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{"created":"2022-01-31T15:04:21.139601+00:00","id":"lit36174","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schoute, G. J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 18: 268-273","fulltext":[{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"Abnorme Augenstellung bei excentrisch gelegener\nPupille.\nVon\nDr, G. J. Schoute in Leiden,\nln den meisten opfathalmologischen Lehrb\u00fcchern wird gesagt, dafs die Stellung des Auges beim Fixiren nicht durch die Form oder die Lage der Pupille beeinflufst wird.\nSo hebt z, B. E. Fuchs ausdr\u00fccklich hervor : \u201eEin Auge mit excentrisch gelegener Pupille fixirt daher ebenso wie ein normales Auge\u201c \\ und die Wichtigkeit dieser Thatsache hat er ebendaselbst mit dem Beispiel bewiesen, dafs bei einer Retinitis pigmentosa, welch\u00a9 mit centralen Linsentr\u00fcbungen comp\u00fccirt war, di\u00a9 Iridectomie f\u00fcr contraindicirt gehalten wurde, weil dann die Bilder der fixirten Objecte auf peripheren, im vorliegenden Fall# unempfindlichen Netzhauttheile fallen w\u00fcrden.\nDoch gilt der Satz nur unter einer Vorbedingung, welche aber bei Augen, die solche Erkrankungen und Ver\u00e4nderungen durchgemacht haben, dafs die Pupille excentrisch geworden ist, nur selten zutrifft ; er gilt n\u00e4mlich nur, wenn aufserdem normale Refraction und Accommodation besteht\nWenn dagegen ein Auge mit excentrisch gelegener Papille nicht scharf accommodiren kann, wird die Stellung des Auges eine abnorme.\nUnsere Aufmerksamkeit wurde auf diese Bigenth\u00fcmlickkeii gelenkt durch die Beobachtung einer Patientin, welche einer Kataractextraction nach der Wenzel sehen Methode unterzogen worden war, und nun, nebst ihrer Hyperm\u00e9tropie, auch eine excentrische Pupille erhalten hatte, die durch einen Spalt im temporalen unteren Quadrant der Iris gebildet wurde.\n\u00c4 Fuchs, Lehrbuch der Augenheilkunde, 4. Aull., S. 771.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Abnorme \u00c2ugenstellung bei excentrisch gelegener Pupille,\n263\nWem man ihre Sehsch\u00e4rfe ohne Gl\u00e4sercorrectur untersuchte\u00bb drehte sie das Auge nasalw\u00e4rts nach oben, sodafs sie die excentrisch gelegene k\u00fcnstliche Pupille dem zu f\u00fchrenden Objecte mehr zuwendete. Wenn man dagegen die Refractionsanomalie mit Gl\u00e4sern corrigirte, stellte sich das Auge wie ein normales\u00bb so dafs also das yorgehaltene Object ungef\u00e4hr auf der Cornealaxe lag,\nDafs sie ohne Gl\u00e4ser auch wirklich fixirte und nicht etwa ms Blaue hinein schaute\u00bb wurde durch die richtige Deutung der vorgehaltenen Sehproben dargethan. Durch die verh\u00e4ltnifs-m\u00e4fsig Meine Oeffming in der Ms 'war die Sehsch\u00e4rfe auch ohne Correction dazu gen\u00fcgend.\nEine einfach\u00a9 Ueberlegung zeigt\u00bb dafs diese Erscheinung nach den bekannten optischen Gesetzen leicht zu erkl\u00e4ren ist.\nln unserem Falle mit einer Hyperm\u00e9tropie von 11 Dioptrieen wurden\u00bb wenn das. Auge einen Punkt In, 1 Meter Entfernung fixirte, bei Vorhaltung eines Glases von 12 Dioptrieen alle Stahlen in der Fovea centralis sich vereinigen, gleichviel ob eine Mein\u00a9 excentrische oder eine grofse centrale Pupille besteht.\nLassen 'wir nun vorl\u00e4ufig das Auge seinen Stand behalten und nehmen wir das Correctionsglaa fort, so w\u00fcrden\u00bb bei grofser centraler Pupille all\u00a9 Strahlen nach einem hinter der Retina gelegenen Punkte convergixen. Auf der Retina w\u00fcrde sich ein grofser Zerstreuungskreis bilden, dessen Centrum ungef\u00e4hr in die Fovea fallen w\u00fcrde.\nNun k\u00f6nnen aber in unserem Falle nur1 die temporal unten durchgehende Strahlen die Retina erreichen, und da die Oeffming in der Ms ziemlich Mein ist\u00bb werden diese Strahlen temporal unten von der Fovea ein Bild des vorgehaltenen Objectes geben.\nUm 'dieses Bild zu ixiren cl h. also m \u00fce Fovea fallen zu lassen, nmfs das Auge eine Drehung nach oben nasalw\u00e4rts machen: die Pupile mufs sich dem Objecte mehr zuwenden.\nDafs diese Drehung wirklich stattfindet\u00bb wurde durch die oben mitgetheilte klinische Beobachtung dargethan\u00bb 'und wir haben es durch die folgenden Experimente weiter m best\u00e4tigen versucht\nDie Accommodation eines Auges wird mittels eines Mydria-ticums gel\u00e4hmt und die Pupille erweitert; w\u00e4hrend das andere Auge verdeckt und der Kopf gut fixirt ist\u00bb wird m\u00f6glichst nahe vor das atropinisirte Auge ein schwarzes Schirmehen aufgestellt mit scharfgeschnittenem senkrechtem Rande.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nO. J. Schmie.,\nIn einer Entfernung von 0,5 Meter vor dem Auge ist ein Fixationspunkt angebracht, welcher bei Ruhestellung des \u00c4uget nahezu auf der Cornealaxe liegt.\nDas ScMrmchen kann so verschoben werden, daft nach Belieben der eine oder der andere Theil der Pupille f\u00fcr die vom\nFixationspunkte herkommenden Lichtstrahlen durchg\u00e4ngig\nbleiben kann.\nWir k\u00f6nnen also das ScMrmchen so stellen, dafs nur durch ein temporales oder ein nasales Segment der Pupille Licht vom Fixationspunkte ins Auge gelangen kann. Damit ist die erste Bedingung 'f\u00fcr unsere Versuche, n\u00e4mlich die excentrische Pupille, geschaffen.\nAuch kann der Schirm v\u00f6llig zur Seite geschoben und die Pupille somit ganz unverdeckt gelassen werden.\nWeil die Accommodation gel\u00e4hmt ist, k\u00f6nnen wir' durch Vorhalten von linsen auch die zweite Bedingung, n\u00e4mlich das Vorhandensein einer Refractionsanomahe nachahmen.\nMan Met erst die Pupille ganz unverdeckt und ersetzt die Accommodation, welche zur1 Betrachtung des Fixationspunktei n\u00d6tMg sein w\u00fcrde, durch ein Glas von + 2 Dioptrieen.\nEin zweiter Beobachter fixirt nun mittels zwei ferner Visir punkte den Aufsenrand der Cornea, w\u00e4hrend das zu unter suchend\u00a9 Auge den Fixationspunkt betrachtet\nJetzt wird ein Concavglas (\u2014 4 Dioptrieen) an die Stelle des Convexglases (+ 2 Dioptrieen) gebracht, sodafs das Auge hypermetropisch wird (Hyperm\u00e9tropie von 6 Dioptrieen in Be* zug auf den zu fixirenden Gegenstand.\nWenn nun der Fixationspunkt wieder betrachtet wird, sielt der zweite Beobachter, dafs der Corneal-Aufsenrand dieselbe Stellung behalten hat, das Auge also nicht gedreht worden ist\nNun aber wird das ScMrmchen von der nasalen Seite her vor die Pupille geschoben, sodafs die Lichtstr&Men nur durch einen kleinen temporalen Theil der Pupille ins \u00c4uge gelangen k\u00f6nnen, wenn der Fixationspunkt nun wieder betrachtet wird und der zweite Beobachter \u00fcber seine zwei Vistrpunkte b\u00fcckt, wird eine Verschiebung des Comeal-Aufsenrandes um. ungef\u00e4hr 1 Millimeter nasalw\u00e4rts constatirt, also eine Drehung des Auges nach innen um 5\u00b0.\nWird der ScMrm von der temporalen Seite her verge*","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Abnorme Augenstellung hei mcmtHseh gelegener Pupille.\n271\nschoben\u00bb so wird eine entgegengesetzte Drehung, ebenfalls um 8\u00ae, eonstatirt.\nBei hypermetropischen Augen wird also die Pupille dem zu beobachtenden. Objecte zugedreht.\nWie die Sache sich bei myopischen Augen verh\u00e4lt, ist leicht zu beobachten, wenn man statt des Concavglases ein Convexglas vor das atropinisirte Auge stellt\n'-'\u25a0hr w\u00e4hlten dazu ein Glas von + 6 Dioptrieen, wodurch das Auge in Bezug auf den zu fmrenden Gegenstand 4 Dioptrieen myopisch wurde.\nW\u00e4hrend der Aufsenrand der Cornea wieder bei v\u00f6llig un-verdeckter Pupille \u00fcber die Visirpunkte hxirt wurde, wurde wieder das Schirmchen vor das \u00c4uge geschoben, und auch nun wieder Drehungen um ungef\u00e4hr 5\u00ae beobachtet.\nWenn bei dem. myopischen Rofractionszustande der temporal\u00a9 Theil der Pupille unverdeckt bHeb, drehte das \u00c4uge sich nach aufsen, w\u00e4hrend es sich nach innen drehte, wenn das Licht durch den nasalen Theil der Pupille durchtrat.\nHierbei wurde also die Pupille vom, Objecte abgewendet, 4 h. es zeigten sich die entgegengesetzten Drehungen wie bei der Hyperm\u00e9tropie.\nDas Maafs nimmt bei beiden Refractionszust\u00e4nden mit dem Grade der Anomalien zu.\nDieselben Versuche stellten wir noch an zwei anderen Personen an und fanden dabei ganz gleiche Resultate.\nWir wollen nun zeigen, dafs bei den untersuchten Graden der Refractions&nomalien Drehungen um, 5 0 mit den aus theoretischen. Gr\u00fcnden zu erwartenden Zahlen \u00fcbereinstimmen, insoweit bei derartigen ungenauen Messungen von Uebereinstimmung die Rede sein kann.\n;ir m\u00fcssen dazu berechnen, wie weit das Centrum des Zerstreuungskreises von der Fovea centralis entfernt ist, wenn im ametrope Auge mit seiner excentrischen Pupille in der normalen Ruhestellung verharrt; dieses ist n\u00e4mlich der Weg, welchen die Fovea centralis zu durchlaufen hat Der Ausschlag des Coniealrandes betr\u00e4gt entsprechend der Lage des Drehpunktes im Auge ungef\u00e4hr gleich dem 1% fachen Befrage dieses Weges.\nW\u00e4hrend bei Emmetropen die Lichtstrahlen sich schneiden in. einem Punkte, der 17 Millimeter hinter der Iris legt, ist","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\n<r. J, Schonte.\ndieser Punkt bei 6 Dioptrieen Hyperm\u00e9tropie 19,3 Millimeter hinter der Iris gelegen, wie man ans einfacher Berechnung finden kam Wir betrachten diesen letzten Punkt als Spitze eines gleich-Schenkeligen Dreieckes, dessen Basis der PupiUendurehmessar ist und dessen Schenkel durch die \u00e4ufsersten Lichtstrahlen gebildet werden. Die H\u00f6he dieses Dreieckes ist 19,3 Millimeter, Ein anderes Dreieck ist diesem \u00e4hnlich: es hat dieselbe Spitze und die Basis wird gebildet durch den Durchmesser dw zu berechnenden Zerstreuungskreises auf der Retina. Die H\u00f6he dieses Dreieckes ist = 19,3 \u2014 17 = 2,3 Millimeter,\nWeil in zwei \u00e4hnlichen gleichschenke\u00fcgen Dreiecken die Grundlinien sich verhalten wie die H\u00f6hen, ist der gesuchte Durchmesser nun zu berechnen aus:\nx : 2,3 == 8 : 19,3 oder\n2,3 X 8 * \u2014 \u201c 19,3\n= cca. 1 Millimeter.\nDie Entfernung der Fovea centralis vom Bildcentrum lg\nwar in diesem Falle also ungef\u00e4hr gleich 0,5 Millimeter and\ndementsprechend m\u00fcfste der Ausschlag des Comealrandes etwa 0,7 Millimeter betragen, was gen\u00fcgend mit der auf cca. 1 Millimeter gemessenen Verschiebung des Comealrandes \u00fcberein-stimmt.\nBei dem myopischen \u00c4uge haben wir wieder zwei \u00e4hnlich\u00a9 gleichschenkelige Dreiecke zu betrachten, deren gemeinsam\u00a9 Spitze durch den Punkt, gebddet wird, in welchem die Lichtstrahlen sich schneiden.\nWenn das Auge 4 Dioptrieen Myopie hat, liegt dieser Punkt 16 Millimeter hinter der Ms.\nDer Pupillendurchmesser (8 Millimeter) und die Mittellinie des Zerstreuungskreises sind auch hier wieder die Grundlinien der Dreiecke und die \u00e4ufsersten Lichtstrahlen bilden die Schenkel\nDie Gleichung lautet:\nx : 17 \u2014 16 \u2014 8 : 16 oder\n8\nx = 0,5 Millimeter","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Abnorme Augensteilung Iei memtrwek gelegener Pupille.\n278\nWir finden hier also f\u00fcr x und damit also auch f\u00fcr die Verschiebung des Cornealrandes ann\u00e4hernd denselben Betrag 'wie bei der Hyperopie, was mit der Beobachtung \u00fc herein stimi ai Wenn diese Beteachtungen dazu beitragen k\u00f6nnen, um die Verh\u00e4ltnisse bei excentrisch gelegener Pupille ein wenig zu verdeutlichen, so wird die Beobachtung der oben erw\u00e4hnten Patientin hoffentlich nicht f\u00fcr uns allein n\u00fctzlich gewesen sein.\nHerrn Professor Koste\u00bb, der mich auf den Fall aufmerksam machte und mich auch bei dessen Bearbeitung wesentlich unterst\u00fctzte, sage ich daf\u00fcr meinen herzlichsten Dank.\n(.Eingegangen am 23. Mai 1898).\nZeitschrift fttr Psychologie. XVIII.\n18","page":273}],"identifier":"lit36174","issued":"1898","language":"de","pages":"268-273","startpages":"268","title":"Abnorme Augenstellung bei excentrisch gelegener Pupille","type":"Journal Article","volume":"18"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:04:21.139607+00:00"}