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Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut

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{"created":"2022-01-31T15:35:34.308240+00:00","id":"lit36088","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Braunstein, E. P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 55: 185-229","fulltext":[{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"185\nZur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der\nNetzhaut.\nVon\nProfessor E. P. Braunstein (Charkow).\n(Mit 5 Abbildungen und 3 Kurven.)\nEinleitung.\nDen Gegenstand meiner Arbeit bildet die Frage der Empfindlichkeit der Netzhaut f\u00fcr Lichtreize k\u00fcrzerer Dauer. Als Mais der Empfindlichkeit des Auges f\u00fcr Lichtreize dient gew\u00f6hnlich dessen F\u00e4higkeit, Reize von minimaler objektiver Gr\u00f6fse (Reizschwellenerregbarkeit) und den minimalen Unterschied in der Gr\u00f6fse zweier Reize (Unterschiedsempfindlichkeit) wahrzunehmen. Ein solches Empfindlichkeitsmafs ist jedoch auch in der Wahrnehmef\u00e4higkeit des Auges f\u00fcr Reize minimaler Dauer vorhanden. Der entsprechende Schwellenwert wird als Zeitschwelle bezeichnet. Die Analogie mit der Muskelkontraktion und der Nervenerregung l\u00e4fst schon von vornherein erwarten, dafs zwischen der Reizschwellenerregbarkeit und dem Grade der Empfindlichkeit f\u00fcr Reize k\u00fcrzester Dauer eine direkte Proportionalit\u00e4t bestehen mufs. Je k\u00fcrzere Lichtreize vom Auge eben noch wrahrgenommen werden, desto h\u00f6her ist caeteris paribus seine Empfindlichkeit f\u00fcr die minimale objektive Reiz-gr\u00f6fse, desto tiefer liegt folglich die Reizschwelle, und umgekehrt. Dasselbe gilt bis zu einem gewissen Grade f\u00fcr die Geschwindigkeit, mit welcher die durch einen bestimmten Reiz hervorgerufene Gesichtsempfindung bis zu ihrer maximalen Helligkeit ansteigt und alsdann abklingt. Diese Geschwindigkeit h\u00e4ngt von der Zeit ab, welche zur Restitution des Ruhezustandes in Netzhaut und Sehzentren nach Abschlufs der Reizung erforderlich ist.\nBedeutende Geschwindigkeit dieser Restitution weist auf eine hochvollkommene physiologische Organisation hin. Aus diesen","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nE. P. Braunstein.\nErw\u00e4gungen geht hervor, dafs die kranke, in ihrem Bau wie in ihrem physiologischen Gleichgewicht beeintr\u00e4chtigte Netzhaut von der gesunden sowohl in ihrer Empfindlichkeit f\u00fcr kurzdauernde Lichtreize, als in der Anstiegs- und Abklingungsdauer der Gesichtswahrnehmungen ab weichen mufs.\nDie Frage der Geschwindigkeit des Heranwachsens einer Gesichtswahrnehmung bis zu ihrem Gipfelpunkt und ihres Abklingens ist eingehend von S. Exner erforscht worden. Auf dem Gebiet der Frage der Lichtreize minimaler Dauer liegen zahlreiche Untersuchungen vor.\nDie dabei verwendeten Methoden k\u00f6nnen jedoch eine grofse Genauigkeit nicht beanspruchen. Andererseits erschienen die meisten von diesen Arbeiten, lange bevor durch die Forschungen W. A. Nagels, H. Pipers und anderer genau und ausf\u00fchrlich die Lehre der Netzhautadaptation begr\u00fcndet war, welche f\u00fcr die Frage der Dauer einer Lichtempfindung von so hoher Bedeutung ist. Aus diesen Gr\u00fcnden war eine Neubearbeitung der Frage sehr erw\u00fcnscht..\nIch unternahm die vorliegende Arbeit in der Abteilung f\u00fcr Sinnesorgane des Physiologischen Instituts zu Berlin unter der Leitung des Professor W. A. Nagel und setzte sie dann in Charkow fort.\nDurch innere und ausw\u00e4rtige Ereignisse in Rufsland bin ich mehrmals gezwungen worden, die Arbeit f\u00fcr l\u00e4ngere Zeit zu unterbrechen. Einen vorl\u00e4ufigen Bericht \u00fcber diese Arbeit habe ich in der Abteilung f\u00fcr Augenkrankheiten des X. PiROGOwschen Kongresses erstattet.1\nMeine weiteren Untersuchungen sind im Jahre 1917 der Medizinischen Gesellschaft zu Charkow mitgeteilt worden2, sind aber infolge von Weltkrieg, Revolution und Blockade nicht nur dem Auslande, sondern auch den russischen Fachgelehrten unbekannt geblieben.\nIch bin dem verstorbenen Prof. W. A. Nagel f\u00fcr sein lebhaftes Interesse f\u00fcr meine Arbeit und seine Hilfe bei den Versuchen vielen Dank schuldig und sehe es als meine Pflicht an, seiner hier mit tiefer Ehrerbietung zu gedenken.\n1\tEin Referat \u00fcber diesen Bericht erschien in Nagels Jahresbericht f\u00fcr die Leistungen und Fortschritte der Ophthalmologie f\u00fcr das Jahr 1907. S. 53.\n2\tE. P. Braunstein, Charkowsky Medizinsky Journal. S. 247.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"\nZur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n187\nLiter aturberi cht.\nBereits im Jahre 1868 erforschte S. Exner 1 im Laboratorium von Helmholtz die Zeit, welche ein normales, nicht erm\u00fcdetes Auge zu einer Gesichts Wahrnehmung erfordert und fand, dafs diese Zeit von folgenden Bedingungen abh\u00e4ngt.\n1.\tVon der Beleuchtungsintensit\u00e4t des wahrgenommenen Gegenstandes. Der Verlauf der Netzhauterregung \u00e4ufsert sich nach Exner durch eine Kurve mit einem aufsteigenden und einem absteigenden Teil. Indem die Reizintensit\u00e4t im geometrischen Sinne zunimmt, nimmt die Anstiegdauer der Empfindung im arithmetischen Sinne ab. Einer Erh\u00f6hung der Reizintensit\u00e4t von 1 auf 16 entsprach in den Versuchen Exners eine Verringerung der Wahrnehmungszeit von 0,18 auf 0,07.\n2.\tVon der Gr\u00f6fse des Objekts. Die zur Wahrnehmung des Netzhautbildes eines Gegenstandes erforderliche Zeit vermindert sich im arithmetischen Sinne, wenn die Gr\u00f6fse des Objekts resp. seines Bildes im geometrischen Sinne w\u00e4chst. Bei Vergr\u00f6fserung des Objekts von 1 \u2014 16 sank die Zeit von 0,036 auf 0,025 Sekunden.\n3.\tVon der An- oder Abwesenheit eines Nachbildes. Das positive Nachbild verk\u00fcrzt die Wahrnehmungszeit. Bei Verringerung der Dauer des positiven Nachbildes ist hingegen zur Erreichung derselben Empfindungsintensit\u00e4t eine st\u00e4rkere Beleuchtung des Objekts erforderlich. Nach Exner mufs die Beleuchtungsintensit\u00e4t um das Zwanzigfache vergr\u00f6fsert werden, um ohne das Nachbild denselben Eindruck zu erzielen, welchen die Mitwirkung des Nachbildes hervorruft.\n4.\tVon der Netzhautpartie, auf die das Objektbild f\u00e4llt.\nEs stellt sich heraus, dafs die empfindlichste Stelle der Netzhaut\nnicht im Fixierpunkt liegt, sondern 1,33 mm von demselben\nentfernt ist. Falls das Netzhautbild nicht blofs wahrgenommen,\nsondern auch erkannt werden soll, mufs es 0,29 mm weit vom \u2022 \u2022\t\u2022 \u2022\nFixierpunkt liegen, \u00fcbrigens ist das Zentrum der Netzhaut auch hinsichtlich der Nachbilddauer tr\u00e4ger, als ihre anderen Teile.\nIm Jahre 1869 schlug Vierordt 2 zur Messung der Lichtempfindungsdauer ein Pendel vor, an dem eine Platte mit verti-\n1\tS. Exner, \u00dcber die zu einer Gesichtswahrnehmung n\u00f6tige Zeit. Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften, 1868, Bd. LVIII, Abt. II. S. 601.\n2\tVierordt, Das Pendel als Mefsapparat der Dauer der Gesichtseindr\u00fccke. Pfl\u00fcgers Arch. f. d. ges. Physiol. 2, S. 121. 1869.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nE. P. Braunstein.\nkalem Spalt befestigt ist. Bei den Schwingungen des Pendels gleitet der Spalt einerseits am Auge des Beobachters vor\u00fcber, andererseits an einem unbeweglichen, vor dem Pendel senkrecht angebrachten Spalt. Dabei k\u00f6nnen von einer vor dem unbeweglichen Spalt aufgestellten Lichtquelle kurzdauernde Lichtreize erhalten werden.\nDieser Methode bedienten sich H. Buekhakdt und C. Fabek 1 zur Erforschung der Minimaldauer von Farbenempfindungen.\nRood2 * 4 5 wies 1871 darauf hin, dafs eine Dauer von 0,000000004 Sekunden f\u00fcr die Wahrnehmung eines Lichtreizes gen\u00fcgt.\nBaxt !\u00ee bestimmte die Zeit, welche n\u00f6tig ist, damit ein Gesichtseindruck zum Bewufstsein kommt, sowie die Gr\u00f6fse der be-wufsten Wahrnehmung bei einem Gesichtseindruck von gegebener Dauer.\nKunkel 4 erforschte den Zusammenhang zwischen Dauer und Intensit\u00e4t einer Farbenempfindung.\nIm Jahre 1880 gebrauchten Richet und Br\u00e9guet 5 zur Dar Stellung kurzer Lichtreize eine aus zwei Elektromagneten bestehende Vorrichtung. Der schwerere Eisenkern des einen Elektromagneten beh\u00e4lt seine magnetischen Eigenschaften l\u00e4nger und zieht das eine Ende einer durch Federn befestigten Metall-\nplatte st\u00e4rker an, als der weniger massive Kern des zweiten Magneten das andere Ende. Infolge der Differenz der Magnet kraft beider Elektromagneten entsteht bei der Ausschaltung ein Strom, welcher das eine Plattenende zum Leuchten bringt.\nDieses Licht wird mittels einer Linse gesammelt. Die Farbe und Intensit\u00e4t des Lichtes wird mit Hilfe grauer und farbiger Gl\u00e4ser variiert, dessen Dauer durch \u00c4nderung der Spannung\n1\tH. Burkiiardt und C. Faber, Versuche \u00fcber die zu einer Farbenempfindung erforderliche kleinste Zeit. Ibidem. S. 127.\n2 Rood, On the amount of time necessary for vision. Newyork. Phil. Mag. (4) XLII. P. 320. Americ. Jown. of sc. and arts. No. 2. P. 159.\n2\tBaxt, Pfliiyers Arch. f. Phys. 4, g. 325. 1871.\n4\tKunkel, \u00dcber die Abh\u00e4ngigkeit der Farbenempfindung von der Zeit. Pfl\u00fcgers Arch, f\u00fcr Physiol. 9, S. 197.\n5\tCh. Richet und Br\u00e9guet a) L\u2019influence de la dur\u00e9e et de 1 intensit\u00e9 sur la perception lumineuse. Compt. Rend. T. 88. P. 239. Arch. g\u00e9n. de med. Avril; Gaz. hehdom. No. 7. 1880.\nb) De l\u2019influence de la dur\u00e9e et de d\u2019intensit\u00e9 de la lumi\u00e8re sur la perception lumineuse. Arch, de physiol. 2 VII. P. 689\u2014696.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n189\nemer der Federn, welche die Enden der Metallplatte hebelartig an die Magneten andr\u00fccken.\nDie Ergebnisse der Versuche Richets und Beeguets sind folgende :\n1.\tWenn deutlich sichtbares schwaches Licht die Netzhaut lange Zeit erregt, wird es bei Verringerung der Einwirkungsdauer unsichtbar.\n2.\tUm es wieder zur Wahrnehmung zu bringen, gen\u00fcgt es, seine Intensit\u00e4t zu erh\u00f6hen.\n3.\tMan kann das Licht auch durch vielfache Wiederholung {mindestens 20 mal in einer Sekunde) schwacher und sehr kurzer Reize sichtbar machen.\nDies ist eine Erscheinung latenter Summierung (d\u2019addition latente): schwache, unsichtbare Lichtreize sammeln sich an und werden auf diese Weise sichtbar.\nM. A. Bloch 1 experimentierte viel auf diesem Gebiet. Bei der Wiederholung der Versuche Richet und Be\u00e9guets fand er folgenden Zusammenhang zwischen der Dauer der Lichtreize und der Intensit\u00e4tsschweile, unter der keine Empfindung mehr auftritt: Die Intensit\u00e4tsschwelle ist der Reizdauer umgekehrt proportional. Nach M. A. Bloch ist bei Lichtreizen von 0,0005 bis 0,01 Sekunden Dauer das Produkt \u2014 Intensit\u00e4t mal Dauer \u2014 eine konstante Gr\u00f6fse.\nCharpentier 2, der \u00fcber diese Frage eine Reihe von Arbeiten ver\u00f6ffentlicht hat, pr\u00fcfte das Gesetz Blochs mittels folgenden Verfahrens. Ein Elektromotor nach Deprez mit ver\u00e4nderlicher Geschwindigkeit setzt einen Zylinder um eine wagerechte Achse in Bewegung. Bei maximaler Geschwindigkeit macht der Zylinder eine Umdrehung in 1/3 Sekunden. Die Dauer jeder Umdrehung kann aber gesteigert werden.\nAn einer der ebenen Fl\u00e4chen des Zylinders ist ein Papp-\n1\tM. A. Bloch, Experiences sur la vision. Compt. Rendus de la Soc. d. Biol. 11. P. 493.\n2\tA. Charpentier: a) Loi de Bloch relative aux lumi\u00e8res de courte duree. Ibidem (8) IV. P. 3.\nb)\tNouveaux faits relatifs aux excitations lumineuses de courte dur\u00e9e. Ibid. IV. P. 42.\nc)\tInfluence de l\u2019intensit\u00e9 lumineuse sur la persistance des impressions r\u00e9tiniennes. Ibidem (8) IV. P. 85.\nd)\tSur la p\u00e9riode d\u2019addition des impressions lumineuses. Ibidem (8) IV. P. 191.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nE. P. Braunstein.\nkreis befestigt, welcher die R\u00e4nder des Zylinders um 5% cm \u00fcberragt und an den Umdrehungen des letzteren teilnimmt. Hinter dem Kreis befindet sich in einiger Entfernung eine Lampe mit regulierbarer Flamme. Zwischen Lampe und Kreis ist eine Platte aus Milchglas auf gestellt. Auf diese Weise wird ein Teil der Hinterfl\u00e4che des Kreises gleichm\u00e4fsig beleuchtet. Aus dem Pappkreis wird ein Sektor von bestimmter Gr\u00f6fse ausgeschnitten. Vor dem Kreis steht ein dunkler Schirm mit einem 1\u20142 mm breiten senkrechten Spalt. In gewissen Intervallen sieht der Beobachter den Spalt beleuchtet. Infolge der langdauernden Unterbrechungen verschmelzen die Eindr\u00fccke nicht, so dafs die Dauer der Lichtempfindung sich bestimmen l\u00e4fst. An der Hand seiner Versuche mittels dieser Methode best\u00e4tigte Charpentier die Beobachtung Richet und Breguets, dafs Lichtreize, die eine o-ewisse minimale Intensit\u00e4t nicht erreichen, unsichtbar bleiben.\n<r>\nDesgleichen \u00fcberzeugte er sich von der Richtigkeit des Bloch- . sehen Gesetzes. Aufserdem fand Charpentier, dafs es ein Maximum der Reizdauer gibt, bei dessen \u00dcbersteigen die Intensit\u00e4tsschwelle unver\u00e4nderlich bleibt. Die Dauer des Lichtreizes schwankte in den Versuchen Charpentiers zwischen 0,002 und 0,125 Sekunden. Bis zu Reizdauern von 0,125 oder 1I8 Sekunden trifft das BLOCHsche Gesetz zu, bei mehr als x/s Sekunden dauernden Reizen weist die minimale noch wahrnehmbare Intensit\u00e4t keine oder nur geringe Ver\u00e4nderungen mehr auf. Die Intensit\u00e4tsschwelle n\u00e4hert sich also derjenigen f\u00fcr ununterbrochene Beleuchtung. Des weiteren fand Charpentier, dais Aufenthalt im Dunkeln die zu einer Wahrnehmung erforderliche Reizdauer merklich herabsetzt. Diese Zeitschwelle steht in bestimmtem Zusammenhang mit. dem Grad der Dunkeladaptation der Netzhaut. Je schw\u00e4cher das Licht, an welches die Netzhaut angepafst ist, desto empfindlicher ist das Auge f\u00fcr kurzdauernde Lichtreize. Charpentier formuliert die Ergebnisse seiner Untersuchungen auf nachstehende Weise.\n1.\tDie Dauer der Lichtempfindung verringert sich bei\nst\u00e4rkerer Belichtung.\n2.\tDie Empfindungsdauer wird lediglich durch die Intensit\u00e4t des ausgel\u00f6sten Eindrucks beeinflufst, gleichviel bei kurzen wie bei langdauernden Lichtreizen. Bei schwachen und hinl\u00e4nglich kurzen Lichtreizen verh\u00e4lt sich die Dauer ungef\u00e4hr der Quadratwurzel der Lichtst\u00e4rke umgekehrt proportional.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n191\n3.\tDie Farben beeinflussen die Empfindungsdauer durch ihre Intensit\u00e4t und nicht durch ihre Wellenl\u00e4nge.\n4.\tNach Einwirkung der Dunkelheit gibt die Netzhaut k\u00fcrzere Empfindungen, als im aktiven Zustand. Es h\u00e4ngt dies davon ab, dafs die Dauer st\u00e4rkerer Empfindungen eine k\u00fcrzere ist. Folglich ist die Wirkung der Dunkelheit die gleiche, wie die aller Faktoren der Belichtungsverst\u00e4rkung. Bei st\u00e4rkerer Belichtung wird im allgemeinen die Dauer herabgesetzt, w\u00e4hrend der die Lichtempfindung nach Abschlufs der Reizung ihre urspr\u00fcngliche Helligkeit bewahrt. Weiter fand Charpentier folgendes: Die Verk\u00fcrzung der Lichtempfindungen h\u00e4ngt nicht allein von der Intensit\u00e4t und Dauer der Reize ab, sondern auch von deren mehr oder minder h\u00e4ufiger Wiederholung, welche die Dauer der Empfindungen herabsetzt.\n5.\tDie Zeit, w\u00e4hrend der eine Lichtempfindung bestehen bleibt, wird aufserdem durch die Gr\u00f6fse des Netzhautbildes be-einflufst. In der N\u00e4he ist die Verk\u00fcrzung der Empfindungsdauer geringer als in der Ferne. Den aufgez\u00e4hlten Tatsachen gem\u00e4fs variiert die Intensit\u00e4t der Empfindung je nach der Gr\u00f6fse der gereizten Netzhautpartie. Deshalb entspricht einem kleinen Netzhautbilde oder grofser Entfernung ein l\u00e4ngeres Bestehen der Empfindung und umgekehrt.\nBloch 1 unterst\u00fctzt Charpentiers Behauptung, dafs die Dunkelheit ebenso wie alle die Empfindung verst\u00e4rkenden Faktoren wirkt, bestreitet aber Charpentiers Beobachtung \u00fcber die Verk\u00fcrzung der Empfindungsdauer durch h\u00e4ufige Wiederholung identischer Reize.\nIm Jahre 1897 untersuchte v. Kries 2 die als PuRKiNJEsches sekund\u00e4res Nachbild der als \u201erecurrent vision\u201c der englischen Autoren bekannte Erscheinung. Er benutzte folgendes Versuchsverfahren. Durch eine runde \u00d6ffnung in der T\u00fcr zweier Dunkelzimmer wird das weifse Licht aus dem Spektrum eines Prismas mit Hilfe eines achromatischen Objektivs und eines Spiegels auf einen weifsen Schirm gerichtet, auf welchem ein reelles Bild der \u00d6ffnung entworfen wird. Der Spiegel wird durch einen Elektromotor um seine Achse rotiert, so dafs das Bild auf dem Schirm\n1\tM. A. Bloch, Persistence des impressions r\u00e9tiniennes. Gaz. hebdom. No. 9. P. 156.\n2\tJ. v. Kries, \u00dcber die Wirkung kurzdauernder Lichtreize auf das Sehorgan. Zeitschr. f. Physiol, und Psych, der Sinnesorgane. 25, S. 239.","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nE. P. Braunstein.\nm m\neine Kreisbahn beschreibt. Im Schirme ist eine kleine \u00d6ffnung angebracht, welche durch eine Milchglasplatte verdeckt und von einer sehr kleinen Gasflamme beleuchtet ist. Das Licht dieser Oeffnung dient als Fixationszeichen. Auf Grund seiner Untersuchungen gelangte v. Krles zu dem Schlufs, dafs das sekund\u00e4re Bild, welches 1/4 \u2014V5 Sekunden nach dem prim\u00e4ren Bild entsteht (Bidwell) h durch ein deutliches dunkles Intervall von demselben getrennt ist. In einem sehr kleinen, der Fovea centralis entsprechenden Fixationsgebiet der Netzhaut ist vom sekund\u00e4ren Nachbild nichts zu sehen. Bei langdauernder Dunkeladaption wird der Zwischenraum vor dem sekund\u00e4ren Bilde vermifst.\nDie Farbe des Nachbildes ist der des angewandten Lichtes komplement\u00e4r. Das prim\u00e4re Bild wird nach v. Kries durch Erregung der Zapfen, das sekund\u00e4re durch Erregung der St\u00e4bchen ausgel\u00f6st.\nIn seiner ersten Arbeit behauptet Hess 2, dafs die Nachbilder in allen Teilen der Netzhaut gleichartig sind, von dem Adaptationszustande nicht abh\u00e4ngen und die gleichnamige Farbe wie das ausi\u00f6sende Licht besitzen.\nIn seiner zweiten Arbeit3 4 schreibt Hess, mit v. Kries nolemisierend, dafs das PuRKixjEsche Nachbild auch nach dauernder Adaptation und im Bereiche von Fovea auftritt.\nIn der Streitfrage \u00fcber die Farbe des PuRKixjEsehen Nachbild es gibt Hess zu, dafs das sekund\u00e4re Bild komplement\u00e4r gef\u00e4rbt ist, betrachtet aber das Nachbildph\u00e4nomen nicht als Best\u00e4tigung der v. KRiESsehen Theorie.\nMartius 4 erforschte die Dauer der Lichtempfindung bei kurzdauernden Reizen unter Anwendung einer Vorrichtung, die im wesentlichen eine Vervollkommnung des Apparats von S. Exner vorstellt.\n1\tS. H. Bidwell, On the recurrent images following visual impressions. Proceed. of the Royal. Soc. June 1894.\n2\tC. Hess, Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Nachbilder bewegter leuchtender Punkte. Graefes Arch. f. Ophth. 44 Abt. 3. 1897.\n3\tC. Hess, \u00dcber den Verlauf des Erregungsvorganges nach kurzdauernder Reizung des Sehorganes beim Normalen und total Farbenblinden. Graefes Arch. f. Ophth. 51, S. 225.\n4\tG. Martius, \u00dcber die Dauer der Lichtempfindungen. Beitr. z. Psychol, u. Philos. 1, S. 275.","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n193\nAus einer Reihe von Versuchen mit dem P\u00fcRKiNJEschen Nachbild zieht Martius den Sehlufs, dafs sowohl die Dauer des positiven Nachbildes, wie auch das Intervall zwischen dessen Auftreten und dem Abschlufs der Reizung, mit der Verl\u00e4ngerung der Reizdauer zunimmt. Dauert der Reiz mehrere Sekunden, so tritt, umgekehrt, Verk\u00fcrzung des Nachbildes und des Zwischenraumes ein. Bei starken und dauernden Reizen folgen die Nachbilder vielfach aufeinander, wobei ihre Dauer sich verringert und die Pausen l\u00e4nger wTerden. Die Geschwindigkeit, mit der bei Reizen verschiedener Intensit\u00e4t die maximale Empfindungshelligkeit erreicht wird, ist um so gr\u00f6fser, je st\u00e4rker der Reiz ist.\nDie zur maximalen Einwirkung erforderliche Dauer wiichst aber langsamer als die Intensit\u00e4t. Jeder einzelne Erregungsvorgang erfolgt anfangs schneller, dann langsamer. Die Verlangsamung steigert sich bei geringeren Intensit\u00e4ten. Je andauernder einerseits und je intensiver andererseits der Reiz ist, desto k\u00fcrzer ist die Empfindungsdauer oder desto schneller verschwindet die Empfindung nach Abschlufs der Reizung. Dabei verk\u00fcrzt sich die Empfindung mit der Verringerung der Reizdauer bei allen Intensit\u00e4ten sehr schnell und alsdann langsam.\nBei der st\u00e4rksten von Martius angewendeten (noch relativ m\u00e4lsigen) Intensit\u00e4t war zur Erzielung des maximalen Eindrucks eine Dauer von 0,012 Sekunden erforderlich; nach einer Reizdauer von 0,01 Sekunde verminderte sich die Dauer der Empfindung nur um 0,001 Sekunde.\nD\u00fcrr 1 untersuchte das Ansteigen der Netzhauterregung im hell- und dunkel adaptierten Auge und erhielt im Vergleich mit den vorangehenden Untersuchungen viel langsameres Ansteigen.\nDie Methodik Dures ist vollkommener, als in den \u00e4lteren Arbeiten Kuxkels und Exners. Das Hauptergebnis seiner Versuche \u00e4ufsert er auf nachstehende Weise: Jeder qualitativ bestimmte Lichtreiz zeitigt binnen eines \u00e4ufserst wTenig variierenden Zeitraums eine maximale Einwirkung, welche an der Helligkeit der Lichtempfindung gemessen wird. Die verschiedenen Farben sind in dieser Beziehung fast gleichbedeutend (0,5 Sek.). Interessant ist die Beobachtung D\u00fcrrs, dafs die Anstiegsdauer\n1 E. D\u00fcrr, \u00dcber das Ansteigen der Netzhauterregungen. Philos, Stud. Herausg. von W. Wundt. 18, S. 215.","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nE. P. Braunstein.\nf\u00fcr weifses Licht g\u00e4nzlich abweicht und bedeutend k\u00fcrzer ist (0,27 Sek.), als die einer jeden homogenen Farbe.\nBroca et Sulzer 1 untersuchten die Dauer von Lichteindr\u00fccken, indem sie intermittierendes Licht von wechselnder Intermittenz-zahl mit permanentem, nebenan sichtbarem und ein ebenso grofses Feld beleuchtendem Licht verglichen.\nS. Exner 2 behauptet, dafs C. Hess\u2019 Versuche nichts gegen das von ihm gefundene Gesetz des Erregungsanstiegs in der Netzhaut beweisen. Nach Exners Meinung k\u00f6nnen seine Kurven mit denen von Hess infolge der abweichenden Methodik nicht verglichen werden, auch deshalb nicht, weil Exners Ergebnisse das Resultat unmittelbarer Messung darstellen, die Kurven Hess\u2019 hingegen nach Erinnerungsbildern gezeichnet sind, so dafs die H\u00f6he seiner Ordinaten auf Urteil und Gr\u00f6fsensch\u00e4tzung beruht.\nHess 3 bestreitet die Beweiskraft der Ausf\u00fchrungen Exners.\nAus den Ermittlungen Wiens 4 ausgehend, welcher berechnet, dafs die lichtschw\u00e4chsten noch sichtbaren Sterne dem Auge eine Energiemenge von 4.10\u20148 Erg in der Sekunde zuf\u00fchren, ver-anlafste v. Kries 5 Dr. Eyster, die zur Erregung der Netzhaut durch weifses oder farbiges Licht erforderlichen Energiemengen zu untersuchen. Es wurden besonders lichtempfindliche Netzhautstellen gew\u00e4hlt, n\u00e4mlich exzentrisch vom Fixationspunkt befindliche Partien im Zustand maximaler Dunkeladaptation. Zwischen den Strahlen von verschiedener Wellenl\u00e4nge wurden diejenigen gew\u00e4hlt, welche, wie durch die Versuche K\u00f6nigs 1 2 3 4 5 6 7 und Trendelenburgs 7 ermittelt werden ist, f\u00fcr die Erregung der Netzhaut am g\u00fcnstigsten sind. Es sind dies die Strahlen von 505 [AfA Wellenl\u00e4nge. Dieser Punkt des Spektrums f\u00e4llt ann\u00e4hernd mit demjenigen zusammen, an dem die Lichtabsorption im Sehpurpur am st\u00e4rksten ist. Die Versuche wurden mit Hilfe eines\n1\tA. Broca et D. E. Sulzer, Les sensations lumineuses en fonction du temps. Journ. d. Physiolog. et Pathol, generale. 4.\n2\tS. Exner, Eine Bemerkung zur Untersuchung von C. Hess \u00fcber das Anklingen der Lichtempfindung. Pfl\u00fcgers Archiv 103.\n3\tC. Hess, Zur Lehre von den Erregungsvorg\u00e4ngen im Sehorgan. Pfl\u00fcgers Archiv f. d. gesamt. Physiol. 107.\n4\tM. Wien, Dissert. Berlin. 1888. Pfl\u00fcgers Archiv 97, S. 1. 1903.\n5\tJ. v. Kries, \u00dcber die zur Erregung des Sehorgans erforderlichen\nEnergiemengen. Zeitschr. f. Sinnesphys. 41, S. 373.\t1906.\n\u00f6 A. K\u00f6nig, HELMHOLTZ-Festschrift. 1891. S. 359.\n7 W. Trendelenburg, Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 37, S. 41.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut. 195\nSpektralapparats mit homogenem Beleuchtungsfeld ausgef\u00fchrt. Zur Beleuchtung wurde eine HEFNE\u00dfsche Normallampe verwendet. F\u00fcr die Erzeugung kurzdauernder Reize h\u00e4lt v. Kries die Benutzung periodisch wiederholter Lichtreize aus Gr\u00fcnden der Beobachtung f\u00fcr unbedingt erw\u00fcnscht. Abgesehen von der technischen Bequemlichkeit sieht v. Kries in der regelm\u00e4fsigen Wiederholung der Reize in gewissen Intervallen ein \u00fcberaus wertvolles Hilfsmittel bei der Bestimmung der Sichtbarkeit eines Lichts. Andererseits kann bei der geringen Lichtintensit\u00e4t, bei welcher die prim\u00e4re Empfindung an der Grenze der Sichtbarkeit steht, von einer Nebenwirkung des sekund\u00e4ren oder terti\u00e4ren Nachbildes nicht die Rede sein, falls das Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Reizen mehr als eine Sekunde betr\u00e4gt. Vor dem Objektivspalt wird eine Scheibe mit ver\u00e4nderlich breitem Sektorausschnitt angebracht. Ein Elektromotor mit Reguliervorrichtung teilt der Scheibe eine Rotation von einer Umdrehung pro Sekunde mit, in einigen Versuchen nur eine Umdrehung in 4 Sekunden.\nAn der Hand dieser Versuche best\u00e4tigt v. Kries das Gesetz der umgekehrten Proportionalit\u00e4t zwischen Intensit\u00e4t und Reiz dauer bis zu Vs Sekunde (Charpentier). Bei Reizdauern \u00fcber Vs Sekunde wachsen die Produkte von Zeit und Lichtst\u00e4rke. Hiernach befinden wir uns bei Expositionsdauern unter Vs Sek. in dem Bereich, in welchem Erregungen bei relativ minimalem Energieverbrauch ausgel\u00f6st werden. Das Studium der Einwirkung der Feldgr\u00f6fse bewies, im Einklang mit den Beobachtungen Pipers, eine Proportionalit\u00e4t f\u00fcr Objekte von \u00fcber 3 mm Durchmesser. Kleinere Objekte ergaben unsichere Resultate. Weiter ermittelten v. Kries und Eyster durch ihre Untersuchungen folgendes:\n1.\tF\u00fcr eine merkliche Erregung des Sehorgans ist bei Herstellung der g\u00fcnstigsten Bedingungen seitens Adaptation, Strahlungsart (507 w) r\u00e4umlicher und zeitlicher Verh\u00e4ltnisse eine Energiemenge von 1,3\u20142,6-10-10 Erg erforderlich.\n2.\tF\u00fcr die Sichtbarkeit dauernd exponierter Objekte ergibt sich bei g\u00fcnstigster Strahlungsart und g\u00fcnstigster r\u00e4umlicher Anordnung eine Energiezuf\u00fchrung von ca. 5,6-10-10 Erg pro Sekunde.\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 55.\n14","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nE. P. Braunstein.\nBoswell 3 experimentierte unter der Anleitung v. Kries\u2019 bei \u00e4hnlicher Versuchsanordnung und bestimmte die zur Erregung des Sehorgans im Bereich der Fovea erforderlichen Energiemengen f\u00fcr die Strahlen von Na, Li (670 juju), TI (565 w) und f\u00fcr gr\u00fcnlichblaues Licht (476 ///*). Die von ihm berechnete Energiemenge betr\u00e4gt 75,4\u2022 10\u201c18 Grammkalorien oder 31,6-10\u201d10 Erg. Diese Werte mit denjenigen Eysters (1,3\u20142-6* 10\u201c10 Erg) vergleichend, findet Boswell den Unterschied unbedeutend. Bei der aufserordentlichen \u00dcberlegenheit der dunkeladaptierten peripheren Netzhautpartien \u00fcber die Fovea hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit f\u00fcr schwaches Licht liefse sich erwarten, dafs eine foveale Erregung viel gr\u00f6fsere Energiemengen beansprucht. Eine genaue Ber\u00fccksichtigung der hier bestehenden zeitlichen und r\u00e4umlichen Verh\u00e4ltnisse verhilft zum Verst\u00e4ndnis der Tatsachen und verleiht ihnen ein besonderes Interesse f\u00fcr das Verst\u00e4ndnis der ganzen Einrichtung unseres Sehorgans. Die erw\u00e4hnte \u00dcberlegenheit tritt im Vergleich mit kurzdauernden Reizen insbesondere bei der Beobachtung dauernd exponierter gr\u00f6fserer Objekte zum Vorschein. Nach den Untersuchungen Eysters ist f\u00fcr die Dauerexposition das 2,6 fache der f\u00fcr einmalige kurze Exposition n\u00f6tigen Energiemenge erforderlich.\nIn den Versuchen Boswells war bei der Dauerexposition der 16\u201420fache Betrag der f\u00fcr k\u00fcrzeste Expositionsdauer ermittelten Energiemenge erforderlich. Indessen ruft bekanntlich nach Piper die Steigerung der Objektgr\u00f6fse eine bedeutende Verringerung der notwendigen Beleuchtungshelligkeit hervor.\nNach den Forschungen Boswells l\u00e4fst die Vermehrung der Feldgr\u00f6fse von 0,75 auf 0,96 mm nur noch eine geringe Intensit\u00e4t s Verminderung zu, so dafs wir uns schon dem Punkte n\u00e4hern, wo die Energiemengen den Feldgr\u00f6fsen proportional werden.\nAus diesen Beobachtungen zieht Boswell den Schlufs, dafs die gr\u00f6fsere Wahrnehmef\u00e4higkeit der dunkeladaptierten Netzhautperipherie f\u00fcr schwache Lichtreize sich darin \u00e4ussert, dass kleinere Energiemengen zu einer merklichen Erregung gen\u00fcgen. Dies beruht haupts\u00e4chlich darauf, dafs dabei die r\u00e4umliche und zeitliche Reizaddition eine weit gr\u00f6fsere Rolle spielt. Zieht man in Erw\u00e4gung, dafs eine solche Addition stets mit einem Verlust\n1 F. P. Boswell, \u00dcber die zur Erregung des Sehorgans in der Fove\u00e0 erforderlichen Energiemengen. Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 42, S. 299.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Zwr Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n197\nan r\u00e4umlicher und zeitlicher Unterscheidungsf\u00e4higkeit einhergeht, so l\u00e4fst sich in der Entwicklung hier nach der einen, dort nach der anderen Richtung eine interessante, vom Zweckm\u00e4fsig-keitsstandpunkte aus begreifliche Verteilung der Funktionen des Sehorgans erblicken.\nStigleb 1 2 3 4 ermittelte durch seine Untersuchungen \u00fcber die Unterschiedsschwelle im ansteigenden Teil der Lichtempfindung, dafs die Unterschiedsschwelle von der Expositionszeit abh\u00e4ngt und dafs die Empfindlichkeit mit der Verl\u00e4ngerung dieser Zeit w\u00e4chst, wobei $ie dem WEBEBschen Gesetz nur teilweise folgt.\nHebing 2 ver\u00f6ffentlichte eine neue Methode zur Untersuchung des ersten positiven Nachbildes bewegter Objekte, bei der statt eines Objekts zwei derartig aufeinanderfolgende verwendet werden, dafs sich das positive Nachbild des ersten Gegenstandes r\u00e4umlich und zeitlich mit dem prim\u00e4ren Bild des zweiten deckt. Auf diese Weise entstehen 3 Bilder, und die sie trennenden zeitlichen Intervalle k\u00f6nnen exakt gemessen werden.\nKinoshita 3 fand, dafs die Dauer des negativen Bewegungsnachbildes eine Funktion der Objektgeschwindigkeit, der Fixationsdauer und der Lichtst\u00e4rkenunterschiede vorstellt.\nM\u00fclleb 4 untersuchte eine der Folgeerscheinungen kurzdauernder Lichtreize, das sekund\u00e4re Bild, den sogenannten \u201eghost\u201c von Bin well und fand, dafs das Auftreten des \u201eghost\u201c durch Intensit\u00e4t, Reizdauer und Adaptationszustand bedingt wird. Das Intervall zwischen dem prim\u00e4ren und dem sekund\u00e4ren Bild ist bei indirekter Beobachtung gr\u00f6fser, als bei direkter und verk\u00fcrzt sich bei l\u00e4ngerer Adaptationszeit.\nBb\u00fcckner und Kirsch5 6 gelangten bei ihren Untersuchungen \u00fcber die Zeitschwelle der Farbenwahrnehmung zu folgenden Ergebnissen. Die minimale zur Wahrnehmung eines farbigen Reizes erforderliche Zeit (Farbenzeitschwelle) h\u00e4ngt ab von der Intensit\u00e4t der dem Farbenreiz vorangehenden und ihm nachfolgenden farblosen Lichtreizung. Die Gr\u00f6fse dieser Zeit ist der\n1\tR. Stigleb, Pfl\u00fcgers Arch. f. g. Physiol. 123, S. 168.\t1908.\n2\tE. Heeing, Ibidem. 126, S. 604.\n3\tT. Kinoshita, Zeitschrift f. Physiol, d. Sinnesorg. 43, S. 34.\t1908.\n4\tM\u00fcller, Einige Beobachtungen \u00fcber die sekund\u00e4re Erregung nach\nkurzer Reizung des Sehorgans. Arch. f. d. Physiol. 1909. (3/4) S. 358\u2014384.\n6 A. Br\u00fcckner und R. Kirsch, Untersuchungen \u00fcber die Farbenzeitschwelle. Pfl\u00fcg. Arch. 123, S. 168. 1908.\n14*","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nE. P. Braunstein.\nHelligkeit der Grauempfindung proportional. Die Pr\u00fcfung der Farbenzeitwelle ist die einer Unterschiedsschwelle, welche sich bis z\u00fc einer gewissen Grenze dem WEBERschen Gesetze f\u00fcgt. Die Zeitschwelle ist von der Pupillenweite und der Gr\u00f6fse der gereizten Netzhautpartie abh\u00e4ngig. Sie wird durch Dilatation der Pupille und Vergr\u00f6fserung des Reizungsbezirks der Netzhaut herabgesetzt. Eine Proportionalit\u00e4t ist jedoch dabei nicht beobachtet worden. F\u00fcr Gr\u00fcnanomale fanden die Autoren eine h\u00f6here Zeitschwelle, besonders f\u00fcr rotes und gr\u00fcnes Licht. Sie deuten diese Abweichung durch eine verringerte Unterschiedsempfindlichkeit und nicht durch eine Herabsetzung der Reizleitungsf\u00e4higkeit.\nBez\u00fcglich der Zeitschwelle ist die Verminderung der Unterschiedsf\u00e4higkeit bei Farbenanomalen schon fr\u00fcher von Gutt-mann 1 hervorgehoben worden.\nBerliner1 2 befafste sich ebenfalls mit der Bestimmung der minimalen Dauer von Farbenerregungen.\ni\nDer alten physiologischen Auffassung, nach welcher das Licht ein Dauerreiz ist, der elektrische Strom dagegen ein \u00dcbergangsreiz, stellt Martin Gildemeister 3 eine neue Theorie \u00fcber wesentliche Analogien zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reize gegen\u00fcber. Diese Theorie besteht in folgendem :\nEinerseits werden durch das Licht dauernde Empfindungen ausgel\u00f6st, falls seine St\u00e4rke eine gewisse Grenze \u00fcberschreitet; sehr schwache Lichtempfindungen verschwinden hingegen kurz nach ihrem Auftreten. Hierin \u00e4ufsert sich eine grofse \u00c4hnlichkeit mit dem elektrischen Strom, dessen Wirksamkeit sich ebenfalls auf den Augenblick der Schliefsung beschr\u00e4nkt. Folglich\n\u2022 \u2022\t#\nist schwaches Licht ein Ubergangsreiz.\nAndererseits ist bei starken elektrischen Reizen die Wirkung mit der Durchstr\u00f6mung gleichdauernd. Wir sind folglich berechtigt, starke elektrische Str\u00f6me als Dauerreize anzusehen.\n1 A. Gitttmann, Untersuchungen \u00fcber Farbenschw\u00e4che. Zeitschr. f. Sinnesphys. 42, S. 251.\n*\tB. Berliner, Der Anstieg der reinen Farbenerregung im Sehorgan. Psycholog. Studien. 3, S. 91.\n*\tM. Gildemeister, \u00dcber einige Analogien zwischen den Wirkungen optischer und elektrischer Reize. Zeitschr. /'. Sinnesphysiol. 48 S. 252.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichfreizen der Netzhaut.\n199\nEs ist mehrmals von verschiedenen Autoren darauf binge-wiesen worden, dafs die Reiz Wirkung kurzdauernder \u00dftarker Str\u00f6me dieselbe ist, wie diejenige schwacher Str\u00f6me von langer Dauer.\nDie Muskelaktion ist bei sehr kurzen elektrischen Reizen ein Produkt von Stromst\u00e4rke und Dauer. Das gleiche ist aber auch f\u00fcr Lichtreize bewiesen wTorden (das Gesetz von M. Bloch).\nIn ihren gemeinsamen Untersuchungen unterbrachen M. Gildemeister und O. Weiss 1 durch einen Nerven fliefsepde, m\u00e4fsig starke Str\u00f6me auf eine kurze Zeit. Dabei erhielten sie eine Muskelzuckung, sobald die Stroml\u00fccke eine gewisse Dauer erreichte. Bei der Bestimmung der quantitativen Verh\u00e4ltnisse zwischen der Dauer der minimalen wirksamen Pause und der Intensit\u00e4t des durchfliefsenden Stroms ergab sich, dafs kurze Unterbrechungen in einem st\u00e4rkeren Strom eine gr\u00f6fse^e Reizwirkung besitzen, als in einem schw\u00e4cheren. Auf Grund der Analogie des Gesetzes der Stromst\u00f6fse mit dem Gesetze der Lichtreize setzt Gildemeister voraus, dafs das gleiche f\u00fcr Lichtl\u00fccken zu erwarten ist.\nFalls eine Analogie besteht, so mufs bei Verringerung der Lichtintensit\u00e4t die Dauer der minimalen wahrnehmbaren Lichtl\u00fccke steigern. Diese theoretische Voraussetzung wurde durch die folgende Arbeit M. Gildemeisters 1 2 3, sowie durch die unter seiner Anleitung ausgef\u00fchrte Arbeit Rutenburgs8 best\u00e4tigt.\nGildemeister weist auf die Arbeit A. Blondel und I. Reys 4 * hin, welche bewiesen, dafs das durch viele Forscher best\u00e4tigte Gesetz M. Blochs bis zu einer gewissen Grenze auch dann seine Kraft bewahrt, wenn bei grofsem Beleuchtungsfeld auch der St\u00e4behenapparat gereizt wird. Bei sehr laugdauernden Lichtreizen ist jedoch das Produkt der Intensit\u00e4t und Dauer keine Konstante mehr, sondern es w\u00e4chst bei steigender Dauer.\n1\tM. Gildemeister und O. Weiss, \u00dcber indirekte Muskelreizung durch Stromst\u00f6fse und Strompausen. Pfl\u00fcg. Arch. f. d. ges. Physiol. 130, S. 329\u2014345.\n2\tM. Gildemeister, \u00dcber Wahrnehmbarkeit von Lichtl\u00fcekQn. Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 48, S. 256.\n3\tD. Rutenburg, \u00dcber die Netzhautreizung durch kurzdauernde Lichtblitze und Lichtl\u00fccken. Ibidem. S. 268.\n4\tA. Blondel et I. Rey, Sur la perception des lumi\u00e8res br\u00e8ves. Journ.\nde Physique (5) I. P. 530.","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nE. P. Braunstem.\nNach Gildemeister kann das Verhalten der Netzhaut gegen\u00fcber der Einwirkung von Lichtreizen demjenigen des Muskels gegen\u00fcber elektrischen Str\u00f6men gleichgestellt werden.\nZur Bestimmung des Einflusses einzelner Dunkelpausen auf die Netzhaut, wurde das Auge der Einwirkung konstanten Lichtes von bestimmter Intensit\u00e4t ausgesetzt. Das Licht wurde sodann eine kurze Zeit lang unterbrochen, die kleinste vom Auge noch wahrnehmbare Pausenl\u00e4nge gemessen und deren Verh\u00e4ltnis zur Helligkeit des gleichm\u00e4fsigen Lichtes ermittelt. Zur Beleuchtung dienten Pappschirme mit L\u00f6chern, auf die durch einen Spalt und ein Objektiv das Licht einer Nernstlampe fiel. Die Regulierung der Lichtst\u00e4rke erfolgte durch Ab\u00e4nderung der Spaltbreite, durch Vorschalten von Milchglasscheiben und durch Anwendung besonderer dreieckiger oder stufenf\u00f6rmiger Blenden. Die Lichtl\u00fccken verschiedener Dauer wurden mit Hilfe eines Pendels hergestellt, das bei seinen Schwingungen an dem Spalt vor\u00fcberglitt und ihn verdeckte. Die Versuche Gildemeisters ergaben, dafs die Dauer der eben noch empfundenen Lichtl\u00fccken um so geringer ist, je st\u00e4rkeres Dauerlicht unterbrochen wird. Das Produkt von Dauer und Lichtst\u00e4rke ist nicht konstant, wie bei der Reizung durch Lichtblitze, sondern es w\u00e4chst bei Erh\u00f6hung der Intensit\u00e4t.\nW\u00e4hrend den ersten f\u00fcnf Minuten der Dunkeladaptation sind zur Wahrnehmung der Verdunkelung kleiner Fixationsobjekte l\u00e4ngere Pausen erforderlich. Nach Ablauf dieser Zeit erreicht die Empfindlichkeit der Fovea ein best\u00e4ndiges Mafs, welches sich in der n\u00e4chsten halben Stunde nicht weiter ver\u00e4ndert* Hinsichtlich der Feldgr\u00f6fsen fand Gildemeister, dafs bei kleineren Feldern die Zeitschwelle der Lichtl\u00fccken h\u00f6her liegt.\nRutenburg 1 experimentierte nach der Methode Gildemeisters, wobei er mittels des Pendels anstatt einmaliger Lichtblitze und Lichtl\u00fccken rhythmische darstellte. Das Ergebnis seiner ersten Versuche widersprach den Untersuchungen anderer Forscher.\nIndem Rutenburg die Fehlerquelle in seinen Versuchen zu ergr\u00fcnden suchte, gelangte er zu einem recht interessanten Resultat.\n1 1. c.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n201\nBis dahin war in der Optik von der Summierung subminimaler Netzhautreizungen (addition latente) nicht die Bede. Die meisten Untersucher schlossen sich der Meinung v. Kries' an, der auf Grund der unter seiner Leitung ausgef\u00fchrten Arbeiten von Eyster 1 und Boswell 2 technischer Bequemlichkeit halber periodisch wiederholte Reize f\u00fcr w\u00fcnschenswert hielt. Er meinte n\u00e4mlich, dafs bei schwachen Lichtwirkungen, bei denen der Gesichtseindruck an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegt, eine Einwirkung des sekund\u00e4ren oder terti\u00e4ren Nachbildes nicht zu bef\u00fcrchten ist, falls die Wiederholungsperiode l\u00e4nger ist, als eine Sekunde. Rutenburg \u00fcberzeugte sich bei seinen Kontrollver-suchen, dafs auch in der Netzhaut eine Summierung subminimaler Reize erfolgt, die sich bis zu Intervallen von 1,3 Sekunden geltend macht.\nIndem Rutenburg f\u00fcr kleine Objekte, welche nur die Fovea reizten, die Wirksamkeit von Lichtblitzen und Lichtl\u00fccken verglich, ergab sich folgendes.\nBei grofser Intensit\u00e4t mufs die Pause betr\u00e4chtlich l\u00e4nger sein, als der Blitz, bei geringer Intensit\u00e4t aber werden die L\u00e4ngen beider optischer Reize etwa die gleichen.\nWiederholte, infolge ihrer geringen Dauer und Intensit\u00e4t unterschwellige Reize l\u00f6sen eine Wahrnehmung aus, wenn das Intervall der Wiederholung weniger als 1,5 Sekunden betr\u00e4gt.;;\nFerner ist f\u00fcr Blitze minimaler Dauer die zur Netzhauterregung erforderliche Lichtmenge konstant; die zur Wahrnehmung einer Lichtl\u00fccke auszuscheidende Lichtmenge hingegen unbest\u00e4ndig. Wie schon Gildemeister bewiesen hat, w\u00e4chst sie mit der Intensit\u00e4t des Dauerlichts.\nP. Lazareff 4 weist auf seine fr\u00fchere Arbeit hin, in der er die Theorie aussprach, dafs das Auftreten von Erregung in\n1 1. c.\n3 1. c.\n3\tDies beweist, dafs in der Methodik der kurzdauernden Lichtreize die R\u00fcckkehr zur Verwendung des bereits von Vierordt (1869) eingef\u00fchrten Pendels ihre Schattenseiten hat und trotz der technischen Bequemlichkeit nicht als exaktes Arbeitsverfahren angesehen werden darf.\n4\tP. Lazareff, Theorie der Lichtreizung beim Dunkelsehen. Pfl\u00fcg. Arch. 154, S. 459. 1914. Zur Theorie der Adaptation der Netzhaut beim D\u00e4mmerungssehen. Pfl\u00fcgers Archiv 155, S. 310. 1914.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nE. P. Braunstein.\nreizempfindlichen Geweben von der Anwesenheit erregender und hemmender Ionen abh\u00e4ngt, die derart untereinander verbunden sind, das die Beziehung der ersteren zu den letzteren konstant ist.\nLazareff wendet diese Formel auf den Sehakt im D\u00e4mmerungslicht an, und stellt ein Gesetz auf, dem zufolge bei schwachem Licht der Reizschwelle verschieden heller Lichter die Absorption konstanter Energiemengen durch den Sehpurpur entspricht.\nDasselbe Gesetz gilt f\u00fcr den Schwellenwert kurzdauernder Lichtreize.\nIn seiner n\u00e4chsten Arbeit berechnet Lazareff 1 mathematisch den Verlauf der Erregbarkeitsver\u00e4nderungen in peripherischen Netzhautpartien bei der Hell- und Dunkeladaptation. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Voraussetzung, dafs die bei der photochemischen Reaktion im Sehpurpur entstehenden Ionen den Sehnerven in Erregung versetzen.\nIn einer weiteren Arbeit betrachtet Lazare ff die Abh\u00e4ngigkeit des Reizwertes leuchtender Objekte von ihrer Fl\u00e4chengr\u00f6fse und dessen Beziehung zum Weber-FECHXERschen Gesetz, und ermittelt, dafs das Produkt der Fl\u00e4chengr\u00f6fse und der Reizintensit\u00e4t nur beim fovealen Sehen konstant ist, w\u00e4hrend das Gesetz f\u00fcr die Peripherie nicht zutrifft.\nD. Zipkin1 2 untersuchte die Wirkung von Lichtl\u00fccken auf gr\u00f6fsere Netzhautbezirke, indem er im Gegensatz zu den anderen Autoren m\u00f6glichst grofse Objekte w\u00e4hlte und auf diese Weise auch die Netzhautperipherie in seinen Forschungskreis zog. Vor allem trat die betr\u00e4chtliche Wirkung der Adaptation zum Vorschein. F\u00fcr weifses Licht wurde die wahrgenommene Pause bei l\u00e4ngerem Verweilen im Dunkeln k\u00fcrzer. Dabei dauerte die Empfindlichkeitssteigerung 10\u201415 Minuten, w\u00e4hrend im Bereich des gelben Flecks schon nach 2 Minuten die maximale Erregbarkeit eintrat. Bei rotem Licht blieb die Zeitschwelle der wahrgenommenen Lichtl\u00fccke nach 1\u201410 Minuten langem Aufenthalt im Dunkeln die gleiche. F\u00fcr Gr\u00fcn ergaben sich dagegen dieselben\n1\tP. Lazareff, Das WEBER-FscHNERSche Gesetz und die Abh\u00e4ngigkeit des Reizwertes leuchtender Objekte von ihrer Fl\u00e4chengr\u00f6fse. Zeitsckr. f. Sinnesphys. 48, 3, S. 171.\n2\tZeitschr. f. Sinnesphys. 49, S. 89. 1915.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut. 203\nZahlen, wie f\u00fcr Weifs. Des weiteren liegt die Zeitschwelle der L\u00fccken um so tiefer, je gr\u00f6fser die Lichtintensit\u00e4t ist. Das Produkt der Dauer und der Intensit\u00e4t, oder die aus dem Dauerlicht auszuschaltende Lichtmenge, variiert, nach den Angaben des Untersuchers, in demselben Verh\u00e4ltnis wie die Lichtintensit\u00e4t Hierin macht sich kein Unterschied zwischen Fovea und Netzhautperipherie bemerkbar. Ferner steigert in der Peripherie bei Intervallen von mehr als 0,7 Sek. rhythmische Wiederholung der Reize nicht ihre Wirksamkeit.\nHenri Pi\u00e9ron 1 berichtet in mehreren Arbeiten \u00fcber seine Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Schwellenenergie von der Dauer des Lichtreizes. Als Reizquelle diente eine Mattglasplatte von 2 mm Durchmesser, welche durch eine kleine elektrische Lampe von 6 Volt beleuchtet wurde. Mit Hilfe eines Prismas wurde das Licht durch eine 1 mm weite Blende in das beobachtende Auge reflektiert.\nVor dem Prisma rotierte die Scheibe eines Tachistoskops mit ver\u00e4nderlichem Spalt nach Michotte. Pi\u00e9ron fand, dafs die Reizdauer f\u00fcr die helladaptierte Fovea zwischen 0,66 und 3200 o schwankt, bei Dunkeladaptation zwischen 1,04 und 3400 o. Die Energiemengen (Produkt von Reizdauer und Lichtst\u00e4rke) liegen bei Dunkeladaption zwischen 263 und 3200. Es wurde keine wesentliche Beeinflussung durch die Adaptation festgestellt; die helladaptierte Fovea ergab Energie werte zwischen 226 und 3200.\nWeitere Beobachtungen Pi\u00e9rons 2 nach derselben Methode bezwecken die isolierte Untersuchung der Zapfen und St\u00e4bchen.\nDa Pi\u00e9ron f\u00fcr rotes und blaues Licht verschiedene Schwellenenergien fand, nimmt er an, dafs durch das rote Licht die peripheren Zapfen und durch das blaue die St\u00e4bchen isoliert gereizt wurden und dafs der Verlauf des Lichtreizprozesses in den St\u00e4bchen ein schnellerer ist als in den Zapfen.\n1\tH. Pi\u00e9ron, De la variation de l\u2019energie liminaire en fonction de la dur\u00e9e d\u2019excitation pour la vision fov\u00e9ale. Cpts. rend. heb. des s\u00e9ances de l\u2019Acad. d. Sciences. T. 170 No. 9. P. 525. 1920. Nach Refer, in Zentralblatt f\u00fcr die ges. Ophthalmologie und ihre Grenzgebiete 3, H. 1. S. 18.\n2\tH. Pi\u00e9ron, De la variation de l\u2019energie liminaire en fonction de la dur\u00e9e d\u2019excitation pour la vision p\u00e9riph\u00e9rique. (Lois des c\u00f4nes et lois des b\u00e2tonnets). Cpt. rend. hebd. des s\u00e9ances de l\u2019Acad. des Sciences. T. 170. Nr. 20. P. 1203. Nach Refer, in Zentralblatt f\u00fcr die ges. Ophthalmologie und ihre Grenzgebiete 4, H. 7. S. 342.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nE. P. Braunstein.\nPi\u00e9ron 1 bestimmte weiter den Einflufs der Objektgr\u00f6fse auf die Schwellenenergie bei maximaler Dunkeladaptation in bestimmten Netzhautfeldern 20\u00b0 peripher von der Gesichtslinie. Er fand, dafs Vergr\u00f6fserung der Leuchtfl\u00e4che die Intensit\u00e4tsschwelle herabsetzt, die Energie hingegen steigert. Von derselben Voraussetzung ausgehend, glaubt Pi\u00e9ron, dafs die Abh\u00e4ngigkeit auf der Fl\u00e4chendichte der perzipierenden Elemente und nicht auf ihrer Art beruht. F\u00fcr die \u00fcber eine gr\u00f6fsere Fl\u00e4che verstreuten peripheren Zapfen besteht ein Abh\u00e4ngigkeitsgesetz von der Fl\u00e4chengr\u00f6fse, wie f\u00fcr die zentralen Zapfen.\nFr. Fr\u00f6hlich1 2 beschreibt ein Verfahren, das zum ersten Mal erm\u00f6glicht, f\u00fcr den Sehakt die Empfindungszeit zu bestimmen, d. h. das Intervall zwischen der Einwirkung eines Lichtreizes und dem Auftreten der durch ihn ausgel\u00f6sten Lichtempfindung. Die Empfindungszeit entspricht folglich der Latenzzeit bei der Muskelerregung. Fr\u00f6hlich bedient sich der von ihm bei seinen Versuchen mit den periodischen Nachbilderna verwendeten Methode, mit einigen Vervollkommnungen. Das Verfahren besteht im Vor\u00fcbergleiten eines 1 mm breiten und 15 mm langen Lichtspaltes \u00fcber einem Fixierpunkt in 30 cm Entfernung von dem beobachtenden Auge mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 mm in der Sekunde. Die Empfindungszeit schwankt je nach der Intensit\u00e4t des verwendeten Lichtes zwischen 40 und 150 o. Bei Erh\u00f6hung der Lichtintensit\u00e4t f\u00e4llt die Empfindungszeit erst schnell, dann langsamer in deutlicher \u00dcbereinstimmung mit dem FECHNERschen Gesetz des Zusammenhanges zwischen Reizst\u00e4rke und Empfindung. Indem er mittels dieser Methode auch die Dauer der Prim\u00e4rempfindung bestimmte, fand Fr\u00f6hlich, in \u00dcbereinstimmung mit fr\u00fcher ermittelten Tatsachen, besonders in bezug auf die Verschmelzung intermittierender Reize, dafs mit der Steigerung der Licht-\n1\tH. Pi\u00e9ron, De la variation de l\u2019\u00e9nergie liminaire en fonction de la surface r\u00e9tinienne excit\u00e9e pour la vision p\u00e9riph\u00e9rique (C\u00f4nes et b\u00e2tonnets). Cpt. rend, des s\u00e9ances de la Soc. de Biol. T. 83. P. 753. Nach Refer, in Centralbl. f. d. ges. Ophth. und ihre Grenzg. 4, H. 7. S. 342 und Jahresher. \u00fcber die ges. Ophth. 1922, S. 67.\n2\tF. W. Fr\u00f6hlich, \u00dcber die Messung der Empfindungszeit. Zeitschr. f\u00fcr Psych, und Physiol d. Sinnesorg. 54, H. 2 u. 3. S. 58. 1922.\ns F. W. Fr\u00f6hlich, Untersuchungen \u00fcber periodische Nachbilder. Ebenda 52, S. 60\t1921.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichireizen der Netzhaut.\n205\nintensit\u00e4t eine Verringerung der Dauer der Prim\u00e4rempfindung einhergeht.\nNach den Versuchen des Verfassers liegt diese Dauer je nach der Lichtst\u00e4rke zwischen 50 und 150 o. Bei best\u00e4ndiger Lichtst\u00e4rke verl\u00e4ngert sie sich bei Steigerung der Belichtungsdauer und der Dauer der Dunkeladaptation. Die Dauer der Prim\u00e4rempfindung wird wesentlich durch die Farbe des Reizlichtes beeinflufst.\nBei Abschw\u00e4chung der Lichtintensit\u00e4t steigt die Dauer der Prim\u00e4rempfindung nur bis ein gewisser Grad der Abschw\u00e4chung eintritt, sodann sinkt die Empfindungsdauer wieder.\nBei Helladaptation ist die Dauer der Prim\u00e4rempfindung f\u00fcr die Fovea centralis k\u00fcrzer, als f\u00fcr die Netzhautperipherie.\nUnter der Anleitung Fr. W. Fr\u00f6hlichs und nach dessen, unbedeutenden Modifikationen unterworfener, Methode untersuchte Andreas Kov\u00c4cs 1 die Einwirkung der Hell- und Dunkeladaptation auf die Empfindungszeit und den zeitlichen Verlauf der Gesichtsempfindung.\nDie Untersuchung des Einflusses der Dunkeladaptation ergab, dafs die Empfindungszeit bis zu der 5.\u20147. Minute der Adaptation rasch abnimmt, dann aber einen merklichen Anstieg erleidet, welcher bis zu der 9. Minute dauert. Alsdann folgt ein erneutes Sinken der Empfindungszeit, welche sich um die 30. Minute ihrem Minimum n\u00e4hert. W\u00e4hrend des \u201ekritischen Stadiums\u201c, wie Ko vacs die Anstiegsperiode nennt, erreicht die Empfindungszeit ihre urspr\u00fcngliche Dauer nicht. Unter dem Einflufs der Dunkeladaptation erfolgt eine bedeutende Steigerung der Dauer der Prim\u00e4rempfindung. Die Ver\u00e4nderung der Prim\u00e4rempfindung erreicht zwischen der 8. und 10. Minute ihr Maximum: die Dauer der Prim\u00e4rempfindung verl\u00e4ngert sich merklich, der Anstieg der Helligkeit wird besonders flach.\nZwecks Untersuchung des Einflusses von Lichtreizen auf die Empfindungszeit und den zeitlichen Verlauf der Prim\u00e4rempfindung im dunkeladaptierten Auge schaltete Kov\u00c4cs \u201eSerien von Erm\u00fcdungsbelichtungen\u201c ein und bestimmte die Ver\u00e4nderungen der Empfindungszeit und der Empfindungsdauer. Die Versuche zeigten, dafs bei gleicher Intensit\u00e4t die Wirkung um so st\u00e4rker\n1 A. Kov\u00c4cs, \u00dcber den Einflufs der Dunkeladaptation auf die Emp findungszeit und den zeitlichen Verlauf der Gesichtsempfindung. Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 54, H. 4\u20146, S. 161.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nE. P. Braunstein.\nist, je weiter die Adaptation vorgeschritten ist, wobei unter dem\nEinflufs der Erm\u00fcdungsbelichtungen sowohl die Empfindungszeit,\nals die Empfindungsdauer erst bedeutend steigen, um alsdann\nbinnen weniger Minuten erheblich zu sinken. An der Hand\ndieser Versuche konstatiert Kov\u00c4cs, dafs das kritische Stadiuip\nsowohl beim \u00dcbergang von der Helladaptation zur Dunkel-\n\u00ab \u2022\nadaptation auftritt, wie auch umgekehrt, beim \u00dcbergang von der Dunkelheit zum Licht. Nach der Meinung von Kov\u00c4cs erm\u00f6glichen alle diese Beobachtungen einen Einblick in den Mechanismus der Adaptation.\n\u201eDie Dauer der prim\u00e4ren Empfindung und ihre Ver\u00e4nderung durch die Adaptation4*, schreibt Kov\u00c4cs, \u201ewerden wir nur dann verstehen k\u00f6nnen, wenn wir in Betracht ziehen, dafs die Dauer der prim\u00e4ren Empfindung aufs engste mit dem periodischen Empfindungsverlauf verkn\u00fcpft ist, der seinen Sitz nur in dem Sehzentrum haben kann. Die Zunahme der Dauer der prim\u00e4ren Empfindung durch rhythmische Belichtungen des dunkeladaptierten Auges l\u00e4fst sich zu dem Treppenph\u00e4nomen des rhythmisch gereizten Muskels und zu den scheinbaren Erregbarkeitssteigerungen im Gebiete des Zentralnervensystems in Beziehung stellen.\u201c\nPercy W. Cobb and Mildred W. Lorino1 haben eine Methode zur Messung der Netzhautempfindlichkeit ver\u00f6ffentlicht. Aus einer Entfernung von 6 m sieht der Beobachter durch ein kleines Loch in einem beleuchteten weifsen Schirm auf einen\ndahinterstehenden zweiten Schirm. Die Helligkeit beider Schirme\n\u2022\u2022\nist genau gleich und deswegen ist die scharfrandige \u00d6ffnung f\u00fcr gew\u00f6hnlich unsichtbar. Das Fallen eines schwarzen Schirmes macht sie f\u00fcr verschiedene, genau mefsbare Zeit sichtbar, welche letztere als Empfindlichkeitsmafs dient.\nCobb 2 untersuchte mittels dieser Methode 101 Person und fand bedeutende individuelle Empfindlichkeitsunterschiede. Er bestimmte die Beziehungen zwischen der beid\u00e4ugig gemessenen\n1\tP. W. Cobb and M. W. Loring, A method of measuring retinal sensitivity. Journ. of exper. Psychology, T. 4. No. 3. P. 175 197.\t1921. Nach\nRef. in Zentralbl. f. d. g. Ophthalmol, u. ihre Grenzgeb. 7, H. 8, S. 325.\n2\tP. W. Cobb, Individual variation in retinal sensitivity and their correlation with ophthalmological findings. Journ. of exper. Psychology, T. 5. No. 4. P. 227\u2014246. 1922. Nach Ref. in Zentralbl. f. d. g. Ophthalmol, it. ihre Grenzgeb. 9, H. 1, 8. 28.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den' kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n207\nNetzhautempfindlichkeit und der monokularen und binokularen Sehsch\u00e4rfe und leitete Formeln f\u00fcr diese Beziehungen ab. Weiter verglich er die Ergebnisse der Empfindlichkeitspr\u00fcfung mit dem augen\u00e4rztlichen Befund im ganzen : mit der Tiefen-\nI\nerkennung (Bestimmung der Tauglichkeit zum Fliegerdienst), dem Muskelgleichgewicht, dem Sehfeld, der Akkommodation und Refraktion, unter Ber\u00fccksichtigung eventueller Krankheiten und Anomalien. Nur in ausgesprochen pathologischen F\u00e4llen liefsen sich entsprechende Ver\u00e4nderungen der Netzhautempfindlichkeit nach weisen.\nAus dieser Literatur\u00fcbersicht ersehen wir, dafs 1. die verschiedenen Autoren betreffs vieler wichtiger Fragen im Widerspruch stehen, 2. dafs die von diesen Autoren verwendeten Methoden keine einwandfreie Genauigkeit besitzen. So bediente sich z. B. Chaepentiee zur Bestimmung der Dauer von Licht empfindungen rotierender Scheiben mit Sektorausschnitten, welche keine kurzen Einzelreize liefern, sondern eine Reihe aufeinanderfolgender Reize. Indessen beweist er selbst, dafs die Wiederholung kurzer Lichtreize die Dauer der Empfindung vermindert. Mehrere Arbeiten sind zwar mit Hilfe vollkommnerer Methoden ausgef\u00fchrt worden, es ist aber bei den Beobachtungen der Einflufs der Hell- und Dunkeladaptation nicht in Erw\u00e4gung gezogen worden. In anderen Untersuchungen sind wiederum die Reize jede Sekunde wiederholt worden, aus welchem Grunde sie wohl kaum als Einzelreize gelten k\u00f6nnen. Daher war das Bestreben berechtigt, ein vollkommneres Verfahren zur Darstellung hinreichend kurzer, aber einmaliger Lichtreize auszuarbeiten, welche sich genau messen liefsen.\nDie TJntersuchungsmethodik.\nBei unseren Untersuchungen wurde folgende Methodik angewendet. Zur Darstellung verschieden intensiver Lichter dient ein grofser, langer Kasten (\u00e4hnlich wie im F\u00d6BSTEEschen Photometer (Abb. I, L), welcher eine 50 Kerzen starke Gl\u00fchlampe enth\u00e4lt. Das Licht dieser Lampe dringt durch ein rundes Loch in der entgegengesetzten, vorderen Kastenwand. In das Loch ist eine graduierte Irisblende (I) eingef\u00fcgt, durch welche die Lichtintensit\u00e4t von1 I bis auf Vioooo herabgesetzt werden kann.\nDie Vorrichtung wird auf solche Weise aufgestellt, dafs das Licht aus dem im ersten Dunkelzimmer (K],) befindlichen Kasten","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nE. P. Braunstein.\neinen im zweiten Dunkelzimmer (K2) stehenden Milchglasschirm\n4\n(E) trifft. Das vom Milchglasschirm zur\u00fcckgeworfene Licht f\u00e4llt in den zweiten, neben der BeleuchtungsVorrichtung aufgestellten Teil des Apparats (A), welcher zur Gewinnung der kurzdauernden Reize dient. Dieser Teil der Vorrichtung (Abb. II und III) besteht aus einem Rohre (T), dessen freies Ende der Milchglasplatte zugewendet ist, w\u00e4hrend das andere Ende durch eine\nMetallplatte (Abb. II, MJ mit einem horizontalen Spalt von\n\u2022 \u2022\n0,5 mm Breite und 12 mm L\u00e4nge verdeckt ist. Uber die Vorderfl\u00e4che dieser Platte gleitet eine zweite Platte (M2), deren \u00e4ufserer\nAbbildung I.\tAbbildung II.\nRand durch eine Achse hebelartig mit der ersten verbunden ist. Die Bewegungen der vorderen Platte werden durch eine Feder (R) reguliert. Sie enth\u00e4lt einen Ausschnitt, der mit Hilfe einer dritten, verschiebbaren Platte (Ms) in einen 0,5\u201410 mm breiten Spalt verwandelt werden kann. Wenn die wagerechten Spalte der vorderen und hinteren Platte zusammenfallen, sieht der vor dem Apparat befindliche Beobachter das vom Milchglasschirm reflektierte Licht durch den Spalt. Hinreichend kurze Reize von gesetzm\u00e4fsig varriierender Dauer werden mit Hilfe eines von oben herabfallenden Gewichtes ausgel\u00f6st (Abb. IV und V), Neben dem soeben beschriebenen Teil des Apparats ziehen von der","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n209\nDecke bis zum Boden zwei senkrecht angebrachte Stahldr\u00e4hte hin (Abb. IV, D). Den Dr\u00e4hten parallel ist eine Zentimeterskala (M) angebracht. Der eine Draht ist durch einen frei an ihm auf und ab gleitenden kleinen Metallzylinder (CJ hindurchgezogen. Der Zylinder kann durch folgende Vorrichtung in beliebiger H\u00f6he angehalten werden. An dem zweiten Draht ist als Gegengewicht zum ersten Zylinder ein zweiter verschiebbarer Metallzylinder (C2) angebracht, auf welchem eine Metallplatte befestigt ist. Der erste Zylinder ruht auf dieser Platte, welche durch einen Faden (Abb. IV und V, H) auf und ab bewegt\nwird, der \u00fcber eine Rolle (Abb. IV, E) gleitet. Am vorderen Ende, auf dem der Zylinder steht, hat die Platte einen Ausschnitt (Abb. V, B). Sobald das hintere Ende der Platte zur Seite bewegt wird, verliert der Zylinder seine St\u00fctze und f\u00e4llt l\u00e4ngs des Drahtes herab. Dabei trifft er den Hebel (Abb. II, P), welcher mit der vorderen Platte der Spaltvorrichtung verbunden ist und reifst die Platte mit sich herab. In diesem Augenblick gleitet der eine Horizontalspalt an dem anderen vor\u00fcber und das Licht f\u00e4llt in das beobachtende Auge. Die vordere Platte darf nach dem Herabfallen des Zylinders nicht sogleich unter dem Druck der Feder zur\u00fcckschnellen, da dies einen neuen Lichtreiz zur Folge h\u00e4tte. Um dies zu vermeiden, tr\u00e4gt die Vorderfl\u00e4che des Apparats eine federnde Klinkvorrichtung (Abb. II und III, N), welche die vordere Platte festh\u00e4lt, sobald sie in ihrer Abw\u00e4rtsbewegung einen gewissen Punkt erreicht, und ihr Zur\u00fcckschnellen verhindert. Je gr\u00f6fser die H\u00f6he ist, von welcher der Zylinder herabf\u00e4llt, desto gr\u00f6fser ist die Geschwindigkeit seines Falles, desto k\u00fcrzere Zeit gleitet der Zylinder mitsamt dem vorderen Spalt an dem hinteren Spalt vor\u00fcber und desto k\u00fcrzer ist folglich der Lichtreiz. H\u00e4tten wir es mit einem freifallenden K\u00f6rper zu tun, so liefse sich die Geschwindigkeit au$ der Formel des Fallgesetzes berechnen. Da der Zylinder aber an einem Draht\nAbbildung III.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nE. P. Braunstein.\nf\u00e4llt, und dabei den Widerstand des Hebels und der Feder zu \u00fcberwinden bat, mufs zur Messung der Geschwindigkeit bei verschiedener Fallh\u00f6he die graphische Methode herbeigezogen werden.\nAbbildung IV.\nZu diesem Zwecke wird der Hebel der Spaltvorrichtung mit einem Schreibhebel (Abb. IV, P) verbunden, welcher die Bewegungen der vorderen Platte beim Herabfallen des Zylinders von verschiedener H\u00f6he auf der rotiernden Walze (Abb. IV, B) eines Kymographen einzeichnet. Eine elektrische Stimmgabel","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n211\n(Abb. IV, K) registriert Bruchteile einer Sekunde auf der Walze. Auf diese Weise l\u00e4fst sich die Dauer des Vor\u00fcbergleitens des Zylinders, d. h. des vorderen Spaltes an dem hinteren, f\u00fcr jeden Zentimeter der H\u00f6henskala und f\u00fcr jede beliebige Spaltbreite zwischen 0,5 und 10 mm ermitteln. Hierzu bestimmt man den mit der betreffenden Spaltbreite \u00fcbereinstimmenden Abschnitt der Kymographenkurve und liest ab, welche Geschwindigkeit ihm entspricht.\nDie Apparate sind in zwei Dunkelzimmern mit geschw\u00e4rzten W\u00e4nden aufgestellt. Wo es die Stabilit\u00e4t der Vorrichtungen erheischt, sind die Dunkelzimmer durch eine Scheidewand getrennt; im \u00fcbrigen \u2014 durch undurchsichtige schwarze Vorh\u00e4nge.\nIm ersten Zimmer (Abb. I, Kj) befindet sich die Lichtquelle (der Lampenkasten) (L), der vordere Teil der Spaltvorrichtung f\u00fcr die Darstellung der kurzen Reize (A), die H\u00f6henskala (M) und die Vorrichtung mit dem Fallk\u00f6rper (D). Die eine \u00d6ffnung in der Scheidewand f\u00e4llt mit dem runden Loeh des Beleuchtungskastens und dessen Irisblende (I) zusammen. In der zweiten \u00d6ffnung nebenan steckt das hintere Ende des Rohres der Spaltvorrichtung.\nIm zweiten Zimmer (K2) ist der Milchglasschirm (E) aufgestellt, der durch die Blende beleuchtet wird und das Licht in das Rohr zur\u00fcckwirft, an dessen vorderem Ende der Horizontalspalt angebracht ist. Im ersten Zimmer befindet sich der Beobachter, der vor der Spaltvorrichtung sitzt. Sein Kinn ruht auf einer eigens dazu (Abb. IV, W) am unteren Teil des Apparats angeschraubten St\u00fctze. Der Abstand vom Spalt der Vorrichtung betr\u00e4gt bei der Beobachtung 4,5 bis 5,0 cm. Ein Gehilfe setzt denn Apparat mit dem Fallk\u00f6rper in Bewegung, \u00e4ndert die Fallh\u00f6he, liest die Teilungen der Skala ab, ver\u00e4ndert und vermerkt die Lichtintensit\u00e4t.\nVersuche.\nI. Die Wirkung der Beleuchtungsintensit\u00e4t auf\ndie minimale Reizdauer.\nUm die Beobachtungen Richet und Bb\u00e9guets, Blochs und Chaepentiebs zu pr\u00fcfen, unternahm ich zun\u00e4chst Versuche zur Bestimmung der Wirkung variierender Beleuchtung auf den\nZeitschrift f. Sinnesphysiol. 55.\t15","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nE. P. Braunstein.\nSchwellenwert der zu einer Gesichts Wahrnehmung erforderlichen\nReizdauer.\t_\t,,\nIch experimentierte an meinen eigenen Augen im Dunkelzimmer nach Dunkeladaptation w\u00e4hrend einer V. Stunde. Bei diesen Versuchen benutzte ich zur Adaptation des einen Auges einen besonderen Verband. Derselbe wird aus einem weichen Stoff hergestellt, welcher aus mehreren Schichten Verbandgaze, Leinwand oder Kaliko besteht, und enth\u00e4lt in der Mitte, dem Auge entsprechend, eine ringf\u00f6rmige, durch einen Deckel verschlossene Fassung. Ein solcher Verband besitzt zweierlei Vor teile Einerseits \u00fcbt er keinen Druck auf das Auge aus, reizt und w\u00e4rmt es nicht. Andererseits ist das Auge jederzeit schnell zur Beobachtung bereit, wozu blofs der Deckel abgenommen oder aufgelegt wird, ohne dafs der Verband aufgebunden oder angelegt zu werden braucht.\nAbbildung V.\nLetzteres w\u00e4re bei den Versuchen zeitraubend und bei rasch aufeinander folgenden Beobachtungen recht unbequem.\n1. Versuche mit kleinem Beleuchtungsfeld.\nBei den Versuchen mit kleinem Beleuchtungsfeld wird in das hintere Ende des Rohres der Vorrichtung ein zweites Rohr mit einem \u00e4hnlichen, 1/.2 mm breiten und 3 mm langen Horizontalspalt hineingeschoben. Die Versuche wurden an meinen eigenen Augen angestellt. Aus einer Reihe von Beobachtungen wurden Mittelwerte berechnet. Die Untersuchungen erwiesen die Richtigkeit des Grundsatzes der umgekehrten Proportionalit\u00e4t von Reizdauer und Lichtintensit\u00e4t (Richet und Bb\u00e9guet und","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n213\nandere Autoren). Das Gesetz Blochs hingegen, dafs das Produkt von Beleuchtungsintensit\u00e4t und Reizdauer eine konstante Gr\u00f6fse ist, best\u00e4tigt sich nur f\u00fcr Reizdauern zwischen 0,0012 und 0,0098 Sekunden, bei l\u00e4ngeren Reizen bleibt das Produkt nicht best\u00e4ndig, sondern es steigt an. Hierin decken sich unsere Ergebnisse mit denjenigen von v. Kbies und A. Blondel und I. Rey. (Tab. I.)\nTabelle I.\nBeobachter: E. P. Braunstein.\nLichtintensit\u00e4t\tMinimale Beizdauer\tProdukt von Intensit\u00e4t und Dauer\n1\t0,0012\t12\nV.\t0,0024\t12\nxu\t0,0047\t11,8\nVs\t0,0098\t12,2\nVl6\t0,0210\t13,1\nV32\t0,0436\t13,7\n7.4\t0,0896\t14\n2. Versuche mit grofsem Beleuchtungsfeld.\nZar Erzielung eines grofsen Beleuchtungsfeldes wird das Rohr mit dem 3 mm langen Horizontalspalt aus dem Rohr des Apparats entfernt und die Beobachtungen erfolgen bei einer Spaltl\u00e4nge von 12 mm. Aufser meinen eigenen Augen, f\u00fchrte ich Versuche an den Augen einiger Kollegen aus. Tabelle II gibt die Zahlen wieder, welche f\u00fcr die Minimaldauer des Lichtreizes bei Intensit\u00e4tsvariationen von 1 bis 1jsi92 an drei Beobachtern nach halbst\u00fcndiger Dunkeladaptation erhalten wurden.\nAus dieser Tabelle ist ersichtlich, dafs bei grofsem Beleuchtungsfeld die Minimaldauer des zu einer Wahrnehmung erforderlichen Lichtreizes mit Herabsetzung der Beleuehtungsintensit\u00e4t im geometrischen Sinne heranw\u00e4chst.\nDabei steigt sie anfangs bei hohen Lichtintensit\u00e4ten langsam und unbedeutend, h\u00f6chstens um 1\u20142 zehntausendstel Sekunden.\nBei mittleren Intensit\u00e4ten erfolgt weiter der Anstieg etwas schneller, \u00fcbertrifft aber 5\u20147 zehntausendstel Sekunden noch nicht. Bei schwachen Lichtintensit\u00e4ten beobachten wir hingegen einen sehr raschen Anstieg, und die Differenzen vergr\u00f6fsern sich bald von 3\u20145 Tausendsteln auf 2\u20143 hundertstel Sekunden. Bei\n15*","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nE. P. Braunstein.\nbedeutender Herabsetzung der Beleuchtung l\u00e4fst sich schliefslicb die Zeitschwelle nicht mehr bestimmen. Kurve I stellt den Ver-\nlauf des Anstiegs der Zeitschwelle\nbei drei Beobachtern vor. Folglich gilt der Grundsatz Richets und Br\u00e9-guets \u00fcber die umgekehrte Proportionalit\u00e4t der minimalen Reizdauer und der Lichtst\u00e4rke auch f\u00fcr grofse Beleuchtungsfelder. Was nun die Beobachtung Charpentiers anbelangt, dafs die Reizdauer der Quadratwurzel der Lichtst\u00e4rke umgekehrt proportional ist, so trifft diese Regel f\u00fcr grofse Beleuchtungsfelder nicht zu. Dies ist aus der Tabelle ersichtlich:\tBei Herabsetzung des\nLichtes um das 64 fache erh\u00f6ht sich die Zeitschwelle um das Doppelte; wird das Licht um das 1024 fache herabgesetzt, so steigt die Dauer um das Vierfache. Desgleichen best\u00e4tigt sich auch das Gesetz Blochs f\u00fcr grofse Beleuchtungs\nfelder nicht.\nT ah elle II.\nKurve I.\n1.\tBeobachter E. P. Braunstein\n2.\t\u201e\tDr. Schlomovitsch\n3.\t_\tDr. A. P. Braunstein\nBeleuchtungs- intensit\u00e4t\tMinimaldauer des Lichtreizes\t\t\n\tE. P. Braunstein\tDr. Schlomovitsch\tDr. A. P. Braunstein\n1\t0,0012\t0,0013\t0,0014\nV*\t0,0013\t0,0014\t0,0015\n7*\t0,0014\t0,0017\t0,0018\nVs\t0,0016\t0,0018\t0,0019\nVl6\t0,0018\t0,0021\t0,0021\nVs 2\t0,0020\t0,0023\t0,0024\nV\u00f64\t0,0022\t0,0025\t0,0028\nVl28\t0,0026\t0,0028\t0,0033\nV256\t0,0028\t0,0035\t0,0040\nV\u00f6l2\t0,0034\t0,0041\t0,0054\nV1024\t0,0048\t0,0056\t0,0070\nV2048\t0,0072\t0,0084\t0,0104\nV4096\t0,0090\t0,0154\t0,0175\nV8192\t0,0224\t0,0337\t0,0385","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n215\nII. Die Art der Ver\u00e4nderung der Zeitschwelle des Lichtreizes unter dem Einflufs der Adaptation.\nAls Ausgangspunkt diente die Wahrnehmef\u00e4higkeit des Auges im Zustande maximaler Helladaptation. Zu diesem Zwecke h\u00e4lt sich der Beobachter bei guter Beleuchtung im Freien auf und betrachtet w\u00e4hrend einer \\ Stunde den Himmel oder helle Wolken, welche das Licht stark reflektieren (das direkte Ansehen der Sonne mufs vermieden werden).\nTabelle III.\nAdaptation in Minuten\tZeitschwelle des Lichtreizes\t\t\n\tE. P. Braunrtein\tDr. Schlomovitsch\tA. P. Braunstein\n0\t0,0125\t0,0130\t0,0148\n1\t0,0086\t0,0070\t0,0090\n2\t0,0074\t0,0060\t0,0080\n3\t0,0070\t0,0055\t0,0070\n4\t0,0J68\t0,0052\t0,0060\n5\t0,0066\t0,0042\t0,0050\n6\t0,0064\t0,0027\t0,0043\n7\t0,0060\t0,0022\t0,0039\n8\t0,0050\t0,0021\t0,0032\n9\t0,0048\t0,0020\t0,0022\n10\t0,0021\t0,0018\t0,0019\n11\t0,0016\t0,0016\t0,0017\n12\t0,0016\t0,0016\t0,0017\n13 i\t0,0016\t0,0015\t0,0016\n14\t0,0015\t0,0015\t0,0016\n15\t0,0015\t0,0015\t0,0016\n19\t0,0014\t0,0015\t0,0016\n29\t0,0013\t0,0014\t0,0015\n40\t0,0013\t0,0013\t0,0014\n50\t0,0013\t0,0013\t0,0014\n60\t0,0012\t0,0013\t0,0014\nSodann geht er rasch in das Dunkelzimmer, wo am Apparat alles zum Versuch bereit ist. Im ersten Augenblick der Beobachtung k\u00f6nnen Lichtst\u00e4rken von 1\u20141/16 unterschieden werden. Deswegen wird der Apparat auf eine Intensit\u00e4t von 1/8 oder 1/16 eingestellt und bei einer Spaltl\u00e4nge von 12 mm sofort die","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nE. P. Braunstein.\nminimale Reizdauer bestimmt, welche diesem Moment der Helladaptation entspricht. Alsdann wird das Auge durch den Verband verdeckt und nach 1 Minute Dunkeladaptation von neuem die Zeitschwelle des Lichtreizes bestimmt; darauf folgt wieder 1 Minute Dunkeladaptation und eine weitere Bestimmung.\nTabelle III enth\u00e4lt die Zahlen, die den Ver\u00e4nderungen der Zeitschwelle nach halbst\u00fcndiger Helladaptation an einem hellen, klaren Tag bei drei Beobachtern entsprachen.\nAus dieser Tabelle geht hervor, dafs bei der Beleuchtungsintensit\u00e4t 1j16 die k\u00fcrzeste eben wahrgenommene Reizdauer im ersten Augenblick des Aufenthalts im Dunkelzimmer nach der Helladaptation am l\u00e4ngsten ist und 120\u2014130 zehntausendstel Sekunden betr\u00e4gt; nach 1 Minute sinkt sie auf 60\t90 zehn-\ntausendstel Sekunden herab. W\u00e4hrend der folgenden 9 Minuten f\u00e4llt die erforderliche Reizdauer regelm\u00e4fsig; dann tritt wieder eine st\u00e4rkere Verk\u00fcrzung bis auf 20 zehntausendstel Sekunden ein. Von der 10. Minute an sinkt die Reizdauer \u00e4ufserst unbedeutend, und zwischen der 30. und 60. Minute, das heifst w\u00e4hrend einer 1/2 Stunde, verringert sie sich nur um den zehn-\ntausendsteln Teil einer Sekunde.\nKurve II zeigt den Verlauf der Adaptation bei den drei\nBeobachtern.\nO.O\u00ceOO\n0,0150\n0,0100\n\u00df.0050\n00010\n!\n0,1(^SAAW.3,9,IO\tSO\nKurve II.\n1.\tBeobachter E. P. Braunstein.\n2.\t\u201e\tDr. Schlomovitsch.\n3.\tB Dr. A. P. Braunstein.\n\n60\nDie Ergebnisse von Tabelle III stimmen mit den Resultaten Petr\u00eans 1 \u00fcberein, welcher f\u00fcr weifses Licht eine Zeitschwelle von 0,0012 Sekunden fand. Wird nicht die maximal helladap-\n1 K. Petr\u00e8n, Untersuchungen \u00fcber den Lichtsinn. Skand. Arch. f. Physiol. 4, 421. 1893.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n217\ntierte Netzhaut zum Ausgangspunkt gew\u00e4hlt, bleibt z. B. der Beobachter vor dem Versuch 1/2 \u2014 1 Stunde im Freien an einem wenig hellen Wolkentag, oder in einem m\u00e4fsig beleuchteten Zimmer, so ist die Adaptationskurve dieselbe. Blofs ihr Anfangsteil verk\u00fcrzt sich, wie durch die folgende Beobachtung dargetan wird (Tabelle IV und Kurve III). Charakteristisch f\u00fcr die Adaptationskurve ist ihr allm\u00e4hlicher Abstieg und die bei ein und derselben Person abgesehen vom Ausgangspunkt der Adaptation fast gleichm\u00e4fsige H\u00f6he des Schlufsteiles.\nTabelle IV.\n\tBeobachter: E\tP. Braunstein.\t\nHelladaptation w\u00e4hrend 20 Minuten\t\tii Helladaptation w\u00e4hrend einer\t\nim Freien an\teinem regnerischen\tV2 Stunde im Zimmer bei 16 Kerzen\t\nHerbsttag\t\tstarkem Gl\u00fchlampenlicht\t\nZeit Min.\tZeitschwelle 1\tZeit Min.\tZeitschwelle\n0\t0,0072\t0\t0,0019\n1\t0,0068\t1\t0,0018\n2\t0,0064\t2\t0,0018\n3\t0,0056\t3\t0,0017\n4\t0,0039\t4\t0,0017\n5\t0,0032\t5\t0,0016\n6\t0,0025\t6\t0,0015\n7\t0,0019\t7\t0,0015\n8\t0,0018\t8\t0,0014\n9\t0,0017\t9\t0,0013\n10\t0,0016\t10\t0,0013\n11\t0,0015\t11\t0,0013\n12\t0,0014\t12\t0,0013\n13\t0,0014\t13\t0,0013\n14\t0,0014\t14\t0,0013\n15\t0,0014\t18\t0,0013\n16\t0,0014\t20\t0,0013\n20\t0,0013\t22\t0,0013\n25\t0,0013\t25\t0,0012\n30\t0,0013\t30\t0,0012\n35\t0,0012\t38\t0,0012\n40\t0,0012\t40\t0,0012\n45\t0,0012\t45\t0,0012\n50\t0,0012\t50\t0,0012\n55\t0,0012\t55\t0,0012\n60\t0,0011\t60\t0,0012","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nE. P. Braunstein.\n0,02.00\n0.0150\nO.OiOQ\ni\n0,12,3,4,5,6X8.3,10.\t20\t30\nKurve III.\nI. Dauerver\u00e4nderung des Reizes nach 20 Min. Helladaptation im Herbsttag. [T\t\u201e\t30 \u201e\t\u201e\tbei einer Gl\u00fch-\nlampe von 16 Lichtst\u00e4rke.\nIII. Die Minimaldauer des Liehtreizes nach Helladaptation bei Monokular- und Binokularbeobachtung.\nNach Helladaptation w\u00e4hrend 80 Minuten an einem hellen Sonnentage wurde die Dauer des Lichtreizes im ersten Augenblick des Aufenthalts im Dunkelzimmer (Lichtst\u00e4rke = Via) bei Binokularbeobachtung und f\u00fcr jedes Auge im einzelnen bestimmt.\nAus zahlreichen Beobachtungen sind die in Tabelle V enthaltenen Durchschnittszahlen ermittelt worden. Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, dafs f\u00fcr die minimale Reizdauer von geringer Bedeutung ist, ob wir mit einem oder mit beiden Augen beobachten. Dabei m\u00fcssen die in diesem Adaptationszustand auftretenden raschen Schwankungen in Erw\u00e4gung gezogen\nwerden.\nTabelle V.\nBeobachter: E. P. Braunstein.\nMinuten\tMinimale Reizdaner\t\t\n\tBinokularbeobachtung\tRechtes Auge\tLinkes Auge\n\t\t\t\n0\t0,0120\t0,0125\t0,0130\nIV. Ver\u00e4nderungen der Zeitschwelle des Lichtreizes im Zentrum und der Peripherie der helladaptierten Netzhaut.\nDie Beobachtungen wurden wie in den vorangehenden Versuchen angestellt. Die L\u00e4nge des Horizontalspaltes betrug 3 Millimeter.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen dev Netzhaut.\n219\nNach maximaler Helladaptation fixierte der Beobachter sofort nach dem Eintritt in das Dunkelzimmer in einer Versuchsreihe mit dem Zentrum, in der zweiten mit dem temporalen und in der dritten Versuchsreihe mit dem nasalen Teil der Netzhaut.\nGew\u00e4hlt wurden 10\u201415\u00b0 der Fovea centralis entfernte Bezirke. In Tabelle VI sind die Durchschnittswerte aus zahlreichen Beobachtungen am Zentrum, nasalen und temporalen Netzhautteil aufgef\u00fchrt. Diese Tabelle zeigt, dafs im helladaptierten Auge f\u00fcr das Zentrum der Netzhaut eine k\u00fcrzere Reizdauer zu einer Gesichts Wahrnehmung erforderlich ist, als f\u00fcr die Peripherie und f\u00fcr den temporalen Teil eine k\u00fcrzere als f\u00fcr den nasalen.\nTabelle VI.\nBeobachter: E. P. Braunstein.\nMinimale Reizdauer nach maximaler Helladaptation w\u00e4hrend * l/2 Stunde \u2022\tan einem hellen Tag.\nN etzhautzentrum\nTemporaler Teil\nNasaler Teil\n0,0125\tI\t0,0180\t0,0205\nI\nV. Verh\u00e4ltnis zwischen der Mini maldauer des Lichtreizes und der Objektgr\u00f6fse oder der Gr\u00f6fse des Gesichtswinkels bei Hell adaptation.\nAls Lichtreiz diente in den vorangehenden Versuchen mit Ausnahme der in der Tabelle I und VI aufgef\u00fchrten, ein leuchtender horizontaler Strich von 1/2 mm Breite und 12 mm L\u00e4nge, welcher aus einer Entfernung von 4,5 cm oder 45 mm beobachtet wurde.\nUm leuchtende Objekte von verschiedener Winkelgr\u00f6fse herzustellen, wurden in das hintere Ende des Beobachtungsrohrs Rohre mit entsprechenden, 12, 9, 8, 6, 4 und 3 mm langen Horizontalspalten hereingeschoben. Mit Hilfe dieser Rohre konnte die Spaltl\u00e4nge und folglich auch die Winkelgr\u00f6fse des Netzhautbildes verringert werden. Alsdann wurde durch eine Reihe von Beobachtungen f\u00fcr jede der erw\u00e4hnten Spaltl\u00e4ngen die Zeitschwelle im Netzhautzentrum und im temporalen und nasalen Teil der Peripherie ermittelt. Tabelle VII enth\u00e4lt die Mittelwerte der Zeitschwellen aus einer langen Reihe derartiger","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nE. P. Braunstein.\nVersuche. Es ergibt sich aus dieser Tabelle, dafs bei Helladaptation im Netzhautzentrum die Minimaldauer bei Verminderung der Winkelgr\u00f6fse l\u00e4nger wird.\nDabei verdoppelt sich die Dauer, wenn die Winkelgr\u00f6fse um das Vierfache kleiner wird; sie ist also nicht den Winkelgr\u00f6fsen, sondern deren Quadratwurzeln umgekehrt proportional.\nAuf die minimale Reizdauer in der Netzhautperipherie des helladaptierten Auges wirkt hingegen die Ver\u00e4nderung der Ob-jektgr\u00f6fse unbedeutend, wie aus der Tabelle zu sehen ist.\nDie Ergebnisse unserer Untersuchungen stehen mit denjenigen Pipers in Einklang, welcher den Einflufs der Objekt-gr\u00f6fse auf die Reizschwelle f\u00fcr die helladaptierte Netzhautperipherie minimal oder gleich 0 fand.1\nTabelle VII.\nZeitschwelle bei Helladaptation f\u00fcr verschiedene Winkelgr\u00f6fsen in Netzhautzentrum und -p\u00e9riph\u00e9rie.\nSpaltl\u00e4nge\t! Netzhautzentrum\tTemporaler Teil\tNasaler Teil\n12 mm\t1 0,0120\t0,0280\t0,0295\n9 \u201e\t0,0140\t0,0300\t0,0310\n8 \u201e\t0,0160\t0,0340\t0,0360\n6 *\t0,0178\t0,0370\t0,0380\n4 .\t0,0200\t0,0390\t0,0398\no n n\t0,0205\t0,0400\t0,0410\nVI. Die Dunkeladaptation.\n1. DieWirkung der Adaptationsdauer.\nSchon aus den vorangehenden Versuchen geht hervor, dafs die Ver\u00e4nderung der Zeitschwelle w\u00e4hrend den ersten 30 Minuten bedeutend und w\u00e4hrend den n\u00e4chsten 30 Minuten sehr gering ist. Um \u00fcber die Frage Aufschlufs zu erhalten, ob sich die Zeitschwelle des Lichtreizes nach vielst\u00fcndiger Adaptation \u00e4ndert, habe ich meine Augen auf 12 Stunden verbunden und alsdann die Reizdauer bei verschiedenen Intensit\u00e4ten bestimmt. Der horizontale Spalt war bei diesen Versuchen 12 mm lang, die\n1 H. Piper, \u00dcber die Abh\u00e4ngigkeit des Reizwertes leuchtender Objekte von ihrer Fl\u00e4chen- bzw. Winkelgr\u00f6fse. Zeitschr. f. Psych, u. Phys. d. Sinnesorg. 32, S. 98.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n221\nNetzhautreizung beschr\u00e4nkte sich folglich nicht auf die Fovea centralis.\nIn Tabelle VIII sind die Schwellenwerte der Reizdauer nach 30 Minuten, 60 Minuten und 12 Stunden Dunkeladaptation wiedergegeben. Aus dieser Tabelle kann man sich \u00fcberzeugen* dafs die zw\u00f6lfst\u00fcndige Dunkeladaptation die Minimaldauer des Lichtreizes bei allen Lichtintensit\u00e4ten noch herabsetzt. Viele Forscher sind dar\u00fcber einig, dafs vielst\u00fcndige Adaptation die Empfindlichkeit steigert.\nTabelle VIII.\nBeobachter: E. P. Braunstein.\nBeleuchtungs- intensit\u00e4t\tZeitschwelle des Lichtreizes\t\t\n\tAdaptation 30 Min.\tAdaptation 60 Min. i\tAdaptation 12 Std.\n1\t0,0012\t0,0011\t0,0010\nV.\t0,0013\t0,0012\t0,0010\n74\t0,0014\t0,0013\t0,0011\nVs\t0,0016\t0,0014\t0,0011\n7>.\t0,0018\t0,roi7\t0,0012\n1/*2\t0,0020\t0,0018\t0,0012\n764\t0,0022\t0,0018\t0,0014\nVl28\t!\t0,0026\t0,0019\t0,0016\n7256\t!\t0,0028\t0,0022\t0.0017\n7&12\t0,0034\t0,0024\t0,0018\n7l024\t0,0048\t0,0038\t0,0028\n72048\t0,0072\t0,0064\t0,0049\n74066\t0,0090\t0,0080\t0,0070\n1/ / 8192\t0,0224\t0,0311\t0,0198\n2. Die Reizdauer in Netzhautzentrum und Peripherie nach Dunkeladaptation.\nBeobachtet wurde nach Dunkel adaptation w\u00e4hrend 1 Stunde und bei 3 mm Spaltl\u00e4nge. Anfangs f\u00e4llt es schwer, im Dunkeln das Auge so einzustellen, dafs bei Beobachtungen an der Peripherie der eine oder der andere Bezirk der Netzhaut beleuchtet wird; nach einiger \u00dcbung gelingt es jedoch leicht. Die Beobachtungen ergeben, dafs w\u00e4hrend das Zentrum bei der Helladaptation k\u00fcrzere Reizdauern zur Wahrnehmung erfordert, als die Peripherie der Netzhaut, die Verh\u00e4ltnisse im dunkeladaptierten","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nE. P. Braunstein.\nAuge die umgekehrten sind. Hier bed\u00fcrfen die peripheren Teile der Netzhaut k\u00fcrzerer Lichtreize, als das Zentrum.\nTabelle IX enth\u00e4lt die Resultate dieser Beobachtungen, welche vollst\u00e4ndig den Ergebnissen entsprechen, die wir bei der Untersuchung der Empfindlichkeit verschiedener Netzhautpartien f\u00fcr intermittierende Lichtreize erhielten. Nach unseren Beobachtungen ist die Empfindlichkeit der dunkeladaptierten Netzhautperipherie f\u00fcr intermittierende Lichtreize bedeutend h\u00f6her, als die des Zentrums. Deswegen erfolgt die Verschmelzung intermittierender Reize im Zentrum schneller, als in der Peripherie.\nTabelle IX.\nBeobachter: E. P. Braunstein. Adaptation 60 Min.\nBeleuchtungs-\tZeitschwelle des Lichtreizes\t\t\nintensit\u00e4t 1\tNetzhautzentrum\tNasaler Teil\tTemporaler Teil\n1\t0,0011\t0,0010\t0,0010\nV*\t0,0022\t0,0011\t0,0010\nlU\t0,0043\t0,0022\t0,0019\nVs\t0,0094\t0,0043\t0,0\u00fc51\n11 ! 16\t0,0217\t0,0065\t0,0063\nlf32\t0,0418\t0,0086\t0,0074\nV04\t0,0918\t0,0127\t0,0095 1\n3. Die Wirkung der Winkelgr\u00d6lse resp. Objekt-gr\u00f6fse auf die Zeitschwelle in der Netzhautperipherie nach Dunkeladaptation.\nDie Versuchsanordnung ist dieselbe gewesen wie bei den vorangehenden Beobachtungen. Die Spaltl\u00e4ngen betrugen 12, 8, 6 und 4 mm.\nDie Versuchsergebnisse wiesen darauf hin, dafs sich dabei die Erscheinungen umgekehrt verhalten, wie bei der Helladaptation.\nIm helladaptierten Auge wird die minimale Reizdauer beim zentralen Sehen durch die Winkelgr\u00d6lse beeinflufst; bei peripherischer Fixation ist die Einwirkung der Objektgr\u00f6fse gering. Dagegen ist bei der Dunkeladaptation der Einflufs der Spaltl\u00e4nge, d. h. der Winkelgr\u00d6lse beim peripherischen Sehen ausgesprochen.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Liebreizen der Netzhaut.\n223\nVerk\u00fcrzung des Spaltes hat erhebliche Erh\u00f6hung der Zeitsehwelle zur Folge, die der Verringerung der Winkelgr\u00f6fse, resp. der Spaltl\u00e4nge etwa umgekehrt proportional ist. Verk\u00fcrzung des Spaltes um das 1V2-, 2- und 3 fache ruft Steigerung der Zeitschwelle um das l1/*-, 2- und 3 fache hervor. (Siehe Tab. X.)\nTabelle X.\nBeobachter: E. P. Braunstein. Temporaler Netzhautteil.\nBeleuchtungs-\tZeitschwelle\t\t\t\nintensit\u00e4t\t1 Spaltl\u00e4nge\tSpaltl\u00e4nge\tSpaltl\u00e4nge\tSpaltl\u00e4nge\n\t12 mm\t8 mm\t6 mm\t4 mm\n1\t0,0010\t0,0014\t0,0020\t0,0030\n%\t0,0010\t0,0016\t0,0021\t0,0032\n74\t0,0011\t0,0017\t0,0022\t0,0034\n7s\t0,0011\t0,0018\t0,0023\t0,0035\nVl6\t0,0013\t0,0020\t0,0025\t0,0036\nV32\t0,0014\t0,0021\t0,0027\t0,0040\n7*4\t0,0015\t0,0022\t0,0031\t0,0046\nVl28\t0,0016\t0,0024\t0,0032\t0,0047\n7 256\t0,0016\t0,0025\t0,0033\t0,0049\nV\u00f6l2\t0,0017\t0,0030\t0,0034\t0,0052\nVl024\t0,0030\t0,0042\t0,0062\t0,0092\nV2049\t0,0044\t0,0063\t0,0086\t0,0122\n74096\t0,0066\t1\t0,0096\t0,0120\t0,0190\n78192\t0,0207\t0,0300 I\t0,0425\t0,0590\nDiese Untersuchungen best\u00e4tigen die analogen Ergebnisse Pipers und widerlegen die Meinung Auberts, welcher annimmt, dafs die Sichtbarkeit von Objekten, deren Netzhautbild grofse Teile der Peripherie deckt, nur durch die Lichtintensit\u00e4t und nicht durch die Winkelgr\u00f6fse beeinflufst wird.\nAn Stelle der Formel Riccos1: Lichtintensit\u00e4t X Fl\u00e4chen-gr\u00f6fse = Konstante, gab Piper f\u00fcr die dunkeladaptierte Netzhautperipherie die folgende Formel an:\nLichtintensit\u00e4t X V -Fl\u00e4chengr\u00f6fse = Konstante.\nNach Henius, der die Untersuchungen Pipers in dieser Richtung fortf\u00fchrte, gilt diese Formel f\u00fcr Winkelgr\u00f6fsen von\n1 Kicco, Relazione fra il minimo angole visuale e l\u2019intensit\u00e0 luminosa, Anali d'Ottalmologia 6, 3.","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nE. P. Braunstein.\n1\u201410 \u00b0. F\u00fcr gr\u00f6fsere Objekte ist die Abh\u00e4ngigkeit der Netzhautempfindlichkeit von der Objektgr\u00f6fse weniger ausgepr\u00e4gt. In seinen unter Mitwirkung von Henius ausgef\u00fchrten Untersuchungen fand Fujita1 2, dafs im dunkeladaptierten Auge jedem Meridian, jedem peripherischen Netzhautteil und jeder Farbe ein besonderer Zusammenhang zwischen Netzhautempfindlichkeit und Objektgr\u00f6fse entspricht. An der Hand ihrer Beobachtungen gelangten Henius und Fujita 2 zu dem Schlufs, dafs bei jedem Adaptationszustande eine Herabsetzung der relativen Empfindlichkeitszunahme mit der Vergr\u00f6fserung des Gesichtswinkels einhergeht. Nach Pipers Meinung werfen seine Untersuchungen einiges Licht auf die Frage des Unterschiedes zwischen der Hell- und der Dunkeladaptation unseres Sehorganes. Wir m\u00fcssen die hochwahrscheinliche Vermutung in Erw\u00e4gung ziehen, dafs bei diesen zwei verschiedenen Zust\u00e4nden des Auges die Funktion der Aufnahme von Lichtreizen und ihrer Umformung in Gesichtsempfindungen durch zweierlei verschiedene anatomische Gebilde ausge\u00fcbt wird, n\u00e4mlich im einen Falle durch die Zapfen und im anderen durch die St\u00e4bchen. Trifft dies zu, so ist es begreiflich, dafs diese Elemente auch hinsichtlich des Mechanismus voneinander abweichen, welcher dem Zusammenwirken benachbarter Elemente dient und die Reizaddition f\u00f6rdert.\n\u201eStellt man sich auf den Boden der von v. Kries und Parinaud neu begr\u00fcndeten Theorie von Lichtempfindungen44, schreibt Piper3, \u201ewonach im helladaptierten Auge vorwiegend die Zapfen, im dunkeladaptierten dagegen die St\u00e4bchen die Ausl\u00f6sung der Lichtempfindungen vermitteln, so legen die hier mitgeteilten Feststellungen die Vermutung nahe, dafs die licht-perzipierenden Elemente des Hell- und Dunkelauges auf verschiedene Art miteinander, bzw. mit den h\u00f6heren Teilen der Sehbahn verbunden sind, derart, dafs in einem Falle durch\n1\tT. Fujita, Die Abh\u00e4ngigkeit der Lichtempfindung von der Fl\u00e4chen-gr\u00f6fse des Reizobjektes unter den Bedingungen des Tageslichtes und des D\u00e4mmerungssehens. Zeitschr. f. Physiol, d. Sinnesorg. 43, S. 99 und Inaug.-Dissert. Bonn.\n2\tK. Henius u. T. Fujita, Versuche \u00fcber die Lichtempfindlichkeit der Netzhaut unter verschiedenen Umst\u00e4nden. Zeitschr. f. Psychol, u. Physiol, d. Sinnesorg. 43, Abt. II, S. 243.\n3\t1. c.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n225\nAddition der benachbarte Elemente treffenden Einzelreize eine Verst\u00e4rkung der Helligkeitsempfindung in die Wege geleitet werden kann, dafs dieses aber im anderen Fall kaum oder gar nicht erfolgt. F\u00fcr diese Vermutung k\u00f6nnte in den bekannten Ergebnissen d\u00f6r histologischen Forschung wohl eine Grundlage gefunden werden.\u201c\nWir haben es folglich, wie schon Boswell 1 hingewiesen hat, mit einer aufserordentlich komplizierten und zweckm\u00e4fsigen physiologischen Einrichtung der Netzhautapparate zu tun, durch welche einerseits die zeitliche und r\u00e4umliche Reizaddition die Unterschiedsempfindlichkeit zu steigern imstande ist, und andererseits die bedeutende \u00dcberlegenheit der dunkeladaptierten Netzhautperipherie in der Hinsicht zur Geltung kommt, dafs die Peripherie durch wesentlich kleinere Energiemengen in Erregung versetzt wird.\nDabei k\u00f6nnen wir nicht umhin, uns der Meinung v. Kries\u2019 1 2 anzuschliefsen, dafs zu den grofsen methodischen Schwierigkeiten, welche uns bei der Bestimmung von Unterschiedsschwellen entgegentreten, noch zuletzt die wichtige, weder zu beherrschende noch zu berechnende Einwirkung ver\u00e4nderlicher psychophysischer Mechanismen hinzutritt. Infolgedessen kann ein und derselbe Unterschied, welcher eben wahrgenommen wurde, ein anderes Mal nicht empfunden werden, und umgekehrt. Deswegen sind zahlreiche Beobachtungen erforderlich, um genaue Resultate zu ergr\u00fcnden.\nEinen weiteren Schritt auf dem Gebiete der Erforschung der physiologischen Vorg\u00e4nge in Netzhaut und Sehzentren stellen die interessanten Arbeiten Friedrich W. Fr\u00f6hlichs vor.\nFr\u00f6hlich3 experimentierte auf der zoologischen Station zu Neapel mit Hilfe des Saiten galvanometers an den isolierten Augen von Cephalopoden und fand, dafs in der Netzhaut bei Lichteinwirkung rhythmisch schwankende Aktionsstr\u00f6me entstehen.\n1\t1. c.\n2\tNagels Handbuch d. Physiologie. Bd. 3 I, S. 21.\n3\tF. W. Fr\u00f6hlich, a) Beitr\u00e4ge zur allgemeinen Physiologie der Sinnesorgane. Zeitschr. f. Sinnesphysiol 48, H. I u. 2, S. 29.\nb)\t\u00dcber oszillierende Erregungsvorg\u00e4nge im Sehfeld. Zeitschr. f. Sinnesphysiologie 52, H. 1 u. 2, S. 52.\nc)\tUntersuchungen \u00fcber periodische Nachbilder. Ebenda S. 60.\nd)\tGrundz\u00fcge einer Lehre vom Licht, und Farbensinn. Jena 1921.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nE. P. Braunstein.\nDie Intensit\u00e4t und Frequenz der Netzhauterregungen ist abh\u00e4ngig von der Intensit\u00e4t der Belichtung und betr\u00e4gt 20 90 Erregungswellen in der Sekunde. Nach Abschlufs der Belichtung treten langdauernde Nachrhythmen auf, deren Wellen in ihrer Frequenz und H\u00f6he von dem vorangehenden Lichtreiz abh\u00e4ngen. Die Intensit\u00e4t und Frequenz der Erregungswellen der Netzhaut variiert mit der Wellenl\u00e4nge des Reizlichtes. Hierauf begr\u00fcndet Fr\u00f6hlich seine Theorie des Farbensinnes, welche in folgenden einfachen Prinzipien besteht. Verschieden lange Lichtwellen l\u00f6sen in der Netzhaut Erregungsvorg\u00e4nge von verschiedener Frequenz und Intensit\u00e4t aus, welche im Zentralnervensystem antagonistische Hemmungs- und Erregungsprozesse hervorrufen. Die Hemmung, wie die Erregung kann verschieden stark sein und mufs als die physiologische Grundlage der Farbenempfindung angesehen werden.\nWas die Erm\u00fcdung und Erholung der Netzhaut und deren Beziehung zur Hell- und Dunkeladaptation betrifft, so fafst Fr\u00f6hlich die Helladaptation als Kundgebung der Netzhauterm\u00fcdung auf. Die helladaptierte Netzhaut reagiert auf Belichtung mit schw\u00e4cheren und minder frequenten Erregungswellen.\nDer verschiedenen Wirkung farbiger Lichter entspricht verschiedene starke Netzhauterm\u00fcdung. Die Erm\u00fcdbarkeit der Netzhaut steht nach Fr\u00f6hlichs Beobachtungen hinter derjenigen des Zentralnervensystems zur\u00fcck. Die Schwellenwerte der verschiedenen farbigen Lichter unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Dagegen ist bei hohen Intensit\u00e4ten der Unterschied in der Wirkung farbiger Lichter recht bedeutend. Am st\u00e4rksten wirkt auf das Cephalopodenauge der blauviolette Teil des Spektrums. Die Helladaptation, resp. Netzhauterm\u00fcdung setzt die Lichtwirkung herab, besonders f\u00fcr kurzwelliges Licht; infolgedessen verschiebt sich das Maximum der Wirksamkeit in der Richtung des roten Endes des Spektrums. Hierin besteht, nach Fr\u00f6hlich, die Erkl\u00e4rung des PurkinJEschen Ph\u00e4nomens.\nStarke Erm\u00fcdung, Sch\u00e4digungen oder Entwicklungshemmung der Netzhaut kann eine erhebliche Ver\u00e4nderung der Wirkung von Spektrallichtern zur Folge haben, so dafs Lichter von verschiedener Wellenl\u00e4nge die gleiche Wirkung auf das Auge aus\u00fcben (Farbenblindheit).","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\nVII. Versuche an Kranken.\n1.\tPatient W. I. Sehnervenatrophie Vis. oc. d. \u2014 0,2; Vis. oc. s = 0,1.\n2.\tPatient M. B. Scotoma centralis (Amblyopia toxica). Vis. oc. dextr. = 0,25; Vis. oc. sinistri = 0,05.\n3.\tPatient S. S. Retinitis pigmentosa. Vis. oculi utriusque = 0,3.\nTabelle XI.\nBeleuch- tungs- inten- sit\u00e4t\tZeitschwelle des Lichtreizes nach Dunkeladaptation w\u00e4hrend 1/2 Stunde\t\t\t\t\t\n\t1 1 E. P. Braunstein\tW. I. Atrophia nn. opticorum\t\tM. B. Scotoma centrale\t\tS. S. Retinitis pigmentosa. Binokular- beobachtung\n\t\tRechtes Auge. Vis. oc. dex. \u2014 0,2\tLinkes Auge. Vis. oc. sin. = 0,1\tRechtes Auge. Vis. oc. dex. = 0,25\tLinkes Auge. Vis. oc. sin. \u2014 0,05\t\n1\t0,0012\t0,0018\t0,0022\t0,0016\t0,0024\t0,0028\n7*\t0,0013\t0,0022\t0,0028\t0,0018\t0,0030\t0,0038\nV.\t0,0014\t0,0026\t0,0032\t0,0022\t0,0035\t0,0056\nVs\t0,0016\t0,0030\t0,0041\t0,0027\t0,0045\t0,0088\nVl6\t0,0018\t0,0035\t0,0063\t0,0031\t0,0068\t0,0140\nVa*\t0,0020\t0,0042\t0,0085\t0,0037\t0,0090\t0,0540\nV\u00ab*\t0,0022\t0,0050\t0,0094\t0,0043\t0,00120\tunbestimmbar\nVl*8\t0,0026\t0,0054\t0,0102\t0,0058\t0,0070\t\u00bb\nV256\t0,0028\t0,0058\t0,0116\t0,0072\t0,00210 !\t\u00ab\nV\u00f6 18\t0,0034\t0,0067\t0,0128\t0,0096\t0,0240 1\t77\nVl024\t0,0048\t0,0078\t0,0160\t0,0116\t0,0327 1\t33\nV* 046\t0,0070 I\t8,0110\t0,0200\t0,0160\t0,0389\t33\nV40\u00bb\u00ab\t0,0090 j 7\th\t0,0240\t0,0302\t0,0200\t0,0450\t73\nV\u00dfio*\t0,0224 !\t0,0386\t0,0426\t0,0310\t0,0525 j\t73\nAus Tabelle XI ist ersichtlich, dafs die Zeitschwelle der kranken Netzhaut viel h\u00f6her liegt als die der gesunden. Besonders eklatant tritt dies bei herabgesetzter Lichtintensit\u00e4t hervor. Die bei den Untersuchungen an Kranken erhaltenen Er-gebnise best\u00e4tigen die von mir in der Einf\u00fchrung ge\u00e4ufserte, aprioristische Meinung, dafs die kranke Netzhaut infolge von Ver\u00e4nderungen in der Struktur und im physiologischen Gleich-\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 55.\t16","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nE. P. Braunstein.\ngewicht weniger empfindlich f\u00fcr kurzdauernde Lichtreize sein m\u00fcsse, als die gesunde.\nDie von mir gefundenen Tatsachen befinden sich auch damit im Einklang, dals, wie ich schon in einer fr\u00fcheren Arbeit nachgewiesen habe, die Empfindlichkeit der kranken Netzhaut f\u00fcr intermittierende Lichtreize ebenfalls herabgesetzt ist.\nVIII. Zusammenfassung der Ergebnisse.\nAuf Grund meiner Untersuchungen gelangte ich zu nachstehenden Ergebnissen.\n1.\tDie minimale zu einer Gesichtswahrnehmung erforderliche Reizdauer ist der Intensit\u00e4t des Lichtreizes umgekehrt proportional. Das Gesetz Blochs, welches sich darin \u00e4ufsert, dals das Produkt von Beleuchtungsintensit\u00e4t und Reizdauer eine konstante Gr\u00f6fse ist, best\u00e4tigt sich nur f\u00fcr sehr kleine Objekte und f\u00fcr Reizdauern zwischen 0,0012 und 0,0098 Sekunden. Bei gr\u00f6fserem Beleuchtungsfeld (f\u00fcr gr\u00f6fsere Objekte) ist das BnocHsche Gesetz unzutreffend. Desgleichen hat die Annahme Charpentiers, dafs die Reizdauer der Quadratwurzel aus der Lichtintensit\u00e4t umgekehrt proportional ist, bei gr\u00f6sseren Beleuchtungsfeldern keine G\u00fcltigkeit. Bei grofsen Feldern und starkem Licht erfolgt der Anstieg der minimalen Reizdauer bei Verminderung der Intensit\u00e4t erst sehr langsam, sodann bei mittleren Beleuchtungsst\u00e4rken etwas schneller, und schlielslich bei schwacher Beleuchtung sehr rasch.\n2.\tUnter dem Einflufs der Helladaptation verlaufen die Ver\u00e4nderungen der zur Wahrnehmung erforderlichen minimalen Reizdauer wie folgt:\nNach maximaler Helladaptation w\u00e4hrend x/2 Stunde ist die Minimaldauer am h\u00f6chsten; nach 1 Minute Dunkeladaptation wird sie geringer, w\u00e4hrend der n\u00e4chsten 7\t9 Minuten\nf\u00e4llt sie gleichm\u00e4fsig. Von der 10. Minute an sinkt sie w\u00e4hrend 30 Minuten sehr unbedeutend, worauf in den folgenden 30 Minuten eine weitere unregelm\u00e4fsig und unbedeutende Verringerung folgt.\n3.\tBei maximaler Helladaptation ist die Zeitschwelle des Lichtreizes bei monokularer und bei binokul\u00e4rer Beobachtung fast die gleiche.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut.\n4.\tBei maximaler Helladaptation liegt die Zeitsehwelle im Netzhautzentrum tiefer als in der Peripherie, und im temporalen Teile tiefer als im nasalen.\n5.\tBei maximaler Helladaption ist die minimale Reizdauer im Netzhautzentrum der Quadratwurzel aus der Winkelgr\u00f6fse des Objekts umgekehrt proportional. In der Netzhautperipherie ist hingegen die minimale Reizdauer von der Winkelgr\u00f6fse fast unabh\u00e4ngig.\n6.\tBei zw\u00f6lfst\u00fcndiger Dunkeladaptation weist die Zeitschwelle noch eine gleichm\u00e4fsige, aber unbedeutende Herabsetzung auf.\n7.\tNach Dunkeladaptation w\u00e4hrend 60 Minuten ist die minimale Reizdauer bei der Binokularbeobachtung l1^ mal so kurz, wie bei der Beobachtung mit einem Auge.\n8.\tNach der Dunkeladaptation liegt die Zeitschwelle im Netzhautzentrum h\u00f6her als in der Peripherie und im temporalen Teil tiefer als im nasalen.\n9.\tNach der Dunkeladaptation ist in der Netzhautperipherie die minimale, Reizdauer der Winkelgr\u00f6fse des Objekts umgekehrt proportional.\n10.\tDie Zeitschwelle der kranken Netzhaut (Sehnervenatrophie, Zentralskotom infolge toxischer Amblyopie, Pigmentdegeneration der Netzhaut) liegt bei weitem h\u00f6her als die der gesunden.\nDies tritt besonders bei herabgesetzter Beleuchtung hervor.\n16*","page":229}],"identifier":"lit36088","issued":"1923","language":"de","pages":"185-229","startpages":"185","title":"Zur Lehre von den kurzdauernden Lichtreizen der Netzhaut","type":"Journal Article","volume":"55"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:35:34.308245+00:00"}

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