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{"created":"2022-01-31T16:46:17.938803+00:00","id":"lit36103","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie","contributors":[{"name":"Hahn, Helmut","role":"author"},{"name":"Werner Lueg","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Sinnesphysiologie 58: 188-194","fulltext":[{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus der III. Med. Klinik der Universit\u00e4t Berlin und der I. Med. Klinik\nder Charit\u00e9)\n\u2022 \u2022\nUber den Wirkungsbezirk von Temperaturreizen\nVon\nHelmut Hahn und Wernek Lueg\nIm Verfolg unserer Neubearbeitung des Temperatursinnes, zu der wir uns infolge unserer Ablehnung der Theorie Webeks und unserer kritischen Auseinandersetzung mit der Theorie Heeings verpflichtet f\u00fchlen, haben wir auch die Grundlagen f\u00fcr das behauptete Vorhandensein eines Simultankontrastes im Bereich des Temperatursinnes nachgepr\u00fcft. Eine \u00e4ufsere Veranlassung zu dieser Nachpr\u00fcfung ergab sich uns aus unserer Feststellung1, dafs sich die ad\u00e4quate Wirksamkeit eines umschriebenen Temperaturreizes auf die von dem Reizobjekt unmittelbar ber\u00fchrte Hautstelle beschr\u00e4nkt, eine Erregung benachbarter Temperatursinnespunkte durch seitliche W\u00e4rmeleitung in der Haut in nennenswertem Ausmafs nicht stattfindet. Zu dieser Feststellung hatten wir eine Hautstelle von dem gleichen Umfang des verwandten Reizobjektes kataphoretisch an\u00e4sthesiert. Es ergab sich, dafs bei dieser Anordnung das Reizobjekt bis auf 5\u00b0 abgek\u00fchlt werden konnte, ohne dafs die geringste K\u00e4lteempfindung vermerkt wurde, trotzdem die Kataphorese eine An\u00e4sthesie nur im Bereich des von der differenten Elektrode unmittelbar bedeckten Hautbezirkes hinterl\u00e4fst, in einem Abstand von h\u00f6chstens 2 mm eine Herabsetzung der Empfindlichkeit der Hautsinnespunkte schon nicht mehr nachweisbar ist.\nDiese Untersuchungen bezogen sich auf das Auftreten mit der Reizqualit\u00e4t gleichsinniger Temperaturempfindungen in der Nachbarschaft eines thermischen Reizobjektes. Aufserdem finden\n1 H. Hahn und K. Boshamsr, Pfl\u00fcgers Archiv 215, 164. 1926.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Wirkungsbezirk von Temperaturreizen\n189\nsich nun in der Literatur verstreut einige Angaben, dafs unter Umst\u00e4nden in der Umgebung einer kalt gereizten Hautstelle spontane W\u00e4rmeempfindungen bzw. in der Nachbarschaft eines W\u00e4rmereizes K\u00e4lteempfindungen auftreten k\u00f6nnen. Diese gegensinnigen Empfindungsqualit\u00e4ten an der benachbarten Haut als Begleiterscheinungen ad\u00e4quater Reizungen einer Temperaturnervenart werden als ein Analogon des bekannten optischen Simultankontrastes aufgefafst, von v. Tschermak als thermischer Simultankontrast bezeichnet, v. Tschermak1 2 3 belegt ihr Vorhandensein durch eine systematische Untersuchung mit einer prinzipiell so \u00fcbersichtlichen Versuchsanordnung, dafs wir seine Methode zur Grundlage unserer Nachpr\u00fcfung gemacht haben, ihre Ergebnisse auf die vergleichsweise weniger \u00fcbersichtlichen und mehr kursorisch erhobenen Versuchsergebnisse von Preyer 2 und Ur-bantschitsch 3 \u00fcbertragen zu k\u00f6nnen glauben.\nAls Prinzip seiner Methode gibt v. Tschermak an : \u201eIch st\u00fctzte mich auf die optische Erfahrung, dafs ein sog. farbloses Licht unter sonst gleichen Umst\u00e4nden dann am st\u00e4rksten kontrastiv gef\u00e4rbt erscheint, wenn es ein relativ kleines Feld auf ausgedehntem farbigem Grunde erf\u00fcllt, da sich dann die Kontrastwirkung von allen Seiten summiert. Demgem\u00e4fs (seil, zur Temperaturreizung), wurde eine kleine zentrale Pr\u00fcf- oder Tastscheibe als sog. kontrastleidendes Feld und ein umschliefsender Ring als kontrasterregendes Feld benutzt\u201c (a. a. O. S. 114).\nAls kontrasterregendes Reizobjekt verwandte v. Tschermak eine zylindrische 8,5 cm hohe H\u00fclse mit einer ringf\u00f6rmigen Basalfl\u00e4che von 38 mm Durchmesser mit einem zentralen Ausschnitt von 21 mm Lichtung. Die Reiztemperatur wurde der H\u00fclse nach dem bekannten Prinzip des TH\u00fcNBER\u00f6schen Temperators durch durchstr\u00f6mendes Wasser mitgeteilt. Zu den Versuchen wurde die H\u00fclse bei verschiedenen Temperaturen mit der Basalfl\u00e4che, die einen Ring von 8,5 mm Ringbreite darstellte, auf die Haut gew\u00f6hnlich in der Mitte des Handtellers aufgesetzt.\nDas Auffallende und damit die eigentliche Veranlassung zu unserer Nachpr\u00fcfung ist nun, dafs nach den Angaben Thtjnbergs diese Versuchsanordnung noch gar nicht ausreichte, um in der Mitte der ringf\u00f6rmigen Reizfl\u00e4che die gesuchten kontrastierenden Temperaturempfindungen auszul\u00f6sen. Diese traten erst auf, wenn zentral in der H\u00fclse ein zweiter zylindrischer Temperator bis zur Ber\u00fchrung mit der Haut vorgeschoben wurde. Letzterer Zylinder verursachte mit seiner kreisrunden Basalfl\u00e4che von 1,6 cm Durch-\n1\tA. v. Tschermak, Pfl\u00fcgers Archiv 122, 98. 1908.\n2\tW. Preyer, Pfl\u00fcgers Archiv 25, 80. 1881.\n3\tV. Urbantschitsch, Pfl\u00fcgers Archiv 110, 465. 1905.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nHelmut Hahn und Werner Lueg\nmesser eine deutliche W\u00e4rmeempfindung, wenn die umgebende H\u00fclse zwischen 25 und 100 kalt war, eine reine ungest\u00f6rte K\u00e4lteempfindung, wenn die H\u00fclse auf 35 bis 40\u00b0 erw\u00e4rmt war. Da der zentrale Zylinder, von v. Tscheemak als Taster bezeichnet, so (meist auf 30,6\u00b0) temperiert war, dafs er vor Verwendung der Ringh\u00fclse keine Temperaturempfindung ausl\u00f6ste, so betrachtet v. Tscheemak die Ausl\u00f6sung der kontrastierenden Temperaturempfindungen durch den indifferent temperierten Taster als Beweis f\u00fcr die grunds\u00e4tzliche Bef\u00e4higung des Temperatursinnes zur Erzeugung des Simultankontrastes. Die auffallende Tatsache, dafs die entsprechenden kontrastierenden Temperaturempfindungen ohne Anwendung des thermisch indifferenten Tasters \u00fcberhaupt nicht zur Wahrnehmung kamen, glaubt v. Tscheemak dadurch erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, dafs \u201eerst die neuerliche .... Tasterregung eine spezielle Konzentration der Aufmerksamkeit auf die kontrastiv beeinflufste Hautstelle veranlasse\u201c.\nUm nicht den Verdacht zn erwecken, dafs wir mit einem Vorurteil befangen an unsere Nachpr\u00fcfung des v. TscHERMAxschen Versuches herantraten, m\u00f6chten wir kurz erw\u00e4hnen, dafs wir erst nach Beendigung unserer Nachpr\u00fcfung an obiger Erkl\u00e4rung Anstofs nahmen. Urspr\u00fcnglich beabsichtigten wir vielmehr nur, die genannten Beobachtungen durch An\u00e4sthesierung der Temperaturnerven bei erhaltener Druckempfindlichkeit an der dem Taster ausgesetzten umschriebenen Hautstelle einer Analyse n\u00e4her zu bringen.\nZu unserer Nachpr\u00fcfung verwandten wir die genau gleich dimensionierten Reizfl\u00e4chen wie v. Tscheemak: Als kontrasterregend einen Ring von 38 mm Gesamtdurchmesser, 8,5 mm Ringbreite und 21 mm lichter Weite. Dem Zwecke des Tasters diente eine kreisrunde Metallfl\u00e4che aus 0,1 mm dickem Kupferblech von 16 mm Durchmesser. Letztere bildete den Boden einer 9,5 cm langen R\u00f6hre, die in einem Schlauch m\u00fcndete, durch den Wasser von konstanter Temperatur eingeleitet wurde. Abgeleitet wurde das Wasser durch eine kleinere 1,3 cm \u00fcber der Bodenfl\u00e4che angebrachte R\u00f6hre. Die Abbildung eines \u00e4hnlichen Temperators sowie sein Prinzip haben wir bereits mit allen Einzelheiten an anderer Stelle 1 2 gebracht. Abweichend von v. Tscheemak war an unserer Versuchsanordnung nur, dafs die den kontrasterregenden Ring tragende H\u00fclse bei uns nicht\n1\tH. Hahn und K. Boshamer, a. a. O. S. 166.\n2\tH. Hahn, Pfl\u00fcgers Archiv 215. 137. 1926.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber den Wirkungsbezirk von Temperaturreizen\n191\n8,5 cm hoch war, sondern aus Gr\u00fcnden der Zweckm\u00e4fsigkeit eine H\u00f6he von nur 7,5 mm besafs. Ihr basaler Ring bestand aus 0,1 mm dickem Kupferblech, Seitenw\u00e4nde und Dicke der H\u00fclse aus etwas dickerem Blech. Zwei R\u00f6hren von 0,4 cm Lichtungsdurchmesser dienten als Zu- und Abflufs des die Temperatur der Reizfl\u00e4che unterhaltenden Wassers, das nur in einer Richtung in der H\u00fclse fliefsen konnte, da die beiden R\u00f6hrenenden durch eine Kammerscheidewand in der H\u00fclse getrennt waren. Dafs dergleichen Temperatoren sehr genau die Temperatur des durchstr\u00f6menden Wassers annehmen, hat Hahn2 eingehend untersucht. Mit Ausnahme der reizspendenden Bodenfl\u00e4che waren s\u00e4mtliche Oberfl\u00e4chen unserer Reizobjekte durch einen dicken schwarzen Lack\u00fcberzug gegen Temperaturausstrahlung bzw. -leitung gesch\u00fctzt.\nMit diesen Reizobjekten haben wir zun\u00e4chst unsere Nachpr\u00fcfung genau nach den Angaben v. Tschekmaks durchgef\u00fchrt. Bei einer Temperatur von 30,6\u00b0 wurde der Taster bei vielen Versuchen an sich nicht als kalt oder warm empfunden. An Hautstellen, an denen der Taster Temperaturempfindungen verursachte (das h\u00e4ngt bekanntlich von der Tatsache einer jeweiligen Differenz der Hauttemperatur von der Reiztemperatur ab), wurde die Hauttemperatur durch 3 Minuten langen Kontakt mit einem THUNBERGschen Temperator von 6 cm Bodendurchmesser auf 30,60 eingestellt oder aber f\u00fcr den Taster eine Indifferenztemperatur durch geringf\u00fcgige Ver\u00e4nderung der Temperatur des durchstr\u00f6menden Wassers aufgesucht. Die als kontrasterzeugendes Reizobjekt dienende H\u00fclse wurde zur Erzeugung des Warmkontrastes mit Wasser von 10, 15, 20, 25 und 30\u00b0, zur Erzeugung des Kaltkontrastes mit Wasser von 32, 34, 36, 38 und 40\u00b0 einige Zeit durchstr\u00f6mt und dann vom Versuchsleiter auf die Mitte der Handfl\u00e4che aufgesetzt. Nachdem die dadurch verursachten K\u00e4lte- bzw. W\u00e4rmeempfindungen den H\u00f6hepunkt erreicht hatten (sp\u00e4testens ca. 4 Sekunden nach erfolgter Ber\u00fchrung) wurde der indifferent temperierte Taster innerhalb der H\u00fclse auf die Haut aufgesetzt. Das Ergebnis zahlreicher Versuche war so regelm\u00e4fsig das gleiche, das wir auf jegliche Protokoll Wiedergabe verzichten: wenn der Taster vor Anwendung der Ringh\u00fclse keine Temperaturempfindung verursacht hatte, so haben wir nicht in einem einzigen Fall nach Anwendung der Ringh\u00fclse die ent fernteste Andeutung","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nHelmut Hahn und Werner Lueg\neiner durch den Taster verursachten kontrastierenden oder sonstigen Temperaturempfindung feststellen k\u00f6nnen.\nWir haben dieses f\u00fcr unser Urteil \u00fcber das Vorhandensein eines thermischen Simultankontrastes entscheidende Ergebnis in vielen Modifikationen der Versuchsanordnung sichergestellt. Verschiedene Versuchspersonen wurden von uns unwissentlich hinsichtlich des Versuchszweckes und der verwandten Reiztemperaturen gepr\u00fcft. Wir haben noch zahlreiche andere Temperaturen der kontrasterzeugenden Reizh\u00fclse angewandt, insbesondere auch mit Temperaturen unterhalb 100 bzw. oberhalb 400 schmerzende und brennende Sensationen mit in den Kauf genommen. Wir haben den Taster auch zugleich mit der H\u00fclse auf die Haut aufgesetzt, ferner 5, 10, 15, 20 Sekunden sp\u00e4ter. In einem Teil der Versuche hielt die Versuchsperson selber die H\u00fclse, in einem anderen Teil den Taster auf dem Versuchsgebiet, wobei die haltende Hand vor Temperaturempfindungen durch einen Woll-handschuh gesch\u00fctzt wurde. Es wurde die H\u00fclse auch, indifferent temperiert, mittels eines Stativs auf dem Versuchsgebiet befestigt und ihr die kontrasterzeugende Temperatur durch Abk\u00fchlung der Temperatur des durchstr\u00f6menden Wassers mittels eines Dreiwegehahns mitgeteilt und dann der indifferente Taster aufgesetzt. Wir haben auch die Aufmerksamkeit auf irgendwelche Temperaturempfindungen an der der H\u00fclse benachbarten Haut ohne Anwendung des Tasters gerichtet. Als Versuchsgebiet wurden aufser der Hand viele Stellen am Unterarm verwandt. Alle Aussagen wurden mit grofser Sicherheit abgegeben: in keinem einzigen Fall haben wir irgendwelche aufserhalb der von der Reizh\u00fclse unmittelbar bedeckten Haut lokalisierte Temperaturempfindungen zur Darstellung bringen k\u00f6nnen!\nNachdem wir uns so mit aller Sicherheit von dem Nichtvorhandensein des behaupteten Simultankontrastes im Gebiete des Temperatursinnes \u00fcberzeugen mufsten, haben wir uns um die Ursache der Abweichung unserer Befunde von den Angaben v. Tschekmaks bem\u00fcht. Wir glauben sie in den folgenden seiner S\u00e4tze (1. c. S. 111) gefunden zu haben: \u201eIn den Intervallen 40\u201435\u00b0 und 25\u201410\u00b0 (seil. Temperaturen der H\u00fclse) sind .... die Kontrasteindr\u00fccke sehr reinlich und deutlich, obwohl die von der Ringh\u00fclse eingeschlossene, \u00fcber der zu pr\u00fcfenden Hautstelle stehende Lufts\u00e4ule gewifs durch","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022 \u2022\nTiber den Wirkungsbezirk von Temperaturreizen\t193\nStrahlung und Leitung bis zur Pr\u00fcfung etwas an W\u00e4rme verliert bzw. gewinnt (gesperrt vom Verf.). Der Kontrast \u00fcbert\u00f6nt (?Verf.) eben den entgegengerichteten Einflufs dieser der Lichtaberration im Auge vergleichbaren W\u00e4rmeaberration\u201c.\nBei der von v. Tschermak verwandten hohen Reizh\u00fclse, die zudem \u00fcbrigens allein nach dieser Seite nicht gegen W\u00e4rmeleitung und Strahlung isoliert war, wurde also offenbar die Temperatur der zentralen Hautstelle durch das Aufsetzen der H\u00fclse durch Strahlung bzw. Luftleitung beeinflufst und zwar abgek\u00fchlt, wenn die H\u00fclse kalt, erw\u00e4rmt, wenn sie warm aufgesetzt wurde. Der indifferente Taster mufste also, da seine Temperatur ja konstant war, die Haut bei seinem Kontakt um denselben Betrag, um den sie vorher abgek\u00fchlt bzw. erw\u00e4rmt wurde, umgekehrt wieder erw\u00e4rmen bzw. abk\u00fchlen. Letztere durch den Taster verursachte W\u00e4rmebewegung in der Haut war offenbar der durch die H\u00fclse vorher verursachten entgegengesetzt und mufste entsprechend eine kontrastierende Temperaturempfindung hervor-rufen, da ja nach allen bekannten Theorien innerhalb gewisser Grenzen relative Erw\u00e4rmungen der Haut W\u00e4rmeempfindungen, relative Abk\u00fchlungen der Haut K\u00e4lteempfindungen ausl\u00f6sen. Die Behauptung v. Tschermaks, dafs der Kontrast den entgegengesetzten Einflufs der \u201eW\u00e4rmeaberration \u00fcbert\u00f6nt\u201c, ist an sich schon physikalisch nicht zutreffend, da ja der Taster nach seiner Ber\u00fchrung jegliche sonstige thermische Beeinflussung der Hautoberfi\u00e4che verhindert. Bei unserer Versuchsanordnung sind wir dagegen dieser Fehlerquelle aus dem Weg gegangen, da die geringe Luftschicht innerhalb unserer niedrig dimensionierten H\u00fclse bei der von uns stets verwandten Temperaturisolation unserer Reizobjekte zur thermischen Beeinflussung der nicht von der H\u00fclse unmittelbar bedeckten Haut nicht ausreichte. Der sicherste Weg, um die genannte Fehlerquelle auszuschalten, scheint uns \u00fcbrigens, den Taster w\u00e4hrend des ganzen Versuches auf der Haut aufruhen zu lassen und den von v. Tschermak f\u00fcr die Konzentration der Aufmerksamkeit gew\u00fcnschten Tasteindruck durch gelegentlichen Druck auf den Taster vorzunehmen \u2014 eine Versuchsanordnung, bei der wir ebenfalls jegliche kontrastierende Temperaturempfindungen vermifsten. Nur wenn nach letzterem Prinzip jemand \u00fcber kontrastierende Temperaturempfindungen berichten w\u00fcrde, w\u00fcrden wir uns vorl\u00e4ufig veranlafst sehen, unser","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194 Helmut Halm u. Werner Lueg, Wirkungsbezirk von Temperaturreizen\nabsprechendes Urteil \u00fcber den thermischen Simultankontrast auf Grund neuer Nachpr\u00fcfung einer Revision zu unterziehen.\nSchliefslich m\u00f6chten wir noch kurz mitteilen, dafs wir bei den verschiedenen Modifikationen unserer Versuchsanordnung auch die Temperatur des Tasters verschieden variiert haben. Es erschien uns dabei recht interessant, dafs wir dabei gut nebeneinander W\u00e4rme- und K\u00e4lteempfindungen getrennt wahrzunehmen vermochten und dafs diese nie zu einer Hitzeempfindung verschmolzen. Dieses Ergebnis u. a. macht es begreiflich, dafs verschiedene Forscher (Thunberg, Goldscheider, Hahn) sich bisher gegen\u00fcber der Anerkennung der bekannten Theorie von Alrutz zur\u00fcckhaltend verhalten haben, nach der die Hitzeempfindung durch eine Verschmelzung der gleichzeitigen Erregung von W\u00e4rme- und K\u00e4ltenerven Zustandekommen. Nachdem aber Bos-hamer und Hahn 1 gezeigt haben, dafs man wohl Hitzeempfindungen durch analoge benachbarte m\u00e4fsige Erw\u00e4rmung und Abk\u00fchlung der Haut mit absoluter Sicherheit erzielen kann, wenn die entsprechenden thermischen Reizobjekte nur schmal genug in engster Nachbarschaft und in gr\u00f6fserer Anzahl gew\u00e4hlt werden, kann die getrennte gleichzeitige Wahrnehmbarkeit von W\u00e4rme-und K\u00e4lteempfindungen an benachbarten Hautstellen nicht mehr als Gegenbeweis gegen die Theorie von Alrutz betrachtet werden. Die beiden genannten Versuchsanordnungen zeigen vielmehr nur, dafs man zur Herstellung physiologischer Reizbedingungen zwecks Demonstration der Hitzeempfindung als Ergebnis gleichzeitiger Erregung der K\u00e4lte- und W\u00e4rmenerven die Natur sehr minuti\u00f6s nachahmen mufs.\nZusammen assend betrachten wir die Demonstrierbarkeit eines Simultankontrastes im Bereich des Temperatursinnes als nicht bewiesen und bezweifeln sein Vorhandensein. Der Wirkungsbereich von Temperaturreizen beschr\u00e4nkt sich recht genau auf die unmittelbar vom Reizobjekt ber\u00fchrten Hautbezirke.\n1 K. Boshamer und H. Hahn, Pfl\u00fcgers Archiv 217, 66 ff. 1927.","page":194}],"identifier":"lit36103","issued":"1927","language":"de","pages":"188-194","startpages":"188","title":"\u00dcber den Wirkungsbezirk von Temperaturreizen","type":"Journal Article","volume":"58"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:46:17.938809+00:00"}