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{"created":"2022-01-31T16:17:30.764607+00:00","id":"lit36102","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Hahn, Helmut","role":"author"},{"name":"Werner Lueg","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 58: 175-187","fulltext":[{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"175\n(Aus der I. Medizinischen Klinik der Charit\u00e9 Berlin)\nNeue Einzelheiten vom galvanischen Hautreflex\nVon\nHelmut Hahn und Werner Lueg\na) Einleitung\nIm Verlauf seiner Untersuchungen \u00fcber die Reize und Reizbedingungen des Temperatursinnes ist Hahn 1 zu dem bestimmten Ergebnis gekommen, dafs entgegen vielfach ausgesprochenen Vermutungen der Bluttemperatur keine Bedeutung als ad\u00e4quater Reiz f\u00fcr die Temperaturnerven zukommt. Unter den Beweisen f\u00fcr diese Auffassung f\u00fchren Hahn und Ingeborg Goldscheider1 2 3 * auch das Vorhandensein von Temperaturnerven bei Kaltbl\u00fctern an, deren Unabh\u00e4ngigkeit von der Bluttemperatur auf der Hand liegt. Deren Nachweis gelang vermittels des von Veraguth8 beschriebenen sogenannten psychogalvanischen Reflexph\u00e4nomens. Diese Methode lieferte recht klare Beweise f\u00fcr die Spezifit\u00e4t der bei Poikilothermen ganz neu auf gefundenen afferenten Nerven gegen\u00fcber reinen Temperaturreizen.\nDar\u00fcber hinaus leitete Hahn von seinen Beobachtungen die Behauptung ab, dafs die Ausl\u00f6sung des galvanischen Hautreflexes durch reine Temperaturreize ein besonders geeignetes Verfahren f\u00fcr die Untersuchung des Reflexph\u00e4nomens selber abgeben d\u00fcrfte. Auf diese Behauptung hin haben wir die folgenden Untersuchungen \u00fcber die Innervationswege des genannten Reflexes unternommen. Diese Untersuchungen schienen uns auch deshalb geboten, weil so erhebliche Abweichungen des Reflex-\n1\tH. Hahn, Deutsche med. Wochenschr. 13.\t1927.\n2\tH. Hahn und J. Goldscheider. Pfl\u00fcgers Arch. 217, 54. 1927.\n3\t0. Veraguth , Das psychogalvanische Reflexph\u00e4nomen. Berlin,\nS. Karger. 1909.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nHelmut Hahn und Werner Lueg\nablaufes bei seiner Ausl\u00f6sung durch Temperaturreize im Vergleich zu den sonst \u00fcblichen Reizformen vorhanden waren, dafs die Identit\u00e4t mit dem von Veraguth beschriebenen Ph\u00e4nomen zun\u00e4chst noch als fraglich erscheinen mufste.\nb) Methodik\nAls Ver8uchsanordnung benutzten wir wie fr\u00fcher die WHEATSTONEsche Br\u00fcckenschaltung nach Gildemeister.1 Die Gr\u00f6fse der Reflexausschl\u00e4ge wurde an einer 260 cm langen Skala abgelesen, an der ein Skalenteil (= 5 cm) bei ausgeschaltetem Nebenschlufs 5*0,23-10\u20148 Amp. entsprach.\nZur Stromzuf\u00fchrung bedienten wir uns anfangs unpolarisierbarer chlorierter Silberelektroden. Sp\u00e4ter gingen wir dazu \u00fcber, den Kontakt durch banale Ber\u00fchrung mit Kupferelektroden in 0,1 \u00b0/0 Kochsalzl\u00f6sung herzustellen, nachdem wir uns h\u00e4ufig genug \u00fcberzeugt hatten, dafs die Anwendung unpolarisierbarer Elektroden keinerlei wesentlichen Unterschied oder Vorteil bietet.\nAls Reizobjekt dienten Temperatoren, die durch einen Dreiwegehahn mit zwei Wasserbeh\u00e4ltern von 5 Liter Fassungsverm\u00f6gen in Verbindung standen. Nachdem ein Temperator mit einer Hautstelle des Versuchstieres in Ber\u00fchrung gebracht war, durch-flofs ihn zun\u00e4chst mindestens 3 Minuten Wasser von belangloser Temperatur zur Adaptation. Der Temperaturreiz erfolgte dann durch Umschalten des Dreiwegehahns so, dafs das Wasser von Reiztemperatur aus dem zweiten Beh\u00e4lter durch den Temperator geleitet wurde, der nunmehr innerhalb weniger Sekunden die neue Temperatur annahm. Hierbei wurde der Temperator selber nicht ber\u00fchrt, so dafs jede den Temperaturreiz begleitende sonstige Einwirkungen auf das Versuchstier vermieden werden konnten.2\nc) Vorsichtsma\u00dfnahmen\nDie Vorteile, die die Anwendung von Temperaturreizen gegen\u00fcber den sonst angewandten Schmerz- und andersartigen Nervenreizen bei der Untersuchung des galvanischen Reflexph\u00e4nomens an Fr\u00f6schen bieten, sind folgende: 1. Die Reizst\u00e4rke ist genau dosierbar. 2. Die erzielten Reflexausschl\u00e4ge sind auch bei Einhaltung nicht extremer physiologischer Reizst\u00e4rken un-\n1\tM. Gildemeister, Pfl\u00fcgers Archiv 149. 389. 1912 und 162, 489. 1915. Derselbe, M\u00fcnchener med. Wochenschr. 43, 2386. 1913.\n2\t\u00dcber das Prinzip und die Einzelheiten der Methode s. aufser Hahn\nund I. Goldscheider a. a. 0. auch H. Hahn, Pfl\u00fcgers Archiv 215, 136.\t1926.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Einzelheiten vom galvanischen Hautreflex\n177\nvergleichlich viel ausgiebiger, entsprechend besser zu beobachten und gegen Versuchsfehler abzugrenzen als bei s\u00e4mtlichen andersartigen Reizen. 3. Die Reflexausschl\u00e4ge treten in h\u00f6chst charakteristischer Form auf, insbesondere nach einer erheblich l\u00e4ngeren Latenzzeit, wodurch sich ebenfalls die Beobachtungsbedingungen entschieden vorteilhafter gestalten. 4. Die Ausl\u00f6sung des Reflexes in typischer Form erfolgt auf Temperaturreize mit grofser Sicherheit, sofern die Reflexerregbarkeit nicht \u00fcberhaupt aufgehoben ist, w\u00e4hrend bei der Anwendung von Schmerz-, Licht- und akustischen Reizen nach Kohlrausch und Schilf 1 die Regelm\u00e4fsig-keit des Reizerfolges nur eine mangelhafte ist.\nNur auf eine Vorsichtsmafsregel m\u00fcssen wir gr\u00f6fstes Gewicht legen: dafs bei den Froschversuchen die Curaredosis vorsichtig begrenzt wird. Fauville 2 hatte sogar angegeben, dafs l\u00e4hmende Curaredosen die Reflexerregbarkeit von Fr\u00f6schen generell aufhebt, im Gegensatz zu Schwartz 3, der das Curare zur Vermeidung spontaner Bewegungen bei der Untersuchung des galvanischen Reflexes gerade empfohlen hat. Schilf und Schuberth4 haben die Frage des Einflusses von Curare auf den Reflex besonders untersucht. Sie fanden, dafs die Aufhebung der Reflexerregbarkeit nur bei tiefer Curare-l\u00e4hmung erfolgt. Wir benutzten eine im Berliner Physiologischen Institut vorr\u00e4tige Curarel\u00f6sung unbekannter Konzentration und empfehlen nach unseren Erfahrungen die Dosierung so zu gestalten, dafs die Fr\u00f6sche nicht fr\u00fcher als mindestens 1 2/2 Stunde nach der Injektion regungslos werden. Um hierbei Zeitverlust zu vermeiden, spritzten wir jeweils gleichzeitig 3 Tieren 0,1 bzw. 0,2 und 0,3 ccm der Curarel\u00f6sung in den Bauchlymphsack und waren dann sicher, nach Verlauf von 45 Minuten ein entsprechend gel\u00e4hmtes Tier vorzufinden, w\u00e4hrend die anderen beiden Fr\u00f6sche sich meist nach 24 Stunden wieder erholten. Fr\u00f6sche, die bereits 5 Minuten nach der Curareinjektion vollkommen schlaff gel\u00e4hmt waren, gaben meist keine Reflexausschl\u00e4ge, und auch bei einer nach 15\u201420 Minuten l\u00e4hmenden Curaredosis hatten wir noch gen\u00fcgend Versager.\n1\tA. Kohlrausch und E. Schilf, Pfl\u00fcgers Archiv 194, 326. 1922.\n2\tA. Fauville, Arch, internat, de physiol. 16, 58. 1921.\n3\tA. Schwartz, Pfl\u00fcgers Archiv 162, 547. 1915.\n4\tE. Schilf und A. Schuberth, Pfl\u00fcgers Archiv 195, 75.\t1922.","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nHelmut Hahn und Werner Lueg\nDie im \u00fcbrigen auffallende Regelm\u00e4fsigkeit unserer Versuchsergebnisse erweckte in uns fl\u00fcchtig den Argwohn, einem physikalischen Versuchsfehler zum Opfer gefallen zu sein. Wir f\u00fcrchteten, m\u00f6glicherweise durch die Temperaturver\u00e4nderung in unseren Metalltemperatoren thermoelektrische Str\u00f6me erzeugt und diese mit der sehr empfindlichen Apparatur als Galvanometerausschl\u00e4ge registriert zu haben. Zur Vorsicht haben wir daher in einem Teil der Versuche statt des Metalltemperators eine einfache Glasr\u00f6hre von 1 cm lichter Weite, 0,6 mm Wanddicke benutzt. Die R\u00f6hre war zu einem spitzen Winkel abgebogen, mit dessen Scheitelpunkt sie die (auch gegen jeden sonstigen Kontakt mit Glas isolierte) Froschhaut ber\u00fchrte. Die Ergebnisse mit dieser Versuchsanordnung, die das Auftreten thermoelektrischer Str\u00f6me ausschliefst, waren indessen vollkommen einwandfrei die gleichen.\nAuch ohne letztere Sicherstellung lassen die folgenden Versuchsergebnisse keinen Zweifel \u00fcber die tats\u00e4chlich nerv\u00f6s vermittelte Umformung der Temperaturreize in eine Ver\u00e4nderung der Hautpolarisation zum sog. psychogalvanischen Reflexph\u00e4nomen zu.\nd) Versuchsergehnisse\n1. Allgemeine Beobachtungen\nWir berichten zun\u00e4chst \u00fcber unsere Frosch versuche, die wir an 32 curarisierten, aber gut reagierenden m\u00e4nnlichen und weiblichen Temporarien im Januar, Februar und M\u00e4rz 1927 mit positivem Erfolg erhoben haben.\nUm unter stets gleichen Versuchsbedingungen zu arbeiten, haben wir als Reiztemperatur durchweg 37\u00b0 C gew\u00e4hlt. Nach Hahn und I. Goldscheider (1. c.) ist es dabei belanglos, welche Temperatur der Temperator vor Einschalten der Reiztemperatur hat, da f\u00fcr die Wirksamkeit des Temperaturreizes nach dem Gesetz der konstanten S u m m e1 auch bei den Kaltbl\u00fctern lediglich die Reiztemperatur selber mafsgebend, die Gr\u00f6fse der relativen Temperaturver\u00e4nderung belanglos ist. In Best\u00e4tigung der diesbez\u00fcglichen Angaben fanden wir Ausschl\u00e4ge zu ann\u00e4hernd demselben Zeitpunkt und in derselben Ausgiebigkeit, wenn wir zur Temperaturreizung an demselben Frosch einmal den Temperator von 15 auf 37\u00b0, das zweite Mal nur von 36 auf 37\u00b0 erw\u00e4rmten. Der Einheitlichkeit halber haben wir immerhin doch als Adaptationstemperaturen 15\u201420\u00b0 in den Temperatoren vor\n1 \u00dcber dieses siehe auch K. Strauss und H. v. Versen, S. 166 dieses Heftes.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Einzelheiten vom galvanischen Haatreflex\n179\nEinschalten des Reizwassers eingehalten. Mit K\u00e4ltereizen haben wir einen Teil der Versuche bei gleicher Adaptationstemperatur durch eine Abk\u00fchlung der Temperatoren auf eine Reiztemperatur von 2\u00b0 nachgepr\u00fcft.\nDer Reflex nimmt unter diesen Umst\u00e4nden nach unseren \u00fcber 200 Einzelbeobachtungen regelm\u00e4fsig folgenden typischen Verlauf. Nach Einschalten des warmen Reizwassers in den Temperator erfolgt zun\u00e4chst nicht die geringste Unterbrechung des Ruhestromes, kenntlich an der stetigen Wanderung des Galvanometerspiegels im Sinne einer Zunahme der Hautpolarisation. Erst nach einer Latenz von 30\u201460 (meist 35\u201445) Sek. setzt sich der Lichtschein auf der Skala in umgekehrter Richtung mit rapider Geschwindigkeit in Bewegung. Er verl\u00e4fst dabei die Skala meist ganz f\u00fcr viele (bis zu \u00fcber 60) Sek., w\u00e4hrend auch kr\u00e4ftigste Schmerzreize immer nur Ausschl\u00e4ge von der Gr\u00f6fse eines Teiles der benutzten Skala verursachten. Dem maximalen Ausschlag gingen ziemlich regelm\u00e4fsig einige kleinere z\u00f6gernde Ausschl\u00e4ge voraus; meist kamen deren zwei zur Beobachtung. Diese zwei in Abst\u00e4nden von ca. 10 Sek. vorausgehenden Ausschl\u00e4ge entsprachen in ihrer Gr\u00f6fse etwa den durch m\u00e4fsige Schmerzreize (Kneifen mit einer Pinzette) ausgel\u00f6sten, \u00fcberschritten selten mehr als 10\u201415 Skalenteile. Bei K\u00e4ltereizen von 2\u00b0 traten die Ausschl\u00e4ge im allgemeinen etwas sp\u00e4ter (40\u2014100 Sek.) auf und waren nicht ganz so ausgiebig, aber ebenfalls jeweils in der Mehrzahl.\nEin Teil der Versuchstiere erschwert bekanntlich die Beobachtungen durch spontane Ausschl\u00e4ge. Bei diesen Tieren gelang es uns meist, durch Unterbrechung der Versuche um 1/2\u20141 Stunde doch noch zum Ziel zu kommen. Geringf\u00fcgige Unruhe der Tiere f\u00fchrt im \u00fcbrigen nicht ernstlich zu Fehlurteilen, sofern man als positives Ergebnis nur den oben geschilderten charakteristischen Verlauf des Reflexablaufes mit seinen maximalen Ausschl\u00e4gen gelten l\u00e4fst.\n2. Die Beteiligung des Zentralnervensystems\nZu den Versuchen, die wir hinsichtlich des Anteiles des Gehirns und R\u00fcckenmarkes der Fr\u00f6sche an dem beteiligten nerv\u00f6sen Reflexbogen anstellten, diente als Reizobjekt ein zylindrischer Metalltemperator von 2,6 cm Bodenfl\u00e4che, 0,5 cm H\u00f6he. Der Lichtungsdurchmesser der zu- und ableitenden Wasserschl\u00e4uche betrug 6 mm. Der Temperator war an einem Stativ so befestigt, dafs die Fr\u00f6sche mit Brust, Unterkiefer und Vorderextremit\u00e4ten auf der den Reiz vermittelnden nur 0,1 mm d\u00fcnnen Bodenfl\u00e4che auflagen.\nNachdem wir uns jeweils zweimal \u00fcberzeugt hatten, dafs an","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nHelmut Hahn und Werner Lueg\ndem unbesch\u00e4digten Versuchstier der Reflex in typischer Weise erfolgte, untersuchten wir den Einflufs der Entfernung des Grofs-hirns. Hierzu dekapitierten wir die Fr\u00f6sche in der \u00fcblichen Weise, indem wir mit der Schere den Oberkiefer genau im Kieferwinkel senkrecht zur Lippenebene amputierten.\nDiese Operation, die beide Hemisph\u00e4ren und Lobi optici restlos entfernt, hatte nie den geringsten Einflufs auf die Ausl\u00f6sbarkeit des Reflexes. Auch konnten wir vor und nach der Operation keinen nennenswerten Unterschied im typischen Ablauf des Reflexes feststellen. Diesen Versuch haben wir sehr h\u00e4ufig wiederholt. Denn durch den mit der Amputation verbundenen Fortfall des Gesichtes und Geh\u00f6rs verbessern sich die Untersuchungsbedingungen noch weiter, so dafs wir bei den weiteren Versuchen noch h\u00e4ufig mit einem dezerebrierten Froschpr\u00e4parat arbeiteten.\nMit derselben Sicherheit liefs sich umgekehrt die obligatorische Beteiligung des R\u00fcckenmarkes bzw. der Medulla oblongata am Reflexbogen nachweisen. Nach Ausbohrung des R\u00fcckenmarkes liefs sich der Reflex auf keine Weise mehr ausl\u00f6sen, auch wenn wir die Reizst\u00e4rke bis auf 60\u00b0 erh\u00f6hten. Und zwar gen\u00fcgte eine Vernichtung schon des Anfangsteiles des R\u00fcckenmarkes bzw. der Medulla; bei einem nur 1 cm tiefen Eingehen in den R\u00fcckenmarkskanal unterhalb des Kieferwinkels trat schon volle Reflexlosigkeit ein.\n3. Die Bedeutung der Reizstelle\nIn einer Reihe weiterer Versuche haben wir festzustellen versucht, ob die gesamte K\u00f6rperoberfl\u00e4che des Frosches einiger-mafsen gleichm\u00e4fsig auf Temperaturreize mit dem galvanischen Hautreflex anspricht. Hierf\u00fcr sprachen schon die Angaben von Hahn und I. Goldscheider (1. c.), die die Gr\u00f6fse der Reizfl\u00e4che f\u00fcr den Reizerfolg als belanglos fanden.\nZu diesem Zw7eck wurden die Fr\u00f6sche zun\u00e4chst so gelagert, dafs lediglich die Handfl\u00e4che einer Vorderextremit\u00e4t locker auf dem Temperator aufruhte. Trotzdem bei dieser Anordnung die Froschhaut in einem Umfang von nur wenigen qmm mit der Reizfl\u00e4che in Ber\u00fchrung stand, liefs sich kein nennenswerter Unterschied in Zeitpunkt und Ausgiebigkeit der Reflexausschl\u00e4ge feststellen. Hin und wieder unterliefen uns allerdings Versager; dann gen\u00fcgte aber zu positiven Ergebnissen eine geringe Ver-","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Einzelheiten vom galvanischen Hautreflex\n181\nSchiebung der Ber\u00fchrungsstellen, so dafs sich aus den Versagern h\u00f6chstens eine diskontinuierliche Versorgung der Haut mit Temperaturnerven folgern l\u00e4fst, wie sie in Analogie zu den Temperatursinnespunkten des Menschen ohnehin anzunehmen ist.\nAnaloge Temperaturreizung an entsprechend kleinen Hautbezirken der hinteren Extremit\u00e4ten bei Stromableitung von den vorderen Extremit\u00e4ten hatten das gleiche positive Ergebnis.\nZur Reizung an R\u00fccken, Flanken und Bauchseite der Fr\u00f6sche verwandten wir die eingangs geschilderte Glasr\u00f6hre, ebenfalls mit positivem Ergebnis und wenigen Versagern.\nBemerkenswert war noch, dafs an dekapitierten Fr\u00f6schen sogar dann ausgiebige typische Reflexausschl\u00e4ge auftraten, als nur die Spitze des Unterkiefers dem Temperator auflag. Hieraus folgt, dafs die Temperaturnerven auch des Kopfes beim Frosch nicht zu den Gehirnnerven geh\u00f6ren.\n4. Der peripherische Teil des Reflexbogens\nEinen besonders \u00fcberzeugenden Beweis f\u00fcr die allein nerv\u00f6se Vermittlung der Galvanometerausschl\u00e4ge lieferte folgende Versuchsanordnung. An beiden Oberschenkeln des Frosches wurden mit Ausnahme der freipr\u00e4parierten Ischiadici s\u00e4mtliche Gewebs-teile durchtrennt. Die Extremit\u00e4ten standen dann nur noch durch die Nerven in Verbindung mit dem K\u00f6rper. Nach vorsichtiger Durchf\u00fchrung der Operation und sorgf\u00e4ltiger Vermeidung von Zerrung der Nerven liefsen sich in der folgenden halben Stunde vollkommen einwandfreie Ausschl\u00e4ge sowohl bei Temperaturreizung der amputierten hinteren Extremit\u00e4ten \u2014 Ableitung von den vorderen Extremit\u00e4ten \u2014 wie umgekehrt bei Reizung des Vorderk\u00f6rpers \u2014 Ableitung von den Hinterbeinen erzielen. Bei letzterer Anordnung mufs nur der Stromschlufs durch proximale Aneinanderlagerung der amputierten Beine gew\u00e4hrleistet werden. Infolge des zu grofsen Leitungswiderstandes der Ischiadici kommt sonst ein entsprechender Stromschlufs \u00fcber die Nerven und den Froschk\u00f6rper bei getrennten Extremit\u00e4ten nicht zustande.\nHinsichtlich der Abgrenzung des afferenten vom efferenten Anteil des peripherischen Teiles des Reflexbogens gew\u00e4hrte folgende einfache Versuchsanordnung klaren Einblick.\nWir zerst\u00f6rten beiderseits von der Aorta die mit den Ischiadici in\n13\nZeitschr. f. Sinnesphysiol. 58.","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nHelmut Hahn und Werner Lueg\nVerbindung stehenden sympathischen Grenzstr\u00e4nge und ihre Verbindungs\u00e4ste zu den Ischiadici. Dabei legten wir teils die Nerven von einem seitlichen Bauchschnitt frei und durchschnitten von hier die leicht kenntlichen sympathischen Geflechte. Einfacher und weniger eingreifend war der Eingriff nach der Entfernung des Steifsbeines gem\u00e4fs der Angaben von Schilf1, womit die Entfernung der sympathischen Str\u00e4nge vom R\u00fccken her in gen\u00fcgendem Ausmafs ohne Verletzung der Eingeweide gelingt. Mit beiden Methoden erzielten wir nach 20 Minuten Zuwarten sichere Ergebnisse.\nBei so hergerichteten Froschpr\u00e4paraten l\u00f6ste Temperaturreizung der hinteren Extremit\u00e4ten bei Ableitung von den vorderen Extremit\u00e4ten beliebig oft die Reflexausschl\u00e4ge in typischer Form aus. Wurde dagegen von den hinteren Extremit\u00e4ten abgeleitet, so blieben auch Temperaturreize bis zu 60\u00b0 am Vorderk\u00f6rper ausnahmslos g\u00e4nzlich unwirksam. Hieraus folgt, dafs an dem afferenten Teil des Reflexbogens die sympathischen Nerven nicht beteiligt sind, deren Erregungsleitung ja bei Reizung an den hinteren Extremit\u00e4ten im Ischiadicusgebiet unterbrochen w\u00e4re. F\u00fcr den efferenten Teil des Reflexbogens sind die sympathischen Fasern dagegen obligatorisch, da der Reizerfolg nur an den Vorderextremit\u00e4ten nachweisbar war, deren sympathische Versorgung bei der Operation im Ischiadicusgebiet intakt blieb.\nEndlich befafsten wir uns noch mit der M\u00f6glichkeit einer den Verh\u00e4ltnissen an den Temperaturnerven des Menschen analogen nachweisbaren Kreuzung der Reflexb\u00f6gen \u00fcber die beiden K\u00f6rperh\u00e4lften der Fr\u00f6sche. Hierzu amputierten wir eine Hinterextremit\u00e4t ganz einschliefslich der Nerven. Abgeleitet wurde hierbei von den Hinterextremit\u00e4ten, der Stromschlufs durch Anlagerung der Amputationsst\u00fcmpfe gew\u00e4hrleistet. Es zeigte sich, dafs die galvanischen Ausschl\u00e4ge auch so mit gen\u00fcgender Deutlichkeit typisch ausl\u00f6sbar waren, trotzdem zu ihrem Zustandekommen die Ver\u00e4nderung der Hautpolarisation nur des einen intakten Hinterbeines in Frage kam. Trotzdem war die Ausl\u00f6sung des Reflexes bei Reizung von beiden Vorderextremit\u00e4ten ohne nennenswerten Unterschied m\u00f6glich. Eine Kreuzung irgendeines Teiles der Reflexbahn nach K\u00f6rperh\u00e4lften war somit nicht nachweisbar, die einseitig lokal verursachte Nervenerregung d\u00fcrfte sich \u00fcber die gesamte K\u00f6rperoberfl\u00e4che aus wirken.\n1 E. Schief, P\u00df\u00fcgers Archiv 203, 682. 1924.","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Einzelheiten vom galvanischen Hautreflex\n183\n5. Versuche an Warmbl\u00fctern\nWir hofften, die in den Froschyersuchen Vorgefundenen aus-\n\u2022 \u2022\ngezeichneten Versuchsbedingnngen durch \u00dcbertragung auf die Untersuchung von Warmbl\u00fctern noch weiter uns zu Nutze machen zu k\u00f6nnen. Hierzu w\u00e4hlten wir als Versuchstiere Katzen, die sich nach Haka1 besonders gut zur Untersuchung des psycho-galvanischen Reflexph\u00e4nomens eignen.\nDie Versuche wurden an zwei weiblichen und einer m\u00e4nnlichen Katze von 63/4, 7\u2018/a and 8 Pfund K\u00f6rpergewicht ausgef\u00fchrt. Curaredosis jeweils 10,0 unserer L\u00f6sung; L\u00e4hmung nach 38 bzw. 28 und 25 Minuten ; sofort Tracheotomie und k\u00fcnstliche Atmung ; Ableitung von den Fufsballen der vorderen Extremit\u00e4ten. Die eine Katze starb nach ca. 1j2 Stunde, an den anderen beiden Tieren konnten wir \u00fcber lx/2 Stunden lang Befunde erheben.\nS\u00e4mtliche Tiere reagierten in der bekannten Weise prompt auf akustische und mechanische Reize mit Galvanometeraus-schl\u00e4eren von 5\u201420 Teilstrichen nach einer Latenz von 2\u20146 Se-\no\nk\u00fcnden. Zur Temperaturreizung wurde ein Metalltemperator von 2,6 cm Bodendurchmesser teils auf den Fufsballen einer hinteren Extremit\u00e4t, teils auf die ausrasierte Haut anderer K\u00f6rperstellen aufgesetzt. Adaptationstemperatur war 25 \u00b0, Reiztemperatur bis zu 42\u00b0 bzw. 15\u00b0; extremere Temperaturen kommen wegen ihrer vermutlichen Schmerzhaftigkeit nicht in Frage.\nDie Versuche waren volle Versager. Bei einer jeweiligen Beobachtungsdauer von 5 Minuten kamen nach Einschalten des Reizwassers keinerlei Bewegungen des Galvanometerspiegels zur Beobachtung, die irgendwie mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die Temperaturreize h\u00e4tten bezogen werden k\u00f6nnen. \u00dcbergiefsen der Katzen mit einigen ccm warmem oder kaltem Wasser l\u00f6ste zwar prompt nach einigen Sekunden uncharakteristische Ausschl\u00e4ge aus. Dasselbe leistete aber auch indifferent temperiertes Wasser und d\u00fcrfte auf den Ber\u00fchrungsreiz (Schreck?) zur\u00fcckzuf\u00fchren sein, enth\u00e4lt jedenfalls keine Beweiskraft und entbehrt\ndes Interesses.\nEs sei noch, erw\u00e4hnt, dafs wir zu orientierenden \\ ersuchen zun\u00e4chst eine Katze unter Freilassung des Gesichts und der Pfoten eingegipst haben. Nach 48 Stunden verliefen die Versuche aber wenig befriedigend, da das\n1 Y. Hara, Pfl\u00fcgers Archiv 195, 288. 1922.\n13*","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nHelmut Hahn und Werner Lueg\nTier durch wenn auch nur m\u00e4fsige Unruhe spontane Galvanometerausschl\u00e4ge verursachte. Immerhin h\u00e4tten uns auch hierbei durch Temperaturreize verursachte Reflexausschl\u00e4ge nicht entgehen k\u00f6nnen, wenn sie analog den Ergebnissen an Fr\u00f6schen in typischer Weise erfolgt w\u00e4ren.\nAn uns selber pr\u00fcften wir den Reflex, indem wir in bequemer Lage auf einem Ruhebett von Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand ableiteten. Kneifen und Stiche riefen hierbei prompt nach 2\u20145 Sekunden Latenz Galvanometerausschl\u00e4ge von 10\u201420 Skalenteilen hervor; ebenso die lebhafte Vorstellung mit dem ganzen K\u00f6rper pl\u00f6tzlich in kaltes Wasser getaucht zu werden. Zur Temperaturreizung wurde der freie Unterarm bis zur Ellenbeuge abwechselnd in Wasser von 40\u00b0 bzw. 15\u00b0 getaucht. Trotz der dadurch erzielten sehr kr\u00e4ftigen Temperaturempfindungen traten mit bemerkenswerter Regelm\u00e4fsigkeit innerhalb jeweils 5 Minuten Beobachtungszeit keinerlei Reflexausschl\u00e4ge auf. Ebensowenig hatte Aufsetzen eines grofsen Temperators von 6 cm Bodendurchmesser (42 0 bzw. 15 \u00b0) auf die Stirnhaut das geringste eindeutige Ergebnis.\ne) Besprechung der Versuchsergebnisse\nNach den geschilderten Versuchen dient zum Zustandekommen des galvanischen Hautreflexes nach Temperaturreizen bei Fr\u00f6schen eine in den meisten Einzelheiten gut verfolgbare Nervenbahn. Die Reiztemperaturen versetzen als afferenten Teil des Reflexbogens somatische Nerven in Erregung. Die Erregung dieser Temperaturnerven teilt sich, vermutlich als \u00fcbergeordnetem Zentrum, der nerv\u00f6sen Substanz des Anfangsteiles des R\u00fcckenmarkes mit, am wahrscheinlichsten der Medulla oblongata. Eine Beziehung des Reflexbogens zum Grofshirn ist nicht nachweisbar. Die weitere Fortleitung der Erregung zum Erfolgsorgan vermittelt der sympathische Grenzstrang. Mit diesen Feststellungen betrachten wir die Identit\u00e4t der durch Temperaturreize verursachten Ver\u00e4nderungen der Hautpolarisation bei Fr\u00f6schen mit dem von Veraguth beschriebenen sogenannten psychogalvanischen Reflexph\u00e4nomen als erwiesen. Denn der von uns gefundene Reflexbogen stimmt in den wichtigsten Punkten mit dem von Schilf und Schuberth1 nachgewiesenen Verlauf der Nervenerregung nach Schmerz- und anderen Nervenreizen \u00fcberein.\n1 E. Schilf und A. Schuberth, Pfl\u00fcgers Archiv 195, 78. 1922.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Einzelheiten vom galvanischen Hautreflex\n185\nNeu an unseren Untersuchungen ist der \u00fcberhaupt zum ersten Male untersuchte und gegl\u00fcckte Nachweis spezifischer Temperaturnerven bei Poikilothermen. Bemerkenswert ist ferner die erheblich l\u00e4ngere Latenzzeit zwischen Reizeintritt und Reizerfolg bei Temperaturreizen als bei allen anderen Nervenreizen. \u00dcber ihre Ursachen haben wir keine n\u00e4heren Angaben zu machen, wir m\u00f6chten sie nur als Vermutung mit einer komplizierteren Struktur der Erregungsleitung in Zusammenhang bringen. Als Ort der Verz\u00f6gerung scheint uns das hypothetische \u00fcbergeordnete Zentrum in der Medulla am wahrscheinlichsten. Die afferenten Temperaturnerven d\u00fcrften f\u00fcr sie jedenfalls kaum verantwortlich sein, nachdem alle Untersuchungen Hahns \u00fcber die Reize und Reizbedingungen des Temperatursinnes keinen Anhalt f\u00fcr irgendwelche reizverz\u00f6gernde Eigenschaften afferenter Temperatursinnesnerven ergeben haben.\n\u2022 \u2022\nUnsere Versuche lassen eine recht weitgehende \u00dcbereinstimmung der afferenten Temperaturnerven des Frosches mit den Temperatursinnesnerven des Menschen erkennen. Wie f\u00fcr diese ist f\u00fcr die Erregungsintensit\u00e4t der Froschnerven allein die Reiztemperatur des Reizobjektes selber mafsgebend, die Gr\u00f6fse seiner Temperaturver\u00e4nderung, der Abstand von Adaptations- und Reiztemperatur ganz belanglos (Gesetz der konstanten Summe). Ebenso hat sich die Gr\u00f6fse der Reizfl\u00e4che f\u00fcr den Reizerfolg bei Fr\u00f6schen als gleichg\u00fcltig herausgestellt, in vollem Einklang zu der Feststellung von Hahn und Boshamer \\ dafs f\u00fcr die Intensit\u00e4t einer Temperaturempfindung der Gr\u00f6fse der Reizfl\u00e4che keine nachweisbare Bedeutung zukommt, eine Summierung des Reizerfolges bei Erregung einer gr\u00f6fseren Anzahl von Temperaturnerven in nennenswertem Ausmafs nicht stattfindet. Weitere klare Beweise f\u00fcr die Homologie der Temperaturnerven des Frosches und des Menschen haben Hahn und I. Goldscheider (1. c.) bei den Untersuchungen der Temperaturreizschwellen erbracht.\nf) Deutung der Yersuchsergebnisse\nDie Gr\u00f6fse der galvanischen Reflexausschl\u00e4ge nach Temperaturreizung der Froschhaut weist den Temperaturreizen eine entschiedene Sonderstellung gegen\u00fcber den \u00fcbrigen Sinnesreizen zu. Haben doch Hahn und I. Goldscheider (1. c.) sogar gefunden,\n1 H. Hahn und K. Boshamer, Pfl\u00fcgers Archiv 215, 165. 1926.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nHelmut Hahn und Werner Lueg\ndafs schon eine Temperaturver\u00e4nderung von nur 15\u00b0 auf l\u00f61 2^ 0 gen\u00fcgen kann, um Reflexausschl\u00e4ge beim Frosch zu erzielen, die um ein betr\u00e4chtliches die durch starke Schmerzreize verursachten Ausschl\u00e4ge \u00fcbertreffen. Diese \u00e4ufserst geringen Reizst\u00e4rken lassen sich nicht anders als durch eine besondere Spezifit\u00e4t der Temperaturreize nicht nur f\u00fcr besondere Temperaturnerven, sondern f\u00fcr das psychogalvanische Reflexph\u00e4nomen \u00fcberhaupt erkl\u00e4ren. F\u00fcr eine Deutung dieser Spezifit\u00e4t liegt vielleicht ein Anhaltspunkt in der Feststellung von Gildemeistee (1. c.) und Leva1 vor, dafs beim Warmbl\u00fcter der galvanische Hautreflex durch die T\u00e4tigkeit der Schweifsdr\u00fcsen zustande kommt. Es liegt sehr nahe, bei dem offensichtlichen Zusammenhang der temperaturregulierenden Funktion der Schweifsdr\u00fcsen mit den Temperaturnerven, die Spezifit\u00e4t der Temperaturreize f\u00fcr das Zustandekommen des galvanischen Hautreflexes beim Frosch mit irgendeiner unbekannten primitiven Temperaturregulation auch der Poikilothermen in Zusammenhang zu bringen. M\u00f6glicherweise kommt dabei die Hautdurchblutung in Betracht, zumal schon Huisinger 2 ausgedehnte Gef\u00e4fskontraktionen nach Hautreizung von Fr\u00f6schen beschrieben hat. Da die Temperaturverteilung in den Organismen vorwiegend durch die W\u00e4rmekonvektion des Blutstromes erfolgt, so w\u00fcrden Gef\u00e4fskontraktionen in der Haut die Beeinflussung der Innentemperatur der Poikilothermen durch die Aufsentemperatur verz\u00f6gern und eine gewisse Stetigkeit der K\u00f6rpertemperaturen auch des Kaltbl\u00fcters gew\u00e4hrleisten. Bei dem Fehlen sonstiger temperaturregulierender Vorrichtungen w\u00e4ren nach dieser Richtung die Empfindlichkeit und Ausgiebigkeit der galvanischen Ausschl\u00e4ge nach Temperaturreizen h\u00f6chst interessant.\nMan bat bisher eine Beteiligung des Gef\u00e4fssystems am galvanischen Hautreflex generell ablehnen zu m\u00fcssen geglaubt und im Hinblick auf die Schweifsdr\u00fcsen beim Warmbl\u00fcter f\u00fcr die Ursache des Reflexes Hautdr\u00fcsen auch beim Frosch verantwortlich gemacht. Doch ist der Analogieschlufs von Kohlrausch, Schilf und Schuberth (1. c.) auf die Giftdr\u00fcsen des Frosches nicht zwingend und nach unseren Erfahrungen mit Temperaturreizen nicht mehr recht wahrscheinlich. Man hat vor allem gegen die Beteiligung des Gef\u00e4fssystems angef\u00fchrt, dafs das Reflexph\u00e4nomen auch dann zustande kommt, wenn die Blutzirkulation durch Unterbindung oder Durchschneidung der Gef\u00e4fse unterbrochen wird (Fauville, Yeraguth 1. c.),\n1\tM. Leva, M\u00fcnchener med. Wochenschr. 43, 2386. 1913.\n2\tD. Huisinger, Pfl\u00fcgers Archiv 11, 207. 1875.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Einzelheiten vom galvanischen Mautreflex\n187\nwie sich auch aus unseren Versuchen klar ergibt. Nun d\u00fcrften aber doch kaum die Galvanometerausschl\u00e4ge eine wechselnde Blutf\u00fcllung der Gef\u00e4fse registrieren, vielmehr lediglich aus Polarisationsver\u00e4nderungen der Gewebszellen erkl\u00e4rlich sein. Es ist also offenbar nur eine Hypothese, anzunehmen, dafs die f\u00fcr den Beflexerfolg urs\u00e4chlichen Polarisationsschwan-kungen \u2019 in den Gef\u00e4fswandzellen nur bei gef\u00fcllten Gef\u00e4fsen auf die Nervenimpulse erfolgen, k\u00f6nnten.\nEine L\u00fccke in unserer Beweisf\u00fchrung liegt allerdings darin, dal's es uns nicht gegl\u00fcckt ist, mit umschriebenen Temperaturreizen auch beim Warmbl\u00fcter die am galvanischen Hautreflex registrierbare T\u00e4tigkeit der Schweifsdr\u00fcsen in Gang zu bringen. Entsprechend der h\u00f6heren Differenzierung dieser Organe d\u00fcrften indessen ihre Erregungsbedingungen verwickelter sein. Zur Temperaturregulation stehen dem Warmbl\u00fcter noch andere Vorrichtungen zur Verf\u00fcgung, so dafs lokalisierte Temperaturver\u00e4nderungen der Haut nicht notwendigerweise gleich den ganzen Schweifsdr\u00fcsenapparat in Bewegung zu setzen brauchen. Auf jeden Fall glauben wir gezeigt zu haben, dafs fur eine Deutung der dem psychogalvanischen Reflexph\u00e4nomen zugrundeliegenden Tatsachen die Reaktionen der Organismen auf Temperatureinfl\u00fcsse eine besondere Beachtung verdienen.\ng) Zusammenfassung\n1.\tDie Beobachtungen von Hahn und I. GoLnscHEiDER, dafs reine Temperaturreize beim Frosch den sogenannten psychogalvanischen Reflex sehr ausgiebig und regelm\u00e4fsig in h\u00f6chst charakteristischer Form ausl\u00f6sen, werden best\u00e4tigt.\n2.\tUmschriebene Temperaturreize sind dagegen beim Warmbl\u00fcter vollkommen unwirksam.\n3.\tDie Innervationswege des galvanischen Hautreflexes nach\nTemperaturreizen werden untersucht.\n4.\tEs wird die M\u00f6glichkeit diskutiert, die den psychogalvanischen Hautreflex vermittelnden Vorrichtungen als eine primitive Temperaturregulation beim Kaltbl\u00fcter zu deuten.","page":187}],"identifier":"lit36102","issued":"1927","language":"de","pages":"175-187","startpages":"175","title":"Neue Einzelheiten vom galvanischen Hautreflex","type":"Journal Article","volume":"58"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:30.764612+00:00"}