quadrates. Die Vp. erkl\u00e4rte, auf dem Gelb einen grauen Fleck zu sehen. Darauf projizierte ich das Bild eines Kindes mit einem blauen Anzug von \u00e4hnlicher Farbe, wobei die Farbe des Anzugs auf dem Kreisel blau gesehen wurde.\nDie beiden Versuche zeigen, dafs sobald ein Gegenstand in dem blau erscheinenden Raum erkannt wird, die farbige Projektionsfl\u00e4che zum Zwdschenmedium wird und die Transformation einsetzt.\nWenn aber infolge von zu homogener Beschaffenheit der Objekte oder unscharfer Einstellung keine Gegenst\u00e4nde erkannt werden, wird die Farbe in die Ebene des Schirmes lokalisiert, das Zwischenmedium und die Transformation bleibt dann aus.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nThea Cramer.\nProfessor Jaensch und seine Mitarbeiter hatten nachgewiesen, dafs ein enger Parallelismus besteht zwischen den Transformations- und Kontrastgesetzen. Es ergab sich folgender Hauptsatz : \u201eGrundgesetze des Kontrastes gehen \u00fcber in Grundgesetze der Transformationserscheinungen, wenn man in den Kontrastgesetzen den Terminus \u201eUmfeld\" ersetzt durch den Terminus beleuchteter Raum4; von diesem Satz gilt auch die Umkehrung.\u201c\nDer Parallelismus der Gesetze legte den Gedanken nahe, dafs sich \u00dcbergangsf\u00e4lle zwischen den Kontrast- und Transformation sph\u00e4nomenen auch erscheinungsm\u00e4fsig w\u00fcrden auf-weisen lassen.\nIn der Tat ist durch unsere Beobachtungen der Zusammenhang zwischen den Kontrast- und Transformationserscheinungen, der bisher durch den Gesetzesparallelismus beider bewiesen wurde, nun auch ph\u00e4nomenologisch dargetan.\nWenn z. B. Kontrastversuche am Farbkreisei demonstriert werden, dann dient seine Ebene sowohl als Umfeld als auch als Infeld; beide treten als Oberfl\u00e4chenfarben auf.\nNun beweisen aber die im Anfang des Kapitels beschriebenen Beobachtungen, dafs unter geeigneten Umst\u00e4nden der Farbkreisei nicht nur als Oberfl\u00e4chenfarbe, sondern auch als Fl\u00e4chenfarbe und Raumfarbe erscheinen kann.\n\u2022 \u2022\nAlso gibt es auch ph\u00e4nomenologisch \u00dcberg\u00e4nge vom Umfeld zum Umraum. Ein weiteres Beispiel f\u00fcr diese Tatsache war die Ebene des farbigen Papiers, die als beleuchteter Raum wirkte, als das Haus darauf projiziert wurde.\nZur Vermeidung von Mi\u00dfverst\u00e4ndnissen mag hier auf einen Irrtum hingewiesen werden, der sich in die Literatur eingeschlichen hat. A. Lohmann hatte die J.\u2019sche Mitteilung von dem Parallelismus der Transformations- und Kontrastgesetze so verstanden, als \u00fcbe das farbige Zwischenmedium nach der Ansicht von J. eine Art \u201eRandkontrast\u201c aus, und er bek\u00e4mpfte die These von dem Auftreten eines \u201eRandkontrastes in der dritten Dimension\u201c. Diese These hat aber Jaensch nicht aufgestellt, ganz im Gegenteil hat er von Anfang an ausdr\u00fccklich darauf hingewiesen, dafs die Transformationserscheinungen keineswegs auf den Umgebungskontrast zur\u00fcckzuf\u00fchren sind.\nEs w\u00fcrde gewifs von Interesse sein, die in diesem Kapitel mitgeteilten Versuche auch zu dem Tatsachenkreis der impressionistischen Malerei in Beziehung zu setzen, \u00fcber den\nJaensch in Verbindung mit der Erscheinungsweise des Zwischen-\n\u2022 \u2022\nmediums handelte (Uber die Wahrnehmung des Raumes. 1911).","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformationsersch. 289\n4. Kapitel.\ntlfoer die Beziehungen von Zwischenmedium und Glanz.\nWenn man durch eine durchsichtige Farbe hindurch eine andere wahrnimmt, so tritt eine Art von Wettstreit auf. Entweder ist die Farbe des Zwischenmediums deutlich, oder das Zwischenmedium wird entf\u00e4rbt und es tritt Transformation auf. Beim Spiegel ist es nun so, dafs die spiegelnde Oberfl\u00e4che glatt durchblickt wird und die hindurchgesehenen Gegenst\u00e4nde in ihren \u201eEigenfarben44 erkannt werden, wenigstens bei den gew\u00f6hnlichen \u201efarblosen44 Spiegeln. Anders ist es bei farbigen Spiegeln ; hier wird die Farbe des Spiegels zum Zwischenmedium.\nWenn beide Auffassungsweisen, die als Spiegel und die als Oberfl\u00e4che, sich gegenseitig stark zu verdr\u00e4ngen suchen, kommt es zu der Erscheinung des Glanzes. Wesentlich ist also, worauf schon Helmholtz1 hin wies, dafs man das Licht in zwei Portionen aufteilt. Bei den gew\u00f6hnlichen Glanzerscheinungen kann man das Gl\u00e4nzen der Fl\u00e4che als unvollkommene Spiegelung auffassen. So erscheint durch die halbdurchsichtigen W\u00e4nde einer Messerklinge, eines Metalls, Porzellangeschirrs eine unbestimmte Helligkeit hindurch. Zu dem Wettstreit beider Auffassungsweisen kommt es hier daher, dafs die Oberfl\u00e4che eine deutliche Gestalt erkennen l\u00e4fst und darum nicht einfach, wie der Spiegel, glatt durch blickt wird. Andererseits besteht doch wieder eine Tendenz, durch die Oberfl\u00e4che hindurch zu blicken, wegen der Eindringlichkeit der dahinter liegenden Helle. Wird dieser Wettstreit zugunsten der einen Auffassung abgeschw\u00e4cht, indem man statt des \u201eunbestimmten Hell*4 konkrete, mit Konturen versehene, wenn auch gleichfalls helle Gegenst\u00e4nde vor die gl\u00e4nzende Fl\u00e4che h\u00e4lt, so wird aus dem Glanz Spiegelung, weil hier jetzt das hinter der Oberfl\u00e4che gesehene Bild die Aufmerksamkeit stark fesselt und darum die Oberfl\u00e4che glatt durchblickt wird. In diesem Falle scheint das Zwischenmedium nach vorn zu durch eine durchsichtige Fl\u00e4che abgeschlossen, die mehr oder weniger den Charakter einer durchsichtigen Farbe annimmt. \u2014 Auch schon Dove2 erkl\u00e4rte: \u201eDas Bewufstsein dieser undeut-\n1\tH. v. Helmholtz, Handbuch der Physiologischen Optik. 3. Aufl. Bd. II. Leipzig 1911. S. 245.\n2\tH. W. Hove, Entstehung des Glanzes. Darstellung der Farbenlehre und optische Studien. Berlin 1853. S. 177.","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nThea Cramer.\nlieh wahrgenommenen Spiegelung erzeugt die Vorstellung des Glanzes.\u201c Baumann1 vertrat gleichfalls diese Anschauung und erh\u00e4rtete sie durch besondere Versuche. Er zeigte, dafs ein Spiegel zu einer gl\u00e4nzenden Fl\u00e4che wird, wenn man ihn mit Lykopodiumsamen bestreut. Auch dafs der Wettstreit eine Vorbedingung des Glanzes ist, hat Baumann schon zutreffend hervorgehoben.\nDie Bedeutung des Wettstreites f\u00fcr das Auftreten des Glanzes zeigt sich auch deutlich bei den Versuchen im Stereoskop, wenn man eine schwarze und eine weifse Fl\u00e4che zur binokularen Vereinigung bringt, Dabei schwankt der Eindruck best\u00e4ndig, einmal herrscht das Dunkel vor und lieiert eine \u00e4hnliche Erscheinungsweise wie eine dunkle Beleuchtung, dann sieht man wieder hellere Flecken. \u00dcberwiegt keine Farbe, sondern halten sich beide das Gleichgewicht, so sieht man kein mattes stumpfes Grau, sondern Glanz. Recht anschaulich zeigt sich diese Erscheinung auch bei dem Dodekaeder aus J. Martius-Matzdorffs Sammlung2 3 *, Blatt 36, wo dieselbe Figur dem einen Auge schwarz auf weifsem Grunde, dem anderen Auge weifs auf schwarzem Grunde geboten wird.\nWenn dagegen dem einen Auge eine scharf umrissene Figur, dem anderen eine homogene Fl\u00e4che geboten wird, setzt sich die Figur nebst dem anstofsenden Teil des Grundes durch (Panum), so z. B. bei Blatt 11 der erw\u00e4hnten Sammlung; hier befindet sich links ein schwarzer Stern auf weifsem Grund, rechts eine homogene Fl\u00e4che, bei Blatt 36 dagegen, wo beide Eindr\u00fccke gleich stark waren, kam es zur Erscheinung des Glanzes. Glanz tritt auf, wenn zwei Sehdinge hintereinander gesehen werden, das vordere eine Tendenz zeigt, der Erscheinung des leeren Raumes oder Zwischenmediums sich anzun\u00e4hern, und wenn sich diese Tendenz doch nicht durchzusetzen vermag, weil keines der beiden Sehdinge (insbesondere das hintere nicht) dominiert.5 Diese Entstehungsbedingung des Glanzes illustriert\n1 C. Baumann, Beitr\u00e4ge zur Physiologie des Sehens. Pfl\u00fcgers Arch. f. d. ges. Physiol. 91. 1902.\n* J. Martius-Matzdorff, Die interessantesten Erscheinungen der Stereoskopie. Berlin 1889.\n3 Nachtrag: Soeben suchte auch F. Kiesow zu erweisen, dafs ein hin-\nreichender Grad von \u201eSelbst\u00e4ndigkeit\u201c beider Eindr\u00fccke Vorbedingung f\u00fcr\ndas Auftreten des binokularen Glanzes ist {Arch. ital. di Psicol. 1. 1920. S. 3).","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"B \u00ae\nUber die Beziehung des Zwischemnediums zu den Transformations- usw.\t241\nauch die folgende, zuerst von Herrn Prof. Jaensch gemachte und hier noch etwas eingehender durchgef\u00fchrte Beobachtung im Freien. Eine Strafse, die an einer Seite an freies Feld st\u00f6fst, war an beiden Seiten durch ein Holzgitter eingefafst; das dem freien Feld zugekehrte Gitter war schwarz, das dem Haus zugekehrte weifs. (Siehe Abb. 5.)\nN\u00e4hert man sich auf dem Wege der Strafse, so erscheint das weifse Gitter (G,) etwa in der Ebene des schwarzen (G2), wenigstens nicht wesentlich verschieden von dieser lokalisiert, und das Ganze sieht einer gl\u00e4nzenden Spiegelfl\u00e4che \u00e4hnlich. Es ist nicht so, wie wenn man durch eine durchsichtige Farbe eine andere hindurchsieht, sondern die beiden Ebenen fallen zusammen; bald tritt die Farbe der einen, bald die der anderen mehr ins Bewufst-sein. Wenn man sich der Strafse n\u00e4hert, sieht man sehr sch\u00f6n wechselnde schwarze und weifse Stellen, die als regellose Flecken auftreten und wie Lichtreflexe wirken. Es ist aber kein unruhiges, krauses Gewirr von hell und dunkel wie bei Flimmererscheinungen, sondern ein ruhiges gleitendes Wechseln. Es macht ganz den Eindruck einer gl\u00e4nzenden Wasserfl\u00e4che; auch dem Glas steht es nahe, ist aber noch gl\u00e4nzender und scheint nicht so durchsichtig. Am besten l\u00e4fst es sich vielleicht mit der Oberfl\u00e4che\nvon ganz glattem Eis (Spiegeleis) vergleichen. Die Erscheinung zeigt wieder, dafs das Auftreten eines Wettstreites zur Glanzerscheinung Anlafs geben kann; keines von beiden, weder das schwarze noch das weifse Gitter, dominiert. Es besteht auch die Tendenz, die beiden Gitter, die in verschiedenen Ebenen liegen, in dieselbe Ebene zu verlegen; dabei tritt Glanz auf. Kommt man n\u00e4her an das schwarze Gitter heran, so tritt die Erscheinung des Glanzes zur\u00fcck. Die beiden Farben liegen nun nicht mehr in einer Ebene; das erste dunkle Gitter wird jetzt glatt durch-\nFe\u00eed\nWeg\nHaus\nGi\nAbb. 5.\nblickt. Hier dominiert das n\u00e4here, und der Glanz bleibt aus.\nWeitere Beobachtungen an anderen Gittern zeigten immer wieder, dafs Glanz \u00fcberall da auftritt, wo von beiden keines dominiert, so sieht man z. B. auch Glanz, wenn man zwei hintereinanderliegende schwarze Gitter beobachtet. Bei diesen sind aber die dar\u00fcber hin huschenden scheinbaren \u201eLichtreflexeu unruhiger, besonders wenn sich der Beobachter in Bewegung befindet.\nZeitschr. f. Sitmenphysiol. .'>4.\tAD","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242 Thea Cramer, \u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums usw.\nSobald eines der beiden hintereinander befindlichen Sehdinge dominiert, bleibt das Glanzph\u00e4nomen aus. Wenn z. B. ein Haii\u00f6 so sehr die Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, dafs man auf ein Gitter davor kaum achtet, tritt kein Glanz auf; denn Haus und Gitter treten gar nicht mehr miteinander in Wettstreit.\nAnders, wenn sich hinter einem Gitter ein homogener Hintergrund befindet, der die optische Aufmerksamkeit weniger fesselt wie eine Hauswand, oder wenn das Gitter frei steht oder \u00fcberhaupt das Sehfeld soweit beherrscht, dafs es mit den dahinterliegenden Gegenst\u00e4nden konkurrieren kann. Dann kann man beobachten, dafs die Luft zwischen den Gitterst\u00e4ben aussieht wie eine glasartige Haut, \u00e4hnlich wie die Oberfl\u00e4che einer Seifenblase, und die dahinter befindlichen Farben sieht man dann wie durch eine d\u00fcnne Glasscheibe, besonders dann, wenn die Gitterst\u00e4be sich markant abheben und nicht zu weit voneinander abstehen. Es handelt sich hier um Durchsichtigkeit mit einen! schwachen Einschlag von Glanz, \u00e4hnlich dem \u201eglasartigen\u201c Eindruck, den Schumann hervorhebt. In der Tat decken sich die Aussagen unserer Vpn. dann mit denen von Schumann. Das Glahz-ph\u00e4nomen r\u00fchrt offenbar daher, dafs man durch das Gitter auf das dahinter Befindliche sieht und beides in Wettstreit tritt.","page":242}],"identifier":"lit36080","issued":"1923","language":"de","pages":"215-242","startpages":"215","title":"\u00dcber die Beziehung des Zwischenmediums zu den Transformations- und Kontrasterscheinungen","type":"Journal Article","volume":"54"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:39:31.084805+00:00"}