Open Access
{"created":"2022-01-31T16:39:50.323312+00:00","id":"lit36248","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schr\u00f6der","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 18: 468-469","fulltext":[{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468\nLiteraturbericht\nniederem Stufe stand, und die moralischen Ideen sich mach dem jedesmaligen Eigenth\u00fcrolichkeiten des betreffenden Volkes richteten. F\u00fcr die Erziehung halte ich die moralische Gew\u00f6hnung, die Einwirkung auf das moralische Gef\u00fchl f\u00fcr wichtiger als di\u00a9 moralische Einsicht, weil entere den Menschen auch damn auf dem richtigen Wege zu halten vermag, wenn letztere durch Leidenschaften oder Krankheiten getr\u00fcbt ist,\tM. Gibsslie (Erfurt).\nA. Alzheimer. I\u00abIMg\u00ab ur piMtgiiclen Aftatomle der Hinrlade i\u00bbt nr anatomischen Grundlage eiliger Psychosen. Mit 3 Tafeln Abbildungen. Monatsschrift f. Psychiatric u. Neurol Bd. II, 8. 82\u2014120. 1897,\nVerf. bedauert, daft wir \u00fcber die anatomische Grundlage der Mehrzahl der Psychosen noch nahezu g\u00e4nzlich im Unklaren sind, w\u00e4hrend man in anderen Gebieten der Medizin im Allgemeinen, \u00fcber die anatomische Ursache der einzelnen Krankheiten recht gut Bescheid weife.\nDas liegt vor Allem daran, dafs uns zur Zeit bei dem aufserordeutlich complicirten Bau der Hirnrinde weder die normalen Structurverhftltnisse noch die feinere physiologische Bedeutung der einzelnen Elemente auch nur in ann\u00e4hernd ausreichender Weise bekannt sind.\nAuch waren bis vor Kurzem die zur histologischen Untersuchung angewendeten Methoden durchaus unzul\u00e4nglich.\nEnt die Nissi/sche Methode der Zellf\u00e4rbung, ein au\u00dferordentlich feines Reagenz f\u00fcr die normalen und pathologischen Structurverh\u00e4ltnisse der Nervenzellen, und die WEiGEBT*sche Neurogliamethode beginnen etwa\u00bb mehr Licht zu bringen.\nDarnach d\u00fcrfen wir hoffen, dafs gerade durch da\u00bb Studium der pathologischen Ver\u00e4nderungen unsere Kenntnifs sowohl der feineren Stnietur der Hirnrinde als auch der physiologischen Bedeutung ihrer einzelnen Elemente und Schichten einen gedeihlichen Zuwachs erhalte. Dazu ist zun\u00e4chst ein m\u00f6glichst umfangreiches Material von Beobachtungen an einwandfreien F\u00e4llen mit einwandfreien, m\u00f6glichst gleichartigen Methoden n\u00f6thig.\nEigene Untersuchungen des Verf. bei Psychosen ergaben pathologisch-anatomisch :\na)\tVer\u00e4nderungen in der Structur der Ganglienzellen,\nb)\tVer\u00e4nderungen der Rindengliazellen, welch letztere in viererlei verschiedenen Vorg\u00e4ngen zu Tage traten, n\u00e4mlich 1. Gr\u00f6fserwerden de\u00ab Zellleibes, 2. Proliferation der Gliazellen durch mitotische Kerntheilung, 3. Production von Gliafasern, 4. Anh\u00e4ufung von Pigment im Protoplasmaleib der Gliazellen mit Anzeichen degenerativer Ver\u00e4nderungen am. Kern, nachdem, aber auch ohne dafs eine Faserbildung vorausgegangen war.\nGerade auf die Betheiligung der Glia, dem St\u00fctzgewebe des Hirns, legt Verf. grofsen Werth,\nNach, seinen Untersuchungen ergab sich f\u00fcr ihn,\ndafs bei an sich, und ohne Defect heilbaren Psychosen (Ersch\u00f6pfungszust\u00e4nden, Fieberdelirien) die Glia sich im Wesentlichen passiv verhalte, w\u00e4hrend die Ganglienzellen mehr oder minder schwere Ver\u00e4nderungen (gelegentlich Mb zum Zerfall) zeigen;\nbei Intoxicationspsychosen, je nach dem Grade der Intoxication verschieden starke active Betheiligung der Glia;","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n469\nbei dem Verbl\u00f6dungsirrsinn ausgesprochen\u00a9 Wucherung der Glia, anscheinend nur auf gewisse Thelle der Rinde beschr\u00e4nkt;\nbei Paralyse ganz allgemein ausgebreitete Wucherung;\nbei Melancholie und Paranoia wegen Mangel an einwandfreiem Material vorl\u00e4ufig keine verwerthbaren Befunde.\nDaraus folgert A., dafs die Prognose f\u00fcr die Genesung um so ung\u00fcnstiger sei, je mehr die Glia sich activ an dem Degencrationsprocefe betheilige, und dafs der Grad der Gliawucherung im Allgemeinen dem Grad\u00a9 der Verbl\u00f6dung parallel gehe.\nEs folgt die Mittheilung von 5 eingehend beobachteten und untersuchten F\u00e4llen.\nWie stets werden auch seine Befunde complieirt durch die Ver\u00e4nderungen, die die zum Tode f\u00fchrende Krankheit, sowie namentlich die Agone bedingt; doch glaubt Vert, dafa dies\u00a9 Momente gegen\u00fcber den in seinen Fallen gefundenen schweren Degenerationen nicht in Betracht kommen, da sie nur subtile Ver\u00e4nderungen setzen.\nH\u00fcten mufs man sich namentlich auch vor durch die Hftrtungs-methoden hervorgerufenen Kunstproducten,\nIn den ersten 3 F\u00e4llen, di\u00a9 Verf. klinisch als \u201eVerwirrtheit\" bezeichnen zu k\u00f6nnen glaubt (vorher gesunde, erblich nicht belastete Personen, die ziemlich acut unter den Erscheinungen von \u00e4ngstlicher Rathlosigkeit, grofser Unruhe und Tobsucht erkrankten und in 1\u20144 Wochen zu Grunde gingen, \u2014 s. ausf\u00fchrliche Krankengeschichte und Begr\u00fcndung der klinischen Diagnose in der Arbeit selber), constatirt\u00a9 er in allen nahezu \u00fcbereinstimmende, schwere Ver\u00e4nderungen fast aller Ganglienzellen (F\u00e4rbbarkeit der achromatischen Substanzen, feink\u00f6rniger Zerfall der Chromatinschollen, doch nur geringe Neigung der ganzen Zellen zum Zerfall) bei vorzugsweise passivem Verhalten der St\u00fctzsubstanz und des Bindegewebes, ohne jedoch sich mit Sicherheit daf\u00fcr aus zu sprechen, dafs man in diesem Befunde das anatomische Substrat der Verwirrtheit sehen d\u00fcrfe. Fall II. war durch eines, eh wer\u00a9 Gesichtsrose complieirt, bei Fall III sind die anamnestischen Angaben recht d\u00fcrftig.\nDie beiden anderen F\u00e4lle entwickelten sich im Anschlufs an septische Processe in der Geb\u00e4rmutter. Verf. glaubt, sie den Intoxicationsdelirien zurechnen zu d\u00fcrfen. Er fand auch hier \u00fcbereinstimmende degenerative Ver\u00e4nderungen der ganzen Hirnrinde in allen ihren Schichten, die jedoch in ihrer Art von den obigen scharf zu unterscheiden waren: viel ausgesprochenere Neigung der Ganglienzellen zum Zerfall und weit activeres Verhalten der Glia.\nSelbstverst\u00e4ndlich wird man aber ab warten m\u00fcssen, wie weit die Befunde und die von A. daraus gezogenen Schl\u00fcsse von anderer Seite best\u00e4tigt werden, und man wird gut thun, dieselben zun\u00e4chst nur als easuistische Beitr\u00e4ge auf dem \u00fcberaus schwierigen Gebiet der pathologisch-anatomischen Ver\u00e4nderungen bei Geisteskrankheiten, dessen Inangriffnahme ja \u00fcberhaupt erst durch di\u00a9 neuesten feinen Untersuchungsmethode erm\u00f6glicht worden ist, aufzufassen.\tSchb\u00f6dee (Breslau).","page":469}],"identifier":"lit36248","issued":"1898","language":"de","pages":"468-469","startpages":"468","title":"A. Alzheimer: Beitr\u00e4ge zur pathologischen Anatomie der Hirnrinde und zur anatomischen Grundlage einiger Psychosen. Mit 3 Tafeln Abbildungen. Monatsschrift f. Psychiatrie u. Neurol. Bd. II, S. 82-120. 1897","type":"Journal Article","volume":"18"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:39:50.323318+00:00"}